Die Falschmeldung, die SPD plane eine „Schmutz-Kampagne“ gegen CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, die am vergangenen Samstag bei „Focus Online“ erschienen ist, sorgt in der Redaktion der Nachrichtenseite weiter für Ärger. Vor allem deshalb, weil der Artikel auf Initiative von ganz oben entstanden sein soll – vom Geschäftsführer.
Nach Informationen von Übermedien war es Daniel Steil, der Co-CEO von Burda Forward, der am vergangenen Freitag eine Eingabe an die Redaktion machte, das Thema bitte umzusetzen. Das haben uns verschiedene Mitarbeiter von „Focus Online“ bestätigt. Steil lieferte demnach mindestens erste Informationen dazu – und offenbar auch einen Arbeitstitel, der der späteren Überschrift sehr ähnlich gewesen sein soll.
Klickträchtige Zeilen – das kann Daniel Steil. Von 2011 bis 2018 war er Chefredakteur von „Focus Online“. Unter seiner Führung stand die Seite damals vor allem für Schrott-Clickbait und für fragwürdige Methoden, Klicks auf Social Media abzusahnen. Seit 2016 ist Steil Geschäftsführer von Burda Forward, dem Teil des Burda-Verlags, in dem unter anderem „bunte.de“, „Chip“ und eben „Focus Online“ erscheinen. Als Chief Content Officer war er „verantwortlich für alle Journalistinnen und Journalisten“ und für die „inhaltliche Ausrichtung der Marken“. Seit Juni ist Steil Co-CEO.
CDU-„Insider“ als einzige erkennbare Quelle
Wer die Falschmeldung verfasst, wer sie redigiert und am Samstagabend zur Veröffentlichung freigegeben hat, ist unklar. Ebenso, wie viel Einfluss Daniel Steil darauf noch hatte – oder ob er sogar der Autor war. Auf unsere Anfrage dazu äußert sich Steil nicht.
Nach seiner Eingabe dauerte es einen Tag, bis jener (kurze Zeit später wieder gelöschte) Text erschien, der grundlegende journalistische Regeln verletzte: Die SPD war vor der Veröffentlichung nicht von „Focus Online“ konfrontiert worden, hatte also keine Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Dafür wurde ein anonymer „Insider“ – ausgerechnet aus der CDU – ausführlich zitiert. Als einzige erkennbare Quelle.
Der Text trug auch nicht, wie viele andere bei „Focus online“, eine Autorenkennung, sondern lediglich das Kürzel „fol“ – es steht für „Focus Online“. Was merkwürdig ist: Medien versehen exklusive Storys normalerweise mit den Namen der Autorinnen und Autoren, die sie recherchiert haben. Sie stehen so auch mit ihrem Namen für den Inhalt ein.
Auch dass es Co-CEO Daniel Steil war, der sich am Montag mit einem Statement zu der Falschmeldung zu Wort meldete und sich „im Namen von ,Focus Online’“ für die „zu schnelle Veröffentlichung ohne ausreichende Überprüfung des Wahrheitsgehalts“ entschuldigte, hatte für Irritationen und Kritik an seiner Wortwahl gesorgt: „Steil macht die Angelegenheit also zur Geschäftsführersache, was ungewöhnlich ist, weil redaktionelle Inhalte von Chefredakteuren verantwortet werden“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“. Sein Statement lese sich wie eine „öffentliche Ohrfeige für die Redaktion“.
Daniel Steil hatte von einem „Fehler im redaktionellen Arbeiten“ gesprochen und diesen Fehler gleich positiv für die künftige Arbeit der Redaktion umgedeutet:
„Für uns ist dieser Fehler im redaktionellen Arbeiten eine wichtige Lehre: Gerade in Zeiten von manipulierten Nachrichten, wie wir sie auch im US-Wahlkampf gesehen haben, gewinnt journalistische Sorgfalt noch mehr an Bedeutung. Wir sind dafür in unserer künftigen Berichterstattung zusätzlich sensibilisiert.“
„Austausch“ mit der Redaktion
Steil spricht in seiner Mitteilung von „wir“ und „uns“. Dass die gesamte Redaktion für eine Meldung gerade stehen soll, die der Geschäftsführer initiiert hatte und die sich dann als blamable Ente mitten im Wahlkampf herausstellte, ärgert einige Redakteurinnen und Redakteure. Nach Informationen von Übermedien wurden die Mitarbeiter gestern zu einem „Austausch“ in der Sache am kommenden Donnerstag eingeladen. Mit dabei: der Chefredakteur von „Focus Online“ – und Co-CEO Daniel Steil.
Wir haben Steil Fragen dazu geschickt, welche Rolle er bei der Entstehung und Veröffentlichung der Falschmeldung gespielt hat. Außerdem hatten wir gefragt, wie oft es vorkommt, dass er als Co-CEO von Burda Forward redaktionelle Vorgaben macht. Nun aber möchte sich Daniel Steil nicht mehr äußern. Stattdessen meldete sich die Pressesprecherin von Burda Forward und schrieb:
„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu den Hintergründen nicht weiter äußern werden. Der Stellungnahme zu diesem Thema, die wir Ihnen am Dienstag haben zukommen lassen, haben wir nichts hinzuzufügen.“
Der Autor
Boris Rosenkranz ist Gründer von Übermedien. Er hat an der Ruhr-Universität Bochum studiert, war „taz“-Redakteur und Volontär beim Norddeutschen Rundfunk. Anschließend arbeitete er dort für verschiedene Redaktionen, insbesondere für das Medienmagazin „Zapp“. Seit einigen Jahren ist er freier Autor des NDR-Satiremagazins „Extra 3“.
4 Kommentare
Es ist bestimmt nur Zufall, dass bei den diversen Falschmeldungen und Verzerrungen auf Focus und Focus-Online immer nur Linke (oder was man bei Burda für Links hält) schlecht wegkommen.
Spontan fällt mir beispielsweise dieser Klassiker ein:
Ich kann mich an einen „Artikel“ in Focusonline erinnern während Corona.
Darin ging es um Vac-aids. Eine Immunschwäche ausgelöst durch Imfung. Ganz unten und sehr klein gedruckt stand so was wie „kein redaktioneller Artikel….“.
Verantwortlich für diesen Beitrag war irgendeine Anwaltskanzlei. Diese hatte Mandanten die wegen Impfschäden klagten.
War alles nur beim sehr genau hinschauen zu bemerken.
Focus war für mich noch nie relevant, aber seitdem halte ich diese Zeitschrift für den letzten dreck.
Ein Standard des modernen Stimmungsjournalismus aus der radikalen Mitte ist ja das öffentlich zur Schau getragene Eingeständnis, dass etwas schief gelaufen ist, man den sogenannten Fehler erkannt habe und in der Lage ist, daraus zu lernen. Die Frage ist halt immer, was man daraus lernt.
Die Krönung dessen aber ist die Bullshitphrase „….gewinnt journalistische Sorgfalt noch mehr an Bedeutung „.
Daraus lässt sich ja ableiten, dass die journalistisiche Sorgfalt – derentwegen man ja das Medium eigentlich konsumiert, vorher eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Mir ist es ein Rätsel, dass dem Typen so ein Satz nicht um die Ohren fliegt. Aber vielleicht ist man deswegen CEO geworden.
Elende linksversiffte Medien, die alles ideologisch manipulieren … Moment.
Es ist bestimmt nur Zufall, dass bei den diversen Falschmeldungen und Verzerrungen auf Focus und Focus-Online immer nur Linke (oder was man bei Burda für Links hält) schlecht wegkommen.
Spontan fällt mir beispielsweise dieser Klassiker ein:
https://www.titanic-magazin.de/gold/artikel/moritz-huertgen-blasebalgleaks-eine-focus-meldung-und-ihre-geschichte/
Ich kann mich an einen „Artikel“ in Focusonline erinnern während Corona.
Darin ging es um Vac-aids. Eine Immunschwäche ausgelöst durch Imfung. Ganz unten und sehr klein gedruckt stand so was wie „kein redaktioneller Artikel….“.
Verantwortlich für diesen Beitrag war irgendeine Anwaltskanzlei. Diese hatte Mandanten die wegen Impfschäden klagten.
War alles nur beim sehr genau hinschauen zu bemerken.
Focus war für mich noch nie relevant, aber seitdem halte ich diese Zeitschrift für den letzten dreck.
Ein Standard des modernen Stimmungsjournalismus aus der radikalen Mitte ist ja das öffentlich zur Schau getragene Eingeständnis, dass etwas schief gelaufen ist, man den sogenannten Fehler erkannt habe und in der Lage ist, daraus zu lernen. Die Frage ist halt immer, was man daraus lernt.
Die Krönung dessen aber ist die Bullshitphrase „….gewinnt journalistische Sorgfalt noch mehr an Bedeutung „.
Daraus lässt sich ja ableiten, dass die journalistisiche Sorgfalt – derentwegen man ja das Medium eigentlich konsumiert, vorher eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Mir ist es ein Rätsel, dass dem Typen so ein Satz nicht um die Ohren fliegt. Aber vielleicht ist man deswegen CEO geworden.
Elende linksversiffte Medien, die alles ideologisch manipulieren … Moment.