Wochenschau (154)

Was an Zitatkacheln zu beklagen ist, passt auf keine Zitatkachel

Einerseits verdienen Medienhäuser kein Geld mit ihrem Instagram-Auftritt. Andererseits ist das aufwendige Bespielen dieser Accounts notwendig, um auf die Produkte, mit denen Medienhäuser ihr Geld verdienen, aufmerksam zu machen. Sei es das gedruckte Magazin oder der Artikel hinter der Bezahlschranke.

Social-Media-Auftritte von Zeitungen und Magazinen sind Werbetafeln für ihre Berichterstattung, nicht die Berichterstattung selbst. Das heißt, sie folgen einer kapitalistischen Logik, nicht einer journalistischen. Das ist sicherlich eine banale, aber notwendige Feststellung, ein Unterschied, auf den man hinweisen muss, wenn man die Online-Selbstdarstellung von publizistischen Medien betrachtet.

Um aus schriftlichen Inhalten etwas zu erstellen, das in sozialen Medien Aufmerksamkeit erregt, muss der Textauszug eines Artikels oder Interviews so angepasst werden, dass er gut zu den visuellen Standards der Plattform passt. Das bedeutet, dass er zwischen algorithmusfreundlichen Bildern von Gesichtern, Körpern oder Landschaften sowie anderen Textbeiträgen nicht untergehen darf. Damit ein Post wahrgenommen und idealerweise viel geteilt wird, benötigt er im besten Fall eine eingängige Aussage, die genug Neugier weckt, sodass die Betrachter:innen den gesamten Artikel lesen wollen. 

Die Zitatkachel ist das Ergebnis des ökonomischen Spannungsverhältnisses zwischen den ästhetischen Anforderungen einer visuell organisierten Plattform und den Notwendigkeiten schriftbasierter Medien, die gesehen, gehört und vor allem gekauft werden wollen.

Im schlechtesten Fall ist die Botschaft einer Zitatkachel jedoch so kontrovers und erzeugt eine so große Empörung, dass sich niemand mehr mit dem dazugehörigen Text auseinandersetzt. Und gerade bei Instagram und TikTok ist diese Gefahr schon deshalb besonders groß, weil der Klick auf die Seite allein aufgrund des Plattform-Designs viel aufwendiger ist als bei Twitter oder Facebook. Denn mal ehrlich: Wie oft klicken Sie auf den „Link in der Bio“, der in den Bildtexten bei Instagram meist angepriesen wird, und wie oft scrollen Sie stattdessen einfach weiter?

Ich möchte diese Herausforderung anhand von drei konkreten Beispielen1)Dabei handelt es sich bewusst um drei Personen, bei denen ich kein Risiko eines erneuten Shitstorms sehe, wenn ich ihre verkürzten Zitate abbilde. Es gibt aber andere Fälle, insbesondere wenn marginalisierte Personen und/oder Aktivist:innen zitiert werden, die das Problem mit Zitatkacheln verdeutlichen. Würde ich deren aus dem Kontext gerissene Aussagen hier reproduzieren, würde ich mit meinem Text möglicherweise wieder Hass gegen sie auslösen. Das möchte ich nicht. verdeutlichen, bei denen man Inhalte derart auf kontextlose Verkaufssätze reduziert hat, dass die ursprünglichen Aussagen verzerrt oder verkehrt, ihr Sinn verfälscht wurde. Die abgebildeten Personen wurden deshalb für Positionen kritisiert, die sie im Gespräch oder Text nicht so oder zumindest anders zum Ausdruck gebracht hatten.

Um das zu veranschaulichen, zeigen wir zuerst die umstrittenen Kacheln und liefern dann den Kontext, aus dem die jeweiligen Zitate gerissen wurden.

Beispiel 1: Sophie Passmann

Das „Schaufenster“-Magazin, das jeden Freitag der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ beiliegt, postete auf seinem Instagram-Account kürzlich zwei Porträts der Autorin Sophie Passmann. Darauf waren Zeilen aus ihrem kürzlich erschienenen Buch „Pick me Girls“ zu lesen. (Die peinliche Tatsache, dass der Name der Autorin auf beiden Kacheln falsch geschrieben wurde, sei hier nur am Rande erwähnt).

Auf einem der Bilder wird Passmann mit folgenden Worten zitiert:

Zitatkachel mit Sophie Passmann: 'Ich weiß, dass ich heute besser aussehe als mit Anfang 20. Ich weiß das, weil ich heute oft sexuell belästigt werde.'
Screenshot: Instagram / @diepresse

Meine erste Reaktion: Uff. Das soll sie wirklich gesagt haben? Einen Satz, der so viel Desinformation, Sexismus und unsympathisch wirkende Eitelkeit vereint? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass irgendjemand so etwas ernsthaft denken, meinen und auch sogar sagen würde. Und was empfinden Sie, wenn Sie das lesen? Empörung? Enttäuschung? Verwunderung?

Vermutlich sind es eher negative Gefühle – die sind natürlich schlecht für die Beliebtheit der Autorin, aber gut für die Verbreitung der Zitatkachel. Denn: nicht nur online springen wir schneller auf Normbrüche und Provokationen an, als auf positive Neuigkeiten. Unsere Empörung übersetzt sich schneller in ein Teilen und Mitdiskutieren, wir kritisieren im Kollektiv und grenzen uns damit zum Gesagten ab.

Die alleinstehende Aussage von Passmann mag auf den ersten Blick schockieren, aber in ihrem Buch schreibt sie das nicht affirmativ, sondern selbstkritisch und reflektiert. Sie beschreibt ihre eigene Entwicklung und ihre Gedankengänge, die Ausdruck einer internalisierten Misogynie und einer patriarchal geprägten Sozialisierung sind. Sie legt dar, warum sie früher fälschlicherweise sexuelle Belästigungen als Anerkennung und die Objektifizierung ihrer Person als Wertschätzung fehlinterpretierte.

Bevor im Buch die von der „Presse“ zitierten Zeilen kommen, erklärt sie:

„Ich wusste, dass ich mit Anfang 20 jung war, dass ich aber auch außerordentlich dumm war, fiel mir erst Jahre später auf. Mit Anfang 20 nämlich begann ich, mit Sorge zu betrachten, dass ich deutlich seltener sexuell belästigt wurde als die anderen Frauen, mit denen ich studierte. Ich sah meinen Kommilitoninnen dabei zu, wie sie unerwünschte Gespräche und schmierige Komplimente über sich ergehen ließen, ich sah ihnen an, dass sie es nicht genossen. Wir sprachen nach jedem dieser Zwischenfälle ausführlich darüber, wie ekelerregend und erniedrigend das war, wenn ein Mann die Tatsache ignorierte, dass die Frau, die er da bedrängte, nichts von ihm wissen wollte. Und obwohl ich damals wie heute wusste, wie widerlich das alles war, waren die Selbstzweifel in Bezug auf Männer so tief in mein Unterbewusstsein eingesickert, dass ich insgeheim anfing, es persönlich zu nehmen, wie oft meine Freundinnen im Vergleich zu mir belästigt wurden.“

Und später im Text, nach der zitierten Stelle, geht sie weiter dieser problematischen Verflechtung – Belästigung als vermeintliche Anerkennung und Selbstwertgefühle durch diese sexistische Anerkennung – auf den Grund. Sie bildet dabei ab, wie sie zu dieser Erkenntnis gelang ist, inklusive des eigenen frauenfeindlichen Startpunkts:

„Ich wurde nicht sexuell belästigt und es sorgte mich. Es passte zu einem Muster, das sich durch mein Erwachsenenleben zog: Ich war die Frau, die von den Männern, in die sie verliebt war, immer wieder aufs Neue erzählt bekam, dass sie jetzt endlich die Liebe ihres Lebens gefunden hatten. Es ist ein spezieller Schmerz, der sich einstellt, wenn man merkt, dass man für die Männer um einen herum nicht einmal wertvoll genug ist für Abwertung. Es ist ein Schmerz, der sich in der Regel für sich selbst schämt, immerhin glaubt man als Frau, zu wissen, dass man es seiner Umwelt gegenüber schuldig ist, zu jeder Zeit moralisch richtig darauf zu reagieren, dass man gerade zum Objekt gemacht wird.

[…] Ich weiß aus eigener Erfahrung, welche absurden Level von Gehirnwäsche man mit Anfang 20 in der Regel schon hinter sich hat, die einen an den Punkt bringen, neidisch zu sein auf die sexuellen Belästigungen der anderen. Und ich kenne jetzt die Langeweile und das Unwohlsein, das sich einstellt, wenn man genau diese sexuelle Belästigung, die man dümmlicherweise als eine Dimension von Aufmerksamkeit missverstanden hat, bekommt. Man lernt zum einen, dass keine Version, die man ist, einen vor irgendetwas schützt. Man weiß, dass das Risiko, vergewaltigt zu werden, im Zweifel dasselbe ist, Hässlichkeit schützt einen nicht vor Machtmissbrauch, denn vergewaltigt wird man ja nicht aus Lust, sondern aus Hass und Erniedrigungssucht.“

Passmann betont also, dass diese Aussage falsch ist. Sexuelle Belästigung ist keine Reaktion auf die Attraktivität des Opfers, sondern vielmehr eine Machtdemonstration, die darauf basiert, wie leicht ein Täter seine Macht ohne Konsequenzen missbrauchen kann. Deshalb werden insbesondere machtlose, marginalisierte und benachteiligte Menschen, die vom System nicht ausreichend geschützt werden, häufiger Opfer sexualisierter Gewalt. Man kann Passmanns Gedankengänge falsch finden – sie findet sie ja selbst falsch – jedoch ist es eben ein Stilmittel und Teil ihrer Selbstanamnese, die eigene Internalisierung verständlich zu machen.

Beispiel 2: Wiebke Winter

Zitatkachel der taz mit CDU-Politikerin Wiebke Winter: 'In meiner Generation ist es ein großes Thema, wie vertretbar es heutzutage ist, überhaupt Kinder zu bekommen.'
Screenshot: Instagram / @taz

Bei diesem Instagram-Post der „taz“ bekommt man den Eindruck, CDU-Politikerin Wiebke Winter sehe das Kinderkriegen kritisch, als halte sie es angesichts der Klimakrise gar für unverantwortlich. Viele User verstanden das offenbar so und reagierten empört, auch, weil eine solche Einstellung gerade bei einem Mitglied einer konservativen Partei überraschend ist.

Das Zitat stammt aus einem „taz“-Interview im Jahr 2021. Darin sagt Winter, Gründerin der „Klimaunion“, einer klimapolitischen Gruppe der CDU, auf die Frage „Worauf freuen Sie sich in einer klimaneutralen Welt?“:

„Ich hoffe, dass ich mir einmal weniger Sorgen machen muss um meine Zukunft. Ich möchte Kinder bekommen, und die sollen in einer lebenswerten Welt aufwachsen. In meiner Generation ist es ein großes Thema, wie vertretbar es heutzutage ist, überhaupt Kinder zu bekommen. Unsere Folgegenerationen werden den Klimawandel viel stärker zu spüren bekommen als wir.“

Wenn wir uns die ganze Antwort anschauen, wird deutlich, dass sie einen Wunsch nach Kindern hegt und hier lediglich ihre Meinung von einer anderen abgrenzt, die nicht ihrer eigenen Meinung entspricht. Dies steht im Gegensatz zu dem, was die Kachel suggeriert.

Beispiel 3: Alena Buyx

Am 9. November 2022 war die Medizinethikerin und Hochschullehrerin Alena Buyx zu Gast im Podcast „Apokalypse und Filterkaffee“. Im Gespräch mit Micky Beisenherz ging es u.a. um die ethischen Dilemmata hinsichtlich der Fußball-WM in Katar und insbesondere um die Frage, ob man sich die Spiele der Mannschaft überhaupt anschauen dürfe. Buyx erzählte, dass ihre Söhne Fußballfans seien, aber natürlich wollte sie zugleich das Sportwashing von Menschenrechtsverletzungen nicht unterstützen.

NDR Info erstellte zu diesem Gespräch für seinen Instagram-Account folgende Kachel:

Zitatkachel des NDR mit Alena Buyx: 'Meine Söhne werden sich ausgewählte WM-Spiele anschauen. Und wir haben entschieden, sie machen dann immer eine Spende für jedes Spiel. Für welche Menschenrechtsorganisation bestimmen sie.'
Screenshot: Instagram / @ndrinfo

Das klingt tatsächlich so, wie man sich eine Ethikerin vorstellt, die mit ihren Kindern Fußball anschaut. Etwas rigoros, etwas pädagogisch, etwas betulich in dem Bemühen, das Richtige zu tun.

Im Gespräch war das inhaltlich nicht viel anders, aber mit den Sätzen davor und danach klingt das dann eben doch anders:

„Was macht man denn jetzt eigentlich praktisch damit? Guckt man das, boykottiert man das jetzt? Also, es ist ja ein genuines ethisches Dilemma. (…) Wir haben das bei uns so gelöst: Ich habe drei total Fußballbegeisterte Jungs zu Hause, unbeschwert wird das nicht. Wir haben das intensiv mit den Jungs diskutiert. Wir nutzen das sozusagen als ein teachable Moment, wie man so schön sagt, also wirklich einfach darüber zu sprechen, was das bedeutet, ein solches Turnier unter diesen Umständen auszurichten. Ich werde mir nix angucken, die Jungs werden sich ausgewählte Spiele angucken, und wir haben entschieden, die machen dann, wir machen immer eine kleine Spende für jedes Spiel, und sie bestimmen, für welche Organisation, also Menschenrechtsorganisationen oder irgendwie sowas. Es ist natürlich auch durchgewieselt, aber so ein echtes ethisches Dilemma kriegst du nicht wirklich gelöst.“

Was auf der Kachel rigoros anmutet, resolut in einem absoluten Korrektheitsanspruch, wird hier im Gegenteil zu einem Hadern, dem Versuch einer Mutter, ihren Kindern die Freude am Fußballsport nicht kaputt zu machen. Aber es ist zugleich das Ringen einer Ethikerin mit dem Konsumwunsch ihrer Söhne. Und am Ende stellt sie selbst etwas zerknirscht fest, dass ihre gemeinsame Ablasshandellösung eben auch nur „durgewieselt“ sei.

Dieser Unterschied ist nur ein zarter, aber eben genau dieser Unterschied führte dazu, dass die Medizinethikerin einem Shitsotrm ausgesetzt war, in dem fragile Fußballfans den ambivalenten Umgang mit der WM in Katar als ganz persönliche Bevormundung empfanden.

Wenn die Form etwas verfälscht, ist die Form kaputt

Das Problem ist – ähnlich wie bei Schlagzeilen, die suggerieren, im Text werde etwas Skandalöseres verhandelt als es tatsächlich der Fall ist –, dass der Journalismus sich beim Publikum mit dem strategischen Weglassen einiger Informationen bewirbt und damit seinem eigenen publizistischen Ethos widerspricht. Wenn eine Form dazu einlädt, Meinungen oder Aussagen zu verbreiten, die nicht notwendigerweise den tatsächlichen Überzeugungen der zitierten Person entsprechen, eine Form, in der die Begrenzung dazu führt, dass Inhalte ungenau oder verzerrt wiedergegeben werden, eine Form, die keinen Raum für Kontext geben kann, was zu Missverständnissen mit Ansage führt, dann scheint etwas mit der Form kaputt.

Die isolierten, sensationsheischenden Sätze, die nach größter Clickbarkeit gewählt werden, wirken im leeren Raum eines Quadrats oder mit dem autorenfotoernstblickenden Konterfei des Aussprechenden wie eine Provokation. Als habe diese Person diese Worte ausschließlich mit dem Ziel gesagt, Kontroversen loszutreten. Das hat Auswirkungen auf die Zitierten, die auf Grundlage dieses vermittelten Eindrucks negative Konsequenzen erfahren. Und das wiederum beeinflusst, wie Interviews zukünftig aussehen werden.

Autorin Sophie Passmann nahm vergangene Woche in einem Tiktok-Video Stellung zu der Zitatkachel der „Presse“. Sie sagte, dass sie die Konsequenz aus vorhergehenden Erfahrungen gezogen habe, nur noch Medienhäusern Interviews zu geben, die ihr vorher die Zitate, die sie für Social Media verwenden wollen, zur Freigabe geben. Eine sehr privilegierte Entscheidung, wie Passmann auch konstatiert, die sich nur Menschen erlauben können, die genügend Reichweite haben und nicht auf die Multiplikation ihrer Inhalte in etablierten Medien angewiesen sind. Insbesondere Aktivist:innen, Berufsanfänger:innen, Menschen ohne symbolisches Kapital und ohne Zugänge zu den großen Bühnen ist dieser Luxus versagt. Sie bleiben somit angewiesen auf den journalistischen Goodwill der Social-Media-Redaktionen.

Bei Sätzen, bei denen eine Redaktion um die destruktive Aufmerksamkeit ahnt, bei Statements, die gewählt werden, weil sie auf einer Kachel besonders laut sind, muss das Bewusstsein da sein, diese mit der zitierten Person abzustimmen. Und auch wenn man als Journalist:in den legitime Haltung vertritt, ein autorisiertes Zitat nicht nicht nochmal autorisieren zu müssen, dann sollte man zumindest so viel Feingefühl haben, dass Aussagen eben nicht mehr aus dem Kontext gerissen werden.

Mein persönliche Kachelpanik

Ich hätte mir dies auch für die Poetin Elisa Aseva gewünscht, bei der ein Satz aus einem langen Gespräch, das ich mit ihr zusammen mit Friedemann Karig für den Deutschlandfunk geführt habe, als Sharepic tagelang zu rassistischen und sexistischen Attacken in ihren Kanälen führte.

Und es ist auch eine Sorge, die ich selbst hatte bzw. habe. Nach einem Auftritt in der ARD-Sendung „Anne Will” schrieb ich bei Übermedien von der Kachelpanik:

„Die Angst davor, dass ein trivialer oder nicht zu Ende gedachter Satz aus dem Wasserfall der Gedanken in lampenfiebriger Aufgeregtheit aus dem Mund sprudelt und dann als Sharepic online verewigt wird, das mich wie eine Grabinschrift über mein Lebensende hinaus begleitet. Was ist etwa, wenn man zum Beispiel im Rahmen einer Pandemie eine Aussage tätigt, die schon morgen obsolet ist – was gar nicht mal so unwahrscheinlich ist? Oder wenn man Prognosen zum Wahlausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA macht, die sich dann als komplett falsch herausstellen? Sätze, die ohne das Davor und Danach eines Gesprächskontextes wie ein Monolith neben dem eigenen Porträtfoto nochmal eine ganze andere Unverrückbarkeit bekommen, die man selbst vielleicht gar nicht mal so empfindet. Sharepics sind mit digitaler Tinte gestochene Tattoos, die man sich im Studio gar nicht selbst aussuchen konnte. Der Trick ist also, zu versuchen, bestenfalls das zu sagen, was man sich auch selbst tätowieren würde.“

Sein Sprechen zu ändern, ist eine Möglichkeit. Eine andere Möglichkeit wäre aber, das strukturelle Problem zu ändern: Es braucht Redaktionen, die enger mit den Social-Media-Redaktion zusammenarbeiten, damit auch die digitale Selbstbewerbung der Medienhäuser den eigenen journalistischen Ansprüchen gerecht werden kann.

Bitte zitieren Sie mich nicht damit auf einer Kachel.

 

Fußnoten

Fußnoten
1 Dabei handelt es sich bewusst um drei Personen, bei denen ich kein Risiko eines erneuten Shitstorms sehe, wenn ich ihre verkürzten Zitate abbilde. Es gibt aber andere Fälle, insbesondere wenn marginalisierte Personen und/oder Aktivist:innen zitiert werden, die das Problem mit Zitatkacheln verdeutlichen. Würde ich deren aus dem Kontext gerissene Aussagen hier reproduzieren, würde ich mit meinem Text möglicherweise wieder Hass gegen sie auslösen. Das möchte ich nicht.

2 Kommentare

  1. Es ist noch Samstagmorgen und schon geht man einen Tick bewusster ins Wochenende. Natürlich kenne ich die Kacheln als mediales Element – aber das Dahinter war mir nicht bewusst.
    Aus Werbetafeln im öffentlichen Raum kennt man ja das Konstrukt. Man nimmt es wahr – denkt sich was dabei, irgendeine Assoziation wird ausgelöst – und schon ist es wieder verflogen.
    In der Wahrnehmung wurde bei mir diese Form seinerzeit durch das kritische Plakat von Klaus Staeck initalisiert: „Ich trinke Jägermeister, weil mein Dealer im Knast sitzt“, noch im Zeitalter, als es digitalen Medien noch nicht gab.

  2. Bin ja auch so einer, der binnen weniger Momente entscheidet, ob die Überschrift provoziert, spannend ist oder einfach nur Kopfschütteln hervorruft. Das kann schon eine schwierige Kunst sein – aber Dinge vollkommen falsch darzustellen oder umzudrehen ist dann schon nochmal was anderes als eine „ungelungene“ Werbung.

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