Polizeigewalt

Eine Kampfansage an Journalisten

„Falls Sie sich nicht entfernen, werden Sie behandelt wie Demonstranten!“ So schallte es vor gut einem Monat aus einem Polizeilautsprecher in der Friedelstraße in Berlin-Neukölln, und so ähnlich klang es auch eine Woche später bei der Anti-G20-Demonstration „Welcome to Hell“ in Hamburg. Die unwirsche Ansage richtete sich in beiden Fällen an jene, die aus gutem Grund vor Ort waren und deren Aufgabe auch ist, sich gerade nicht zu entfernen: an die Presse.

In Berlin ging es um eine Zwangsräumung. Das Soziale Zentrum Friedel54 musste nach 13 Jahren nicht-kommerzieller politischer Arbeit weichen. Die anderthalbjährige Kampagne gegen die Räumung hatte das Projekt zu einem bekannten Kristallisationspunkt im Kampf um die Stadt gemacht.

Am Räumungstag Ende Juni saßen rund 150 Menschen in einer Sitzblockade vor dem Haus auf der Straße und angeblich noch mal halb so viele im Innenhof. Auf Grund der Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt wurde die Kampagne des Projekts im Vorfeld von sehr vielen Medien aufgegriffen. Deshalb waren anlässlich der Räumung natürlich auch viele Journalisten vor Ort.

Geschlagen, gepackt, weggeschoben

Die Presse hatte den gegenüberliegenden Gehsteig und den Großteil der Straßenbreite für sich – eigentlich. Denn obwohl die Polizei die Straße längst abgesperrt hatte, schob sie unmittelbar bevor sie die Sitzblockade räumte, auch einen Großteil der Presseleute weg – wie eine Wand. Journalisten wurden geschlagen, mit schmerzhaften Griffen gepackt und weggeschoben. Einem Fotografen wurde sogar ein Teil der Kamera abgebrochen.

Danach durften einige Fotografen nicht wieder zurück in den abgesperrten Bereich, um dort die Räumung zu dokumentieren. Andere berichten sogar davon, dass sie von Polizisten bewusst behindert wurden, als sie fotografieren wollten. Dabei handelte es sich um eine ruhige Situation. Die Menschen in der Sitzblockade griffen die Polizei nicht an. Es war auch keine Eile geboten.

Screenshot der Seite g20-doku.org
Sammlung von Angriffen auf g20-doku.org Foto (M): g20-doku.org

Eine Woche später in Hamburg ging es dann noch heftiger zu. Ein gutes Dutzend Journalisten berichtet, während der Anti-G20-Proteste völlig unnötig von der Polizei angegangen worden zu sein. Trotz sichtbarem Presseausweis und Kamera habe es Schläge und abschätzige Kommentare gegeben, außerdem wurden Wasserwerfer und Pfefferspray gegen die Kollegen eingesetzt, offenbar gezielt. Auch hier schlug die Polizei oft in an sich ruhigen Situationen zu, übrigens auch gegen andere Menschen, die friedlich drumherum standen, wie viele Videos belegen, unter anderem auf der Seite g20-doku.org.

Eben solche Videos könnten auch der Grund für das krasse Auftreten der Polizei sein. Ihr geht das ständige Gefilme auf die Nerven. So stellte der Fotograf und Grünen-Politiker Erik Marquardt einen Video-Ausschnitt ins Internet, in dem zu sehen und zu hören ist, wie ihm ein Polizist die Kamera mit den Worten wegschlägt: „Reicht das nicht, was in den Medien ist? Reicht euch das nicht?“ Kameras, wie sie mittlerweile fast alle immer dabei haben, sind für die Staatsgewalt zu einem gefürchteten Werkzeug geworden.

In Spanien wurde 2015 mit einem Gesetz, das vor allem das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einschränkte, auch verboten, Bilder von Polizeikräften ohne deren Einverständnis ins Internet zu stellen. Und nicht nur das: Erstes Opfer dieser Regel wurde jemand, der ein Foto von einem Polizeiauto veröffentlichte, das auf einem Behindertenparkplatz stand. Auf dem Foto war niemand zu sehen. Trotzdem musste die Fotografin satte 800 Euro zahlen.

Journalismus als Gegengewicht zur Macht

Die Medienentwicklung hat es mit sich gebracht, dass sich die Produktionsmittel für Journalismus verallgemeinert haben. Wie die Polizei arbeitet, wird heute von viel mehr Menschen dokumentiert, die der Staatsmacht erst mal kritisch gegenüber stehen. Dabei verlangen diese neuartigen Journalistinnen und Journalisten dieselben Privilegien wie die althergebrachte Presse. Viele besitzen sogar Presseausweise, die auch von Einrichtungen vergeben werden, die keine strengen Kriterien für die Vergabe haben. Der Staat wiederum darf da nicht mitreden, sonst würde er bestimmte Presseorgane privilegieren.

Es ist eine ungelöste, vielleicht sogar unlösbare Frage, wer in Situationen, in denen die Polizei kein großes Publikum haben will, Zugang zum Ort des Geschehens bekommen soll, um die Ereignisse dokumentieren zu können. Die Medienentwicklung lässt den Unterschied zwischen Meinungs- und Pressefreiheit immer mehr verschwinden. Es wird deshalb kompliziert für die Polizei, angesichts der Ereignisse anscheinend zu kompliziert.

Geht sie deshalb neuerdings so brutal gegen Journalisten vor? Die Frage ist falsch gestellt. Wir sollten nicht von einer Sonderbehandlung ausgehen. Schon die eingangs zitierte Ansage, alle Journalisten, die nicht weichen, würden wie Demonstranten behandelt, legt nahe: Die Polizei behandelt die Presse so, wie sie die Allgemeinheit behandelt. Letzteres ist der eigentliche Skandal.

Die Polizei verhält sich vermutlich nicht wesentlich anders als bisher. Die beiden Unterschiede zu früher sind: Ihr Vorgehen wird nun viel häufiger gefilmt, und Journalisten gehören öfter zu den Opfern von Polizeigewalt. Das sollte uns an die vornehmste Aufgabe des Journalismus erinnern: ein Gegengewicht zur Macht zu sein, sie zu kontrollieren.

Tweet des "Bild"-Chefreporters für NRW, Frank Schneider: "Polizisten greifen an Schanze gegen Journalisten an: 'Ab jetzt gibt's keine Pressefreieheit mehr, hau ab oder ins Krankenhaus!' #G20HAM17"

Wenn jetzt sogar ein „Bild“-Chefreporter von „gezielter“ und „aggressiver“ Gewalt gegen die Presse twittert – wie in Hamburg wiederholt geschehen – sollte sich die Branche klarmachen, dass die Polizei in Kontexten wie den eben genannten weniger Hüterin der Verfassung und der Rechtsprechung durch das Verfassungsgericht ist, als eine Partei in einem Kampf. Wer nun über diesen Kampf berichten will, soll und darf sich nicht völlig unkritisch und voreilig auf eine Seite schlagen. Doch genau das ist wieder zu beobachten.

Einige Medien schilderten die Auseinandersetzungen bei den G20-Protesten nicht nur entlang der von Polizei und Politik verbreiteten (unrealistischen) Grundannahme vom staatlichen Kontrollverlust beim abendlichen Krawall am 7. Juli in Hamburg, sondern auch anhand von Polizei-internen Vermerken. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) etwa basierte einen 18-minütigen Fernsehbeitrag über den Krawall vor allem auf solchen internen Notizen, einem Interview mit dem Polizeipräsident und den Erlebnissen eines empörten Anwohners. Entsprechend verfälscht, weil unvollständig, ist damit das Ergebnis.

Oder in Berlin: Mit „Tagesspiegel“ und „Berliner Zeitung“ übernahmen im Zuge der Friedelstraßen-Räumung die beiden größten lokalen Qualitätszeitungen der Hauptstadt eine Polizeimeldung als Tatsachenbehauptung in ihre Artikel, die die Polizei später wieder zurückzog. Es hieß dort, eine Kellertür im Haus, das geräumt wurde, sei unter Strom gesetzt gewesen, was Lebensgefahr für die Polizei bedeutet habe. Sofort nach dieser von der Polizei per Twitter verbreiteten Meldung wurden Zweifel geäußert, auch von einem Grünen-Abgeordneten, der vor Ort war. Auf solche Kritik hin blamierte sich die „Berliner Zeitung“ mit einem Tweet, wen sie als „verlässliche Quelle“ sieht:

https://twitter.com/berlinerzeitung/status/880418441974427649

Andere Medien zitierten die Behauptung der Polizei distanzierter und kontrastierten sie mit dem Dementi der Gegenseite. Übrig blieb von der Strom-Behauptung letztlich nur ein unter der Tür verlaufendes Kabel ohne Stromquelle und die Messung von nicht quantifiziertem Kriechstrom auf dem Metallknauf der Holztür.

In Hamburg haben sich ebenfalls Behauptungen der Polizei als unhaltbar erwiesen, mit denen sie ihr stundenlanges Abwarten während der Randale am Schulterblatt gerechtfertigt hatte. Es hieß zum Beispiel zunächst, die Polizei habe nicht in die Straße vorrücken können, weil dort Hinterhalte mit Wurfgeschossen auf Dächern vorbereitet gewesen seien, vor allem auf dem ersten Haus. Kurz nach dem G20-Gipfel zeigte die Polizei dann ein aus einem Hubschrauber aufgenommenes Infrarot-Video, auf dem der Wurf eines nicht zündenden Brandsatzes von eben jenem Dach zu sehen sein soll.

Das Wurfobjekt wurde von Infrarot-Experten als Böller oder andere Pyrotechnik eingestuft, und den 13 Personen, die später auf dem Dach festgenommen wurden, konnte offenbar nichts nachgewiesen werden. Dass die Täter dort nach so langer Zeit überhaupt noch gewesen sein könnten, ist ohnehin unwahrscheinlich. Bei den vermeintlichen weiteren Hinterhalten räumt die Polizei nun selbst ein, dass das auch Schaulustige auf Dächern gewesen sein könnten. Bilder von auf die Polizei geworfenen Brandsätzen gibt es nach wie vor nicht.

Was Arroganz der Macht bedeuten kann, hat die Presse in Hamburg neben der tätlichen Gewalt gegen Journalisten auch in einer anderen Form erlebt: Kurzfristig und praktisch gar nicht begründet, wurden 32 Journalisten, die sich erst erfolgreich für das G20-Pressezentrum akkreditiert hatten, einfach wieder aussortiert. Wessen Sicherheit da in welcher Form gefährdet gewesen sein soll, scheint ein ewiges Rätsel zu bleiben. Eine Erklärung fehlt bislang.

All das zeigt: Wenn es die Ordnungshüter mit Leuten zu tun haben, die die von ihnen verfolgte Ordnung kritisieren, müssen sie von Journalisten nicht nur als Quelle, sondern auch als interessierte Konfliktpartei behandelt werden. Die Presse sollte die geschilderten Geschehnisse als Kampfansage sehen und entsprechend beantworten. Sie sollte sich endlich als Gegenpol zu den Mächtigen verstehen und begreifen, dass so eine Opposition auch wehtun kann.

27 Kommentare

  1. Wenn ein Zuschauer ein Handy hat, ist er dann noch ein Zuschauer?
    Oder ein Journalist?
    Oder doch einer von der Anti-Antifa?

    Ich merke gerade, dass es wirklich sehr schwierig ist.

  2. Wie ist das denn in Berlin oder Hamburg? Gibt es da Beamte, die bei Demos und Großveranstaltungen als Ansprechpartner bereit stehen?
    Hier in Frankfurt am Main gibt es die Polizeibeamten mit strahlend blauer Weste, die sich Communicator nennen.
    Das sind abgestellte Polizisten, deren alleinige Aufgabe es ist zu kommunizieren – auch bei Demos, bei denen diese bürgerfernen, bewaffneten und gepanzerten Bereitschaftspolizisten auftreten.

    Es ist in solch Konflikten wichtig zu wissen, dass diese vermummten Polizisten, meist unerfahrene Bereitschaftspolizisten sind, die den Bürger in der alltäglichen Arbeit nie kennenlernen.
    Daher treten diese Bereitschaftspolizisten leider viel zu häufig negativ hervor.

  3. „Die Polizei behandelt die Presse so, wie sie die Allgemeinheit behandelt. Letzteres ist der eigentliche Skandal.“

    Eine „Allgemeinheit“ gibt es m. M. gar nicht.
    Jede Demo ist ist individuell, jeder Polizeieinsatz ebenfalls.
    Erkennt man an den unterschiedlichen Herangehensweise für verschiedene Gruppen: In Themar vor 2 Wochen konnte die dortige „Allgemeinheit“ auch ganz gut „beschützt“werden, trotz erheblichen Gewaltpotentials.
    Manchmal scheint der „Schutz der Demonstration“ wichtig für die Polizeien zu sein, manchmal eher nicht so.
    Gleiches gilt für deren Sicht auf die Presse:
    Gewalt von Demonstranten darf sie gerne dokumentieren, aber Gewalt von Polizisten, das sehen die Beamten dann eher nicht so gerne.
    (Die Alternative, präventiv keine Gewalt anzuwenden, damit auch nicht von ihr berichtet werden kann, scheint völlig unrealistisch zu sein.)

    Außerdem sollte eine Polizei zum Schutz der Allgemeinheit handeln, nicht die Allgemeinheit per se als potentielle Gewalttäter behandeln – Einschließlich der Presse.

    Bedenklich finde ich außerdem das allgemeine Auftreten als „Akteur“ bzw. Inszenierung als „Konfliktpartei“ seitens der Polizei, was auch durch einschlägige Berufs-Blogs gefördert wird:
    Ein Polizist ist kein einfacher Bürger sondern ein Organ der Exekutive des Staates und hat in dieser Funktion ein spezielle Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und natürlich auch eine Vorbildfunktion. Dies darf nicht zur Durchsetzung eigener politischer Ziele missbraucht werden.
    So tragisch die Angst einer Polizistenfrau um das Wohlergehen ihres Mannes auch sein mag – diese Angst zur politischen Agitation gegen bestimmte Gruppen zu inszenieren, ist mindestens schäbig, vielleicht sogar illegal.

    Ich rede von solchen Beiträgen:
    https://polizistmensch.de/2017/07/g20-bislang-74-verletzte-polizisten-davon-drei-schwer/

    Am Wochenende des 15.+16. juli findet sich auf der Seite kein einziger Beitrag zu Themar, nur faktenlose „Besprechungen“, bereits widerlegte Zahlen und subjektive Eindrücke zum G20 Wochenende.
    Finde ich schon seltsam.

    Inwiefern dürfen Polizeien überhaupt PR-technisch spekulativ tätig werden, also sich als „Konfliktpartei“ inszenieren und damit aktiv in den Konflikt eingreifen? Existiert da kein Neutralitätsgebot? Ernstgemeinte Frage, vielleicht bin ich da noch etwas naiv.
    Populisten könnten den Vorgang als „Gesinnungsexekutive“ bezeichnen.

    Klar, ist ein Polizist auch ein Mensch – Sobald dieser Mensch seine Uniform anlegt, wird er zum exekutiven Organ unseres Staates. Die Uniform anlegen tut er freiwillig und könnte damit jederzeit aufhören, wenn es ihm nicht mehr gefällt oder seiner Familie zu gefährlich wird.
    Solange er die Uniform trägt, trägt er auch eine größere Verantwortung, die über sein persönliches Wohlergehen hinaus geht.

  4. @Klaus Trophobie
    Vielen Dank für den Link, ein sehr interessanter und ausgewogener Artikel.
    Es ist fast schade, dass diese Qualität von einem „Laien“ erreicht wird, während Presse und Politik sich mit simplem schwarz/weiß-Denken zur einen oder anderen Seite hin zufriedengeben.

  5. @civichief

    Da ich das hier schon mehrmals gelesen habe, moechte ich mal anmerken: Genau so wie alle anderen auch sind auch die Polizisten Buerger. Als Buerger gehen sie jeden Tag zur Arbeit, mit anderen Buergern, und haben dannin der Alltagsarbeit mit Buergern zu tun. Viele sind schon seit 20 oder 30 oder mehr Jahren Buerger und haben sehr viel Erfahrung im Umgang mit Buergern.

    Dieser Versuch, kuenstlich einen Widerspruch zwischen Buergern und Polizisten herbei zu konstruieren, was steht da eigentlich dahinter? Was fuer ein Weltbild ist das?

  6. Ausserdem scheint hier Gewalt von Demonstranten anscheinend wieder ueberhaupt nicht vor zu kommen – aber wenigstens existiert bei den Rechten ja das Potential dazu. Wie erkenntnisreich kann eine Diskussion sein, die mindestens eine Haelfte der Realitaet vollstaendig ignoriert?

  7. @8: Von Übergriffen der „Demonstranten“ gegen Journalisten ist mir nichts bekannt. Und in diesem Artikel geht es um Übergriffe gegen Journalisten und darum, dass die Polizei als unabhängige Quelle und nicht als Partei angesehen wird. Also ist die Realität hier vollständig.

    Ob Sie sich allerdings genauso gegen die Darstellung in einigen Medien gewehrt haben, die nur die Seite der Polizei wieder gegeben haben würde mich auch interessieren.

  8. @TS66

    Polizisten sind wie alle Deutschen Bürger Deutschlands. Allerdings nicht während ihrer Arbeitszeit. Als staatliche Exekutivgewalt sind Sie unmittelbar an das GG gebunden – im Gegensatz zu den übrigen, nichtstaatlichen bediensteten Bürgern. Man erwartet zu Recht eine höhere Selbstverpflichtung zur Rechtstaatlichkeit. Das ist insofern auch deshalb wichtig, weil man die übrigen Bürger ja auch nicht mit Schusswaffen und umfassenden Befugnissen ausstattet.
    Hinter diesem künstlichen Widerspruch steht also in Wahrheit das Prinzip des modernen Rechtstaats – der Ihnen ja nicht gefallen muss.

    # 8
    Gewaltätige Demonstranten sind hier nicht nur kein Thema, sie gehören hier auch gar nicht hin, bzw. sind sie für das Thema unerheblich. Wenn rechtsverletzendes Verhalten von Polizisten angesprochen wird, dann bleibt das rechtsverletzendes Verhalten – egal welches Verhalten die Demonstranten zeigten. Das ist übrigens schon im Kindergarten so.

  9. @Ralf Hutter

    vielen Dank für den Artikel!

    @TS66

    Ich habe etwas falsches, mindestens aber etwas missverständliches geschrieben: Polizisten sind auch während ihrer Arbeit Bürger, allerdings eben nicht wie alle anderen auch.

  10. TS66, Sie relativieren völlig unnötig.

    Wie erkenntnisreich kan eine Debatte sein, die über Gewalt seitens Polizisten reden will, indem sie penetrant auf Gewalt von anderen hinweist?

    Die deutsche Polizei hat ein Gewalt- und Rechtsextremistenproblem, darin ist sie Spiegelbild der deutschen Gesellschaft. Und darüber müssen wir mal reden, weil der normale Angestellte nicht mit Gummiknüppel und Startrooper-Uniform zur Arbeit geht und wesentlich weniger Machtbefugnisse hat als ein Polizist.

  11. @7 TS66

    Bitte meinen Text nochmal lesen.
    Ich unterscheide zwischen Bereitschaftspolizisten und „Streifen“-Polizisten.

  12. Zu #3:
    Vom erwähnten Berliner Fall der Zwangsräumung haben mir zwei der Fotografen berichtet, dass es Leute vom Anti-Konflikt-Team waren, die sie offensiv beim Fotografieren des Wegtragens der Leute aus der Sitzblockade gestört haben. Und ich spreche von erfahrenen Pressefotografen, die wissen, warum sie sich über etwas aufregen.

    Zu #8:
    Es geht hier um Gewalt gegen die Presse. Da haben die Randalierenden fast nix verbrochen. Ich hab mich jetzt relativ viel mit den Geschehnissen beschäftigt, und mir sind nur zwei Fälle bekannt, wo Randalierer Presseleute geschlagen haben. In beiden Fällen war das eine
    Reaktion auf das Filmen/Fotografieren der Gewalttäter aus der Nähe. Ein Fall wurde öffentlich, das war ein Taz-Redakteur. Ich gehe davon aus, dass es glimpflich abging, denn zwei oder drei Tage später hat er einen ganzseitigen Artikel über die Hamburger Randale veröffentlicht.
    Die Polizei hingegen hat, wie im Text verlinkt, viele Menschen mit und ohne Presseausweis ohne Grund geschlagen, zum Teil verprügelt. Dabei ist es ihr Beruf, gerade das nicht zu tun, vielmehr die Pressefreiheit zu schützen, während die Randalierenden sicherlich gute Gründe haben, der Presse gegenüber erst mal kritisch zu sein. Dass das Ergbenis genau anders herum ist, als es (oberflächlich betrachtet) logisch wäre, ist schon bemerkenswert.

    Nebenbei: Beim Stichwort „Arroganz der Macht“ hab ich vergessen, OB Olaf Schlonz zu erwähnen, der offensichtlich vor lauter Aufregung auch eine Woche nach dem Gipfel nicht ins Internet geschaut hatte, wo die Gewalttaten – gerade auch gegen Presseleute – dokumentiert sind. Das ist ein Affront eines Landesregierungschefs gegen die ganze Branche, der gut zum Entzug der Akkreditierungen beim G20-Pressezentrum passt. Ein weiterer Grund, den Kuschelkurs mit den Regierenden aufzugeben.

  13. Ich finde, dass Polizisten sich privat und öffentlich zu ihrer Arbeit äußern dürfen – sofern sie keine Persönlichkeitsrechte verletzen und keine Dienstgeheimnisse (jetzt bitte nicht als Metapher für Fehlverhalten verstehen) verraten – wie jedes andere Individuum auch.

    Aber wie jeder Bürger auch muss sich ein Polizist für sein Verhalten rechtfertigen können. Auch wenn es Demonstranten gibt, die gewaltbereit sind, ist nicht nicht jeder Demonstrant gewaltbereit. Ergo kann die existierende Gewaltbereitschaft einiger Demonstranten bei Demo x keine pauschale Rechtfertigung für Polizeigewalt bei Demo y sein.
    Und die eventuelle Gewaltbereitschaft bei Demo y muss nicht jede Gewalt der Polizei bei y rechtfertigen, weil es ja auch so etwas wie Verhältnismäßigkeit gibt. Bzw. geben sollte.
    Beim strittigen Umgang mit der Presse kommt hinzu, dass Polizisten sich ja tatsächlich vermummen dürfen und nur per Nummer identifizierbar wären; sie müssten also nicht fürchten, dass sie gezwangsoutet und zu hause drangsaliert werden. Ein aktives Behindern lässt den Verdacht von der Präventivmaßnahme aufkommen, den Pitpitpat formulierte.

  14. @14 Ralf Hutter
    Vielen Dank für die Schilderung.

    In Frankfurt am Main wäre das meiner Erfahrung nach unvorstellbar, dass die Kommunikatoren beim Wegtragen von Demonstranten so weit vorne sind und offensiv professionelle Pressefotografen stören.

    Vielleicht ist es aber leider mittlerweile so, dass die Presse auch in Deutschland bei Versammlungen mit solch eskalierenden Parteien eine Weste mit dem Aufdruck „Presse“ tragen muss – sehr traurig

  15. @ Stefan Pannor #12
    „Die deutsche Polizei hat ein Gewalt- und Rechtsextremistenproblem, darin ist sie Spiegelbild der deutschen Gesellschaft.“
    Dann können Sie bestimmt auch erklären, warum die Polizei kein Linksextremistenproblem hat, obwohl sie Spiegelbild der deutschen Gesellschaft sein soll.

  16. Sie lenken plump ab, Pannor, wenn jemand darauf hinweist, dass Sie Dinge behaupten, die zwar gut klingen, aber nicht schlüssig sind.
    Es wäre zu erwarten, dass bei der Polizei rechte Einstellungen verbreiteter sind als im Durchschnitt der Bevölkerung, wenn da niemand aktiv gegensteuert, nicht nur in Deutschland. Mit oder ohne Gegensteuern ist das jedenfalls mit dem Spiegelbild der Gesellschaft nur eine dahergesagte Behauptung, die gar nichts zum Verständnis beiträgt.
    Die Schlagseite liegt in der Natur der Sache, nicht nur der Motivation der Bewerber, sondern auch der späteren Erfahrungen im Beruf, u.a. besonders intensiv mit einer Klientel, die eben auch nicht Spiegelbild der Gesellschaft ist.
    Lassen sie sich von Polizisten einmal ihre krassesten Erlebnisse mit verwahrlosten Menschen und Wohnungen erzählen, die sie betreten mussten (und die wir nie betreten würden). Es ist also gar nicht verwunderlich, wenn Polizisten im Vergleich mit dem Durchschnitt der Bevölkerung Sekundärtugenden überbetonen. Man muss ihnen das nicht vorhalten, aber es einfach zu wissen, schadet nicht.

  17. @ Herr Müller

    die Polizei hat ein gewaltiges Linksextremismusproblem, wie die diversen V-Mann – Affären gerade in HH der letzten Jahre gezeigt haben – da wurde mit Millionenaufwand irgenwelchen Häkelkreisen nachspioniert etc. Oder aktuell in Leipzig wo Journalisten als Beifang abgehört werden the list goes on…

  18. Man könnte vllt. mal eine Studie im Auftrag geben, die einen Zusammenhang zwischen politischer Ausrichtung und Interesse an einer Karriere im Polizeidienst untersucht.

    Arbeitshypothese: viele (nicht alle) Menschen, die sich eher links einordnen, sind gegen einen starken Staat und große Freiheiten für die Polizei, Menschen, die sich eher rechts einordnen, sind fast per definitionem für einen starken Staat und Polizeifreiheiten, daher werden eher Rechte Staat und Polizei per Berufswahl unterstützen und sind im Polizeidienst überproportional im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung vertreten.
    Gegenthese: Linke haben ein Interesse daran, dass Staat und Polizei nicht in die „falschen Hände“ gelangt, und sollten den Marsch durch die Institutionen genau DA beginnen.

    Grau ist alle Theorie.

  19. @ Mycroft #22
    Das ist ein berechtigter Ansatz, aber die initiale Motivation ist vermutlich nicht einmal die halbe Wahrheit.
    Mindestens ebenso wichtig dürften die Erfahrungen sein, die Polizisten in ihrem Leben machen. Da sind einmal sehr starke Erfahrungen mit Hierarchien (nicht zu vergleichen mit denjenigen, die ein akademisch gebildeter Kreativschaffender in irgendeiner Branche hinnehmen muss, denn der kann den AG wechseln). Und andererseits sind da die Erfahrungen mit vielen problematischen Menschen, die häufig mit ihrer Freiheit in der einen oder anderen Weise nicht klargekommen sind. Im Ergebnis haben Polizisten im normalen Dienst ein kritisches Verhältnis zur großen Freiheit, was man verstehen muss.

    Wenn man diese Einsicht auf den Beitrag oben anwenden will, lautet die Konsequenz: wer die Missachtung der Freiheit von Bürgern oder Journalisten thematisieren will, sollte sich nicht zu sehr am Polizisten als solchem abarbeiten. Die Fragen sind an die Polizeiführung und vor allem die politische Führung zu adressieren. Die hat es in der Hand, Polizisten auf einen kontrollierten, anständigen Einsatz einzustimmen oder eben „scharf“ zu machen für Übergriffe gegen Grundrechte.
    Entscheidungen, Ansagen und Behauptungen der Polizei- und der politischen Führung müssen genau recherchiert, mit den bekannten Tatsachen abgeglichen und so unter die Lupe genommen werden, wie es im Beitrag begonnen wurde.
    Es gibt da (berechtigte) Zweifel, dass der Einsatz gut geführt war und dass die Führung die Wahrheit sagt über ihre Ziele, die Umstände und den Verlauf des Einsatzes.
    Davon lenkte die (Chefredaktion der) BILD-Zeitung mit ihrer (geheuchelten) Liebe zum gemeinen Cop ebenso ab wie Leute wie Pannor mit pseudolinkem Philosophieren über den Polizisten als Spiegelbild von irgendetwas. Wer immer zuerst die ganze Gesellschaft analysieren und ändern möchte, will in Wahrheit gar nichts verstehen, aufklären und ändern.
    Im echten Leben wird die Erfahrung des einzelnen Polizisten von seiner Führung ebenso übergangen wie die Erfahrung des einzelnen BILD-Reporters von seiner Chefredaktion, wenn sie sich entschlossen hat, Stimmung zu machen. Oder hat der twitternde BILD-Reporter aus dem Beitrag irgendwo in seinem Blatt ein Echo ausgelöst?

  20. @Müller, #23:
    Ich mache das jetzt nicht am einzelnen Polizisten fest, ich spreche vom generellen Problem, dass die falschen Leuten den Polizeiberuf attraktiv finden können.
    Ich kann nicht ernsthaft verlangen, dass Polizeikräfte keine politische Meinung haben, ich kann auch nicht verlangen, dass sie nie zynisch oder frustriert sind, aber ich muss verlangen, dass Polizisten von den Methoden des Rechtsstaats überzeugt sind und diese nicht irgendwie als lästigen Hemmschuh sehen.

    Dass es die Verantwortung der Führung ist, schwarze Schafe auszusortieren, die übrigen Leute gescheit einzuweisen und generell klar zu machen, dass Fehlverhalten nicht akzeptiert wird, ist natürlich richtig, aber eigentlich will ich keine Polizisten, die nur aus Kadavergehorsam oder Angst vor ihrem Vorgesetzten keinen Scheiß bauen, sondern Polizisten, die das aus innerer Überzeugung nicht tun.

  21. @ Pannor #24
    Auch mit diesem Wording bedeutet es nichts.
    Die Polizei ist durchorganisiert und wird von oben nach unten geführt. Und wenn der Fisch stinkt, dann stinkt er vom Kopf her.
    Früher wusste das die Linke. Dann hat sie so lange vor sich hin psychologisiert und soziologisiert, bis sie es nicht mehr wusste. Und jetzt denkt sie mit der Gebetskette in der Hand, dass die Polizei ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, in der die Polizistin das macht, wonach ihr halt gerade der Sinn steht.

  22. Sie reihen die Worte recht beliebig zusammen, oder?

    Bin ich nun tatsächlich „die Linke“ in Ihrem Weltbild, oder sind Sie tatsächlich zwar in der Lage, wild Metaphern anzuwendne, selbst aber nicht zu begreifen?

    Oder geht es gar nicht darum, solange Sie anderer Meinung sein können?

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