Ippens Kooperation mit der „Washington Post“

Qualitätsjournalismus, als hätte man ihn bei Temu bestellt

Texte der renommierten "Washington Post" erscheinen in wirren KI-Übersetzungen auf deutschen Portalen wie "Merkur" oder "Extratipp". Das ist kein Unfall, sondern eine Kooperation der "Post" mit der Ippen Mediengruppe. Was soll das?
Exklusiv für Übonnenten
Ein Paket mit zerfetzten Zeitungsausgaben
Schrottsätze statt Qualitätsjournalismus – zu finden unter dem Markennamen der „Washington Post“ auf Portalen der Mediengruppe Ippen Bild: Canva/KI-generiert

Obwohl die „Washington Post“ vor mehr als zehn Jahren von Amazon-Gründer Jeff Bezos aufgekauft wurde, gehört sie immer noch zu den größten und renommiertesten Zeitungen der USA. Auf ihrer Webseite rühmt sich die „Post“, die einst den Watergate-Skandal aufdeckte, der 76 Pulitzer-Preise, die sie bisher gewonnen hat. Alleine drei davon im vergangenen Jahr.

Umso überraschender ist es, dass einige der Artikel dieser Zeitung in Deutschland auf den Webseiten der Mediengruppe Ippen veröffentlicht werden. Ippen ist vor allem dafür bekannt, mit seinen ungefähr 80 Online-Portalen und Zeitungen gnadenlos auf Reichweite zu setzen, oft hart am Rande zum Clickbait, im Zweifel auch mal drüber. Oder, wie es Ippen in einer Selbstdarstellung nennt: „Unser herausragendes Online-Portfolio“. Legendär sind die Endlos-Ticker und Themenseiten von „Merkur“ und „tz“ über Michael Schumacher, Helene Fischer oder das Dschungelcamp, mit denen sich die Ippen-Gruppe seit Jahren Spitzenplätze in der Google-Suche sichert.

Features und Reportagen aus der KI-Hölle

Dass die Pulitzer-Preisträger aus den USA und die Boulevard-und-Feldweg-Medien von Ippen kooperieren, ist erstaunlich, aber in Zeiten, in denen Donald Trump und Elon Musk, Snoop Dog und Martha Stewart, Kai Pflaume und SkiAggu zusammenfinden, muss man sich wohl an ungewöhnliche Arbeitsgemeinschaften gewöhnen. Und so kann man Artikel aus der „Post“ jetzt auch auf Portalen wie „24Garten“, „Echo24“, „Extratipp“ oder „Landtiere“ lesen, die in der Zentrale in Washington eher nicht so bekannt sein dürften. Aber eben auch auf den Webseiten von Medien wie der „Frankfurter Rundschau“, die ebenfalls zu Ippen gehört.

Noch verblüffender ist aber, was Ippen aus den Texten der „Post“ macht. Laut einem Disclaimer, der unter jedem übernommenen Artikel steht, wurden diese „aus dem Englischen automatisiert ins Deutsche übersetzt“, denn „wir testen zurzeit maschinelle Übersetzungen“. Das Ergebnis dieses „Tests“ sind Features, Analysen und Reportagen aus der KI-Hölle, die stellenweise wie absurde Theaterstücke klingen.

So heißt es in dem Artikel mit dem vielversprechenden Titel „Wie ein Bruce Lee-Film: Hunter Biden zerschlägt alle Republikaner-Vorwürfe“ auf merkur.de in schönster Samuel-Beckett-Tradition:

„,Das…

3 Kommentare

  1. Das lässt mich jetzt einfach nur sprachlos zurück.
    Eine Arbeitseinstellung die in den meisten Berufen aber ganz schnell zur Kündigung führen würde. Die Washington Post hat es sich seit kurzer Zeit wohl zur Aufgabe gemacht, ihren hart erarbeiteten guten Ruf zu zerstören. Stichwort fehlende Wahlempfehlung und Zensur und dadurch Verlust von Ann Telnaes.

  2. Grandioser Artikel. Super spannend, wie schlecht das alles ist. Aber ich muss sagen: Hab schon zweimal bei Temu bestellt und war immer zufrieden.

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