„Lindenstraße“: WDR repariert Auto-Szene
Ende April war in der „Lindenstraße“ ein Stargast zu sehen, allerdings kein menschlicher Stargast, sondern das Elektroauto eines bayrischen Automobilherstellers. In zwei Szenen der Folge 1627 vom 30.4.2017 parkt das Auto deutlich inszeniert im Bild, wird von Andy Zenker, einer der Urfiguren der Serie, bestaunt, aufgeladen und rumgefahren – und es ist Thema zweier Dialoge. Die Marke wird zwar nicht explizit genannt, aber sie ist gut zu erkennen.
Hat die „Lindenstraße“ etwa bezahlte Schleichwerbung gemacht?
Nein. Sagt jedenfalls der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der innerhalb der ARD für die „Lindenstraße“ verantwortlich ist. Auf unsere Anfrage schreibt der Sender, es gebe „keine vertragliche Vereinbarung“ zwischen dem Autohersteller und dem WDR, „nach Auskunft des Produzenten“ auch nicht mit der Produktionsfirma. Diese habe „auch versichert, dass der Einsatz des Wagens von BMW nicht honoriert wurde“. BMW habe weder Einfluss auf das Drehbuch noch auf die Dreharbeiten gehabt. Das Auto sei über eine Autovermietung „komplett angemietet“ worden – „zum üblichen Preis“.
Dass ausgerechnet dieses Auto zum Einsatz kam, erklärt der WDR damit, dass die Anzahl der Elektroautos, die für Dreharbeiten gemietet werden könnten, „noch recht eingeschränkt“ sei. Ein Elektroauto von, zum Beispiel, Volkswagen zu wählen, sei hier nicht möglich gewesen, da bereits eine andere Figur in der Folge einen VW fahre – und da achte der WDR „zur Reduzierung werblicher Wirkungen zugunsten einzelner Modelle auf eine Durchmischung“.
Die „werbliche Wirkung“ des gezeigten Elektromobils ist allerdings bemerkenswert. In zwei Szenen, mehr als eine Minute lang, geht es nur um das Auto und seine Vorzüge. Andy Zenker schleicht um es herum, schaut merklich angetan und verwickelt dann den Fahrer in ein Gespräch.
„Ist das Ihrer?“, fragt Zenker. „Ist ja ein tolles Teil!“
Der Fahrer bangt, ob er mit einer schwachen Batterie noch bis zur nächsten Ladestation komme, aber Zenker hat eine Idee: „Hängen Sie sich doch kurz an unser Netz!“, ruft er. „Haben Sie einen Adapter dabei?“ Was natürlich echt nett und sehr praktisch ist, mit so einem Adapter eben ans Netz. „Ja, klar“, ruft der Fahrer, „ist ja eine prima Idee!“ Und dann gehen beide Strom tanken, Zenker staunt immer weiter („Der fährt wirklich ohne Gangschaltung?“), und der Fahrer preist: „Ja, sicher! Wollen Sie mal? […] Fährt sich sehr gut!“
Zenker nimmt das Angebot an, fährt (ohne Führerschein!), und als er hupend aus dem Hof auf die Straße rollt, sieht man den Wagen noch mal ganz toll von vorne, und in einem Kinderwagen beginnt ein Baby zu schreien. Vor Schreck. Wegen der Hupe. Auch das kann dieses Elektromobil.
Keine Schleichwerbung? Nein, sagt der WDR, räumt aber ein, dass die Szenen zu werblich seien. „Der dramaturgische Ansatz war das Thema Elektromobilität“, schreibt der Sender, so wie die „Lindenstraße“ eben „immer wieder auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Themen“ aufgreife.
Allerdings konzedieren wir, dass bei der Umsetzung des redaktionellen Konzepts hätte besser darauf geachtet werden sollen, werbliche Wirkungen zu reduzieren, etwa durch andere Kameraeinstellungen oder Abkleben der Markenlogos.
Der WDR hat sich deshalb nun dazu entschieden, Folge 1627 der „Lindenstraße“ an jenen Stellen zu verändern, an denen der Wagen inszeniert wurde:
Auch wenn uns also keine Anhaltspunkte vorliegen, dass absichtlich Werbung für den BMW in Form von Produkt Placement gemacht werden sollte, haben wir uns entschlossen, die Passagen zu überarbeiten, um tatsächlich bestehende werbliche Wirkungen zu reduzieren.
Aus der Mediathek ist die Folge inzwischen vorübergehend verschwunden.
Nachtrag, 16.5.2017. Die Folge ist nun wieder in der Mediathek. Das Logo des Autoherstellers wurde nachträglich entfernt. Außerdem wurden beide Sequenzen so umgeschnitten, dass weniger in der Totalen zu sehen ist, also auch weniger vom Auto. Die Szene mit dem schreienden Baby ist entfallen.
ich sehe hier eher den Lehrenden Zeigefinder der Lindenstraße, dass es Zeit ist, zu erkennen, dass für einige ein Elektromobil im Alltag ausreichend ist – wenn man bereit ist, mehr Geld auszugeben.
Dass hier gezielt BMW beworben werden sollte, halte ich nicht für die Wahrheit.
Hier sollte aber die Elektromobilität allgmein beworben werden.
Was sollten Serienproduzenten im ÖR hier aber in Zukunft besser tun? Sollten Sie die Embleme abdecken? Ist das eine Lösung?
„Dass hier gezielt BMW beworben werden sollte, halte ich nicht für die Wahrheit.“ – der Artikel auch nicht, by the way.
In der Sendung „Little Big Stars“ bei Sat1 war ein Kind zu Gast das ein Trikot unserer Fußball-Nationalmannschaft trug. Jeder weis wer der Ausrüster ist, auch gut zu erkennen an den 3 Seitenstreifen… aber der Name wurde brav abgeklebt! Manchmal wird es auch lächerlich… aber ich habe die Szene in der Lindenstraße wirklich wie ein Werbespot empfunden – ehrlich!
Immerhin hat der WDR hier besser als seinerzeit der NDR reagiert ( http://www.stefan-niggemeier.de/blog/12374/ndr-verwischt-spuren-am-tatort/ ).