Holger ruft an (102)

War unsere Berichterstattung über „Katapult Ukraine“ nur ein „gefälschter Skandal“?

Podcast-Logo "Holger ruft an" und zerrissenes Logo "Katapult Ukraine"
Screenshot: Katapult Ukraine, Montage: Übermedien

Vor knapp drei Wochen haben wir über Vorwürfe berichtet, die ukrainische Journalistinnen und Journalisten dem Projekt „Katapult Ukraine“ und dem „Katapult“-Chef Benjamin Frederich machen. Unter anderem geht es um Fragen, wofür Spenden konkret eingesetzt wurden, um nicht gezahlte Gehälter, übertriebene Behauptungen und das Gefühl, benutzt worden zu sein.

Als Reaktion auf die Vorwürfe ist Fredrich von seinen Posten als „Katapult“-Geschäftsführer und -Chefredakteur zurückgetreten; außerdem hat er einen zweiten „Transparenzbericht“ veröffentlicht, der alles klären sollte. Doch es bleiben Widersprüche. Auf unsere Anfrage, zum Beispiel, antwortete Fredrich, es seien Spenden in Höhe von 310.000 Euro eingegangen – laut „Transparenzbericht“ sind es nun plötzlich 442.147 Euro. Ein größerer Teil davon ist auch nicht an Journalistinnen und Journalisten in der Ukraine gegangen, obwohl „Katapult“ das ursprünglich so versprochen hatte.

Der Umgang mit Geld sei bei „Katapult“ offenbar „sehr freihändig“ gewesen, sagt Stefan Niggemeier. Und wenn „Katapult“ von sich behaupte: „Wir sind hypertransparent“, sei das auch nur ein leeres Versprechen. Vieles hänge an der Frage, wie viel Vertrauen man Fredrich schenke. Der „Katapult“-Gründer habe teilweise „eindeutig die Unwahrheit gesagt“, in anderen Punkten stehe „Aussage gegen Aussage“.

Im Podcast spricht Niggemeier darüber, weshalb Übermedien überhaupt über „Katapult Ukraine“ berichtet und was ihn wirklich ärgert: Dass Fredrich die ukrainischen Journalisten nun im Grunde „vor den Bus“ werfe, indem er erzähle, sie hätten keine gute Arbeit gemacht – und ihnen damit die Schuld zuschiebe.

Und, Spoiler, die Antwort auf die Frage in der Überschrift lautet: Nein, es war kein „gefälschter Skandal“, wie Benjamin Fredrich behauptet.

Die ganze neue Folge „Holger ruft an…“ gibt es hier:

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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8 Kommentare

  1. Hallo Holger, Ich als Spender hätte ubridurchaus was dagegen, wenn ich für ein journalistisches Projekt Spende, mit meinem Geld aber schusssichere Westen gekauft werden. Das hast du es dir in dem Interview mit „deinem“ Chef zu einfach gemacht.

    Denen die glauben, Übermedien dürfe über Katapult nicht, weil die Guten seien.
    Wann gehört man denn dazu?
    Übermedien ist vieles, aber z.b. keine Gegenöffentlichkeit, die ja vlt ein Kriterium des Guten sein könnte.

    Letzte Woche durfte jemand in seinem Kommentar zu zu G&J schlimmste FDP-Parolen verbreiten und die Entlassenen verhöhnen. Laut Autor hatten sie halt nicht genügend gute Ideen, mit denen sie Herrn Rabe überzeugen konnten. Das ist neoliberaler Mainstream, der kann auch in Capital oder der Welt stehen. Da ist Übermedien nicht anders.

    Ich finde sowas unsäglich. Aber ich lebe damit. Übermedien ist nicht alternativ, sondern bürgerlich professionell.
    Es hat keine gesellschaftspolitische Haltung. Ich krtisiere das, aber ertrage es.

    Wenn ein anderes relevantes Medium Scheiss baut, steht das hier auch. Dafür bekommt Übermedien mein Geld. Das ist deren Anspruch. Das hält Übermedien ein. Mehr ist nicht, mehr muss nicht. Mehr könnte nur.

  2. Auch wenn das formal nix mit übermedien zu tun hat: So ganz frei von negativen persönlichen Emotionen ist sowas nicht: https://mobile.twitter.com/der_rosenkranz/status/1380511490881552392

    Das ist mMn ziemlich infantil und führt bei Fredrich sicher nicht zu mehr Einsicht. Hätte man sich auch verkneifen können.

    Und dass zum Interview, das Jürn Kruse mit Fredrich geführt hat, einige Anmerkungen nötig sind (https://uebermedien.de/59241/die-geschichte-einer-skandalgeschichte/) , macht die Sache auch nicht besser.

    Fazit: Ein Ruhmesblatt ist die ganze Misere auch für übermedien leider nicht. Was das Gebahren von Fredrich aber natürlich auch nicht besser macht…

  3. #2, verstehe ich nicht. Was hat sich Übermedien zu schulde kommen lassen? Was hätten sie anders machen sollen?

  4. @#3 Und ich verstehe nicht, was es da nicht zu verstehen gibt ;-) Ich versuche es aber nochmal:

    Hashtags wie der im von mir verlinkten Tweet („#kackebenni“) scheinen mir nicht sehr produktiv zu sein. Wenn sich einer der übermedien-Gründer auf Twitter derartig äußert, dann kann ich schon nachvollziehen, wenn einige Leute auf die Idee kommen, dass vielleicht nicht nur inhaltliche Kritik, sondern auch persönliche Befindlichkeiten in dem ganzen Hin und Her eine Rolle spielen. (Und nein, auch wenn sich Fredrich möglicherweise zuvor auf vergleichbare Art geäußert haben sollte, muss man sich noch lange nicht auf sein Niveau herablassen.)

    Wenn übermedien zusätzlich noch (im von mir verlinkten Artikel) Fehler in Jürn Kruses Interviewführung einräumen muss, dann rechtfertigt das sicher nicht Katapults Umgang mit den ukrainischen Journalisten und den Spenden oder Fredrichs Umgangsformen. Aber es gibt halt auch Fredrich einen legitimen Grund, sich zu ärgern. Klar, Fehler lassen sich nicht immer vermeiden und im Vergleich zu Katapults Ukraine-Geschichte sind das Peanuts, aber es wäre natürlich trotzdem besser, sie wären nicht passiert.

  5. #4, Danke für die zusätzlichen Infos. Ich war da etwas oberflächlich, sorry. Auf die Diskussion außerhalb des Blogs hier hatte ich nicht geachtet, deine Links ignoriert :-). Neben dem Blog hier noch anderswo weiter zu diskutiert, ist keine gute Idee. Da hast du recht. Ist auch nicht gut für mich als Nutzer. Ich mach mir hier ein Bild über das was ist, hab eigentlich keine Lust, Twitter etc verfolgen zu müssen, weil die Autoren des Textes da weiter machen. Ihre Bühne ist eigentlich hier.

  6. #4, nochmal ich, sorry. Habe deine Links jetzt nicht mehr ignoriert und gelesen. Ich stimme dir vollumfänglich zu, korrigiere mich. Du hast Recht. Sich nach dieser Ukraine -Recherche auch noch an dem Roman so abzuarbeiten, wie es passiert ist. Das erinnert mich an die „Übermedien-Berichterstattung über Gabor Steingart. Ein Vergleich, den der Katapult -Mann nicht verdient hat. Sorry für meine Oberflächlichkeit #4

  7. @Martin Busche: Wir haben uns nicht nach der Ukraine-Recherche an dem Roman abgearbeitet. Wir haben vor zwei Jahren darüber berichtet, wie Benjamin Fredrich in seinem halbfiktiven Roman mit ehemaligen Mitarbeitern umgegangen ist.

    @Bernhard: Wenn wir damals Fehler gemacht haben, heißt das, wir sollten zwei Jahre später nicht kritisch über Katapult berichten und den zweifelhaften Umgang mit Spendengeldern und ukrainischen Journalisten berichten? Inwiefern ist „die ganze Misere“ kein Ruhmesblatt für Übermedien? Welche Fehler haben wir jetzt gemacht?

  8. @#7 „Wenn wir damals Fehler gemacht haben, heißt das, wir sollten zwei Jahre später nicht kritisch über Katapult berichten und den zweifelhaften Umgang mit Spendengeldern und ukrainischen Journalisten berichten? “ Nein, das habe ich nicht geschrieben und wollte das auch nicht andeuten.

    „Inwiefern ist ‚die ganze Misere‘ kein Ruhmesblatt für Übermedien?“ In meinen 2 Beiträgen habe ich versucht zu erklären, warum ich das denke: Weil erstens auch von Seiten eines übermedien-Verantwortlichen unnötig emotionales Öl ins Feuer gegossen wurde. Und weil zweitens in einem Interview seitens übermedien Fehler passiert sind, über die sich Fredrich ärgern darf. Nein, „sich ärgern“ heißt _nicht_ untergriffig werden, die Unwahrheit sagen, Spenden missbräuchlich verwenden o.Ä.

    Mehr als diese beiden Argumente habe ich nicht.

    „Misere“ übrigens deswegen, weil ich nach oberflächlicher Beschäftigung mit dem Thema Fredrich bzw. Katapult (wie klarerweise übermedien auch; sonst würde ich nicht für ein Abo zahlen) noch immer gute Absichten unterstelle. Mag sein, dass ich bei Fredrich falsch liege, was seine Absichten betrifft, aber um das mit Sicherheit rauszufinden, müsste ich übermäßig viel Zeit investieren. Im Moment gibt es also „Beef“ zwischen zwei Unternehmen, denen ich eigentlich wünschen würde, ihre mE nach lobenswerten Ziele umzusetzen. Dass dabei bei Katapult Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander liegen, darüber berichtet übermedien völlig zu Recht.

    „Welche Fehler haben wir jetzt gemacht?“ _Jetzt_ (im Februar 2023) gar keine. Die Fehler, die früher passiert sind, wirken halt nach. Natürlich sollten die jetzt eigentlich keine Rolle mehr spielen, aber wo Menschen involviert sind, ist das manchmal nicht so einfach…

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