Herr Steingart, das Pathos ist schon wieder leer!
Es kommt nicht oft vor, dass man nach dem Betrachten eines Werbefilms denkt: „Mensch, hat da nicht Hitler gefehlt?“
Okay, genau genommen hatte ich mich gefragt: „Mensch, haben da nicht Jesus und Hitler gefehlt?“, aber dann stellte sich heraus, dass ich im Werbefilm von „The Pioneer“ den Jesus bloß übersehen hatte.
„The Pioneer“ ist das neue Medium von Gabor Steingart und Axel Springer, und zum Start seines kostenpflichtigen Angebotes hat das Unternehmen ein knapp zweiminütiges Video produziert, in dem folgende Persönlichkeiten auftreten:
- Hannah Arendt
- Steve Bannon
- Wolf Biermann
- Anne Frank
- Papst Franziskus
- Boris Johnson
- Ayatollah Khomeini
- Martin Luther King
- Helmut Kohl
- Nicolás Maduro
- Karl Marx
- François Mitterand
- Jesus von Nazareth
- Luisa Neubauer
- Barack Obama
- Michelle Obama
- Alexandria Ocasio-Cortez
- Benno Ohnesorg
- Pussy Riot
- Donald Trump
- Alice Weidel
- Malala Yousafzai
- Deniz Yücel
All diese Menschen sowie Bilder von verschiedenen Demonstrationen, Gefangenen in Guantanamo, einem Kämpfer des Islamischen Staates und einem Gorilla illustrieren irgendwie die These, dass es besser wäre, wenn wir die Meinung anderer Leute mehr respektierten.
Man kann es sich nicht vorstellen, wenn man es nicht gesehen hat. Man kann es sich nicht einmal vorstellen, wenn man es gesehen hat.
Andere zählen
„Lasst uns anfangen, die Meinung der anderen zu feiern“, ruft Steingarts Tochter Timea auf Englisch.
Ayatollah Khomeini wird an einer Stelle eingeblendet, an der Steingart (ebenfalls auf Englisch) sagt: „Selbst wenn wir die Meinungen nicht mögen, sollten wir sie auf jeden Fall respektieren.“
Der berühmte Handschlag zwischen Bundeskanzler Helmut Kohl und Frankreichs Präsident François Mitterrand in Verdun 1984 wird an einer Stelle eingeblendet, an der Steingart sagt: „Die Meinungen der anderen sind die stärksten Kräfte des Fortschritts.“
Der IS-Kämpfer wird an einer Stelle eingeblendet, an der Steingart und Steingarts Tochter abwechselnd sagen, die Meinungen anderer seien „verführerisch und gefährlich“, die größere Botschaft aber sei, dass andere zählen und dass ihre Meinungen zählen. (Ja, es ist sehr verwirrend.)
Es ist ein Werk, in dem jeder Sinn vollständig durch Pathos ersetzt wurde.
Es ist unklar, warum es auf Englisch gedreht wurde. Es ist unklar, warum Steingarts Tochter so schreit und gestikuliert. Es ist unklar, was es überhaupt mit dem neuen Medium zu tun hat.
Wobei: Die ersten 13 Sekunden sind tatsächlich ganz passend. Da sagt Steingart, dass wir alle unsere eigene Weltsicht „lieben“, sogar unsere Denkfehler und Missverständnisse, und ich weiß zwar nicht, ob das in dieser Zuspitzung wirklich eine allgemeine menschliche Eigenschaft ist, aber Steingarts Veröffentlichungen strahlen das schon sehr aus.
Jeden Tag verschickt er einen kostenlosen Newsletter namens „Morning Briefing“, der die Nachrichten des Tages ganz im Licht seiner aktuellen Meinung arrangiert. Zu jeder These, und sei sie noch so steil, sammelt er ausschließlich Indizien, die sie bestätigt, und Zeugen, die ihr zustimmen. Es ist kein Für und Wider, es ist ein Für und Für und FÜR UND F Ü R .
Das kann man natürlich machen, und Steingart ist ja nicht der einzige Großjournalist, der das so handhabt und nur passende Belege heraussucht. Aber er macht das noch konsequenter als andere – und vor allem kombiniert er es mit einem Marketing, das das Gegenteil behauptet.
Wortwust und Bilderflut
Die Meinungen der anderen würden von uns als Problem angesehen, dozieren Timea und Gabor Steingart in dem Werbevideo, deshalb würden Kriege geführt, Menschen getötet, Mauern errichtet, Journalisten inhaftiert. Jetzt müssten wir aber mal unser schlechtes Verhalten ändern und, naja, eben anfangen, die Meinungen anderer zu feiern. Drei Sekunden später: Khomeini.
Je genauer man sich diesen Wortwust und diese Bilderflut ansieht, umso rätselhafter wird es. Steingart und Steingart rufen (alle Übersetzungen von mir):
Wir schießen nicht.
Wir streiten.
Wir verhaften nicht.
Wir hören zu.
Wir stimmen nicht zu.
Aber wir tolerieren.
Kleine Zwischenfrage: Wer ist „wir“? Steingart und seine Tochter? Steingart und seine Pioniere? Sollte das nicht eher eine Selbstverständlichkeit sein, dass die nicht schießen und nicht verhaften?
Ganz am Schluss des Films, wenn das Bild sich mit einem Mal Farbe gestattet und Timea Steingart ein zartes Lächeln, wird aufgelöst, dass es ein schönes Wort für all das gebe, was da erklärt wurde: „Demokratie“. Aber die Demokratie kann nicht das „Wir“ sein, das da spricht, denn Demokratien schießen und verhaften durchaus.
Chronische Sprachbildmalsucht
Die Meinungen der anderen seien die Motoren unserer Gesellschaft, heißt es im Werbevideo, und die Formulierung erinnert daran, dass Steingart seit Jahren an einer chronischen und sich gerade dramatisch verschlimmernden Sprachbildmalsucht leidet. An dieser Stelle sind in unmittelbarer, schneller Abfolge Anne Frank, Luisa Neubauer und Alexandria Ocasio-Cortez zu sehen, und wir können alle dankbar sein, dass wir nicht als Hausaufgabe bekommen haben, diese Collage zu interpretieren.
Die Fixierung auf Meinungen ist bemerkenswert. Meinungen werden doppelt absolut gestellt: Sie sind in jedem Fall zu tolerieren und zu respektieren. Und sie sind alles, was es gibt. Handeln spielt irgendwie keine Rolle.
Das ist auch aus medialer Sicht interessant, weil all dieses Bedeutungsgetöse doch irgendwie dazu dienen soll, zahlende Menschen für ein journalistisches Medium zu gewinnen. Und so schön es ist, darin eine interessante Meinung zu finden oder zelebriert zu sehen – so kostengünstig ist „Meinung“ doch im Vergleich zu so etwas wie „Recherche“ zu haben.
Aber vielleicht gibt es zur Recherche nochmal ein Extra-Video, sobald die Weltpathosvorräte wieder einigermaßen aufgefüllt sind.
Aber nochmal zurück zu den Gesellschaftsmotoren.
Gabor Steingart: Und manchmal …
Timea Steingart: … finden unsere Meinungen und die von anderen eine gemeinsame Grundlage.
Im Bild: Martin Luther King, Angela Merkel, Papst Franziskus, Michelle Obama
Timea Steingart: Es ist der Triumph von Toleranz und Respekt über Furcht und Wut. Es ist der Sieg einer Idee, die sogar noch größer ist als das Leben. Es geht nicht um mich, es geht um uns.
Im Bild: Timea Steingart.
Immerhin, die Idee, die größer ist als das Leben, ist offenbar dann doch bloß die Demokratie und nicht etwa das Medien-Startup „The Pioneer“, bei dem man nun zahlender Pionier werden soll.
Zur Illustration der Pioniertums haben Steingarts Leute übrigens einen Aufsteller bauen lassen, in dem man interessante historische Parallelen sehen kann, wenn man will …
Nicht zu vergessen diese in ihrem historischen Ausmaß kaum übertriebene Referenz. pic.twitter.com/tCEJB013Ft
— Sebastian Dalkowski (@dalkowski) May 13, 2020
… was weniger abwegig wäre, wenn die ganze Kommunikation dieses Newsletter- und Podcast-Produzenten nicht auf größtmögliche Selbstüberhöhung angelegt wäre. Vielleicht liegt das in der DNA des Unternehmens.
Ich male mir das so aus, dass Gabor Steingart irgendwann zu Springer-Chef Mathias Döpfner gegangen ist und ihn überzeugt hat, Millionen in das neue Unternehmen zu stecken statt in sowas wie, sagen wir, die „Welt“, indem er es nicht als Schnäppchen, sondern absurd teure Sache verkauft hat. Je mehr es kostete, je absurder es wurde (und dann lassen wir ein eigenes Schiff bauen und fahren damit auf der Spree zwischen Friedrichstraße und Hauptbahnhof hin und her!), desto attraktiver schien die Investition.
Und das Geheimnis ist: Pathos. Die Aufladung des eigenen Tuns mit sinnloser Bedeutung.
Wenn es nicht so albern wäre, wäre es genial.
Nachtrag, 17. Mai. Der Werbefilm ist die leicht veränderte Neuauflage eines Videos, das Timea und Gabor Steingart vor zwei Jahren veröffentlicht haben. Damals endete es damit, dass Timea die Zuschauerinnen und Zuschauer aufforderte: „Try Daddy’s Morning Briefing“.
#FreedomOfSpeech is not a gift, but a responsibility. Listen what my daughter Timea has to say. #democracy #trump #worldwomensday #TheOpinionOfOthers pic.twitter.com/3vlfp5JVPR
— Gabor Steingart (@gaborsteingart) March 9, 2018
Ich frage mich gerade, wer sich mehr beschweren würde (wenn sie es denn könnten), diejenigen, die in dem Video auftreten durften oder die, die nicht auftreten durften.
Timea Steingart erinnert mich an den 1984 Overlord
Ich kann mir vorstellen wie Richard Gujahr ungläubig vor seinem Laptop sitzt, das Video guckt und sich denkt ‚Scheiße, auf was habe ich mich da eingelassen‘.
Ich habe Hitler auch nicht gefunden, aber das liegt daran, dass Hitler unsichtbar doch vorhanden ist.
Deutsche Demokratie ist ohne Hitler nicht denkbar.
Deutsche Presse ist nicht ohne Hitler denkbar.
Deutsche Filme in schwarz-weiß assoziieren Hitler immer mit.
Wer was anderes behauptet, hat Hitler bloß vergessen und sollte sich schämen! Niemals vergessen!
Ich weiß es, ich weiß es: Weil sonst der Schwachsinn für alle offen zutage läge. Alles klingt besser im Ohr der Zielgruppe, wenn es Englisch ist. Vgl. „Come in and find out!“
Das weiß ich auch nicht. Sie wirkt, als wolle sie dem Zuschauer eine scheuern. Timeo Timea et dona ferentem.
Ich hab‘ da doch jetzt tatsächlich zweimal hintereinander „Wortwurst“ gelesen…
Das Video hat vor allem eins nicht: eine Idee. Ein reines Bildergeflacker mit Worthülsen, ohne jeglichen Humor oder gar Selbstironie. Das ist seit zehn Jahren nicht mehr state of the art.
Aber wenn man schon eine derartige Opulenz zelebrieren will, sollte man nicht den Sprecher (Gabor Steingart) in eine Heimwerker-Sprecherkabine stecken. Der Sound wirkt billig.
Sehr guter und pointierter Kommentar!
Anmerkungen:
– „Sprachbildmalsucht“ hat auch Sascha Lobo, der in seinen Kolumnen gerne ein Wort erfindet, um einen Gegenstand treffend zu bezeichnen. Nun ist Lobo sicher klüger in seinen Analysen als Steingart. Aber man sollte die Verschwurbelung nicht per se verurteilen. Sie lehnen ja im Kern allem seine steilen Thesen ab. Zugegeben verhebt sich Steingart oft in zu schiefen Vergleichen.
– Auch wenn es oft so beschrieben wird: Sollte man das historische Händehalten (nebeneinander stehend) von Kohl und Mitterand in Verdun als „Handschlag“ bezeichnen? Besser nicht, da es die Situation nicht trifft.
– Der Einstieg in Ihren Kommentar ist ihnen sehr gelungen. Sie nutzen in den ersten zwei Absätzen das Stilmittel wie auch Jan Fleischhauer: Die ironisch-rhetorische Selbstwahrnehmung. Mir gefällt es.
Ich erinnere mich an ein Morning Briefing vom 4. März 2010:
>Fazit: (…) Im kommenden Winter werden sich die meisten Teilnehmer dieses Angstseminars kaum mehr an ihr Coronafieber erinnern – und falls doch, dann mit einem Schmunzeln.<
https://www.gaborsteingart.com/newsletter-morning-briefing/medien-im-corona-fieber/?wp-nocache=true
Nun …
Und ich erinnere mich noch an eines seiner Bücher, das Deutschland den wirtschaftlichen Untergang vorhersagte – nicht wegen Corona, damals war das China. Ja …
Und auf solche Analysen soll ich jetzt was geben? Bzw. dafür soll ich jetzt was geben? Nun ja …
@ FPS (#7):
Das Schlimmste am Ton ist der grauslige Musikteppich. Tochter Steingart klingt eigentlich ganz sauber, aber beide hatten keinen Poppschutz, und Papa Steingart ist definitiv totkomprimiert. Klingt zumindest bei ihm nach einem YouTube-Tutorial á la „Wie pimpe ich meine Stimme auf Radio-Moderator“: Kompressor auf, bis es dröhnt.
Lustig: Die lassen sich ein ganzes Schiff bauen, das keinen anderen Zweck erfüllt als Protzerei – aber für das Image-Video gab es weder Kamerateam noch Tonstudio, sondern nur Heimarbeit und Archivbilder. #WarumBrülltTimea #GaborIstDoof
Ein Blick auf die Homepage von PioneerMedia lohnt sich auch. Erzeugt eine sehr ähnliches Kopfschütteln. Es erinnert mich an stark an das typisch selbstherrliche Gepreise von Investmentfonds-Webseiten (hab lange Jahre in der Branche gearbeitet). Diese Texte zu den „Headshots“ des „Teams“. Und dann das Angepreise von den Abonnenten und Downloadzahlen des Morning Briefings. Hat alles so einen verkäuferischen, prätentiösen und eitlen Touch. Allein dieses Gruppenfoto und wie Steingart und die Projektchefin da posieren… Kannste Dir wirklich nicht ausdenken, ist aber in gewissen Teilen der Wirtschaft auch nicht unüblich. Aber Journalismus, der so daher kommt, diskreditiert sich.
Also ich fands gut,also das Video! Ich bin Überzeugt worden.Ich weiß zwar nicht von was aber ich bin jetzt überzeugt…
Ehrlich gesagt:
Gott, war das ne schnulzige Schiete.Michael Bumbum Bay auf Intellectual!
Bin mal gespannt ob the pioneer auch mit Satire (also Realsatire problemlos),Glossen oder Karikaturen aufwarten kann…
Vielleicht was Leichtes von Peter Handke,Heidegger parodierent!
Ein Alarmsignal für alle, die ebenfalls Paycontent anbieten, aber wesentlich seriöser, sachlicher, distanzierter daherkommen wollen; und dabei ganz ohne Pathos, auch ohne Ironie auskommen (müssen).
Eigentlich spiegelbildlich beinahe das, was auch die ÖR’s anbieten, nur eben nicht so eng geframed; mehr plakative Toleranz denn Erziehung anbietend. Und im Gegensatz zu eben diesen „Öffentlich-Rechtlichen“ kann man frei entscheiden, dafür zu zahlen.
Und englisch sollte für Globalisten anstelle Nationalisten doch kein Thema, kein Problem sein, oder?
Go ahead Gabor, go ahead Timea; und bei letzterer scheint noch viel mehr, viel jüngeres, ganz andere Zielgruppen anziehendes Potential vorhanden.
„Ein Alarmsignal für alle, die ebenfalls Paycontent anbieten, aber wesentlich seriöser, sachlicher, distanzierter daherkommen wollen; und dabei ganz ohne Pathos, auch ohne Ironie auskommen (müssen).
…
Go ahead Gabor, go ahead Timea. …“
Interessante Betrachtungsweise. Im Grunde genommen sagen Sie, dass Paycontent wesentlich schlechter funktioniert, wenn man seriös, sachlich und distanziert ist und keinen Pathos an den Tag legt. Gleichzeitig unterstellen sie dem (mutmaßlich) pathetischen Angebot von Steingart weniger Seriosität, Sachlichkeit und Distanz und wünschen den Beiden mit dem ihrer Meinung nach überlegenen Konzept alles Gute, denn bei allen, die es nicht so machen, müssten nun die Alarmsignale läuten.
Im Grunde genommen ist ihr Statement eine schriftlich verfasste Bankrotterklärung an die Art von Journalismus, die sich in der aufmerksamkeisökonomischen Falle befindet. Nichts weiter.
(@Alex #14)
Die, wie Sie sagen, aufmerksamkeisökonomischen Falle sollte man schon näher betrachten; insbesondere, warum es sie gibt.
Meine Interpretation ist -lasse mich da gern neurechts schubladisieren- die mittlerweile offen erkennbare, auswechselbare, systemfromme Gleichförmigkeit der Berichterstattung in den herkömmlichen Medien.
Sprich: man hat sich in der platon’schen Höhle eingerichtet.
Der menschliche Intellekt braucht kontroverses Futter; und das ist heute primär bis ausschließlich bei den alternativen Medien jedweder Couleur zu finden. Steingart zähle ich nicht dazu, aber er hat die gewisse Leerstelle möglicherweise erkannt.
Springer in seinem Engagement wohl ebenfalls …
Das Video, dass im Header von mediapioneer.com eingebettet ist, ist „nicht verfügbar“. ; )
Ach, „Ebertus“,
was nun soll „systemfromm“ bedeuten? Welches System, welches Gebilde schwebt Ihnen da denn vor? (Sokrates: „Der Beginn der Weisheit ist die Definition der Begriffe“). Aus meiner Sicht gibt es nur eine Gemeinsamkeit aller herkömmlichen Medien: man achtet die freiheitlich-demokratische Grundordnung, das parlamentarisch-demokratische System. Ansonsten herrscht da sehr viel Kontroverse am Kiosk. Zwischen FAZ und Süddeutsche, zwischen „Welt“ und „Monitor“ liegen doch Welten.
Die von Ihnen als „alternative Medien“ bezeichneten Publikationen hingegen zeichnen sich überwiegend dadurch aus, dass sie unseriös auftreten. Sie sind auch (Achgut, Tichy etc.) ziemlich gleichförmig und austauschbar. Stichworte sind: die böse Merkel, der Klimawahn usw. Jedes Thema wird mit ordentlichem Furor behandelt, nicht einmal in der Intensität des Furors sind da noch groß Unterschiede zu erkennen. Akteure dieser „alternativen Medien“ lassen meist wenig Widerspruch zu, ihre Sicht der Dinge ist bevorzugt schwarzweiß. Das Höhlengleichnis ließe sich also hier mindestens ebenso so gut anwenden.
Ich glaube – wie Sie – nicht, dass Gabor Steingart stolz darauf wäre, dieser Abteilung zugerechnet zu werden. Ich weiß nicht, ob die Bezeichnung „neurechts“ auf Sie zutrifft. Dafür müsste man mehr von Ihnen erfahren als die inhaltlich ziemlich dürftigen Beiträge, die Sie bislang abgeliefert haben. Mehr als nur die üblichen Sprüche, die man seit ein paar Jahren immer weder irgendwo liest. Seien Sie doch gern mal etwas kreativer, bereichern Sie den Diskurs.
(@FPS #16)
Von mir „mehr erfahren“ möchten Sie? Off Topic? Hier geht es um Medien, denke ich.
Und was sonst noch so mein Gemüt bewegt, das schreibe ich seit fast einem Jahr auf der eigenen Website nieder; hier im Kommentarkopf unter meinem Nicknamen verlinkt. Ohne Paywall natürlich und sogar mit Kommentarfunktion.
Aber vorsicht, das Narrenschiff von Reinhard Mey ist da nicht weit, holt nicht nur Verschwörungstheorie, auch und gerade Realsatire die ablaufende Realität immer mehr ein.
Ansonsten Danke für die Darlegung ihres medialen Horizonts anhand verschiedener Beispiele, wäre dies hier zu diskutieren nun wirklich OT.
Nachdem ich seit einer Woche den neuen, bedrohlichen Jingle des Morning Briefing Podcasts höre, habe ich jetzt gerade zum ersten Mal das Logo gesehen und bin schockiert von dieser Wordmarke. Was ist das denn bitte? War das Budget alle und der Praktikant musste noch schnell was in Wort fertig machen?
Ich erkenne die Anklänge, die im bestimmten Artikel enthalten sein wollen, aber der Rest… Ein bisschen viel Instagram, ein bisschen viel amerikanischer Entertainment sender, ein bisschen viel Kontrast zum „the“.
Mag jetzt im Vergleich zum Rest nebensächlich sein, aber mich triggert’s.
@17
Habe mir gerade Ihre Seite angeschaut und erwarte nichts mehr. Die Vermutung, der Schlägertrupp von Berlin (dessen Motivation Ihnen als Kriminologe ja bereits bekannt zu sein scheint) habe ein siebenköpfiges Kamerateam mitsamt teurer professioneller Ausrüstung irrtümlich für eine Delegation von KenFM oder Russia Today gehalten, ist irgendwie ja auch ein kreativer Gedankengang, ebenso der Vergleich von Polizeiarbeit heute mit den Verhaftungen durch Nazis früher. Sie sollten mehr hören von Reinhard Mey.
Welche neue Zielgruppe Timea Steingart anlocken soll, wie Ebertus vermutet, ist mir gänzlich unklar. Ich musste bei Sprechweise und Gestik unwillkürlich an Tomi Lahren denken, und ihr Äquivalent braucht die hiesige Medienwelt nun wirklich nicht.
Und Gabor Steingarts Englisch klingt wie das von Johan van der Smut/Goldmember, Bösewicht im Austin Powers-Film – auch das nicht unbedingt vorteilhaft…
(@MR RE #21)
Natürlich, außer dem „Jungsein“ und dem erkennbar vor der Kamera „eine Rolle spielen“ zu können ist das meine ganz eigene Spekulation.
Aber es täte der liberalen bis linken Medienwelt gut, ein junges, engagiertes und unverbrauchtes, ideologisch nicht eingemauertes Gesicht präsentieren zu können, diesen Bereich nicht auch noch den eher konservativen bis neurechten Alternativmedien überlassen zu müssen; so mein unmaßgeblicher Eindruck.
Vielleicht ist das mal ein Thema (für @samelou?) „Töchter als Marken-Botschafter für alte Männer“. Trump. Steingart.
@Ebertus:
Ihre Wahrnehmung ist höchst selektiv. Was Sie aus ihrer ideologisch eingemauerten Ecke als „linke“ und „liberale“ Medien wahrnehmen, ist bereits voll von „jungen Gesichtern“, allen voran die unter anderem auch hier publizierende Samira al Ouassil, an deren Substanz Timea erst einmal herankommen muss. Außer Sie finden, dass Substanz in einer scheinbar von aufmerksamkeitsökonomie dominierten Welt (die sie ja nach eigenen Angaben goutieren) nichts zu suchen hat und meinen mit „Gesicht“ nur ebendieses Äußerliche, dann muss ich gestehen, dass auch hier Samira die Nase vorne haben dürfte. ;-)
Und ansonsten: Ihre bisherigen Auslassungen sind der Analyse nicht Wert, denn Sie verstehen scheinbar nicht einmal die einfachsten Dinge.
Nun, Steingart ist halt Sprachrohr einer Gruppe von Leuten die so stolz auf ihr eigene Meinung sind wie ein 3-jähriger auf seinen ersten erfolgreichen , alleine bewältigten Stuhlgang. Da müssen alle gucken kommen und applaudieren und wehe man spült es runter.
Natürlich bedient er jene Gruppe und flüstert bzw. schreit ein dass Widerspruch oder Kritik einer Meinung quasi Intoleranz ist, man kann nur hoffen dass die trotzdem noch erwachsen werden.
„ein junges, engagiertes und unverbrauchtes, ideologisch nicht eingemauertes Gesicht präsentieren zu können“
Alternativ könnte man ja auch einen talentierten, selbstständigen und ergebnisoffenen Menschen „präsentieren“.
Aber das scheint mir auch schon des Pudels Kern zu sein: Die Steigart Tochter ist optisch ansprechend und das reicht der Zielgruppe anscheinend auch schon. Kenne da noch weitere Beispiele.
Warum sehen konservative junge Bloggerinnen wohl immer überdurchschnittlich sexy aus? Hat das evtl. was mit der Zielgruppe zu tun? Hätte eine „konservative Greta“ in dem Millieu die gleichen Chancen? Ist das ein inhärenter unterschied zwischen „links“ und „rechts“?
(Rhetorische Fragen sind kein schönes Stilmittel, ich weiß)
Ach, es gibt bestimmt auch unterdurchschnittliche konservative junge Bloggerinnen.
Die stellen einfach seltener ihre Fotos online.
Wo wir bei lustigen Wortspielen auf Latein waren: Timeo Timea, et pulchra entem
(@ANDERER MAX #24)
„Rhetorische Fragen“ sind schon ok, soweit sie ohne Zuweisungen ad personam auskommen. Aber das Persönliche hatte ich -zugegeben- doch vielleicht etwas getriggert.
Inhaltlich, meinem Hang zu Realsatire nahekommend, über die von Ihnen erwähnte Greta hinaus und als Vergleich vielleicht zum Projekt von Gabor Steingart und seiner Tochter die folgenden Gedanken:
Als alter Linker schaue ich auch heute noch manchmal in die online-taz, halte vieles mittlerweile für Satire, für Esoterik, für gar massiv eingemauerte Ideologie.
Offiziell wohl Satire dort sind die Beiträge von Hengameh Yaghoobifarah, insbesondere vom Inhaltlichen her hier ein Paradebeispiel:
https://taz.de/Kolumne-Habibitus/!5453932/
Beinahe ergiebiger noch als dieser Text ist der Kommentarstrang darunter, ist manchen altgedienten taz’lern das Ganze wohl dann doch etwas zu oversized …
Kurzer Hinweis: in der Auflistung oben steht Barack statt Michelle Obama. Später im Text ist es korrekt.
Aber Barack ist auch drin!
Nagut, übersehen, ganz kurz an der Seite von Malala. Entschuldigung! Dabei hatte ich schon extra 2mal geschaut. Gleichwohl hätte man sie in die Liste mit aufnehmen können.
Ja, das stimmt.
@28: Sie habe Ideologie in der Taz gefunden? Ich bin schockiert.
Mir deucht, Sie haben meinen (hochspekulativen) Standpunkt nicht verstanden: Nur geile Schnitten können bei alten Säcken punkten. Das liegt am inhärenten Frauenbild der konservativen Medienhäuser. Deshalb hätte eine „konservative Greta“ keine Chance, egal wie sehr sie den Männern in Führungspositionen hinten rein kriecht. Ich würde das „inhärenten konservativen Sexismus“ nennen. Inhärent, weil da ein altes Frauenbild konserviert werden soll.
Wie gesagt, alles nur Spekulation.
PS: Die „Realsatire“ von Mycroft fand‘ ich deutlich lustiger.
(@ANDERER MAX #33)
Mal diesseits des von Ihnen offensichtlich gern thematisierten Sexismus, eher wieder zum Kern des Artikels hier.
Ob das Steingart-Projekt die im Werbevideo kolportierten hehren Ziele an Toleranz und Bandbreite wirklich erfüllen wird, das sei mal dahingestellt, liegt das Ergebnis dann sicher auch im Auge des Betrachters.
Vor einigen Monaten gab es hier einen Artikel nebst Diskussion zum Mediaprojekt „Buzzard“, ebenfalls Paycontent. Die in ersten Experimenten gelebte Bandbreite rief dann wohl gleich einige Sponsorn auf den Plan, die mit Absprung drohten. Keine Ahnung, ob überhaupt und mit welchem betriebswirtschaftlich darstellbaren Erfolg das Teil nun noch lebt.
Bei Steingart und Döpfner wird und braucht es mit Sicherheit kein Betteln um Sponsorengelder, steckt da eine ganz andere und sehr zentrierte monetäre Substanz dahinter;
sind meiner Meinung nach eher Konservative durchaus offen für breites Denken, war Frank Schirrmacher dafür nicht das schlechteste Beispiel.
Da ist ein Unterschied zwischen breit und beliebig, der vielen nicht bewusst ist. Und nicht alles, was man äußert, ist darum schon ein Gedanke.
Na dann viel Spaß bei der pluralistischen Diskussion mit sich selbst!
Mit Timea wollte man wohl einen Gegenpol zu Greta und Malala „kreieren“!
Obwohl jemand mit Tourette-Syndrom…
wäre innovativ, integrierend aber nicht mit einen Konservativen Weltbild vereinbar gewesen,oder?!
Neben der restlichen, vollkommen berechtigten Kritik haben Sie in Ihrem Kommentar zwei Aspekte (höflichwerweise?) ausgelassen. Warum auf Englisch drehen, wenn die man die Sprache nicht wirklich kann? Vor allem der Akzent des Vaters ist nicht gerade vertrauenserweckend. Die Tonaufnahmen sind auch, nun ja….
Und warum mit Podcasts den Hörfunkjournalisten geben, wenn man das dafür erforderliche Sprechen nicht beherrscht? Merkt Herr Steingart nicht, wie er mit seinem hybrisgesättigten Singsang rüberkommt? Beides, Akzent und Arroganz, sind schwer zu ertragen.
Und übrigens: Im Marketing nennt man ein solches inhaltsleeres Bildergeflacker auch „Produktporno“.
Es ist seltsam. Ich muss nur lesen ,Niggemeier schreibt über Steingart‘ – und schon weiß ich, dass es ein Verriss wird. Und auch, dass die meisten Kommentare ihm huldigen werden (dem Verriss, nicht Steingart). Hat irgendwie etwas von einer Glaubensgemeinschaft.
Herr Beinhart ist nebenbei auch Bezahl-Journalist für die Start- und Logout-Seiten bei GMX Mail geworden, und schreibt dort als Sinnbefreiter sinnbefreites Bla Bla Bla aus dem Nirgendwo.
Er folgt einer Tradition des geistig-inhaltlichen Abstiegs, wie z. B. auch Herr Fleischhauer, die mit dem Credo funktioniert: „Ich kämpfe gerne unter jeder Flagge – was zahlen Sie?“
Warum nur werden Schreiber, Wortmelder, ggf. Medien-Schaffende, auf dem Wege ihrer Laufbahn gegen Ende immer schlechter, lauter und unintelligenter? Was läuft da bloß schief?
Markenzeichen: Dümmliches Halbwissen-Grinsen bei jeder Gelegenheit, wo man vor eine Kamera zum daher schwafeln darf.
Gesellschaftliche, intellektuelle Relevanz: Unter 10 – auf einer Skala bis 100. Also unterirdisch.
Haggi,
ich schenk dir ein M vorneweg. Vielleicht kommt so mal etwas Würze hinein, wenn schon Inhalt zur Nebensache geworden ist.
Pathos ist in Ordnung, aber das ist Kitsch.
Seit Greta und Kony schauert es mich da leise. Wie leicht man das Hirn der Menschen wegblasen kann. Bei Bannons Film eine ganz ähnliche Technik.
Darum ist die Kritik an Poppschutz auch beschissen. Weil sie nur die mangelnde Professionalität des Werks rüffelt, nicht den Kitsch.
@Thomas Brand: Ohne den Namenswitz am Anfang läse sich die Kritik überzeugender.
Warum nicht mal ein Video mit Gabor Steingart, Til Schweiger und ihren diversen Töchtern? Das wäre doch was. Noch gruseliger nämlich.
Muss es auf Englisch nicht heißen:
Listen to what my daughter has to say
?
Hitler hat wirklich gefehlt. Und Stalin. Und Pol Pot. Wenn wir schon ALLE Meinungen tolerieren, gar respektieren sollen, dann doch gewiss auch diese. Und was ist mit Naidoo?
Ich kann nur sagen: Herr und Frau Steingart tun nur so, als ob sie sich was trauen.
Und glücklicherweise: „Demokratien verhaften und schießen durchaus.“
Danke, SN, für diesen Schwurbeleiverriss.