Einstufung des Verfassungsschutzes

„Gesichert rechtsextremistisch“: Und jetzt live zur AfD

Kaum hatte der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistisch eingestuft, durften sich ihre Vertreter zur besten Sendezeit im Fernsehen äußern. Die Partei werde schließlich von vielen gewählt, heißt es in Redaktionen. Doch dieses Argument ist spätestens jetzt hinfällig.
Tino Chrupalla am 2. Mai 2025 im ARD-"Brennpunkt"
Spricht von einem „schwarzen Freitag für die Demokratie“: AfD-Fraktionsvorsitzender Tino Chrupalla Screenshot: ARD

Update am 8. Mai: Der Verfassungsschutz hat die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ ausgesetzt, bis ein Gericht darüber entschieden hat. Der „Spiegel“ hat inzwischen das nichtöffentliche Gutachten der Verfassungsschützer ausgewertet und diverse Belege daraus in einem Text zusammengefasst.


Der Verfassungsschutz hat die gesamte AfD vergangene Woche als rechtsextremistisch eingestuft und bisher gibt es wenige Anzeichen dafür, dass das an der Berichterstattung über die Partei irgendetwas ändert. Noch am Abend der Entscheidung wurde der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla in den ARD-„Brennpunkt“ eingeladen, in den „Tagesthemen“ wurde seine Stellvertreterin, Beatrix von Storch, interviewt. Beide schafften es, Zweifel an der Einstufung zu säen, ohne stichhaltige Gründe zu nennen.

Es ist eine alte Forderung, Weidels Truppe nicht dauernd Mikros vor die Nase zu halten und sie nicht mehr in Talkshows einzuladen. Menschen wie der WDR-Moderator Georg Restle, die dafür schon lange eintreten, fühlen sich von der Entscheidung nun bestärkt: Verfassungsfeinden dürfe keine Bühne gegeben werden, schrieb er auf BlueSky.

AfD jetzt auch offiziell „gesichert rechtsextremistisch“. Eine Entscheidung, die Folgen haben muss, insbesondere für den ÖRR. Eine „Gleichbehandlung“ von Rechtsextremisten verstößt gegen den Programmauftrag. Verfassungsfeinden darf keine Bühne gegeben werden. Nicht in Talks, nicht in der Tagesschau.

Georg Restle (@georgrestle.bsky.social) 2025-05-02T08:50:56.329Z

Journalisten sollen der Einschätzung einer Behörde dabei nicht blind folgen (was erschwert wird, weil der Bericht nicht öffentlich ist). Bisher spricht aber nichts dafür, dass die Verfassungsschützer daneben liegen und sich die Partei plötzlich doch als lupenrein demokratisch entpuppt.

Die AfD verfolgt eine extremistische Agenda und missachtet die Menschenwürde. Wer wollte, konnte das schon lange beobachten. Redaktionen hätten genug gute Gründe gehabt, sie nicht als „Partei wie jede andere“ zu behandeln – auch ohne das neue Label.

Wählerstimmen bedeuten nicht automatisch Sendezeit

Trotzdem stellt die Entscheidung für Medien einen wichtigen Prüfstein dar. Das zeigt der Blick auf das Hauptargument von Redaktionen und Sendern, die der AfD viel Redezeit einräumen. Sie nennen dafür meist keine inhaltliche Begründung, sondern argumentieren formal: Man könne eine Partei, die von so vielen Menschen gewählt wurde, nicht von Berichterstattung ausschließen.

„Bis auf Weiteres muss unsere Linie sein: Alle, die gewählt sind, die kommen bei uns auch vor“, sagte zum Beispiel Deutschlandfunk-Moderatorin Sandra Schulz vor einem Jahr. Es sei nicht Aufgabe ihrer Redaktion zu entscheiden, ob eine Partei auf dem Boden des Rechtsstaats stehe. Ähnlich argumentierte die WDR-Intendantin Katrin Vernau im Januar im „Spiegel“: Weil die AfD viele Wählerstimmen erhalte, müsse sie auch im Programm vorkommen.

Der Verfassungsschutz liefert dazu nun das passende formale Gegenargument. Eine Partei, die nachgewiesenermaßen eine Gefahr für die Demokratie darstellt, kann man eben nicht mit allen anderen Parteien in einen Topf werfen – auch nicht in den Medien. Nur weil viele Menschen eine Agenda wählenswert finden, kann diese Agenda trotzdem das Grundgesetz untergraben. Medien, die ihren Auftrag als „Vierte Gewalt“ und „Hüter der Demokratie“ ernst nehmen, dürfen nicht dazu beitragen, diese Agenda in die Öffentlichkeit und gesellschaftliche Mitte zu tragen. Alles andere wäre fahrlässig.

AfD-Interviews nur mit gutem Grund

Was heißt das konkret für die Berichterstattung über die AfD? Ich fordere nicht, Parteivertreter komplett aus der Debatte auszuschließen, sie nie wieder zu interviewen und keine Anfragen mehr an sie zu stellen. Solche Pauschalvorgaben sind im Journalismus, der frei sein muss, nie eine gute Idee.

Interview mit Tino Chrupalla bei "Phoenix"
„Ganz herzlich“ begrüßt die Phoenix-Moderatorin Tino Chrupalla am 6. Mai zum Interview Screenshot: Phoenix

Aber es braucht mehr Beiträge, die rechtsextreme Positionen nicht nur wiedergeben oder kritisieren, sondern mit viel mehr Weitwinkel berichten. Die auf die Themen blicken, von denen die AfD gerne ablenkt. Die zeigen, wie Debatten über Migration und Integration ohne rassistische Annahmen auskommen. Welche Rolle soziale Ungleichheit und Unsicherheit dabei spielen, dass so viele Menschen sich von den Botschaften der AfD angesprochen fühlen – und welche Lösungsvorschläge es dafür längst gibt.

Das kann auch weiterhin bedeuten, dass AfD-Vertreter zitiert, für ein Interview angefragt oder in TV-Formate eingeladen werden. „Die sitzen halt in Parlamenten“, reicht dafür aber als journalistische Motivation nicht aus. Erst recht nicht die Annahme, dass großes Publikumsinteresse mit großer Relevanz gleichzusetzen ist – Provokationen werden immer gut geklickt. Es braucht für jeden Beitrag einen konkreten Grund, welche inhaltlich neue Erkenntnis man sich von Gesprächen mit AfD-Politikern erhofft.

Weidel und Co. werden sich immer als „Opfer“ darstellen

Bestes Beispiel sind die Sendungen am Abend, nachdem der Verfassungsschutz seine Entscheidung bekannt gab: Was waren die journalistischen Kriterien, die AfD ins Studio einzuladen? Hätten aufgezeichnete Statements von Parteivertretern nicht die gleiche Funktion erfüllt? Dafür hätten vielleicht Menschen zu Wort kommen können, die vom Hass der AfD direkt betroffen sind und bestimmt einiges zu der Entscheidung zu sagen haben.

Beatrix von Storch in Interview in den "Tagesthemen" am 2. Mai 2025
Findet die Entscheidung des Verfassungsschutzes nicht richtig: Beatrix von Storch, stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende, am 2. Mai in den „Tagesthemen“ Screenshot: ARD

Denn Journalisten sollten immer klar vor Augen haben, wie trickreich die Partei versucht, sie für eigene Zwecke einzuspannen. Und ja, natürlich gilt das für Berichte über andere Parteien genauso. Nur ist bei der AfD der Schaden ungleich größer, wenn ihre extremistischen Aussagen immer weiter normalisiert werden.

Außerdem kursiert ein seltsamer Irrglaube: Wenn man AfD-Menschen und ihrer Weltsicht nur genug Platz bietet, hören sie irgendwann auf, sich als Opfer zu vermarkten. Als würden Weidel und Chrupalla sich irgendwann dafür bedanken, von Medien jetzt endlich ausreichend gewürdigt zu werden. Rechtspopulisten und -extremisten werden sich immer als Opfer „der Medien“ präsentieren, weil es Teil ihrer politischen Strategie ist. Auch wenn AfD-Parteipolitiker dreimal täglich Talkshows sitzen sollten, wird es ihnen zu wenig sein.

WDR-Intendantin argumentiert gegen Programmauftrag

Vor allem die Öffentlich-Rechtlichen haben das nicht verstanden. WDR-Intendantin Vernau zum Beispiel hatte im „Spiegel“-Interview gesagt, ein Vorwahl-Duell mit Björn Höcke hätte sie gerne in ihrem eigenen Programm gesehen. Nach der Entscheidung des Verfassungsschutzes müsste sie sich eigentlich an den Kopf fassen und fragen, warum in aller Welt sie dem Vertreter einer rechtsextremistischen Gruppierung beitragsfinanzierte Sendezeit geben wollen würde. Laut WDR-Programmauftrag soll ihr Sender schließlich „die demokratischen Freiheiten verteidigen“. Das passt mit der Einschätzung des Verfassungsschutzes schlicht nicht zusammen.

Medien arbeiten im Idealfall unabhängig, letztlich auch unabhängig davon, ob der Verfassungsschutz eine Partei für gefährlich hält oder nicht. Das darf aber nicht als Ausrede herhalten, eine rechtsextreme Partei-Agenda auszublenden.

Das Portal t-online hat ARD und ZDF angefragt, ob die Einschätzung des Verfassungsschutzes für ihre Berichterstattung Folgen haben werde. Es folgten die üblichen unverbindlichen Phrasen der öffentlich-rechtlichen Presseabteilungen. Konkret kündigte die ARD nur an, in Zukunft im Programm darauf hinzuweisen, dass die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft sei. Sie wies auch darauf hin, dass es bisher kein Parteiverbot gebe. Aber bis die AfD verboten wird, kann es Jahre dauern, in denen unbedachte Berichterstattung irreparablen Schaden anrichten wird.

Wichtiges Signal für Redaktionen

Viele Journalistinnen und Journalisten machen sich seit langem Gedanken, wie verantwortungsvolle AfD-Berichterstattung aussehen kann. Trotzdem haben diverse große Redaktionen immer noch nicht verstanden, wie sie selbst die Stimmenzuwächse der AfD befördern. Besser wäre es gewesen, sie hätten sich damit schon vor Jahren ehrlich auseinandergesetzt.

Die Einstufung durch den Bundesverfassungsschutz ist ein weiteres Warnsignal: Jetzt wäre ein guter Moment, um es in Zukunft besser zu machen.

32 Kommentare

  1. Einverstanden. Keine AfD mehr im ÖRR. AfD-Wähler überweisen ihren Rundfunkbeitrag an einen noch zu gründenden alternativen Sender.

  2. Einmal mehr kotzt es mich an, dass die Rundfunkbeiträge nicht abgeschafft werden und ich als mündiger Erwachsener nicht selbst entscheiden kann, für welche Form von Berichterstattung und diversen Fernsehdarbietungen ich mein Geld ausgebe.

  3. Danke, Frau Schneider! Absolute Zustimmung zu dem Artikel, vielen Dank für die Thematisierung!
    Ich saß bei diesem ARD-Brennpunkt auch einfach nur fassungslos vor dem Fernseher. Warum lädt man denn nicht jemanden von Verfassungsschutz ein und lässt sich erklären, wie es zu dieser Einschätzung kam? Oder ja, jemanden, der durch die rassistische Sprache der AfD betroffen ist? Journalisten oder Wissenschaftler, die sich mit Rechtsextremismus befassen und seit Jahren dazu recherchieren oder forschen (und ggf. selbst bedroht werden)?

    Wenn man aber unbedingt Chrupalla einladen muss, warum lässt man ihn dann unwidersprochen den Verfassungsschutz schlechtmachen, das Urteil des Verfassungsschutzes in Abrede stellen, das alles als „undemokratisch“ usw. usf. darstellen? Man kennt doch die „Argumente“ und die „Verteidigungsstrategie“ der AfD

    Man hätte ja auch Hintergründe recherchieren und senden können, nach dem Motto: „Hier, so arbeitet der Verfassunsschutz, das ist seine Aufgabe, dafür haben wir diese Institution, so werden Parteien und Organisationen eingestuft usw. usf.“ Oder etwas darüber bringen, wie oft der Verfassunsgschutz seine Gutachten komplett öffentlich stellt oder wie oft er es eben nicht tut (aus guten oder schlechten Gründen, wegen Quellenschutz usw.).

    Man kann und soll auch kritisch über den Verfassungsschutz berichten, aber man kann sich doch nicht wie Herr Deiß scheinbar vollkommen ahnungslos und ohne Hintergrundinformationen dahin stellen, und Tino Chrupalla über das Urteil schimpfen lassen und dann sagen: „Ja, danke für die Einschätzung und weiter gehts mit dem Programm“

    Auch über die Klage der AfD gegen den Verfassungsschutz wurde dann berichtet, ohne Einordnung, als sei das erfolgsversprechend oder hätte irgendeinen anderen Sinn, als genau damit „Ey, wir als AfD reichen Klage ein“ Verunsicherung zu stiften und zu signalisieren: Jaja, der Verfassungsschutz gehört eh abgeschafft, ist eh eine unsinnige Behörde, ist eh intransparent und so weiter und so fort.

    Die AfD steht bei 25% in Umfragen, aber wenn man ARD/ZDF schaut hat man das Gefühl, es sind eher so 50% – es ist wirklich erschütternd.

  4. Erst gestern wieder einen, in seiner Naivität erschütternden, Kommentar im DLF von Vladimir Balzer zu diesem Thema gehört. Natürlich mit den üblichen Floskeln, die lediglich verraten, dass sich die Journalisten des ÖRR hemmungslos überschätzen in ihrer Expertise, die AfD „journalistisch“ zu entlarven.
    Dazu muss man nicht einmal einen Tag vorher beim „Bericht aus Berlin“ erleben, wie Dobrindt ungestört seine Lügen verbreiten darf. Oder morgens im DLF die Kommentare der deutschen Presse in ihrer erschütternden Phrasendrescherei hören.
    Der deutsche Journalismus hat offensichtlich fertig.

  5. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass die grossen ÖRR-Sender sich auf eine NoAfD-Regierumg vorbereiten. So ausgewogen, wie in den wichtigen Sendungen diesen Faschist:innen Redezeit eingeräumt und nicht widersprochen wird.
    Ich zahle trotzdem meinen Beitrag gerne, denn an vielen Stellen im ÖRR arbeiten gute Leute. Gestern z.B. „Der Sog des Krieges“ in 3Sat, eine absolute Empfehlung.

  6. Auch heute, nach der gescheiterten Merz-Wahl, waren die höhnischen Triumpf-Kommentare der AfD Hauptbestandteil der Tagesschau24-Berichterstattung.

    Zum Kotzen

  7. @Herr/Frau Bindel: Warum sind Sie in Ihrer Wortwahl so unerzogen frech? „Ankotzen“! Was sollen wir über Sie denken? In der Sache kann man unterschiedliche Meinungen haben und auch differenziert, möglichst sachlich diskutieren. Die „Erfinder“ des öffentlich rechtlichen Rundfunks haben sich gründlich mit dem Thema auseinander gesetzt. Betrachtet man die Medien-Entwicklungen in der Weimarer Zeit und schaut man sich heute in der Welt um, dann scheint mir die Sinnhaftigkeit eines örR nach wie vor dringend geboten. Wo waren und sind die „mündigen“ Erwachsenen von denen Sie sprechen, die unseren Kindern Vorbilder sind, die demokratische Institutionen schützen und unterstützen, die verantwortungsvoll mit den Mitmenschen umgehen, um unseren Rechtsstaat zu erhalten? Ihr Kommentar zeigt irgendwie in eine andere Richtung. Vielleicht reflektieren Sie wenig mehr und rüsten verbal ab. Ihre Meinung und konstruktive Kritik ist wichtig und nötig. Mit mehr Sachverstand und differenzierten Argumenten würde ich Ihnen bestimmt folgen können. Sie haben bestimmt mehr drauf, als frustrierte Kommentare abzugeben.

  8. Endlich mal ein Artikel, der es klipp und klar sagt:
    Die Opferrolle ist wesentlicher und auch historischer Teil rechtspopulistischer Marketingkommunikation. Sie ist ein Mittel zum Zweck. Sie ist kein ehrliches Anliegen tatsächlicher Opfer, sondern ein Stilmittel zur Erreichung eines politischen Ziels.
    Eine Lüge, könnte man sagen.

    Keiner findet die Rundfunkgebühr dolle, aber #1 und #2 sind ihre Opfer.
    #1 hat den Artikel nicht mal gelesen oder ignoriert böswillig seinen Inhalt, während #2 zu glauben scheint, dass er keine anderen Medien konsumieren kann oder darf, wenn er die Gebühr überwiesen hat.
    Sofern man diese zur Schau gestellte, affirmative Naivität denn glauben will.
    Narrativ: Staatsfunk und Staatsschutz sitzen im selben Boot, sieht man doch eindeutig!

    Je schlechter es Deutschland geht und so weiter…
    Seit 10 Jahren geht das jetzt so. Gefühlter Weltuntergang als Mittel zum Zweck. „Deutschland geht den Bach runter“ als Werbeslogan.

    Wenn genug Leute auf der falschen Straßenseite fahren, sind sie irgendwann keine Geisterfahrer mehr? Muss man dann nur noch die StVo (oder das GG) ändern? Den ÖRR ja z.B. aus Steuergeldern bezahlen?

    Careful, what you wish for.

  9. @ #1 Florian Blechschmied
    Sie sind dafür dass nur Menschen Beitrag bezahlen, die aktiv im Fernsehen / Rundfunk / Vlog / Podcast / Mediathek / Audiothek vorkommen?
    Ernsthaft?

  10. Den Beitrag an sich und den Kommentar von #3 Alexander kann ich nur unterstützen. Es kann nicht Sinn eines demokratischen ÖRR sein (der ja immer wieder auf seine Bedeutung im demokratischen Gefüge hinweist), der Propaganda einer als gesichert rechtsextremen Partei ohne Einordnung Raum zu lassen. Die ausführliche Begründung des Warum der Einschätzung fällt in der aktuellen Berichterstattung fast gänzlich unter den Tisch, eine Konfrontation der Interviewten mit den Belegen der Einschätzung ebenfalls. Das geht auf jeden Fall besser.

  11. Danke Ingo Brüning und anderer Max.

    Man kann den ÖRR für alles mögliche kritisieren. Aber anzunehmen er muss und gefallen weil wir ihn bezahlen, ist ein Irrtum.
    Er soll seinen Auftrag möglichst gut erfüllen. Und deshalb, finde ich, sollte er auch seine Vielfalt behalten.

  12. Nur um es mal klarzustellen:
    Wir zahlen den Beitrag für den ÖRR , weil es nach dem WWII als notwendig erkannt wurde, einen Medienapparat aufzubauen, der weder den direkten Weisungen der jeweiligen Regierung unterliegt, noch von anderen Playern der Medienwelt eingekauft werden kann. Dies ist eine direkte Lehre aus dem Wirken Hugenbergs vor der Machtergreifung, und dem Goebbels von da an.
    Wir zahlen also diesen Beitrag, damit sich nicht die Feinde der Verfassung nicht wieder die alleinige Herrschaft über die Medien aneignen können. Wir zahlen also diesen Beitrag WEGEN der AfD und ihren Spießgesellen.

  13. Wann kapieren endlich alle, dass man die AfD nicht mit einbeziehen kann, denn das Parteiprogramm ist Opfersein, egal, was alle anderen machen.
    Und ich bin auch entsetzt, was man der AfD alles durchgehen lässt. Weidel sitzt bei Maischberger und behauptetet, Hitler sei links gewesen. Dafür hätte man sie mit dem Schleudersitz aus dem Studio zurück in die Schweiz schießen müssen. Aber oh, spannende Perspektive, da muss man doch direkt mal genauer nachfragen.

    Egal, was passiert, die AfD wird sich immer zum Opfer machen und ein Feinbild präsentieren.
    Leider ist das Grundproblem, dass die meisten Eliten in Politik und Medien zu schwach sind und Individuen im Affektregulierungswahn bestätigt werden. Irgendwer hat nen Furz quer sitzen, ja dann müssen wir unbedingt morgen direkt die Regierung stürzen, denn der Furz ist natürlich total berechtigt. Klar, Schuld ist IMMER wer „da oben“ und „links“.
    Ich ERWARTE vom ÖRR, mal wieder Werte ins Programm einzubauen und Leitplanken zu setzen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich auf diese Art mal zum ÖRR-Kritiker werde.

  14. Die AfD gehört bekämpft und kleingemacht, keine Frage. Wie der Journalismus dabei seinen Beitrag leisten kann, weiß ich nicht. Weniger Aufmerksamkeit, mehr (kritische) Aufmerksamkeit, komplett ignorieren? Keine Ahnung – die massenpsychologischen Effekte solcher Entscheidungen sind komplex und führen nicht unbedingt zu dem Resultat, das man sich wünscht.

    Was den Verfassungsschutz betrifft: Den bitte nicht als neutrale, wissenschaftliche Instanz betrachten. Er ist ein Geheimdienst und abhängig von der Exekutive. Seine Urteile sind politisch. Als Lektüre empfehle ich das einschlägige Buch des liberalen Journalisten Ronen Steinke. Aus gutem Grund haben Linke diese Institution seit Jahrzehnten stets kritisiert.

    Ich warne davor, ihn wegen der AfD-Einstufung – weil es gerade passt – jetzt als maßgebliche Instanz einzustufen. Das kann gewaltig nach hinten losgehen, wenn es Innenminister von der AfD sind, die dem Verein die Richtung vorgeben.

  15. Komm Se, Kritischer Kritiker. Selbstverständlich ist der unabhängige Verfassungsschutz unabhängig. Nicht nur meine Meinung, sondern vor allem die Feststellung von (bis heute Vormittag) Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
    Sie „betonte, dass der Verfassungsschutz unabhängig zu der Entscheidung gelangt sei. Das Amt habe den klaren gesetzlichen Auftrag, gegen Extremismus vorzugehen und die Demokratie zu schützen. Dabei arbeite es eigenständig. ´Die neue Einstufung ist das Ergebnis einer umfassenden und neutralen Prüfung, die in einem 1100-seitigen Gutachten festgehalten ist´, … Es habe keinerlei politischen Einfluss auf das neue Gutachten gegeben.“

    Das glaube ich auch. Alles andere würde ja bedeuten zu unterstellen, dass Faeser lügt.
    Also bitte

    https://www.tagesspiegel.de/politik/kommt-nun-ein-parteiverbot-verfassungsschutz-stuft-gesamte-afd-als-gesichert-rechtsextremistisch-ein-13626361.html

  16. @FrankD (#15):

    Ich stehe nicht für eine Vereinnahmung zur Verfügung. Dass Faeser oder der VS hier lögen, habe ich nirgends behauptet. Besten Dank.

  17. @14: Ich bin bei Ihnen, dass der Verfassungsschutz keine neutrale Instanz ist, aber die Logik passt nicht. Der Verfassungsschutz wurde und wird von links kritisiert, weil er „auf dem rechten Auge blind“ sei. Wenn diese Behörde nun die AFD als gesichert rechtsextrem einstuft, sollte das doch umso mehr zu denken geben, nicht weniger.
    Man sollte auch nicht vergessen, dass der Verfassungsschutz dieses Gutachten lange zurückgehalten hat, mit der Begründung „Neutralitätsgebot“ und „Chancengleichheit“. Der Verfassungsschutz muss aber nicht auf Chancengleichheit achten, sondern die Verfassung schützen.
    Was ist das für eine Logik – Man hat ein Gutachten vorliegen, das die AFD als gesichert rechtsextrem einstuft (die Partei hat verfassungsfeindliche Tendenzen), aber das will man nicht vor der Wahl sagen, damit die verfassungsfeindliche Partei die gleichen Chancen bei der Wahl bekommt um ihre verfassungsfeindliche Politik durchzusetzen.
    Das wäre vor 20 Jahren ein Pispers-Stück gewesen.

  18. Klicks, Reichweite und Zuschauerinteraktionen scheinen auch beim ÖRR das Hauptziel zu sein obwohl man das nicht nötig hat. Anders kann ich mir nicht mehr erklären, warum gestandene Reporter oder Showmaster es nicht schaffen, AfD Politiker rhetorisch in ihre Schranken zu weisen.

  19. #1,#2
    Okay? Das bedeutet, wir rechnen ab sofort auch alle Steuern einzeln ab und Straßen bezahlt entsprechend nur, wer ein Auto besitzt, für die medizinische Versorgung zahlt nur, wer sie in Anspruch nimmt, für Schule zahlen nur die Eltern schulpflichtiger Kinder usw. usf.
    Klingt nach dem feuchten Traum von Libertären. (Obwohl der enorme Verwaltungsaufwand, den das bedeuten würde, ja eigentlich gar nicht in deren Weltbild passen sollte. Naja in der Praxis fallen diese Leistungen deshalb einfach für die Mehrheit weg, weil eben dieser Verwaltungsaufwand schlicht unwirtschaftlich ist.) Für mich klänge es ohnehin nach einem reinen Albtraum, der ein menschliches Füreinander, den aus meiner Sicht womöglich größten Wert unseres Lebens, als völlig wertlos erachtet.
    Dass der ÖRR einen großen Wert für unser Gemeingefüge hat, haben genügend Vorredner ja bereits dargelegt.

    Und von der anderen Perspektive: Die Unzahl privater konkurrierender Streaming-Dienste (Prime, Netflix, Sky, Dazn, Disney+, AppleTV, …) , die irgendwie alle nicht gerade günstig sind, und verhindern, dass man beliebige Filme oder Sport ohne Abo sehen könnte, empfinde ich jetzt nicht gerade als tolle Alternative.

    Und zuletzt: Die Mitglieder der AfD eine Bühne zu geben, hat definitiv keinen Wert für unser Gemeingefüge.

  20. @Anderer Max (#21):

    Um mögliche Missverständnisse auszuräumen: Ich glaube nicht, dass im konkreten Fall auf Anweisung Faesers ein Gefälligkeitsgutachten erstellt wurde. Das wird schon Hand und Fuß haben (und ist auch wenig überraschend, wenn man sich die Aussagen diverser AfD-Funktionäre so anschaut). Aber was da drin steht, kann ich auch bei, sagen wir, Volker Weiß lernen.

    Meine Kritik am VS bezieht sich auf die Instution an sich – ein von der Exekutive abhängiger Geheimdienst, der sich einer parlamentarischen Kontrolle weitgehend entzieht. Mir verursacht es Unbehagen, wenn eine solche Behörde Gutachten erstellt, die wiederum von ihrem Auftraggeber als Grundlage für politisches Handeln genutzt werden. Nicht unwahrscheinlich, dass die AfD in ein paar Jahren Innenminister auf Landesebene stellt – mit den VS-Landesämtern hätten sie ein Instrument an der Hand, um selbst harmloseste Initiativen der Zivilgesellschaft zu infiltrieren und zu dämonisieren. Das will man nicht.

    Steinke will den VS abschaffen. Er sieht für die Analyse des politischen Charakters die Politikwissenschaft in der Pflicht, für die Überwachung und Unterbindung illegaler Aktivitäten den polizeilichen Staatsschutz. Da gehe ich mit. Man sollte die Läden schnell dichtmachen, bevor sie in falschen Hände geraten.

  21. #22 und einigen Vorrednern:
    Menschliches Füreinander und die Akzeptanz Andersdenkender sieht für mich anders aus. Ich habe nicht so viel Zeit, wie scheinbar viele andere hier, mich ausführlich zu äußern.
    Ja, ich bleibe dabei, dass es mich seit über 30 Jahren ankotzt, das meine Gebühren abgebucht werden, ich kann sie nicht überweisen. Ein Mitbestimmungsrecht ist mir nicht bekannt, außer den Kanal zu wechseln. Uns ist aber auch allen bekannt, wie gut die Angestellten des ÖRR verdienen, dass sie sehr gute Arbeitsbedingungen haben und satt in Rente gehen?
    Und trotzdem schaue ich, seit ich denken kann ÖRR, ich altere in Würde mit den mir bekannten Gesichtern. Und nein, ich streame nicht und schaue auch äußerst selten die privaten. Wäre ich dessen Geistes Kind – würde ich mich hier in diesem Format bewegen?
    Und wie kommt man von meiner Aussage zu der Annahme, ich hätte derart feuchte Träume? Was soll dieser Beitrag? Das ist deutlich über das Ziel hinausgeschossen. Und so richtig verstanden habe ich dieses fabulieren in Bezug auf meine Aussage auch nicht.
    Immerhin haben wir den Konsens, das es nicht richtig ist, DEN MitgliederN der AfD eine Bühne zu geben. Aber da haben wir ja kein Mitspracherecht.

  22. # 19 Um den Schwurbeleien und Verdrehungen der AfD Paroli bieten zu können, braucht es Journalisten, die in dieser Materie sehr tief drin sind (oder: bereit sind, sich diese Tag für Tag anzutun), also echte Fachleute. Die Allrounder wie „Hauptstadtkorrespondenten“ sind dafür nicht ausreichend vorbereitet.

  23. Abgesehen davon, dass der VS keine große Hilfe dabei ist, unser Land vor geplanten Terroraktionen zu schützen, kürzlich erst vom ÖRR in einer ARD-Reportage anhand von Putins nachgewiesenen Sabotageakten eindrucksvoll dargestellt.

  24. @23:
    Betr. Missverständnis: Ich hatte nie den Eindruck, dass Sie die „Gefälligkeits“-These unterstützen. Das ist halt klassisches rechtes Verschwörungsgelaber. Schrieb ja sogar schon in #8 „Narrativ: Staatsfunk und Staatsschutz sitzen im selben Boot, sieht man doch eindeutig!“.
    In deren Bubble ist man so immunisiert, dass jeder andere Erklärungsansatz sofort den Feind identifiziert. Es muss so sein, sonst bricht das Opferrollen-Weltbild zusammen und damit auch die gesamte Marketingstrategie. Selbstverständlich wird man auch im juristischen Kampf gegen die Einstufung scheitern und das Scheitern als „Die volle juristische Gewalt der Altparteien“ verkaufen. Der selbsternannte Selbstdenker weiß, dass es stimmt. Ähnlich wie bei der Correctiv-Klage, bei der niemals auch nur ein Wort des Geheimtreffen-Texts juristisch kassiert wurde, was man aber nicht hören möchte. Widewiddewiesiemirgefällt.

    Ihr Bedenken betr. VS teile ich uneingeschränkt.

  25. Rein Kommerziell aufgestellte Medien sind nicht in der Lage den Bedürfnissen und Erfordernissen, eine mediale Versorgung zu gewährleisten, die dem Ideal des mündigen Bürgers gerecht würde, nachzukommen.
    Es gibt Dinge, die die Marktwirtschaft kann, Dinge, die sie nur streng reguliert kann und Dinge, die sie gar nicht kann. Beide Extrempositionen ( der Markt regelt alles am besten vs. der Markt regelt am besten gar nichts ) sind Ideologien und ebenbürtig verträumt.
    Ebenso sind steuerfinanzierte Lösungen anfällig für direkten Einfluss der jeweiligen Regierungen. Deshalb gibt es den ÖRR, mit allen seinen Fehlern.
    Das Modell des ÖRR ist, wie auch hier bei Übermedien schon das eine oder andere Mal zu lesen war, konstant verbesserungswürdig.
    Wir sehen global gerade was passiert, wenn Medien immer und überall gehandelt werden, wenn der Wert einer Meinung direkt mit dem Volumen des Investments in den Sektor verbunden ist.
    Und wir sehen, dass der Skrupellose den größeren Erfolg hat, dass die Manipulation viel einfacher und erfolgreicher ist, als die Aufklärung und Information.
    Wir wissen auch, dass es ein ganz eklatantes Ungleichgewicht gibt, was die Verbreitung von Fake News angeht. Rechtspopulisten führen da mit großem Abstand.
    Letztlich haben wir also Medien, die skrupellos und mit Agenda agieren, Medien, die nur darauf achten was sich wie verkaufen lässt und Medien, die eigentlich frei und unabhängig sein sollten, aber mehrheitlich nicht ausreichend Rückgrat besitzen, das umzusetzen.

    Und der VS? Bis vor Kurzem war Maaßen da der Chef. Mehr muss man nicht wissen.

  26. @ #29 Anderer Max

    Die „Stillhaltezusage“ soll lediglich das Eilverfahren, dass die AfD beim OVG Köln angestengt hat, beschleunigen.
    Es bedeutet nur, dass sie z.Zt. nicht mit „geheimdienstlichen Mitteln“ weiter ermitteln.

  27. #24
    Es tut mir leid, dass mein Kommentar so angreifend war. Ich bedanke mich für Ihre besonnene Antwort und nehme das zum Anlass, in Zukunft weniger pointiert, sondern mehr auf Austausch zielend zu formulieren.

  28. #31
    Danke, angenommen und mir fällt künftig sicher auch eine etwas dezentere und differenzierte Ausdrucksweise ein.

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