Corona-Kronzeuge

Hört mir auf mit Schweden!

Die „Bild“ hat eine eigene Rubrik eingeführt: „Und wie geht‘s Schweden?“

Da steht beispielsweise, dass es in Schweden „immer weniger Neuinfektionen“ gebe (5. Mai), dass Schweden besser dastünde als Spanien oder Italien, „obwohl dort wochenlang Ausgangssperren galten“ (7. Mai), dass die Zahl der Neuinfektionen leicht zurückgehe (9. Mai), dass Schweden jetzt auch die Maskenpflicht diskutiere (6. Mai), dass es in Schweden keine Mundschutzpflicht für Pflegekräfte gebe (8. Mai) und dass in Schweden „wieder vermehrt Kultur-Veranstaltungen mit Publikum“ (11. Mai) stattfänden:

Ausriss aus der Bild vom 12. Mai zu Konzerten in Schweden

„Im Mai werden u.a. Burlesque-Star Dita von Teese (47) und Sänger Randy Newman (76) Auftritte in Stockholm absolvieren. Ein Künstler jedoch sticht besonders hervor: Black-Sabbath-Gründer Tony Iommi … will trotz schwerer Krebserkankung am 15. Mai im „Lilla Cirkus“ in Stockholm spielen.“

Das Konzert von Tony Iommi wurde mittlerweile verschoben, Randy Newmans Konzert wurde bereits am 27. April abgesagt, und dass für Dita von Teeses Auftritt ein neuer Termin gesucht wird, steht seit 31. März auf ihrer Facebook-Seite.

Das Land der aufgehenden Bars und Kitas

Die Absagen und Verschiebungen verwundern wenig, sind doch in Schweden Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen untersagt. Hätte man wissen können, gerade wenn man nahezu jeden Tag eine Rubrik mit dem Titel „Und wie geht‘s Schweden?“ füllt, aber: Was tut man nicht alles für eine gute Meldung aus dem Land der aufgehenden Bars, Kitas und Schulen?

Doch nicht nur bei „Bild“ auch in der „Welt“ wird der schwedische Weg gepriesen: „Warum Deutschlands Lockdown falsch ist – und Schweden vieles besser macht“, schreibt Stefan Homburg dort:

„Das Coronavirus wurde ohne Schaden für Grundrechte und Arbeitsplätze erfolgreich eingedämmt.“

Jakob Augstein sieht Schweden gar auf einem Weg, den das Land bis 2022 weitergehen könne.

Schweden, der perfekte Kronzeuge

Schweden ist in der Corona-Pandemie und den Diskussionen um sinnvolle oder blödsinnige oder wirtschaftsfreundliche oder wirtschaftsfeindliche Maßnahmen zu einer Chiffre geworden für: Es geht auch anders, ohne allzu große Einschränkungen.

Und in dem Prozess, die hiesigen Maßnahmen als falsch oder überzogen darzustellen, ist Schweden der vermeintlich perfekte Kronzeuge: modern, demokratisch, weltoffen, sozial, solidarisch, mit striktem Tempolimit und Unisex-Toiletten, nicht dazu neigend, grundlos aus der internationalen Gemeinschaft auszuscheren. Ein Vorbild. Ein liberaler Leuchtturm im Meer vermeintlich obrigkeitshöriger anderer Staaten. Kurzum: ein besser Zeuge als Weißrussland.

Mit dem Fingerzeig auf das größte skandinavische Land soll viel zu häufig nur die eigene Meinung legitimiert werden. Ein „Die Schweden machen es auch so“ zieht halt mehr als ein schlichtes „Meine Meinung“.

Probleme in Altersheimen

Die bisherige Bilanz spricht allerdings nicht unbedingt für die Schweden:

  • Schweden hat trotz guter Voraussetzungen (reiches Land, vergleichsweise gutes Gesundheitssystem, dünn besiedelt, viele Single-Haushalte) mit 2.700 Infektionen pro eine Million Einwohner relativ viele Corona-Fälle …
Covid-19-Fälle in Skandinavien und Deutschland
  • … und (wieder pro eine Million Einwohner) viele Covid-19-Todesfälle.
Covid-19-Tote in Skandinavien und Deutschland
  • Gerade im so wichtigen Vergleich mit den anderen skandinavischen Ländern Dänemark, Norwegen und Finland sind die Zahlen Schwedens im Moment deutlich schlechter.
  • Besonders in Altersheimen steckten sich in Schweden viele Menschen an und starben auch an oder mit Corona. Der Chef der schwedischen Volksgesundheits-Behörde Johan Carlson sagte im „Spiegel“:

„Die schwedischen Pflegeheime waren tatsächlich nicht gut vorbereitet. Die Ausbildung der Mitarbeiter war mangelhaft, Schutzmaterial fehlte“

Da lang? Oder da lang?

Man kann geteilter Meinung sein, ob der schwedische Weg der bessere oder der schlechtere ist. Seit den Lockerungen hierzulande ähneln sich die Maßnahmen sowieso immer stärker – obwohl es natürlich einen Unterschied macht, ob vorher die Kurve durch strengere Richtlinien gedrückt wurde. Die Ziele waren sowieso von Beginn an nahezu identisch.

Das sagt auch der Chef-Epidemiologe der Volksgesundheitsbehörde Anders Tegnell:

„I think it has been overstated how unique the approach is. As in many other countries, we aim to flatten the curve, slowing down the spread as much as possible — otherwise the health-care system and society are at risk of collapse.“

(„Ich glaube, es wurde übertrieben dargestellt, wie einzigartig unsere Herangehensweise ist. Wie in vielen anderen Ländern versuchen wir die Kurve abzuflachen, die Ausbreitung so weit wie möglich zu verlangsamen – weil sonst die Gefahr besteht, dass das Gesundheitssystem und die Gesellschaft zusammenbrechen.“)

Überraschend hohe Todesrate

Tegnell verweist immer wieder auf den langfristigeren und ganzheitlichen Ansatz, wie wichtig geöffnete Schulen für das Wohlbefinden der Kinder seien oder wie wichtig der Joberhalt für die Erwachsenen. Aber auch ihn hat die hohe Todesrate in Schweden überrascht, wie er in der „Daily Show“ freimütig zugab.

Abgerechnet wird in zwei oder drei Jahren. Dann, in der Rückschau, kann beurteilt werden, ob der eher sanfte Tritt auf die Bremse der richtige war oder ob das harte Abbremsen und langsame Lösen den möglichen Crash besser verhindern konnte – oder ob alle gleich gut zum Stehen gekommen sind.

Deshalb ist es natürlich genauso fragwürdig, wenn Karl Lauterbach bei „Maischberger“ den Schwedinnen und Schweden vorwirft, dass sie „unverantwortlich“ handeln würden, ihnen ein „erbärmliches Ergebnis“ attestiert und sagt:

„Grob gesprochen werden dort sehr viele ältere Menschen geopfert, damit man die Cafés nicht zumachen muss.“

Genauer hinschauen

Nicht falsch verstehen: Der Blick auf und in andere Länder ist mit Sicherheit hilfreich: Wie machen die das? Was läuft gut? Was läuft schlecht? Welche Methoden waren und sind vielversprechend? Wir wären ja bescheuert, wenn wir nicht voneinander lernen würden.

Aber: Dann müssen wir genauer hinschauen. Doch Grautöne gehen bei der Schwarz-Weiß-Malerei (Schweden alles offen, Deutschland im imaginierten „Lockdown“) allzu häufig verloren.

Und was mit Sicherheit nicht hilft, ist, sich Geschichten aus den Fingern zu saugen, um das Bild von einem Land zu entwerfen, in dem noch immer alle fröhlich zu Konzerten gingen.

31 Kommentare

  1. Ich wollte schon einen ätzenden Kommentar darüber verfassen, wie gut es sei, dass die BILD aufspringe, dann könne man ja bei Übermedien ohne weitere inhaltliche Auseinandersetzung die Gegenposition einnehmen.

    Aber dann bekommt diese inhaltliche Auseinandersetzung doch noch etwas Raum, und dafür herzlichen Dank. Man könnte – da relativ viel Platz aufgewendet wird, um die Übertreibungen von BILD zu relativieren – vielleicht noch angeben, dass Schweden bzgl. der auf die Einwohnerzahl gerechneten Toten andererseits weit hinter z.B. dem etwa gleichgroßen Belgien (umfassender, früher Lockdown) liegt, um das wichtige Bild stärker zu transportieren, dass man momentan in keine Richtung eine annähernd abschließende Bewertung vornehmen kann.

  2. @1: Die Frage ist allerdings, ob Belgien so ein guter Vergleich ist. Dort werden z.B. auch sog. vermutete Fälle in Altersheimen gezählt, und der Anteil an +65jährigen in eben diesen ist in Belgien vergleichsweise hoch (siehe z.B. hier: https://www.bbc.com/news/world-europe-52491210 oder auch bei Politico vom 19.4.). Das System soll so für mehr Transparenz sorgen, Infektionsherde in Altersheimen schneller sichtbar machen und verhindern, dass ein Undercount entsteht. Das kann man sinnvoll finden oder nicht, die Zahlen macht es dadurch aber schwerlich mit Schweden vergleichbar.

  3. Diese ganze Vergleicherei ist doch eh Quatsch.
    Belgien hat etwa die gleiche Einwohnerzahl wie Schweden auf weniger als 10% der Fläche. Deutschland ist annähernd gleich groß, wie Schweden aber hat 8x so viel EW. Schweden hat beispielsweise auch den größten Anteil an Single-Haushalten in Europa. In meinen Augen kann man schon an solche demografischen Zahlen sehen, dass kein Land wie ein anderes ist. Die Zahl der Variablen in diesen Rechnungen ist viel höher, als man denkt. Zudem wissen wir noch viel zu wenig über das Virus.

  4. @ Illen (#1):

    Schweden hat zwar ähnlich viele Einwohner wie Belgien, aber eine sehr viel geringere Bevölkerungsdichte (25 gegebenüber 374 Personen pro Quadratkilometer). Das könnte sich günstig auf die Reproduktionsrate auswirken.

    Aber Sie und der Artikel haben schon recht: Was wie und warum auf welche Art gewirkt hat, wird vermutlich lange erforscht werden müssen. Vielleicht erfahren wir es nie.

  5. Danke!
    Wie sie schreiben ist ein abschließendes Urteil erst in 2-3 Jahren möglich, wenn wir vermutlich weitere Covid-19 Wellen hinter uns haben. Diese könnten Schweden milder treffen, wenn aktuelle Berechnungen stimmen wonach Stockholm bereits im Juni Herdenimmunität erreicht hat.

    Zu Belgien: Schweden zählt genauso. Auch hier werden alle Fälle aus Pflegeheimen gezählt, bei denen Covid-19 vermutet wird. Also ist nicht ganz unerheblich, dass in Belgien und in anderen Lockdown Ländern deutlich mehr Todesfälle zu verzeichnen sind.

    Warten wir die nächsten Jahre ab, dann wissen wir mehr.

  6. Na gut. Schweden hat nicht hingehauen. Vielleicht sollte BILD die Rubrik »Wie geht’s Tschetschenien?« eröffnen. Dieses Land reagiert vorbildlich auf die Krise. 0 Infektionen!

    Um diesen Traumwert zu erzielen, muss man einfach nur jeden Corona-Erkrankten zum Terroristen erklären. Schwupps, schon haben alle nur Schnupfen.

  7. „Gerade im so wichtigen Vergleich mit den anderen skandinavischen Ländern Dänemark, Norwegen und Finland sind die Zahlen Schwedens im Moment deutlich schlechter.“

    Blöde Frage: Wieso ist gerade der Vergleich so wichtig?

  8. Frederic – es gibt ja grundsätzlich keine blöden Fragen ;-)

    ‚Wichtig‘ war hier vermutlich so gemeint, dass das ein Vergleich ist, bei dem am ehesten Länder ähnlicher Struktur verglichen werden. Insbesondere was die Einwohnerdichte angeht.
    Denn Länder, die ‚Social Distancing‘ quasi als Normalzustand haben, sollten eine solche Epidemie schon per se besser überstehen als Länder mit sehr hoher Einwohnerdichte.

  9. @ Frederic Servatius (#5):

    „So wichtiger Vergleich“ ist eine etwas dramatische Formulierung, aber die skandivanischen Staaten ähneln einander in vielen Aspekten. Und die Auswirkungen unterschiedlicher Corona-Strategien lassen sich am besten im Vergleich zwischen Staaten untersuchen, die sich sonst möglich ähneln. Dass das wichtig ist, leuchtet mir ein.

  10. Okay, jetzt ist Frederic plötzlich #7, nicht mehr #5. Passiert öfter, was den Bezug auf Beiträge schwierig macht. Dann erscheinen plötzlich drei ältere Antworten, die vorher nicht sichtbar waren, und machen die eigene Antwort redundant. Und schließlich machen simple Sicherheits-Plugins im Browser das Lesen hier unmöglich.

    Liebe Herausgeber, kümmert Euch bitte mal darum, solche Schwächen abzustellen. Jedes sehr viel komplexere Forum bekommt das hin, warum klappt das hier nicht? (Sorry für die schlechte Laune, aber es nervt.)

  11. Ein interessanter Aspekt an Schweden ist, dass die Kurven dort nicht deutlich abflachen, aber auch nicht exponentiell wachsen, sondern ziemlich linear steigen in den letzten Wochen. Selbst wenn man schon wüsste, dass es genau so weiterginge, während der Rest Europas nahe 0 geht, wäre eine Bewertung der Angemessenheit extrem schwierig. Es taugt wirklich weder als eindeutiges Beispiel in die eine oder andere Richtung. Die absoluten Zahl der Infektionen seitens der BILD anzuführen ist natürlich besonders lächerlich. Die Schweden scheinen ja offenbar nur die zu testen, die krank zum Artz/ins Krankenhaus kommen, anders ist das Verhältnis Todesfälle/Infektionen gar nicht zu erklären.
    Es bleibt spannend zu beobachten. Sehr schade und traurig, wenn dann aber damit eine Agenda gefahren wird und die Fakten auf der Strecke bleiben.

  12. Die Eindämmung der Epidemie erfolgt nicht durch Verbote sondern dadurch, dadurch dass sich die Leute vernünftig verhalten. Verbote sind vielmehr ein Signal, das vernünftiges Verhalten definiert.

    Die Menschen in Schweden wissen das genauso wie im Rest Europas und können sich entsprechend verhalten. Genauso wie sich seit Ende Februar das Verhalten langsam der neue Lage angepasst hat, bevor Maßnahmen offiziell in Kraft traten.

  13. „Abgerechnet wird in zwei oder drei Jahren.“
    Naja …
    Abgerechnet werden könnte erst in 2-3 Jahren.
    Über Abrechnungen wird nun 2-3 Jahre von selbsternannten Hobbyepidimologen spekuliert und belehrt werden.

  14. Ich kann diesen ganzen deutschen Neid auf unser Land nur mit einem Minderwertigkeitskomplex erklären.

  15. Der Deutsche fühlt sich so minderwertig, dass er die hohe Sterblichkeit in Schweden beneidet, damit seine Chancen auf frühzeitiges Ableben steigen?

    Das ist so perfekt wehleidig und ohne eigene Verantwortung, schlagen Sie das mal Konservativer-Feuilleton-Man vor!

  16. Leider vernebelt der Text den Sachverhalt zu sehr zulasten Schwedens. Das zeigt sich z.B. schon an den logischen Fehlern im Text. So wird z.B. geschrieben: „Ökonomisch könnte Schweden am Ende womöglich auch nicht besser dastehen als die Länder, die härtere Maßnahmen ergriffen haben.“ Es müsste aber heißen: „Ökonomisch könnte Schweden am Ende womöglich genauso gut dastehen wie die Länder, die härtere Maßnahmen ergriffen haben.“

    Und dass es in Schweden mehr Tote in Alters-/Pflegeheimen gab, hat so gut wie nichts damit zu tun, dass dort das öffentliche Leben weniger stark eingeschränkt wurde. Steht ja selbst im Text, dass das an fehlender Schutzkleidung etc. lag. An dem Punkt hatte Schweden eben Pech.

    Man muss auch mal Schweden mit Italien, Spanien usw. vergleichen. Schweden hat viel weniger eingeschränkt und viel weniger Infizierte und Tote als Italien und Spanien. Die Südeuropäer haben massiv eingeschränkt und trotzdem viel mehr Opfer. Ich vermute, das dass viel mit dem individuellen Verhalten und sozialer Intelligenz zu tun hat: Kann man sich benehmen, Abstand halten, Rücksicht nehmen, sich regelmäßig die Hände waschen, Homeoffice machen, Öffnungszeiten anpassen, Ansammlungen aus dem Weg gehen usw.

  17. @15: wurde oben nicht ausführlich dargestellt, weshalb manche den schwedischen Weg so toll finden? Sollen wir lieber 100m Bewegungsradius und Passierscheine zum Rausgehen als Vorbild nehmen?

  18. @Eskil Johannseon
    Ihr habt vielleicht ABBA, aber wir haben Scorpions, Kraftwerk, Einstürzende Neubauten und die Beatles aus Hamburg :-)

  19. Und die Ärzte:
    „Ach, Schweden, komm und gib mir Deine Hand,
    Du bist so furchtbar interessant,
    Ein gottverdammtes Wohlfühlland,
    An jeder Ecke steht ein Elefant.“
    Im Raum.

  20. Matthias Schwarzer – hhm … eigentlich ist der Artikel aus meiner Sicht schon ziemlich gut und nachvollziehbar argumentiert. Entspricht halt nicht Deiner Meinung.
    Fangen wir mal oben an:
    Ökonomie: Da wird zunächst die Prognose der Schwedischen Reichsbank (Rückgang der Wirtschaft zwischen 7 – 10 Prozent) mit der der EU-Kommission (7,5 Prozent) verglichen. Beides ziemlich drastische Rückgänge. Da von „genau so gut dastehen“ zu sprechen erschließt sich mir nicht. Da werden alle übel gerupft!
    Alten- und Pflegeheime und fehlende Schutzkleidung. Na ja, das als Pech zu bezeichnen würden die Angehörigen der Verstorbenen sicher so nicht unterschreiben. Das war richtiger Mist und das sagen ja selbst die politisch Verantwortlichen in Schweden.
    Und dass man Schweden auch mit Spanien und Italien vergleichen muss … nein, muss man nicht und hinkt auch hinten und vorne. Man hätte sicher aus der einen oder anderen Sache lernen können, weil insbesondere Italien halt eines der ersten stark betroffenen Länder war. Aber vergleichen sollte man sinnvollerweise nur Länder mit vergleichbaren Voraussetzungen, was Bevölkerungsdichte, Wohnsituation u.ä. angeht.
    Unbedingte Leseempfehlung dazu: https://link.medium.com/rmHNp66Tr6

    Was das individuelle Verhalten und die soziale Intelligenz angeht – da stimme ich voll zu. Das ist sicher der größte Hebel und in Teilen offenbar auch unsere Achillesferse. Wenn ich die größten drei Probleme unserer Gesellschaft benennen sollte, wären es „ICH – ICH – ICH“

  21. @17: was genau hat jetzt mit sozialer Intelligenz zu tun und damit, ob „man sich benehmen kann“? Wenn ihre Schlussfolgerung wäre, „Südeuropa“ hat so viele Fälle, weil „die“ sich nicht benehmen können, sollten Sie das noch einmal überdenken.

  22. Wir werden in Schweden leben und haben dort einen großen Freundeskreis schwedischer Nationalität, darunter Mediziner.
    Die meisten Toten sind sehr alt und oft nicht fähig, künstliche Beatmung zu verkraften.
    Außerdem sind sehr viele übergewichtige dabei, die rauchen und sich nie bewegen.
    Von unseren Bekannten haben wohl die meisten das Virus schon überstanden. Die Ärzte wurden getestet und haben sich in Quarantäne begeben. Die anderen hatten alle die gleichen Symptome, Halsweh, leichtes Fieber, enorme Müdigkeit für 2 Wochen. Sie blieben daheim und vermieden Kontakt. Alter 38-70.
    Alle haben während ihrer Krankheit Vitamin D Tabletten genommen. Schweden kurieren sich oft selbst, gehen erst spät zum Arzt. Alle bleiben cool.
    So läuft das da. Ohne jedes Drama, auch wenn manches hinterher als Fehler gesehen wird.

  23. Ah, das gute „Die waren alt / krank, wären eh bald gestorben“ Argument. Der Rest war quasi gar nicht krank, bisschen Erkältung, stellt euch nicht so an. Und wer doch krank war hat geraucht, gesoffen, keinen Sport gemacht oder gefressen wie ein Schwein. Da braucht man sich ja dann auch nicht drum kümmern.

    Da weiß ich mein gutes altes Deutschland ja schon wieder etwas mehr zu schätzen. Hier habe ich eine Chance, auch mit >70 Jahren im Falle einer Epidemie noch behandelt zu werden. Ich meine, mit 70 wäre ich gerade mal 3 Jahre in Rente, mein >40-jähriger Beitrag zur Solidargesellschaft ist dann noch nicht so lange her.

    Andererseits würde das unser Rentensystem gut entlasten. Ich schlage dann vor, die Euthanasie-Grenze bei 68 anzusetzen, damit man noch 2 weitere Jahre Rentenzahlungen sparen kann.

    Wie soll man bei sowas nicht zynisch werden?
    Vor Allem, weil man solche Aussagen sehr häufig in „Mutter mit 29 Kindern“-Blogs findet. Dort beklagt man sich in min. 3x 6.000-Wort Artikeln pro Woche darüber, dass man so wenig Zeit hat. Aber jetzt wird’s echt Off-Topic.

  24. @24: Jemand, der nicht mal in Schweden lebt und dann von seinem Bekanntenkreis faselt, ist doch sowieso ned ernst zu nehmen. Und mit dem menschenverachtenden Abtun der Toten würd ichs dann spätestens unter „nicht mal ignorieren“ einordnen.

  25. @23-@25

    Aber immerhin wissen wir jetzt, dass Covid-19 durhc Vitamin-D-Tabletten geheilt werden kann. Wieder was gelernt.

  26. Ich hatte mal gelesen, dass Vitamin-D Mangel zu einem schlimmeren Krankheitsverlauf führen könne. Dass im Umkehrschluss Vitamin-D die Krankheit heilen kann, hört sich nach einem gut gemeinten Denkversuch an.

    „Homer, dieser Stein vertreibt Löwen!“
    „Achja, beweise mir es!“
    „Siehst du hier irgendwelche Löwen?“
    „Wieviel willst du dafür haben?“

  27. Da dieser Punkt immer wieder aufgeführt wird, lass ich mich dazu hinreißen diesen zu korrigieren:
    Schweden ist nicht dünn besiedelt. Schweden weist keine geringere Bevölkerungsdichte auf als der Rest Europas. In Schweden leben 85% der Bevölkerung auf knapp 1,3% der Fläche. Stockholm ist dichter besiedelt als jede Deutsche Stadt. Schweden weist eine höhere urbanisierungsquote auf als Deutschland. Also ja, Schweden lässt sich ausgezeichnet mit Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande und dem Rest Europas Vergleichen.
    Punkt 2.: Schweden hat nicht wie im Artikel behauptet ein gutes Gesundheitssystem. Schweden hat weniger Intensivbetten pro 1000 Einwohner als Italien und die wenigsten Krankenhausbetten pro 1000 Einwohner in ganz Europa. Dennoch kam es zu keinem Zeitpunkt auch nur in die Nähe der Grenzen des Gesundheitssystems. Kein Krankenhaus war bisher auch nur im Ansatz überlastet. Frau Merkel begründete die Alternativlosigkeit des Lockdowns mit dem drohenden Kollabieren des Gesundheitssystems. Wir sehen, wenn in den Medien nicht berichtet wird, dass es bald keine freien Betten mehr geben wird, rennen nicht alle die Krankenhäuser ein und sprengen damit das Gesundheitssystem.

    Der Blick auf Schweden bleibt weiterhin wichtig. Der isolierte Vergleich Schwedens mit Deutschland und den anderen skandinavischen Ländern ist nicht sinnvoll. Bei der Betrachtung ob der Lockdown ursächlich für einen positiven oder negativen Verlauf ist, muss man das ganze Bild betrachten.
    Man könnte übrigens auch über Japan oder Taiwan reden, über Nicaragua oder Weißrussland.

  28. @28
    Danke, sehr interessante Info, das war mir so nicht bekannt und lässt den Weg des Offenhaltens insbesondere von Kitas und Schulen als die bessere Alternative dastehen. Die sind bei uns ja immer noch quasi geschlossen und das soll, wenn es nach Lauterbach, Drosten & Co geht, ja auch noch bis 2022 so bleiben.

  29. @Pa San
    Der Vergleich der skandinavischen Länder ist durchaus sinnvoll, in 2014 (habe keine neueren Zahlen entdeckt) waren 48% der Haushalte in Schweden Singlehaushalte, in Dänemark 42%, in Norwegen 41%, in Finnland und Deutschland 40%, in Belgien (auf Platz 18, noch hinter Italien und Frankreich, aber vor Spanien – und Portugal) aber nur 28%. Wer allein lebt geht weniger Risiken der Ansteckung ein. Das relativiert die von Ihnen angeführte Urbanisierungsquote doch erheblich.

  30. @30. MARTINF
    Nein, das relativiert die Urbanisierungsquote nicht.
    Entscheidend ist doch der Kontakt außerhalb des Haushalts. Ob ich in Italien im 10-Personen Haushalt lebe, und staatlich verordnet streng Distanz zu allen anderen (die nicht im Haushalt leben) halte oder allein im Single Haushalt lebe in Schweden und meine sozialen Kontakte ganz normal weiter führe (mit Händedruck und Küsschen bei der Begrüßung), macht einen gewaltigen Unterschied.
    Denn wenn die staatlich verordneten Maßnahmen in Italien wirken würden, wäre dort kaum einer krank – hingegen müssten in Schweden schon alle tot sein.

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