Notizblog (28)

Das ist Deutschlands unseriösestes Politikerranking

Exklusiv für Übonnenten

Glaubt man dem „Stern“-Hauptstadtjournalisten Julius Betschka, sorgte eine Insa-Umfrage am Dienstag für Sorgen in der SPD. „Boris Pistorius ganz vorn in der Beliebtheit, Olaf Scholz ganz hinten, nur noch vor Tino Chrupalla“, fasst er es zusammen.

Gemeint ist das „Politikerranking“, das das Institut jede Woche für die „Bild“-Zeitung erstellt und „die beliebtesten Politiker“ zeigen soll. Es ist von den vielen zweifelhaften Umfragen, mit denen sich Medien ununterbrochen beschäftigen, eine der zweifelhaftesten – sowohl was die Methodik angeht, als auch die Darstellung der Ergebnisse. „Bild“ und Insa haben mit diesem Ranking einen Weg gefunden, wie sich auch kleinste Veränderungen als dramatische Aufstiege oder Abstürze erzählen lassen. Von „Bild“ werden die Ergebnisse immer wieder falsch dargestellt und vom Publikum falsch interpretiert.

Wie die Werte für die einzelnen Politiker zustande kommen, erklärt „Bild“ grundsätzlich nicht. „Bild“ veröffentlicht einfach eine Grafik, in der Boris Pistorius aktuell zum Beispiel 53,1 hat, Markus Söder 47,5 und Olaf Scholz 32,7. „Bild“ sagt nicht, wie viele Menschen gefragt wurden, um diese Zahlen zu ermitteln, vor allem aber sagt „Bild“ nicht, was diese Menschen überhaupt gefragt wurden.

Man könnte denken, dass es sich um Prozentwerte handelt, und das denken Leute auch und sagen dann sowas wie: „Pistorius 20 Prozentpunkte vor Scholz!!!“. Aber es sind keine Prozentwerte. Es sind Durchschnittswerte auf einer hochgerechneten Beliebtheitsskala von 0 bis 100. Das ist nicht dasselbe.

Skala von 0 bis 10, multiplizert mit 10

Ich habe mich bei Insa erkundigt, wie die Zahlen zustande kommen, mit denen „Bild“ hantiert. Rund 2000 Menschen werden demnach online gefragt:

Wie bewerten Sie die folgenden Politik…

5 Kommentare

  1. Nicht, dass es für die Bild relevant wäre, aber wenn sie nicht erklärt, wie die Umfrage zustandekommt, verstößt sie gegen Richtlinie 2.1 im Pressekodex: „Bei der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen teilt die Presse die Zahl der Befragten, den Zeitpunkt der Befragung, den Auftraggeber sowie die Fragestellung mit. Zugleich muss mitgeteilt werden, ob die Ergebnisse repräsentativ sind.“

  2. Will Insa dabei jetzt politische Stimmung unterstützen oder einfach Geld verdienen?

    Jedenfalls ist diese ganze Sache so bekloppt. Wenn man die Leite fragt, können die wahrscheinlich Nix nennen, was Pistorius konkret getan hat. Aber gerade darum ist er ja allerseits beliebt, wogegen soll man da sein? Der Kanzler hat gerade den Finanzminister gefeuert, da sind ja mindestens die Fans der FDP nicht mit einverstanden. Gerade wesentliche Politikschaffende werden durch die Medien und die sozialen Medien gejagt und sind entsprechend unbeliebt.

    Selbst, wenn sich die Politik nicht nach diesen Umfragen richten würde, geht die Berichterstattung dann darüber, dass sie diese ignorieren. Das konnte man beim Thema Migration ja gut sehen. Das muss dann möglichst rechtslastig abgeräumt werden, weil das laut Umfrage gerade pressiert. Da ist es schön zu hoffen, dass die Leute in Berlin sich davon nicht treiben lassen, aber die werden ja getrieben.

    Es ist auch bezeichnend, dass die BILD nicht nur jede Woche diesen Quatsch in Auftrag gibt und nicht etwa einmal im Quartal, sondern ZDF usw wahrscheinlich über ihre Institute ähnlich aussagekräftigen Müll laufen lassen.

  3. Wow, solche Müllumfragen sind echt die Pest. Es wäre so schön, wenn wenigstens ernsthafte Medien solchen Quatsch ignorieren und schon mal gar nicht in Auftrag geben würde (ÖRR!)…

    Danke für den aufklärerischen Artikel!

Einen Kommentar schreiben

Mit dem Absenden stimmen Sie zu, dass Ihre Angaben gemäß unseren Datenschutzhinweisen gespeichert werden. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.