„In“ lässt Träume mit Photoshop wahr werden
Nein nein, „Fake News“ seien das nicht, was sie verbreiten, bloß „Träumereien“, das wisse die Leserschaft natürlich auch, sagte kürzlich Kai Rose, Geschäftsführer der Mediengruppe Klambt, als er auf seine Klatschblätter wie die „Woche der Frau“ angesprochen wurde. Tatsächlich habe der Verlag auch bei solchen Zeitschriften „ganz klare Grenzen“, die er auch an die Chefredakteure weitergebe, „wir managen das sehr, sehr stark und sehr, sehr eng“.
Und weil man in der „Medien-Manufaktur“ Klambt genau weiß, was eine Träumerei von einer Lüge unterscheidet, lesen sich deren Artikel in der Regel so wie der, der vergangene Woche in der Zeitschrift „In“ erschien:
Es ist fast zu schön, um wahr zu sein! Dass Jennifer Aniston (49) und ihr Ex Brad Pitt (54) ihrer Liebe noch eine zweite Chance geben wollen, ist in Hollywood schon längst Tuschelthema (IN berichtete). Doch jetzt vermehren sich die Hinweise, dass die beiden tatsächlich bald wieder als Traumpaar durchstarten könnten!
Denn: Laut Insidern wollen Jen und Brad bei einer Reise an einen der schönsten Orte der Welt wieder zusammenfinden! „Sie planen einen romantischen Liebesurlaub auf die Seychellen“, verrät ein Freund.
Dieser angebliche „Freund“ aus dem „Umfeld“ des Paares ist die einzige Quelle für die ganze Geschichte, was natürlich den Vorteil hat, dass die Redaktion die Schuld einfach auf ihn schieben kann, wenn sich herausstellen sollte, dass das doch alles Bullshit ist.
Rechtlich angreifbar sind solche Geschichten ohnehin kaum, weil sich die Blätter große Mühe geben, immer schön im Womöglichen zu bleiben: Vielleicht sind sie wieder ein Paar. Es könnte ein Liebes-Urlaub bevorstehen. Man weiß es nicht mit Sicherheit, aber man wird ja mal ein bisschen träumen dürfen.
Allerdings erklärt „In“, das sich als „Premium-Weekly“ bezeichnet, die Träumerei zur Tatsache.
So sieht die Geschichte auf dem Cover und im Innenteil aus. Nicht mal ein Fragezeichen (oder wenigstens ein Frausrufezeichen) haben sie springen lassen.
Noch bemerkenswerter sind aber die Fotos. Denn:
„In“ lässt Jennifer Aniston und Brad Pitt gemeinsam Urlaub machen. Mit der Hilfe von Photoshop. pic.twitter.com/X7aDw3unyv
— Jörg Thomann (@Thomann_J) 14. April 2018
Tatsächlich sind die Aufnahmen schon zwei Jahre alt. Damals waren Aniston und Pitt (getrennt voneinander) am Flughafen in Los Angeles fotografiert worden. Davon erfahren die „IN“-Leserinnen jedoch nichts sie werden im Glauben gelassen, die beiden wären jüngst gemeinsam zum Flughafen gekommen und in den „Liebes-Urlaub“ geflogen.
Wir haben beim Klambt-Verlag nachgefragt, warum nicht kenntlich gemacht wurde, dass es sich um eine Montage handelt. Und ob solche Bildmanipulationen bei „In“ zur üblichen Praxis gehören. Eine Antwort haben wir auch auf Nachfrage nicht bekommen.
Zumindest die zweite Frage hat sich aber schon erübrigt — kurzer Blick ins „In“-Archiv und siehe da, zwei Ausgaben zuvor:
Auch das ist kein Schnappschuss von einem „heimlichen Treffen“, sondern eine Montage: Das eine Foto ist vor zwei Jahren in London entstanden, das andere vor acht Jahren in Paris.
Andere Ausgaben haben wir jetzt nicht genauer überprüft, aber auch so dürfte klar sein: Dass man bei Klambt nur harmlos träumt, ist in Wahrheit auch bloß eine Lüge.
Naja, beim Foto, das die angeblichen heimlichen Treffen im Hotel bebildert, sieht man schon auf den ersten Blick, dass hier montiert wurde; insofern muss man nicht unterstellen, dass die Leserschaft in die Irre geführt werden solle. Wäre natürlich trotzdem schön, wenn das Blatt sich überwinden könnte, Montagen als solche zu kennzeichnen oder gar angäbe, wann die Fotos aufgenommen wurden. (Man wird ja noch von sauberer journalistischer Praxis träumen dürften!)
Ist Brad Pitt nicht sowieso gesichtsblind? D.h., wenn sie ein paar Schritte neben ihm herumläuft, würde er sie vermutlich gar nicht erkennen.
OT: Gibt es eigentlich einen Fachbegriff für die Konstruktion „sehr, sehr“ (gerne auch weiter gesteigert in Form von „sehr, sehr, sehr“)?
@ Carp
OT: Ich hab aus Neugier mal nachgeschlagen: Sieht nach „Geminatio“ für die Verdoppelung aus und „Epizeuxis“ für alle Wiederholungen darüber hinaus. Aber Repetitio, Repetitio geht auch. ;)