In dieser Rubrik geben wir Gastautoren die Gelegenheit, über ihr persönliches Hasswort zu schimpfen. Eine Redewendung oder Formulierung, die nervt, sinnlos ist oder gerne falsch eingesetzt wird – die man aber ständig hört oder liest, in Texten, im Radio oder im Fernsehen. Mehr Hasswörter: hier.
Sotzhagen
Doch es findet sich nicht. Überlasse man es getrost den Etymologen, herauszufinden ob Ortsbezeichnungen mit „-hagen“ auf sprachlich verbeulte Häfen weisen: Kopenhagen. Oder auf den Hag, also das Eingehegte, bildlich in Hecken, Gehege: Hagen, Den Haag.
Doch was sotzt uns das? Nichts. Sotzhagen ist von anderer Güte und Herkunft. Wo immer der Gedanke stottert, das gesprochene Wort seinen Sinn lässig abhängt: Da pausiert der Satz am Sotz, rollt die Rede auf den Rastplatz. Und der aber heißt: Sotzhagen. Das Wort fungiert sozusagen als gelbe Ampel der Sprachlogik. Und wie das „sozusagen“ im vorigen Satz verwendet wurde, traun führwahr, das hat schon viel Schönes! Ein Wort kann keine gelbe Ampel sein, und also warnt man empfindsame Leser und Hörer vorab vor solchem nur mäßig überzeugenden Bild. „Achtung, mir fällt gerade keine treffendere Metapher ein, nimm halt dies:“ – das ist nicht nur sozusagen, sondern recht genau das Denotat des Füllsels.
Oft möchte man dem Sprecher zurufen: Hey, lass er die wild card „sotzhagen“ liegen, denk er einfach einen Moment nach! Und dann serviere er uns ein treffendes und gern treffliches Bild! Doch genau umgekehrt sotzt sich der rhetorische Schrotschuss „sozusagen“ durch, und regiert längst auch Sätze mit tadellosen Bildern. Das hat auch etwas von einer verbalen Haftpflichtversicherung: Klar habe ich da Blech geredet, doch ich habe es ja nur sozusagen gesagt, holen Sie sich Ihr Schmerzensgeld woanders.
Verschärfend tritt Abschliff hinzu, wenn „sozusagen“ ausgesprochen wird. ßouteßäi, wie der Brite näselt – „sotzhagen“ im Deutschen. Und das schließlich ist das Anliegen dieses so gesagten: Wenn man es sich nur wünscht, hören die Ohren bei „Auf Wiedersehen“ ein heiteres „Wiesegehn“. Und ganz ähnlich kann man das nutzlose „sozusagen“ auch loswerden: Da war im Radio heute wieder viel vom geheimnisvollen Sotzhagen die Rede. Jede Erwähnung ein Lächeln, dann, sozusagen.
Friedrich Küppersbusch
geboren 1961, ist Geschäftsführer und Inhaber der Produktionsfirma probono. Legendär sind seine Moderationen und Interviews im WDR-Magazin „ZAK“ (1990-1996). Vor der Bundestagswahl 2013 präsentierte er mehrmals wöchentlich die politische Bastel-Sendung „tagesschaum“. Er lebt in Dortmund.
Alternatives Hasswort: küppersbuschesk (etwa: versteht keine Sau, aber er meint, er müsse wieder alles reinpacken)
Ähhh, sorry, aber wer sagt „Sotzhagen“?
Ansonsten fällt mir dazu eine lustige Anekdote ein: In einem (nicht-schwedischen) Einrichtungshaus in der Gegend von Meinerzhagen, hörte ich einmal, wie die Verkäuferin zu Kunden sagte: „Die Kissenbezüge haben wir nicht mehr in Creme, nur noch in Kierspe und Milspe.“ Ich überlegte mir, wie wohl die Antwort ginge, wenn das Leben eine Sitcom wäre.
A: „Gut, dann fahren wir nach Milspe!“ oder
B: „Dann eben Kierspe, das passt auch gut zu unserer olpefarbenen Couchgarnitur.“
Den Haag.
„Sotzhagen“ habe ich noch nie gehört. Das kann kein allzu bedeutender Ort sein, jedenfalls nicht im Vergleich zu Ichsachmasow im Entefek.
Schlimmer als küppersbuschesk schiene mir küppersbuschös.
@3, *Eman:
Mit zwei Zeilen die vier (bemühten) Absätze von Küppersbusch mal locker getoppt. :-)