Axel Springer hat in dieser Woche angekündigt, eine große Zahl von Stellen abzubauen – und das unter anderem mit dem verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) begründet. Ist das ein erstes Zeichen eines dramatischen Umbruchs im Journalismus? Werden journalistische Inhalte in Zukunft nicht mehr von Menschen, sondern von Maschinen produziert?
Holger Klein spricht darüber mit Christina Elmer. Sie ist Professorin für Digitalen Journalismus und Datenjournalismus an der TU Dortmund, kennt das Thema aber auch aus der eigenen Praxis als Journalistin. Er fragt sie unter anderem: Wie viel von der aktuellen Aufregung ist bloß ein vorübergehender Hype? Wie sehr verändern verschiedene Formen von Künstlicher Intelligenz tatsächlich die Arbeit von Journalisten? Welche ethischen Grundsätze gelten in Zukunft?
Elmer sieht in dem Einsatz von KI unter anderem ein großes Potential, um dabei zu helfen, „Journalismus passgenauer zu den Leuten zu bringen“, aus Texten Audio- und Video-Inhalte zu machen, Entscheidungen über die beste Länge zu treffen. Sie hält es für höchst zweifelhaft, den Abbau von Stellen mit dem Verweis auf KI zu begründen. Viele Aufgaben und Rollen im Journalismus würden sich verändern, aber „natürlich werden sich auch neue Rollen herausbilden, die wir dann brauchen, zum Beispiel im Schnittstellenbereich: Leute, die Qualitätssicherung machen mit den KI-Systemen, die die weiterentwickeln.“ Das sollten ja nach Möglichkeit „Leute sein, die den Journalismus verstehen und unsere Werte teilen“.
Der Einsatz von KI bedeute aus ihrer Sicht nicht, „dass dann plötzlich irre viele Leute nicht mehr gebraucht würden. Im Gegenteil: Wir haben heute für viele Dinge, die Journalismus ausmachen und die uns allen wichtig sind, viel zu wenig Zeit. Und es wäre ja großartig, dafür mehr Zeit zu haben, vielleicht auch durch den Einsatz von KI.“ Schon heute werde zum Beispiel die Aufgabe, Interviews zu transkribieren, häufig von KI-Software übernommen – die Zeit, die so gewonnen werde, könne in Recherche investiert werden.
Sie wünscht sich, dass Redaktionen sich mit der Wissenschaft vernetzen, mehr Labore aufbauen und Kompetenzzentren bilden. „Weil wir ansonsten leicht die Chance verpassen, das mitzugestalten“ – und das Feld den großen Technologie-Unternehemn überlassen, die ganz anderen Gesetzmäßigkeiten folgen.
Elmer sagt, sie würde jungen Menschen nach wie vor empfehlen, den Beruf des Journalisten zu ergreifen. „Es ist einfach wahnsinnig spannend derzeit – und natürlich auch herausfordernd.“ Gerade auch die Automatisierung von Entscheidungsprozessen in vielen gesellschaftlichen Bereichen verlange nach einer kritischen Begleitung durch Journalisten, die sich damit auskennen.
Hier hören Sie den Podcast „Holger ruft an“ mit Christina Elmer:
(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)
Die Gesprächspartnerin
Christina Elmer ist Professorin für Digitalen Journalismus und Datenjournalismus an der TU Dortmund. Zuvor arbeitete sie in unterschiedlichen Positionen in der Redaktion des „Spiegel“, zuletzt als stellvertretende Entwicklungschefin. Sie engagiert sich im Vorstand des Vereins Netzwerk Recherche, ist Gesellschafterin bei „AlgorithmWatch“ und wurde vom „Medium Magazin“ als „Wissenschaftsjournalistin des Jahres 2016“ ausgezeichnet.
Wäre mehr künstliche Intelligenz statt menschlicher Dummheit bei „Bild“ nicht ein Fortschritt?
Künstliche Intelligenz weiß immerhin, wie eine Wärmepumpe funktioniert.