Wie viele Steeldrums verträgt eine Karibik-Folge – und 43 weitere Fragen ans „Traumschiff“
Am zweiten Weihnachtsfeiertag und an Neujahr laufen traditionell neue Folgen vom „Traumschiff“. Unsere Autorin pflegt seit Jahren eine Hassliebe zu diesem Klassiker – und hat ein paar Fragen.
Seit fast 44 Jahren schippert das „Traumschiff“ über den Bildschirm. Die ZDF-Reihe spaltet so zuverlässig wie kaum ein anderes Format: Entweder man liebt sie für die Feel-Good- und Happy-End-Garantie. Oder man hasst die Filme wegen ihrer seichten Plots und platten Dialoge. Oder man fühlt beides.
Die Handlungen sind so vorhersehbar wie die Ausstrahlungstermine am zweiten Weihnachtsfeiertag, an Neujahr und am Ostersonntag. Oder wie der inzwischen verstorbene „Traumschiff“-Erfinder Wolfgang Rademann es dem „SZ-Magazin“ vor Jahren einmal erklärte:
„Wir haben immer dasselbe Muster: 40 Prozent spielen an Land, 60 Prozent an Bord. Es werden drei Geschichten erzählt: eine Liebesgeschichte, eine lustige und eine spannende.“
Dieses Jahr legt das „Traumschiff“ im Hudson Valley (USA) und auf Curaçao in der Karibik an, beide Folgen sind bereits in der ZDF-Mediathek abrufbar. Wie immer mit an Bord: peinliche Gastauftritte von Prominenten und Wunderkerzen zum Schluss.
Wir hätten gerne ein Interview mit einer Autorin oder einem Autor der Drehbücher geführt. Aber offenbar wollte man – trotz anfänglicher Zusage – dann doch nicht mit uns sprechen, sondern nur schriftlich Fragen beantworten. Schade.
Dafür haben wir 44 Fragen, die wir beim Gucken der beiden neuen „Traumschiff“-Folgen hatten, aufgeschrieben – und lassen das einfach mal so stehen.
Warum drängelt niemand beim Boarding?
Ist das eine Regieanweisung, dass in den ersten Minuten Blickkontakte verraten sollen, wer im Lauf der Folge mit wem anbandelt oder (noch) geheim verbandelt ist?
Warum muss immer irgendein Gast noch dringend an Bord arbeiten, obwohl er eigentlich Urlaub hat?
Oder aus Versehen ein altes Familiengeheimnis aufdecken?
Oder schlimme Geldprobleme lösen?
Ist die Kreuzfahrt am Ende der Grund für die Geldprobleme?
Wieso ist immer ein:e Passagier:in an Bord, der/die am Zielort aufgewachsen ist oder dort irgendwelche familiären Verpflichtungen hat?
Weiß jemand, was Harald Schmidts Funktion an Bord ist?
Gibt es eine Perspektive, aus der das Traumschiff noch nicht werbewirksam gefilmt worden ist?
Unter Wasser wäre vielleicht noch eine Idee?
Wie viele Steeldrums verträgt eine Karibik-Folge?
Tanzen dieses Mal gar keine Einheimischen für die Kreuzfahrenden?
Warum treffen die Passagier:innen und Crew-Mitglieder immer deutsche Muttersprachler am Zielort?
Was macht Wigald Boning hier?
Und die Schriftstellerin Hera Lind?
Überreicht ihr der Staff-Kapitän wirklich ihr eigenes Buch, weil sie ihres vergessen hat?
Ist das Joachim Llambi?
Und wer denkt sich solche Zeilen aus: „Meine Tanzkarriere hat mich gelehrt: Tanzen verbindet.“
Schießen echt noch Leute zum Spaß Golfbälle ins Meer?
Kommt bald das Crossover „Das Traumschiff vs. Der Schwarm“?
Die Begriffe „CO2“ und „Klimakatastrophe“ sind an Bord tabu, oder?
Und (un)faire Arbeitsbedingungen auch?
Warum ist nie jemand am Pool?
Oder in der Schlange am Buffet?
Wie oft dürfen sich Traumschiff-Konflikte (unverhofftes Wiedersehen mit der Jugendliebe, Varianten von „Das doppelte Lottchen“) wiederholen?
War dieses Mal echt kein Zwilling dabei?
Wer lenkt das Schiff, wenn Kapitän Max Pager sich die privaten Sorgen eines Passagiers anhört?
Und sein Stellvertreter mit dem Zauberwürfel spielt?
Liest der Kapitän aus einem Prospekt des Tourismusverbands Curaçao vor, wenn er beim Einlaufen in den Hafen sagt: „Curaçao, eine wunderschöne Insel in der südlichen Karibik, die für ihre atemberaubenden Strände, lebhafte Kultur und historischen Sehenswürdigkeiten bekannt ist. Die Hauptstadt Willemstad beeindruckt mit ihren farbenfrohen holländischen Kolonialgebäuden, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Die Insel bietet eine Mischung aus niederländischem Erbe und karibischer Lebensfreude. Curaçao ist auch ein Paradies für Wassersportler und Taucher. Die klaren, türkisfarbenen Gewässer bieten eine atemberaubende Unterwasserwelt.“
Ist es unter Wasser nicht immer „atemberaubend“?
Ist „atemberaubend“ das meistgefallene Adjektiv auf dem Traumschiff?
Kolonialismus thematisieren geht auch nicht, oder?
Und kritisieren schon gar nicht?
„One Love“ von Bob Marley im Kurs auf die Karibikinsel. Ernsthaft?
Und wenn zwei Figuren neuen Lebensmut fassen und die Zuschauer:innen das noch nicht kapiert haben, „Don’t Stop Me Now“ von Queen. Echt jetzt?
Wie viele Heiratsanträge wurden schon an Bord gemacht?
Hat Florian Silbereisen anstatt des Drehbuchs aus Versehen einen Sprüchekalender auswendig gelernt? („Wir alle machen Fehler, jeden Tag. Zu glauben, man sei perfekt und mache keine Fehler, ist schon der erste.“)
Gerät die Gala mal wieder ins Wanken oder warum fragt Florian Silbereisen: „Gerät die Gala mal wieder ins Wanken?“
Er wird doch wohl nicht selber singen?
Schreiben die Autor:innen ein medizinisches Problem oder eine Frage ins Drehbuch, damit die Schiffsärztin nicht umsonst mitfährt?
Ist noch jemand wach, wenn der Kapitän beim Captain’s Dinner nochmal den gesamten Plot zusammenfasst?
Wann bekommt das Traumschiff eine Kapitänin?
Unterschätzt man das Fernsehpublikum am Ende nicht doch ein wenig?
Aber am Ostersonntag kommt schon wieder eine neue Folge, oder?
Die Autorin
Kathrin Hollmer arbeitet als freie Journalistin in München. Sie schreibt nicht nur über Filme und Serien, sondern diskutiert auch gern in Jurys darüber, insbesondere, wie Frauen und Diversität erzählt werden. Sie ist Vorsitzende der Nominierungskommission des Grimme-Preises für die Kategorie Fiktion. Für Übermedien spricht sie in der Serie „Sachverstand“ mit Expertinnen und Experten über deren Fachgebiet und wie Medien darüber berichten.
2 Kommentare
45. Warum nicht mal ein Co-Franchise mit James Cameron starten und dem Traumschiff ein Titanic-Ending verpassen? Leonardo die Caprio kommt ja auch langsam in das entsprechende Alter, dass er für die Zuschauer Zuelgruppe interessant wird.
45. Warum nicht mal ein Co-Franchise mit James Cameron starten und dem Traumschiff ein Titanic-Ending verpassen? Leonardo die Caprio kommt ja auch langsam in das entsprechende Alter, dass er für die Zuschauer Zuelgruppe interessant wird.