„Born for this“

Frauenfußball-Doku: ZDF will es besser machen als die ARD

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„Born for this – mehr als Fußball“ in der ARD-Mediathek mit den Spielerinnen der DFB-Frauen-Mannschaft bei der EM 2022
Die erste Staffel von „Born for this – mehr als Fußball“ liefin der ARD. Screenshot: ARD Mediathek

In nicht einmal zwei Monaten findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland statt. Was bei den Männern undenkbar wäre, ist für Fans und Spielerinnen Realität: Nach derzeitigem Stand wird kein Sender in Deutschland die Spiele übertragen. Denn die FIFA hat keines der Angebote akzeptiert. Sie verlangt für die Rechte angeblich rund das Doppelte von dem, was ARD und ZDF als offenbar meistbietende geboten haben sollen. Dabei soll es sich um einen mittleren einstelligen Millionenbetrag handeln. Nur. Für die Männer-WM in Katar zahlten ARD und ZDF mehr als 200 Millionen Euro.

Der DFB will nun vermitteln, schon im eigenen Interesse – Ausgang offen.

Was Fans der Frauen-Nationalmannschaft jedoch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zur WM im TV und online werden sehen können, ist die zweite Staffel von „Born for this – mehr als Fußball“. Vergangenes Jahr strahlte die ARD die erste Staffel der „Dokumentation“ aus. Oder wie ich es damals in einer Übermedien-Schlagzeile formuliert habe:

„Die ARD kauft dem DFB Werbefilme ab – und verkauft sie dem Publikum als Dokumentationen“

Denn was in der ARD-Mediathek unter deren „besten Dokuserien“ geführt wurde, hatte einen faden Beigeschmack: Erst durch einen kleinen Nebensatz des damaligen DFB-Direktors Oliver Bierhoff in einem TV-Interview erfuhr man als (aufmerksamer) Zuschauer, dass der DFB die Produktion (mit-)finanziert habe.

Es bedurfte einer gewissen Hartnäckigkeit unsererseits, um herauszufinden, dass die Produktionskosten der „ARD-Doku“ vom DFB, Warner Bros., VW und Adidas getragen wurden. Weil es sich zudem um einen Lizenzeinkauf handelte, hatte die ARD nach eigenen Angaben „kein redaktionelles Mitspracherecht“; ihr standen höchstens „Schulterblicke“ zu. Neben der PR-Maschine DFB dufte sich vor allem der Sportartikelhersteller auf die Schultern klopfen: Das Adidas-Logo war quasi dauerpräsent, nicht nur im Vorspann der Produktion.

Aus ARD mach ZDF

Nun kündigte nicht die ARD an, die zweite Staffel von „Born for this“ zu senden, sondern – Überraschung – das ZDF. In der Pressemitteilung wird ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten mit den Worten zitiert:

„Die Doku-Reihe ‚Born for this – Mehr als Fußball‘ bietet einen spannenden Blick auf die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft.“

Das ZDF zeige „exklusiv die zweite Staffel der Doku-Serie“, die wie schon im Jahr zuvor von Warner Bros. unter der Regie von Martina Hänsel und Björn Tanneberger produziert werde. Was man in der Pressemitteilung nicht erfährt: Ob die Produktion erneut vom DFB und Werbepartnern wie Adidas und VW mitfinanziert wird. Wir haben deshalb mal beim ZDF angefragt.

Der Sender schreibt, die Finanzierung entspreche den Programmgrundsätzen:

„Es gibt keine Finanzierung oder finanzielle Beteiligung durch den DFB oder Werbepartner des DFB.“

Das klingt nach einem erheblichen Fortschritt für Menschen wie mich, die bei dem Label „Doku“ journalistische Unabhängigkeit erwarten – und sich diese bei finanzieller und/oder inhaltlicher Beteiligung von dargestellten Personen oder Organisationen nicht so richtig vorstellen können. Insbesondere, wenn das nicht richtig transparent gemacht wird.

Skepsis ist dennoch geboten, wenn man sich das Vorgehen der ARD bei der ersten Staffel („Schulterblicke“ anstelle von redaktionellem Mitspracherecht) vor Augen führt. Ohne ihnen generelle Abhängigkeit unterstellen zu wollen, aber die Produktionsfirma und (mindestens) die Regisseur:innen sind ja wieder dieselben Personen. Wie will das ZDF also seine journalistischen Standards durchsetzen, zumal es sich auch diesmal um einen Lizenzeinkauf handelt? Wir erinnern uns: Bei der ARD gibt es offenbar einen erheblichen Unterschied zwischen einer in Auftrag gegebenen Produktion und einem Lizenzeinkauf.

Vom ZDF heißt es, die redaktionelle Mitsprache sei nun gewährleistet:

„Das Projekt wird redaktionell vom ZDF betreut – in enger Absprache mit den Regisseuren von Warner Bros. Die jeweiligen Folgen werden von der ZDF-Sportredaktion abgenommen – nach den gleichen journalistischen Regeln wie bei anderen Dokumentationen auch. “

Auf unsere Frage nach den Maßstäben des ZDF an Doku-Formate hinsichtlich der Kooperation mit Organisationen oder Personen, die Gegenstand der jeweiligen Berichterstattung sind, führt der Sender weiter aus:

„Dieses serielle Format dokumentiert die Teilnahme der deutschen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen während der WM. Die Nähe zum Team wird dabei Höhen und Tiefen des sportlichen Wettbewerbs zeigen. Auch bei solchen emphatischen Langzeitbeobachtungen ist es Aufgabe der zuständigen ZDF-Redaktion, kritisch auf die Produktion zu schauen und darauf zu achten, dass die unabhängigen journalistischen Maßstäbe gewahrt bleiben.“

Offenbar hat man beim ZDF also andere Ambitionen mit dem Projekt als die ARD, auch wenn das alles ein bisschen mühsam klingt. Wieso hat sich das ZDF überhaupt dafür entschieden, die zweite Staffel von „Born for this“ zu zeigen? Vom Sender heißt es, „Born for this“ spiele (neben weiteren Dokumentationen) mit seinen exklusiven Einblicken eine wesentliche Rolle dabei, verschiedene Perspektiven auf den Frauen-Fußball zu zeigen.

Würde mich (wirklich) freuen, wenn das gelingt.

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