Freizeitfake

Der Mann, der alle Antworten der Promis kennt

Jahrelang soll die Frauenzeitschrift „Freizeitwoche“ erfundene Interviews mit Hollywoodstars veröffentlicht haben. Wer steckt hinter den mutmaßlichen Fälschungen?

Nach unseren Informationen kommt mindestens ein vermeintliches Interview mit Sandra Bullock von einem Mann namens Jörg Bobsin.

Jörg Bobsin (rechts) im Jahr 2005 mit Donald Trump
Jörg Bobsin (rechts) 2005 mit Donald Trump Foto: Thomas Lee

Der Reporter dürfte ungefähr 78 Jahre alt sein (im Internet kursieren unterschiedliche Angaben zu seinem Alter), er lebt in Kalifornien und ist vor Jahren schon einmal auffällig geworden.

2010 hatten der „Berliner Kurier“, der „Kölner Express“ und die „Hamburger Morgenpost“ – Boulevardzeitungen, die alle im Verlag Verlag M. DuMont Schauberg erscheinen – ein von Bobsin geliefertes Interview mit Michael Douglas abgedruckt. Kurz darauf erklärte ein Sprecher des Schauspielers, das Interview habe nie stattgefunden:

„Dieses Interview wurde sorgfältig zusammengesetzt aus Bemerkungen, die Michael Douglas auf verschiedenen Pressekonferenzen und in Interviews im vergangenen Jahr gemacht hat. Aber das meiste ist komplett ausgedacht.“

Bobsin war seinerzeit für Medienanfragen zunächst nicht zu erreichen, gab jedoch später zu, das Interview nicht geführt zu haben. Er behauptete, er habe es vom US-Klatschportal „tmz“ übernommen, doch bis heute ist fraglich, ob das stimmt. Im „tmz“-Archiv findet sich keinerlei Hinweis darauf, dass es das Interview gab.

Der DuMont-Verlag trennte sich damals von Bobsin. Vorher hatte Bobsin unter anderem auch für „Bunte“, „Stern“, „Bild am Sonntag“ und „Die Aktuelle“ gearbeitet. Sie druckten unter anderem Interviews von ihm mit Imelda Marcos, Luca di Montezemolo, Elke Sommer und David Caruso.

Im Jahr 2000 erschien in der „Neuen Revue“ ein Interview, das Bobsin angeblich mit Hans-Adam II., dem Fürst von Liechtenstein geführt hatte, in dem der Steueroasen unter anderem mit dem Satz verteidigte: „Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass so hohe Steuern wie bei Ihnen in Deutschland unmoralisch sind“. Hinterher dementierte das Fürstenhaus: „Bei dem angeblichen Journalisten, Herrn Bobsin, handelt es sich um eine Person, welche sich mit gefälschten Unterlagen als Journalist einer renommierten Radiostation ausgegeben hat“, wo er aber nicht bekannt sei. Bobsin versuche offensichtlich seit einigen Tagen, „Interviews des Fürsten, welche in dieser Form nicht gemacht wurden, in verschiedenen Medien zu platzieren“.

Die „Freizeitwoche“ scheint seit vielen Jahren mit Bobsin zusammenzuarbeiten.

Namentlich gekennzeichnet sind die angeblichen Gespräche mit Hollywood-Stars im Blatt nicht. Offen ist daher, wie viele der 300 Star-Interviews in der „Freizeitwoche“ noch von Bobsin stammen – und vor allem: Wie viele davon echt sind.

Wir haben Bobsin um eine Stellungnahme gebeten. Er teilte uns mit, dass er derzeit nicht zu erreichen sei.

Jörg Bobsin ist eine schillernde Figur.

Er betreibt unzählige Webseiten, auf denen er die Privatadressen von Hollywoodstars zum Kauf anbietet:

Screenshot: catchdonaldtrump.info
Screenshot: danielradcliffe.info
Screenshot: worthamint.info

Kein Witz. Für je 20 Dollar verspricht Bobsin die privaten Wohnadressen von Dutzenden Prominenten wie Angelina Jolie, George Clooney, Bruce Willis, Katy Perry oder Leonardo DiCaprio.

Auf Wunsch bekommt man angeblich auch andere vertrauliche Informationen:

Sie können sich den Promi Ihrer Wahl, den Sie ausspionieren möchten, aus 999 Namen Reicher und Berühmter aussuchen:

Nehmen wir Jennifer Aniston als Beispiel. VIP-Reporter Jorg Bobsin kennt die Antwort auf alle (oft peinliche) Fragen!

Wieviele Liebhaber hatte Jennifer Aniston?

Unter welchem Pseudonym kauf J.A. ihre Häuser und Appartements, um anonym zu bleiben?

Wieviel Knete besitzt J.A.?

J.A.’s größter Skandal bis heute?

Wo finde ich im Internet sexy Bettszenen mit J.A.?

Treibt J.A. Sport?

Alle vertraulichen Informationen über den Star kommen auf elektronischem Weg an Ihre Email-anschrift. Auch sämtliche Privatadressen mit Straße und exakter Hausnummer werden genannt!

Bobsin verkauft auch Adressen und Telefonnummern von prominenten Unternehmern, Anwälten und Ärzten.

Und von Sexualstraftätern.

Und Serienmördern.

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Screenshot: worthamint.info

Jörg Bobsin bezeichnet sich selbst als „investigativer VIP-Reporter“. Mehr als 5.000 Interviews habe er schon geführt, schreibt er. Seine Interviewpartner nennt er seine „Opfer“.

8 Kommentare

  1. Öehhh… Ich glaub ich muss mich übergeben… Das zum Schluss muss echt nicht sein. Ist das nicht irgendwann einmal auch strafrechtlich relevant?

  2. Auf die Gefahr hin euch zu nerven:

    „Die „Freizeitwoche“ scheint seit vielen Jahren mit Bobsin zusammenzuarbeiten.“

    Wie kommt ihr da drauf? Wenn ein Interview mit Sandra Bullock von Bobsin stammt, folgt daraus doch nicht der obige Satz, bzw. folgt nicht, dass die übrigen fraglichen Interviews auch von ihm stammen (von denen wiederum ja auch nur vermutet wird, dass auch die gefälscht sind).
    Dass der Bobsin ansonsten ein ruchloser Kerl ist, scheint offenkundig. Hab mich auch auf seinem pandastischem Twitter-Account mal umgesehen. Aber das sind doch keine Indizien für eine langjährige Zusammenarbeit zwischen ihm und der Freizeitwoche.
    Oder irre ich mich da total?

  3. Man kann ja von Donald Trump halten was man will aber auf manchen Fotos fällt besonders auf, dass zumindest seine Krawatten geschmackvoll sind!

  4. Bis jetzt hatte ich niemals ernsthaft in Erwägung gezogen, dass in diesen Friseur- und Altenheim-Magazinen tatsächlich geführte Interviews zu finden wären. Was mich jetzt, wo es mir auffällt, ziemlich erschreckend finde.

  5. Gibt es juristisch einen Unterschied zwischen „erfinden“ und „fälschen“ ? Der Herr Redakteur von der FW spricht nur von „wurden nicht gefälscht“

    anyway…

    Die Seiten des Herrn Bobsin sehen ja schön aus, so schön wie Webseiten 1992 halt ausgesehen haben.
    Und erreichbar war er doch, hat doch geschrieben er wäre nicht erreichbar ;)

  6. Erinnert mich an ‚Newsroom‘. In einer der letzten Episoden wird ein ähnliches ‚hunting‘, wie es Bobsin wohl betreibt, am Rande thematisiert. Das ist für die Betroffenen nicht ungefährlich.

    Ansonsten stimme ich 6. @Michael zu: ich habe auch noch nie geglaubt, dass eine dieser Trulla-Gazetten tatsächlich mit ‚xy‘ gesprochen hat.

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