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Na, endlich!
Das ist doch viel einfacher als ein Index der verbotenen Wörter: macht stellt einfach einen Index der erlaubten Wörter auf.
Die Wörter sind nicht verboten.
Wer allerdings meint, weiterhin beispielsweise das N-Wort verwenden zu müssen muss halt damit rechnen, dass es dafür keine ungeteilte Bewunderung gibt.
Ansonsten – was Ruthe sagt:
https://twitter.com/ralphruthe/status/986499335004311552
Wer Ironie findet, möge sie behalten, sie wurde kaum abgenutzt.
Ansonsten ersetze man „verboten“ mit „verpönt“.
Falls jemand über die bekannte ehemalige Profitennisspielerin schreibt, muss er sie dann „Stefanie Graf“ nennen, um Frauen, die nicht „Steffi“ genannt werden wollen, nicht zu beleidigen? Falls ja, ernsthaft? Falls nein, inwiefern ist das eine vergleichbare Situation?
Wenn Frau Graf erklärt hat, sie möge nicht Steffie genannt werden gebietet es wohl schlicht die Höflichkeit, ebendies zu unterlassen.
Und sollte es Hinweise geben, dass Stefanies generell eher nicht Steffie genannt werden möchten gilt das ebenso.
Anders herum – warum sollte ich sie als Steffie bezeichnen, obwohl ich a) weiß dass es einen ebenso treffenden Namen für sie gibt von dem ich b) weiß, dass er eben nicht zumindest von Teilen (oder gar der Mehrheit) der Stefanies als beleidigend empfunden wird?
Man könnte sie natürlich auch einfach „Stefanie Graf“ nennen, um Frau Graf nicht zu beleidigen.
(Die Älteren werden sich erinnern: Etwa zu der Zeit, als aus dem erfolgreichen Teenager eine erfolgreiche junge Frau geworden war, hat sie mal in Interviews verlauten lassen, man möge doch bitte endlich das verniedlichende „Steffi“ bleiben lassen, denn aus dem Alter sei sie längst raus. Sie wollte lieber öffentlich „Stefanie“ genannt werden. Ich weiss nicht ob sie nach all den Jahrzehnten inzwischen ihren Frieden mit dem respektlosen Kosenamen geschlossen hat, aber bekanntlich hat das bestenfalls so mittelgut funktioniert.)
@Wonko, Sie missverstehen mich.
Sie und Ruthe argumentieren mit dem _Individuum_ A, dass nicht Steffi genannt werden will. Höflichkeit gebietet, diesem Wunsch nachzukommen, aber nur, soweit es Individuum A betrifft.
Frau Graf ist ein Individuum B, das – wenn ich das bei Wiki richtig erkenne – sogar mit „Steffi Graf“ unterschreibt, und auch sonst keinerlei Vorbehalte gegen diesen Namen erkennen lässt.
Wie könnte es Individuum A beleidigen, dass ich Individuum B Steffi nenne?
Oder wenn ich in meinem Restaurant ein Schnitzel „Steffischnitzel“ nenne?
(Sie werden jetzt möglicherweise einwenden, dass es in der Diskussion um Bezeichnungen für Gruppen geht, aber genau das ist „Steffi“ ja nicht.)
Ich fand die Maischberger-Sendung, neben der Tatsache, dass es allen so wichtig war, das N-Wort herumzukrähen und ich nicht das Gefühl hatte, dass die Moderatorin überhaupt nur ein Bewusstsein dafür hatte, warum das eventuell nicht so toll sein könnte, auf einem erschütternd niedrigen Niveau. So konnte Peter Hahne beispielsweise behaupten, an der Universität Leipzig würden alle männlichen Professoren als „Professorin“ angesprochen. Und so weiter und so fort. Ermüdend.
Nein. Aber eventuell habe ich Ihren Willen oder Ihren Wunsch, ein zugegebenermaßen plakatives und nicht hunderprozentig passendes Beispiel zu adaptieren falsch eingeschätzt.
Sie haben natürlich vollkommen recht, das Steffie-Beispiel ist nicht 1:1 übertragbar. Herzlichen Glückwunsch, was auch immer Sie damit jetzt bewiesen haben…
Ach Manno, habe gerade nochmal auf den Kalender geschaut und es ist 2018.
Ich gebe zu, vor vielleicht 15 Jahren den Gebrauch des vermeintlich verbotenen N-Worts anderes gesehen zu haben und argumentiert habe die Bezeichnung wäre zum Zeitpunkt meines Spracherwerbs nicht negativ konnotiert gewesen und wenn man dunkelhäutige diskriminieren wollte, hätte man dies als Bimbo geschmäht.
Aber meine Lebensqualtität hat sich seitdem durch den Verzicht darauf in keinster Weise verschlechtert.
Letztendlich ist solch ein ein Talkshothema doch nur der Ausdruck dafür, dass sich die Redaktionen keine großen Gedanken über ein Thema mache wollen. Blaupausen für Argumente und Gäste sind seit Jahren in der Schublade.
Und zu dem Paprikaschnitzel, das Peter Hahnewohl unbedingt essen möchte wurde vor fünf Jahren schon alles geschrieben http://www.sprachlog.de/2013/08/16/lustig-ist-das-rassistenleben/
@Wonko:
Niemand verbietet Ihnen oder sonstwem, ein nicht ganz hundertprozentiges Beispiel als Argument pro oder kontra in einer beliebigen Debatte zu verwenden, aber dann müssen Sie halt damit rechnen, keine hundertprozentige Bewunderung zu erhalten.
@Nora: Ok, wenn sie sich tatsächlich dagegen gewehrt hat, ist mein Beispiel insofern auch nicht gut. (Offenbar bin ich nicht alt genug, um mich an diese Interviews zu erinnern, sorry.)
Bei dem Thema geht es tatsächlich um gegensätzliche Rechte. Das Recht, nicht als H*r*n*o*n bezeichnet zu werden vs. das Recht, über H*r*n*ö*n* zu rappen. Man muss letzterem ja nicht gleich einen Preis verleihen oder sonstwie mögen, aber es ist ein Unterschied, ob jemand sagt, etwas sei „künstlerisch schlecht“ oder „moralisch schlecht“.
Was das Paprikaschnitzel betrifft; ob andere Bezeichnungen dafür tatsächlich als „Kunst“ oder „Redefreiheit“ gelten, ist vllt. wirklich etwas fragwürdig.
Seit wann ist Steffi eine diskriminierende Bezeichnung?
In dem Beispiel geht es um persönliche Wünsche. Die Frage ob Neger ein diskrimniertender Ausdruck ist, muss im Kontext betrachtet werden. Aber so was ist heute nicht mehr erwünscht. Im Vordergrund steht eine Sehnsucht nach Vorschriften die für alle (end-)gültig sind. Was für mich – der das Glück hatte in den 70’ern gross zu werden – sehr seltsam wirkt. Zu meiner Zeit gab es noch Omas die in Ohnmacht gefallen sind, wenn man „geil“ gesagt. Tabus waren ein Teil der Vergangenheit, der man noch anfühlte wie sie in den dunklen Zeiten davor für Angst und Schrecken gesorgt hat.
Dank der 68’er konnten wir uns aus diesem Mief befreien und Verbote waren ein Anreiz dafür es extra zu machen. Auch Dinge zu sagen, die davor Tabu waren.
Heute erleben wir den Backslash. Vermeintliche Freigeister glauben Menschen brauchen „safe spaces“ und müssen vor Wörtern beschützt werden. Um diese Deutungshoheit wird mit den gleichen Mittel gekämpft wie unsere Vorväter und -mütter ihre Traditionen verfochten haben. Wer nicht mitmacht wird ausgeschlossen, verfehmt und herabgewürdigt.
Nein, ich muss nicht jeden Afrikaner als Neger bezeichnen und kenne den in deutschland damit einhergehenenden folkloristischen Klang, aber mir leuchtet diese Hysterie ob einer vermeitlichen rassistischen Konnotation nicht ein und es verdeckt meiner Ansicht eher Probleme. Aber vor allem wirkt diese Art auf mich wie ich sie von rückwärts gewandten Autoritäten erfahren habe und von dem ich geglaubt habe, dass wir diese Art überstanden haben. Tja, nun kommt diese Autorität nicht mehr von Alten, sondern von den Jungen. Beängstigend.
Jein. Es mag ja den Einzelfall geben, in dem es angebracht ist, das N-Wort zu benutzen. Oder das F-Wort. Oder was auch immer. Es mag auch eine Reihe solcher Einzelfälle geben.
Aber diese Jammerei, was man angeblich alles nicht mehr sagen dürfe und vor allem das Beharren darauf, Worte wie das N-Wort regelmässig und eben nicht begründbar (z.B. künstlerisch) zu nutzen hat doch eben nicht diesen Hintergrund.
Ernsthaft jetzt? War die notwendige Transferleistung zu schwierig?
@Wonko:
Die _Jammerei_ geht mir, ehrlich gesagt, auch auf die Nerven.
Ich befürchte aber, dass weder moralisch erhobene Zeigefinger noch eine – von wem auch immer bestimmte – „Positivliste“ irgendetwas anderes bewirken, als die Fronten zu verhärten.
Weil, einerseits, manche Menschen (die meisten) sich nicht sagen lassen, was sie sagen oder nicht sagen „dürfen“, weil andrerseits an bestimmten Stellen der Tabubruch erst durch das Tabu einen Sinn bekommt, und – das fiel mir jetzt beim Artikel von Ali Schwarzer auf – der Eindruck einer „kindlichen Trotzreaktion“ sicher nicht unberechtigt ist. Kinder reagieren mit Trotz, um ihre Autonomie zu entwickeln. Offenbar brauchen auch Erwachsene Autonomie, ergo reagieren sie mit Trotz.
Und – ich hoffe mal, dass das jetzt nicht nach Jammern klingt – der Schaden oder Nutzen von bestimmten Wörtern wird mMn teilweise etwas übertrieben dargestellt. Wenn ich jemanden nenne, wie sie oder er gerne genannt werden will, ist das reine Höflichkeit. Ich sage nicht „nur Höflichkeit“, weil Höflichkeit wichtig ist, aber Wörter allein ändern die Wirklichkeit nicht. Wenn ich bspw. Vorurteile gegenüber Sinti und Roma habe, hören die nicht auf, weil ich mir ein Paprikaschnitzel bestelle. Sie hören auch nicht auf, wenn alle Imbisse im Land das Gericht in Zukunft Paprikaschnitzel nennen (sei es freiwillig oder per – ähem – Gerichtsbeschluss). Sie hören auch nicht auf, wenn die Mehrheit meiner Mitmitteleuropäer keine Vorurteile mehr gegenüber Sinti und Roma haben, und deshalb das andere Wort nicht mehr benutzen, weil Vorurteile nicht demokratisch funktionieren.
Umgekehrt, wenn ich bspw. keine Vorurteile gegenüber Sinti und Roma habe, kriege ich nicht spontan welche, weil ich ein Schnitzel esse, was semi-random nach einem veralteten Begriff benannt wurde (Paprika, Sinti und Roma kommen _scheinbar_ alle aus SO-Europa, in Wahrheit aber nicht. Ist sowieso Quatsch. Aber Jägerschnitzel werden weder gejagt, noch hat irgendeine ihrer Zutaten einen Wald mal von innen gesehen – Sprache ist halt unlogisch).
Das ist so wissenschaftlich belegbar wie die Killerspielkillertheorie.
Oder – um ein aktuelles Beispiel zu nennen – ich komme nicht auf die Idee, ein KZ wäre ein supertolles Fitness-Studio gewesen, weil irgendein Rapper irgendeinen absurden Vergleich rappt.
@struppi, #11
Ich weiß, ich werde die Frage bereuen, aber könnten Sie einen solchen nicht diskriminierenden Kontext nennen, nur einen?
Die ’68er jedenfalls haben Sie nicht so recht verstanden. Aber sei ’s drum.
@Zet:
Angenommen, jemand würde eine Martin-Luther-King-Biographie schreiben, oder ein Buch, das im US-Sezessionskrieg spielt, und in diesem Buch kommen Wörter vor, die Menschen in dieser Zeit benutzt haben.
Wäre das Buch notwendigerweise diskriminierend? Bzw., wäre es zwingend mit diskriminierender Absicht geschrieben worden?
@Mycroft, #16
Natürlich kann ich sowohl ein Sachbuch als auch einen Roman als auch ein Theaterstück oder Gedicht schreiben auch über entsprechende Personen und Zeiten ohne mich rassistischer und diskriminierender Terminologie zu bedienen.
Ich verstehe ja, dass man in wörtlicher Rede passende Termini benutzen will, als Zitat sowieso notwendig, aber auch um Figuren passend zu zeichnen. Aber in den Anteilen der Werke, die der Beschreibung, der Atmosphäre, usw dienen, kann ich als Autor auf solche Sprache verzichten – oder ich muss mir zu recht vorwerfen lassen, dass ich mir die Sprache zu eignen machen.
Selbst Huckleberry Finn (war doch Ihr Beispiel beim letzten Mal, oder?) verliert nichts wesentliches, wenn man etwas auf Sprachgebrauch achtet.
Mal gaaanz abstrakt gesagt, ich unterstelle, dass bei jedem guten Roman sehr auf Sprache geachtet wurde. So wie bei guter Musik sehr auf den Klang geachtet wird, und bei guten Bildern sehr aufs Aussehen. Kommt mir extremst trivial vor.
Auch die reine Beschreibung außerhalb der wörtlichen Rede kann (das wäre jetzt so eine Einzelfallfrage) aus Sicht einer Figur und nicht aus Sicht des Autoren erfolgen, und in diesem Fall macht sich der Autor nicht unbedingt die Ansichten der Figur zu eigen. Er benutzt deren Sprache, ja, aber das ist was anderes. Und man muss auch der Leserschaft so viel Abstraktionsvermögen abverlangen, dass sie sich nicht alles 1:1 zu eigen macht. Und davon abgesehen, was Huckleberry Finn betrifft: darin kommt Sklaverei vor. Rassistisch begründete, menschenverachtende Sklaverei. Wenn man rassistische Sprache rausstreicht, aber rassistisches Handeln drin lässt, ist das ungefähr so, als würde man in einem Film eine brutale V*r*e*a*t*g*n*s*z*n* belassen, aber alle sexuell konnotierten Wörter rauspiepen.
Und wenn man die Sklaverei aus Huckleberry Finn rausstreicht, dann fehlen wesentliche Teile der Handlung, und man brauch es auch nicht mehr zu lesen.
Aber gut, beschränken wir uns auf wörtliche Rede in Romanen und verbürgte Zitate historischer Personen, das wäre ein „nicht-diskriminierender Kontext“.
Letztenendes entscheidet der Autor, was seine Charaktere sagen, wie seine Charaktere handeln. Ihm obliegt die Verantwortung über die Sprache seiner Charaktere, was sie sagen, was sie nicht sagen und was sie meinen, nicht sagen sagen zu dürfen.
Der Zuschauer / Leser / Adressat versteht sowieso, was er will.
Ein Autor, der also auf Kritik antwortet „Nein, das ist nicht so oder so“ der ist in meinen Augen sofort fadenscheinig, weil er die Interpretation über sein Geschreibsel an sich reißen will.
Apropos, ist „Vreatgnszn“ sowas wie wie „HKNKRZ“?
@Anderer Max:
Ein Autor, der die Interpretation über sein Buch – „Geschreibsel“ ist beleidigend – an sich reißen will, ist in der Tat etwas albern.
Ein Autor, der sagt: „Das habe ich so geschrieben, wenn es Ihnen nicht gefällt, müssen Sie es ja nicht lesen.“ eher nicht.
Sehen Sie, ich schreie nicht „Zensur!“, weil jemand ein einzelnes Wort in einem Buch ändern will, bei Langstrumpf sehe ich es ein, bei Finn halte ich es für albern. Und zwar völlig unabhängig davon, was der Autor sagt.
Das Wort, was ich verschlüsselte, geht auch *e*g*w*l*i*u*g*s*e*e. Ja, ist vllt. ein großer Sprung, wenn vorher von einem Kinderbuch die Rede war.
Geschreibsel ist beleidigend? Pfff … schon man in den Thread nebenan geschaut? Da erklären mir die Leute, dass der Neger (an sich) sich mal bitte nicht von Neger beleidigt fühlen sollen, weil #darfmannsagen
(Ja, jetzt habe ich’s auch ausgeschrieben …)
Ich habe nie behauptet, dass Sie Zensur schreien. Ich gebe Ihnen subjektiv auch recht, wenn man den Rassismus aus HuckFinn streicht, braucht es kein HuckFinn mehr. Schön auch, dass Sie zu Langstrumpf unterscheiden, da sehe ich nämlich eine ganz gute Grenze zwischen „sprachlich vermeidbarer Rassismus“ und „rassistische Sprache als Mittel zum Zweck“.
Abschließen noch eine ersthafte Frage:
Was versprechen Sie sich von der „Verschlüsselung“ dieses Wortes?
@Anderer Max:
Der Nachbarthread ist mir durchaus vertraut, ich wollte Ihnen nur mal sagen, dass es nicht ganz so einfach ist, überhaupt niemanden zu beleidigen, wie Sie das immer suggerieren. *g*g
Dass ich nicht „Zensur“ schreie, haben Sie nicht behauptet, aber da das in solchen Diskussionen sonst so sicher vorkommt wie das Amen im Koran (Erste Sure, letztes Wort), distanziere ich mich präventiv davon.
Ich selbst verspreche mir gar nichts von der Verschlüsselung, aber es gibt Leute, die sagen, dass man solche Wörter ver*n muss, um Opfer nicht zu retraumatisieren.
@22:
Entweder man benutzt solche „Verschlüsselungen“ (wenn es denn welche wären) weil man ernsthaft glaubt, dass nur und ausschließlich die von diesem Wort Retraumatisierten es nicht verstehen oder man möchte darauf hinweisen, dass es „Leute gibt“, die fordern, solche Wörter nicht auszuschreiben und man durch die extra überspitze Verwendung dieser „Verschlüsselung“ eigentlich Kritik an „diesen Leuten“ üben möchte.
@#22: Ja.
Satire darf das.