Der Autor
Frederik von Castell ist Redaktionsleiter von Übermedien. Als Datenjournalist und Faktenchecker war er unter anderem für HR, SWR und dpa tätig. Von Castell ist außerdem Recherchetrainer, unter anderem am Journalistischen Seminar Mainz.
Wenn in der Welt unerwartet große Dinge passieren, dauert es meist nicht lange, bis Kritik an ARD und ZDF laut wird. Daran, dass man bei den beiden Sendern nicht gut informiert werde. Dass sie ihr laufendes Programm nicht unterbrechen. Und dass man auch bei ihrem gemeinsamen „Ereignis- und Dokumenationskanal“ Phoenix und beim ARD-Nachrichtensender Tagesschau24 anstelle von Sondersendungen eher Dokumentationen oder Wiederholungen oder Wiederholungen von Dokumentationen zu sehen bekommt.
So war es auch nach diesem Wochenende, als der russische Warlord Jewgeni Prigoschin den Aufstand gegen die russische Militärführung probte und mit seiner Söldner-Gruppe Wagner in die Städte Rostow am Don und Woronesch ein- und auf Moskau zumarschierte.
Aber was sendeten die ARD und die öffentlich-rechtlichen Spartensender wirklich und ab wann und was nicht? Ist die Empörung berechtigt oder nur ein Ritual? Wie antwortet der Sender auf die Kritik? Und was darf man von einem Programm wie Tagesschau24 erwarten, das schon in seinem Namen die Kompetenz der wohl stärksten deutschen Nachrichtenmarke mit einem Rund-um-die-Uhr-Versprechen verbindet?
Der Aufstand hatte am Freitagabend begonnen. Am Samstagvormittag eskalierte die Lage in Russland. Privatsender wie Welt und n-tv stellten wie etwa auch die BBC ihr Programm um und berichteten live. Sie zeigten Videos und Botschaften Prigoschins und die Reaktion Wladimir Putins. Korresponden:tinnen und Expert:innen versuchten, das Geschehen einzuordnen.
Das ZDF zeigte da „Bibi Blocksberg“. Im Ersten liefen die „Pfefferkörner“. Und Phoenix brachte Naturdokus („Gefährliche Natur: Feuer“ und „Schmelzende Gletscher: Streit um Grönlands Zukunft“).
Man muss ARD, ZDF und Phoenix natürlich zugutehalten, dass Wochenende ist. #Wagner #Putsch pic.twitter.com/B0mw0MlUI6
— Marcel Rohrlack (@mrohrlack) June 24, 2023
Und Tagesschau24 lud ein, in die „Die Welt der Saurier“ einzutauchen.
Als Putin den Krieg erklärte, war der ÖRR offline. Jetzt, während Putin über Meuterei spricht, zeigt @tagesschau24 Dinosaurier. pic.twitter.com/agKWIrK4eJ
— Hendrik Wieduwilt (@hwieduwilt) June 24, 2023
Auch im Anschluss konnte man bei Tagesschau24 zunächst nur zur vollen Stunde auf Nachrichtliches hoffen, im regulären Programmschema. Dazwischen lief um 10:15 Uhr eine Wiederholung der NDR-Verbrauchersendung „Markt“ und um 11:15 Uhr „Betrifft: Das Geschäft mit der Schönheit“. Russland als Dauerthema? Dazu musste man sich schon im Internet auf die Suche begeben, um Liveticker und Tweets zu finden. Oder eben zur privaten Konkurrenz umschalten.
Dabei hatte man eigentlich geschworen, dass das nicht mehr vorkommen sollte. Aufgrund häufiger Kritik an ihrer Breaking-News–Berichterstattung hatten die ARD-Intendant:innen im Februar 2022 eine klarere Arbeitsteilung zwischen Phoenix und Tagesschau24 vereinbart. Phoenix soll vor allem planbare Ereignisse wie Bundestagsdebatten zeigen. Tagesschau24 hingegen ist zuständig für Breaking News. Oder wie es die damalige ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger im Interview mit dem „Tagesspiegel“ formulierte:
„Wir planen, Tagesschau24 im Breaking-News-Fall mit klaren, umfassenden Informationen richtig gut aufgestellt zu haben, aber auch an nachrichtenärmeren Tagen stärker Informationen in den Mittelpunkt zu stellen.
Also weniger Dokus, möglichst gar keine Wiederholungen, keine Talks und keine politischen Magazine. Stattdessen ein Nachrichtenkanal mit vielen Schalten, Bildern und Gesprächen, der umfassend zu jeder Zeit informiert.“
Tagesschau24 solle „eine Adresse für internationale, nationale und regionale News, digital wie linear“ werden. Und, so hieß es damals von Schlesinger, „so was wie bei Notre Dame und beim Sturm aufs Capitol“, als man im Programm weit hinterherhinkte, „würde heute nicht mehr passieren“.
Dafür wird der Sender seit Jahren – so wird es in beinahe jeder Intendant:innen-PK gebetsmühlenartig betont – konsequent weiter ausgebaut. Er gleicht dabei tatsächlich eher einer Dauerbaustelle als einem konkurrenzfähigen Nachrichtensender. Und das auch am Samstag.
Warum hat Tagesschau24 das reguläre Wiederholungsprogramm am Samstagvormittag nicht für eine Sondersendung zu den Geschehnissen in Russland unterbrochen? Der NDR, der für die Programme von „ARD aktuell“ zuständig ist, antwortet:
„Tagesschau24 hat frühzeitig und über lange Strecken über die Ereignisse in Russland berichtet. Im Ersten wurde in Einblendungen auf die Berichterstattung von Tagesschau24 hingewiesen.
In unserer Berichterstattung haben wir besonders darauf geachtet, uns jederzeit auf gesicherte und bestätigte Informationen zu beschränken. Insbesondere in den Morgen- und Vormittagsstunden war die Nachrichtenlage noch sehr undurchsichtig.“
„Über lange Strecken“? Jedenfalls noch nicht am Samstagvormittag. Und das, was zu sehen war, war oft nicht mal live. Wer Tagesschau24 zur vollen Stunde um 10 und um 11 Uhr sah, um wenigstens einen kurzen Nachrichtenüberblick zu dem, was in Russland geschah, zu erhalten, dürfte sich gewundert haben. Darüber, dass die per Telefon zugeschaltete und im Standbild eingeblendete Korrespondentin Ina Ruck zweimal dasselbe sagte. Und zwar im Wortlaut.
Das tat sie natürlich nicht wirklich, aber der Sender tat halt so, als würde Ina Ruck um 11 Uhr live mit dem Moderator sprechen. „Und wir sind jetzt telefonisch verbunden mit unserer Korrespondentin Ina Ruck in Moskau“, sagte er.
Wir haben den NDR gefragt, warum in der Sendung nicht kenntlich gemacht wurde, dass das Gespräch nicht live geführt wurde. In seiner Antwort geht der NDR nicht auf die Frage nach der fehlenden Kenntlichmachung ein:
„Auf tagesschau24 wurde in der Sendestrecke um 11 Uhr ein Telefoninterview mit Ina Ruck aus der 10 Uhr Sendestrecke wiederholt. Es gab den aktuellen Stand wieder.“
Von zwölf Uhr mittags an sah man bei Tagesschau24 den Zeitpunkt gekommen, die Zuschauer nicht nur in den Nachrichten-Blöcken zu informieren, sondern erstmals eine Sondersendung einzuschieben. (Ehe um 13:15 Uhr dann eine Dreiviertelstunde lang „Edelweißpiraten: Teenager gegen Hitler“ gesendet wurde.)
Im Ersten war am Vormittag von Russland fast gar nichts zu sehen. Nach den „Pfefferkörnern“ gab es immerhin eine monothematische 5-Minuten-„Tagesschau“ mit Schalte zu Ina Ruck, anschließend liefen zwei Folgen „Panda, Gorilla & Co“ und „Quarks im Ersten“. Um 11:56 kündigte ein sogenannter Crawl, also ein Textband, an:
„Hinweis: Machtkampf in Russland +++ Söldner-Truppe Wagner marschiert in Stadt Rostow am Don ein – Putin spricht von Verrat und Meuterei +++ Mehr dazu gleich in der tagesschau um 12 Uhr und bei tagesschau.de“
Es folgten Live-Schalten zu Ina Ruck in Moskau, Vassili Golod in Kiew und Michael Grytz in Brüssel.
Nach einer weiteren (regulären) „Tagesschau“ mit Schalten nach Moskau, Kiew und Brüssel sendete das Erste ab 15:27 Uhr für rund eineinhalb Stunden eine Extra-Ausgabe der „Tagesschau“ – die auch parallel auf Tagesschau24 lief.
Auch Phoenix wachte am Mittag auf. Dort gab es um 11:47 Uhr eine erste Programmänderung: Ein „Phoenix vor Ort“ zur Entwicklung in Russland. Phoenix wiederholte auch Versatzstücke aus den Nachrichtensendungen von ARD und ZDF. Und brachte um 13 Uhr ein weiteres „Phoenix vor Ort“ in dem man unter anderem mit Juri Rescheto, einem Korrespondenten der Deutschen Welle in Riga, sprach.
Der NDR teilt uns mit: „Phoenix hat am Samstag ab 11 Uhr über den Crawl informiert und ab 11.47 Uhr mit Sondersendungen bis 21 Uhr auf das Geschehen in Russland reagiert.“
Gut, „auf das Geschehen in Russland reagiert“ heißt für das Phoenix-Nachmittagsprogramm wohl, dass man die Auswahl der Dokus anpasste („Russlands Schattenarmee“, „Putins Tabubruch“, „Russen und Deutsche – 7 historische Wendepunkte“ und „Rote Linie Baltikum“).
Zwischendurch wiederholte der Sender in „Phoenix vor Ort“ am späteren Nachmittag noch einmal größere Strecken seiner Sendung vom früheren Nachmittag. Als Experte war der Politikwissenschaftler Andreas Heinemann-Grüder zu Gast im Studio. Dessen Expertise war auch bei Tagesschau24 gefragt. Und weil beide Programme munter Sendungen und Interviews wiederholten, ergab sich am Nachmittag die interessante Situation, dass ein Experte zeitgleich in zwei Formaten anwesend war, die beide allen Anschein erweckten, live zu sein:
Warum senden überhaupt beide Sender zeitgleich sehr ähnliche Sondersendungen? Es wirkt, als gäbe es keine Kommunikation zwischen den Programmen. Der NDR teilt uns stoisch mit:
„Die Informationsprogramme innerhalb der ARD informieren und stimmen sich untereinander ab und ergänzen sich.“
Phoenix habe etwa die Erklärung Putins am Samstag übersetzt, die von Tagesschau24 übernommen worden sei und habe selbst Beiträge von der „Tagesschau“ übernommen.
Man kann natürlich diskutieren, wie sinnvoll eine schnellstmögliche Live-Sendung sein kann. Oder wie Klaus Raab im „Altpapier“ (MDR) schreibt:
„Es gibt einerseits Gründe, nicht sofort loszusenden, nur weil es die Konkurrenz und die internationalen Vergleichsanstalten tun. Redundanz hat keinen besonderen Informationswert, und die Qualität von Information und Analysen kann man nicht in km/h messen.“
Andererseits sei „ein newsaffines Medienpublikum mittlerweile durch Eilmeldungen und Liveblogs wohl sehr darauf trainiert, Sofort- und Dauerpräsenz als Relevanzwährungen zu nutzen.“
Man kann die mitunter aufgeheizte Kritik an den fehlenden Live-Sendungen bei Lagen ebenso wie Gegenkritik daran aber auch einfach mal beiseite lassen. Weil beides den NDR offensichtlich sowieso nicht erreicht.
Denn von dort heißt es auf unsere Anfrage, was man auf die Kritik antworte, weiterhin unbeirrt: die „Tagesschau“ habe „bereits ab 9 Uhr über die Ereignisse berichtet“. Und im Programm des Ersten sei ja auf den Crawls „auf tagesschau24 verwiesen“ worden. Nur dass man dort eben mit größerer Wahrscheinlichkeit animierte Dinos als Wladimir Putin zu sehen bekam.
Selbstbewusst beantwortet der NDR auch unsere Frage, ob Tagesschau24 der Sender der ARD sei, auf dem Fernseh-Zuschauer:innen in Breaking News-Lagen schalten sollten, um aktuell informiert zu werden.
„Ja. Auf tagesschau24 bekommen die Zuschauer:innen rund um die Uhr aktuelle Informationen und Hintergründe.“
Außer halt in Breaking-News-Situationen.
Frederik von Castell ist Redaktionsleiter von Übermedien. Als Datenjournalist und Faktenchecker war er unter anderem für HR, SWR und dpa tätig. Von Castell ist außerdem Recherchetrainer, unter anderem am Journalistischen Seminar Mainz.
Also ich bin da mal dezidiert anderer Meinung. Ich kann gerne darauf verzichten, dass das Programm unterbrochen wird. Bei „Bibi Blocksberg“ klingt eine abwertende Hähme mit, aber Kinder mögen das nun mal. Und stattdessen sollte sinnlos über Stunden spekuliert werden, obwohl man so gut wie nichts weiß und keine Bilder hat und das Programm für diejenigen ausfallen? Nee, danke, die Rolle kann Twitter gerne übernehmen für alle Leute, die am Samstag nichts Besseres zu tun hatten, als sich stundenlang um das Nichtwissen zu drehen – und das kann Twitter nicht nur an Samstagen – um mal die Hähme zurück zu geben.
Ich stimme dem vorherigen Kommentar zu. Dazu kommt noch, dass ich gut im Gedächtnis habe, wie die Reporterin von n-tv sagte, dass ihre „Quellen im Militär“ davon ausgehen, dass der Aufstand weiterläuft, Putin geschwächt und die Ukranie jetzt die Chance nutzen soll (oder ähnliches) nur um dann eine h später zu berichten, dass der Aufstand abgeblasen wird.
Ist schon ne surreale Situation, aber ich habe auch lieber sauber recherchierte Nachrichten als aufgeblasenes blabla.
@Peter Sievert:
Man könnte aber ebenso meinen, für Kinder gibt es doch den Kika.
Es gibt aber auch eine Lösung, die selbst dir gefallen könnte:
Live-News werden konzentriert auf den Sender Tagesschau24, und zwar nur dort. Dafür aber frühzeitig und konsequent fortlaufend, und bei besonderen Lagen informiert das Erste via Laufband und macht den Programmhinweis zu Tagesschau24.
Nur so, wie es jetzt gelaufen ist, ist es unbefriedigend. Die Frage, ob es nicht müßig sei, dass über Stunden hinweg spekuliert würde, hat etwas Anmaßendes. Es ist die Behauptung, man könne definieren, was für alle (!) Zuschauer interessant und wichtig zu sein hat – und was nicht.
Wenn es genug Menschen gibt, die das interessiert, dann kann man ihnen auch ein solches Angebot machen. Wir hätten ansonsten uns auch aus der Übertragung vom Sturm aufs US-Capitol herausklinken können (und ähnlich bei vielen anderen Live-Ereignissen). Wir könnten dann auch – wie früher beim Film – auf den Bericht am nächsten Tag vertrösten.
@theo
Das mit dem „anmaßend“ sehe ich tatsächlich eigentlich genau anders herum. Das sonstige Programm wird als lässlich abgewertet. Wenn man nur dünne Spekulation zu bieten hat, geht dafür ja etwas anderer verloren. Ironischerweise habe ich übrigens die Dino-Doku vom Screenshot gesehen und ich schaue sowas gern zur Entspannung, zugegeben nicht zu solchen Uhrzeiten, da schaue ich persönlich praktisch nie fern.
Deshalb mein etwas bissiger und wahrscheinlich unangebrachter Tonfall. Ich kam auch gerade von einem Spiegel-Interview, dass ich sehr negativ von seiten des Fragestellers empfand.
Wenn Sie es unbefriedigend fanden, akzeptiere ich das gerne und möchte Ihnen und anderen das nicht vorschreiben. Ich empfand mich im ÖRR vollumfänglich und früh genug informiert. Und ehrlich gesagt, wenn ich mir Kommentarspalte im Spiegel mit den dortigen Votes anschaute, war ich überrascht, wie stark die Unterstützung FÜR den ÖRR war, der ansonsten gerade dort ein echter Prügelknabe ist.
Irgendwann dreht Netflix die Doku, wie Wagner mit Kampf-Dinos auf Moskau marschierte.
Soundtrack von Sabaton und Tschaikowski.
Bis dahin reichen die Expertisen von Twitter.
Bin ganz bei @Peter Sievert: Ich meine, früher hat Übermedien dezidiert diese Sorte „Live-Berichterstattung“ kritisiert, bei der immer dieselben Bilder im Zehn-Minuten-Rhythmus abgenudelt werden und Experten erzählen dürfen, das alles sehr dramatisch sei oder auch nicht, man im Moment noch nichts sagen könne, aber vieles denkbar ist.
Mir ist es lieber, einmal pro Stunde fundierte Neuigkeiten zu erfahren, als in Dauerschleife halbgare Spekulationen. Letzteres bedient meines Erachtens eher eine Live-dabei-Sensationslust* denn ein Informationsbedürfnis.
*Die verspüre ich bei solchen Ereignissen auch. Aber ich bezweifle, dass es zum öffentlich-rechtlichen Auftrag gehört, sie zu befriedigen.
Peter Sievert, #4
Was ich erstaunlich finde, dass es offenbar inzwischen ein Lagerdenken auf beiden Seiten gibt. Da sind die notorischen ÖRR-Hater, von denen manche überall linksgrün-woke Manipulationen wittern und sich zugleich bereitwillig rechte Propaganda aneignen.
Aber da sind dann inzwischen auf der anderen Seite zunehmend Leute, die offenbar jede Kritik an den ÖRR als Signal werten, alle Mängel rundherum bestreiten zu müssen. Da wird einerseits eine schrankenlose Berichterstattung beschworen, anderseits ist man dafür, aktuelles Geschehen erst nach stundenlanger redaktionsinterner Bearbeitung dosiert auszustrahlen.
Dann das Argument, man hätte sich doch im Internet oder im Radio informieren können. Ja, funktioniert. Aber dann wird man kaum noch der Diskussion ausweichen können, warum das lineare Fernsehen den weitaus größten Teil des Gebührenaufkommens benötigt.
Ich kenne viele, die leidenschaftliche Anhänger des öffentlich-rechtlichen Systems sind und deswegen (!) am Samstagvormittag schier verzweifelten. Die Leute, die für Übermedien arbeiten, zählen auch dazu.
Die ARD hätte – z.B. auf Tagesschau24 – zusätzlich zu den vorliegenden Bildern natürlich Experten genug auffahren können, die dem Publikum Hintergründe und Zusammenhänge erläutern können. Ein Fernsehredakteur, der da meint, außer einer kurzen Schleife hätte man nichts bringen können, hat von seinem Job nichts verstanden. Die ARD wäre gut beraten, verantwortliche Stellen nicht mit Senderbeamten zu besetzen.
Warum es wichtiger war, im Ersten am Samstagvormittag anderthalb Stunden lang „Panda, Grrilla und Co“ zu zeigen? Weil man über Russland nichts zu sagen weiß, aber über die Mohrenmakis („Bei den Mohrenmakis im Tierpark ist in diesem Jahr wieder ein Jungtier zur Welt gekommen!“).
Ich finde, das Programm muss man nur dann unterbrechen, wenn Gefahr für die Bevölkerung besteht (Hochwasser oder so etwas). Für solche Dinge, wie den Wagner-Aufstand reicht die stündliche Berichterstattung oder von mir aus Mal eine Nachrichten-Spezial, wo einmal alles, was bekannt ist, zusammengefasst wird.
Ich verstehe den Bedarf nach Live-Spekulation auf allen Kanälen nicht. Und wer das braucht, kann ja zu Welt TV, ntv oder an die entsprechenden Plätze ins Internet.
Von einem öffentlich-rechtlichen Sender (Radio wie TV) erwarte ich zumindest so etwas überhaupt nicht.
Ich bin dankbar, dass sich der ÖRR nicht an den „Breaking News“-Unsitten beteiligt. Denn was bekommt man dadurch mit?
Das Muster: Nach einer Einleitung, in der betont wird, dass man noch zu wenig über Ereignis X weiß, wird nach Y geschaltet, um dort vom Korrespondenten zu hören, dass man auch dort nichts weiß, außer das. spekuliert wird, das Ereignis habe mit Z zu tun. Und damit zurück ins Studio. Wo schon jemand sitzt, der Experte für das Thema ist, aber mit vielen Wortgirlanden die Einschätzung abgibt, dass es noch zu früh sei, um usw usw.
Vermutlich könnte man einer KI beibringen, solche Belanglosigkeiten auf jedes beliebige Thema anzuwenden – das aber ganz aktuell.
@theo
Ja, man sollte sich schon immer hinterfragen, ob man da offen bleibt. Man wird schnell parteiisch, ohne es zu merken. Und ja, es gibt auch Sachen, über die ich am ÖRR meckere und das ist vor allem die Häufung von Kriminalfilmen ;-)
Von mir aus muss „Das Erste“ oder “ Das Zweite“ nicht unterbrochen werden. Aber „tagesschau24“ ist nun mal dafür da, umfassend und zu jeder Stunde zu informieren. Deshalb ist die Kritik des Autors vollauf berechtigt.
Ich dachte, dass der ÖRR keinen 24×7 Nachrichtenkanal betreiben darf, weil die Privaten das als ihre Domäne empfindet. Bitte korrigieren, wenn falsch.
Ich hatte jetzt am Samstag kein Informationsdefizit (als ob man das immer wüsste).
Bei der Flutkatastrophe z.B. im Ahrtal habe ich die Kritik an den öffentlich-rechtlich Anstalten sehr wohl verstanden. Da fehlte die Einordnung und die Breaking News (vom Versagen der Behörden mal abgesehen).
Für News Junkies gibt es die Privaten, die berichten auch über Stunden, dass sie nichts wissen. Hab ich mir mal beim Putsch in der Türkei angetan, nach dem Aufwachen war Erdogan immer noch Präsident.
Ich schätze die Artikel von Herrn von Castell. Hier möchte ich aber nicht mit gehen.
Ich halte die Kritik für überzogen. Eine Liveticker, der vor sich hin tickt, weil es keine News gibt? Aufsager von Journalisten, die zwar keine News haben, aber so tun als ob und dabei hyperventilieren? Live – Schalten von Kollegen die beim Marsch auf Moskau mitmarschieren?
Auch die Aufregung über die Auswahl der Interviewgäste ist unnötig. Sollte der Experte Ahnung gehabt haben, kann er gerne zweimal reden. Wo ist das Problem?
Es wäre sicher gewesen, wenn der Autor mehr auf Qualität, statt Quantität der Berichte geachtet hätte. Dann wäre ihm vielleicht aufgegangen, dass die Schalte aus Riga höchst fragwürdig war. Wieweit ist Riga von Moskau oder Rostow am Don weg? Was wollte uns der Kollege von dort sagen.
Insgesamt war der Text für Übermedien Verhältnisse unterkomplex. Schade
Am 11. September 2001 unterbricht RTL mit „RTL aktuell“ und Peter Klöppel das laufende Programm und zeigte, wie es geht.
ich erinnere mich, dass man RTL damals so etwas gar nicht zugetraut hatte (und heute sicherlich auch nicht mehr tun würde).
Alles eine Frage des Wollens, denn an Können mangelt es der ARD doch nicht, oder?
Was mich interessiert: Wie sah es da eigentlich beim ZDF aus? heute live ist ja etwas, das immer Mal wieder experimentell (?) stattfindet.
Ich bin froh, wenn ich nicht von der grausigen Live-Berichterstattung des ÖRR behelligt werde, aber hier ist ja der Punkt ein anderer: die Antworten des NDR. Entgegen der Evidenz so zu tun, als liefere man eine top Live-Berichterstattung ab und arbeite dabei hervorrangend mit anderen Sendern zusammen, während die kritischen Fragen dazu schlicht nicht beantwortet werden – so eine Ignoranz zeugt von enormer Selbstzufriedenheit. Den Zuschauern ein vermeintliches Live-Interview vorzugaukeln und hinterher – statt sich zu entschuldigen – nur borniertes Selbstlob zu äußern – so eine Institution erinnert in ihrem Auftreten an den Vatikan und ich fürchte, auch die Reformunfähigkeit ist ähnlich systemimmanent.
Zitat: „Andererseits sei „ein newsaffines Medienpublikum mittlerweile durch Eilmeldungen und Liveblogs wohl sehr darauf trainiert, Sofort- und Dauerpräsenz als Relevanzwährungen zu nutzen.““
Ok, aber was leitet man daraus ab? Warum muss der ÖRR denn dann da sofort drauf aufspringen, gerade auch in Situationen wo es nichts zu berichten gibt. Ich erinnere mich noch sehr gut an diverse „Breaking News Situationen“ wie z. B. der Münchner Amoklauf bei dem stundenlang irgendwelche Reporter nicht müde wurden zu betonen, dass man nichts weiss. Da kann man wenigstens noch schützend sagen, das war ein Ereignis im eigenen Land. Aber dashier…
Wagner ist irgendwo hin marschiert, doch es fiel, wenn Ich das recht entsinne, kein einziger Schuss.
Verkürzt und zugespitzt könnte man sagen, dass die Wagner Männer einen „Wochenendspaziergang“ gemacht haben. So weit, so unspektakulär.
Söldner laufen von A nach B, irgend eine Kirche in Paris brennt, und so weiter. Wo ist da die AKUTE SOFORTIGE Relevanz für Deutschland?
Wenn Wagner sich nun verlaufen hätte und anstatt Richtung Moskau „aus Versehen“ nach Krakau gewandert wäre, ok, DAS wäre ein „Breaking News Ereignis“. Aber so…