ZDF-Auto-Krimi

In Wahrheit BMW

Seit einigen Jahren dürfen öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF „Produktionshilfe“ in Anspruch nehmen, wenn sie das später im Programm entsprechend kennzeichnen. Ein Unternehmen stellt hierbei kostenlos ein Produkt zur Verfügung, das dann in einer Sendung zum Einsatz kommt.

In der ZDF-Krimi-Reihe „In Wahrheit“ ist dieses Unternehmen BMW. Deshalb brausen die Ermittler ständig mit Autos eben dieser Marke durchs weitläufige Saarland. Aber ist das so zulässig? Oder sind die Autos womöglich so präsent, dass es werblich wirkt? Was meinen Sie? Mehr dazu in unserem Video:

In den ZDF-Richtlinien für Werbung, Sponsoring, Gewinnspiele und Produktionshilfen heißt es unter anderem, das Produkt dürfe „nicht zu stark herausgestellt werden“. Auch hier gelte Ziffer 8 (Verbot von Schleichwerbung und Themenplatzierung), Absatz 3:

„Zulässig ist die Erwähnung oder Darstellung von Produkten, wenn und soweit sie aus journalistischen oder künstlerischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, zwingend erforderlich ist. Soweit gemäß Satz 1 Produkte erwähnt oder dargestellt werden, ist durch die Art der Darstellung nach Möglichkeit die Förderung werblicher Interessen zu vermeiden (z.B. Marktübersichten statt Einzeldarstellungen, Vermeiden werbewirksamer Kameraführung und – insbesondere bei Serien – Wechsel der Produkte und unterschiedliche Ausstattung.“


Unsere Fragen und die Antwort des ZDF in ganzer Länge:

1. Laut Abspann leistet BMW „Produktionshilfe“ für diese Serie. Worin besteht die Produktionshilfe genau?

Die Produktionshilfe besteht aus der Beistellung von 2 Fahrzeugen. Gemäß § 15 Abs. 1 Rundfunkstaatsvertrag ist die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Preisen u.a. für Filme und Serien zulässig. Die Verwendung dieser als Produktionshilfe bezeichneten unentgeltlichen Sachleistung schont den Produktionsetat und wird im Regelfall – so wie auch hier – vertraglich als Kooperation ausgestaltet. Gemäß der Kooperationsvereinbarung wird die Beistellung, den medienrechtlichen Regularien entsprechend, ausschließlich als Requisite genutzt und nicht werblich in Szene gesetzt.

2. Ich nehme an, die Produktionshilfe ist unentgeltlich. Korrekt?

Ja.

3. Handelt es sich um Produktionshilfe von „besonderem Wert“?

Nein.

4. Bestehen überdies vertragliche und/oder finanzielle Vereinbarungen zwischen ZDF, ARTE oder der Produktionsfirma Network Movie und der BMW AG in Bezug auf diese Krimi-Reihe?

Es bestehen keine weiteren vertraglichen oder finanziellen Vereinbarungen mit der BMW AG.

5. Inwieweit hat die BMW AG mittelbar oder unmittelbar die Möglichkeit, an den Drehbüchern der Serie mitzuwirken oder sie abzunehmen? Gibt es darüber hinaus Absprachen zur Inszenierung des verwendeten Fahrzeugs?

Die BMW AG hat keinerlei Möglichkeit, auf die inhaltliche Entwicklung oder Inszenierung des Films Einfluss zu nehmen.

6. Inwiefern ist die häufige Darstellung des Wagens, den die Kommissarin fährt, von dramaturgischem oder künstlerischem Wert?

Der Einsatz von Fahrzeugen gehört zum Alltag polizeilicher Ermittlungsarbeit. In fiktionalen Produktionen handelt es sich mithin um Realitätsabbildung, die auch der räumlichen Orientierung des Zuschauers dient. Im Film „Still ruht der See“ gibt es zudem markante Milieuwechsel. Eine Arbeitersiedlung, die nicht nur Tatort, sondern auch die Heimat der Kommissarin ist, spielt eine wichtige Rolle. Ihre Bewegungen zurück in die alte Heimat und wieder aus ihr hinaus, haben eine dramaturgische Funktion.

7. Die „Saarbrücker Zeitung“ kritisierte anlässlich der jüngsten Folge, die Produktionshilfe sei „irritierend bis peinlich“, und es handle sich um „Schleichwerbung“, die nicht schleiche, sondern „trampelt“. Was sagen Sie dazu?

Siehe Antwort 1.


Die Pressestelle von BMW beteuerte bereits am Telefon, das Unternehmen habe keinen Einfluss auf das Drehbuch, man stelle lediglich Fahrzeuge kostenlos zur Verfügung. Der Gegenwert sei dann, dass die Autos im Fernsehen zu sehen seinen. Per Mail teilte die Pressestelle anschließend noch mit:

Im Rahmen von Product Placements bei TV- und Kinoproduktionen stellt die BMW Group Fahrzeuge zur Verfügung, die in der Filmproduktion zu sehen sind und in vielen Fällen zusätzlich Produktionsfahrzeuge zur Unterstützung der Logistik des Filmteams. Bei Anfragen für bisher nicht bekannte Filmproduktionen bekommt die BMW Group im Vorfeld Inhaltsangaben der Filme und Serien und Rollenprofile der Fahrer gestellt. Auf der Basis entscheiden wir über den Einsatz unserer Fahrzeuge und wir legen dabei Wert darauf, dass unsere Fahrzeuge hinsichtlich Marke und Modell von Anfang an zu Produktion, Inhalt und Handlung passen. Eine inhaltliche/redaktionelle Einmischung findet nicht statt, da die kreative Freiheit der Filmschaffenden im Vordergrund steht und weiterhin gefördert werden soll.

12 Kommentare

  1. BMW versucht doch nur auf sehr subtile Art und Weise durch die Verbindung von Kombi und Kind einen Beitrag zur Vermehrung der wenigerwerdenen Deutschen zuleisten…
    Mit einem Z3 ist das nur begrenzt möglich und würde unangenehme Konnotationen beeinhalten!
    Wie JamsBond,riskante Fahrweise,kaum bis keine Familienplanung…aber Tote!

  2. Keine Angst, im nächsten Film wird Bond ein Elektroauto fahren. Da kann er mitten in der Verfolgungsjagd schön nen Kaffee trinken und noch ein kleines Schläfchen abhalten bevor die Akkus so weit geladen sind, dass es weitergehen kann. Ist viel entspannter so, und die SPECTRE-Agenten sind dann auch schon weg, was die Zahl der Todesopfer deutlich reduziert.

    So geht modernes grünes Product Placement!

  3. Ach, Herr Rosenkranz, Ihre Stimme müsste man haben. Sprechen Sie eigentlich auch Hörbücher ein?

  4. Lutz Schaarschmidt erfüllt aber auch jegliches Klischee, oder?

    Immerhin, so liest man hier in einem etwas seriöseren Umfeld Menschen, die man sonst nur auf weniger appetitlichen Seiten findet.

  5. @4, Micha

    „Immerhin, so liest man hier in einem etwas seriöseren Umfeld Menschen, die man sonst nur auf weniger appetitlichen Seiten findet.“

    So einen bösartigen Vorwurf verbitte ich mir! Ich habe *nie* bei Spiegel Online und ZEIT Online im Forum kommentiert!

  6. Vielen Dank für den Artikel. Es hat mich schon immer interessiert wie PKW ihren Weg ins Fernsehen finden. Produktionshilfe scheint mit eine „Automobilklausel“ zu sein. Ich kann mich nicht erinnern in einer Serie einen Stelton-Wasserkocher oder einen Ikea-Schreibtisch gesehen zu haben.

    Spannend finde ich darüber hinaus die Frage was nach der Produktion mit den zwei Fahrzeugen passiert. Gehen sie vollgetankt an den Konzern zurück? Hätte Sixt die Produktionskosten geprengt?

  7. Ich musste so bei „weitläufig“ lachen – das Saarland, eine Fläche so groß wie das Saarland.
    Aber spätestens die Szene mit dem Kind ist schon ziemlich arrgs.

  8. „(…) wir legen (…) Wert darauf, dass unsere Fahrzeuge hinsichtlich Marke und Modell von Anfang an zu Produktion, Inhalt und Handlung passen.“

    Heißt: Keine Unterstützung durch BMW, wenn sich nicht an deren Spielregeln gehalten wird. So muss das jeweilige Unternehmen ja garnicht aktiv Einfluss nehmen auf die TV Produktion. Eine ausreichend intensive Drohkulisse a la „Geile Werbeinszenierung oder das war eure letzte Folge“ reicht da schon – Darf natürlich keiner so aussprechen, Anzeigenabteilung und Redaktionen sind selbstverständlich voneinander getrennt, Zwinkersmilie.

    Eine Sendung, die ohne 3 getarnte Webeclips je Folge nicht auskommt – Was habe ich inhaltlich davon zu erwarten?
    So eine Debatte gab es meine ich shcon mal, damals bei irobot und Tatort. Da denke ich mir dann wieder: „Product Placement“ und „Produktionskostenzuschuss“ sind vielleicht zurecht unterschiedlich konnotiert.

  9. Was verspricht sich der Autor denn von dem Fernsehrat, je nach Sendeanstalt auch Programmbeirat oder Rundfunkrat genannt? Dort kann ich normale Kritik in Gestalt von Beschwerden einreichen oder eine förmliche Programmbeschwerde für das entsprechende Gremium.

    99 % der Programmbeschwerden werden nach meinen Erfahrungen auf Vorschlag der Intendanz abgewiesen, sofern sie überhaupt dem Gremium vorgelegt werden. Das restliche 1 % sind kleine Korrekturen im Sinne des Petenten. Die ÖR haben letztlich die Definitionsmacht, das Meinungsmonopol und können sich entspannt zurücklehnen, weil es keine zuschauerfreundliche Kontroll-Instanz mehr über ihnen gibt.

    Das führt unter anderem auch dazu, dass beispielsweise in Gesundheitsmagazinen diverser öffentl.-rechtl. Sender von eingeladenen „Experten“ immer noch Medizinmythen verbreitet werden wie
    – Eierkonsum erhöht den Cholesterinspiegel
    – 1 Glas Rotwein täglich schützt vor Herzinfarkt
    – Salz erhöht den Blutdruck
    – Antibiotika immer bis zum vorgeschriebenen Therapieende nehmen

    usw.

    Programmbeschwerden von Zuschauern sind nur vergeudete Lebenszeit. Oder ein bürokratisch organisierter Placebo.

  10. @3 Bisher nicht. Haben Sie eins?

    @9 Was ich mir davon verspreche, ist ja erst mal egal. Der Fernsehrat ist nun mal das Aufsichtsgremium, also auch für solche Fälle zuständig. Aber über die Wirksamkeit von Programmbeschwerden kann man streiten, das stimmt.

  11. Oh, ein Auto ist übermäßig oft im Bild. Dann auch noch ein deutsches. Was wäre dem werten Schreiber denn lieber? Ein italienisches Auto ? Französisch? Oder gar ein von Gebührengelder gekauftes ?
    Am ÖR kann und muss man wirklich andere Sachen kritisieren!

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