„Tut. Tut. Tut.“

Serdar Somuncu kündigt „künstlerischen Suizid“ an (und hat damit vielleicht schon begonnen)

Serdar Somuncu ist da vielleicht einer größeren Sache auf der Spur. Rudi Carrell hat ihn drauf gebracht, mit seiner gesungenen Frage: „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer? Ein Sommer, wie er früher einmal war.“ („Früher gab’s noch hitzefrei / das Freibad war schon auf im Mai …“)

Moment, sagt Somuncu da, wenn Carrell das vor dreißig, vierzig Jahren gesungen hat, dann muss der Sommer ja „früher“, als Carrell jung war, so gewesen sein wie heute. „Obwohl heute alle sagen, die Sommer seien nicht mehr so wie früher. Da stimmt doch was nicht. Da stimmt doch was nicht! Werd ich jetzt auch noch zum Klimaleugner?“

Die Frage bleibt offen, und es ist nicht die einzige, obwohl es wirklich nicht an Worten mangelte. Der Kabarettist, Podcaster und Moderator Somuncu hat am vergangenen Sonntagnachmittag zwei Stunden Sendezeit auf Radio Eins vom rbb mit einem wüsten, nicht enden wollenden Gedankengeröll zugeschüttet.

War es das übersteuerte Raunen eines ins Querdenkerhafte abgedrifteten Ex-Komikers? Eine Kamikaze-Performance, um sich canceln zu lassen? Eine Predigt? Ein Schrei nach Liebe oder um Hilfe? Ein Abschied? Satire? Kunst? Krebs?

„Wir sind alle ich“

Serdar Somuncu - Die blaue Stunde - Radio Eins
Screenshot: Radio Eins

„Statusbericht 2022“ hat er diese Ausgabe seiner Sendung „Die blaue Stunde“ genannt, die er seit sechs Jahren am Sonntagnachmittag auf Radio Eins moderiert, und der Status ist eindeutig: verwirrt. „Vorsicht: Es könnte Ironie dabei sein!“, warnt die Sendungsbeschreibung, sicherheitshalber, dabei ist sogar ganz bestimmt Ironie dabei. Etwa wenn Somuncu erzählt, dass wir „ja eine wirklich tolle Bundesregierung haben, die das alles ganz gut macht, die sich um uns kümmert und die uns auch die Wahrheit sagt.“

Sonst klingt er wie ein Verschwörungstheoretiker, das sagt er auch selbst:

„Ich weiß, dass es eine sehr verrückte Zeit ist, in der sehr viele Dinge passieren, die noch unklar sind und die irgendwann mal in vielleicht sogar naher Zukunft aufgeklärt werden. Und ich glaube, wir werden uns sehr darüber wundern, was so alles passiert ist, ohne dass wir es wussten. Das klingt nach Verschwörungstheorie. Ich weiß, ich bin mittlerweile auch Verschwörungstheoretiker. In den Augen derer, die selbst Verschwörungstheoretiker sind und alle auf ihre Seite ziehen wollen, damit sie mehr sein können. Aber wir sind gar nicht wir, sondern wir sind alle ich.“

Es gibt viele Dinge, die Somuncu verdächtig sind, nicht nur Rudi Carrells alter Sommer-Song, was vielleicht doch nur ein Witz ist, man weiß es nicht.

Verdächtig findet er es zum Beispiel, dass die neuen Corona-Varianten seit einiger Zeit gar keine neuen griechischen Namen mehr bekommen, sondern immer noch „Omikron“ heißen: „‚Epsilon‘ wär zum Beispiel jetzt angebracht.“ („Epsilon“ hieß eine Variante, die 2020 in den USA kursierte.)

Oder dass der Virologe Christian Drosten weg ist. „Der hat sich aus dem Staub gemacht!“

Oder dass die Regierung sagt, das Neun-Euro-Ticket, das sei nicht zu finanzieren, „obwohl es im Haushalt einen Etat gibt für sowas, der insgesamt sogar Milliarden ergibt. (…) Es ist einfach nur unangenehm, den Leuten was zu schenken. Es ist besser, ihnen was wegzunehmen“.

Oder dass ein Begriff wie „Umlage“ „erfunden“ wurde, obwohl der richtige Begriff doch Steuer wäre, „Kriegssteuer“.

Oder dass alle in den Bussen und U-Bahnen Masken tragen müssen, nur die Politiker und Journalisten im Regierungsflieger nicht.

Oder dass man heute für Krieg sein muss, um gegen den Krieg zu sein.

Es ist ein wilder Ritt durch Somuncus kunstvoll unsortierte Gedanken, ein verwirrter und verwirrender Monolog. Einige Versatzstücke könnten aus einem handelsüblichen Kabarett-Soloprogramm stammen, weitere aus einem religiösen Selbstfindungsprogramm, andere von einer Rede auf einer Querdenker-Demo, noch andere aus einer nachts nach zweieinhalb Flaschen Rotwein entwickelten, überaus selbstbezüglichen Theorie über das Wesen der Egozentrik. Insgesamt ist es vielleicht eine Art Manifest. Oder doch nur Geschwurbel.

„Stell dir vor, du wirst vaporisiert“

Einiges ist sehr nachvollziehbarer Ärger über die Regierung und Verzweiflung über die Verrücktgewordenheit der Welt gerade, aufgesext mit einem großen bedeutungsschwangeren Geraune.

Serdar Somuncu hat eine Sendung, in der er zwei Stunden lang monologisieren kann, ohne dass ihm jemand ins Wort fällt, und er nutzt sie, um mehrmals zu sagen, dass er nicht frei reden darf.

„Ich trau mich gar nicht mehr zu sprechen, so wie ich denke“, sagt er. Und: „Man muss heute vorsichtig sein. Mit dem, was man sagt, kann alles passieren.“ Und: „Aber ich muss da vorsichtig sein. Ich bin wirklich angreifbar. Also selbst aus dem eigenen Sender heraus kann man nicht wissen, wer einem da einen Dolch in den Rücken stößt. (…) Ich bin dem lieben Gott ja dankbar, dass ich überhaupt noch hier sein darf und spreche. Stell dir vor, du wirst vaporisiert. Und dann hast du keine Reichweite mehr, kannst nur noch für dich selbst sprechen oder musst auf eins dieser seltsamen, komischen Portale, wo du dann auch ausgeliefert bist unsichtbaren Instanzen.“

Aber noch schenkt ihm der rbb seine Reichweite, und weil Somuncu aufpasst, was er sagt, weil man ja vorsichtig sein muss, gibt es ganze Passagen, in denen unklar ist, wer „die“ eigentlich sind, von denen er redet, und was „das“ eigentlich ist, was sie wollen, aber das lässt „die“ und „das“ in der Unbestimmtheit nur noch gefährlicher und bösartiger erscheinen.

Wenn Somuncu über Gesundheitsminister Karl Lauterbach spricht, ist immerhin klar, wen er meint – auch wenn er ihn nicht ein einziges Mal beim Namen nennt. „Ich will den Namen nicht sagen“, sagt er, und sagt dann stattdessen:

„Der Typ. Das Phantom. Dieses Ding. Der Schatten, der über uns liegt. Das Gestammel des verwirrten Professors. Ja, wie aus der Sesamstraße. Das ist nicht mehr einzufangen. Der ist durch. Der geht einfach seinen Weg. Da kannst du noch so viel sagen und argumentieren und fragen und lamentieren. Nö, der hat sich selber dumm geimpft, oder? Nee, hat er ja gar nicht. Der hat. Hat er gar nicht. Der will die anderen. Nee, weiß ich nicht. Muss vorsichtig sein.“

„Verwirrter Professor“ ist die milde Version. Später spricht Somuncu konsequent vom „verrückten Professor“.

„Krebs, Krebs, Krebs, Krebs, Krebs. Krebs.“

Beim Namen nennt er den grünen Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, auch wenn er vorher sagt, er habe dazu keinen Bock, dafür sei er ihm „zu unwichtig“. Dann sagt er: „Leute wie Janosch Dahmen zum Beispiel, die sind in ihrem Wahn gefangen“, und er macht das daran fest, dass der irgendeine Corona-Zahl getwittert hätte, „145.000 Tote, wie kann man das verantworten?“ Somuncu weist darauf hin, dass das ja die Zahl für drei Jahre sei, und wenn man alle Grippe-Toten der letzten 50 Jahre zusammenzählen würde, „da käme man auf Millionen!“

Später macht er einen längeren Exkurs zur Angst und zu unser aller Angst vor dem Tod, die irgendwie ein zentrales Problem bei allem sei, und sagt über Dahmen:

„Ich glaube auch, dass Janosch Dahmen nichts anderes hat als unermesslich große Todesangst. Und er tarnt sie vielleicht als Verantwortung für andere. Aber im Grunde genommen ist es eine hochgradig egozentrische Todesangst, die sich nur auf das Eigene bezieht und nicht auf das andere. Das ist alles bloße Behauptung, kann falsch sein, kann richtig sein. Aber es ist einen Gedanken wert. Ich habe auch Angst vorm Sterben. Ich will nicht sterben, aber ich weiß, dass ich es werde. Und deswegen freue ich mich am Leben. Und mich stört es, dass andere, während ich lebe, mich damit konfrontieren, dass ich irgendwann sterben muss. Deswegen gebe ich ihnen nicht die Macht darüber.“

An dieser Stelle muss Somuncu sich plötzlich räuspern, er räuspert sich, laut.

„Dieser Husten zum Beispiel hier. Könnte ein Hinweis sein. Auf was auch immer. Lungenkrebs. Speiseröhrenkrebs. Kopfkrebs. Halskrebs. Augenkrebs. Mundkrebs. Zungenkrebs. Krebs. Krebs. Krebs, Krebs. Krebs. Krebs.“

 

„Er hat uns überrascht“

Es ist schwer, diesen von gelegentlichen Musikstücken unterbrochenen Wahnsinn irgendwie sinnvoll zusammenzufassen. Alles hängt mit allem zusammen, und wenn man all seine kruden Gedanken und ausufernden, sich selbst dauernd widersprechenden Argumentationen richtig zusammenfügt, ergibt sich womöglich ein klares Bild, womöglich aber auch nur ein Riesenberg kruder Gedanken und einander widersprechender Argumentationen. Somuncu macht längere Sprechpausen, um Grübeln vorzutäuschen oder auch nur den Effekt zu vergrößern. Mit märchenonkelhafter Stimme spricht er über seine Probleme mit der Identitätspolitik, die erstaunlichen Dinge, die Smartphones heute können, das Wesen von Podcasts, seinen großen Respekt vor der Natur, dass alle Deutschen Egozentriker sind, das widerliche Wort „kümmern“, Gott, das Chaos in seinem Kopf. Vor allem das Chaos in seinem Kopf.

Es ist nicht auszuschließen, dass er das alles, was er hier sagt, gar nicht meint, sondern nur in die Rolle geschlüpft ist von jemandem, der die Welt nicht mehr sortiert kriegt und nicht aufhören kann, die Welt daran teilhaben zu lassen. Als er vor Jahren im Fernsehen schwulen- und lesbenfeindliche Witze machte, sagte er hinterher, das sei nur eine Rolle gewesen. Als er an einem judenfeindlichen Witz mitwirkte, sagte er hinterher, das sei nur eine Rolle gewesen.

Ich habe Radio-Eins-Chef Robert Skuppin drei etwas hilflose Fragen gestellt zu dieser Performance:

  1. Können Sie mir sagen, was Somuncu da macht?
  2. Kann es sein, dass er Hilfe braucht?
  3. Warum gibt ihm Radio Eins diese Plattform?

Seine Antworten sind ebenso nichts- wie vielsagend:

  1. Er hat uns überrascht mit einem Jahresrückblick im September.
  2. Manchmal klingt es so, aber wer sollte ihm dabei helfen?
  3. Serdar ist eine umstrittene Persönlichkeit und polarisiert gerne. Er hat kluge, schöne und unterhaltsame Sendungen gemacht.

„Hey!“

Zwischendurch klingt Somuncu immer wieder mal versöhnlich. „Wir streiten um so viel und wir einigen uns so selten“, klagt er. „Es geht uns so wenig um Einigung, um Konsens, um aufeinanderzugehen und sich vielleicht einfach mal in den Arm nehmen und liebhaben und sagen: ‚Hey, alles gut, Janosch? Du brauchst keine Angst zu haben. Es wird schon wieder. Deck dich zu! Und morgen früh ein neuer Tag.‘“

Die Versöhnlichkeit entpuppt sich als Tarnung für vernichtende Herablassung. Karl Lauterbach, dem „verrückten Professor“, will er sagen: „Hey, hey, mach mal halblang. Das verwirrt die Leute. Sagt doch nicht direkt das, was du denkst. Wart doch erst mal ab, und dann nicht die erstbeste Studie und das erstbeste Exposé. Nein, warte doch mal, bis du fünf, sechs, sieben, acht, neun … Dann hat das auch mehr Gewicht, was du sagst, wenn du einmal im Monat was sagen würdest und nicht auch immer wieder zum gleichen Thema, sondern verteile es und sprenkel doch ein bisschen hier und da wie bei Pflanzen. Wenn du Pflanzen mit einem festen Strahl aus einem Gummischlauch gießt, dann mögen die das nicht.“

Wer könnte all die Probleme lösen, die uns gerade umtreiben und verwirren? Gott natürlich.

„Wie schön wäre es, wenn es einen Gott gäbe, der direkt in die Ostukraine fliegt und sagt: ‚Gebt mir die Waffen, ich schmeiß sie weg! Hey, redet doch miteinander, das ist doch viel besser, als euch in die Köpfe zu schießen. Was ist passiert, dass ihr so einen Hass aufeinander entwickelt habt?‘ Wie schön wäre es, wenn irgendein Gott und wenn es nur einer wäre, zum verrückten Professor geht und sagt: ‚Hey, alles gut? Halt einfach jetzt mal die Schnauze‘, wie schön wär’s, wie schön wäre es! Und ich glaube sogar, dass es diesen Gott gibt. Ich glaube, dass Gott im Moment sogar zuschaut und sagt: ‚Lass sie doch mal, lass sie doch mal merken, wie es ist, wenn es sich anders anfühlt, als wenn ich immer intervenieren würde.‘“

Somuncu hätte noch eine andere Lösung als Gott: Uns alle. Wir müssten zum Beispiel nur aufhören, soviel Energie sinnlos für belanglose Streitigkeiten zu verschwenden, und wenn wir dann unsere Energien bündeln könnten, „da bräuchten wir weder eine Gasumlage noch hätten wir einen kalten Winter. Wir könnten dann auch Flugzeuge damit anfeuern und Gespräche lenken. Wir könnten Liebe geben.“

„Scharlatane, Gaukler, Vagabunden, Schwätzer“

Die zweieinhalb Jahre Corona-Krise sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen, sagt er. „Das schreiben viele in Kommentaren und sie meinen das böse, weil sie damit sagen wollen: Er ist durchgeknallt. Obwohl niemand weiß, ob ich vorher schon nicht durchgeknallt war oder vielleicht sogar noch durchgeknallter gewesen bin, als ich es jetzt vielleicht gar nicht bin. Vielleicht haben mich die letzten zweieinhalb Jahre auch geläutert und zu dem gemacht, was ich eigentlich immer sein wollte. Oder zu dem gebracht, wo ich hin wollte. Hinaus. Auf jeden Fall haben mich die letzten zweieinhalb Jahre verändert.“

Er kritisiert, natürlich, die Medien, aber es ist ein einziges, nicht greifbares Raunen:

„Ich glaube ja, dass wir viel zu sehr beeinflusst werden von, naja, jetzt kommt die alte Leier: Medien. Presse. Meinung. Leuten, die sich als Medienvertreter oder Meinungsvertreter ausgeben. Leuten, die sich als Künstler bezeichnen, aber im Grunde genommen nichts anderes sind als Scharlatane, Gaukler, Vagabunden, Schwätzer. Von denen werden wir viel zu sehr beeinflusst. Wir prüfen auch viel zu selten ihre Redlichkeit. Wir prüfen viel zu selten, warum die das machen und wie oft sie es schon in dieser bösartigen Art und Weise gemacht haben und welche Leichen sie im Keller haben.

Das müssten wir mal prüfen, bevor wir diese Leute ernst nehmen. Aber nein, wir nehmen alles für bare Münze. Sobald sie die Klappe aufmachen, dringen sie mit dem, was sie sagen, in uns ein. Und das findet seinen Platz in uns. Und es wirkt. Und es vervielfältigt sich sogar, weil: Wir geben es auch wieder raus, weil wir es glauben. Wir müssten uns eigentlich dagegen zur Wehr setzen, dass man mit uns tut, was man will. Tut, was man will. Tut, tut, tut. Was man will.“

 

Wir müssten kritischer sein auch gegenüber denjenigen, die wir für unsere Freunde halten:

„Denn sie verwickeln uns manchmal in Gedankengänge, die nicht immer produktiv und konstruktiv sind, sondern sie vertuschen manchmal auch ihre eigenen Gedankengänge, die sehr oft destruktiv sind. Und dann landet das bei uns. Landet, landet das bei uns. Bei mir. Also, wer ist uns? Ich, nicht ihr. Auch nicht wir. Ich. Maskulinum. Ich. Ich-chen. Ich-chen. Das Ich-chen in mir. Ja. Und das macht es dann, wenn es im Ich-chen landet, dem erbärmlichen kleinen Stück vom Ich? Es drückt ein wenig, es drückt ein wenig, wie die letzten zweieinhalb Jahre. Es drückt.

„Mich aus dem Verkehr ziehen“

Immerhin: Somuncu hat einen Plan. Im nächsten Jahr will er aufhören. „Dann werde ich künstlerischen Suizid begehen. Mich aus dem Verkehr ziehen. Ja, weil ich habe keine Lust mehr. Ich habe keine Lust mehr zu sprechen. Ich habe keine Lust mehr zuzuhören. Ich habe keine Lust mehr zu argumentieren. Ich habe keine Lust mehr.“ Er wolle wieder lernen, mehr zu denken, nicht dafür, „dass ich anderen sage, was dabei rausgekommen ist, sondern die Ergebnisse für mich zu behalten.“

„Ich will so eine Art Rückzug. Verschluss. Ich will so etwas wie einen freiwilligen schönen Abgang, der im Grunde genommen auch etwas ist wie ein Tod, aber nicht so dramatisch, sondern wie ein Übergehen in ein anderes Stadium, in ein übersinnliches Stadium, in dem meine Gedanken zu Körpern werden und mein Körper zu einem Gedanken. (…)

In einem Jahr. Und dann spiele ich doch eine Tour. Und heile die Menschen. Und dann lege ich mich hin. Schließe die Augen und atme. Genau das ist das Ziel.

Ja, da weiß ich auch nicht, was ich dazu noch sagen soll, außer vielleicht: Alles Gute.

Offenlegungen: Ich habe mehrere Jahre lang eine wöchentliche Medienkolumne auf Radio Eins gehabt. Somuncu hat mir im Zusammenhang mit meiner Kritik an der „#allesdichtmachen“-Aktion gegen die Corona-Maßnahmen in einem Radio-Eins-Podcast „Faschismus“ vorgeworfen.

20 Kommentare

  1. Am Sonntag gibt es auf Radioeins u.a. die Sendung „King’s Hour“, moderiert von Jürgen König. Er ist evtl. befreundet mit Serdar Somuncu, jedenfalls war er schon öfters bei ihm in der Blauen Stunde. Vielleicht wäre er ein geeigneter Ansprechpartner.

  2. Sicher nicht das größte Problem, aber was will er uns mit „Ich. Maskulinum.” genau sagen? Meint er Singular?

  3. @Carsten: Jürgen König ist der verantwortliche Redakteur der Somuncu-Sendung.
    PS: Die Antworten des Senderchefs Robert Skuppin sind selbstgefällig. Er kannte den Inhalt der Somuncu-Sendung vermutlich gar nicht, denn Herr Skuppin befand sich zur Zeit der Ausstrahlung der „Blauen Stunde“ vor Ort auf dem radioeins-Parkfest im Gleisdreieckpark.
    Jedenfalls, die Wortbeiträge, die Musik und die Moderationen bei radioeins werden ohnehin immer flacher. Zum 25. Geburtstag ist der ehemals gute Sender eh auf dem Weg, der WDR 2 von Berlin-Brandenburg zu werden…

  4. Ich sah mal einen Auftritt mit Gerhard Polt. Er war in der Rolle eines typisch deutschen Spießers mit ausländerfeindlichen, rassistischen Ausfällen. Es war echt hart. Für mich war klar, warum er das aufführte – aber ich hatte meine Zweifel, dass dies bei jedem Zuschauer der Fall war bzw. sein würde.

    Ähnlich, dachte ich mal, wäre es bei Somuncu. Mittlerweile weiß ich es nicht mehr. Ist ja auch bei Lisa Eckart schwierig.

  5. Lange nicht mehr so gelacht wie bei den Antworten von Robert Skuppin. Fantastisch. (Am schönsten finde ich die Vergangenheitsform in der dritten Antwort.)

  6. Ich habe mit so einem Programm erstmal kein Problem im Sinne von „höre ich nicht, versendet sich“-aber leider läuft das auf einer öffentlich-rechtlich finanzierten Schiene und dann wird es problematisch (und dann auch noch beim rbb der ja offenbar in ein paar Schwierigkeiten steckt…). Auf YouTube oder als Podcast irgendwo gerne, aber von der Allgemeinheit finanziert? Ich finde, die Sendung muss nicht vom rbb finanziert werden und jetzt wäre doch ein guter Augenblick den kleinen Shitstorm mitzunehmen und seinen Vertrag auszusetzen…

  7. Wenn man mal annimmt, dass Sormuncu tatsächlich eine Rolle spielt und nicht wie viele andere Intellektuelle über die Pandemie den Verstand verloren hat.. dann stellt sich die Frage, wo inzwischen der satirische Gehalt läge, zwei Stunden lang unkohärent einen Verschörungs- und Andeutungsmischmasch mit allen Versatzstücken von sich zu geben?

    Weil man ja nur ein paar Klicks auf den sozialen Medien oder halt auf die AFD-Webseite machen muss, um sich den gleichen Kram, halt authentischer, härter, reinzuziehen. Es ist ja nicht so, dass ein Mangel an Geraune und Geschwurbel herrscht.

  8. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Somoncu oder auch Eckhardt „eine Rolle spielen“. Da stimme ich mst vollinhaltlich zu. Was wäre der Gewinn, die Essenz aus ihrem tun? Wie hilft das denen, auf deren Kosten sie billigste Flachwitze machen? Selbst wenn diese Texte ironisch oder ironisch gemeint gewesen wären.

    Ich habe viel Phantasie – ich habe beispielsweise lange geträumt, dass irgendwann Boris Johnson sich seine Latex-Maske vom Kopf reist und darunter ein feixender Matt Lucas zum Vorschein kommt – mir fehlt aber die Fähigkeit, an dem homophoben, rassistischen, judenfeindlichen, alarmistischem, raunenden Gejammer irgendetwas zu entdecken. Nichts. Außer Hass von privilegierten „Künstlern“ gegenüber Minderheiten, die ihnen nichts wegnehmen, auf deren Rücken sie siech bereichern, während sie sie verachten.

  9. Eigentlich sagt er doch alles, was dazu gesagt werden sollte – er hat nur einen Namen verwechselt. Das kann ja mal vorkommen und kann korrigiert werden: “ Wie schön wäre es, wenn irgendein Gott und wenn es nur einer wäre, zu Sedar Somuncu geht und sagt: ‚Hey, alles gut? Halt einfach jetzt mal die Schnauze‘, wie schön wär’s, wie schön wäre es!“

  10. Ach, wenn man Pflanzen mit einem festen Strahl aus einem Gummischlauch gießt, dann mögen die das nicht? Wußte ich noch gar nicht.

  11. Wenn ein Künstler eine Rolle spielt, dann gehört es zur Kunst dazu, diese Rolle als Rolle erkennbar zu machen, jedenfalls die eigene, echte Haltung zu dem was, die Kunstfigur sagt, zu transportieren. Ich kann mich halt nicht ohne Kontext auf den Marktplatz stellen, „Juden raus!“ rufen und, wenn ich dann verhaftet werde oder auf’s Maul bekomme, behaupten, dass ich ja nur eine Rolle gespielt hätte.

    Serdar Somunco ist einfach nur eine blöde, öffentlichkeitsgeile Sau, die jede Scham verloren hat und sogar noch zu feige ist, zum eigenen Antisemitismus zu stehen. Sagt aber nur meine Kunstfigur „surfguard“. Ich, die Person hinter „surfguard“, habe möglicherweise eine ganz andere Meinung, wer weiß das schon?

  12. Ich habe anfangs Serda Somuncu „verehrt“. Die Idee in den Schulen „Mein Kampf“ vorzulesen um damit die Gedankenwelt eines Nazis der Lächerlichkeit preiszugeben, finde ich eine tolle Präventionsarbeit.
    Mit jeden neuen Programm empfand ich ihn unerträglicher. Ich habe den Eindruck, dass er ab einen gewissen Zeitpunkt nur noch um des Provozierens Willen provozierte.
    Die blaue Stunde fand ich zu Beginn an unerträglich und ich bin frustriert, dass er so einen guten Sendeplatz dafür erhält. Meistens möchte ich Sonntagsnachmittag gerne Mal Radio Eins hören und schalte sofort wieder aus, wenn die blaue Stunde läuft. Von mir aus kann er gerne weitersenden. 23 Uhr würde mir da aber besser passen…

  13. Ich hatte ja mal die Hoffnung, dass Küppi euch beide auf ein Bier einlädt, ihr euch aussprecht und einseht, dass ihr beide für die selbe Sache kämpft – nur mit grundverschiedenen Mitteln.
    Die Hoffnung habe ich aufgegeben. Die Algorithmen der soziale Medien scheinen euch immer wieder aufeinander gehetzt zu haben bis sich die Fehde im Hirn manifestiert hat. In soweit muss ich euch Beiden tatsächlich einen Teil eurer Mündigkeit absprechen.

    Serdar liebt diese experimentellen Gratwanderungen. Das es für alles einen geeigneten Zeitpunkt/Ort gibt weiß er auch, aber am Ende des Tages macht er auch mal Fehler. Ob nun unabsichtlich oder zumindestens in Kauf nehmend – gerade in der Kunst muss er diese Freiheit ausüben dürfen aber auch kritisiert werden. Weiter auf Serdars Arbeit gehe ich nicht ein. Kritik an Serdar richte ich an ihn selbst auf seinen Platformen, weshalb ich hier nur noch auf dich ziele niggi.

    Ungerechtfertigt – und mitlerweile auch abartig – ist die Kritik am Rollendasein von Serdar (und allen Künstlern, die sich ständig rechtfertigen müssen Künstler zu sein). Ich beobachte diese Dabatte nun schon sein Jahren und kann gut nachvollziehen warum Serdar keinen Bock mehr hat sich in diesem Punkt ständig selbst erklären zu müssen.

    Der Mechanismus ist mir mittlwerweile gut bekannt:
    1. Künstler begeht in der Rolle einen Tabubruch
    2. Künstler wird vorgeworfen sich hinter der Rolle zu verstecken
    3. Künstler erklärt ausfürlich die Argumente für den Tabubruch in der Rolle
    4. Kritiker setzen sich inhaltlich NICHT mit diesen Argumenten auseinander sondern hauen stumpf weiter drauf oder suchen eine neue Sau

    Differenzieren wäre angebracht, aber das geht ja nicht. Soziale Medien wissen nicht wie das geht und sie erziehen ihre Nutzer dazu nicht mehr differenzieren zu können. Stattdessen immer wieder diese scheiß Empörung. Keine Debatte über Qualität, Sinn oder Kontext der Kunst, sondern willkürliche Empörung. Die Suche nach allgemeingültigen Regeln der Kunst – wann man Tabus brechen kann, ja sogar muss – findet differenziert nur durch die Künstler statt. Die Empörten hingegen argumentieren stumpf, wollen verbiten was ihnen unangenehm ist und merken nicht, dass sie dabei das Verbot jeglicher Ironie fordern.

    Und um den ganzen die Krone aufzusetzen folgt dein Versuch Serdar die Platform zu nehmen. Das zeigt aus meiner Sicht einfach nur deine Frustration über die Person Serdar. Seit Jahren kommst du nicht mit ihm klar und anstatt endlich mal an dir selbst zu arbeiten wählst du den einfachen Weg damit klar zu kommen – alles was du nicht verstehst muss weg. Es macht mich traurig, dass ich meinen Lehrer in diesem Punkt auf sein eigenes faschistoides Handeln hinweisen muss.

    Ich kann dir nur raten dich endlich mal ausgiebig mal mit der Person Serdar auseinanderzusetzen, denn seine Arbeit ist diesen Aufwand wert und was du hier versuchst wird ihm und seinen Verdiensten nicht gerecht.

  14. @DAS_k1ishEe: Mal abgesehen von allem anderen, haben die sozialen Medien wirklich nichts mit dieser Geschichte zu tun. Ich begegne Serdar Somuncu und seinen Äußerungen ziemlich exakt gar nicht in den sozialen Medien. Ich arbeite mich auch nicht regelmäßig an ihm ab, sondern alle paar Jahre mal, meistens wenn er mir in sehr klassischen Medien begegnet. In diesem Fall hab ich einfach am Sonntagnachmittag das Autoradio angehabt.

    Und ebenfalls mal abgesehen von allem anderen bin ich es leid, dass bei Leuten wie ihm immer gleich der böse Cancel-Vorwurf kommt. Das ist natürlich auch sehr clever gemacht, man muss nur in der Sendung rumraunen „uuuuh, ich muss aufpassen, was ich sage, sonst werde ich gecancelt“, so dass jeder, der die absolut legitime Frage stellt, warum ein öffentlich-rechtlicher Radiosender zur wirklich nicht schlechtesten Sendezeit jemandem zwei Stunden für einen irren Monolog zur Verfügung stellt, daraus sofort eine sich selbst erfüllende Prophezeihung macht.

    Ich würde auch, nur mal zum Beispiel, das ZDF fragen, warum man einer dummen Ballermann-Party unter dem Namen „Fernsehgarten“ eine Plattform gibt. Ist das auch faschistoid, das zu fragen? Oder ist es das nur bei Serdar Somuncu, weil er entweder ausspricht, was sich sonst keiner mehr traut oder eine tolle Kunstform entwickelt hat, in der er jemanden spielt, der ausspricht, was sich sonst keiner mehr traut?

    Lustiger Gedanke auch, wir würden beide für dieselbe Sache kämpfen. Ich weiß nicht mal, für welche Sache ich kämpfe, und wofür Serdar Somuncu kämpft, ist mir völlig unklar, weil er sich anscheinend noch nie öffentlich geäußert hat, sondern immer nur seine Kunstfigur, die man auf gar keinen Fall mit ihm verwechseln darf wegen Kunst und so. Mein Tipp aber wäre: Er kämpft vor allem für sich selbst. Oder gegen.

    (Rant zuende)

  15. @Stefan Niggemeier

    Ich habe vor vielen Jahren einen Beitrag von Ihnen auf Ihrem alten Blog gelesen, in dem Sie sich kritisch mit Somuncu auseinandergesetzt haben (der genaue Artikelgegenstand ist mir leider entfallen). Schon damals und seitdem immer mal wieder hatte ich das Gefühl, mindestens einer von uns beiden versteht den Mann grundlegend falsch – und irgendwie hatte ich nicht den Eindruck, selber derjenige zu sein. Ich habe mich irgendwann mal ausführlicher mit Somuncu beschäftigt und dabei durchaus auch Sachen von ihm außerhalb seiner Bühnenauftritte gesehen (spontan fällt mir „Durch die Nacht“ mit ihm und Anne Will ein). Er hat sich schon öfter zu dem geäußert, was er da macht und was er eigentlich bewirken möchte, und es ist mir tatsächlich ein Rätsel, wie man vor diesem Hintergrund denken kann, der vorgetragene Müll gegen alle möglichen Minderheiten entspräche seiner persönlichen Auffassung. Für mich war die Bühnenfigur damals deutlich abgrenzbar, vor allem im Kontrast zu seinen Aussagen über sein Wirken. Dass Ihnen diese Aussagen nach eigenem Bekunden gar nicht bekannt sind und dass Sie so abstruse Geschichten wie die rund um Böhmermann und Polak in einen solchen Kontext stellen, irritiert mich angesichts Ihrer sonstigen (von mir sehr geschätzten) Arbeitsweise nachhaltig. Jetzt kommt aber auch noch ein Aber: Corona und das damit für ihn weitgehende Betätigungsverbot scheinen Somuncu sehr zugesetzt zu haben, und es gab Verlautbarungen von ihm, die eindeutig nicht im Rahmen einer Bühnenrolle getätigt wurden, in denen er seiner Frustration mit sehr viel Raunen Ausdruck verliehen hat. Das sind dann in der Tat nicht mehr handwerklich schlecht gemachte Auftritte, sondern inhaltlich angreifbare Positionen. Und wenn das solche Ausmaße wie in seiner Sendung annimmt, macht das den Eindruck, er hat den Kompass verloren und ein bisschen Besinnung täte ihm ganz gut.

  16. Also, auch wenn ich Böhmermann für oft sehr unlustig halte, bei dem Sketch mit dem Desinfektionsmittel halte ich es für sehr offensichtlich, dass das das Verhalten realer Antisemiten ins Absurde übersteifert darstellen soll, und es daher Satire ist.
    Meinetwegen auch sehr unlustige Satire, aber Lustigkeit ist kein Kriterium.
    Aber auch, wenn ich nicht darüber lachen kann, weiß ich, über wen ich lachen soll.

    Das scheint hier ja nicht so zu sein.

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