Medienkompetenz

Klassenarbeit: Was zwei Journalisten im Dialog mit Schülern erleben

Eigentlich dachten wir, alle Fragen schon mal gehört zu haben. Doch dann meldet sich ein Schüler einer 11. Klasse:

„Wie viel muss ein Unternehmen dafür bezahlen, dass der Bericht über das Unternehmen nicht auf Seite 7, sondern auf Seite 5 in der Zeitung erscheint?“

Kurze Ratlosigkeit bei uns. Wir fragen nach, ob wir ihn richtig verstanden haben. Haben wir. Der Schüler glaubt tatsächlich, dass Unternehmen für die bessere Platzierung eines journalistischen Berichts bezahlen könnten.

Die Vorstellungen darüber, wie Medien funktionieren und Journalist.innen arbeiten, weichen mitunter stark von der Realität ab. Bei Schülern – und auch bei Lehrern. Und das ist vorsichtig formuliert.

Wie entlarvt man Falschmeldungen? Workshop in einer Hamburger Schule

Seit mehr als zwei Jahren gehen wir in Schulen im Großraum Hamburg, um von unserem Beruf zu erzählen. Wir haben einen 90-minütigen Workshop entwickelt, in dem es um unseren Berufsalltag geht, um Fehler, Falschmeldungen, journalistische Regeln, Pressefreiheit in der Welt und die Verantwortung, die wir tragen. Wir wollen vermitteln, dass Journalist.innen nicht einfach berichten, was ihnen zwischen die Finger kommt, sondern sich an klare juristische und ethische Regeln halten. Dass Journalismus ein komplizierter und manchmal auch mühsamer Beruf ist.

Besser erklären

Wir arbeiten beide als freie Mitarbeiter.innen für den Norddeutschen Rundfunk (NDR) und haben oft Kontakt mit Zuschauer.innen. Dabei haben wir gemerkt, dass der „Lügenpresse“-Vorwurf nicht nur aus einem diffusen Misstrauen entsteht, sondern vor allem fehlendes Wissen eine große Rolle spielt.

Wenn wir den Menschen also erklären, wie wir arbeiten oder warum wir im konkreten Fall so oder so gehandelt haben, ist plötzlich Verständnis da – und die Zuschauer.innen relativieren ihre wütende Zuschauermail. So kamen wir auf die Idee, dass wir besser erklären müssen, wie wir arbeiten. Und was liegt näher, als das in Schulen zu tun, in denen man ohnehin fürs Leben lernen soll.

Mittlerweile waren wir in mehr als 60 Klassen, haben mit mehr als 1200 Schüler.innen zwischen 14 und 20 Jahren diskutiert. Wir waren in Statteilschulen, in der Abendschule und der Polizist.innenen-Ausbildung. Wir kommen ehrenamtlich und unabhängig vom NDR an die Schulen, und wir nehmen kein Geld dafür. (Offenlegung: Der NDR hat uns kürzlich als Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit eine Aufwandspauschale dafür überwiesen.)

Der Workshop

Wie läuft unser Workshop ab? Zuerst sprechen wir mit den Schüler.innen über ihre Mediennutzung. Instagram und Snapchat liegen ganz klar vorne, aber – und das ist beruhigend zu hören – es sind nicht unbedingt die Kanäle, aus denen sie sich glaubwürdige Nachrichten ziehen. Dafür nennen sie in der Regel Namen der klassischen Medien, natürlich in ihrer App- und/oder Online-Ausführung. Aber es gibt auch immer wieder Klassen, in denen Snapchat und „Promiflash“ zu den einzigen genutzten Quellen zählen.

Danach dürfen sich die Schüler.innen dann selbst journalistisch ausprobieren: Wir zeigen einen dreiminütigen Ausschnitt einer echten Pressekonferenz. Die Schüler.innen sollen eine kurze Nachrichtenmeldung mit drei oder vier Sätzen schreiben. Fast immer zeigen wir die Germanwings-Pressekonferenz, die wenige Stunden nach dem Flugzeugunglück im Jahr 2015 stattfand. Anschließend lesen wir alle Meldungen der Schüler.innen vor, anonym und ohne Bewertung.

Erste Erkenntnis: Ein Viertel in fast jeder Klasse schafft es nicht mal, die Zahl der Menschen, die an Bord waren, korrekt wiederzugeben. Journalismus ist also doch nicht so leicht: Darf man von einem „tragischen“ Absturz schreiben? Sind nun tatsächlich alle Menschen tot, wenn in der Pressekonferenz darüber gar nichts gesagt wurde? Warum sind die Meldungen unterschiedlich, obwohl alle die exakt gleichen drei Minuten gesehen haben?

Christian Deker (l.) und Carolin Fromm bei der Schularbeit

Die Fragen der Schüler.innen sind sehr unterschiedlich: teilweise informiert und differenziert, teilweise aber auch naiv und fernab der Realität.

Wir diskutieren darüber, warum erwähnt wird, dass Deutsche unter den Opfern eines Unglücks sind oder wieso Afrika meist unterentwickelt und verarmt dargestellt wird. Aber es gab auch einen Schüler, der darauf beharrte, dass Journalisten so etwas wie der verlängerte Arm der Politiker seien. „Wenn ihr unkritische Interviews mit Politiker.innen führt, werdet ihr befördert, oder?“ Das war seine erste Frage. Ob wir ihn in unseren langen Ausführungen vom Gegenteil überzeugen konnten? Wir wissen es nicht.

Fehler und Falschmeldungen

Wir versuchen, in jedem Workshop möglichst stark auf die Interessen der Klassen einzugehen. Alle Fragen sind zulässig, wir sind so ehrlich und transparent wie möglich. So kommt es auch mal zu einer halbstündigen Diskussion über Quellenschutz, Undercover-Recherche oder rechtliche Fragen.

Zudem zeigen wir Beispiele für Falschmeldungen und verdeutlichen den Unterschied zwischen Fehlern, die Journalist.innen aus Versehen passieren, und gezielten Falschinformationen. Wir sprechen über eigene Fehler, berichten davon, wieso eigene Berichte vor Gericht gelandet sind und wie Recherchen im wenig pressefreundlichen Mexiko laufen.

Öfters werden wir mit pauschalen Vorurteilen konfrontiert: „Die Medien“ würden absichtlich falsch berichten, man könne heute ja gar keiner Nachricht mehr trauen. Und wir hören auch: „Wenn ich russisches Fernsehen schaue, merke ich schnell, dass die Medien in Deutschland einfach falsch berichten.“

Lehrer.innen greifen manchmal in solche Diskussionen ein. Als es um die Frage geht, ob Journalist.innen für unkritische Politik-Interviews in ihren Redaktionen befördert werden, unterstützt ein Gymnasiallehrer seinen Schüler: Anne Will führe die Einzelinterviews mit Angela Merkel meist mit einer erstaunlich unkritischen Fragehaltung. Es müsse also schon etwas dran sein.

Uns begegnen auch Lehrer.innen, die „öffentlich-rechtlich“ nicht richtig aussprechen können oder selbst offensichtlich sehr wenig von Regeln und Abläufen im Journalismus wissen. „Was geben die ihren Schüler.innen weiter?“, fragen wir uns manchmal.

Der Aha-Effekt

Der größte Aha-Effekt in fast jeder Klasse: Wir als Journalist.innen müssen bei kritischer Berichterstattung vor Gericht beweisen, dass unser Text, unser Beitrag auf einer nachvollziehbaren Grundlage basiert. Können wir das nicht, verbietet das Gericht die Berichterstattung. Und wir müssen vorher immer die Möglichkeit einer Stellungnahme geben. Für uns ist das Berufsalltag, für die Schulklassen eine völlig neue Sichtweise auf Journalismus. Schüler.innen sagen uns immer wieder, sie hätten einen ganz neuen Blick auf das Thema und den Beruf bekommen.

Unsere Erfahrungen

Folgende Erfahrungen, die sicherlich nicht repräsentativ im wissenschaftlichen Sinne sind, haben wir bisher gemacht:

Schüler.innen wissen oft erschreckend wenig über Journalismus und Medien. Viele machen sich keine Gedanken darüber, wer hinter den Informationen steht, die sie konsumieren. Oft können sie uns nicht mal erklären, wer die Nachrichten geschrieben hat, die ihnen ihr iPhone bei einem Wisch nach links anzeigt.

Gleichzeitig ist das Interesse sehr groß. Und es ist auch die Bereitschaft vorhanden, sich durch das digitale Dickicht zu wühlen. In erster Linie fehlt es an Bewusstsein. Dies ist unserer Erfahrung nach leicht zu aktivieren – mit konkreten, relevanten und alltagsnahen Beispielen etwa. Klar ist aber auch: Lehrer.innen können medieninterne Abläufe natürlich nicht so glaubwürdig verdeutlichen wie Journalisten.innen.

Es besteht bei vielen Schüler.innen eine erstaunlich große Lücke zwischen hohem technischem Wissen und geringem inhaltlichen Verständnis: Sie lösen IT-Probleme in zwei Minuten, fallen aber auf die nächstbeste Fake-Meldung herein.

Auch den Lehrer.innen fehlt oft Wissen. Dabei laden uns nur Lehrende ein, die unser Angebot relevant finden. Von denen, die Medienbildung weiter unten auf der Agenda sehen, erfahren wir erst gar nicht, wie gut sie sich auskennen. Die häufigste Rückmeldung nach dem Workshop an uns: „Vielen Dank, ich habe gerade viel gelernt.“ Offenbar gibt es also auch strukturelle Probleme: verbesserungswürdige Aus- und Weiterbildung, fehlender Fokus im Lehrplan und auch mangelndes Bewusstsein bei den Lehrer.innen.

76 Kommentare

  1. Tolles Projekt. Medienkompetenz sollte eigentlich fest auf jedem Lehrplan stehen. Stattdessen werden Schüler für Unterrichtsprojekte schon früh auf das Internet verwiesen. Ohne Wikipedia hätte meine Tochter die Schulzeit gar nicht überstanden. Dass das alles nicht immer stimmen muss, sagt den Schülern keiner. Das man bei geschichtlichen oder gesellschaftlichen Themen auch mal auf rechten Propagandaseiten landen kann, auch nicht.
    Letzlich kommt es wohl auch drauf an, was Eltern den Kindern vorleben. Meine Tochter (19 Jahre) bat mich neulich darum, ob sie die SZ nicht auf dem Handy lesen könnte.
    Alles richtig gemacht :-)

  2. Ja, klingt nach einem super Projekt! Solange es noch nicht Medienkompetenz (o. Ä.) als flächendeckendes Pflichtfach gibt müssen wohl solche Einzelinitiativen herhalten. Jedenfalls sehr stark, davon sollte es mehr geben!
    Und danke für den Bericht!

  3. Stimme meine Vorkommentatoren zu. Danke für die wichtige Arbeit!

    Und generell: kann man Ihre Arbeit irgendwie unterstützen?

  4. „Erste Erkenntnis: Ein Viertel in fast jeder Klasse schafft es nicht mal, die Zahl der Menschen, die an Board waren, korrekt wiederzugeben.“
    Das passiert eben, wenn man Jugendlichen das Smartphone wegnimmt. Sorry, musste sein.

  5. „Wir haben einen 90-minütigen Workshop entwickelt, in dem es um unseren Berufsalltag geht, um Fehler, Falschmeldungen, journalistische Regeln, Pressefreiheit in der Welt und die Verantwortung, die wir tragen. Wir wollen vermitteln, dass Journalist.innen nicht einfach berichten, was ihnen zwischen die Finger kommt, sondern sich an klare juristische und ethische Regeln halten.“

    Das ist im Prinzip alles schön und gut. Das Engagement der Autoren ist sicherlich lobenswert.

    Ich möchte jetzt nicht das Haar in der Suppe suchen – aber ich frage mich nur, wie (selbst)kritisch der Blick auf die etablierten Medien dabei ausfällt.
    Dass der „real existierende Journalismus“ nämlich eben leider keineswegs immer nach ethischen Regeln verfährt, sondern gerade bei wichtigen Themen immer wieder ziemlich großflächig ziemlich übel versagt, scheint mir eine These zu sein, die sich nicht ernsthaft leugnen lässt.
    Ich habe das so oft durch seriöse Literatur (die in einem Fall auch auf Übermedien sehr wohlwollend rezensiert wurde) und markante Beispiele belegt, dass ich auf Wiederholungen verzichten möchte. Für Interessierte sei exemplarisch auf Kommentar 21 hier hingewiesen:
    https://uebermedien.de/39166/eine-wahl-ohne-auswahl/

    „Öfters werden wir mit pauschalen Vorurteilen konfrontiert: ‚Die Medien‘ würden absichtlich falsch berichten, man könne heute ja gar keiner Nachricht mehr trauen. Und wir hören auch: ‚Wenn ich russisches Fernsehen schaue, merke ich schnell, dass die Medien in Deutschland einfach falsch berichten.'“

    Mich würde interessieren, was hier die Reaktion ist: Wird hier einfach NUR festgestellt, dass russische Medien nicht neutral und oft vielleicht auch unglaubwürdig sind? Oder wird auch betont, dass sehr relevante Meldungen teilweise praktisch nur in russischen (und anderen „alternativen“), aber (so gut wie) gar nicht in den „etablierten“ Medien auftauchen? (Etwa der geleakate OPCW-Bericht, den ich in #21 auf der oben verlinkten Seite erwähne.)

    „Aber es gab auch einen Schüler, der darauf beharrte, dass Journalisten so etwas wie der verlängerte Arm der Politiker seien. ‚Wenn ihr unkritische Interviews mit Politiker.innen führt, werdet ihr befördert, oder?‘ Das war seine erste Frage. Ob wir ihn in unseren langen Ausführungen vom Gegenteil überzeugen konnten? Wir wissen es nicht.“

    Mich würde an dieser Stelle interessieren, ob bei der Zurückweisung allzu plumper Kritik auch auf wesentlich elaboriertere und weit weniger leicht zurückzuweisende Kritik durch Wissenschaftler eingegangen wird, die eine deutlich subtilere, aber deswegen nicht unbedingt viel unproblematischere Affinität von Medien und Politik postuliert. Siehe etwa die genannten Bücher in Kommentar 21 auf der verlinkten Seite). s
    Siehe etwa auch # 63 zum Artikel „Foulen im Kampf gegen grüne ‚Mainstream-Medien'“. (Mehr als zwei Links gehen pro Kommentar nicht, sonst landet man in der SPAM-Schleife.)

    Natürlich kann im Rahmen einer Kurz-Aufklärung kein medienwissenschaftliches Seminar geboten werden. Mein persönlicher Eindruck ist aber, dass Journalisten mitunter lieber auf leicht zu widerlegende als auf schwer zu widerlegende Kritik fokussieren. Und dass dadurch der Eindruck vermittelt wird, dass mit dem Journalismus im Großen und Ganzen schon alles ganz in Ordnung sei, weil ja die leicht zu widerlegende Kritik falsch ist.

    @ Mark:

    „Ohne Wikipedia hätte meine Tochter die Schulzeit gar nicht überstanden. Dass das alles nicht immer stimmen muss, sagt den Schülern keiner. Das man bei geschichtlichen oder gesellschaftlichen Themen auch mal auf rechten Propagandaseiten landen kann, auch nicht.“

    Das Problem sind aber leider nicht nur Wikipedia und rechte Propagandaseiten. Siehe den Kommentar auf der verlinkten Seite; oder siehe beispielsweise auch den Übermedien-Artikel „‚Fake News‘ und der blinde Fleck der Medien“, wo Stefan Niggemeier schreibt:

    „Wenn die etablierten Medien diesen Kampf [gegen Fake News] nicht als einen Kampf gegen Desinformationen aller Art führen, sondern als einen Kampf Wir gegen Die; wenn sie den Eindruck erwecken, dass sich Kollegen untereinander nicht wehtun, aber keine Hemmungen gegenüber dubiosen amerikanischen Seiten, Anti-Mainstream-Medien und Einzelpersonen im Netz haben; wenn es scheint, als sei das Haupt-Problem von ‚Fake News‘ womöglich gar nicht der Inhalt, sondern der Absender – dann haben sie keine Chance, diesen Kampf zu gewinnen.“

    Man kann nur hoffen, dass solch ein kritischer Geist bei Aufklärungskampagnen über Medien nicht zu kurz kommt. Dass nicht der Eindruck erweckt wird, auf der einen Seite seien die seriösen etablierte Medien und auf der anderen Seite der suspekte Rest.

  6. Der Schüler glaubt tatsächlich, dass Unternehmen für die bessere Platzierung eines journalistischen Berichts bezahlen könnten.

    Die Vorstellungen darüber, wie Medien funktionieren und Journalist.innen arbeiten, weichen mitunter stark von der Realität ab. Bei Schülern – und auch bei Lehrern.

    Advertorials, Native Advertising, aus Pressemitteilungen kopierte PR-Texte…
    Dass man pseudojournalistische Texte mittlerweile platzieren kann – auch bei den ganz großen Medienhäusern – wenn man gut genug bezahlt, wird ja auch auf dieser Seite häufig genug thematisiert. Da weicht doch seine Frage gar nicht so weit von der Realität ab, finde ich.*
    Ich habe eher das Gefühl, dass die meisten Journalisten die Zustände in ihrer Branche weitaus rosiger sehen als die meisten Nichtjournalisten**. Und damit arbeiten sie nicht den Medienkompetenztrainern, sondern den Lügenpresse-Rufern zu. Und das war jetzt vorsichtig formuliert.
     
    *Ich weiß natürlich nicht, wie die Frage gestellt wurde.
    **Das trifft natürlich so auch auf andere Branchen zu.

  7. „Wenn ihr unkritische Interviews mit Politiker.innen führt, werdet ihr befördert, oder?“ – Das ist in dieser Form ganz sicher keine wörtliche Rede gewesen.

  8. Leute, das ist doch jetzt nicht Euer Ernst?
    „Kurze Ratlosigkeit bei uns. Wir fragen nach, ob wir ihn richtig verstanden haben. Haben wir. Der Schüler glaubt tatsächlich, dass Unternehmen für die bessere Platzierung eines journalistischen Berichts bezahlen könnten.“

    Wie kann denn sowas durchs Lektorat gehen?

  9. @ VonFernseher:

    Ergänzend dazu Uwe Krüger:

    „Als 2014 das Allensbach-Institut im Auftrag der Stiftervereinigung der Presse 432 Zeitungsjournalisten fragte, wodurch die Pressefreiheit in Deutschland gefährdet sei, da erschienen den Befragten als größte Gefährdungen, dass ‚Zeitmangel die eigenen Recherchen einschränkt‘ (83 Prozent stimmten zu) und ‚dass Journalisten auf wirtschaftliche Interessen des eigenen Medienhauses Rücksicht nehmen müssen‘ (77 Prozent). Die Aussage ‚Die Grenzen zwischen PR und Journalismus verschwimmen immer mehr und PR-Material findet immer öfter ungefiltert seinen Weg in die Medien‘ bejahten 79 Prozent der Befragten.“
    http://www.bpb.de/apuz/231307/medien-im-mainstream?p=all

    Womit sich zeigt: Es geht auch subtiler und indirekter (“dass Journalisten auf wirtschaftliche Interessen des eigenen Medienhauses Rücksicht nehmen müssen“). Wenn man einen sehr wichtigen großen Werbekunden hat, wird man es sich womöglich zwei mal überlegen, ob man da jetzt prominent mehrere höchst kritische Artikel über den publiziert. Da braucht es nicht einmal eine direkte Einflussnahme.

    Oder wie der Pulitzer-Preisträger Chris Hedges sich ausdrückte (zit. n. Teush, „Lückenpresse“):

    „Der Mythos lautet: Die Presse unterliegt keinen Zwängen. Es gibt keine Vorgaben. Sie kann schreiben, was sie will. Sie kann den Mächtigen die Wahrheit sagen. In Wirklichkeit gibt es aber sehr enge Vorgaben, vor allem bei Themen der nationalen Sicherheit. Ich war fünfzehn Jahre lang bei der New York Times. Die inoffizielle Linie der Times lautet: ‚Wir werden niemanden vor den Kopf stoßen, von dem wir abhängig sind. Wir brauchen das Geld von den Werbekunden und den Zugang zu den Mächtigen. Man kann sie ab und zu ärgern, sollte das aber nicht zur Gewohnheit werden lassen.'“

    Wenn dann einige Journalisten dann sagen, dass doch nicht die Kanzlerin sie doch nicht anruft und ihnen Silbe für Silbe diktiert, was sie schreiben sollen, und dass auch nicht unbedingt ein Konzernchef anruft und für Geld einen Super-Bericht auf S. 1 setzen lässt, dann fragt man sich manchmal, ob Journalisten die Probleme überhaupt sehen wollen.

  10. Zu meinem letzten Kommentar. Bevor man mir jetzt sagt, dass der Schüler ja nicht nach indirektem, subtilem (aber trotzdem effektivem) Einfluss gefragt hat, sondern danach, ob man direkt für das Erscheinen eines Artikels kaufen kann:

    Ich weiß nicht, wie verbreitet die von VonFernseher kritisierten Verhaltensweisen sind, aber nehmen wir einfach mal an, sie wären selten. Dann bliebe trotzdem die Frage, ob man es dabei bewenden lassen sollte, einfach nur zu sagen, dass ein Artikel nicht direkt gekauft werden kann. Oder ob man nicht zugleich fairerweise darauf hinweisen sollte, dass nach Meinung von drei Viertel der befragten Journalisten dennoch wirtschaftliche Rücksichtnahme die Pressefreiheit bedroht.
    Nimmt man (womöglich falsche) Kritik zum Anlass, um auf inhaltlich verwandte, reale Probleme des Journalismus hinzuweisen? Oder lässt man es lieber sein – auch wenn dadurch der Eindruck entstehen mag, es sei doch eigentlich alles in Butter?
    Die Frage ist vielleicht die: Will man ein schönes oder ein möglichst akkurates Bild des Journalismus zeichnen?

  11. Der Schüler, der die Frage gestellt hat, scheint ein Stammleser von Übermedien zu sein, während die beiden Journalisten es offenbar nicht sind!

  12. Mir scheint ein Teil des Problems dieser Diskussion zu sein, dass hier ständig über zusammengefasste Gruppen gesprochen wird, nämlich „die Presse“, „die Medien“, „die Journalisten“. Auch in den vorstehenden Kommentaren wird versucht gewisse Phänomene, Bemühungen oder Fehler einer Gruppe zuzusprechen oder sie gegen Vorwürfe zu verteidigen. In der Folge könnte man sich Gedanken darüber machen, wie es statistisch aussieht, also gibt es wirklich statistisch feststellbare Signifikanzen? Ich denke aber, das genau das in die falsche Richtung führt. Die beiden Autoren berichten nach meinem Verständnis von ihrem persönlichen Berufsalltag um genau das aufzuzeigen: Was manche über den „Journalismus“ hören und denken, einmal aus einer persönlichen Perspektive einzelner Journalisten zu beleuchten. Und ich meine damit nicht nur die Binse, dass man nicht alle in eine Tasche stecken darf, sondern ich meine, dass man wirklich mal aufhören muss, hier so sinnlos gruppenbezogen zu diskutieren. „Die Medien“ werden keine Fehler in Angriff nehmen können. „Die Presse“ wird keine Maßnahmen zur Umsetzung von ethischen Richtlinien unternehmen können. „Die Journalisten“, werden sich nicht am Riemen reißen können. Der Einzelne und die einzelne Redaktion können Dinge angehen. Und dann muss man eben sehen, wie sehr man dem einzelnen Journalisten, der Redaktion, der einzelnen Zeitung etc. vertrauen kann. Wenn der Spiegel ein Problem hat, hat die SZ das gleiche Problem evtl. nicht. Der Deutschlandfunk wird ganz andere Punkte angehen, als der Nordweserkurier oder das Bad Reichenhaller Tageblatt. Ich fürchte alle anderen Diskussionen führen in ein theoretisches Nichts.

    Der „real existierende Journalismus“, wie er oben genannt wird, ist eine Kunstfigur, die nur für solche Diskussionen erschaffen wird. Ich finde nicht, dass das sinnvoll ist.

  13. Sorry, Christian und Carolin,

    aber wenn ihr ernsthaft der Meinung seid, man könne sich mit genügend Geld keine Artikel oder zumindest redaktionsähnliche Inhalte erkaufen, die nicht als Werbung deklariert sind, dann frag ich mich ehrlich, ob ihr entweder

    a) total naiv seid und das _wirklich_ glaubt, obwohl es da allein hier, auf Stefans altem Blog und auf BILDBlog unzählige Beispiele gibt, die genau das beweisen

    oder b) ihr selbst so unlauter seid

  14. Na, der Junge mit der kritischen Frage hat wohl einige Branchen-Werbeblättchen in der Hand gehabt.
    Bei uns in der Branche gibt es (in DE) quasi nur ein Leitmedium. Und die sind da ganz stumpf: Wer im Heft wirbt kriegt Editorials. Nur darf man das natürlich niemals offiziell so in Kontext setzen. Offenes Geheimnis, Win-win. Einer der Haupt-Werbepartner hat dort eine monatliche „Kolumne“, natürlich ausschließlich wegen Fachkompetenz! Ich find’s nicht mal schlimm, letztlich sucht man in dem Magazin ja auch nur nach neuen Kunden / Lieferanten, also es leidet darunter ja niemand (außer vielleicht kleinere Hersteller, weil Budget).

    Und dann gibt’s ja durchaus noch das Problem des „open access“. Die Medizinbrance krankt derzeit daran (Achtung, kann Schnappatmung auslösen!):
    https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/quarks-und-co/video-betrug-statt-spitzenforschung—wenn-wissenschaftler-schummeln-100.html

  15. @Maximillion

    Mir scheint ein viel größeres Problem zu sein, dass diese Frage schon als fast absurd durch die beiden AutorInnen qualifiziert wird. Es ist etwas völlig anderes, zu sagen, dass das beim ÖR und für die eigene Arbeit selbstverständlich nicht der Fall ist, aber dass so etwas natürlich existiert, auch bei den großen Verlagshäusern – selbst wenn es nicht extrem häufig und mit großer Regelmäßigkeit geschieht, so geschieht es doch immer wieder. Wenn man dann einen Workshop zur Medienkompetenz anbietet und es verpasst, hier das dann doch nicht wegzudiskutierende Körnchen Wahrheit aufzugreifen, dann schadet man der eigenen Sache, der man sich hier verschrieben hat, weil es die Skepsis im Zweifelsfall weiter schürt.

  16. Nun, die Frage bzgl der Unternehmen, die für Artikel bezahlen, wird ja auch hier regelmäßig bei Uebermedien thematisiert.

    Auch wenn es Sie persönlich nicht betrifft, da Sie als Freie für den NDR arbeiten:
    – Journalist darf sich tatsächlich jeder nennen
    – es gibt nun mal käufliche Journalisten und Chefredakteure

    Aber: Es soll gar nicht Ihre Aufgabe sein, Schülern/jungen Menschen, die Funktionsweise von Medien zu erklären. Das müssten eigentlich die verantwortungsvollen Eltern tun.
    Aber nachdem, was ich beim 25-jährigen Abitur-Treffen hören musste, weiß ich eines: Selbst mit Abitur und Studium und beruflichen Erfolg sind Eltern (meine ehemaligen Mitschüler) nicht schlauer als der Durchschnitt ;-)

  17. Vielen herzlichen Dank für die Kommentare, Anmerkungen und auch für die Kritik.

    Carolin Fromm und ich gehen als Privatpersonen in die Schulklassen und erheben nicht den Anspruch, dort für „die Presse“ oder für „alle Journalist.innen“ zu sprechen. Wir berichten aus unserem persönlichen Berufsalltag und von unseren Erfahrungen. Dabei sparen wir kritische und auch selbstkritische Aspekte nicht aus. Unser Hauptziel ist es, mit jungen Menschen über solche Themen überhaupt ins Gespräch zu kommen. Und zu zeigen, dass Journalist.innen meistens nicht im luftleeren Raum arbeiten, sondern sich an ethische, rechtliche und journalistische Regeln halten. Deshalb steht es für uns auch nicht im Vordergrund, Kritik (ob berechtigt oder nicht) zurükzuweisen.

    Klar ist, dass wir kein medienwissenschaftliches Seminar daraus machen können – uns aber bemühen, statt pauschaler Antworten eine möglichst dfferenzierte und persönliche Sicht wiederzugeben. Dazu gehört auch, dass unserer Ansicht nach im Journalismus einige Dinge schief laufen. Wir thematisieren beispielsweise sehr häufig, dass Abhängigkeiten von Werbekunden existieren und es damit konkreten Einfluss auf die Berichterstattung geben kann. Oder wir sprechen oft auch über den „Fall Relotius“ und die Auswirkungen. Wir wollen bewusst kein „schönes oder ein möglichst akkurates Bild“ zeichnen, sondern immer auch die bestehende Lücke zwischen Ideal und Realität zeigen. Aber nochmal: Wir können den Klassen immer nur aus unserer persönlichen (öffentlich-rechtlich geprägten) Perspektive berichten.

    Die eingangs geschilderte Frage des Schülers bezog sich ausdrücklich nicht auf „Advertorials, Native Advertising, aus Pressemitteilungen kopierte PR-Texte“ usw. Das haben wir durch unsere Nachfragen (wie geschildert) geklärt. Obwohl ich die Klarstellung eigentlich als überflüssig ansehe: Natürlich sehen wir diese leider verbreitete Praxis sehr kritisch (vor allem wenn eine Kennzeichnung unterbleibt).

  18. @ Maximillion:

    „Mir scheint ein Teil des Problems dieser Diskussion zu sein, dass hier ständig über zusammengefasste Gruppen gesprochen wird, nämlich ‚die Presse‘, ‚die Medien‘, ‚die Journalisten‘.

    Ich weiß zwar jetzt nicht, auf welche Formulierungen Sie sich genau beziehen. Aber wenn ein Problem etwa bei sehr vielen Medien besteht, dann hielte ich die Formulierung „die Medien haben da und dort ein Problem“ nicht für derart unangemessen. Man versteht doch, dass hier nicht zwingend jedes einzelne Medium eingeschlossen sein muss.
    Abgesehen davon hatte ich den Eindruck, dass die Autoren des Artikels nicht nur über ihre eigene Perspektive gesprochen haben, sondern Aufklärung über Medien im Allgemeinen bieten wollten (etwa: „Wir wollen vermitteln, dass Journalist.innen nicht einfach berichten, was ihnen zwischen die Finger kommt, sondern sich an klare juristische und ethische Regeln halten“).

  19. @ Christian Deker:

    Danke erst mal für die Klarstellung. Mein letzter Kommentar hat sich mit ihr gekreuzt.

  20. @16

    Käuflichkeit ist ein weites Feld. Welcher Journalist kann es sich schon leisten, das zu schreiben, was der Verleger nicht lesen will?

  21. Lieber Hundshop, ich fürchte, Sie haben eine etwas unterkomplexe Vorstellung vom Verlagsgeschäft.

  22. @Christian Deker #17

    Danke für die Erläuterung; das hat sich mir so aus dem Text nicht ergeben. Bei Native Advertising stellt sich mir aber doch weiterhin die Frage, bis wohin die gewollte Ähnlichkeit noch ein So-tun-als-ob ist und ab wann man da keinen Unterschied mehr feststellen kann – zum Einen als Leser im Resultat, zum Anderen als Journalist im Handeln.

  23. @Vonfernseher #23
    Eine in meinen Augen sehr berechtigte Frage, die aber in meinen Augen wenig mit unseren Workshops und unserem Artikel (geschweige denn unserer Arbeit) zu tun hat. :)

  24. „Ich habe eher das Gefühl, dass die meisten Journalisten die Zustände in ihrer Branche weitaus rosiger sehen als die meisten Nichtjournalisten**“

    Die Lage ist einfach und übersichtlich, man hat die Runde sehr schnell durchlaufen. Am Ende/Anfang kann ich mich der Einfachheit halber selbst zitieren:
    „unsere Schickeria hat sich in der Festung verbarrikadiert, die Tore verrammelt, die Leitern hochgezogen“

    Dort im Stuhlkreis unter Seinesgleichen malen die sich die Welt wie sie ihnen gefällt; die mit den supertollen Auskennerjournalisten, die der staunenden Menge sagen wo es langgeht.

    „**Das trifft natürlich so auch auf andere Branchen zu.“

    Auf einzelne Firmen ja (die verschwinden aber bald von der Bildfläche).
    Auf ganzen Branchen nein.
    Wenn normale Firmen Marktanteile verlieren, jagt eine Krisensitzung die nächste. Los Vorschläge, wie kriegen wir den Markanteil zurück!
    Unsere Journaille geht einen anderen Weg. Wenn es bei denen nicht so gut läuft, sind finstre Mächte dran schuld.
    Man lese nur das vor Selbstmitleid triefende Gesülze des NDR „Abkehr vom klassischen Journalismus?“ [1]:

    „Portale, die zum Teil gezielt Falschmeldungen verbreiten, erzielen in den Sozialen Netzwerken häufig eine größere Reichweite als Nachrichtenseiten.

    Rechte Gruppen schaffen sich im Netz zunehmend eine eigene publizistische Öffentlichkeit, indem sie journalistisch fragwürdige Blogs und Portale massenhaft verbreiten.“

    Immer diese „Rechten Gruppen“. Wie machen die das nur, diese rechten Dumpfbacken?
    Der Oberhammer ist allerdings dieser:

    „Das Portal „Journalistenwatch“ ist – gemessen an der reinen Zahl der verbreiteten Links – besonders erfolgreich. Die Seite taucht in der Rangliste noch vor etablierten Medien wie beispielsweise dem Online-Auftritt der „Süddeutschen Zeitung“ oder „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf, auch tagesschau.de lässt sie hinter sich.“

    Man muss sich das mal vorstellen. Journalistenwatch ist ne Butze, haben die überhaupt ein eigenes Büro?
    Diese Nichtse haben die gleiche Reichweite wie die Riesen.
    In normalen Firmen würde daraus geschlussfolgert, dass das Personal in diesem Bereich die glatte Fehlbesetzung ist, wenn die zulassen dass irgendwelche Freelancer an einem vorbeiziehen.
    Der NDR sieht die Schuld woanders:

    „Die Links dazu werden nahezu ausschließlich von Nutzern aus der Gruppe der Rechten verbreitet: Die Analyse zeigt, dass zum Teil 99 Prozent der Links zu diesen Portalen von Nutzern stammen, die der rechten Unterstützergruppe zugeordnet werden.“

    Trump und Putin hat der NDR nicht als Schuldige identifiziert.
    Noch nicht.

    [1] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/rechte-portale-101.html

  25. # Hundshop und Blinse: Sie können das natürlich sehen, wie immer Sie wollen. Doch diese Vorstellung von den käuflichen Journalisten ist einfach unterkomplex.

    Wenn Sie beide nicht gerade selbstständig oder Chef sind, folgen Sie den Anweisungen Ihrer Vorgesetzten. Sind Sie damit käuflich? Wenn ja: was genau werfen Sie Journalisten dann vor? Wenn nein: wo ist der Unterschied?

    Der Verleger muss dafür sorgen, dass sein Medium sich verkauft. Deshalb steht im Medium, was der Leser lesen will, nicht der Verleger. Und klar gibt es die Grauzonen.

  26. @ Sachse, #24

    Einerseits richtig, was Sie schreiben, andererseits _hat_ ein Zeitungsverlag tatsächlich etwas andere Prioritäten als ein beliebiger Hersteller von Gebrauchsprodukten. Das, was nämlich der Markenkern bei Zeitungen ist, ihre Glaubwürdigkeit, muss geschützt werden. Die anderen Merkmale sind eh schon ans Web verloren (Aktualität, verschiedene Medien nutzen). Zudem _wollen_ viele Zeitungsredaktionen auch anspruchsvollen Journalismus bieten.

    Der Vergleich zwischen Seiten wie journalistenwatch und etwa sueddeutsche.de hinkt auch ein bisschen. Erstere Seite ist ausschließlich für eine bestimmte Personengruppe konzipiert, welche es zusätzlich als Auftrag sieht, die Seite zu unterstützen und deren Links zu verbreiten. Was sich bei Googles Suchergebnis natürlich auswirkt. Letztere hat dagegen ein „normales“ Publikum, auch reiferen Alters, zudem ohne Missionseifer.

    Tatsächlich habe ich aber auch den Eindruck, dass die großen Redaktionen immernoch in einer Art Elfenbeinturm sitzen, im Jahre 2019! Siehe z.B. den aktuellen Spiegelartikel auf dieser Seite.

  27. @Kokoro

    So so, Zeitungen schreiben das, was der Leser lesen will. Einerseits besorgniserregend, andererseits gibt es ja Beispiele. Bild, die Yellow-Press etc.

    Aber warum jetzt gerade das schreiben, was der Leser lesen will? Weil der Leser immer Recht hat? Weil er am besten weiß, wie sich alles zugetragen hat? Was ist denn an diesem Leser so ungemein wichtig?

    Ja, wenn der Verleger schreiben würde, was sein bester Anzeigenkunde lesen will, sagen wir mal Mercedes bei der Süddeutschen Zeitung. Das würde wenistens noch einen Sinn ergeben. Die finanzieren nämlich übers Jahr gesehen den ganzen Verlegerladen.

    Andererseits: Die Zeitung könnte ja auch einfach das „schreiben, was ist“. Was sagt Ihre komplexe Verlagserfahrung denn zu dieser ganz abseitigen Idee?

  28. @9 LLL:
    >Wenn dann einige Journalisten dann sagen, dass doch nicht die Kanzlerin sie doch nicht anruft und ihnen Silbe für Silbe diktiert, was sie schreiben sollen, und dass auch nicht unbedingt ein Konzernchef anruft und für Geld einen Super-Bericht auf S. 1 setzen lässt, dann fragt man sich manchmal, ob Journalisten die Probleme überhaupt sehen wollen.

    Auch als „überspezifisches Dementi“ bekannt und beliebt. ;)

  29. @HUNDSHOP

    „Aber warum jetzt gerade das schreiben, was der Leser lesen will? Weil der Leser immer Recht hat? Weil er am besten weiß, wie sich alles zugetragen hat? Was ist denn an diesem Leser so ungemein wichtig?“

    Ist das eine ernstgemeinte Frage? Weil er das Ding halt kauft und somit den Verlag am Leben erhält — oder eben nicht. (Auch die Anzeigenkunden sind ja nur da, weil die Zeitung jemand liest). Die gleiche Frage wäre ja: „Warum interessiert sich Adidas für die Wünsche ihrer Kunden“?

    „Andererseits: Die Zeitung könnte ja auch einfach das „schreiben, was ist“. Was sagt Ihre komplexe Verlagserfahrung denn zu dieser ganz abseitigen Idee?“

    Ja, und bei z.B. der SZ würde ich mal behaupten, dass das der „Leserwunsch“ ist. Bei Bild etc. verhält sich das vermutlich anders. Und so hat halt jede Zeitung seinen Markt.
    Aber auch beim „Schreiben was ist“ bekommt man ganz unterschiedliche Zeitungen, je nachdem worauf man den Fokus setzt. Ist jetzt aber auch kein allzu großes Geheimnis dass „sagen was ist“ nicht zur Beschreibung einer Zeitung ausreicht. (weil Subjektivität der Themen und so).

  30. Wenn ich Schulleiter wäre und nichts mehr zu verlieren hätte, würde ich lieber seriöse Journalisten von Russia Today in die Schule einladen. Die könnten dann mal erzählen, wie in der „freien Welt“ mit Journalisten umgegangen wird, die noch journalistisch arbeiten.

    Jetzt wo junge Menschen für die alten Massenmedien immer weniger erreichbar sind, wird denen noch bis in die Schule gestalkt. Laßt unsere Kinder in Ruhe!

    Journalisten die für den NDR arbeiten, haben keine Glaubwürdigkeit. Und falls ich damit zwei Einzelexemplaren Unrecht tue, dann bedankt euch dafür bei euren Kollegen.

  31. @Physeter (26.)

    „Der Vergleich zwischen Seiten wie journalistenwatch und etwa sueddeutsche.de hinkt auch ein bisschen. Erstere Seite ist ausschließlich für eine bestimmte Personengruppe konzipiert, welche es zusätzlich als Auftrag sieht, die Seite zu unterstützen und deren Links zu verbreiten.“

    Der NDR wirft Jouwatch Einseitigkeit vor. Und was soll ich sagen, der NDR hat Recht.

    Portale wie Jourwatch sind einseitig – genauso wie die MSM.
    Sie beleuchten die andere Seite der Medaille. Alles was die MSM weglassen, das bringen die Alternativen. Und das ist gut so.
    Anstatt zu greinen sollten die MSM sich lieber Gedanken machen, wie sie den verlorenen Marktanteil zurückgewinnen könnten. Dabei sind hier gar nicht viele Gedanken nötig sind. Einfach nur Rückkehr zum seriösen Journalismus. Damit kriegen die den größten Teil der verlorenen Kunden wieder zurück (natürlich nicht alle).

    Das „Verteilen“ durch „bestimmte Personengruppen“ ist m.E. eine Hilfskonstruktion, die zu den sagenhaften „Rechten Netzwerken“ referiert, für deren Existenz es zwar viel Geraune, aber wenig Belege gibt.
    Es sei denn, man sieht in jedem einen Nazi, der die Grünen nicht wählt.

  32. Ich bin in den letzten Jahren zweimal von Fernsehteams interviewt worden, einmal aus der ARD-Gruppe, einmal aus der ZDF-Gruppe. In beiden Fällen wurden meine Aussagen völlig sinnentstellend geschnitten, so dass es so aussah, als hätte ich genau das Gegenteil gesagt (z.B. Relativierungen mitten aus dem Satz herausgeschnitten). Ich weiß aus Gesprächen, dass es anderen genauso geht.

    Überall, wo ich thematisch Einblick habe, stelle ich immer wieder fest, dass reißerischer „Unfug“ in den MSM die Regel und nicht die Ausnahme ist.

    Politik: In den letzten Vorwahlen habe ich einmal das Transkript einer Trump-Rede mit unserer qualitätsmedialen Berichterstattung über diese Rede verglichen und ignoriere seitdem alles, was unsere deutschen Q-Medien zu Trump schreiben, weil ich davon ausgehe, dass das kein einmaliger Fall war, dass die Inhalte doch ziemlich reißerisch entstellt waren.

    Sorry, aber das ist die Realität, wie sie sich mir darstellt. Ob man das jetzt Lügenpresse oder anders nennt, ist mir ehrlich gesagt eher egal.

  33. @Christian Deker
    Für mich hat das sehr viel mit der Frage des Jungen zu tun.

    In der Wissenschaft spricht man von professional mindsets, die einen Menschen Risiken eher erkennen (bzw. aufwerten) oder eher übersehen (bzw. abwerten) lassen. Wer sich schon* darüber Gedanken macht, wie man eine Anzeige am Besten so gestaltet, dass der Leser sie nicht als solche erkennt, hat das damit verbundene Risiko für seinen journalistischen Auftrag verdrängt oder akzeptiert**; der Leser ist jetzt nicht mehr Kunde, sondern (nur noch!) Teil des Produkts. Das Mindset ist genau das Gleiche wie bei der erfragten Leistung, nur wiegt das Risiko unterschiedlich schwer.

    Und dass junge Leute erkennen können, wann sie Kunden sind und wann das Produkt, gehört für mich elementar zur Medienkompetenz. Und das hat alles mit Ihrem Workshop und Ihrer Arbeit zu tun.

    *mit dem Anzeigenkunden, nicht theoretischer Natur
    **Risiko ist ja für den am Ausgang Interessierten nicht unbedingt mit etwas Negativem verbunden; das Risiko akzeptiert zu haben, kann auch einfach bedeuten, dass man gar kein Problem mit den Konsequenzen hat oder diese sogar begrüßt.

  34. „Anstatt zu greinen sollten die MSM sich lieber Gedanken machen, wie sie den verlorenen Marktanteil zurückgewinnen könnten. Dabei sind hier gar nicht viele Gedanken nötig sind. Einfach nur Rückkehr zum seriösen Journalismus.“

    Das ist wohl für die Kundschaft von jourwatch oder auch PI und Konsorten nicht möglich, weil bei „seriösem Journalismus“ zwingend die rechtsnationale Verdrehung fehlt.

    Allerdings ist mir nicht bekannt, dass Leser von den „MSM“ Kritikern mit dem Tode drohen würden.

  35. @ Physeter:

    „Das ist wohl für die Kundschaft von jourwatch oder auch PI und Konsorten nicht möglich, weil bei <#seriösem Journalismus“<#zwingend die rechtsnationale Verdrehung fehlt."

    Das mag ja sein. Aber die Medien könnten doch trotzdem anfangen seriös zu arbeiten (was sie derzeit eben bei wichtigen Themen leider oftmals nicht tun; siehe etwa die in # 5 angegebene Quelle).

    Die meisten Anhänger von PI mag man so nicht erreichen – aber es gibt ja auch Leute, die tatsächlich an ernstzunehmendem Journalismzus interessiert sind.

    Oder anders gesagt: Dass Medienkritik teilweise ja auch von den "falschen" Leuten komm, ändert ja nichts daran, dass die Medien tatsächlich oftmals auf breiter Front in erschreckender und mitunter katastrophaler Weise versagen.

  36. Und ganz, ganz, ganz wichtig: Den „Schüler.innen“ das korrekte Gendern der deutschen Sprache beibringen. Die Variante mit dem Punkt kannte ich noch gar nicht.

    P.S. Konsequenterweise müsste es aber dann auch „Zuschauer.innenmails“ heißen, ansonsten wären ja nur die Mails männlicher Zuschauer gemeint. Oder schreiben Zuschauerinnen keine Mails?

  37. @LLL

    „Das mag ja sein. Aber die Medien könnten doch trotzdem anfangen seriös zu arbeiten (was sie derzeit eben bei wichtigen Themen leider oftmals nicht tun; siehe etwa die in # 5 angegebene Quelle).“

    Das ist eine schlichte Behauptung von Ihnen. Ich habe das Gefühl, Sie suchen sich einzelne Themen, wo Sie auf „alternativen Seiten“ angebliche „Fakten“ bekommen und bei denen Sie sich fragen, warum diese in seriösen Medien nicht aufgenommen werden.

    Als Verdeutlichung z.B. zu ihrer Kritik an der Syrienberichterstattung:

    „Ein ingenieurwissenschaftliches Team der OPCW kommt nach ausführlichen Studien und Simulationen in Kooperation mit zwei Universitäten zum Schluss, dass die beiden Behälter mit Chlorgas, die in Duma gefunden wurden, mit hoher Wahrscheinlichkeit dort manuell platziert worden sein müssen, und dass sie also NICHT aus der Luft abgeworfen wurden. Der Bericht kommt damit zu einem Ergebnis, das auch jedem Laien einleuchtet: Metallzylinder können nicht aus großer Höhe ohne nennenswerte Verformung Beton durchschlagen.“

    Erstens halte ich es überhaupt nicht für einleuchtend, dass ein Metallzylinder sich verformen muss, wenn er Beton durchschlägt (das hängt mindestens von der Metalldicke und der Betonart ab. Grundsätzlich ist das aber durchaus möglich — Schauen Sie sich z.B. mal Bilder an, in denen Gastanks Häuser durchschlagen).

    Zweitens, und viel wichtiger: Im Rahmen der OPCW Untersuchung kam es sicherlich zu unzähligen Untersuchungen und Simulationen. Und die Experteneinschätzung war: Es ist wahrscheinlich, dass Sie von der Luft (vermutlich von Assad) abgeworfen wurden.
    Ein einzelne Berechnung, die dem entgegen spricht ist dabei irrelevant. Warum sollte man sich damit beschäftigen? Das macht nur Sinn, wenn man die OPCW nicht als neutral und versiert genug einschätzt — was ich aber für Unsinn halte.

    Das ist wie beim Klimawandel. Natürlich gibt es einzelne Studien, die den Einfluss vom Menschen nicht sehen o.Ä. Es ist aber Unsinn, diese Studien prominent in seriösen Medien darzustellen weil es einfach Einzelmeinungen sind, die am Grundkonsens nichts ändern. Die Medien sind mMn nicht dazu da, alle Themen in den tiefsten Breiten zu besprechen, sondern einen Überblick über Nachrichten zu geben! Wenn man sich genauer mit den einzelnen Themen beschäftigen will, muss man sich halt dementsprechend ausbilden. Ein Laie kann das schlicht nicht beurteilen. Dafür ist unsere Welt viel zu komplex.

    Das gilt für Venezuela etc. ganz analog.

    Sie stellen da mMn eine Anforderung an die Medien, die diese garnicht erfüllen können.

  38. Nach Lesen des gesamten TExtes muss ich Christian Deker und Carolin Fromm zwei Dinge fragen?
    Sind Sie naiv?
    Oder: Sind Sie arrogant?

    Die Einwänder der Lehrerin und des Schülers bzgl. unkritischer Fragen ist doch kein Mangel an Wissen über journalistische Arbeit oder Mangel an Medienkompetenz: Das ist direkt an Beispielen aus dem Leben gegriffen: Steffen Seibert hat sich zum Regierungssprecher hochgearbeitet durch seine Arbeit beim heute-Journal und Anne Will war in der „Griechenlandkrise“ ganz auf Regierungsseite und hat die Griechische Regierung damals schlecht aussehen lassen.

    Sie beide schreiben den TExt oben so als seien Journalisten so wichtig, dass man sich über die Arbeitsabläufe auskennen muss. Dabei klingen Sie aber eher als lebten Sie im Elfenbeintor und schauen von oben herab auf die Konsumenten. Dabei muss es so sein, dass Sie und Ihre Kollegen, ganz einfach Ihre Arbeit machen (ohne dass es auf den Namen des Autors von Artikeln oder Multimediabeiträgen ankommt, viele Veröffentlichungen benutzen statt Klarnamen immer noch Redakeurskürzel) und wenn die BErichterstattung unbestritten wahrhaftig bleibt, ist es als Wahrheit anzusehen.
    Bezüglich des offensichtlich Deutsch-Russen, der eine Diskrepanz zwischen russischen TV und deutschen TV erkennt, muss man sagen: Es ist in der Natur, dass ein russicher TV Sender die Nachrichten anders sieht als ein ausländischer Sender. Es ist ja zum Beispiel auch so, dass zum Beispiel CNN titelt „Far-right rally in Germany sparks mob violence“ (https://edition.cnn.com/videos/world/2018/08/29/germany-far-right-rally-violence-shubert-dnt-vpx.cnn) und wir wissen, dass es lediglich zu Jagdszenen kam und ansonsten die Nazis Ihren Schrott nur laut rumkrakeelt haben
    Genau mit solch Beispielen kann man solch Feststellungen gut argumentieren und vielleicht kritisch nachfragen „Hast du etwa bei RussiaToday diese Diskrepanz erkannt?“ und dann feststellen, dass Russia Today kein unabhängiger Sender ist, sondern ein Regierungssender und der Schüler vielleicht mal als Vergleich Deutsche Welle schauen soll, um den Unterschied zwischen Staatsfernsehen und ÖR zu erkennen.

    Auch der Hinweis bzgl der Lehrer, die ÖR nicht richtig aussprechen können, empfand ich als arrogant – es sei denn, diese Lehrer sprachen ÖR als „Staatsfunk“ aus. Dann hätten Sie aber diese Lehrer anzeigen können, damit diese aus dem Dienst entfernt werden: Denn der Arbeitgeber der Lehrer ist (außer bei Privatschulen) der Staat/das Bundesland.

  39. @ ICHBINICH:

    Werden Sie mir zumindest zugeben, dass es sehr merkwürdig ist, dass massive Stahlbehälter aus großer Höhe erst eine Betondecke durchschlagen, dann aber auf einem Bett lieben bleiben? Wohl auch nicht.

    Dass es „[i]m Rahmen der OPCW Untersuchung […] sicherlich zu unzähligen Untersuchungen und Simulationen [kam]“ ist nichts als eine Behauptung von Ihnen. Es ist eine durch absolut nichts belegte Spekulation. (Und zumindest mir scheint sie auch unplausibel zu sein; wenn eine Institution etwas untersucht, gibt es doch meistens für jede Aufgabe nur jeweils ein spezielles Team, das die spezifischen Untersuchungen durchführt. Oder jedenfalls sicher nicht viele Teams.)

    Keineswegs hingegen ist es Spekulation, dass ein ingenieurwissenschaftliches Team der OPCW die Sache sehr ausführlich und in Kooperation mit zwei Universitäten untersuchte – geleitet von einem sehr erfahrenen Mitarbeiter. Dies ist keine „einzelne Berechnung“, sondern eine ausführliche Experten-Analyse – warum diese „irrelevant“ sein soll, erschließt sich mir nicht.

    Wie wichtig es ist, verschiedene Seiten (soweit sie qualifiziert sind) zu hören und nicht nur die eine Seite, sollte doch spätestens seit dem Irak-Krieg und den Legenden um seine Massenvernichtungswaffen unstrittig sein.

    „Das ist wie beim Klimawandel. Natürlich gibt es einzelne Studien, die den Einfluss vom Menschen nicht sehen o.Ä. Es ist aber Unsinn, diese Studien prominent in seriösen Medien darzustellen weil es einfach Einzelmeinungen sind, die am Grundkonsens nichts ändern.“

    Nur gibt es da einen kleinen Unterschied: Es ist der weitgehende Konsens der Forscher und Studien, dass es einen menschgemachten Klimawandel gibt.
    Dass es – und sei es auch nur im Ansatz! – eine entsprechende qualifizierte Übereinstimmung im Hinblick auf Duma gäbe, darf hingegen wohl ausgeschlossen werden. Die meisten Wissenschaftler haben diesbezüglich ja vermutlich gar nicht die Daten, um eigene Untersuchungen durchzuführen.

    Die Analogie geht eher so: Die UNO untersucht, ob es einen Klimawandel gibt – und nur sie kennt die genauen Fakten. Eine Kommission, die sich speziell mit der Frage beschäftigt, ob der Klima-Wandel menschgemacht ist, kommt zum Schluss, dass er es ist. Davon steht aber nichts im offiziellen UN-Report. Darauf hin leaken UN-Mitarbeiter den Bericht.

    Es wird Sie nicht beeindrucken, aber ich möchte dennoch erwähnen, wie Robert Fisk, einer der renommiertesten Reporter der Welt (sieben mal „International Journalist of the Year“, zwei mal „Reporter of the Year“) in einer der renommiertesten Zeitungen Europas (dem „Independent“) die Sache beurteilt:

    „It is difficult to underestimate the seriousness of this manipulative act by the OPCW. […]
    And as for the gullible, viewing, reading public – us – this outrageous deceit by this supposedly authoritative body of international scientists can lead to only one conclusion: that we must resort once more to the Assanges and the Chelsea Mannings – ‚traitors‘ who harm western security in the in the eyes of their enemies – and the revelations of groups like Wikileaks, if we want to know the truth of what happens in our world and the real story behind the official reports.“

    Dabei vertraut Fisk dem Bericht der Ingenieur-Gruppe keineswegs blind, hält ihn aber für relevant.

    (Auch verstehe ich Ihren Optimismus im Hinblick auf die Neutralität der OPCW nicht ganz, wenn man sich ansieht, wie einfach die USA etwa ohne jeden Grund einen beliebten Leiter dieser Organisation schassen können oder bereit sind, seine Familie zu bedrohen, um ihn unter Druck zu setzen:
    https://theintercept.com/2018/03/29/john-bolton-trump-bush-bustani-kids-opcw/ )

    „Die Medien sind mMn nicht dazu da, alle Themen in den tiefsten Breiten zu besprechen, sondern einen Überblick über Nachrichten zu geben! Wenn man sich genauer mit den einzelnen Themen beschäftigen will, muss man sich halt dementsprechend ausbilden. Ein Laie kann das schlicht nicht beurteilen. Dafür ist unsere Welt viel zu komplex.

    Das gilt für Venezuela etc. ganz analog.“

    Oder mit anderen Worten:

    – Wenn die Amerikaner (mal wieder) völlig unbewiesene Behauptungen über
    den Einsatz verbotener Waffen vom Stapel lassen, dann ist das berichtenswert. Das gehört zum „Nachrichtenüberblick“.
    Wenn eine hochrangige Expertenkommission der OPCW in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten zum Ergebnis kommt, dass etwas nicht stimmen kann, ist das „irrelevant“.

    – Wenn westliche Politiker die humanitäre Misere in Venezuela allein auf die venezuelanische Regierung schieben, dann ist das berichtenswert.
    Wenn jedoch der langjährige Sonderberichterstatter der UNO für Venezuela, verschiedene Ökonomen und und ein großes und renommiertes Wirtschafts-Institut erklären, dass ein Großteil der humanitären Krise durch die Sanktionen des Westens zustandekommt, dann gehört das zu den „tiefsten Breiten“ und ist nicht berichtenswert. Wen das interessiert, der soll sich entsprechend selbst informieren.

    – Wenn die US-Regierung über ihre humanitären Motive in der Venezuela-Politik sprechen, dann ist das „Nachrichtenüberblick“. Wenn der amerikanische Präsident aber sagt, er könne gar nicht verstehen, dass man keinen Krieg mit Vennezuela habe, wo das Land doch so viel Öl habe, und wenn ein anderes hochrangiges Mitglied seiner Regierung ebenfalls auf wirtschaftliche Interessen abhebt (wenn auch vorsichtiger), dann ist das nicht berichtenswert.

    – Wenn nach renommierten Quellen die Sanktionen u.a. der Bundesrepublik eine wesentliche Mitschuld an der humanitären Krise in Syrien geben, dann ist das ebenfalls „tiefste Breite“ und uninteressant.

    – Wenn über irgendeinen Feind des Westens ein Nachruf erscheint, dann darf der Hinweis auf seine Verbrechen nicht fehlen. Wenn hingegen ein Nachruf auf einen westlichen Politiker erscheint, werden selbst schwere Verbrechen überhaupt nicht erwähnt oder stark runtergespielt.

    Usw.

    „Ich habe das Gefühl, Sie suchen sich einzelne Themen, wo Sie auf ‚alternativen Seiten‘ angebliche ‚Fakten‘ bekommen und bei denen Sie sich fragen, warum diese in seriösen Medien nicht aufgenommen werden.“

    Vielleicht liegt einfach daran, dass Sie nicht bereit sind, sich mit den von mir angegebenen Haupt-Belegquellen, die m.E. sehr überzeugend darlegen, dass die Berichterstattung bei vielen Themen sehr problematisch ist, auseinanderzusetzen? (Die entsprechenden Bücher habe ich Ihnen ja genannt.)
    Müssen Sie auch nicht. Es fragt sich nur, wieviel Sinn es hat, meine Thesen zu kritisieren, wenn Sie meine Argumente nicht bzw. nur extrem unvollständig kennen. Ist nicht irgendwie unfreundlich gemeint – nur für mich stellt sich eben diese Frage.

    (Und zumindest bei manchen Themen – etwa Ukraine- und Griechenland-Berichterstattung lässt sich doch allein schon aus den Artikeln von Herrn Niggemeier herauslesen, wie problematisch die Berichterstattung dort ist.)

  40. @LLL

    „Werden Sie mir zumindest zugeben, dass es sehr merkwürdig ist, dass massive Stahlbehälter aus großer Höhe erst eine Betondecke durchschlagen, dann aber auf einem Bett lieben bleiben? Wohl auch nicht.“

    Das kann ich Ihnen nicht beantworten weil mir schlicht die Daten dazu fehlen. Ich würde es aber nicht per se als unmöglich darstellen. (Und die Gegenfrage, warum jemand, der die Behälter dahin drapieren würde so dumm wäre, die nicht vernünftig zu positionieren ist ja genauso valide).

    Im Übrigen gibt es mehrere Studien von verschiedensten, unabhängigen Organisationen, die nachweisen, dass Assad bereits in mehreren Fällen in Syrien Giftgas eingesetzt hat (siehe z.B. https://www.gppi.net/media/GPPi_Schneider_Luetkefend_2019_Nowhere_to_Hide_Web.pdf ). Und dann liegt der Schluss nahe, dass es hier auch so war.

    „Wie wichtig es ist, verschiedene Seiten (soweit sie qualifiziert sind) zu hören und nicht nur die eine Seite, sollte doch spätestens seit dem Irak-Krieg und den Legenden um seine Massenvernichtungswaffen unstrittig sein.“

    Sehe ich nicht so. Das kommt immer darauf an, wer diese „beiden Seiten“ sind und ob sie glaubwürdig sind bzw. wie sich das in den Kontext einbettet.

    „Dass es – und sei es auch nur im Ansatz! – eine entsprechende qualifizierte Übereinstimmung im Hinblick auf Duma gäbe, darf hingegen wohl ausgeschlossen werden. “

    Für Douma konkret mögen Sie Recht haben, für Syrien allgemein gibt es diesen Konsens aber sehr wohl. Und „die Medien“ können mMn einfach nicht jeden Fall einzeln bis in letzte bewerten. Ein plausibler Schluss (Assad hat schon mehrfach Chemiewaffen eingesetzt, die OPCW kommt zum Schluss dass es hier (vermutlich) auch so war) reicht da für mich aus. Wie stellen Sie sich das auch sonst vor? Sollen die ÖR da nochmal selbst hinfahren um das nachzuprüfen? Das ist ganz einfach nicht möglich. Da muss man sich auf Informationen von externen verlassen. Und ich sehe nirgends, dass die ÖR irgendwo so getan haben, als ob sie es sicher wissen. Die Berichte, die ich kenne, sagen alle „Die OPCW hat berichtet, dass …“. Und da halte ich aus oben genannten Gründen auch die Relevanz der geleakten Studie nicht für hoch.
    (Aber das kann man natürlich auch anders sehen. Ich behaupte damit ja nicht, dass diese Relevanz von jedem anders eingeschätzt werden kann)

    Alles andere halte ich für einen komplett überzogenen Anspruch.

    Im Übrigen sagt auch Fisk:
    „But two words of warning. Just because the OPCW took the extraordinary decision to cover up some of its evidence in Douma does not mean that gas has not been used in Syria by the government or even by the Russians or by Isis and its fellow Islamists. Undoubtedly it has. All stand guilty of war crimes in the Syrian conflict. “

    „Wenn die Amerikaner (mal wieder) völlig unbewiesene Behauptungen über
    den Einsatz verbotener Waffen vom Stapel lassen, dann ist das berichtenswert. Das gehört zum „Nachrichtenüberblick“.
    Wenn eine hochrangige Expertenkommission der OPCW in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten zum Ergebnis kommt, dass etwas nicht stimmen kann, ist das „irrelevant“.“

    Natürlich nicht. Aber wenn Assad schon mehrfach Giftgas eingesetzt hat und eine unabhängige Institution zum Schluss kommt, dass das nochmal passiert ist und alle anderen Varianten unplausibel sind (die gestellten Bilder der angeblichen Inszenierung hatten wir ja schonmal), sollte man sich nicht mit irgendwelchen „Argumenten“ von RT beschäftigen.

    „Wenn der amerikanische Präsident aber sagt, er könne gar nicht verstehen, dass man keinen Krieg mit Vennezuela habe, wo das Land doch so viel Öl habe“

    Dieser Präsident sagt so viele wirre Sachen….
    Davon abgesehen sind die wirtschaftlichen interessen auf Tagesschau, Deutschlandfunk etc. berichtet wurde (Link lasse ich mal weg wg. Moderation). Und außerdem jedem vernünftigen Menschen sowieso klar.

    „Vielleicht liegt einfach daran, dass Sie nicht bereit sind, sich mit den von mir angegebenen Haupt-Belegquellen, die m.E. sehr überzeugend darlegen, dass die Berichterstattung bei vielen Themen sehr problematisch ist, auseinanderzusetzen? (Die entsprechenden Bücher habe ich Ihnen ja genannt.)“

    Die Bücher werde ich nicht lesen, ja.

    „Müssen Sie auch nicht. Es fragt sich nur, wieviel Sinn es hat, meine Thesen zu kritisieren, wenn Sie meine Argumente nicht bzw. nur extrem unvollständig kennen. Ist nicht irgendwie unfreundlich gemeint – nur für mich stellt sich eben diese Frage.“

    Ich nehme es nicht unfreundlich :)
    Ich glaube einfach tatsächlich, dass wir unterschiedlich auf die „Relevanz“ von einzelnen Themen schauen. Ich weiß, dass ich keine Chance habe bei allen Themen (Klimawandel, Venezuela, Syrien etc.) Expertenwissen anzusammeln. Ich könnte auch nicht einfach bewerten, ob diese geleakte Studie der OPCW valide ist oder nicht. Wie auch? Ich gebe aber zu bedenken, dass ein einfaches „das leuchtet ja wohl jedem ein“ meist zu Fehlschlüssen verleitet (wie z.B. ihr „Stahl kann Beton nicht ohne Verformung durchschlagen“)
    Deswegen „begnüge“ ich mich mit einem groben Überblick. Und da reicht mir z.B. das oben genannte und ich werde mich nicht mit unseriösen Quellen befassen (RT deutsch und Konsorten). Dazu fehlt mir schlicht die Zeit und ich halte das auch nicht für relevant.

    Daher auch das Beispiel mit dem Klimawandel. Natürlich könnte ich mir alle einzelnen Argumente einer solchen Quelle — ob nun RT Deutsch oder EIKE — befassen und sie einzeln widerlegen. Aber wozu, wenn ich doch beim bloßen Drüberschauen über die generelle Quelle bereits mehrere Unsinnsargumente sehe? Dann wird die gesamte Quelle bei mir gedanklich auf „beschäftige ich mich nicht mit“ gelegt — selbst wenn da vielleicht ab und zu mal ein richtiges Argument kommen mag. Denn wie gesagt habe ich weder Zeit noch Lust, diese da zu suchen und einzeln zu überprüfen.

    Ich gebe durchaus zu, dass ich damit bei einzelnen Themen (wie z.B. Douma oder meinetwegen einer neuen Studie zum Einfluss der kosmischen Strahlung auf den Klimawandel) nicht das breite Wissen oder die vollen Informationen habe um das genau einschätzen zu können.
    Ich denke aber, dass man mit diesem groben Blick die Hauptaussagen (Assad setzt Giftwaffen ein; der Mensch ist verantwortlich für den Klimawandel) trotzdem gut genug treffen kann. (Und ich habe bei Ihren Einzelargumenten auch nichts gesehen, was diesen Hauptaussagen auch nur ansatzweise widerspricht).

    Und ich halte es nur auch für einen überzogenen Anspruch, dass von „den Medien“ zu erwarten.

    Aber ich verstehe schon, dass Sie das anders sehen, aber das können wir dann wohl einfach nicht auflösen.

  41. @ ICHBINICH:

    „Im Übrigen gibt es mehrere Studien von verschiedensten, unabhängigen Organisationen, die nachweisen, dass Assad bereits in mehreren Fällen in Syrien Giftgas eingesetzt hat [Quelle entfernt, LLL]. Und dann liegt der Schluss nahe, dass es hier auch so war.“

    Erstens ist das Letzte nur ein Indiz. Es ist keinesfalls ein Beweis, der es erlauben würde, Kontra-Argumente einfach vom Tisch zu wischen.
    Genauso gut oder besser kann man argumentieren, dass ein Giftgasangriff mit relativ wenig (nur schwach giftigem) Chlorgas für das landesweit siegreiche Assad-Regime kurz vor der ohnehin kurz bevorstehenden Einnahme von Duma nicht einen Funken militärischen Sinn machte, aber ein großes Risiko für es darstellte; dass das Regime wahrlich bescheuert sein müsste, es trotzdem zu machen. Dass es aber für die Rebellen aber extrem viel Sinn machte, einen solchen Angriff zu simulieren. (Das Cui-bono-Prinzip ist seit Alters her ein wichtiges Analyse-Instrument in Kriminalistik und Politik.)

    „Für Douma konkret mögen Sie Recht haben, für Syrien allgemein gibt es diesen Konsens aber sehr wohl.“

    Schon allein wenn es für Duma keinen Konsens gibt, reicht das völlig aus, um auch qualifizierte Expertenmeinungen zu Wort kommen zu lassen, die andere Meinungen als der offizielle OPCW-Bericht nahelegen.

    Zweitens: Wenn Sie meinen, dass es im Hinblick auf die anderen Giftgasangriffe einen allgemeinen Experten-Konsens ohne ernste Zweifel gäbe, könnte das vielleicht daran liegen, wie Sie sich informieren?
    Ist Ihnen zum Beispiel Scott Ritter noch ein Begriff – ein Waffeninspekteur aus dem Irak, auf den seinerzeit niemand gehört hat?
    Oder Theodore Postol und Richard Lloyd, die von der New York Times als „führende Waffenexperten“ bezeichnet werden und in anderen Fällen Expertisen über Giftgasangriffe in Syrien erstellt haben, die von der NYT ausführlich berichtet wurden?
    (Postol ist vor allem deswegen bekannt ist, weil er die Lügen der US-Regierung über die vermeintliche Effektivität der Patriot-Raketen im Golf-Krieg 1991 aufdeckte – die US-Regierung musste später seine Kritik bestätigen.)

    Wie viele andere Experten, die eigenständige Analysen vorgenommen oder die Analysen Dritter kompetent und kritisch rezipiert haben (denn das ist ja entscheidend), gibt es denn?

    Aber da kommen wir zu einem nächsten Problem: Sie scheinen zirkulär und selbst-immunisierend zu argumentieren: Für Sie steht fest, wie es war; und wer dieser Version widerspricht (und seien es höchst renommierte Waffenexperten, die bereits in der Vergangenheit „offizielle Geschichten“ entlarvt hat), wird unbesehen als „irrelevant“ zur Seite geschoben. Was die eigene Version bestätigt – und nur das – ist hingegen ein Argument. So kann Ihre These immer nur bekräftigt, nie aber entkräftet werden.

    „Das kommt immer darauf an, wer diese ‚beiden Seiten‘ sind und ob sie glaubwürdig sind bzw. wie sich das in den Kontext einbettet.“

    Allerdings. Und in dem einen Fall besteht die jeweilige Seite, die Sie offenbar für noch nicht einmal für hörenswert halten, aus:

    – Führende Waffenexperten, die teils bereits in der Vergangenheit Propaganda aufgedeckt haben.

    – Ein Team der OPCW, geleitet von einem langjährigen führenden Mitarbeiter, das in Zusammenarbeit mit Universitäten ausführliche Analysen erstellt hat.

    – Der langjährige ehemalige Sonderberichterstatter der UNO für Venezuela, unterschiedliche Wirtschaftsexperten, ein renommiertes Wirtschaftsinstitut.

    Ich plädiere ja nicht dafür, dass man NUR solche Stimmen zu Worte kommen lassen sollte. Ich plädiere nur, dass man sie AUCH hören sollte. Wenn Sie das anders sehen, dann würde ich an dieser Stelle einfach sagen: Wir sollten uns an dieser Stelle einigen, dass wir uns nicht einigen können.

    „Sollen die ÖR da nochmal selbst hinfahren um das nachzuprüfen? Das ist ganz einfach nicht möglich. Da muss man sich auf Informationen von externen verlassen.“

    Gut, das haben sie mit Uli Gack ja getan und kamen im Effekt zur gleichen Vermutung, die auch durch den Bericht des ingenieurwissenschaftlichen Team der OPCW und Fisks Recherchen nahelegt wird.
    Aber das würde ich nicht verlangen. Nur sollte es eben berichtet werden, wenn hochkarätige Experten (aus der OPCW selbst), die ausführliche Untersuchungen durchgeführt haben, zu einem ganz anderen Ergebnis als der offizielle Bericht kommen, und wenn dieser Bericht geleakt wird.

    „Im Übrigen sagt auch Fisk:“

    Richtig. Aber ernst gemeinte Frage: Inwieweit ist das für unsere Diskussion relevant?
    Ich hatte doch gleich geschrieben: „Dabei vertraut Fisk dem Bericht der Ingenieur-Gruppe keineswegs blind, hält ihn aber für relevant.“
    Genau darum geht es: Fisk ist vorsichtig, hält den geleakten Bericht aber für absolut berichtenswert. Etwas anderes habe ich auch nie behauptet. Und genau das ist auch mein Punkt und meine Argumentation.
    Ich fühle mich ein wenig auf den Schlips getreten, wenn Sie nun Fisk in einer Weise zitieren, die nahelegt, ich hätte seine Position irgendwie irreführend wiedergegeben, oder selektiv in einer für meine Argumentation relevanten Weise.

    Ich schrieb:

    „Wenn eine hochrangige Expertenkommission der OPCW in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten zum Ergebnis kommt, dass etwas nicht stimmen kann, ist das ‚irrelevant‘.“

    Sie antworten:

    „Natürlich nicht. Aber wenn Assad schon mehrfach Giftgas eingesetzt hat und eine unabhängige Institution zum Schluss kommt, dass das nochmal passiert ist und alle anderen Varianten unplausibel sind (die gestellten Bilder der angeblichen Inszenierung hatten wir ja schonmal), sollte man sich nicht mit irgendwelchen ‚Argumenten‘ von RT beschäftigen.“

    Was denn nun? Einmal sagen Sie, dass der geleakte Bericht „natürlich nicht“ irrelevant sei – was man wohl so deuten darf, dass er durchaus relevant und berichtenswert sei. Zugleich sagen Sie, dass das ein „Argument“ von RT sei, mit dem man sich nicht beschäftigen müsse. Ja was denn nun?

    Wenn also hoch renommierte unabhängige Waffenexperten zum Schluss kommen, dass eine bestimmte Version zweifelhaft ist oder nicht stimmt, oder wenn ein äußerst erfahrener Führungs-Mitarbeiter der OPCW mit seinem Team nach ausführlichen Analysen in einem anderen Fall zum gleichen Schluss kommt: Dann sind das für Sie „Argumente“, also Pseudo-Argumente? Das kann man a priori so mit Bestimmtheit sagen, auch wenn man sich nicht mit den Argumenten auseinandergesetzt hat?

    Und warum es „Argumente von RT“ sein sollen, um die es hier geht, ist mir nicht klar. Andere Medien haben es auch berichtet, und ich habe es nicht bei RT, sondern anderswo gelesen.
    Sie sind sich schon bewusst, dass ein Argument von demjenigen stammt, der es äußert, und nicht von jemandem, der es berichtet? Die Argumente des OPCW-Teams oder diejenigen von unabhängigen Experten „sind vom“ OPCW-Team und „von den“ entsprechenden unabhängigen Experten, nicht „von“ RT.

    Gut. Ich würde sagen, da kommen wir nicht weiter. Einigen wir uns darauf, dass wir hier einen Dissens haben.

    „Dieser Präsident sagt so viele wirre Sachen….
    Davon abgesehen sind die wirtschaftlichen interessen auf Tagesschau, Deutschlandfunk etc. berichtet wurde (Link lasse ich mal weg wg. Moderation). Und außerdem jedem vernünftigen Menschen sowieso klar.“

    Okay – wenn die USA humanitäre Motive äußern, ist das berichtenswert. Wenn sie andere Motive äußern, dann nicht, weil das eh alles wirr ist (wobei man sonst gerne von Trumps Wirrungen berichtet und Bolton sich ähnlich, wenn auch deutlich weniger martialisch äußerte), oder weil es allen bekannt oder trivial.

    „Die Bücher werde ich nicht lesen, ja.“

    Das ist wie gesagt Ihr gutes Recht. Nur macht es dann vielleicht wenig Sinn, sich über Thesen zu streiten, die zu einem Großteil auf ebenjenen Büchern basieren.
    Wenn Sie beispielsweise in der Wissenschaft auf irgendeinen Text eingehen würden, ohne die zentralen Quellen des Autors zur Kenntnis nehmen zu wollen, würde Ihr „Paper“ sofort im Papierkorb landen.
    Nun ist das hier keine Wissenschaft – aber dass man Argumente, die man gar nicht kennt, nicht unbedingt leicht beurteilen kann, oder dass es wenig Sinn macht, jemanden zu kritisieren, dessen entscheidende Argumente man weder kennt noch auch nur kennen will, ist wohl ein allgemein einsichtiges rationales Prinzip.

    Im Übrigen habe ich Sie ja auch wiederholt etwa auf die Artikel von Herrn Niggemeier hingewiesen, die allein für sich genommen doch im Fall der Ukraine- und der Griechenland-Berichterstattung doch auf erhebliche Defizite aufmerksam machen. (Niggemeier: „Ich fürchte, dass selbst Sisyphos den Auftrag ablehnen würde, all die Fehler, Irrtümer, Boshaftigkeiten, Unterstellungen, Voreingenommenheiten, Verdrehungen und Ressentiments in der Berichterstattung deutscher Medien über die neue griechische Regierung richtigzustellen, aus Sorge, die Aufgabe könnte ihn zu einem unglücklichen Menschen machen.“)

    Soweit ich mich erinnern kann, sind Sie nie auf diese Argumente von mir eingegangen.

    „Natürlich könnte ich mir alle einzelnen Argumente einer solchen Quelle — ob nun RT Deutsch oder EIKE — befassen und sie einzeln widerlegen.“

    Warum fokussieren Leute, die etablierte Medien verteidigen und alternative kritisieren, so gerne auf fragwürdige Alternativ-Medien? Warum nicht über nicht seriösere (etwa ConsortiumNews, The Intercept, fair[dot]org, MediaLens etc.).

    Und ja: Ich bin auch kein Experte für alles. Gerade deshalb finde ich es wichtig, verschiedene Quellen zu hören, sofern diese augenscheinlich kompetent und seriös sind.
    Wenn fast alle Experten, die durch eigene Analysen oder durch das kompetente Nachvollziehen von Analysen Dritter zu einer qualifizierten Meinung gelangt sind, sich einig sind, dann mag es weniger wichtig sein, auch andere Stimme zu hören (obwohl es auch hier Gegenbeispiele gibt).

    Das ist bei unseren Beispielen aber absolut nicht der Fall. Beispielsweise haben nicht zahlreiche Wissenschaftler die Daten in Duma begutachtet, sondern (soweit man weiß) nur die OPCW; und der Teil der OPCW, der sich speziell mit der Frage der Urheberschaft bestätigte und dazu aufwendige Simulationen durchgeführt hat, kam zu einem anderen Ergebnis als der offizielle Bericht. Da steht nicht ein Wissenschaftler gegen 1000 andere, sondern ein Team gegen ein anderes und die Leitung.

    „Ich glaube einfach tatsächlich, dass wir unterschiedlich auf die ‚Relevanz‘ von einzelnen Themen schauen.“

    Das ist wohl so:

    – Wenn Land A und Land B sich streiten, und gute Gründe dafür sprechen, dass es Land B deswegen schlecht geht, weil i) die Regierung dort Misswirtschaft betreibt UND ii) weil Land A Land B sanktioniert, dann finde ich BEIDES berichtenswert. Ich finde nicht nur die Perspektive von Konfliktpartei A berichtenswert.
    – Wenn Feinde des Westens Verbrechen begehen, finde ich das berichtenswert. Wenn westliche Politiker das tun, aber auch.
    – Usw.

  42. Und ergänzend:

    Natürlich gibt es auch lesenswerte deutschsprachige Alternativmeiden. Etwa die Nachdenkseiten – man kann manches kritisieren, aber das ist bei anderen Medien auch so. Und kritisch lesen sollte man ja eh immer.
    Jedenfalls berichten sie auch relevante Informationen, die man sonst nicht so leicht findet. Zum Beispiel dass die westlichen Sanktionen in Syrien (die das Regime dort nicht zum Sturz bringen) viel Elend über die Zivilbevölkerung bringen.
    https://www.nachdenkseiten.de/?p=50545

    Der Vorwurf: Die normalen Medien berichten das kaum oder spielen es herunter. Das scheint wahr zu sein, jedenfalls war das auch das Ergebnis meiner kurzen Recherche. Lesen Sie vielleicht doch mal diesen Artikel und machen Sie sich Ihr eigenes Bild.

    Oder sind Sie der Meinung, dass Sanktionen durch die BRD, die in einem anderen Land großes Leid verursachen, selbst dann nicht relevant und berichtenswert sind, wenn ausführlich über dieses Land berichtete wird? (Auf dieses mein Beispiel sind Sie ja gar nicht eingegangen.)

    Herr Niggemeier hatte Albrecht Müller, den Mitherausgeber der Nachdenkseiten zwar auch schon kritisiert (in einem Fall nicht ganz zu Unrecht), aber auch konzediert, „dass er [Müller] mit seiner Kritik, dass Journalisten immer noch nicht verstanden haben, welchen Anteil sie mit ihrer oft kampagnenhaften Berichterstattung an ihrem eigenen Vertrauensverlust haben, in vielen Punkten Recht hat.“

  43. Ein Doppelaccount unterhält sich mit sich selbst über syrische Bomben wenn das Thema Medienkompetenz im Klassenzimmer ist. Kannste dir nicht ausdenken. So billige Strategien zu erkennen sollte man den Kids beibringen.

  44. @SCHNELLINGER

    Sie haben Recht, das ist sehr off topic und ich werde es lassen (auch weil ich denke, dass wir da eh nicht weiter kommen). Aber ich kann diese Pauachalkritik an „den Medien“ einfach schwer so stehen lassen.

    Allerdings bin ich keine Sockenpuppe, darauf würde ich dann doch bestehen wollen…

  45. @ Schnellinger:

    Wenn Sie nicht in der Lage sind, ICHBINICH und meine Wenigkeit zu unterscheiden, dann seien Sie doch so freundlich, diese Peinlichkeit für sich zu behalten.
    Und wenn Sie einen Verdacht haben, können Sie ihn ja den Moderatoren melden. Die können dann die IPs vergleichen usw.

    Und noch etwas: Sowohl ICHBINICH wie auch ich haben (auch zu ON-Topic-Themen) bereits Kommentare geschrieben, die den Namen „Kommentar“ verdienen. Bei Ihnen hingegen erinnere ich mich ausschließlich an (meist aggressiv gehaltene) Zwei- oder Dreizeiler, die häufig auch nichts zum Thema beinhalten, sondern sich darin erschöpfen, Mitkommentatoren ans Bein zu pinkeln. So wie jetzt wieder.

    @ ICHBINICH:

    Folgende Frage:
    Wieso lehnen Sie es eigentlich so grundsätzlich ab, die von mir genannten Bücher zu lesen?
    Vom Buch von Krüger etwa („Mainstream“), welches ich zum Einstieg empfehlen würde, gibt es eine Sonderausgabe durch die Landeszentralen für Politische Bildung und eine gekürzte Fassung, herausgegeben durch die Bundeszentrale für Politische Bildung. Es wurde auch hier auf Übermedien – insgesamt sehr wohlwollend – rezensiert.
    Das ist kein Beweis dafür, dass alles richtig ist, was Krüger schreibt; aber man wird das Buch nicht unbesehen einfach in die „unseriöse Ecke“ schieben können.

    Wieso sollte jemand, der sich ernsthaft für Medienkritik interessiert, nicht auch an solch einem Buch interessiert sein? Wieso sollte er – mehr noch – ausschließen, ein solches Buch zu lesen?
    Dass es daran liegt, dass Sie eine andere Meinung nicht hören wollen, auch wenn sie argumentativ begründet wird, will ich Ihnen mal nicht „unterstellen“.
    Was also ist der Grund?
    Natürlich respektiere ich Ihre Entscheidung, und Sie sind auch nicht verpflichtet, das zu erklären, aber es würde mich ehrlich interessieren.

    Noch mehr interessieren würde mich jedoch etwas anderes. Sie schreiben:

    „Aber ich kann diese Pauachalkritik an ‚den Medien‘ einfach schwer so stehen lassen.“

    Es ist Ihr gutes Recht, meine zentralen Belege für meine „Pauschalkritik“ (die gar nicht so pauschal ist) zu ignorieren.
    Es ist auch Ihr gutes Recht, meine Kritik zu widersprechen.

    Was ich aber beim besten Willen nicht verstehe:
    Wie kann man beides ZUGLEICH tun: Einerseits meiner Kritik widersprechen wollen, sich andererseits aber weigern, sich überhaupt ernsthaft mit ihr bzw. ihrer Begründung auseinanderzusetzen?

    Ich begegne diesem Phänomen immer wieder:
    Manche Leute wollen eine harte, grundsätzliche Medienkritik nicht unkommentiert im Raume stehen lassen. Gleichzeitig sind sie nicht bereit, sich mit der Basis dieser Kritik auseinanderzusetzen. Was ist der Grund?

    Manchmal habe ich den Verdacht, dass einige Leute einfach nicht wollen, dass die Kritik berechtigt ist, aber ahnen, dass sie diese Kritik nicht so einfach zur Seite schieben könnten. Und dass sie es daher vorziehen, sich mit den Grundlagen einer solchen Kritik gar nicht erst detailliert zu befassen. Gleichzeitig wollen diese Leute die Kritik aber auch nicht so stehen lassen, und widersprechen ihr, ohne sich ernsthaft mit ihr auseinanderzusetzen. *

    Aber das ist nur meine Mutmaßung. Vielleicht können Sie mir eine bessere Antwort geben?

    (* Vor einiger Zeit etwa befasste sich irgendein ÖR-Format mit relativ leicht zu widerlegender, rechter Medienkritik. Ich meine es war dann Paul Schreyer, der fragte, ob das Format auch die genannten Bücher von Krüger und Teusch kenne. Ja, die kenne man selbstverständlich, war die Antwort. Man zog es allerdings offenbar vor, sich NICHT mit dieser Kritik auseinanderzusetzen, sondern mit leicht zu widerlegender „rechter“ Kritik.)

  46. @ IchBinIch:

    Meine Fragen sind übrigens weder rhetorisch noch irgendwie unfreundlich gemeint, sondern reflektieren genuines Interesse – was aber natürlich nicht heißt, dass ich Sie zu einer Antwort drängen wollen würde.

  47. @LLL

    Auch auf die Gefahr hin die anderen hier nochmal zu nerven:

    „Meine Fragen sind übrigens weder rhetorisch noch irgendwie unfreundlich gemeint, sondern reflektieren genuines Interesse – was aber natürlich nicht heißt, dass ich Sie zu einer Antwort drängen wollen würde.“

    Das glaube ich Ihnen — es ist nur so, dass ich nicht hauptberuflich kommentiere und daher auch oft keine Zeit habe, seitenlange Kommentare zu verfassen ;)

    „Erstens ist das Letzte nur ein Indiz. Es ist keinesfalls ein Beweis, der es erlauben würde, Kontra-Argumente einfach vom Tisch zu wischen.“

    Ich habe auch nicht gesagt, dass es ein Beweis ist. Aber ein Indiz, was zu der Theorie passt.

    „Das Cui-bono-Prinzip ist seit Alters her ein wichtiges Analyse-Instrument in Kriminalistik und Politik“

    Vom „Cui bono“ Prinzip halte ich garnix. Das wird komischerweise (typischerweise auf VT-Seiten) immer nur benutzt, wenn es einem in den Kram passt. Mit diesem „Prinzip“ kann man sogut wie alles „beweisen“. Da würde z.B. auch passen, dass Russland den Angriff gestellt hat um es den USA in die Schuhe zu schieben und Zweifel zu säen etc. Da kann sich jeder ausdenken, was er will.

    „Wenn Sie meinen, dass es im Hinblick auf die anderen Giftgasangriffe einen allgemeinen Experten-Konsens ohne ernste Zweifel gäbe, könnte das vielleicht daran liegen, wie Sie sich informieren?“

    Natürlich. Gegenfrage: Dass Sie Zweifel haben, kann das vielleicht daran liegen, wie Sie sich informieren?

    „Wie viele andere Experten, die eigenständige Analysen vorgenommen oder die Analysen Dritter kompetent und kritisch rezipiert haben (denn das ist ja entscheidend), gibt es denn?“

    Ich hatte Ihnen oben eine Quelle verlinkt. Auch in Wikipedia finden sie noch einige andere Quellen dazu. Mir genügen diese auf jeden Fall. (Interessanterweise findet man diese Studien z.B. auch nicht auf Nachdenkseiten u.Ä. Merkwürdig, oder?)

    Aber natürlich bedeutet das nicht, dass Assad es auch bei Douma war. Da verweise ich aber nochmal auf meinen alten Kommentar: Das ist mir dann auch im Prinzip egal. Ich bin kein Experte und kann nicht jeden Angriff analysieren. Deswegen auch der Vergleich zu den Klimaexperten: Wenn da einen neue Studie kommt, dass die kosmische Strahlung für den Klimawandel verantwortlich ist, analysiere ich auch nicht diese Studie sondern vertraue der Mehrheit der Wissenschaftler. Ich habe weder die Kapazitäten noch die Fähigkeit, jedes Detail einzeln zu prüfen.

    „Was die eigene Version bestätigt – und nur das – ist hingegen ein Argument. So kann Ihre These immer nur bekräftigt, nie aber entkräftet werden.“

    Nein, das ist nicht der Fall. Nur das Problem ist ja: Ich kann nie und nimmer alle einzelnen Argumente selbst prüfen. Und dessen bin ich mir durchaus bewusst. Und nur weil ein Argument „plausibel“ klingt, ist es das nicht unbedingt.
    Das wollte ich auch mit dem Beispiel, dass Stahl sehr wohl Beton ohne Schäden durchschlagen kann, zeigen. Nur weil etwas „plausibel“ klingt, muss das noch lange nicht so sein.
    Das ist ja genau das, wie VT aufgebaut sind. Man erzählt etwas, das „plausibel“ klingt, aber — wenn man sich auskennt bzw. tiefer forscht — unsinnig ist. Nur: Ich habe keine Zeit und Lust diese einzelnen Argumente auf Richtigkeit zu überprüfen!

    „Ich plädiere ja nicht dafür, dass man NUR solche Stimmen zu Worte kommen lassen sollte. Ich plädiere nur, dass man sie AUCH hören sollte. Wenn Sie das anders sehen, dann würde ich an dieser Stelle einfach sagen: Wir sollten uns an dieser Stelle einigen, dass wir uns nicht einigen können.“

    Also auf Klimawissenschaft bezogen: „Man sollte auch Klimaleugner zu Wort kommen lassen“. Und nein, der Meinung bin ich nicht. Ich gebe gerne zu, dass es bei Syrien nicht so eindeutig ist wie beim Klimawandel — das Beispiel soll nur zur Verdeutlichung meines Punktes dienen dass es nicht immer sinnvoll ist, Gegenmeinungen zu veröffentlichen.

    „Gut, das haben sie mit Uli Gack ja getan und kamen im Effekt zur gleichen Vermutung, die auch durch den Bericht des ingenieurwissenschaftlichen Team der OPCW und Fisks Recherchen nahelegt wird.“

    Wie gesagt ist das eine andere Theorie, nämlich dass der IS das war (und nicht die Weißhelme/die USA). Aber auch das wurde natürlich auf RT und Konsorten berichtet. Noch eine Gemeinsamkeit mit den Klimaleugnern: Alles, was dagegen spricht, dass die Menschen am Klimawandel Schuld sind, wird berichtet — vollkommen egal, ob sich die Theorien selbst widersprechen. Da ist es dann auch egal, ob der Klimawandel an sich geleugnet wird, es die Sonne ist, oder Vulkane oder sonstiges. Das gilt für Syrien und die Berichte auf RT analog. Hauptsache es waren nicht Assad/Russland. (Ein ähnliches Phänomen gab es ja beim Abschuss von MH17. Da waren es erst Abfangjäger, dann wollten die Rebellen eigentlich das Flugzeug von Putin treffen usw.)

    Das ist ja auch eine typische Strategie um einen wissenschaftlichen Konsens zu unterminieren: Man veröffentlicht soviele sich widersprechende Theorien dass am Ende keine mehr weiß, was wahr ist. Hauptsache, man verwirrt die Rezipienten. Das hat schon bei der Schädlichkeit von Tabakkonsum so funktioniert.

    „Was denn nun? Einmal sagen Sie, dass der geleakte Bericht „natürlich nicht“ irrelevant sei – was man wohl so deuten darf, dass er durchaus relevant und berichtenswert sei. Zugleich sagen Sie, dass das ein „Argument“ von RT sei, mit dem man sich nicht beschäftigen müsse. Ja was denn nun?“

    Vielleicht reden wir aneinander vorbei. Deswegen nochmal anders formuliert:

    Den Bericht halte ich nicht für Nachrichtensendungen als relevant. Also Tagesschau, Tageszeitungen etc. (das ist das, was mMn mit „die Medien“ gemeint wird)
    Für spezielle Themenschwerpunkte/Dokumentationen, bei denen man sich mehr Zeit für die Diskussion/Einordnung nehmen kann, sind diese detaillierten Punkte natürlich relevant. Dann aber nur in Zusammenhang mit anderen Studien (z.B. Assad hat schon viele Giftgasanschläge begangen etc.). Sprich (so wie es sich mir bisher darstellt): Es mag sein, dass der Angriff auf Douma nicht von Assad befohlen wurde bzw. mglw. kein Angriff stattfand. Aber es gab vorher schon unzählige Angriffe mit Giftgas auf die syrische Bevölkerung durch Assad, weswegen das jetzt auch irgendwie egal ist. (überspitzt gesagt).

    Ähnlich wie man bei einer Dokumentation über den Klimawandel natürlich auch Argumente der Skeptiker nennen sollte (Aber auch hier natürlich nur mit sinnvoller Einordnung).

    „Andere Medien haben es auch berichtet, und ich habe es nicht bei RT, sondern anderswo gelesen.“

    Auf RT komme ich, weil Sie letztens einen Artikel verlinkt haben, der sich im Wesentlichen auf RT bezogen hat (bzw. — soweit ich mich erinnere — von einer RT-Reporterin geschrieben wurde). Und ich beschäftige mich nicht mit Argumenten die von Seiten kommen, die sonst nur Lügen verbreiten. Natürlich mag da ab und an ein valides Argument dabei sein, aber ich fange da sicher nicht an zu suchen. (hier wieder analog z.B. zu EIKE)

    „Okay – wenn die USA humanitäre Motive äußern, ist das berichtenswert. Wenn sie andere Motive äußern, dann nicht, weil das eh alles wirr ist (wobei man sonst gerne von Trumps Wirrungen berichtet und Bolton sich ähnlich, wenn auch deutlich weniger martialisch äußerte), oder weil es allen bekannt oder trivial.“

    Wie oben beschrieben werden die wirtschaftlichen Interessen von den USA ja durchaus berichtet — ich habe davon zumindest gelesen und konsumiere im Wesentlichen ja nur „Systemmedien“.

    „Das ist wie gesagt Ihr gutes Recht. Nur macht es dann vielleicht wenig Sinn, sich über Thesen zu streiten, die zu einem Großteil auf ebenjenen Büchern basieren“

    Ich wüsste nicht, dass wir über Thesen aus dem Buch streiten. Es ging doch hier um Syrien…

    „Soweit ich mich erinnern kann, sind Sie nie auf diese Argumente von mir eingegangen.“

    Wie gesagt ist das eher ein Zeitthema. Ich komme selten dazu seitenlange Kommentare zu schreiben. Deswegen versuche ich mich auf ein Thema (hier: Syrien) zu konzentrieren und Ihnen anhand dieses Beispiels zu erklären, wie meine Meinung zu den Medien/der Berichterstattung ist.
    Ich glaube nicht, dass eine noch weitere Auffächerung des Themas zielführend ist.

    „Warum fokussieren Leute, die etablierte Medien verteidigen und alternative kritisieren, so gerne auf fragwürdige Alternativ-Medien? Warum nicht über nicht seriösere (etwa ConsortiumNews, The Intercept, fair[dot]org, MediaLens etc.).“

    Ganz einfach: Weil ich die (zumindest teilweise) als Bestandteil „der Medien“ zähle. Sie sind zwar politisch eingefärbt, ich würde sie aber nicht in eine Schublade mit RT werfen. (Und wie gesagt habe ich RT nur genommen, weil ihr Artikel bezüglich Syrien dazu gehörte).

    „Und ja: Ich bin auch kein Experte für alles. Gerade deshalb finde ich es wichtig, verschiedene Quellen zu hören, sofern diese augenscheinlich kompetent und seriös sind.“

    Und wie entscheiden Sie das? Das ist ja genau mein Punkt. MMn kann man das nur sehr schwer und sollte sich dessen bewusst sein. Und bei Artikeln, die mit „das ist doch für jeden mit gesundem Menschenverstand plausibel“ argumentieren, sehr vorsichtig sein. Denn da kommt meistens nur Unsinn.

    „Wenn fast alle Experten, die durch eigene Analysen oder durch das kompetente Nachvollziehen von Analysen Dritter zu einer qualifizierten Meinung gelangt sind, sich einig sind, dann mag es weniger wichtig sein, auch andere Stimme zu hören (obwohl es auch hier Gegenbeispiele gibt).“

    Natürlich. Auch eine Menge von Experten kann sich irren. Nur: die Wahrscheinlichkeit, dass ich das herausfinde, schätze ich realistisch als sehr sehr klein ein. (Und das betrifft genauso die Betreiber von irgendwelchen obskuren Blogs — da gehören z.B. die von Ihnen zitierten Nachdenkseiten in den letzten Jahren mMn auch dazu; das ist mir dann doch deutlich zu einseitig dort)

    „Wieso sollte jemand, der sich ernsthaft für Medienkritik interessiert, nicht auch an solch einem Buch interessiert sein? Wieso sollte er – mehr noch – ausschließen, ein solches Buch zu lesen?
    Dass es daran liegt, dass Sie eine andere Meinung nicht hören wollen, auch wenn sie argumentativ begründet wird, will ich Ihnen mal nicht „unterstellen“.
    Was also ist der Grund?“

    Wie oben schon geschrieben: Zeitgründe. Ich bin kein Journalist und beschäftige mich nicht hauptberuflich mit diesen Themen.

    Und ja, da kommt sicher noch dazu dass ich auf diese Art von Büchern der angeblichen Aufdeckung der „Lügenpresse“ etwas allergisch reagiere. In meinem Umfeld sind ein paar Leute, die sich primär über diese „Alternativquellen“ informieren und mehrere Bücher dieser Machart im Schrank stehen haben. Es mag sein, dass Herr Krüger nur mit seinem Titel die Vermarktung seines Buches steigern will (denn er spielt ja definitiv mit den „Lügenpresse“-Vorwürfen). Aber das reicht mir schon dafür, das Buch nicht lesen zu wollen.

    „Manchmal habe ich den Verdacht, dass einige Leute einfach nicht wollen, dass die Kritik berechtigt ist, aber ahnen, dass sie diese Kritik nicht so einfach zur Seite schieben könnten. Und dass sie es daher vorziehen, sich mit den Grundlagen einer solchen Kritik gar nicht erst detailliert zu befassen. Gleichzeitig wollen diese Leute die Kritik aber auch nicht so stehen lassen, und widersprechen ihr, ohne sich ernsthaft mit ihr auseinanderzusetzen.“

    Es kann sein, dass Sie diesen Eindruck haben. Ich habe jetzt nochmal versucht, Ihnen meine Sichtweise darzustellen.
    Was ich aber nicht kann ist, Ihnen z.B. anhand des geleakten Berichts der OPCW nachzuweisen, dass dieser fehlerhaft ist. Wie sollte ich das auch tun können? Bzw. wie stellen Sie sich denn eine ernsthafte Auseinandersetzung hier vor?

    Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich diesen Bericht — im Nachrichtenkontext — nicht für berichtenswert erachte weil es eine einzelne Gegenstimme ist, die entgegen mehreren Untersuchungen steht, die (zumindest für die überwiegende Mehrzahl der Giftgasangriffe in Syrien) Assad als Schuldigen ausmachen.
    Und wenn man diese Nachricht bringen würde, müsste man jede Untersuchung, die Assads Schuld bei anderen Angriffen bespricht, auch veröffentlichen. Das ist mMn schlicht nicht möglich.

    Analog wie gesagt wieder bezüglich Klimawandel: Wenn man Skeptiker zu Wort kommen lassen würde um einzelne Studien zu nennen, müsste man gleichzeitig über ALLE anderen Studien berichten, die dem entgegensprechen. Und das ist einfach nicht machbar.

  48. Ich bin erschüttert. Zwei NDR-Redakteure stehen vor Schulklassen und reden die journalistische Welt schön. Genau daran krankt diese, auch meine, Berufsgattung: Wenig Kritikfähig, wenns um einen selbst geht. Und gerne einen Hauch von oben herab. Ich hatte vor kurzem das Vergnügen, Nicole Diekmann (ZDF, #nazisraus) kennenzulernen. Ihre 90 Minuten waren ähnlich aufgebaut. Sie hat die Hälfte der Zeit Kolleg*innen-Bashing betrieben. Ich konnte meine Moral gar nicht dazu befragen. Mir wurde einfach gleich kotzübel, weil ich es ekelhaft fand.

    Ich war 5 Jahre lang Begleiterin einer Berliner Jugendredaktion. Diese Jugendlichen hatten keinen blassen Schimmer, wie Medien wirklich produziert wurden. Aber sie haben am laufenden Bande Fragen gestellt zu Dingen, die ihnen suspekt vorkommen. Was sie leider nicht gemacht haben, ist einen eigenen Ethos zu entwickeln. Als sie gecheckt haben, dass Unternehmen mit Medien kooperieren, haben sie das als krass eingestuft. Als ihnen eine Woche später auf dem Tempelhofer Feld bei einem Frauenlauf die Jungs und Mädels von nike T-Shirts und Taschen geschenkt haben, wollten sie die Woche später sehr gerne einen Testbericht über diesen Schuh schreiben und die Konkurrenzfirmen schlecht bewerten. Wir haben mit ihnen fake News Workshops veranstaltet und sie sind komplett reingefallen. Wir haben das zusammen aufgelöst, aber es hat einfach keine nachhaltige Wirkung hinterlassen, egal, wie sehr wie das vorgelebt haben. Die schnelle Info und das krasse Bild zum Teilen waren immer echter als die 3-Stunden Recherche. Das hat mich sehr nachdenklich gestimmt.

    Ich war jetzt 10 Jahre sehr aktiv in der Medienkompetenzarbeit und habe hunderte Workshops gegeben. Vor allem mit Lehrerinnen und Lehrern. Daher stört mich auch der arrogante Blick der Autoren auf die Lehrer, „die relativ wenig Wissen über Journalismus haben“. Müssen sie auch nicht. Denn sie sind Lehrer. Ich habe auch relativ wenig Ahnung von Klassenkonferenzen, Notenspiegel und Didaktischen Mindestanforderungen. Dafür verurteilen Lehrer*innen aber keine Journalist*innen. Wenn man Bock hat, in Schulen über Journalismus aufzuklären, dann ist das wunderbar! Das sollten ganz viele Journalist*innen tun. Aber bitte lasst die Moral da, wo sie hingehört: Im Ego.

  49. @ IchBinIch:

    Ich werden in diesem Fall auf einige Punkte beschränken, weil ich glaube, dass wir uns sonst ewig im Kreis drehen.

    „Ich gebe gerne zu, dass es bei Syrien nicht so eindeutig ist wie beim Klimawandel — das Beispiel soll nur zur Verdeutlichung meines Punktes dienen dass es nicht immer sinnvoll ist, Gegenmeinungen zu veröffentlichen.“

    In dieser Allgemeinheit akzeptiere ich den Punkt ja wie gesagt – nur bringt das nicht, weil es ja eben um Syrien und nicht den Klimawandel ging.

    Nochmals: Beim Klimawandel wissen wir aus Publikationen und Umfragen, dass tausende Wissenschaftler sich mit dem Thema „Klimawandel“ befasst haben und in ihrer ganz großen Mehrheit der Auffassung sind, dass der Mensch zu ihm zumindest beiträgt. Die entsprechenden Wissenschaftler haben selbst zu dem Thema geforscht oder sich zumindest mit den Forschungsarbeiten ihrer Kollegen gründlich, kompetent und kritisch auseinandergesetzt (hoffe ich jedenfalls).

    Ob sich tausende Wissenschaftler mit den Giftgasangriffen in Syrien gründlich auseinandergesetzt haben (so dass sie zu einem eigenständigen Urteil gelangen können), ist hingegen wohl eher zweifelhaft.
    Und ob diejenigen, die sich gründlich mit dieser Frage beschäftigt haben, in ihrer großen Mehrheit Ihre Ansichten teilen, ist ebenfalls fraglich. Von den augenscheinlich relativ wenigen Experten jedenfalls, die sich öffentlich geäußert haben, scheinen etliche skeptisch zu sein, so mein Eindruck. Und es sind höchst renommierte Experten, die sich skeptisch geäußert haben. Ein paar Namen hatte ich bereits genannt – man könnte auch noch andere nennen, etwa den von Hans Blix, der ebenfalls als Waffeninspekteur im Irak unterwegs war. Es gibt also eine Reihe (höchst kompetenter) Experten, die „abweichende“ Ansichten vertreten, und es ist mir keinerlei Beweis bekannt, dass sie eine kleine Minderheit (oder überhaupt eine Minderheit) darstellen würden.
    In diesem Fall wäre es doch an gemessen, wenn die Medien beide Seiten zu Wort kommen lassen würden.

    Und insofern zieht die „Analogie“ mit den Klimaleugnern nicht: In den entscheidenden Punkten besteht eben gerade keine erkennbare Analogie.

    Das Cui-bono-Prinzip ist aus Politik und Kriminalistik nicht wegzudenken (denken Sie an „Verdächtiger hat ein7kein Motiv“). Es beruht auf einer ganz einfachen Prämisse: Normalerweise tun Leute, was ihnen nutzt, und nicht etwas, was ganz offensichtlich ihren Interessen diametral entgegengesetzt ist. Dass das Prinzip von manchen Leuten (wie etwa auch die Logik) selektive eingesetzt wird, ist für die Geltung des Prinzips ohne Relevanz. Ganz allgemein gilt, dass die einseitige oder missbräuchliche Anwendung eines Beweisprinzips niemals die Gültigkeit dieses Prinzipes per se tangiert.

    Was die Verlässlichkeit der Quellen angeht, so stellen sich hier schon Fragen. Scott Ritter etwa hat einen Artikel verfasst, in dem er darlegt, dass viele Berichte der OPCW offenbar nicht auf Original-Auswertungen beruhen, sondern auf Oppositionsquellen. Ritter beruft sich dabei auf Formulierungen aus den OPCW-Berichten selbst. Ich habe mich nicht gründlich mit dieser Frage auseinandergesetzt: aber ich sehe auch keinen A-priori-Grund, der einen Seite zu glauben und der anderen nicht.

    Und es macht die OPCW auch nicht glaubwürdiger, dass sie das Unterschlagen des ingenieurwissenschaftlichen Berichts mit dem Argument rechtfertigt, dass dieser Hinweise auf den Urheber des Angriffs beinhalte und dies außerhalb des Mandates der Mission sein. Denn in dem Bericht stand nur, dass die Kanister wahrscheinlich nicht aus der Luft abgeworfen wurden. Im veröffentlichten Bericht stand hingegen, dass sie wahrscheinlich aus der Luft abgeworfen wurden. Wenn in dem einen Bericht einer Seite die Verantwortung gegeben wird und das außerhalb des Mandates liegt, dann im anderen Bericht auch.

    Andere Widersprüche und Ungereimtheiten kommen hinzu.
    http://syriapropagandamedia.org/briefing-notes-3/how-the-opcws-investigation-of-the-douma-incident-was-nobbled

    Wer derart offensichtlich inkonsistent argumentiert, stellt seine Seriosität ernsthaft infrage.

    „Deswegen versuche ich mich auf ein Thema (hier: Syrien) zu konzentrieren und Ihnen anhand dieses Beispiels zu erklären, wie meine Meinung zu den Medien/der Berichterstattung ist.“

    Das ist prinzipiell legitim; es ermöglicht Ihnen aber, (unbewusst) Beispiele auszuwählen, mit denen Sie leichter fertig zu werden meinen, ohne sich zu weit aus dem Fenster lehnen zu müssen.
    Beim Beispiel Ukraine (oder auch Griechenland) etwa kämen Sie nicht umhin zu behaupten, dass Herr Niggemeiers Analyse ziemlich falsch ist, wenn Sie da ein breites Medienversagen abstreiten wollen.
    Oder beim Thema „Sanktionen gegen Syrien“ kämen Sie nicht umhin zu behaupten, dass es einfach selbst dann, wenn Syrien das große Nachrichten-Thema ist, nicht berichtenswert sei, wenn zahlreiche Experten (auch von der UNO) erklären, dass die Sanktionen (an denen auch Deutschland beteiligt ist) einen schweren humanitären Schaden anrichten.

    Ich verstehe, warum Sie die von mir empfohlenen Bücher nicht lesen wollen, auch wenn ich Ihre Argumente nicht überzeugend finden. Aber das müssen Sie selbst wissen.
    Nur verstehe ich immer noch nicht, wieso Sie dann immer wieder meiner Kritik widersprechen, die doch maßgeblich auf diesen Büchern basiert. Wie können Sie meine Position kritisieren, wenn Sie meine wichtigsten Argumente nicht kennen und auch nicht kennen wollen?

    Das war meine Hauptfrage, in Bezug auf die ich geschrieben hatte, dass meine Fragen ehrliches Interesse widerspiegeln.

  50. @ Anti-Morapapostel:

    Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Autoren sich in einem Kommentar zu Wort gemeldet und sinngemäß beteuert haben, dass der Workshop (selbst)kritischer war, als aus dem Artikel vielleicht der Eindruck entsteht.

  51. @ Anderer Max:

    Kleine Ergänzung noch:

    “ Es mag sein, dass Herr Krüger nur mit seinem Titel die Vermarktung seines Buches steigern will (denn er spielt ja definitiv mit den ‚Lügenpresse‘-Vorwürfen).“

    Hier verwechseln Sie vermutlich Krüger („Mainstream: Warum wir den Medien nicht mehr trauen“ ) mit Ulrich Teusch („Lückenpresse: Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten“). Krüger würde ich persönlich zum Einstieg empfehlen.

    Teuschs Titel spielt natürlich auf den Begriff „Lügenpresse“ an, distanziert sich aber zugleich von ihm und will ihn ersetzen:

    „Allerdings billige ich den Begriff [Lügenpresse] nicht. Er ist auf analytischer Ebene untauglich und irreführend, auf normativer Ebene diffamierend und ehrenrührig. Auch ganz persönlich. Denn ich bin nicht nur Medienrezipient, sondern auch Mitarbeiter diverser Medien, seit nunmehr vierzehn Jahren. Ich nehme für mich in Anspruch, im Rahmen meiner journalistischen Tätigkeit noch nie gelogen, also bewusst die Unwahrheit gesagt zu haben. Und ich könnte aus dem Stand etliche Kollegen aufzählen, für die das Gleiche gilt, für die ich jederzeit meine Hand ins Feuer legen würde. […]
    Und meine These lautet: Nicht die Lüge kennzeichnet den Mainstream, sondern die Lücke. Es handelt sich nicht um Lügenjournalismus, sondern um Lückenjournalismus, nicht um Lügenpresse, sondern um Lückenpresse. Drei Aspekte kennzeichnen diese Art des Journalismus: Erstens werden Nachrichten in ganz bestimmter Weise gewichtet. Zweitens werden Nachrichten gezielt unterdrückt. Drittens werden Nachrichten in tendenziöser Weise bewertet, das heißt, es wird mit zweierlei Maß gemessen, es gibt ‚double standards‘.“

    Dies nur zur Klarstellung (auch für ev. Mitlesende) – ich möchte Sie nicht überreden, eines der Bücher zu lesen. Das ist allein Ihre Sache.
    Nur bleibt für mich eben die Frage, wie man dann zugleich eine Position kritisieren kann, deren wichtigsten Argumente bzw. Belege man nicht kennt und auch gar nicht kennen möchte.

  52. @LLL

    „Und ob diejenigen, die sich gründlich mit dieser Frage beschäftigt haben, in ihrer großen Mehrheit Ihre Ansichten teilen, ist ebenfalls fraglich. Von den augenscheinlich relativ wenigen Experten jedenfalls, die sich öffentlich geäußert haben, scheinen etliche skeptisch zu sein, so mein Eindruck“

    Sie beziehen sich hier aber immer auf Douma und ignorieren meine Links, die deutlich zeigen, dass bei den meisten Giftgasangriffen in Syrien Assad als Schuldiger identifiziert werden konnte — oder es zumindest sehr wahrscheinlich ist, dass er der Verantwortliche war.

    Das ist ja das, was ich oben schon schrieb. Es mag sein, dass das für Douma im Speziellen nicht gilt, allgemein für die Angriffe in Syrien aber sehr wohl.
    Sie reiten hier auf einem einzelnen Giftgasanschlag herum, während ich mich auf das Gesamtbild beziehe.
    Und da passt auch die Analogie zu Klimaeugnern. Die beziehen sich auch immer nur auf einzelne Studien und ignorieren das Gesamtbild.

    „Andere Widersprüche und Ungereimtheiten kommen hinzu.
    […]“

    Und Sie fragen, warum ich z.B. RT kritisiere? Weil Sie diesen Unsinn verlinken. Diese Seite ist auch wieder ein schönes Beispiel. Siehe:
    https://medium.com/@Brian_Whit/the-syrian-conflicts-anti-propaganda-propagandists-ebb3e5752e16
    Mit Argumenten von Propagandaseiten beschäftige ich mich nicht.

    „Nur verstehe ich immer noch nicht, wieso Sie dann immer wieder meiner Kritik widersprechen, die doch maßgeblich auf diesen Büchern basiert. Wie können Sie meine Position kritisieren, wenn Sie meine wichtigsten Argumente nicht kennen und auch nicht kennen wollen?“

    Nochmal: Hier geht es doch um Syrien und nicht um die Bücher. Und ich sehe bei Syrien keine Hinweise auf „Lückenpresse“. Eher sehe ich, dass Sie regelmäßig Propagandaseiten verlinken und sich wundern, warum das nicht im „Mainstream“ kommt. Ich sage: Ich bin froh darüber, dass dieses Zeug da nicht verbreitet wird. Denn es würde ein falsches Bild vom Konflikt zeichnen. Selbst wenn Assad Douma nicht angegriffen hat bleibt, dass er sehr oft Giftgas eingesetzt hat (siehe oben).

    „Das war meine Hauptfrage, in Bezug auf die ich geschrieben hatte, dass meine Fragen ehrliches Interesse widerspiegeln.“

    Das glaube ich Ihnen. Aber dann nochmal ein anderer Versuch der Erklärung:
    Ich sehe bei Syrien keine falsche Berichterstattung, Sie schon. Da kommen wir vermutlich auch nicht weiter, aber versuchen Sie mal, sich in meine Lage zu versetzen: Wenn ich da keine Anzeichen für fehlerhafte Berichterstattung sehe: Warum sollte ich dann ein Buch darüber lesen? (Wie gesagt dabei auch bitte beachten dass ich kein Journalist bin und genug andere Bücher habe, die noch auf meiner „to read“ Liste stehen. Ich interessiere mich zwar am Rande für Medienkritik — deswegen unterstütze ich ja auch uebermedien — aber nicht so stark, dass ich das Bedürfnis habe da noch dutzende Bücher drüber zu lesen.)

  53. P.S: Alleine der von Ihnen zitierte Satz aus dem Buch:

    „Zweitens werden Nachrichten gezielt unterdrückt. “

    ist mir zuwieder. Wo bitte werden denn in Deutschland Nachrichten unterdrückt? Sie bekommen hier Zeitungen je nach eigenem Geschmack und können dort alles mögliche lesen. Auch das Internet ist frei zugänglich (sieht man ja auch an den Links, die sie posten).
    Dieser Vorwurf der Zensur ist genau das gleiche, was AFD und Konsorten immer wieder behaupten. Da kann der Herr sich noch so sehr vom Wort „Lügenpresse“ distanzieren. Der Inhalt ist dergleiche.

  54. @ ICHBINICH:

    „[…] und ignorieren meine Links, die deutlich zeigen, dass bei den meisten Giftgasangriffen in Syrien Assad als Schuldiger identifiziert werden konnte — oder es zumindest sehr wahrscheinlich ist, dass er der Verantwortliche war.“

    Nein, ich weise darauf hin, dass es (renommierte) Kritiker gibt, die genau diese argumentativ Analyse infragestellen. Und dies gilt keineswegs nur für Douma, sondern natürlich auch für etliche andere Giftgasangriffe. Man denke etwa an die ausführlichen Analysen von Postol und Lloyd (die von der New York Times als „führende Waffenexperten“ bezeichnet wurden) zu Ghouta.

    Oder bedenken Sie, was Seymour Hersh, einer der renommiertesten Investigativ-Journalisten der Welt (er hat sowohl My Lai wie Abu Ghraib enthüllt), im Hinblick auf einen anderen Vorfall (Khan Sheikhoun) unter Bezugnahme auf hochrangige Militärs und Geheimdienstmitarbeiter berichtet:
    https://www.welt.de/politik/ausland/article165905578/Trump-s-Red-Line.html

    (In diesem Fall hat sogar die Welt das publiziert, was lobenswert ist, aber eine Ausnahme sein dürfte.)

    Ganz ähnlich äußerte sich der frühere Assistent des Generalstabschefs der US-Armee (Lawrence Wilkerson) mit Berufung auf amerikanische Geheimdienstexperten.

    Die Belege für die Version, dass das Assad-Regime hinter all den Angriffen steckt, die ihm zur Last gelegt werden, werden von Kritikern dann natürlich ebenfalls bezweifelt. Scott Ritter etwa schreibt dazu:

    „With the OPCW in Syria, they can’t prove anything. They used, as their primary sources, in many cases, their only sources – the opposition, the anti-Assad opposition […]
    [T]hey use Al Qaeda as a primary source. They used the White Helmets, the Syrian American Medical Society (SAMS) which are nothing more than adjuncts of Al Qaeda. […]
    I’ve been critical of the OPCW FFM from the start. It has partnered with the anti-Assad opposition from its inception, and the SOPs that the OPCW relies on to ensure integrity are violated regularly, especially in regard to chain of custody. The FFM, in short, lacks credibility. […]

    At UNSCOM I dual hatted as an intelligence manager and operations officer, and led numerous inspections as Chief Inspector; I was the ultimate arbiter for factual determination involving all aspects of the inspection mission (hint: this means the experts worked for me.) [… ] I’ve developed operational procedures for response to chemical incidents, including military-grade CW, and taught them at National, regional and local levels to first responders. […]

    I’m not comparing myself to anyone, and willingly yield the floor to those whose expertise demands it. But, I’ve done critical intelligence-based analysis of WMD issues at the highest possible levels and led forensic inspections of WMD activity. My peer group is quite small. “

    Ich weiß nicht, wer recht hat.
    Mein Punkt ist nicht, dass die eine Seite recht hat, sondern dass beide zu Wort kommen sollten.
    Klar: Wären sich fast alle Experten, die sich ein eigenes Bild gemacht haben, einig, und wären diejenigen mit abweichender Meinung eine ganz kleine Minderheit von ein paar „Spinnern“, dann sähe es anders aus. Nur scheint mir diese Voraussetzung wie gesagt absolut nicht gegeben zu sein: Es gibt eine Reihe von Experten teils von allerhöchstem Renommee, die Kritik üben; und von all den Experten, die sich öffentlich äußern scheinen gar nicht wenige eine kritische Einstellung zu haben – so jedenfalls mein Eindruck.

    „Sie reiten hier auf einem einzelnen Giftgasanschlag herum, während ich mich auf das Gesamtbild beziehe.“

    Nein; meine Kritik gilt prinzipiell auch für das Nicht-Thematisieren von Kritik durch renommierte Experten bei anderen Giftgasangriffen. Douma war ein Beispiel.
    Aber das geleakte Dokument zu Douma wäre m.E. in der Tat auch für sich absolut berichtenswert, gerade angesichts der Folgen (Militärintervention).

    Sind all diese Informationen irrelevant? Sollten Medien-Konsumenten nicht vielleicht doch die Chance bekommen, sich selbst ein Bild darüber zu machen?

    (Nachtrag: Ich habe inzwischen Ihre Antworten weiter unten gelesen: Ja, das alles ist irrelevant; und Sie sind froh, dass es nicht berichtet wird.)

    „Und da passt auch die Analogie zu Klimaeugnern. Die beziehen sich auch immer nur auf einzelne Studien und ignorieren das Gesamtbild.“

    Erstens ist Ihr Vorwurf, dass Kritiker das „Gesamtbild“ ignorieren würden, falsch. Diese haben sich vielmehr auch mit anderen Giftgasangriffen eingehend beschäftigt. Was Ihnen aber offenbar nicht bekannt ist. Die einzige (vermeintliche) Analogie im Hinblick auf die „Klimaleugner“ wird damit hinfällig.

    Zweitens: Selbst wenn die bisherigen Angriffe unbestritten auf das Assad-Regime zurückgehen würden, wäre dies nur ein Indiz und noch kein Beweis dafür, dass es auch in Douma verantwortlich ist. Chlorgas herzustellen ist wohl nicht schwer.

    „Und Sie fragen, warum ich z.B. RT kritisiere?“

    Habe ich nie gefragt. Meine Frage war:

    „Warum fokussieren Leute, die etablierte Medien verteidigen und alternative kritisieren, so gerne auf fragwürdige Alternativ-Medien? Warum nicht über nicht seriösere (etwa ConsortiumNews, The Intercept, fair[dot]org, MediaLens etc.).“

    Ich hatte also ganz eindeutig gefragt, wieso Sie vor allem auf „problematische“ Alternativ-Medien den Fokus richten und andere, die weniger leicht als „beeinflusst“ gelten können (und von denen man durchaus etwas lernen könnte), ignorieren.

    Zum von Ihnen verlinkten Artikel: Sie werden ständig Artikel der einen Seite finden, die die andere der unseriösen Arbeit oder Propaganda beschuldigen. Solche Artikel begegne einem auf Schritt und Tritt, wenn man da recherchiert. Ohne sich da ernsthaft einzuarbeiten und beide Seiten zu vergleichen, können Sie sich nur dazu entscheiden, einer Seite zu glauben. (Ich selbst halte mich auch nicht für kompetent für definitive Urteile, sehe aber keinen A-priori-Grund, die eine Seite von vornherein für irrelevant zu erklären.)

    „Mit Argumenten von Propagandaseiten beschäftige ich mich nicht.“

    Und da begehen Sie einen logischen Fehler (genetischer Fehlschluss). Denn für die Gültigkeit eines Argumentes ist es völlig irrelevant, wer sie äußert. Wenn etwa hochrangige (westliche) Experten eine Kritik äußern, ist es völlig irrelevant, ob RT darüber berichtet oder nicht.

    „Nochmal: Hier geht es doch um Syrien und nicht um die Bücher“

    Nein. Syrien war doch nur ein Beispiel von mir.
    Ich hatte geschrieben:

    „Das mag ja sein. Aber die Medien könnten doch trotzdem anfangen seriös zu arbeiten (was sie derzeit eben bei wichtigen Themen leider oftmals nicht tun; siehe etwa die in # 5 angegebene Quelle).“

    Und die in # 5 angegebene Quelle erwähnt zuerst die Bücher als Hauptquellen. Einige aktuelle Beispiele gebe ich später.

    „Eher sehe ich, dass Sie regelmäßig Propagandaseiten verlinken und sich wundern […]“

    An dieser Stelle gebe ich auf. Das ist nicht böse gemeint, aber ich denke, dass es (für uns beide) keinen Sinn hat, an dieser Stelle fortzufahren.
    (Ich hatte das und die Bemerkungen darum herum erst gelesen, nachdem ich einen Großteil meiner Antwort bereits geschrieben habe (was ein Fehler ist); sonst hätte ich auf eine inhaltliche Antwort zu Syrien verzichtet. Jetzt lasse ich es stehen, weil ich mir schon die Arbeit gemacht habe.)

    Das Hauptproblem ist aus meiner Sicht, dass Sie sich über viele Dinge ein Urteil erlauben, mit denen Sie sich nicht oder höchst einseitige beschäftigt haben.

    – Beispielsweise Ihre Meinung, dass die Kritiker sich nur mit Douma beschäftigen würden, und dass sie andere Giftgasangriffe ignorieren würden. Wüssten Sie, dass die Kritiker sich natürlich auch mit anderen Giftgasangriffen beschäftigt haben, und würden Sie deren Meinungen dazu einfach inhaltlich für falsch halten, dann wäre das das eine. Aber Sie wissen offensichtlich gar nicht, dass es diese kritische Beschäftigung mit weiteren Giftgasangriffen überhaupt gibt. Sie meinen, dass Kritiker sich auch nur auf Douma beziehen und andere Giftgasangriffe einfach ignorieren würden. Trotzdem glauben Sie, die Qualität der Kritik beurteilen zu können, oder sagen zu können, dass solche Kritik von den Medien ignoriert werden solle.

    – Oder Ihre Interpretation des Teusch-Zitates, nach der nicht Medien und Journalisten selbst manche Nachrichten unterdrücken würden, sondern der Staat. Hätten Sie das Buch gelesen, dann wüssten Sie, wie absurd eine solche Interpretation ist. Aus Teuschs Buch wird jenseits aller Zweifel klar, dass Medien es selbst sind, die nach Teuschs Meinung mitunter Nachrichten unterdrücken. Müssen Sie nicht wissen, da Sie das Buch nicht gelesen haben; sie müssten sich dann aber auch kein Urteil bilden.
    (Und vorsorglich zur Semantik: Nein, „Unterdrückung“ impliziert nicht zwingend „staatliche Unterdrückung“. Denken Sie an die vielen Beschwerden der Publikumskonferenz wegen „Nachrichtenunterdrückung“, die hier den ÖR-Sendern und nicht dem Staat vorgeworfen wird.)

    Zwei letzte Versuche: Stefan Niggemeier hat sich kritisch zur Russland-Ukraine-Berichterstattung geäußert (eines der wichtigsten Nachrichten-Themen) der letzten Jahre. Er nennt etliche Kritikpunkte. So schreibt er unter anderem:

    „Ein anderer Bestseller ist ‚Wir sind die Guten‘ von Mathias Bröckers und Paul Schreyer. Es stellt viele unbequeme Fragen, an die Rolle der Amerikaner und des Westens im Ukraine-Konflikt — vor allem aber auch an die Medien, die diese Rolle so wenig hinterfragen. Es ist von seiner Haltung und seinem Tonfall mit Ulfkottes Pamphlet nicht zu vergleichen, aber es hinterlässt umso mehr das Gefühl, dass es hier eine Leerstelle gibt in der Berichterstattung der etablierten Medien. […] Mein subjektiver (und natürlich zu pauschaler) Eindruck ist, dass die Berichterstattung über die Vorgänge in der Ukraine von solcher Voreingenommenheit geprägt ist. Dass die etablierten deutschen Medien sich erstaunlich wenig mit den zweifelhaften Umständen der Revolution beschäftigt haben — Bröckers und Schreyer liefern Beispiele dafür.“
    (Quelle: Herr Niggemeiers alter Blog: „Von Putinverstehern und Journalistenverstehern“. Lesen Sie selbst, wenn Sie meinen, ich hätte selektiv zitiert.)

    a) Direkte Frage:
    Würden Sie mir zustimmen, dass die Medien bei der Ukraine-Berichterstattung in vielen Fällen keine gute Figur gemacht und voreingenommen berichtet haben (jedenfalls wenn S. Niggemeier recht hat)? Dann wären wir uns wenigstens bei einem Thema weithin einig.

    Im Hinblick auf Albrecht Müller auf die Nachdenkseiten schreibt S. Niggemeier, dass er glaube, „dass er [Müller] mit seiner Kritik, dass Journalisten immer noch nicht verstanden haben, welchen Anteil sie mit ihrer oft kampagnenhaften Berichterstattung an ihrem eigenen Vertrauensverlust haben, in vielen Punkten Recht hat“.
    (Quelle: Übermedien-Artikel „Die Macht des Raunens“.)

    b) Direkte Frage:
    Würden Sie zustimmen, dass die Medien „oft kampagnenhaft“ berichten, und dass Albrecht Müller im Hinblick auf seine diesbezügliche Kritik „in vielen Punkten recht hat“?

    Wenn ja, dann sind wir uns weitgehend einig. Dann verstehe ich aber auch nicht, wieso wir überhaupt „streiten“ oder wieso Sie mir eine (wesentlich) zu harte Medienkritik vorwerfen. Denn viel mehr, als dass die Medien (in ihrer großen Mehrheit) bei einer Reihe wichtiger Themen ziemlich problematisch und einseitig berichtet, behaupte ich ja auch nicht.

  55. Für Chan Scheichun und weiteren Angriffen sehen Untersuchungen der UN Assad als Schuldigen.
    https://www.dw.com/de/syrien-un-machen-baschar-al-assad-f%C3%BCr-giftgasangriff-verantwortlich/a-40380523

    Jetzt kann man sowohl die OPCW und die UN als beeinflusst verstehen oder behaupten, dass das nicht genügend Experten sind und man daher weitere Einzelmeinungen berichten müsste — das sehe ich aber nicht so.

    „Ich weiß nicht, wer recht hat.
    Mein Punkt ist nicht, dass die eine Seite recht hat, sondern dass beide zu Wort kommen sollten.“

    Suchen Sie mal nach „tobacco investigation fake news“ o.Ä. Genau mit diesem „beide Seiten zu Wort kommen lassen“ versuchen Interessengruppen, Meinungen zu manipulieren. Man veröffentlicht einfach soviele, sich widersprechende Theorien dass man am Ende sagen kann „Ja, man weiß es halt nicht genau, deswegen müssen alle Meinungen gleichberechtigt nebeneinander publiziert werden“.
    So funktioniert das immer wieder (Tabak, Klimawandel, Russland usw.).
    Und das ist genau das, was Sie verlangen. Ich halte das für sehr gefährlich, weil es genau das ist, was fake news befeuert.

    „Das Hauptproblem ist aus meiner Sicht, dass Sie sich über viele Dinge ein Urteil erlauben, mit denen Sie sich nicht oder höchst einseitige beschäftigt haben.“

    Nein, das versuche ich Ihnen ja die ganze Zeit zu sagen. :)
    Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen. Ich weiß aber auch, dass ich keine Ahnung habe und das auch nicht dadurch lösen kann, hier mal 2h zu googeln. Ich sage nur, dass offenbar wichtige Organisationen und Expertengruppen die Ansicht haben, dass Assad oft Giftgas eingesetzt hat. Und das wird auch berichtet. Das reicht mir um das zu glauben. Ihnen offenbar nicht. Das ist das, was Sie als „Zirkelschluss“ bezeichnen. Das können Sie ja auch so finden, ich gebe nur zu Bedenken, dass Sie mit diesem „man sollte beide Seiten beachten/darüber berichten“ generell „fake news“-Erzeugern auf den Leim gehen.
    (Daher auch immer wieder die Analogie zum Klimawandel. Auch dort ist das Argumentationsmuster genauso: Experte xy sagt was anderes und deswegen muss das auch berichtet werden)

    Noch zu Ihren konkreten Fragen:
    „Würden Sie mir zustimmen, dass die Medien bei der Ukraine-Berichterstattung in vielen Fällen keine gute Figur gemacht und voreingenommen berichtet haben (jedenfalls wenn S. Niggemeier recht hat)? Dann wären wir uns wenigstens bei einem Thema weithin einig.“

    Ich weiß nicht genau, auf was Sie hier abzielen. Wenn die Frage dahingeht, ob ich Russland als alleinigen Verantwortlichen für den Krieg in Syrien sehe: Nein. Die westlichen Mächte haben da mMn einen sehr großen Anteil dabei.
    Ob die Medien das so berichtet haben kann ich jetzt nicht auf Anhieb sagen. Da ich aber wie gesagt nur „Lügenpresse“ konsumiere, wurde das dort offenbar so berichtet. (oder ich hab es mir zumindest daraus so erschließen können)
    (P,S; Ich glaube aber sehr wohl, dass russische Kräfte MH17 abgeschossen haben. Und wissen Sie warum? Weil Russland hier genau das gemacht hat, was ich oben beschrieben habe. Einfach soviele verschiedene Theorien publizieren, die sich gegenseitig widersprechen, um dann zu behaupten „man weiß es nicht so genau“. Und das, obwohl Russland mit Sicherheit genau weiß, was da abgelaufen ist.)

    „Würden Sie zustimmen, dass die Medien „oft kampagnenhaft“ berichten, und dass Albrecht Müller im Hinblick auf seine diesbezügliche Kritik „in vielen Punkten recht hat“?“

    Ich halte es für schwierig so einer allgemeinen Aussage zuzustimmen.
    Ja ich glaube, dass es zeitweise eine Art Überreaktion bei den Medien bezüglich gewisser Themen gibt (z.B. ggü Wulff, Flüchtlingskrise etc.) kommt, bei der viel gleichartig (also nur in eine Richtung) publiziert wird.
    Kampagnen würde ich das aber nicht nennen.
    Und vor allem sehe ich da genug Korrekturmechanismen innerhalb der Medien. Es mag manchmal etwas länger dauern, funktioniert aber mMn im Wesentlichen ganz gut.

    „Wenn ja, dann sind wir uns weitgehend einig. Dann verstehe ich aber auch nicht, wieso wir überhaupt „streiten“ oder wieso Sie mir eine (wesentlich) zu harte Medienkritik vorwerfen.“

    Siehe oben. Mir ist wichtig, dass dieses „man muss beide Seiten zu Wort kommen lassen“ nicht so logisch oder einfach ist, wie Sie es immer wieder darstellen. Denn genau mit diesem Trick versuchen alle möglichen Leute, Wahrheiten zu verschleiern. Und das möchte ich Ihnen begreiflich machen.

  56. @Ichbinich
    „Mir ist wichtig, dass dieses „man muss beide Seiten zu Wort kommen lassen“ nicht so logisch oder einfach ist, wie Sie es immer wieder darstellen. Denn genau mit diesem Trick versuchen alle möglichen Leute, Wahrheiten zu verschleiern. Und das möchte ich Ihnen begreiflich machen.“

    Ich sehe das ähnlich.
    Aus ziemlich einfachen Beweggründen.

    Am Beispiel Assad: der zeigt sehr Eindeutig, dass er an seiner Machtposition festhalten will und dafür über Leichen geht.
    Ein anständiger Mensch tut so etwas nicht.
    Und ich wüsste nicht, warum man einen unanständigen Menschen so unbedingt und unendlich oft zu Wort kommen lassen sollte, während Menschen sterben, weil er seine Macht nicht hergeben will.

  57. @ ICHBINICH:

    Ich danke Ihnen für Ihre Antworten, habe offen gesagt Schwierigkeiten mit der Art, wie Sie argumentieren. Um nur ein paar Beispiele zu geben:

    Sie heben ständig auf eine angebliche Analogie zwischen denjenigen, die Zweifel an der Urheberschaft Assads haben und „Klimaleugnern“ ab. Worin eine Analogie besteht, die es in beiden Fällen erlauben würde, eine bestimmte Meinung zu ignorieren, bleibt aber vollkommen unklar.
    Stattdessen habe ich mehrfach dargelegt, wieso ich in den entscheidenden Punkten keine Analogie sehe.

    Darauf gehen Sie gar nicht ein, außer, dass Sie argumentieren, dass die Kritiker im Fall Syriens Ihrer Meinung nach das Gesamt-Bild ignorieren würden, so wie im Fall der Klimadebatte. Wenn ich belege, dass das nicht wahr ist, weil Kritiker eben durchaus auch andere Giftgasangriffe auf dem Schirm haben und keineswegs ignorieren, beschwören Sie als Antwort einfach erneut die angebliche Analogie.

    Ihr Analogie-Schluss würde semi-formell etwa so aussehen:

    (1) Im Fall von Klimaleugnern ist es in Ordnung, abweichende Meinungen weitgehend zu ignorieren.
    (3) Also ist es auch im Fall mit den Chemiewaffen in Ordnung, abweichende Meinungen zu ignorieren.

    Hier fehlt nur etwas, nämlich folgende Prämisse:

    (2) Im Hinblick auf den Klimawandel und den Einsatz von Chemiewaffen durch das Assad-Regime und die jeweiligen Skeptiker besteht in entscheidender Hinsicht Analogie.

    Das müsste das Herzstück Ihrer Argumentation sein. Das erst würde den Schluss gültig machen. Das ist das, was Sie begründen müssten. Genau da aber fehlt die Begründung.

    Und so auch im nächsten Beispiel:

    „Suchen Sie mal nach ‚tobacco investigation fake news‘ o.Ä. Genau mit diesem ‚beide Seiten zu Wort kommen lassen‘ versuchen Interessengruppen, Meinungen zu manipulieren.“

    Es wäre an Ihnen aufzuzeigen, dass in den entscheidenden Punkten eine Analogie besteht. Es wäre also an Ihnen, beispielsweise plausibel zu machen, dass bezogen auf Syrien Wissenschaftler und Journalisten höchsten Ranges, die zumindest dem Anschein nach unabhängig und seriös arbeiten, in Wahrheit parteiisch und voreingenommen sind, ähnlich wie die Vertreter der Tabak-Industrie, und/oder dass sie wie diese eine heimliche Agenda verfolgen.

    Ansonsten beweist Ihr Beispiel nur, dass nicht alles, was irgendwo von irgendwem gesagt wird, seriös ist. Das ist wahr und das unterschreibe ich auch sofort, nur bringt und hier aber nicht einen cm weiter.

    In Ihren diversen „Analogie-Argumenten“ fehlt also gerade der entscheidende logische Schritt: Plausibel zu machen, dass (in relevanter Hinsicht) überhaupt eine Analogie besteht.

    Oder ein anderes Beispiel, wo ich Probleme mit Ihrer Argumentation habe:

    Ich habe mich auf westliche Experten und Journalisten von großer Autorität berufen (ich habe einige Namen genannt, wenn auch nicht alle). Zudem habe ich einen Artikel verlinkt, in dem (mit Links) nachprüfbar belegt wurde, wie seltsam und widersprüchlich die OPCW teilweise argumentiert.
    All das hat nichts – aber auch gar nichts – mit russischen Medien zu tun. NNIRGENDO habe ich mich hier auf die „Autorität“ russischer Medien bezogen. Meine Argumente sind leicht nachprüfbar; dafür braucht man keine russischen Medien (und ich habe diese auch nicht benutzt.)

    Und doch erklären Sie, dass Sie von der Propaganda russischer Medien nichts wissen wollen, und dass man sich um deren „Argumente“ nicht kümmern brauche.
    Auf was wollen Sie damit hinaus? Da meine Argumentation doch an keiner Stelle auch nur marginal etwas mit russischen Medien zu tun hat? Wollen Sie behaupten, dass etwa die Gültigkeit der Argumente von westlichen Top-Experten oder die Widersprüchlichkeit von OPCW-Äußerungen davon abhängt, ob auch russische Medien darüber berichten? Im Sinne von: Westliche Experten müssen sich irren (oder es gibt sie gar nicht), und logische Widersprüche hören auf, Widersprüche zu sein, falls russische Medien über das jeweilige Thema schreiben?
    Das doch wohl nicht? Was dann?

    Ich mache Sie auf diese Schwierigkeit aufmerksam und stelle klar, dass meine Argumentation rein gar nichts mit russischen Medien zu tun hat. Aber es nützt nichts. Bald darauf kommt erneut: Ich will nichts mit der Propaganda russischer Medien zu tun haben.

    Hier habe ich das Gefühl, dass Sie nicht gegen mich argumentieren und meine Position auch nicht verstehen (obwohl ich sie klar darlege), sondern gegen einen imaginären Diskussionspartner, dessen Argumente in irgendeiner Weise auf russischen Quellen oder gar russischer Propaganda basieren oder basieren könnten.

    (Der einzige „Bezug“ wäre, dass ich – übrigens doch erst nach Ihrem zweiten Verdikt über russische Porpaganda – einmal ein Papier verlinkt habe, in dem mit authentischen NICHT-russischen Links belegt wurde, wie merkwürdig sich die OPCE in Bezug zum erwähnten Leak verhält. Nach einem von Ihnen verlinkten Artikel soll einer der Mitarbeiter der entsprechenden Seite einmal gesagt haben, dass nicht nur russische, sondern auch westliche Medien Propaganda betreiben. Wenn Sie daraus folgern sollten, dass eine mit NICHT-russischen, mit authentischen Quellen direkt und sauber belegte Kritik „russische Propaganda“ sei, dann wüsste ich auch nicht mehr weiter.
    Ganz abgesehen davon, und so wenig ich mich auf russische Medien beziehe oder sie konsumiere: Was wissen Sie eigentlich über russische Medien und deren Propaganda? Und zum Vergleich mit westlichen Medien? Haben Sie sich je in einer Weise mit diesem Thema beschäftigt, die Ihnen auch nur im Ansatz ein eigenständiges Urteil erlauben würde?)

    Oder das nächste Beispiel:

    „…ich gebe nur zu Bedenken, dass Sie mit diesem ‚man sollte beide Seiten beachten/darüber berichten‘ generell ‚fake news‘-Erzeugern auf den Leim gehen.“

    Sehen Sie, ich habe x mal dargelegt, dass es auch mir nicht reicht, wenn „irgendwer“ eine andere Meinung hat. Ich schaue mir an: Wer ist dieser „irgendwer“?

    Irgendein dubioser russischer Radiosender? Irgendein Praktikant in einem Chemie-Labor? Oder sind es vielleicht westliche Top-Experten? Renommierte Wissenschaftler, die bereits in der Vergangenheit Enten aufgedeckt haben? Die teils selbst in Führungspositionen für die UNO-Waffenkontrolleure gearbeitet haben usw? Und Top-Journalisten? Und wenn ja: Stehen diese Experten weit und breit allein auf weiter Flur? Oder gibt es unter den Experten, die sich äußern (plus Journalisten usw.) vielleicht eine ganze Menge, die sich kritisch äußert?
    Je nachdem werde ich die Kritik zumindest ernst nehmen.

    Ich habe das Gefühl, dass Sie genau diese Differenzierung und Plausibilitäts-Prüfung nicht mitmachen. Entweder man glaubt einer „offiziellen Wahrheit“ – oder man glaubt jede Fake News. So scheint Ihre Position zu lauten. Und obwohl ich das jetzt schon zig mal klargestellt habe, schreiben Sie:

    „Daher auch immer wieder die Analogie zum Klimawandel. Auch dort ist das Argumentationsmuster genauso: Experte xy sagt was anderes und deswegen muss das auch berichtet werden) […]“

    Nein, so geht meine Argumentation eben gerade NICHT. Wie ich jetzt in fast jedem Beitrag erklärt habe.

    „Siehe oben. Mir ist wichtig, dass dieses ‚man muss beide Seiten zu Wort kommen lassen‘ nicht so logisch oder einfach ist, wie Sie es immer wieder darstellen.“

    Ich stelle es nicht immer wieder „so einfach“ dar, sondern begründe ad nauseam immer wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder, wieso ich es zwar nicht generell, wohl aber in diesem (!) Fall für sinnvoll halte, beide Seiten prominent zu hören, und wo die entscheidenden Unterscheide zwischen Klima und Syrien liegen.

    Nochmals: In dem einen Fall gibt es einen ganz großen Konsens der Experten; in dem anderen Fall ist es völlig unbewiesen und prima facie sogar eher unplausibel, dass unter den wenigen Experten, die sich selbst ein Bild gemacht haben und öffentlich äußern, ein breiter Konsens bestünde. Und in einem Fall der letzteren Art halte ich es natürlich für vernünftig, beide Seiten zu hören!

    Die Sache stellt sich für mich so dar:

    – Sie sagen, dass man a) nicht in jedem Fall alle Seiten hören muss, und dass man b) beispielsweise im Fall des Klimwandels abweichende Meinungen weitgehend ignorieren kann, und dass c) Klimawandel und Syrien analog seien.
    – Ich stimme zu, dass man nicht immer jede Meinung prominent abbilden muss, und dass dies womöglich durchaus für die Klimadebatte gilt. Ich sage, dass es aber auf den jeweiligen Fall ankommt, dass man in manchen (!) Fällen eben doch beide Seiten hören sollte und begründe ausführlich, wieso die Fälle Klima und Syrien m.E. in den entscheidenden Punkten nicht analog sind.
    – Darauf antworten Sie, dass man nicht immer alle Seiten hören müsse, und dass die Fälle „Klimawandel“ und mit dem „Giftgas“ analog seien, und dass ich argumentieren würde, dass man immer alle Seiten zu Wort kommen lassen müsse, und dass ich es mir damit zu einfach machen und wie ein Klima-Skeptiker argumentieren würde.

    Kurzum: Es scheint mir, dass Sie meine Antworten inhaltlich ignorieren und mich ständig für Thesen und Argumente kritisieren, die ich nie geäußert und in der Tat schon zigfach explizit abgelehnt habe.

    „Jetzt kann man sowohl die OPCW und die UN als beeinflusst verstehen oder behaupten, dass das nicht genügend Experten sind und man daher weitere Einzelmeinungen berichten müsste — das sehe ich aber nicht so.“

    Das Problem: Nachdem Sie eine Meinung haben, werten Sie alle potentielle gegenläufigen Belege von vornherein als bedeutungslos ab, ohne der Kritik auch nur eine Chance zu geben. Eine Frage wie die, ob nur ein paar „Spinner“ oder „Russen“ eine Kritik äußern, oder auch eine stattliche Anzahl westliche Experten und Journalisten höchsten Ranges, ist für Sie offenbar (nahezu) irrelevant. Ob die Kritiker eine winzige Minderheit sind, oder ob sich das eben gerade nicht sagen lässt und sie dem Eindruck nach recht viele sind unter denen, die sich kompetent äußern, ist für Sie offenbar ebenfalls irrelevant. Ihr Vorgehen führt effektiv dazu, dass Kritik an der offiziellen OPCW-Linie praktisch keine Chance hat.
    (Ich nehme die OPCW auch ernst. Das heißt aber nicht, dass ich Kritik von vornherein kompromisslos abschmettern würde; es heißt vielmehr, dass ich sorgfältig schaue, wer die Kritik äußert, wie plausibel sie ist (soweit ich das beurteilen kann).)

    Zudem scheinen Sie nicht zu bedenken, dass es in der OPCW Experten mit unterschiedlicher Meinung geben kann, auch wenn „das […] genügend Experten sind“.
    Es könnte sich nämlich ja so verhalten, dass eine Leitung sich durchsetzt, obwohl es intern Meinungsverschiedenheiten unter den Experten gibt. Und gerade dann, wenn es in der OPCW selbst Meinungsverschiedenheiten (unter hochkarätigen Experten) gibt, kann die Version, die von der Führung durchgesetzt wird, kaum absolute Autorität beanspruchen. Sie repräsentiert dann nicht ein einhelliges Expertenurteil, sondern das Urteil einer Fraktion plus der Führung.

    Genau so einen Dissens gab es offenbar bezogen auf Douma, wie das geleakte Papier eines sehr erfahrenen Teamleiters zeigt. Seine Gruppe war in der Tat offenbar sogar die einzige „interne“ Expertengruppe der OPCW, die an der Douma- Untersuchung teilnahm. Alles andere waren offenbar externe Leute, die nicht selbst zur OPCW gehörten („three external experts commissioned by the FFM“).

    Und trotzdem halten Sie diese Information für derart bedeutungslos, dass Sie sich freuen, wenn sie unveröffentlicht bleibt.
    Nicht nur Kritik von außen entwerten Sie a priori also vollkommen; auch Kritik von innen, aus der OPCW heraus.

    Und wenn die OPCW in einer abwegigen, logisch inkonsistenten Weise argumentiert, oder wenn andere Merkwürdigkeiten zu beobachten sind, dann scheint das in Ihren Augen deren Glaubwürdigkeit nicht zu beeinträchtigen.
    Die OPCW argumentiert beispielsweise, dass ein Bericht, nach welchem zwei Kanister wahrscheinlich nicht aus der Luft abgeworfen wurden, „pointed at possible attribution, which is outside of the mandate of the FFM with regard to the formulation of its findings“; und sie argumentiert, dass der Bericht daher nicht veröffentlicht werden konnte. Und kurz zuvor hat sie einen Bericht veröffentlicht, in dem es heißt, dass die Kanister wahrscheinlich aus der Luft abgeworfen wurden.
    Mit anderen Worten:
    Wenn man sagt, dass die Kanister manuell platziert wurden, dann deutet das womöglich auf den Verursacher hin, weshalb das vertraulich bleiben muss; wenn man sagt, dass sie aus der Luft abgeworfen wurden, dann deutet das aber offenbar nicht auf einen potentiellen Täter (etwa die syrische Luftwaffe) hin, weshalb das ruhig veröffentlicht werden darf.

  58. @ Micha:

    Sie haben aber schon gelesen und verstanden, dass es hier gar nicht darum ging Assad zu Wort kommen zu lassen, sondern Leute wie:

    – Führende US-amerikanische Waffenexperten, darunter einen, der die Lügen der US-Regierung über die Patriot-Raketen im Golfkrieg aufdeckte (die US-Regierung musste ihm später rechtgeben).

    – Ehemalige hochrangige Waffeninspekteure, die im Irak nach Chemie-Waffen gesucht haben und die den Irak-Krieg hätte verhindern können, wenn man ihre Warnungen ernst genommen hätte.

    – Ein sehr erfahrenes Mitglied der OPCW mit seinem Team in einer Sache, in der es Untersuchungen für die OPCW durchgeführt hat.

    – Hochrangige westliche Militärs und Geheimdienstmitarbeiter, u.a. der ehem. Assistent des US-amerikanischen Generalstabschefs.

    – Einer der renommiertesten Investigativ-Reporter der Welt, der sowohl My Lai wie Abu Ghraib enthüllte.

    – Einer der renommiertesten Auslandsreporter der Welt (sieben mal „International Journalist of the Year“, zwei mal „Reporter of the Year“ ), der sich vor Ort ein Bild gemacht hat.

    – …

    IchBinIch ist zwar der Meinung, dass all diese Menschen von den Medien mit Schweigen bedacht werden sollten; aber er weiß wenigstens, dass ich von diesen Leuten und nicht von Assad spreche, wenn ich meine, dass man in diesem Fall (nicht in jedem Fall!) auch Kritiker zu Wort kommen lassen sollte.

  59. @LLL
    „Sie haben aber schon gelesen und verstanden, dass es hier gar nicht darum ging Assad zu Wort kommen zu lassen,… “
    Ja, das weiß ich.
    Aber Sie wissen offenbar nicht, was Ichbinich meinte oder meint, wenn er sich an Sie wendet. Oder was ich meine, wenn ich mich auf diesen einen Satz, den ich zitierte, beziehe.

    „IchBinIch ist zwar der Meinung, dass all diese Menschen von den Medien mit Schweigen bedacht werden sollten; “
    Das meint Ichbinich nämlich nicht.

    Egal, eigentlich ist alles gesagt. Mit cui bono und man sollte alle zu Wort kommen lassen kann(!) man halt vieles zerreden und den Focus verschieben. Warum man das sollte, das weiß ich nicht und es stört mich.
    Und ich glaube, es stört auch Ichbinich.

    Ich will mich nicht weiter daran beteiligen.

    Schönen Sonntag.

  60. @LLL

    „Ich danke Ihnen für Ihre Antworten, habe offen gesagt Schwierigkeiten mit der Art, wie Sie argumentieren. “

    Das merke ich. Deswegen versuche ich es noch einmal etwas anders. Danach sollten wir es denke ich wirklich lassen, weil wir uns hier ja ständig im Kreis drehen und ich den Hausherren nicht noch mehr strapazieren will.

    „Das müsste das Herzstück Ihrer Argumentation sein. Das erst würde den Schluss gültig machen. Das ist das, was Sie begründen müssten. Genau da aber fehlt die Begründung.“

    Da haben Sie natürlich in gewisser Weise Recht. Deswegen sagte ich ja auch, dass Ihr Argument des „Zirkelschlusses“ das halbwegs treffend beschreibt.
    Nochmal anders:
    Ich habe Ihnen mit Links dargelegt, dass — mMn unabhängige — Organisationen wie die UN, OPCW oder andere NGOs zu dem Schluss kommen, dass Assad oft der Schuldige an mehreren Giftgasangriffen war. Natürlich ist dieses Argument nur dann eines, wenn man an die Unabhängigkeit bzw. das Expertentum der jeweiligen Organisationen glaubt (denn etwas andes als „Glauben“ ist es nicht).
    Sie halten Experten/Analysen dagegen, die das Gegenteil behaupten. Da ich das nicht im Detail bewerten KANN, sage ich überspitzt gesagt: „Ich glaube der OPCW und der UN, der Rest ist irrelevant“.
    Was ich mit meinen Ausführungen nur erreichen will ist dass Sie sehen, dass Sie einem ähnlichen Zirkelschluss unterliegen (nur von der andere Seite): Sie haben Zweifel an der Darstellung der OPCW etc. und suchen/finden Argumente für Ihre Seite auf verschiedensten Seiten. Auch sie können — das haben Sie selbst gesagt — nicht entscheiden, ob diese Argumente zutreffen, möchten aber, das beide Seiten berichtet werden. Der Grund dass Sie das wollen, liegt hier im Zweifel am „Expertentum“ der OPCW (bzw. weil die „Experten“, die Sie aufführen, Ihrer Meinung nach wichtig sind). Diese Ansicht können Sie natürlich haben, aber das ist genauso ein Zirkelschluss wie meiner. Denn es kommt am Ende nur darauf an, welcher Quelle man „vertraut“. Weder Sie noch ich können das sonst abschließend bewerten.

    Darauf zielten auch die einzelnen Argumente, die ich Ihnen gegeben habe. Z.B.:
    — Das Argument „Stahl kann Beton nicht ohne Verformungen durchschlagen“ u.Ä. sind nicht valide, auch wenn die plausibel klingen.
    — Alle Analogien bezüglich Klimaskeptiker oder Tabakkonsum. Denn dort ist die Argumentation genau die gleiche. Schauen Sie sich doch mal auf diesen Seiten um. Die behaupten genauso, es gäbe keine einheitliche Meinung unter den Wissenschaftlern, der IPCC wäre ein politisches Gremium und demzufolge hörig den Staatslenkern gegenüber etc. Versuchen Sie mal, einem Klimaskeptiker zu erklären, dass es einen wissenschaftlichen Konsens gibt. Das kriegen Sie nicht hin weil die in Ihrer Welt der „Skeptik“ hängen. (und nein: Das heißt NICHT, dass in allen Fällen nur „Regierungslinie“ berichtet werden darf. Nur bei Syrien sehe ICH das so, weil ich den Organisationen vertraue. Das hat aber natürlich keinen allgemeinen Character bzw. können Sie das natürlich anders sehen)
    — Auch „Scott Ritter“ oder sonstige als „Beweis“ anführen ist nicht so einfach, wie Sie es darstellen. Denn es gibt genauso valide Argumente gegen seine Thesen: z.B. unter: https://www.alaraby.co.uk/english/comment/2018/5/21/scott-ritter-has-completely-lost-it-on-syria Und nein, ich habe keine Ahnung, wer von den beiden da Recht hat. Und ich wüsste auch nicht, wie ich das kurzfristig herausbekommen soll.
    — usw.

    Oder Zusammengefasst:
    Sie sagen: Sie halten beide Versionen für plausibel und möchten daher beides berichtet haben.
    Ich sage: Für mich ist die UN/OPCW etc. glaubwürdiger und das zählt daher für mich als „die Experten sind sich einig, dass …“ und über Gegenmeinungen sollte man — in Nachrichten! — nicht berichten.

    Da hat Micha (glaube ich) mich schon richtiger verstanden bzw. gesehen, was mein eigentlicher Punkt ist.

    Oder anders gesagt:
    „Das Problem: Nachdem Sie eine Meinung haben, werten Sie alle potentielle gegenläufigen Belege von vornherein als bedeutungslos ab, ohne der Kritik auch nur eine Chance zu geben. “

    Ja, das tue ich wenn die Kritik von Seiten kommt, deren Plausibilität entweder:
    — generell schlecht ist weil es einseitige Berichterstatter sind (da zählen für mich übrigens RT genauso dazu wie z.B. Nachdenkseiten weil auch dort nur einseitig berichtet wird — im Gegensatz z.B. zur Tagesschau, Süddeutschen Zeitung oder sonstigem, wo man ständig verschiedenste Meinungen liest (sei es „pro Russland“, „pro USA“ oder sonstiges)
    — irgendwelche „Experten“, deren Expertentum ich sowieso nicht einschätzen kann und die — nach meiner Wahrnehmung — einzelne Stimmen darstellen (z.B. Scott Ritter)

    Aber, um das nochmal klarzustellen: Mir ist durchaus bewusst, dass ich durch dieses Vorgehen teilweise legitime Kritik ignoriere (bzw. dass zumindest die Möglichkeit dazu besteht)!
    Hier kommt dann das zu tragen, was ich Ihnen auch schon mehrfach gesagt habe: Dies akzeptiere ich aber, weil die Alternative nur heißen würde, dass man sich überall selbst zum Experten machen müsste, was unmöglich ist.
    Und ich Vertrauen in unsere Medien habe, dass diese sich korrigieren, wenn dieser Fall einmal eintritt (und ja, da ist auch nur ein „glauben“, den Sie nicht teilen müssen. Es gab aber hierfür schon genügend Beispiele dass das im Grunde bei uns ganz gut funktioniert).

  61. @ ICHBINICH:

    Wenn ich alles, was Sie schreiben, kommentieren würde, hätten wie eine endlose Diskussion; ich beschränke mich daher auf Folgendes:

    “ Da ich das nicht im Detail bewerten KANN, sage ich überspitzt gesagt: ‚Ich glaube der OPCW und der UN, der Rest ist irrelevant‘.“

    Wieso folgt daraus, dass Sie einen Sachverhalt nicht bewerten können, dass Sie der einen Seite glauben und die andere Seite für „irrelevant“ erklären? Gerade, wenn man einen Sachverhalt nicht beurteilen kann und es augenscheinlich eine ganze Reihe von kompetenten Experten auf beiden Seiten gibt, ohne dass sich sagen ließe, dass die eine eine kleine Minderheit ist, wäre doch Ueher Urteilsenthaltung die angemessene Entscheidung.

    „Was ich mit meinen Ausführungen nur erreichen will ist dass Sie sehen, dass Sie einem ähnlichen Zirkelschluss unterliegen (nur von der andere Seite): Sie haben Zweifel an der Darstellung der OPCW etc. und suchen/finden Argumente für Ihre Seite auf verschiedensten Seiten. Auch sie können — das haben Sie selbst gesagt — nicht entscheiden, ob diese Argumente zutreffen, möchten aber, das beide Seiten berichtet werden. Der Grund dass Sie das wollen, liegt hier im Zweifel am ‚Expertentum‘ der OPCW (bzw. weil die ‚Experten‘, die Sie aufführen, Ihrer Meinung nach wichtig sind). Diese Ansicht können Sie natürlich haben, aber das ist genauso ein Zirkelschluss wie meiner. Denn es kommt am Ende nur darauf an, welcher Quelle man ‚vertraut‘. Weder Sie noch ich können das sonst abschließend bewerten.“

    Ich habe eher Zweifel an der Unvoreigenommenheit der FFM, wenn ich beispielsweise sehe, mit welch hanebüchenen und logisch inkonsistenten Argumenten etwa das Verschweigen des Berichtes der ingenieurwissenschaftlichen Gruppe zu Douma gerechtfertigt würde.

    Oder können Sie mir beispielsweise erklären, wieso es NICHT auf die Urheberschaft des Täters hinweisen könnte, wenn man sagt, dass zwei Kanister mit Chlorgas aus der Luft abgeworfen wurden, wohl aber, wenn man sagt, dass sie nicht aus der Luft abgeworfen wurden?

    „Alle Analogien bezüglich Klimaskeptiker oder Tabakkonsum. Denn dort ist die Argumentation genau die gleiche. Schauen Sie sich doch mal auf diesen Seiten um. Die behaupten genauso, es gäbe keine einheitliche Meinung unter den Wissenschaftlern, der IPCC wäre ein politisches Gremium und demzufolge hörig den Staatslenkern gegenüber etc.“

    Nur gibt es da einen Unterschied: In dem einen Fall gibt es ja tatsächlich einen weitgehenden Expertenkonsens. In dem anderen Fall nicht, oder jedenfalls wäre mir dafür kein Beweis bekannt, und es macht also auch nicht so einen Eindruck.

    Nur weil das Argument „es gibt Experten höchsten Renommees, die eine andere Meinung haben, und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sie eine kleine Minderheit sind“ im Fall des Klimawandels offenbar nicht zutrifft, heißt das noch lange nicht, dass es auch im Fall Syrien nicht zutrifft. Vielmehr muss auf den jeweiligen Fall selbst geschaut werden. Und wie ich ausführlich versucht habe darzulegen, scheint es für den syrischen Fall durchaus zuzutreffen.

    „Versuchen Sie mal, einem Klimaskeptiker zu erklären, dass es einen wissenschaftlichen Konsens gibt. Das kriegen Sie nicht hin weil die in Ihrer Welt der ‚Skeptik‘ hängen.“

    Das mag sein, ist aber doch für die Frage der Geltung ohne Belang. Von Belang ist für die Geltung, ob es tatsächlich überzeugende Argumente für solch einen Konsens gibt. Dies scheint der Fall zu sein, wie die Durchsicht wissenschaftlicher Arbeiten sowie Umfragen unter Klimaforschern offenbar zeigen. Siehe den Artikel „Behauptung: ‚Es gibt (noch) keinen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel'“ auf Klimafakten(dot)de

    Wenn die entsprechenden Studien und Umfragen, die dort vorgestellt werden, valide sind (was ich jetzt einfach mal annehme), dann ist das ein schlüssiger Beweis für einen weitgehenden Konsens.

    Dass es hingegen einen auch nur ansatzweise vergleichbaren Konsens unter denjenigen Experten gibt, die sich kompetent mit syrischen Giftgasangriffen beschäftigt haben: Dafür ist zumindest mir keinerlei Beweis bekannt.
    Solange wir keine überzeugenden Argumente haben, dass Experten mit einer bestimmten Meinung eine kleine Minderheit sind, kann man sie aber schwerlich mit dem Argument, dass sie eine kleine Minderheit seien, ignorieren.

    „Und nein, ich habe keine Ahnung, wer von den beiden da Recht hat. Und ich wüsste auch nicht, wie ich das kurzfristig herausbekommen soll.
    — usw.“

    Dann wäre es doch interessant für die Öffentlichkeit, informiert zu werden, dass es überhaupt so einen Dissens gibt.

    „Für mich ist die UN/OPCW etc. glaubwürdiger und das zählt daher für mich als ‚die Experten sind sich einig, dass …'“

    Das ist aber ein Non Sequitur. Selbst wenn die Experten, die Meinung A vertreten, glaubwürdiger sein sollten als die, die Meinung B vertreten, hieße das noch nicht, dass „die Experten“ sich einig wären.
    Denn selbst wenn die Experten, die eine Meinung A vertreten, glaubwürdiger wären als die, die Meinung B vertreten, könnte es immer noch eine nicht unerhebliche Anzahl von Experten geben, die B vertreten und A bestreiten.
    (Außer Sie erklären Experten mit abweichender Meinung einfach kurzerhand zu Nicht-Experten. Experten wären dann nicht mehr Leute mit Expertise, sondern Leute mit der (vermeintlich) „richtigen“ Meinung.)
    Der Satz, dass „die Experten sich einig sind“, wäre daher nur dann angebracht, wenn auch tatsächlich fast alle oder jedenfalls die weitaus Experten sich einig wären, und nicht allein schon deswegen, weil Sie der einen Gruppe von Experten eher glauben als der anderen.

    Abgesehen davon gibt es ja wie gesagt selbst in der OPCW keine Einigkeit. Das offenbar einzige Team aus der OPCW selbst, das den Douma-Vorfall untersucht hat, kam ja gerade zum gegenteiligen Schluss des offiziellen Berichtes. Und die Mitarbeiter zweier Universitäten, die es mit Simulationen unterstützen, sehr wahrscheinlich ebenfalls.
    Auf der einen Seite waren drei externe unterschiedliche Experten, die für die FFM gearbeitet haben.
    Diesen Dissens in der OPCW selbst (und der extrem merkwürdige Umgang der FFM mit ihm) scheinen Sie für völlig irrelevant zu halten.

    „…generell schlecht ist weil es einseitige Berichterstatter sind (da zählen für mich übrigens RT genauso dazu wie z.B. Nachdenkseiten…“

    Wie seriös diese Seiten generell sind, kann hier dahingestellt bleiben. Wenn solche Seiten eine These aber eindeutig beweisen können (so dass im Optimalfall auch der durchschnittliche Leser sie leicht verifizieren kann), dann ist das aber auch völlig egal. Dann muss man sich nämlich nicht auf die „Autorität“ oder „Glaubwürdigkeit“ eines Mediums verlassen.
    Wenn beispielsweise die Nachdenkseiten behaupten, dass der die WHO in Berichten feststellt, dass die Sanktionen gegen Syrien große Probleme für die Zivilbevölkerung schaffen, und wenn sie offizielle Berichte der WHO auf der offiziellen WHO-Seite verlinken, dann kann jeder selbst leicht überprüfen, ob die Behauptungen der Nachdenkseiten über die WHO-Berichte stimmen oder nicht. Wie seriös die Nachdenkseiten sind, ist in SO einem Fall (nicht in jedem beliebigen anderen Fall) beweismäßig schlichtweg irrelevant.

    „…irgendwelche ‚Experten‘, deren Expertentum ich sowieso nicht einschätzen kann…“

    Sie können doch auch nicht das Expertentum der OPCW einschätzen, sondern müssen sich auf indirekte Belege verlassen. Im Fall der OPCW etwa die internationale Anerkennung.
    Im Fall anderer Experten können Sie kurz recherchieren. Beispiel: Wenn jemand Professor an einer Elite-Universitäten der USA ist, wenn er wichtige Wissenschaftspreise erhält,w enn er in der Vergangenheit prominente Lügen seiner eigenen Regierung entlarvt hat (und diese ihm später recht geben musste), und wenn die „New York Times“ ihn als „führenden Waffenexperten“ bezeichnet, dann kann man wohl schon annehmen, dass er kein Dilettant ist und man ihn vielleicht wenigstens ernst nehmen sollte.

    „…nach meiner Wahrnehmung — einzelne Stimmen darstellen (z.B. Scott Ritter)…“

    Na ja, aber wir haben doch eigentlich NUR Einzelstimmen in dieser Sache, oder? Jedenfalls, wenn wir hier nicht von Leuten und Organisationen sprechen, die einfach ungeprüft Berichte übernehmen, sondern von echten Experten, die sich mit dem Thema „Giftgas in Syrien“ ernsthaft beschäftigt haben und sich daher auch ein qualifiziertes Urteil erlauben können. (Selbst in der FFM scheint es in diesem Sinne kaum mehr als „einzelne Stimmen“ zu geben: Drei externe Experten vs. ein OPCW-Teamleiter mit seinem Team plus Mitarbeiter zweier Universitäten.)

    Wenn sich jetzt, sagen wir mal zehn oder zwanzig Experten, die sich ernsthaft mit den Giftgasangriffen beschäftigt haben, zu Wort gemeldet hätten, und Ritter die einzige Stimme mit einer „kritischen“ Meinung gewesen wäre, dann könnte man vielleicht sagen: Das ist nicht relevant (und auch da könnte man böse reinfallen, wie die Wissenschaftsgeschichte zeigt, aber das nur nebenbei).

    Aber das ist doch überhaupt nicht so! Es haben sich doch etliche Experten kritisch geäußert. Dass diese eine kleine Minderheit unter den Experten, die sich öffentlich geäußert haben, darstellen sollten, ist m.W. völlig unbewiesen und zudem unplausibel. Wir könnten versuchen, alle anerkannten Experten, die sich ernsthaft mit der Sache beschäftigt und sich dann offiziell geäußert haben, ausfindig zu machen und aufzuzählen. Ich würde mich sehr wundern, wenn die „Kritiker“ hier eine kleine Minderheit wären.

    Abgesehen davon liegt die Beweislast hier bei demjenigen, der sagt, dass man über kritische Experten beim Thema X (Syrien) nicht berichten müsse, weil sie eh eine kleine Minderheit seien. Dieses Argument ist nur zulässig, wenn man tatsächlich guten Grund zur Annahme hat, dass kritische Experten beim Thema eine kleine Minderheit sind – und nicht, wenn man es ohne jeden Beleg ins Blaue hinein behauptet.
    (Und es ist hier auch nicht relevant, dass es sich bei einem ANDEREN Thema (Klima) wohl tatsächlich erwiesenermaßen so verhält, dass Experten mit einer bestimmten Meinung dort eine kleine Minderheit sind. Und es ist diesbezüglich auch nicht relevant, dass manche Leute zu Unrecht abstreiten mögen, dass Experten mit klimaskeptischer Haltung eine kleine Minderheit sind. Nichts davon ist auch nur das kleinste Indiz dafür, dass beim Thema Syrien Experten mit „anderer“ Meinung eine kleine Minderheit unter denjenigen Experten wären, die sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt haben.)

    „Hier kommt dann das zu tragen, was ich Ihnen auch schon mehrfach gesagt habe: Dies akzeptiere ich aber, weil die Alternative nur heißen würde, dass man sich überall selbst zum Experten machen müsste, was unmöglich ist.“

    Nein,wieso denn auch? Die einzige sinnvolle Alternative ist hier doch, dass man darauf hinweist, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, anstatt den irrigen Eindruck zu erwecken, dass es die nicht gibt. Dazu muss man sich nicht selbst „zum Experten machen“ – wieso denn auch?
    Man muss einfach nur darauf verzichten, der einen Seite blind zu glauben. Oder eigentlich nicht einmal das: Man muss nur darauf verzichten, den eigenen Glauben an die eine Seite den Medienkonsumenten so darzustellen, dass sie denken, es gäbe nur eine Seite.

    Und dass Medien sich korrigieren, scheint leider immer schlechter zu gelingen. Es gibt Beispiele für eigene Korrektur, aber leider auch dagegen.
    Ihre Einschätzung der Medien (etwa der ÖR) scheint mir zudem viel zu optimistisch zu sein. Ich könnte hier wieder auf die Bücher verweisen, die ich genannt habe, die Sie aber nicht lesen wollen (was Ihr gutes Recht ist). Ich möchte Ihnen hier nur ein einzelnes Gegenbeispiel geben:

    http://norberthaering.de/de/27-german/news/284-ard-zdf

    (Ein einzelnes Beispiel beweist wenig, aber es gibt wie gesagt genug Beispiele.)

    @ Micha:

    „Mit cui bono und man sollte alle zu Wort kommen lassen kann(!) man halt vieles zerreden und den Focus verschieben.“

    Das mit dem Alle-zu-Wort-kommen-lassen habe ich nun hundert mal erklärt:

    Wenn es Experten mit Meinung A und mit Meinung B gibt, und wenn man nicht sagen kann, dass die eine oder andere Gruppe eine kleine Minderheit (oder überhaupt eine Minderheit) ist, dann sollte man beide Seiten zu Wort kommen lassen.
    Wenn man weiß, dass eine Gruppe extrem in der Minderheit ist, dann kann man von deren Meinung eventuell nur wenig bzw. am Rande berichten.

    Was an dieser Position ist Ihrer Meinung nach falsch??? Und wie sähe Ihr Alternativ-Vorschlag aus???

    Und inwiefern „zerrede“ ich damit etwas (was genau eigentlich?), und wieso „verschiebe“ ich dadurch den Fokus (welchen genau eigentlich?)? Wieso äußere ich nicht einfach nur eine legitime Meinung dazu, wie Medien mit einem Dissens unter Experten umgehen sollten? Wieso müssen Sie mir indirekt gleich ein unfaires Argumentieren unterstellen?

    Und das „Cui-bono-Argument“ habe ich nur einmal verwendet, und zwar im Sinne eines Ausschlussverfahrens. Was ist daran problematisch?

    Nehmen Sie an, es gab einen Brandanschlag auf eine Lagerhalle, und nun stellt sich die Frage, ob der Eigentümer selbst etwas damit zu tun haben könnte.
    Denken Sie an diese zwei Szenarien:
    a) Die Lagerhalle und die Inhalte waren gut versichert. Die Inhalte waren aber schwer verkäuflich. Man kann abschätzen, dass der Eigentümer von dem Brand unterm Strich erheblich profitiert hat.
    b) Die Lagerhalle war nicht versichert, und alle Recherchen sprechen dafür, dass der Eigentümer durch das Feuer einen enormen Verlust erlitten hat und bald Konkurs gehen wird.

    Im Fall a) werden Sie nicht sagen können, ob der Eigentümer der Täter war; aber Sie werden es, soweit man sonst nichts weiß, vermutlich wenigstens ernsthaft in Betracht ziehen.
    Im Fall b) werden Sie es vermutlich für ziemlich unwahrscheinlich halten, dass der Eigentümer hinter dem Anschlag steckte. Warum? Weil er nach allem, was man sagen kann, keinerlei Motiv, sondern ein sehr starkes Anti-Motiv hatte!

    Vor einiger Zeit wurde ein äußerst peinliches Video über den FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache veröffentlicht, durch welches er zum Rücktritt gezwungen wurde.
    Steckt Strache selbst dahinter? Sehr unwahrscheinlich.
    Woher wissen wir das? Ganz einfach: Es muss von Anfang an jedem klar gewesen sein, dass dieses Video Strache enorm schaden würde. Auch Strache selbst wäre das klar gewesen. Nun handeln Menschen gewöhnlich nicht in schwerwiegender Weise gegen ihr eigenes, vollkommen offensichtliches Interesse.

    Genau im Sinne eines solchen Ausschluss-Prinzips habe ich das Cui-bono-Prinzip benutzt:

    (1) Dass ein Angriff mit etwas Chlorgas dem kurz vor dem Sieg stehenden Assad-Regime keinen ernsthaften militärichen Nutzen bringen würde, ihm aber erheblich schaden könnte (westliche Intervention), musste jedem klar sein – auch dem Assad-Regime selbst.
    (2) Es ist unplausibel, dass ein Staat (und sei es eine Diktatur) Dinge tut, von denen jedem (auch ihm selbst) vollkommen klar sein muss, dass sie ihm kaum etwas nutzen werden – aber ein großes Risiko bergen.
    (3) Das mach einen Chlorgas-Angriff durch das Assad-Regime unplausibel.

    Wenn Sie das von unplausibel halten, dann können Sie mir ja sagen, welche der Prämissen (also (1) oder (2)) Sie für unplausibel halten und warum. Denn wenigstens prima facie sind beide doch plausibel. Denn dass (3) konklusiv aus (1) und (2) folgt, dürfte ja eh außerfrage stehen.

    Und vor allem mögen Sie mir sagen, wieso ich Ihrer Meinung hier nicht einfach ein Argument äußere (egal wie gut oder schlecht es sein mag), was doch wohl ein legitimer Akt wäre, sondern etwas (was genau eigenrlich?) „zerrede“, und wieso ich dadurch den Fokus (welchen genau eigentlich?) „verschiebe“?

    Wieso werfen Sie mir zweimal indirekt unfaires Argumentieren vor, anstatt einfach zu sagen, warum Sie meine konkrete Argumentation inhaltlich für falsch halten und warum?

  62. @ ICHBINICH:

    Um einen Punkt noch zu verdeutlichen:

    Betrachten Sie folgende Argumentation:

    (1) Manche Leute behaupten, dass es keinen breiten Experten-Konsens für einen vom Menschen beeinflussten Klimawandel gebe.
    (2) Diese Behauptung ist falsch; es gibt einen breiten Expertenkonsens
    (3) Also gibt es auch einen breiten Expertenkonsens in Bezug auf Giftgas in Syrien.

    Das wäre offenbar ein Fehlschluss. Die Konklusion (3) folgt nicht aus den Prämissen (1) und (2). Man kann nicht daraus, dass es in dem einen Fall (Klima) einen breiten Expertenkonsens gibt, folgern, dass es den auch in einem gänzlich anderen Fall (Syrien) gibt. Um zu wissen, ob es in Bezug auf syrisches Giftgas ebenfalls einen breiten Expertenkonsens gibt, muss man dies direkt prüfen.
    Und man kann nicht daraus, dass manche Leute zu Unrecht bezweifeln mögen, dass es beim Klima einen breiten Konsens gibt, folgern, dass Zweifel an einem breiten Konsens in der Syrien-Frage ebenfalls unberechtigt sein müssen. Auch hier muss man sich die jeweilige Situation direkt ansehen.

  63. @LLL

    Ich verstehe was Sie meinen, habe aber das Gefühl, Sie verstehen mich nicht.

    „Dass es hingegen einen auch nur ansatzweise vergleichbaren Konsens unter denjenigen Experten gibt, die sich kompetent mit syrischen Giftgasangriffen beschäftigt haben: Dafür ist zumindest mir keinerlei Beweis bekannt.“

    Nochmal: Beim Klimawandel mach ich folgende Abgrenzung:
    Valide Argumente: IPCC, UN, etc.
    NICHT valide Argumente: Irgendwelche einzelnen „Experten“ (auch nicht, wenn diese Experten mal ganz wichtig waren oder sonstiges. Es gibt auch Nobelpreisträger unter den Klimaskeptikern. Auch die ignoriere ich — obwohl ich keineswegs deren grundsätzliche Intelligenz infrage stelle)

    Bei Syrien analog:
    Valide Argumente: OPCW, UN, etc. (das sind für mich genug Experten, um einen Konsens darzustellen)
    Nicht valide Argumente: Irgendwelche einzelnen „Experten“ (auch nicht wenn Sie Scott Ritter heißen und früher mal was wichtiges gemacht haben).

    Sie ignorieren, dass ich Ihnen das schon x-Mal gesagt habe (und die Links dazu gezeigt) und fangen immer wieder mit neuen „Argumenten“ an, die weder Sie noch ich wirklich bewerten können.
    Ein Beispiel waren die angeblich zu schwach verformten Metallzylinder. Jetzt sind es neue Argumente (übrigens auch ähnlich zu Diskussionen zu Klimaskeptikern; die bringen auch immer neue Argumente…)

    Deshalb noch einmal zur Plausibilität Ihrer Argumente, dann lasse ich es weil es so nichts bringt:

    „Oder können Sie mir beispielsweise erklären, wieso es NICHT auf die Urheberschaft des Täters hinweisen könnte, wenn man sagt, dass zwei Kanister mit Chlorgas aus der Luft abgeworfen wurden, wohl aber, wenn man sagt, dass sie nicht aus der Luft abgeworfen wurden?“

    Keine Ahnung wo das angeblich so steht. Die OPCW schreibt in Ihrer Antwort:

    „We refer to the paragraph 8.34 of the report: “The team consulted experts in mechanical
    engineering, ballistics and metallurgy to provide qualified, competent assessments of the
    cylinder trajectory.” These experts provided three independent scientific ballistic feasibility
    analyses of possible scenarios. The results of these three separate assessments indicated that
    the shape of the aperture produced in the modulation matched the shape and damage
    observed by the team. The report does not state anywhere that the cylinder was “equipped
    with a fuse and explosives”. The experts’ assessments further indicated that, “after passing
    through the ceiling and impacting the floor at lower speed, the cylinder continued altered
    trajectory, until reaching the position in which it was found.” The results reported by the
    FFM were based on ballistic and scientific grounds, which were the bases of the explanations
    reported in paragraph 8.34. One example is presented in diagram 12, which indicates the
    exact possibility that after initial impact, the cylinder could have retained enough energy to
    continue an altered trajectory at lower speed until final position. Figure A.7.8, together with
    A7.9 and A7.10, indicate inconsistencies found by the FFM as part of FFM factual findings. “

    und

    „The FFM report does not refer in any part to “the argument that they were dropped from an
    aircraft.” Also, the FFM report does not elaborate in any part on the “high probability that
    both cylinders were placed at Locations 2 and 4 manually rather than dropped from an
    aircraft”. In fact, this type of information is deemed outside of the mandate and methodology
    of the FFM. The FFM stands by its report in all aspects, including those regarding
    conclusions as to the use of a toxic chemical as a weapon. “

    Ich sehe da keine Widersprüche.

    „Dass ein Angriff mit etwas Chlorgas dem kurz vor dem Sieg stehenden Assad-Regime keinen ernsthaften militärichen Nutzen bringen würde, ihm aber erheblich schaden könnte (westliche Intervention), musste jedem klar sein – auch dem Assad-Regime selbst.“

    Wenn es Sie wirklich interessiert hätte, hätten Sie ja mal auf den Link meines vorigen Posts klicken können und nicht immer wieder dasselbe Argument bringen. Dort steht auf dieses „Argument“ als Entgegenhaltung:

    „Nonsense. The chemical attack on Douma had enormous military value. Douma was the last area in eastern Ghouta still holding out. People had been living in basements and tunnels for years. Taking the area by infantry would probably have resulted in thousands of casualties to Assad’s forces – the remainder of the Syrian army and its Shia extremist allies. Much easier to choke and terrify the families of the fighters and to force a surrender. “

    Sie bringen hier die ganze Zeit neue „Argumente“, die Sie für plausibel halten. Ich sage von Anfang an: Weder Sie noch ich können beurteilen, ob das wirklich plausibel ist.
    Das hält Sie aber nicht davon ab immer wieder neue „Argumente“ zu bringen.
    Deswegen nochmals: Es macht keinen Sinn, dass wir uns darüber unterhalten, welches Argument plausibel ist und welches nicht: Keiner hier kann das wirklich bewerten. (Ich kann Ihnen auch nicht beweisen, dass es nicht die Sonne ist, die den Klimawandel erzeugt. Wie auch? Ich muss darauf vertrauen, dass die NASA das schon wissen wird. Natürlich kann es grundsätzlich sein, dass die NASA da was zurück hält. Wie soll ich auch das Gegenteil beweisen? Das gleiche gilt analog für die OPCW. Nur weil Sie da etwas für nicht plausibel halten, heißt dass nicht dass die OPCW unterwandert ist.)

    „Nein,wieso denn auch? Die einzige sinnvolle Alternative ist hier doch, dass man darauf hinweist, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, anstatt den irrigen Eindruck zu erwecken, dass es die nicht gibt. Dazu muss man sich nicht selbst „zum Experten machen“ – wieso denn auch?“

    Sie verstehen Journalismus offenbar anders als ich. Sie wollen eine „Experte A sagt, Experte B sagt“-Berichterstattung. Das ist aber kein Journalismus.
    Journalismus ordnet ein. Und das wird hier offenbar getan (OPCW Report mehr wert als Scott Ritter). Und das passt Ihnen nicht weil Ihnen das Ergebnis nicht schmeckt.

    Damit belasse ich es jetzt, weil wir hier nie zu einem befriedigenden Ergebnis kommen werden

  64. P.S: Die Stahlbehälter sehen übrigens auf den Bildern des OPCW schon ganz schön verformt aus. (was Ihr 1. Argument noch unplausibler macht) Und die haben das ja auch im Bericht simuliert.

    Haben Sie den Bericht überhaupt gelesen, den Sie hier so kritisieren?

  65. @ ICHBINICH:

    “Valide Argumente: IPCC, UN, etc.
    NICHT valide Argumente: Irgendwelche einzelnen ‘Experten’ (auch nicht, wenn diese Experten mal ganz wichtig waren oder sonstiges. Es gibt auch Nobelpreisträger unter den Klimaskeptikern. Auch die ignoriere ich — obwohl ich keineswegs deren grundsätzliche Intelligenz infrage stelle)“

    Aber zwei Sachen sind doch wesentlich hier:

    – Es gibt eine erhebliche Anzhal qualifizierter Wissenschaftler in der UNO und IPCC, die sich mit dem Klimawandel beschäftigt haben und sich weitgehend einig sind.
    – Es gibt keinen starken Gegenwind aus einer kompetenten wissenschaftlichen “Community”, sondern es sind wirklich nur „vereinzelte Experten“, die einen Dissens pflegen. (Schließlich gibt es ceteris paribus keinen besonderen Grund, unabhängigen Experten an Universitäten weniger zu glauben als solchen, die etwa für die UNO arbeiten.)

    Wären es also nur ganz wenige Leute bei der UNO und IPCC, die sich mit dem Klima beschäftigen, und wären die noch untereinander anderer Meinung, und würden mehrere unabhängige Experten (aus einem kleinen Expertenpool) ebenfalls eine andere Meinung vertreten: Wieso sollte man dann UNO und IPCC vertrauen, anstatt sich besser eines Urteil zu enthalten?

    “Bei Syrien analog:
    Valide Argumente: OPCW, UN, etc. (das sind für mich genug Experten, um einen Konsens darzustellen) “

    Aber die Disanalogie liegt hier doch auf der Hand: Es gibt offenbar nur einige wenige Experten, die sich für die OPCW etwa mit Douma beschäftigt haben, und unter denen gibt es auch noch Dissens! Das Urteil der OPCW gründet hier nicht auf einem Konsens vieler Experten, sondern auf der Einschätzung von drei (!!) externen Experten! Und deren Meinung steht auch noch im Widerspruch zu der eines internes Team unter einem erfahrenen OPCW-Teamleiter und den Mitarbeitern zweier Universitäten.

    Das ist in diesem Fall die “ganze Autorität” der OPCW. Sie haben hier eben gerade nicht 50 OPCW- Experten, die sich einig sind, gegen ein paar Außenseiter!

    “…(übrigens auch ähnlich zu Diskussionen zu Klimaskeptikern; die bringen auch immer neue Argumente…)…“

    Entschuldigung, aber jetzt wird es doch merkwürdig.
    Wenn ich eine umfassende Expertise verfassen würde, wäre es wohl angebracht, alle wichtigen Argumente auf den Tisch zu legen. Wenn ich aber unter einem Artikel mit einem anderen Kommentierenden diskutiere, dann ist es doch legitim, mehrere Argumente im Verlauf der weiteren Diskussion zu nennen, je nachdem, wie sie verläuft. Was spricht auch dagegen?
    Die Alternative wäre, entweder im ersten Beitrag alle mir bekannten Argumente aufzuführen, oder nach dem ersten Beitrag keine weiteren Argumente mehr zu nennen, auch wenn sich eine vertiefte inhaltliche Diskussion zu einer These entwickelt.

    Ich hatte darauf hingewiesen, dass der ingenieurwissenschaftliche Bericht etwas sagt, was auch dem Laien plausibel ist; das war eine Nebenbemerkung. Ich halte es nach wie vor für sehr unplausibel, dass ein Metallzylinder eine Betondecke durchschlagen soll und dann auf einem Bett landet, aber ich möchte auf diesem Punkt nicht rumreiten, und es war für mich auch ein Nebenpunkt. Darf ich dieser Anmerkung wegen im weiteren Verlauf der Diskussion keine Argumente mehr nennen, die dafür sprechen, Kritik an der offiziellen Darstellung der OPCW zu Worte kommen zu lassen, ohne etwas Kritikwürdiges zu tun?

    “The experts’ assessments further indicated that, ‘after passing
    through the ceiling and impacting the floor at lower speed, the cylinder continued altered trajectory, until reaching the position in which it was found.’“

    “The analyses indicated that the structural damage to the rebar-reinforced concrete terrace at Location 2 was caused by an impacting object with a geometrically symmetric shape and sufficient kinetic energy to cause the observed damage. The analyses indicate that the damage observed on the cylinder found on the roof-top terrace, the aperture, the balcony, the surrounding rooms, the rooms underneath and the structure above, is consistent with the creation of the aperture observed in the terrace by the cylinder found in that location.”

    Wie kann ein Zylinder die Beton-Decke durchschlagen (“pass through the ceiling”), um dann seine „Flugbahn“ („trajectory“) zu verändern, wenn er NICHT aus der Luft kommt?
    Und wie kann ein durch die Decke kommender Zylinder „aufschlagen“, so dass seine „kinetische Energie“ einigen Schaden anrichten, wenn er nicht aus der Luft kommt, sondern ihn jemand manuell platziert hat?
    Wie soll das NICHT auf einen Angriff der syrischen Luftwaffe hindeuten?

    Die Sache ist doch ganz einfach: Schlugen die Zylinder von oben ein, war es ziemlich wahrscheinlich Assad. Denn die Rebellen haben keine Luftwaffe. Wurden sie manuell platziert, waren es ziemlich wahrscheinlich die Rebellen, denn das Gebiet wurde von Rebellen gehalten. Zu behaupten, dass man in dem einen Fall Hinweise auf eine mögliche Urheberschaft gebe, im anderen nicht, ist doch schlichtweg absurd.

    “Nonsense. The chemical attack on Douma had enormous military value. “

    Chlorgas hat eine ziemlich geringe Toxizität. In der Wikipeedia heißt es dazu:

    “Das heißt, unter optimalen Bedingungen, wenn der Gegner dicht gedrängt in tiefer gelegenen Schützengräben kauert, waren 125 Kilogramm Chlorgas nötig, um einen Soldaten zu töten. Daher wurde Chlor bald durch verletzungswirksamere Giftgase ersetzt, zum Beispiel Phosgen.”

    Klar, die Anzahl der Verletzen wird höher liegen; aber mit zwei Kanistern werden Sie wohl kaum viel ausrichten können, was Sie mit starken konventionellen Waffen (schweren Bomben usw.) nicht auch erreichen können.

    Wieso sollte eine Regierung eine Waffe einsetzen, die – jedenfalls in dieser Menge – sicherlich keine große militärische Bedeutung hat, wenn sie weiß, dass ihr deshalb womöglich ein massiver Militärschlag droht?
    So eine Plausibilitätsprüfung halte ich schon für möglich. Und dass die syrische Regierung überall auf dem Vormarsch und am Gewissen war, wurde, soweit ich mich erinnere, auch von den Mainstream-Medien berichtet.

    “Ich muss darauf vertrauen, dass die NASA das schon wissen wird. Natürlich kann es grundsätzlich sein, dass die NASA da was zurück hält.“

    Sie glauben der NASA aber doch deswegen, weil da dutzende oder hunderte Wissenschaftler etwas evaluieren und einen (weitgehenden) Konsens haben.
    Wenn hingegen drei (!) externe Experten etwas für die NASA behaupten, aber eine interne Gruppe der NASA das Gegenteil behauptet: Werden Sie dann der NASA ebenfalls so leicht glauben? Oder sich vielleicht nicht eher eines Urteils enthalten?

    “Sie verstehen Journalismus offenbar anders als ich. Sie wollen eine ‘Experte A sagt, Experte B sagt’-Berichterstattung. Das ist aber kein Journalismus.
    Journalismus ordnet ein. Und das wird hier offenbar getan (OPCW Report mehr wert als Scott Ritter). Und das passt Ihnen nicht weil Ihnen das Ergebnis nicht schmeckt.“

    Entschuldigung, aber das ist doch einfach nur eine Unterstellung. Ich habe doch zigmal erklärt, wie ich es für angemessen halte: Wenn es einen breiten Konsens gibt, kann man eine kleine Minderheit vielleicht weitgehend ignorieren. Wenn es aber Experten auf der einen Seite und welche auf der anderen gibt, und man nicht sagen kann, dass eine eine kleine Minderheit ist, dann sollte man dies berichten. Dann kann man immer noch im zweiten Schritt einordnen (wenn man kompetent genug ist).

    Und ja: Wären da zwanzig oder von mir auch zehn Experten der OPCW, die alle die gleiche Überzeugung haben und gegen eine einzelne externe Person (etwa Ritter) stünden, dann könnte ich Ihre Argumentation ja nachvollziehen. Dann würde ich auch sagen: Das kann mal in einer vertieften Reportage auftauchen, muss aber nicht in die Hauptnachrichten.

    Nur ist das doch absolut nicht so. Hier stehen ein internes Team der OPCW unter einem erfahrenen Teamleiter, das mit zwei Universitäten zusammengearbeitet hat, gegen drei externe Experten, die für die OPCW gearbeitet haben und einen Chef, der den drei externen Experten glaubt.

    “Haben Sie den Bericht überhaupt gelesen, den Sie hier so kritisieren?“

    Ich kritisiere keinen Bericht. Ich kritisiere auch nicht, dass der offizielle Bericht veröffentlicht und ernstgenommen wird. Ich behaupte auch nicht, er sei irrelevant. Ich kritisiere nur, dass andere Berichte völlig ignoriert werden. Es stellt sich also umgekehrt eher die Frage, ob Sie die Berichte, die Sie für irrelevant erklären, gelesen haben.

    “Die Stahlbehälter sehen übrigens auf den Bildern des OPCW schon ganz schön verformt aus.“

    Ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen. Die in “Figure 14” gezeigten Zylinder jedenfalls sind kaum verformt. Und die Bilder, die ich bei einer Internetrecherche finden konnte (cylinders douma chlorine) bestätigen diesen Eindruck.

  66. „Aber die Disanalogie liegt hier doch auf der Hand: Es gibt offenbar nur einige wenige Experten, die sich für die OPCW etwa mit Douma beschäftigt haben, und unter denen gibt es auch noch Dissens! Das Urteil der OPCW gründet hier nicht auf einem Konsens vieler Experten, sondern auf der Einschätzung von drei (!!) externen Experten!“

    Das ist grober Unsinn. Es gab 3 EXTERNE Experten, die sich damit beschäftigt haben ob die Löcher in der Decke etc. IN DOUMA mit den Verformungen der Stahlbehälter zusammenpassen und dafür Simulationen durchgeführt haben.
    Teil der FFM IN DOUMA waren natürlich viel mehr Experten (z.B. die, die untersucht haben, ob da Chlor nachgewiesen werden kann; die, die die Befragungen durchgeführt haben etc.).
    Nicht zu vergessen die Experten, die sich das GESAMTBILD in Syrien angeschaut haben. Da gibt es massenweise Berichte von unabhängigen Organisationen, die Sie aber gezielt ignorieren.
    Sie picken hier ein einzelnes Detail aus einer vollumfänglichen Analyse und versuchen daran zu „beweisen“, dass es keine einheitliche Meinung von Experten gibt.
    Das ist unredlich.
    (Es gibt auch keine 1000 Experten, die sich detailliert mit dem Einfluss der kosmischen Strahlung aufs Weltklima beschäftigt haben — dennoch ist das Fazit: „Mensch ist Schuld am Klimawandel“ genauso valide wie „Assad nutze mehrfach Chemiewaffen gegen seine Bevölkerung“).

    „Und ja: Wären da zwanzig oder von mir auch zehn Experten der OPCW, die alle die gleiche Überzeugung haben und gegen eine einzelne externe Person (etwa Ritter) stünden, dann könnte ich Ihre Argumentation ja nachvollziehen. “

    Das ist ja so. Sie ignorieren nur alle Links dazu, die ich Ihnen schon geliefert habe und zählen nur die Experten, die sich mit einem winzigen Teilaspekt des Themas auseinandergesetzt haben.

    „Zu behaupten, dass man in dem einen Fall Hinweise auf eine mögliche Urheberschaft gebe, im anderen nicht, ist doch schlichtweg absurd.“

    Es gab den Auftrag an die FFM, den Ort und die Durchführung des Angriffes zu bestimmen.
    Dazu gehört natürlich zu prüfen, ob die Art, wie die Behälter gefunden wurden, plausibel ist. Und dazu gehören Untersuchungen der Umgebung (z.B. ob die Löcher im Dach zum Auffindeort passen).
    Dazu gehört NICHT, ob die Geschwindigkeit eines Hubschraubers, einer Drohne oder eines Flugzeugs besser zu den Einschlägen passt.

    „Ich weiß nicht, worauf Sie sich beziehen. Die in “Figure 14” gezeigten Zylinder jedenfalls sind kaum verformt.“

    Kaum verformt? Das sind Stahlbehälter! Wenn die so verformt sind, muss da einiges passiert sein. Soviel zu „plausibel oder nicht“.

    „Wieso sollte eine Regierung eine Waffe einsetzen, die – jedenfalls in dieser Menge – sicherlich keine große militärische Bedeutung hat, wenn sie weiß, dass ihr deshalb womöglich ein massiver Militärschlag droht?“

    Ach, jetzt sind Sie also doch Militärexperte?
    Noch einmal versuche ich es mit:
    https://www.gppi.net/media/GPPi_Schneider_Luetkefend_2019_Nowhere_to_Hide_Web.pdf
    „On 7 April 2018, a final devastating chemical attack struck the city of Douma,
    killing at least 43 and injuring hundreds. One Douma resident and member of the
    negotiation committee that worked via foreign governments in Istanbul described how
    in the immediate aftermath of the attack, he and other opposition representatives had
    felt renewed pressure to surrender “due to the fear of another attack and the absence of
    any international deterrent.” A member of Faylaq Al-Rahman concluded in a resigned
    voice how, after years of fighting on the frontlines, “the use of chemical weapons has
    settled the equation in favor of the regime.” Another activist observed that the Assad
    regime’s apparent freedom to use chemical weapons had led locals to the collective
    realization that “nothing and no one will protect civilians from the violence and
    brutality of the regime,” leaving surrender or death as the only realistic outcomes.
    The following day, the city surrendered under a Russian-mediated
    “reconciliation” agreement that, according to the Russian military, led to the departure
    of 21,145 militants and civilians from Eastern Ghouta’s largest city for rebel-held
    northern Syria. The civilians were forced to “choose between bad and worse,” as a
    local activist described it. Overall, 67,680 individuals across the pocket chose to depart
    rather than reconcile with the government. Twice that number were sent to IDP camps
    operated by the regime.“

    Die Tatsache, dass 1 Tag nach dem Angriff Douma kapituliert hat spricht eine andere Sprache, aber nagut.
    Abgesehen davon ist Ihre Alternativtheorie: „Rebellen täuschen Giftgasangriff vor. OPCW/UN/USA fallen entweder darauf rein oder wussten schon vorher Bescheid, machen aber bei der großen Verschwörung mit“ ziemlich unsinnig ist.

    Wie gesagt habe ich auch garkeine Lust mich hier mit Ihnen über irgendwelche Argumente zu streiten, von denen weder Sie noch ich wirklich Ahnung haben. Das ist vollkommen unsinnig. Das scheinen Sie aber nicht zu verstehen — oder verstehen zu wollen.

    „Ich kritisiere keinen Bericht. “

    Doch. Sie erzählen die ganze Zeit, was Sie für plausibel halten und warum der Bericht das nicht ist. Und das, ohne ihn gelesen zu haben. Das finden Sie ernsthaft nicht merkwürdig?
    (Witzigerweise erinnert mich das auch wieder an die Klimaskeptiker. Die kritisieren auch alles mögliche am IPCC und seinen Folgerungen, haben da aber auch nie einen Bericht gelesen.)

    Ich lass das jetzt aber endgültig. Wir kommen hier auf keinen grünen Zweig. Sie wollen aus mir unbekannten Gründen nicht die überwältigende Anzahl von Experten sehen, die sich mit Giftgasangriffen von Assad beschäftigt haben und ich halte es für komplett unsinnig, mich mit Ihnen über „Argumente“ zu streiten, die keiner von uns richtig bewerten kann. Das bringt uns/mich überhaupt nicht weiter.
    Ich habe jetzt schon einige Lebenszeit investiert, mich über Syrien, die OPCW und Douma zu informieren und es ist mal ganz interessant, die detaillierten Berichte der OPCW zu lesen um deren Tiefe der Analyse zu verstehen, irgendwann reicht es aber auch. Sie können — und werden vermutlich — auch weiterhin davon ausgehen, dass wir da eine „Lückenpresse“ haben, die irgendwas nicht berichtet, was Sie als relevant erachten, ich fühle mich aber ebenfalls nach allen Analysen bestärkt in meiner Einschätzung, dass hierzu alles Wesentliche berichtet wurde.
    Insofern lasse ich jetzt hier alles weitere, weil es keinen Mehrwert für irgendjemanden hat.

  67. @ ICHBINICH:

    Das Wichtigste vielleicht zuerst:

    “…Sie wollen aus mir unbekannten Gründen nicht die überwältigende Anzahl von Experten sehen, die sich mit Giftgasangriffen von Assad beschäftigt haben […]”

    Wie wäre es, wenn Sie einfach belegen würde, dass es diese “überwältigende Mehrheit” gibt, anstatt das einfach zu behaupten? Bisher habe ich nur keine Hinweis, dass es so ist, aber ich würde mich belehren lassen.

    Wenn Sie belegen könnten, dass zahlreiche kompetente Experten (in der OPCW oder außerhalb) sich tatsächlich mit dieser Frage beschäftigt haben und in ihrer großen Mehrheit Ihre Meinung teilen, dann wäre das für mich ein starkes Argument. (Wobei eine offizielle Stellungnahme der OPCW nicht implizieren muss, dass (fast) alle oder auch nur die meisten der OPCW_Experten die entsprechende Meinung teilen, wie der Fall Duma zeigt. Man müsste dann schon eruiren, ob es unter den OPCW-Experten, die sich mit den jeweiligen Fragen beschäftigt haben, selbst einen weitgehenden Konsens gibt.)

    Sie brauchen natürlich nicht zu antworten, aber ich sehe nicht, dass Sie für Ihre entscheidenden Thesen hier einen Beleg gebracht hätten.

    “Das ist grober Unsinn. Es gab 3 EXTERNE Experten, die sich damit beschäftigt haben ob die Löcher in der Decke etc. IN DOUMA mit den Verformungen der Stahlbehälter zusammenpassen und dafür Simulationen durchgeführt haben.“

    Aber genau darum ging es doch hier:
    Ob die Behälter mit Chlorgas aus der Luft abgeworfen oder manuell platziert wurden. Das ist doch der Punkt, um den es in unserer Diskussion die ganze Zeit ging. Dass es die Kanister gab, wird ja auch vom ingenieuwissenschaftlichen OPCW-Team nicht abgestritten – das ist ja Konsens.
    Und für die strittige, entscheidende Behauptung, dass die Behälter aus der Luft abgeworfen wurden, scheint es nur das Zeugnis dreier externer Experten zu geben – auf etwas anderes jedenfalls weisen die “Remarks of the Director-General” nicht hin.

    “Sie picken hier ein einzelnes Detail aus einer vollumfänglichen Analyse und versuchen daran zu ‘beweisen’, dass es keine einheitliche Meinung von Experten gibt.
    Das ist unredlich.“

    Auf diese Art der Argumentation bin ich bereits mehrfach detailliert eingegangen und habe erklärt, wieso ich sie für falsch halte: Ich habe verwiesen, dass es ernstzunehmende Argumente gibt, die gegen die von Ihnen präferierte “vollumfängliche Analyse” sprechen. Allein die Tatsache, dass Sie diese Argumente a priori für irrelevant erklären, ist sicher kein Grund, mit “Unredlichkeit” zu unterstellen.

    “(Es gibt auch keine 1000 Experten, die sich detailliert mit dem Einfluss der kosmischen Strahlung aufs Weltklima beschäftigt haben — dennoch ist das Fazit: ‘Mensch ist Schuld am Klimawandel’ genauso valide wie ‘Assad nutze mehrfach Chemiewaffen gegen seine Bevölkerung’).“

    Die Kritik lautet ja nicht, dass Assad nie Giftgas eingesetzt habe. Sie lautet: Zumindest in einigen der Fälle ist die Geschichte sehr zweifelhaft.

    Und warum die Verneinung dieser These so valide begründet ist wie das Urteil von 1000 Experten, wäre von Ihnen noch zu beweisen. Denn prima facie ist ja das genaue Gegenteil richtig: Was 1000 Experten (bei ganz wenigen Gegenstimmen) behaupten, ist viel plausibler als das, was drei externe Experten behaupten, denen ein OPCW-Team und die Experten zweier Universitäten widersprechen.

    “Sie ignorieren nur alle Links dazu, die ich Ihnen schon geliefert habe […]“

    Genauso gut könnte ich sagen: Sie ignorieren meine Links (und ich könnte noch viele posten). Das Ende vom Lied ist doch immer das gleiche: Es gibt hochrangige Experten auf der einen wie auf der anderen Seite. Und wenn die FFM in anderen Fällen so vorgehen sollte wie in Duma, ist die Frage wirklich, ob man ihr mehr glauben soll als hochrangigen unabhängigen Experten.
    Gerade angesichts des merkwürdigen Verhaltens der OPCW habe ich hier keinen Grund, das Urteil höchst anerkannter unabhängiger Experten von vornherein für irrelevant zu erklären.

    “Es gab den Auftrag an die FFM, den Ort und die Durchführung des Angriffes zu bestimmen.“

    Wenn ich Sie wäre, würde ich jetzt schreiben: Das ist grober Unsinn. So begnüge ich mich mit dem Hinweis, dass es erst mal darum, ob es so einen Angriff überhaupt (!) gab. Genau das ist ja die Frage. Die Gegenthese lautet ja, dass der Angriff nur vorgetäuscht war.

    “Dazu gehört natürlich zu prüfen, ob die Art, wie die Behälter gefunden wurden, plausibel ist. Und dazu gehören Untersuchungen der Umgebung (z.B. ob die Löcher im Dach zum Auffindeort passen).
    Dazu gehört NICHT, ob die Geschwindigkeit eines Hubschraubers, einer Drohne oder eines Flugzeugs besser zu den Einschlägen passt.”

    Warum nicht? Es gehört dazu alles, was entscheiden könnte, ob es einen Angriff (aus der Luft) gab oder nicht.

    – Die Version des offiziellen Berichts sagt: Ja, wahrscheinlich kamen die Kanister aus der Luft. Ohne Namen zu nennen, wird dabei natürlich dem Regime die Verantwortung gegeben.
    – Der ingenieurwissenschaftliche Bericht sagt: Nein, wahrscheinlich kamen die Behälter NICHT aus der Luft. Ohne Namen zu nennen, wird die Verantwortung damit den Rebellen gegeben.

    Wieso die eine Variante indirekt auf den Urheber hinweisen könnte und die andere nicht, bleibt vollkommen rätselhaft.

    Der von Ihnen verlinkte Text widerlegt die Tatsache, dass Chlor eine relativ geringe Toxizität aufweist, überhaupt nicht. Er behauptet einfach, dass es einen solchen Angriff gab, gestützt auf das Zeugnis einiger Leute. Ich könnte Ihnen Berichte verlinken, die nicht weniger überzeugend argumentieren, dass der Angriff nur inszeniert war, ebenfalls bezugnehmend auf Augenzeugen.
    So kommen wir nicht weiter. Weiter kommen wir wohl eher, wenn wir prüfen, wie stichhaltig bestimmte Behauptungen sind.

    Tun wir das doch: Wenn es selbst unter optimalen Bedingungen 125 kg braucht, um im Kampfeinsatz eine nicht geschützte Person zu töten, muss man sicherlich kein Militärexperte sein, um folgern, dass Chlorgas keine extrem effektive Waffe ist, und dass zwei Kanister, die in ein Haus geworfen werden, kaum einen allzu gewaltigen Schaden anrichten werden.

    Entsprechend waren auch Anschläge mit Chlorgas im Irak laut einem offiziellen Bericht der US-Regierung nicht sehr erfolgreich:

    “The first documented chlorine attack was Oct. 21, 2006, in Ramadi, a Multinational Force Iraq spokeswoman said. In that attack, terrorists drove a car bomb with 12 120 mm mortar shells and two 100-pound chlorine tanks. The attack wounded three Iraqi policemen and a civilian.
    The first attack that received media attention was at Taji, where terrorists remotely detonated a 5-ton truck packed with 100 pounds of high explosives and two 1-ton chlorine tanks. The attack killed one civilian and wounded 114 others.

    The most recent attack was June 3 against Forward Operating Base Warhorse, in Diyala province. Again, a suicide car bomber launched the attack, and officials estimate it included two tanks of chlorine and 1,000 pounds of explosive. The cloud from the attack blew over Warhorse and sickened 65 servicemembers, Multinational Force Iraq officials said. All were examined and returned to duty.”
    https://archive.defense.gov/news/newsarticle.aspx?id=46311

    Die New York Times schreibt dazu:

    „These bombs were often ineffective as chemical weapons, and wounds that resulted from their use were most often related to the shrapnel from the conventional explosive used to try to disperse the chlorine, according to American service members who encountered the weapons during their tours.

    At times, however, the chlorine was distributed in harmful ways, irritating airways and eyes and causing burns. In the worst cases, Iraqi civilians and American troops suffered inhalation injuries. This type of wound received enough attention in the United States military that the Navy came to recognize injuries caused by chlorine gas and explosives as worthy of a Purple Heart, the medal awarded for battlefield wounds.“

    Wie da zwei (nach Fotos mittelgroße) einzelne Behälter in Duma so effektiv sein sollen, Dutzende Leute zu töten – die Weißhelme gingen noch weiter und behaupteten gar, es „habe […] mindestens 150 Tote und über 1000 Verletzte gegeben“ -, ist sehr merkwürdig.

    In einer Quelle (finde ich jetzt nicht mehr) las ich sogar, dass moderner militärischer Sprengstoff bei gleicher Menge mehr Schaden anrichtet als Chlorgas. Das klingt sehr plausibel, aber ich will ich darauf nicht festlegen; zumindest aber erscheint es als offenkundig, dass der massive Einsatz starker konventioneller Waffen (also etwa der Abwurf dutzender schwerer Bomben) nicht viel ineffektiver wäre als der Einsatz von zwei mittleren Behältern mit Chlorgas.

    “Ach, jetzt sind Sie also doch Militärexperte?“

    Ach, sarkastischer Ton und persönliche Angriffe sind doch überflüssig. Meine Informationen stammen alle aus öffentlichen Quellen oder sind absolut naheliegende Schlussfolgerungen.

    “Wie gesagt habe ich auch garkeine Lust mich hier mit Ihnen über irgendwelche Argumente zu streiten, von denen weder Sie noch ich wirklich Ahnung haben.”

    N ja gut, ob Chlorgas eine besonders effektive Waffe ist oder nicht, lässt sich ja durchaus recherchieren.

    “Abgesehen davon ist Ihre Alternativtheorie: ‘Rebellen täuschen Giftgasangriff vor. OPCW/UN/USA fallen entweder darauf rein oder wussten schon vorher Bescheid, machen aber bei der großen Verschwörung mit’ ziemlich unsinnig ist.“

    Na ja, Hersh (einer der renomkiertesten Inverstigativ-Reporter der Welt) berichtet ja, dass die Geheimdienste der USA davon ausgingen, dass es keinen Angriff gab, aber die US-Regierung das nicht wissen wollte. Und die OPCW wäre ja gar nicht darauf “reingefallen”, sondern nur drei externe Experten.
    Und zumindest wenn man denjenigen, die den gelakten OPCW-Bericht publiziert haben, glauben darf, dann wäre die OPCW eh nicht auf etwas “reingefallen”, sondern hätte sich politischem Druck gebeugt. Demnach habe ein Informant gesagt:

    “[…] the OPCW report on the alleged chemical attack in Douma Syria on 7 April is currently under review by management. As it is currently drafted, the report indicates a high degree of probability that the alleged chemical attack was staged by an opposition group. […] I predict that the OPCW simply will not be allowed to issue a report that raises any doubts on the pre-judged guilty party. “

    Ich weiß nicht, ob das stimmt – aber immerhin stehen diese Leute offensichtlich mit OPCW-Mitgliedern in Verbindung; sonst hätten sie den internen Bericht nicht veröffentlichen können. Schon die Tatsache, dass (nach aller Wahrscheinlichkeit) OPCW-Mitglieder den internen Bericht geleakt haben, deutet auf Risse in der OPCW hin.

    “Doch. Sie erzählen die ganze Zeit, was Sie für plausibel halten und warum der Bericht das nicht ist.“

    Ich habe nie gesagt, dass der Bericht “nicht plausibel” ist. Ich habe gesagt, dass es (auch) plausible Argumente gibt, die gegen ihn sprechen – und dass man AUCH (!!) die hören sollte. Und nein, ich bin kein Experte, der die technischen Details von Berichten miteinander vergleichen könnte. Ich kann mir aber ein Gesamt-Bild machen und zur Auffassung gelangen, dass der geleakte Bericht relevant ist.

    Meine Position ist also: Beide Berichte sind relevant und sollten von den Medien zur Kenntnis genommen werden. Die Berichte habe ich nicht im Detail gelesen.
    Ihre Position ist: Einer der Berichte ist nicht relevant und sollte nicht zur Kenntnis genommen werden. Diesen Bericht haben Sie nicht gelesen.

    Wer nun verhält sich “absurder”? Derjenige, der einen Bericht nicht gelesen hat, seine Relevanz aber nicht bestreitet (aber eben auch noch einen anderen Bericht für relevant hält) – oder derjenige, der einen Bericht nicht gelesen hat, ihn aber für irrelevant erklärt?

  68. Um dies vielleicht noch klarer zu formulieren. SIe schreiben:

    „Dazu gehört natürlich zu prüfen, ob die Art, wie die Behälter gefunden wurden, plausibel ist. Und dazu gehören Untersuchungen der Umgebung (z.B. ob die Löcher im Dach zum Auffindeort passen).
    Dazu gehört NICHT, ob die Geschwindigkeit eines Hubschraubers, einer Drohne oder eines Flugzeugs besser zu den Einschlägen passt.“

    Ich wüsste nicht, dass letztere Frage in dieser Weise in dem ingenieurwissenschaftlichen Bericht untersucht worden wäre. Was untersucht wurde, diente offensichtlich dazu, den Hergang des Geschehens zu untersuchen – also etwa zu klären, ob es plausibel ist, dass die Behälter aus der Luft kamen. .

    Abgesehen davon der „offizielle“ Bericht ja so jedem Fall zu der Folgerung, dass es vermutlich einen Angriff gab, und dass die Kanister aus der Luft kamen. Was eindeutig auf Assad hinweisen würde – ganz egal, ob man dort die „Geschwindigkeit eines Hubschraubers […]“ kalkuliert hat oder eben auch nicht.

    Das Ergebnis ist also völlig eindeutig: Der offizielle Bericht weist indirekt so klar auf einen Täter hin wie der unveröffentlichte (der das auch indirekt tut). Nur ist es hier ein anderer Täter.

    Den einen Bericht zu veröffentlichen und den anderen nicht, mit dem Argument, dass dieser auf einen Täter hinweise, ist daher im allerhöchsten Maße absurd und unglaubwürdig.

  69. „Ich wüsste nicht, dass letztere Frage in dieser Weise in dem ingenieurwissenschaftlichen Bericht untersucht worden wäre“

    Dann sollten Sie den Bericht vielleicht mal lesen.

    „Aber genau darum ging es doch hier:
    Ob die Behälter mit Chlorgas aus der Luft abgeworfen oder manuell platziert wurden“

    Ihre Theorie ist, dass der Angriff nur inszeniert war. Es sind also nicht nur diese 3 Experten, die Sie anzweifeln sondern die gesamte FFM der OPCW. Denn die kamen zum Schluss, dass es einen Angriff gab. Das sind deutlich mehr als nur 3 Leute.

    „N ja gut, ob Chlorgas eine besonders effektive Waffe ist oder nicht, lässt sich ja durchaus recherchieren.“

    Und weiter geht’s mit der Strategie immer neue Argumente aufzutischen. Und das Chlorgas nicht gefährlich wäre ist wirklich absurd. Googeln Sie mal danach, wieviele Tote es allein in 2.WK aufgrund von Chlorgas gab.

    „Wie wäre es, wenn Sie einfach belegen würde, dass es diese “überwältigende Mehrheit” gibt, anstatt das einfach zu behaupten?“

    Ich habe die Links oben mehrfach gepostet.
    Dir OPCW, die UN, das GPPI etc. sind alles Organisationen, die davon ausgehen dass Assad immer wieder Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat. In der oben verlinkten Studie finden Sie eine Karte mit den jeweiligen Orten.
    Wieviele Experten dass dann insgesamt sind müssen Sie selber zählen wenn es Sie so sehr interessiert. Mir reicht das so. (ich kenne übrigens keine Organisation — außer dem russischen Fernsehen — die das bestreitet).
    Wenn Ihnen das nicht genügt, kann ich auch nicht weiterhelfen.

    „.. sondern hätte sich politischem Druck gebeugt.“

    Ja. Beim IPCC gibt es auch immer diese Vorwürfe. Die OPCW ist eine Organisation mit 193 Mitgliedern (inklusive Russland). Aber natürlich beugen die sich der USA. Diese Verschwörung können Sie alleine weiter eruieren.

  70. @ ICHBINICH:

    “Dann sollten Sie den Bericht vielleicht mal lesen. “

    Sorry. Ich finde dort zwar eine Stellen, in der beiläufig erwähnt wird, dass die Kanister vermutlich von einem Hubschrauber abgeworfen wurde, falls sie denn sie aus der Luft kamen, und eine andere, in der auf frühere (mutmaßliche) Giftgas-Angriffe des Assad-Regimes durch Hubschrauber Bezug genommen wirde:

    “Hypothesis L2-1: The observed object was of a standard design for a cylinder used for storage of liquefied chlorine. The cylinder, full or partly full of liquefied chlorine, was dropped from anaircraft (most likely a helicopter) from an unknown altitude, and fell onto the reinforced concrete roof of the terrace.”
    “The results predicted from the simulation were more consistent with images of deformed cylinders from earlier incidents of cylinders allegedly delivered from helicopters in the Syrian Arab Republic.“

    Ich finde aber keine Stelle, in denen die Frage, ob “die Geschwindigkeit eines Hubschraubers, einer Drohne oder eines Flugzeugs besser zu den Einschlägen passt”, auch nur oberflächlich behandelt worden wäre. (Das wäre auch merkwürdig, denn dass ein Hubschrauber oder eine Drohne – anstatt der Kanister – in das aus gefallen sei, behauptet doch auch niemand.)

    Wenn Sie bei ihrer Auffassung bleiben, dass in dem Bericht thematisiert wurde, ob ob “die Geschwindigkeit eines Hubschraubers, einer Drohne oder eines Flugzeugs besser zu den Einschlägen passt”, können Sie mir vielleicht sagen, auf was genau im Text Sie sich beziehen.

    “Ihre Theorie ist, dass der Angriff nur inszeniert war.“

    Es ist nicht meine Behauptung, nur eine Vermutung. Meine Kritik ist, dass Indizien, die für diese Vermutung sprechen und m.E. berichtenswert sind, tatsächlich nicht berichtet werden.

    “Es sind also nicht nur diese 3 Experten, die Sie anzweifeln sondern die gesamte FFM der OPCW. “

    Meine Behauptung handelte nicht davon, wer was in der OPCW anzweifelt. Meine Behauptung war, dass die Meinung, dass es einen Angriff aus der Luft gab, augenscheinlich allein auf der Einschätzung durch drei externe Experten beruht. Zumindest der “General Director” berichtet nichts anderes:

    “With regard to the ballistics data collected by the FFM, they were analysed by three external experts commissioned by the FFM, and working independently from one another. In the end,while using different methods and instruments, they all reached the same conclusions that can be found in the FFM final report.“

    Falls noch weitere Experten hinzugezogen wurden, die zum selben Ergebnis kamen, so verschweigt der Generaldirektor dies, obwohl es ihm ja offenbar gerade darum geht, Zweifel an der Seriosität der FFM und ihres Berichtes auszuräumen.
    Sehr wahrscheinlich sieht es also so aus: Auf der einen Seite war ein Team der OPCW plus Teams von zwei Universitäten, auf der anderen Seite waren drei externe Experten.

    “Und weiter geht’s mit der Strategie immer neue Argumente aufzutischen.“

    Mein Argument war von Anfang an, dass es merkwürdig ist, dass das Regime einen Angriff durchführt, von dem von vornherein klar sein musste, dass er ihm kaum etwas nutzt, aber sehr schadet. Sie bestreiten, dass der Angriff dem Regime sehr wenig genutzt hat. Ich rechtfertige daraufhin, warum ich der Meinung bin, dass er ihm nicht viel genutzt hat. Ich verteidige mein Argument also gegen einen Einwand von Ihnen, wenn man es genau nimmt.

    Was nun ist daran nun kritikwürdig? Und was wäre selbst daran kritikwürdig, wenn man im Verlauf einer kontroversen Diskussion neue Argumente für seine Position anführen würde? Ist das nicht völlig normal? Ist das nicht das, was Diskussionen immer mit sich bringen, sofern nicht jede Seite ihre Argumente immer nur wiederholt?
    Und halten Sie selbst es anders? Haben Sie etwa das Argument, dass der vermeintliche Chlorgasangriff großen Schaden angerichtet habe, gleich im ersten Beitrag angebracht? Oder ist es nicht ein “neues” Argument, mit dem Sie andere Argumente aus früheren Beiträgen (z.B. Glaubwürdigkeit von OPCW usw.) ergänzt haben?
    Was problematisch wäre, wäre etwa das Beibringen immer neuer unglaubwürdige Ad-hoc-Hypothesen. Ich wüsste aber nicht, wo ich das gemacht hätte.
    Was also ist an meinem Verhalten – dem in Wahrheit das Verhalten fast aller Teilnehmer einer längeren Diskussion entsprechen dürfte – ungewöhnlich oder argumentationstheoretisch unzulässig?

    “Und das Chlorgas nicht gefährlich wäre ist wirklich absurd.“

    Dies ist diesem absoluten Sinne zu behaupten, wäre in der Tat absurd. Das habe ich aber ja nie getan. Ich behaupte nur, dass es (natürlich im Vergleich zu anderen Giftgasen) nicht besonders toxisch ist und auch keinen allzu großen Mehrwert gegenüber guten konventionellen Waffen bringt. (Ich setze die Gefährlichkeit von Chlorgas also in Relation.) Dass ich dies so gemacht habe, geht aus meinen Formulierungen und Darlegungen in # 68 klar hervor. Und dass meine Behauptungen über das Chlorgas stimmen, habe ich doch recht gut belegt. Ich könnte hierzu ergänzend nochmals die Wikipedia an anderer Stelle zitieren:

    “Chlorine was used as a poison gas in World War I, but was delivered by artillery shell, unlike the modern stationary or car bombs. Still, its function as a weapon in both instances is similar. Low level exposure results in burning sensations to the eyes, nose and throat, usually accompanied by dizziness, nausea and vomiting. Higher levels of exposure can cause fatal lung damage; but because the gas is heavier than air it will not dissipate until well after an explosion, it is generally considered ineffective as an improvised chemical weapon.”
    (Nota bene: Im Fall Duma wurden die Behälter mit Chlor offenbar NICHT gesprengt, so dass hier der letzte Satz gilt.)

    Im Wikipedia-Artikel, den ich bereits zitiert hatte, heißt es:

    “Bei der Verbrennung entwickelte sich Chlorgas – genauer Chlorpikrin – das nach dem Einatmen zu Husten, Schnupfen und Magenschmerzen führte.[16] Unter militärischen Gesichtspunkten war das nicht besonders effizient. So kamen zum Beispiel bei dem Angriff vom 22. April 1915 trotz des Einsatzes von 150 Tonnen Chlorgas nach neueren Forschungen nur 1200 Franzosen ums Leben.[17] Das heißt, unter optimalen Bedingungen, wenn der Gegner dicht gedrängt in tiefer gelegenen Schützengräben kauert, waren 125 Kilogramm Chlorgas nötig, um einen Soldaten zu töten. Daher wurde Chlor bald durch verletzungswirksamere Giftgase ersetzt, zum Beispiel Phosgen. “

    Wir können mithilfe von ein wenig Mathematik und einer Schätzung sagen, wieviel kg Chlor ungefähr in den angeblich vom Assad-Regime abgeworfenen Kanistern gewesen sein konnte.
    Die Zylinder in Duma würde ich kaum auf mehr als auf eine Länge von 1 m und einen Durchmesser von 40 cm schätzen (vergleiche die Bilder, bei denen einer auf einem Bett liegt).
    Das wäre das ein Volumen von ca. 125664 Kubikzentimetern für jeden der beiden Zylinder (Pi mal R-Quadrat mal Höhe).
    Laut der Seite “Basisgas” hat flüssiges Chlor bei –34 Grad Celsius eine Dichte von 1,57g/Kubikcentimeter. 1,57 x 125664g ist gleich 197292,48g, das sind ca. 197 kg. Mal zwei (es waren ja zwei Zylinder) ist ca. 400 kg. 125 kg sind nun etwas nötig, um unter sehr guten Bedingugen beim militärischen Einsatz einen Soldaten zu töten. 400:125 = 3,2

    Das abgeworfene Chlorgas wäre dann also eine Menge, mit der man im militärischen Einsatz unter sehr guten Bedingungen etwa drei Soldaten töten könnte. Wenn Sie die Kanister etwas größer schätzen als ich, schenke ich Ihnen das; das sind es halt sechs oder sieben Soldaten oder so, die durch die Kanister hätten getötet werden können. Auf viel mehr werden Sie jedenfalls nicht kommen. Das alles macht – militärtaktisch – keinen großen Unterschied.
    (Klar, wenn viele Leute in einem Keller sind, dann mögen solche Kanister mit Chlor größeren Schaden anrichten, aber das gilt aber auch für eine schwere Bombe.)

    Anders gesagt: Ja, Chlorgas ist gefährlich – aber sicherlich nicht viel gefährlicher als andere moderne Waffen, vor allem, wenn diese massiv eingesetzt werden. Die von der syrischen Regierung angeblich verwendete Menge Chlorgas stellt ganz sicher keine “fatale Waffe” im Vergleich etwa zu einem massiven Bombardement dar.
    Nutzen und Risiko (für die syrische Regierung) standen beim Einsatz einer solch geringen Menge von Chlorgas im Fall Duma angesichts einen drohenden massiven Militärschlags westlicher Mächte offensichtlich in keinem Verhältnis.

    “Googeln Sie mal danach, wieviele Tote es allein in 2.WK aufgrund von Chlorgas gab.“

    Habe ich auf Ihren Vorschlag hin gemacht. Zumindest laut Wikipdiea allerdings wurde im 2. Weltkrieg praktisch nur durch das japanische Kaiserreich Giftgas eingesetzt; „[a]n den europäischen Fronten sind während des ganzen Zweiten Weltkriegs nur vier Fälle bekannt geworden, in denen Menschen durch Kampfstoffe getötet oder verletzt wurden, dabei handelte es sich um einen gezielten Kampfstoffeinsatz sowie drei Unfälle“ (Wikipedia-Artikel “Chemische Waffe”). Ob Chlorgas bei den japanischen Angriffen dabei war, geht nicht aus dem Text hervor. (Es ist aber unwahrscheinlich, weil Chlorgas ja schon im 1. Weltkrieg wegen fehlender Effektivität gegen andere Gase ersetzt wurde.)

    Sie meinen in Wahrheit vermutlich den Einsatz von Chlorgas im ersten Weltkrieg. Wie aus den von mir schon vor einiger Zeit und jetzt erneut zitierten Quellen hervorgeht, kann Chlorgas zwar tödlich sein und hat in der Tat auch tausende Menschen getötet. Dennoch ist es als Waffe nicht sehr effektiv. Das heißt: Viele Tote gab es nur, wenn Chlorgas in sehr großer Menge eingesetzt wurde.

    An dieser Stelle finde ich es etwas merkwürdig, wie Sie mit meiner Argumentation umgehen:

    – Ich hatte die gut begründete These geäußert, dass Chlorgas als Waffe (etwa im Vergleich zu hochwertigen konventionellen Waffen) offenbar nicht sehr effektiv ist. (Und dass also etwa der Einsatz zweier mittelgroßer Kanister Chlorgas einem Regime, das über zahlreiche Bomben, Granaten usw. verfügt, militärisch wenig nutzt.)
    – Sie machen daraus die absurde These, Chlorgas sei (offenbar im absoluten Sinne) “ungefährlich”, und diese absurde Variante legen sie mir dann in den Mund.
    – Und dann argumentieren Sie gegen diesen Strohmann mit dem Hinweis auf die Wirkung von Chlorgas im [offenbar] Ersten Weltkrieg, auf die ich bereits vor mehreren Beiträgen rekurriert habe, und die tatsächlich meine These (so wie ich sie geäußert habe, nicht so, wie Sie sie wiedergeben), stützt.

    Dass Sie auf diese Weise meiner Argumentation absolut nicht gerecht werden, sollte offensichtlich sein.

    “Dir OPCW, die UN, das GPPI etc. sind alles Organisationen, die davon ausgehen dass Assad immer wieder Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat.“

    Es geht es weniger um die Frage, ob Assad Giftgas eingesetzt hat, sondern darum, ob er das in allen Fällen getan hat, die ihm zur Last gelegt haben. Dass er zumindest in manchen Fällen Giftgas eingesetzt hat, würde ich auch vermuten.

    Ihr Hinweis ist kein Beleg dafür, dass es eine “überwältigende Mehrheit” von Experten gäbe, die einer Meinung wäre. Und zwar deshalb nicht:

    – Im Fall von UNO und GPPI dürfte es sich den meisten Fällen so verhalten, dass diese Organisationen ihre Meinung vor allem auf die OPCW stützen. Sie können soweit nicht als unabhängige Quellen gewertet werden, die als “Zusatzargumente” zur Einschätzung der OPCW gelten dürften. (Wenn zwei Personen A und B dasselbe sagen, aber nur A die Sache untersucht hat und Person B einfach Person A glaubt und deshalb dasselbe sagt, hat nur das Zeugnis von A Gewicht.)

    – Wir wissen nicht, wie viele Experten der OPCW an der Untersuchung eines vermeintlichen Giftgasangriffs beteiligt sind. Der Fall Duma entsteht den Eindruck, dass die Zahl überschaubar ist.

    – Selbst wenn die OPCW einen Bericht veröffentlicht, wissen wir nicht, ob (fast) alle an den Untersuchungen beteiligten Experten ihm zustimmen. Womöglich entscheidet der Teamleiter oder die Mehrheit, und wir erfahren nie etwas von einem möglichen Dissens.

    – Wir wissen nicht, inwieweit die Leitung der OPCW Einfluss auf die Veröffentlichung von Expertenberichten nimmt. Im Fall Duma hat sie offenbar entschieden, einen Bericht auf Basis der Einschätzung dreier externer Experten zu veröffentlichen und einen Bericht eines OPCW-Teams in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten zu ignorieren.

    – Laut Kritikern beruhen etliche Berichte der OPCW vor allem auf den Angaben von Rebellen, und die FFM ist nicht an die üblichen hohen Standards der OPCW gebunden.

    Zu sagen: “Die OPCW sagt dies und das”, bedeutet also wohl NICHT zwingend, dass Dutzende unabhängige Wissenschaftler der OPCW sich alle gründlich mit einer Sache beschäftigt und sich dabei (fast) alle dieselbe Meinung gebildet hätten. Es kann offenbar auch einfach heißen, dass ein politischer Leiter ein paar wenigen Experten, die X behaupten, die Priorität gegenüber (ein paar wenigen?) Experten einräumt, die Y behaupten.

    “Wieviele Experten dass dann insgesamt sind müssen Sie selber zählen […]“

    Wie denn? Ich müsste doch wissen, wie viele Experten bei jeder Untersuchung dabei waren, und ob das teilweise die gleichen waren oder nicht. Ich sehe nicht einmal einen Ansatz, um diese Anzahl abzuschätzen.
    Und selbst wenn ich das könnte, wüsste ich nicht, ob all diese Experten (oder die ganze große Mehrheit von ihnen) immer einer Meinung waren und hinter den Veröffentlichungen stehen.

    Trotzdem würde auch ich erst einmal einiges auf das Urteil der OPCW geben. Außer ich habe guten Grund zu zweifeln. Und hier scheinen mir einige Gründe für Zweifel vorzuliegen.

    “Die OPCW ist eine Organisation mit 193 Mitgliedern (inklusive Russland).“

    Was nicht heißt, dass all diese Mitglieder gleichermaßen Einfluss und Kontrolle hätten.

    “Diese Verschwörung [dass die OPCW sich politischem Druck gebeugt habe] können Sie alleine weiter eruieren.”

    Na ja, politische Beeinflussung ist ja so selten auch nicht. Das angesichts des merkwürdigen Verhaltens der OPCW zumindest als Möglichkeit in Betracht zu ziehen (mehr tue ich ja nicht), ist wohl kaum der Gipfel der Irrationalität.
    Zudem gab es – jedenfalls was Personalpolitik angeht – ja durchaus schon wenigstens ein prominentes Beispiel für politische Einflussnahme. Der frühere OPCW-Direktor José Bustani wurde, obwohl er beliebt war, auf Druck der USA ganz schnell geschasst, weil er den konstruierten Argumenten für den Golfkrieg im Wege stand. Laut eigener Aussage hatten ihm die USA (in Person von John Bolton) wie folgt gedroht:

    “Cheney will dich loswerden. Du hast 24 Stunden, um die Organisation zu verlassen. Wenn Du nicht der Entscheidung Washingtons folgst, haben wir Möglichkeiten, Vergeltung zu üben… Wir wissen, wo deine Kinder wohnen.“

    Klar, dass die USA das Personal bei der OPCW austauschen und ihrem Direktor damit drohen, seine Kinder umzubringen, ist kein Beweis, dass die OPCW womöglich auch in Sachfragen bereit sein könnte, auf politische Wünsche Rücksicht nehmen – es ist aber doch vielleicht ein Indiz.

    Zudem scheinen ja auch OPCW-Mitarbeiter selbst politischen Einfluss zu vermuten – oder jedenfalls behauptet das eine Seite, die ganz offensichtlich im vertraulichen Kontakt mit OPCW-Mitarbeitern steht (sonst hätte sie ein internes Dokument kaum leaken können).

    Vor allem aber: Wenn die OPCW sich nicht aus politischen Gründen so merkwürdig verhält, wie sie es tut, dann stellt sich eben die Frage: Warum dann? Was sind die alternativen Erklärungen? Die Alternativ-Erklärungn (alles läuft gut ab bzw. die FFM ist inkompetent) scheinen mir nicht plausibler zu sein als die These des politischen Einflusses.

    (Ich setze natürlich voraus, dass die OPCW sich merkwürdig verhält. Allein die Tatsache, dass das Verschweigen des ingenieurwissenschaftlichen Berichts zu verschiedenen Zeiten völlig unterschiedlich – und zum Teil sogar logisch inkonsistent – begründet wurde, ist m.E. merkwürdig. Aber nicht nur die.)

    Ich weiß nicht, auf was sich das „ich kenne übrigens keine Organisation — außer dem russischen Fernsehen — die das bestreitet“ bezieht. Dass Sie aber vielleicht allgemein wenig von nicht-russischer Kritik an manchen Darstellungen zum Syrien-Krieg wissen, könnte damit zusammenhängen, dass Sie sich für die auch nicht interessieren, weil sie die ja eh alle a priori für falsch erklären. Das können Sie tun – nur ist Ihr Nicht-Wissen in diesem Fall nicht unbedingt ein gutes Argument für Nicht-Existenz.

  71. Ergänzung noch: Sie hatten geschrieben:

    „In der oben verlinkten Studie finden Sie eine Karte mit den jeweiligen Orten.
    Wieviele Experten dass dann insgesamt sind müssen Sie selber zählen wenn es Sie so sehr interessiert.“

    Eine solche Karte kann uns höchstens sagen, in wie vielen Fällen das syrische Regime laut OPCW Giftgas eingesetzt hat. Sie verrät uns aber nicht, wieviele OPCW-Experten dabei jeweils den Vorfall (oder jene Aspekte, die Aufschluss über den Urheber geben), untersucht haben, und ob sie jeweils alle oder fast alle einer Meinung waren.
    Es ist also möglich, dass in manchen (oder auch vielen) Fällen nur wenige OPCW-Experten sich ein eigenes Bild gemacht haben, und dass es unter denen auch noch Dissens gab. (Im einzigen Fall, in den wir Einblick haben, Duma, scheint genau dies auch zuzutreffen.)

    Warum das wichtig ist? Weil es der Behauptung widerspricht, dass es einen (fast) durchgehenden Konsens zahlreicher Experten gäbe (so wie es den wohl beim Klima gibt), laut dem alle Anschuldigungen, nach denen das Assad-Regime Giftgas eingesetzt hat, so stimmen, und dass kritische externe Experten oder abweichende Stimmen aus der OPCW selbst daher leicht ignoriert werden können.
    Womit ich wie gesagt nicht abstreite, dass es in manchen Fällen tatsächlich gute Beweise gegen das Assad-Regime geben mag; ich bezweifle nur, dass das auf alle Fälle zutrifft.

    Zum GPPI möchte ich noch anmerken, dass seine Unabhängigkeit zweifelhaft ist. Es wird selbst vom „Westen“ finanziert, welcher in diesem Konflikt aber keine neutrale moralische Instanz ist, sondern Partei:
    „Nach einem Bericht in Telepolis von 2018 gab das GPPI an, dass ein Sechstel ihrer Mittel vom Außenministerium kommen, weiter erhielte man Gelder von George Soros, der EU-Kommission, der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der VolkswagenStiftung sowie der Stiftung der Firma Bosch.“(Wikipedia)

    Muss nicht zwingend heißen, dass die Arbeit unseriös ist, sollte aber misstrauisch machen.

    Ich finde es beispielsweise merkwürdig, dass die GPPI einfach behauptet, welch enormen Schaden der vermeintliche Angriff mit Chlorgas auf Duma angerichtet habe. Sie problematisiert in diesem Zusammenhang noch nicht einmal die geringe Effektivität von Chlorgas als Waffe (man braucht sehr viel, um größeren Schaden anzurichten), die es als eigenartig erscheinen lässt, dass die geringe Menge von Chlorgas, die in Duma angeblich eingesetzt wurde, solch einen großen Schaden angerichtet haben soll.
    Genau das wäre aber die Aufgabe der GPPI, falls sie tatsächlich kritisch informieren möchte.
    Des Weiteren stellt es die GPPI als völlig sichere Tatsache dar, dass das Assad-Regime einen Angriff mit Chlorgas in Duma zu verantworten hat:
    “On 7 April 2018, a final devastating chemical attack struck the city of Douma,
    killing at least 43 and injuring hundreds.“

    Selbst die OPCW spricht in ihrem offiziellen Bericht nur von “vernünftigen Gründen” (“reasobale grounds”), die für einen Angriff sprächen; das heißt doch wohl nur, dass es wahrscheinlich ist, dass es den Angriff gab.

    Selbst bei einem kurzen Überfliegen des Textes drängt sich also der Eindruck auf, dass der GPPI-Bericht nicht übermäßig seriös ist.

    Die OPCW hingegen sollte tatsächlich unabhängig sein. Inwiefern sie es tatsächlich ist, erscheint mir wie gesagt etwas zweifelhaft; aber das bleibt letztlich Spekulation (wenn auch eine legitime). Fakt hingegen ist, dass es Informationen wie das gelakte Papier der OPCW gibt, die – jedenfalls nach meiner Überzeugung – absolut berichtenswert wären, offenbar aber nicht mal am Rande der Berichterstattung erscheinen.

    Eine Korrektur noch: Die Größe der Zylinder betrug laut OPCW ungefähr 1 m x 0,4 m. (Ich hatte 1 m x 0,4 m geschätzt). Das wären dann 400 x 1.4 = 560 Liter tiefgekühltes flüssiges Chlor. Das wären im Schnitt 4,48 Tote (also vier bis fünf) beim militärischen Einsatz gegen feindliche Kombattanten unter sehr günstigen Bedingungen. Kein Angriff, von dem man sich einen großen militärischen Durchbruch versprechen würde. Aber einer, der Anlass zur Frage gibt, wie man mit ihm “mindestens 43” (GPPI) oder sogar “mindestens 150” (Weißhelme) Tote erklären soll.

    Wer solche Fragen nicht einmal thematisiert, sondern das Unwissen über die (im Vergleich zu anderen Giftgasen) geringe Effektivität von Chlorgas beim Publikum ausnutzt, um Probleme der eigenen Argumentation zu überspielen, argumentiert nicht sonderlich seriös.

  72. Noch zwei Anmerkungen (auch um Missverständnisse auszuräumen):

    – Es gab im Fall von Duma zwar natürlich mehr als drei Leute, die im Auftrag der OPCW den Vorfall untersucht haben. So gab es etwa Leute, die zum Schluss kamen, dass Spuren von Chlorgas oder seinen Abbauprodukten in Duma an den angegebenen Stellen zu finden sind.
    Dies spricht aber nur dafür, dass es einen Chlorgasangriff aus der Luft gegeben haben KANN. Denn die Frage, ob das Chlorgas und die Zylinder aus der Luft kamen oder nicht, ist so noch nicht beantwortet (beides kann auch vom Boden aus an die jeweilige Stelle platziert worden sein).
    Zur Beantwortung dieser Frage bedarf offenbar ballistischer Analysen – und da gab es augenscheinlich eben nur drei externe Experten, die die These stützten, dass die Zylinder aus der Luft kamen. (Die Ergebnisse des Teams der OPCW selbst, das mit zwei Universitäten kooperierte, wurden ja ignoriert.)

    – Obwohl es immer wieder Unfälle mit Chlorgas gibt, scheint es sehr selten zu Todesfällen zu kommen. Der schwerste entsprechende Unfall in den USA scheint der von Graniteville zu sein, wo bei einem Zugunglück – das sich laut AP im Zentrum der Stadt ereignete – eine große Menge von Chlorgas austrat. Laut englischsprachiger Wikipedia waren es 60 Tonnen, was 60.000 Kilo wären. Hierbei starben neun Menschen und weitere wurden verletzt:

    „Nine people died; 15 were in ICUs at local hospitals for more than two days; 72 people were hospitalized; 851 were treated; and more than 7,000 people were told to shelter in place.“ (Quelle: AP: „Graniteville continues to recover almost 15 years after train crash, chlorine leak“.)

    Zum Vergleich: In Duma konnten höchstens 500 Kilo Chlorgas zusammen in den Zylindern gewesen sein, selbst wenn die Zylinder komplett voll mit flüssigem Chlor waren. (Pi mal R-Quadrat mal Höhe mal zwei (zwei Zylinder); siehe meine entsprechenden Ausführungen weiter oben.)

    Das wäre in Duma 1/120 (in Worten: ein Einhundertzwanzigstel) der Menge an Chlorgas von Granitville. Also nicht mal ein Prozent. Und trotzdem soll das Chlorgas in Duma dort “mindestens 43” (GPPI) oder sogar “mindestens 150” (Weißhelme) Menschen getötet haben. Demnach hätte ein kg Chlorgas in Duma 573 (!) mal mehr Menschen getötet als 1 kg in Graniteville, selbst wenn wir nur die 43 Toten der GPPI zugrundelegen.
    [(60.000:9) : (500:43) = 573.333]

    Zudem müsste das Chlorgas in Duma wie gesagt viel effektiver gewesen sein als in den Schlachten des 1. Weltkrieges, selbst wenn dort optimale Bedingungen für den Einsatz herrschten. (Hier geht es allerdings „nur“ um den Faktor 10; die Menge Chlorgas, die in Duma eingesetzt worden sein und dort 43 Menschen getötet haben sollt, hätte im 1. Weltkrieg unter sehr guten Bedingungen etwa 4,5 Soldaten in einem Schützengraben getötet; s.o.).

    Dabei ist wohl anzunehmen, dass ein Chlorgasangriff auf eine Stadt einem Unfall in einer Stadt, bei dem in kurzer Zeit viel Chlorgas austritt, weit mehr ähnelt als dem Einsatz von Chlorgas gegen Soldaten in Schützengraben.

    In jedem Fall wäre zu problematisieren, wieso eine vergleichsweise geringe Menge von Chlorgas in Duma so viel mehr Todesopfer gekostet haben soll als eine vergleichbare Menge bei Unfällen in Städten (oder selbst beim militärischen Einsatz gegen Soldaten, die eng gedrängt im Schützengraben liegen). Wenn solche Fragen noch nicht einmal problematisiert, sondern einfach völlig übergangen werden, ist das nicht sehr beruhigend.

  73. Sorry, Berechnungsfehler in meinem letzten Beitrag:

    In Duma können etwa 552,4 kg (anstatt 500 kg) eingesetzt worden sein. (Weiß nicht, wieso ich das im letzten Beitrag falsch angegeben/berechnet habe, nachdem ich es bereits richtig berechnet und auf 560 kg aufgerundet hatte.)

    Das hieße dann (mit 552,4 kg), dass in Graniteville 109 mal (statt 120 mal) so viel Chlorgas wie (angeblich) in Duma freigesetzt wurde.
    Und dass 1 kg Chlorgas in Duma 519 mal (anstatt 573 mal) tödlicher gewesen sein müsste als ein kg in Granitville.
    (Die Zahlen zum Einsatz im Ersten Weltkrieg stimmen als Abschätzung, weil ich da die zuvor berechnete bzw. (zu Ungunsten meiner These) gerundeten Zahlen verwendet habe.)

    Mein Berechnungsfehler (den ich bedauere) ändert also nichts Wesentliches. Übrigens ist meine Modellierung ziemlich großzügig, da ich hier „unterstelle“, dass die Dicke des Randes der Zylinder vernachlässigbar ist, was kaum der Fall sein dürfte, wenn dort verflüssigtes tiefgekühltes Gas drin ist.

    Ich hatte im letzten Beitrag zudem versäumt, die Umrechnung von Liter in kg beim Berechnen der Masse in den Zylindern von Duma anzugeben. Hier nochmals der volle Weg:

    Radius mal Radius mal Pi (= Kreis des Zylinders) x Höhe x Dichte von Chlorgas x 2 (sind ja zwei Zylinder) = Masse von Chlorgas:
    Also 20 cm x 20 cm x Pi x 140 cm x 1,57 g/Kubikzentimeter x 2 = (gerundet) 552418g = (gerundet) 552, 4 kg.
    (Es gab zwei Zylinder mit ca. 40 cm Durchmesser (Radius also = 20 cm) und 140 cm Höhe, und die Dichte von tiefgekühltem flüssigem Chlor beträgt laut der Webseite „Basisgas“ 1,57 g/Kubik-cm.)

    Natürlich mag es Faktoren geben, die dazu beitragen haben könnten, dass das Chlor in Duma (angeblich) tödlicher war als in Granitville – vielleicht waren die Häuser besser isoliert usw. Ein Faktor von über 500 bei der Letalität dürfte allerdings schwer erklärbar und in jedem Fall erklärungsbedürftig sein. Um dies feststellen zu können, muss man wohl nicht unbedingt ein Top-Experte für Chlorgas oder Chemiewaffen sein.

  74. Ich finde den Beitrag inhaltlich sehr informativ und die Workshops wichtig. Das zeigen ja allein schon die Fragen, die z.B. von Schülern gestellt werden. Nach wie vor kein Verständnis habe ich für die neue krampfhafte Art, gendergerecht zu schreiben. Ein Punkt ist immer noch ein Satzzeichen. Gleichberechtigung entsteht nicht durch die krampfhafte Vergewaltigung der deutschen Sprache, sondern durch gegenseitige Achtung. Schon gar nicht, wenn es dann im Artikel auch noch Statteilschulen und Polizistinnenen gibt. Schade!

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