Wochenschau (33)

Kramp-Karrenbauer, Youtube und die Zerstörung der alten Welt

Wenn ich als Kind beim Basketball verloren habe, habe ich meinem Vater danach immer diplomatisch nahegelegt, seine Spielkompetenz zu reduzieren, da ich es unfair fand, dass er größer war als ich. Ich wollte, dass er die Regeln zu meinen Gunsten ändert, weil ich nicht einsehen wollte, dass ich zu schlecht gespielt hatte.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer fährt gerade ein ähnliche Strategie, indem sie als Reaktion auf das Youtube-Video von Rezo laut darüber nachdenkt, Meinungsäußerungen im Internet zu regulieren.

Natürlich sei sie nicht gegen freie Meinungsäußerung, beeilt sie sich aus der bereits weit geöffneten Büchse der Pandora raus zu twittern, aber es müsse während des Wahlkampfes ja wohl Regeln geben, was bedeutet, dass sie eigentlich doch gegen freie Meinungsäußerung zu sein scheint. Da können doch nicht einfach so einflussreiche Journalisten und Youtuber irgendwelche Wahlempfehlungen raushauen, wo kämen wir denn da hin?

Dass es weder ungewöhnlich noch antidemokratisch ist, wenn sich Menschen mit großer Reichweite sich politisch äußern oder zusammentun, um Wahlempfehlungen auszusprechen, scheint sie bei der ganzen Verstörung der CDU vergessen zu haben.

Wo die politische Debatte stattfindet

In der Haltung Kramp-Karrenbauers manifestiert sich die ganze gesellschaftsanalphabetische Dissonanz der Politik und einiger Publizisten in Bezug auf die digitale Öffentlichkeit. Um Sätze wie ihre überhaupt nur zu denken, muss man, erstens, ein irritierendes Demokratieverständnis haben. Zweitens eine irritierende Uneinsichtigkeit für die eigenen Misserfolge. Drittens ein irritierend bewundernswertes Gespür für die maximal effektivste Aussage, die man hätte treffen können, um erfolgreich das gesamte Internet gegen sich zu mobilisieren. (Man könnte meinen, ihre Texter waren True Fruits.)

Und das führt mich zum Viertens: Man muss den Anschluss an das Digitale als diskursiven und politischen Ort und an seine Teilnehmer derart verpasst haben, dass selbst Axel Voss ein Facepalm-Emoji irgendwohin faxen würde.

Kevin Kühnert adressierte das in einem Gespräch mit der Funke-Mediengruppe:

„Wir sind in unserer Kommunikation, und das betrifft auch alle anderen Parteien und Organisationen ebenso, nicht auf der Höhe der Zeit. Wir bewegen uns nicht dort, wo junge Menschen sich bewegen, und es geht mir nicht darum, sich anzubiedern, sondern darum zu verstehen, woher junge Menschen Informationen beziehen. Youtuber sind die Leitartikler unserer Zeit. Das was früher auf Seite drei der großen Zeitungen stand, findet heute auf Youtube statt. Das ist noch nicht in alle Köpfen angekommen: Die Dimensionen, vor denen wir dort stehen, und dass dort die politische Debatte stattfindet.“

Vielleicht ist es Angst und blanke Panik vor dieser Terra(byte) Incognita, diesem großen, unbekannten Ort namens Youtube und den neuen politischen Fabelwesen namens Influencern mit ihren galaktische Reichweiten, die dazu führen, dass sowohl Journalisten als auch Politiker versuchen, die digitalen Protagonisten mit vertrauten Labeln zu etikettieren – mit Labeln wie „Journalismus“. Sie stülpen ihnen Formkonventionen über, um dann zu monieren, dass sie nicht fair spielen, weil sie sich nicht an die überhaupt nicht von ihnen angestrebten Formregeln hielten. Influencer, Aktivisten und gesellschaftspolitisch engagierte Akteure im digitalen Raum sind aber meist keine Journalisten und wollen auch gar keine sein.

Ein kompletter Kontaktverlust

Was mich in den vergangenen Tagen – abgesehen von Kramp-Karrenbauers Einlassung – am meisten irritiert hat, war der Umstand, dass ein konservativer Publizist das Video in seinem Zeitungskommentar [€] als „pure Demagogie, die Methode der AfD, nur eben linksherum“ bezeichnete:

Selbst wenn sich die Sottisen im Youtube-Video „Die Zerstörung der CDU“ mit jugendlichem Übermut oder szeneüblichen Übertreibungen erklären und entschuldigen ließen, so sind sie doch ein Symptom dafür, wie sehr das Internet zu einer Verflachung, Verrohung und Verdummung dessen führt, was hochgestochen „politischer Diskurs“ genannt wird.

Dieses fast einstündige, mit drei Milliarden Quellen gespickte Video belegt, dass das Internet die politische Debatte verdummt? (Hat er eigentlich schon jemals „Akte19“ angeschaut?)

Wenn diese Einlassung nicht schon Demonstration eines kompletten Kontaktverlusts ist (also nicht nur zu jungen Menschen, sondern zu allem), dann spätestens, wenn er das Video als „Propaganda von der ganz feinen Sorte“ bezeichnet, bei der es „einem übel beim Anschauen“ werde. Das macht auf programmatische Art die bitter-pikierte Überforderung diverser Kommentatoren deutlich, die nicht wissen, wie sie dieses Video und dessen immensen Erfolg einordnen und nachvollziehen sollen.

An dieses gekränkte Entsetzen schmiegt sich die Aussage von Kramp-Karrenbauer. Sie empfindet die kollektiven Aussagen während des Wahlkampfes deshalb als problematisch, weil sie „Stimmungsmache“ seien. Wenn Stimmung das Kriterium ist, könnte sie vielleicht bei dieser Gelegenheit auch mal das Tragen blauer Europa-Hoodies regulieren?

Das Problem journalistischer Maßstäbe

Information, das ist der häufigste Zollstab, der an dieses Video angesetzt wurde. Vielleicht weil es das vertrauteste Kriterium ist, an dem man die Qualität von Rezos Auseinandersetzung messen kann, und vielleicht auch das interessanteste: Das Video ist ein Meinungsbeitrag, es möchte überzeugen – aber eben nicht nur das, es ist keine Videokolumne oder Videokommentar. Es will informieren und abbilden und erfüllt damit journalistische Aufgaben. Es hegt aber nicht den Anspruch, Journalismus sein zu wollen. Es trotzdem an journalistischen Maßstäben zu messen, nur weil es aufklären und informativ sein möchte, ist zu seinem bewussten Nachteil.

Die Selbstverständlichkeit, eine fundierte persönliche Meinung zu veröffentlichen, sorgt für eine anhaltende kommunikative Konfusion, eine verblüffte Empörtheit: Da nutzt ein Bürger fundamentale akademische Instrumente wie Zitate, Fußnoten und Quellennachweise, einfach so, ohne selbst Journalist oder Wissenschaftler zu sein, und koppelt sie zudem mit einer spezifischen Youtube-Ästhetik aus direkter Kameraansprache, jump cuts und juveniler Diktion. Ja LOL ey.

Dabei erinnert diese schon längst bekannte videografische Form auch an satirisch aufgeladene Videos von John Oliver, an die Erklärvideos von Jan Böhmermann oder an manche Stücke aus Oliver Welkes „Heute Show“ – aber vor allem handelt es sich eben um ein bereits etabliertes, erfolgreiches Youtube-Genre, das nicht erst seit dieser Europawahl Teil unserer Medien- und Popkultur ist: der Video-Essay.

Der Essay als Überzeugungsarbeit

Was ist ein Essay überhaupt? Meist eine Abhandlung über ein Phänomen der Gesellschaft, der Literatur oder der Wissenschaft, gerne anspruchsvoll, pointiert, mit dem Versuch, eine anfangs aufgestellte These zu erläutern.

In seinem Essay über Essays „The Age of the Essay“ schreibt der Essayist Paul Graham, dass der argumentative Essay im englischsprachigen Raum gewissermaßen aus einem akademischen Zufall entstanden ist. Englische Universitäten waren früher juristische Fakultäten, die die Studenten traditionell darin unterrichteten, ein Argument von unterschiedlichen Seiten zu vertreten und so gut wie möglich verteidigen zu können.

Der Essay ist also in seiner Struktur schon immer persuasiv angelegt; durch ihn möchte man mit den Mitteln der Collage, der Montage oder des Zitierens eine Leserschaft von einer anfangs etablierten Äußerung überzeugen, eben wie bei einer juristischen Fallbearbeitung. Einige der berühmtesten Essays, die von Michel de Montaigne, hatten zudem den Anspruch, diese Überzeugungsarbeit auf eine stilistisch ansprechende, anmutige und bestenfalls humorvolle Weise zu leisten. De Montaigne versuchte, durch die Form des Essays Erkenntnisse über die Welt zu erlangen und zugleich seine Leser durch die gesammelten Evidenzen zu dieser Erkenntnis zu geleiten.

Die Ironie an dem Wort „Evidenz“, ohne das kaum ein akademischer Text auskommen kann, besteht darin, dass dessen Abstammung von „videre“, „sehen“, darauf hinweist, dass es um die „Sichtbarmachung“, die „Ersichtlichkeit“ von etwas geht, also um die visuelle Wahrnehmung eines Belegs. Eine Evidenz veranschaulicht buchstäblich etwas. Vielleicht sind Videos, die uns Dinge zeigen, um Thesen zu belegen oder zu widerlegen, gerade deshalb so viel effektiver als bilderarme Schriftstücke und lange PDFs.

Obwohl die Popularität von visuellen Essays ein neues Phänomen ist, das durch Youtube ermöglicht wurde, gab es sie natürlich schon früher. Der Dozent für Medien und Kommunikation Andrew McWhirter schreibt in seinem Beitrag „Film criticism, film scholarship and the video essay“, dass diese Form in der Strömung der Remix-Kultur ihren Beginn fand und auf das zurückgreift, was der Filmemacher Hans Richter 1940 als „Essayfilm“ geprägt hat.

Youtube als Essay-Eldorado

Öffentlich zugängliche, niedrigschwellige Videoplattformen sind ein Eldorado für alle, die audiovisuelle Informationen zu einem neuen Inhalt zusammenmontieren wollen. Sie begünstigen und vereinfachen diese aufwendige, kreative, arbeitsintensive Leistung durch mehrere Faktoren:

  • die Fülle an Quellmaterial, das man zum Belegen seiner Thesen heranziehen kann.
  • die formale Irrelevanz von Länge: Die Nichtlineartiät und individuelle Rezipierbarkeit das Video erlauben siebenminütige Analysen wie bei LeFloid oder einstündige Abhandlungen wie bei Rezo. Entweder die Rezipienten pausieren oder lassen es als Second Screen laufen.
  • den uneingeschränkten Raum, komplexe Sachverhalte argumentativ und überzeugend ausbreiten und abzuhandeln.
  • die Ungezwungenheit, experimentell sein zu dürfen.
  • die eigene Person als Träger und Presenter der vermittelten Informationen. Der formalästhetische Sprung vom Daily Vlog, Storytime-Video, Tutorial oder Unboxing Video zum „Ich erkläre euch, warum das wichtig ist“-Appell ist (formal wohlgemerkt, nicht inhaltlich oder im Aufwand) minimal.

Video-Essays sind eine Form der Informationsvermittlung, die alle kommunikativen Codes einer Generation vereint, von der Meme-Kultur, die mit visuellen Intertextualitäten und Subtexten arbeitet, und der Remix-Kultur, die aus Montagen neue Informationen generiert, zur mediengesellschaftlichen Entwicklung, dass jede Person ein eigene Broadcaster werden kann; weg von den medialen und politischen Gatekeepern, bis hin zu parasozialen Glaubwürdigkeitsdynamiken zwischen Influencern und einer interagierenden, sich vernetzenden Community.

Videoessays bedienen alle Interessen, Genre, Gattungen: ob
politisch, LeFloid und Rezo, popkulturell, siehe zum Beispiel die immer stilsichere Filmanalyse von Wolfgang M. Schmitt, die Medienbetrachtungen von Philipp Walulis oder die Abhandlungen von Simplicissmus
oder aber die wissenschaftlichen Erklärungen von Mai Thi Nguyen-Kim auf ihrem MaiLab (die auch einen großartigen, nämlich wissenschaftlichen Faktencheck zu Rezos Video gemacht hat).

Im englischsprachigen Raum gibt es eine ganz Armada an Videoessayisten für Cinephile, wie zum Beispiel Lindsay Ellis, Every Frame a Painting, Lessons from the Screenplay, oder auch thematisch eklektischer der Nerdwriter.

Im (gesellschafts)politischen Bereich ist die Königin des Videoessays für mich Natalie Wynn. Sie hat das Genre mit ihren David-Lynch-Hommagen, ihren akademischen Abhandlungen über die Linke und Jordan Peterson und ihren sardonischen Witz über ihre Transition von Mann zur Frau perfektioniert.

Leitartikler oder moderne Essayisten?

Der Youtube-Videoessay ist Produkt und Ergebnis einer digitalen, autodidaktisch aufgewachsenen Generation, die hungrig ist nach einer eigenen Durchdringung und einem (Selbst)Verständnis ihrer Wirklichkeit.

Ich würde Youtuber nicht, wie Kühnert es tut, als „Leitartikler“ begreifen – weil es sich anfühlt, als wollte man Tennisspieler mit Badminton-Termini beschreiben – wohl aber als moderne Essayisten.

Ein möglicher Ausdruck des formalen Unverständnisses zwischen etablierten Medien und Youtubern, ist übrigens vielleicht auch der Umstand, dass es die Sendung „Richtig und Wichtig“ von Tilo Jung nie regulär ins öffentlich-rechtliche Fernsehen geschafft hat. Die Pilotfolge entspricht in ihrer Inszenierung, in ihrer Montage, Haltung und Diktion genau, aber wirklich genau!, dem politischen Video-Essay – und man kann nur spekulieren, weshalb diese Sendung nicht fortgesetzt wurde, aber ehrlich gesagt wäre das Format auf Youtube ohnehin besser aufgehoben.

Die redaktionelle Gesellschaft

Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen zeichnete in seinem diesjährigen Vortrag auf der re:publica eine von ihm erhoffte Entwicklung unserer Gesellschaft, die von einer digitalen zu einer redaktionellen Gesellschaft der Zukunft nach:

„Die redaktionelle Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der die Maxime und Ideale des guten Journalismus zu einem Element der Allgemeinbildung geworden sind. […]

Wir brauchen als ein Labor einer redaktionellen Gesellschaft ein Schulfach, in dem der Umgang mit Quellen gelehrt wird, in dem die Kunst der Rhetorik geübt wird, in dem man sich mit der Frage auseinandersetzt: Was ist eigentlich ein gutes Argument und was nicht?, in der man sich auf die Situation geistig und mental und praktisch vorbereitet, dass wir alle zu Sendern geworden sind, medienmächtig, aber noch nicht medienmündig; ein Schulfach, in dem man sich damit auseinandersetzt, dass Medien so etwas sind wie Werkzeuge der Welterkenntnis, die darüber entscheiden, wie wir miteinander reden, wie wir Autorität, Wahrheit, Macht und Diskurs verstehen, geleitet von der Einsicht, dass Öffentlichkeit, verstanden als der geistiger Lebensraum einer liberalen Demokratie, eben vor verbaler Aggression geschützt werden muss.“

Vielleicht sind einige Youtuber schon weiter auf diesem Weg als die Meinungsführer aus dem Offline-Zeitalter.

Youtube ist, wie das Internet selbst, Ort und Instrument gleichzeitig, ein Raum neuer und relevanter Diskurse, der es hinkriegen könnte, durch die heterogene, informationsliebende und engagierte digitale Öffentlichkeit die Debattenkultur über kurzatmige Aufgeregtheit hinaus zu mobilisieren, hinein in politisch fundierte Handlungen.

Diesen Ort zu erschließen, zu verstehen, ernstzunehmen und zur analogen Kultur gleichwertig zu betrachten, ihn als diskursives Feld zu begreifen und als zur publizistischen Welt gleichwertigen zu behandeln, könnte den OffTubern, Politikern und Journalisten helfen, wieder mit einer Jugend in Dialog zu treten, die politisch hoch engagiert, aufgeschlossen, informiert und kommunikationsbereit ist und zu der sie derzeit – und das wird an den Aussagen von Kramp-Karrenbauer mehr als deutlich – jeglichen Kontakt verloren zu haben scheinen.

Denn – und ich hätte im Leben nie gedacht, dass ich Markus Söder mal recht geben sollte – es stimmt, wenn der Bayerische Ministerpräsident sagt: „Die Diskussion um Uploadfilter war ein Vorbote für das, was jetzt geschieht. Die alte Welt beginnt, sich zu verabschieden.“

66 Kommentare

  1. Die TAZ ist nicht dieser Meinung:
    http://www.taz.de/AKK-und-annegate/!5598627/

    Finde das sehr gut, dass hier auch von publizisitscher / journalistischer Seite aus diverse Meinungen existieren. Ich finde beide Narrative, also „Akk will Meinugen verbieten, schlimm“ und „Hat se gar nicht gesagt, Hysterie!“ zu einfach.

  2. DAS Zitat, ey (hat da einer nicht aufgepasst?):
    „Wir brauchen als ein Labor einer redaktionellen Gesellschaft ein Schulfach, in dem der Umgang mit Quellen gelehrt wird, “
    Hatte ich, hieß Geschichte. Aber SoWi war so ähnlich.
    „in dem die Kunst der Rhetorik geübt wird,“ Alle Sprachen. Und evt. die Theater AG.
    „… in dem man sich mit der Frage auseinandersetzt: Was ist eigentlich ein gutes Argument und was nicht?,“ Mein Mathelehrer verbat uns explizit die Formulierung: „Wie man (leicht) sieht.“ oder sinngemäße Abwandlungen.
    „in der man sich auf die Situation geistig und mental und praktisch vorbereitet, dass wir alle zu Sendern geworden sind, medienmächtig, aber noch nicht medienmündig; ein Schulfach, in dem man sich damit auseinandersetzt, dass Medien so etwas sind wie Werkzeuge der Welterkenntnis,“ Also fast so gute Werkzeuge wie naturwissenschaftliche Experimente.
    “ die darüber entscheiden, wie wir miteinander reden, wie wir Autorität, Wahrheit, Macht und Diskurs verstehen,“ Geisteswissenschaften.
    „geleitet von der Einsicht, dass Öffentlichkeit, verstanden als der geistiger Lebensraum einer liberalen Demokratie, eben vor verbaler Aggression geschützt werden muss.“ Wieso vor verbaler Aggression? Alle anderen Aggressionen sind doch schlimmer. Dessenungeachtet, sagen wir mal Sport.

    Aber ja, „wir“ haben solche Fächer in der Schule. Bzw., Rezo kann sich an seine Schulzeit offenbar besser erinnern als Pörksen. Ein Hoch auf unser Schulsystem, Schulsystem, Schulsystem…

  3. Der Streit ist der Vater der Dinge. Offenbar ist das in Vergessenheit geraten, weil der gute alte Heraklit das vor zweieinhalbtausend Jahren rausgelassen hat.
    Dabei gibt es ja auch aus der jüngeren Vergangenheit genügend Beispiele die aufzeigen, dass die Abwesenheit von Opposition (in der Wirtschaft: Wettbewerb) zum Verlust der Professionalität führt.

    So liegt es hier.
    Unsere Nomenklatura ist es seit zehn Jahren gewohnt, grundsätzlich ohne Debatte und ohne Begründung zu entscheiden. Sollte einer doch mal anfragen, kommen die Stanzen
    – Menschenwürde
    – Würde des Menschen
    – Auschwitz
    – alternativlos
    – Friedensprojekt Europa

    Das hat ja in ihrem Sinne jahrelang gut funktioniert. Darüber haben die vergessen, dass irgendwann vielleicht mal die Karten anders gelegt sind.
    Und so hat der Rezo-Fake vor allem eins bewirkt:
    Er hat die Sprachlosigkeit unserer führenden Genossen offenbart.

    Die Reaktion darauf ist schon sensationell. Normalerweise müsste man sich in Bewegung setzen, um argumentativ aufzuholen. Schnellstmöglich.

    Und was machen die in Reality?
    Sie fordern mehr Zensur.

  4. Heraklit hat auch gesagt, der Krieg sei der Vater aller Dinge. Je nun.

    Und die Stanze der CDU ist doch
    – Arbeitsplätze

    Auch fällt mir schwer, AKK als Genossin zu sehen.

  5. „Und die Stanze der CDU ist doch
    – Arbeitsplätze“

    So, so. Den unlimitierten Import ausländischer Unterschichten begründet Merkel gebetsmühlenartig mit … Arbeitsplätze.

    „Auch fällt mir schwer, AKK als Genossin zu sehen.“

    Mir fällt es noch schwerer, die unter Merkel errötete (und ergrünte) CDU als konservative Partei wahrzunehmen.
    Ehe für alle, Klimarettung, höhere Steuern, Zensur, Abschaffung des Nationalstaats, Förderung der Masseneinwanderung, Verlagerung der Entscheidungen zur EU und exzessive Umverteilung – wo ist der Unterschied zur SPD?

  6. @PISCHTIEHUFNAGEL

    Klimarettung? Die CDU? Vielleicht schauen Sie mal das Video von Rezo an, da sehen Sie mal was die CDU so tolles fürs Klima tut (spoiler: nix).

    Wüsste jetzt auch nicht dass die CDU für die Ehe für alle oder höhere Steuern wäre, aber was soll. Steht sicher so auf der Achse oder so…

  7. Kein Problem, @ichbinich. Wenn Sie es sich in Ihrer Filterblase bequem eingerichtet haben, dann bleiben Sie einfach dort.
    Wenn Sie meinen, die CDU hätte die Ehe für alle nicht beschlossen, kann ich Ihnen auch nicht helfen (will ich auch nicht).
    Und wenn Sie meinen, die Energiewende wurde von der CDU nicht eingeleitet und durchgesetzt, liegt das nicht an nicht wissen, sondern an nicht wissen wollen. Dagegen kann und will ich nicht anstinken.

    Im Übrigen hat die führende Genossin freundlicherweise gerade (OK, schon eher, ich habe es gerade gesehen) einen kleinen Beleg für meinen ersten Post in diesem Strang gebracht:
    „Man müsse den jungen Menschen klarmachen, „warum Artikel 1 unseres Grundgesetzes: ,Die Würde des Menschen ist unantastbar‘, so wichtig und so fundamental ist.“

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article194309477/Europawahl-Im-CNN-Interview-kuendigt-Merkel-bessere-Antworten-an.html

    Sie hat nichts anderes. Egal wie die Frage lautet, sie bringt die immer gleichen Stanzen.
    Wie das bei den Roten eben so ist.

  8. @ Pischtiehufnagel:

    „Wenn Sie [IchbinIch] meinen, die CDU hätte die Ehe für alle nicht beschlossen, kann ich Ihnen auch nicht helfen (will ich auch nicht).“

    Die „Welt“ schreibt zu den Ergebnissen dieser Abstimmung:

    „CDU/CSU (75 Ja-, 225 Nein-Stimmen)“

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article166099805/Diese-Unionsabgeordneten-stimmten-fuer-die-Ehe-fuer-alle.html

    Nach derselben Quelle haben neun Abgeordnete der Union die Stimme nicht abgegeben oder sich der Stimme enthalten.

    Nicht einmal ein Viertel der Unions-Abgeordneten hat also für die Ehe für alle gestimmt, die große Mehrheit aber dagegen.

    Die Union hat die Abstimmung über die Ehe für alle zwar auf starken Druck der SPD „zugelassen“ und „freigegeben“; aber das ist nach dem gängigen Sprachgebrauch etwas anderes, als die Ehe für alle zu „beschließen“, wenn die allermeisten Abgeordneten gegen sie stimmen.

  9. @LLL

    Das weiß Pischtiehufnagel natürlich schon.
    Aber er muss doch die Klischees erfüllen. ;-)

  10. Merkel war bis vor zwei Jahren gegen die Ehe für alle.
    Dann die SPD, ganz besonders laut Martin Schulz, die Ehe für alle zum Wahlkampfthema gemacht.
    Daraufhin hat Merkel (asymmetrische Demobilisierung) auf einmal gesagt, dass sie keine Einwände mehr hat.
    Allerdings, das muss ich zugeben, hat sie das in diesem Fall nicht mit Menschenwürde oder Auschwitz begründet, auch nicht mit einem alternativlosen Friedensprojekt Europa. Diesmal war der Grund eine angebliche persönliche Begegnung.

    Auch hier ist die Bilanz, dass Merkel auf die rot-grüne Linie eingeschwenkt ist. So wie sie das über ihre ganze Regierungszeit hinweg getan hat.

    Im Übrigen zeigt mir der in der Sache inhaltsfreie, rein persönlich angreifende, Kommentar des hochintelligenten (dafür hält er sich jedenfalls selbst) @Micha, dass die Courage-Fraktion die Besprechung dieser Facette am liebsten abwürgen möchte.

    Mal sehen, was da noch kommt. Irgendjemand wird sich schon finden, der auch den „Beweis“ dafür bringt, dass die Merkel-CDU die Energiewende nicht eingeleitet (Kommission) und durchgesetzt hat.
    Oder?

  11. Wenn PischtieHufnagel jetzt noch erklärt, weswegen er gerne Opposition zur Würde des Menschen sehen würde oder genauer erläutert, was er mit dem Schlagwort „Auschwitz“ meint, könnte er/sie sicherlich eindrucksvoll beweisen, warum er/sie hier die einzig vernünftige Person ist, die die Dinge sieht, wie sie sind , während alle anderen in ihren linken Filterblasen hocken und nicht einmal die CDU als die Genossen, die sie sind, erkennen können…
    Mal sehen, was da noch kommt. Wird aber bestimmt hochintelligent.

  12. @PISCHTIEHUFNAGEL

    „Mal sehen, was da noch kommt. Irgendjemand wird sich schon finden, der auch den „Beweis“ dafür bringt, dass die Merkel-CDU die Energiewende nicht eingeleitet (Kommission) und durchgesetzt hat.
    Oder?“

    Keine Ahnung was Sie unter Energiewende verstehen, aber das EEG-Gesetz (was ja meist der eigentliche Kern des Anstoßes ist weil da der wirkliche Ausbau der Erneuerbaren gestartet wurde) wurde von Rot-Grün beschlossen.
    Dass kein normaler Mensch für ewig an den Fossilen festhalten kann obwohl man weiß, dass das einen katastrophalen Klimawandel hervorruft, ist ja aber auch klar. Nur bei der CDU ist es so, dass sie immer „Klimaschutz“ ruft, bei allen konkreten Maßnahmen aber dagegen ist. Das ist ja gerade der Grund, warum viele junge Menschen sich verraten fühlen.
    Sie können natürlich trotzdem behaupten, dass die CDU eine ganz dolle Klimaschutzpartei ist, dann müssten Sie das aber vielleicht mal belegen. (Belege dagegen finden Sie wie gesagt zuhauf in dem oben besprochenem Video)

    P.S: Es ist auch kein „Einschwenken“ auf die rot/grüne Linie wenn man bei einer Abstimmung mit großer Mehrheit dagegen stimmt, aber da haben Sie offenbar ein anderes Verständnis von Demokratie.

  13. @ Pischtiehufnagel:

    Wie ich es schon geschrieben habe – und damit Ihren Einwand bereits vorweggenommen hatte:

    Die Union hat die Abstimmung über die Ehe für alle zwar auf starken Druck der SPD „zugelassen“ und „freigegeben“; aber das ist nach dem gängigen Sprachgebrauch etwas anderes, als die Ehe für alle zu „beschließen“, wenn die allermeisten Abgeordneten gegen sie stimmen.

    Zur Umweltpolitik:
    Ich kann nicht für „IchbinIch“ sprechen, aber er hatte nicht abgestritten, dass die Union die Energiewende in einem näher zu spezifizierenden Sinne mit „eingeleitet“ oder mit „durchgesetzt“ hätte.
    Die Kritik lautet vielmehr, dass die bisher erreichte Energiewende viel zu kurz springe, dass die Union hier viel zu wenig tue und auf der Bremse stehe. Für wie berechtigt man diese Kritik hält, ist eine andere Frage; aber das ist zumindest der Punkt, auf den die Kritiker typischerweise abheben – siehe etwa dieses Interview mit dem früheren CDU-Bundesumweltminister Klaus Töpfer:
    https://www.deutschlandfunk.de/ex-umweltminister-cdu-hat-viel-luft-nach-oben-bei.868.de.html?dram:article_id=449699

    Mir geht es in diesem Fall nicht darum, wer Recht hat, sondern dass man nicht aneinander vorbeiredet. In diesem Sinne ist es auch eher verwirrend, wenn Sie die Unionsleute unvermittelt als „Genossen“ bezeichnen; denn das wäre selbst dann terminologisch verwirrend, wenn man ihre Prämisse teilt, dass die Union sich wie die SPD verhalte.

    In einem Punkt haben Sie grundsätzlich recht: Die Union ist gesellschaftspolitisch ein Stück weit „linker“ als sie es früher war.
    Wirtschafts- und außenpolitisch aber gilt das aber kaum; im Gegenteil ist es hier die SPD, die sich dramatisch verändert hat; sie ist in Relation zu ihrem früheren Standpunkt weit nach rechts gerückt.
    Agenda 2010 und Hartz IV, Liberalisierung des Arbeitsmarktes, Lohnzurückhaltung, Einführung des größten Niedriglohnsektors Europas, drastische Senkung u.a. der Unternehmenssteuern, Privatisierung, Deregulierung (unter anderem der Finanzmärkte), weitere Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich, erhöhtes Armutsrisiko für den „unteren Rand“: Das alles sind gerade auch Ergebnisse der SPD-Politik. Und ein stramm neoklassisches makroökonomisches Verständnis gehört inzwischen offenbar geradezu zum Markenkern der SPD. Kleinere Akzentverschiebungen in der jüngeren Zeit ändern wenig am großen Bild.

    Außernpolitisch gilt eh, dass die SPD dezidiert nach rechts gerückt ist: In allen wichtigen Punkten geht man mit Washington konform, außer vielleicht bei der Iran-Politik. Traditionelle außenpolitische Köpfe der „alten“ SPD wie etwa Erhard Eppler, Egon Bahr (+) oder Albrecht Müller erkennen die SPD außenpolitisch daher auch nicht wider.

    Tatsächlich lässt sich sogar argumentieren, dass die heute allgemein gängige Außenpolitik grundlegend von einem Kurs abweicht, der früher einmal parteiübergreifend Konsens war, auch in der Union, auch bei Helmut Kohl und Edmund Stoiber. (Siehe dazu das Interview „Antje Vollmer: ‚Wer sich für Mäßigung im Umgang mit Russland einsetzt, muss sich warm anziehen'“, erschienen auf den Nachdenkseiten. Mehr als ein Link geht leider nicht, sonst ist der Kommentar in der SPAM-Schleife gefangen.)

    All das will ich hier gar nicht bewerten. Nur sollte man die Sache ein wenig differenzierter angehen, wenn man von parteipolitischen Verschiebungen spricht- egal, wie man diese Verschiebungen dann finden mag.

  14. Die Argumentation ist witzig:
    CDU übernimmt rotgrüne Dinge = schlecht
    Gleichzeitig stellt er die angeblich durch die CDU durchsetzte Energiewende & Ehe für alle als positive Vorzeigeprojekte dar, die angeblich kommunikativ (seitens grün?) der CDU weggenommen werden (vgl. letzter Absatz #10).
    Was nun, ist die Energiewande jetzt gut, weil die CDU sie (angeblich) durchgesetzt hat oder schlecht weil es eine linksgrüne Idee ist?

  15. Merkel hat gegen die Ehe für alle gestimmt, ihre CDU hat mit großer Mehrheit dagegen gestimmt und wir diskutieren inhaltlich mit jemanden, der meint, Merkel hat die CDU dazu gebracht, ihr zu folgen und die Ehe für alle durchzusetzen?
    Kann man machen, bringt dann aber nichts.

    Merkel hat den von RRG beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie zurück genommen. Bis sie durch Fukushima erkannte, dass die Gründe dafür (Atomenergie sei sicher) hinfällig sind und ihren Schritt wieder rückgängig gemacht.
    Und das soll „Einleiten und Durchsetzen der Klimawende“ sein?
    Interessant.

    Und angeblich soll das ganze dann auch noch mit der Menschenwürde erklärt worden sein, weil Merkel „nicht anders könne“.

    Gibt es in den Zeilen von Pischtiehufnagel eigentlich auch nur einen Punkt, der korrekt ist?

  16. Ich bin nicht sicher ob es Sinn macht, sich mit einem AfD-Troll inhaltlich auseinander zu setzen. Wer die Realität derart verzerrt, ist an einer ernsthaften Debatte nicht interessiert.

  17. Ja, die Unterschiede zwischen SPD und CDU sind nach einigen Jahren GroKo recht verwaschen, so dass die Frage: „Worin unterscheidet sich die CDU noch von der SPD?“ bzw. umgekehrt, ja nicht komplett ironisch ist.

    Aber macht ja nichts, man kann ja auch andere Parteien wählen.

  18. Das Problem ist doch, kein noch so gutes Argument wird die Pischtiehufnagels dieser Welt davon überzeugen, dass sie es sind, die in der Filterblase sitzen.

  19. Ok, man wird nie alle überzeugen können, aber irgendwen, der das liest, vllt. schon.
    Auf Gegenrede zu verzichten, ist das größere Übel als Gegenrede zu bringen, die nicht alle erreicht.

  20. Es geht ja auch nicht nur darum, jeden überzeugen zu wollen.

    Es geht auch darum, zu zeigen, dass sich nicht alle auf dieses perfide Spiel einlassen.

  21. Jedenfalls habt ihr ihm genau die Portion Aufmerksamkeit geschenkt, die er sich sicher erhofft hat. Da frage ich mich immer mit brennender Sorge, wer nun dümmer dasteht.
    Eins dieser ungeschriebenen und unregulierten Internetgesetze lautet anscheinend:
    Je größer der Unsinn ist, den jemand verbreitet, desto mehr Leute gehen auch noch darauf ein!

  22. @ Frank Reichelt:

    „Jedenfalls habt ihr ihm genau die Portion Aufmerksamkeit geschenkt…“

    Weder ihm noch seiner Sache dürfte die Aufmerksamkeit sonderlich nutzen. Verschwendete Liebesmüh? Wahrscheinlich, aber aber andere lesen mit, und man muss doch nicht stehen lassen, was man für falsch hält, nur weil es augenscheinlich von einem AfD-Anhänger kommt.

  23. @Frank Reichelt

    Wir haben ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er außerhalb seiner Blase ziemlich alleine da steht.
    Sonst wäre er noch überzeugter davon, dass er das Volk repräsentiere.

    In so fern finde ich deine Frage etwas unangebracht.

  24. @22 LLL
    „Verschwendete Liebesmüh? Wahrscheinlich, aber aber andere lesen mit, und…“
    Was mich an Aussagen dieser Art stört ist, dass da eine gewisse Überheblichkeit mitschwingt. So als könnten die „anderen“ nicht selbst beurteilen, was Pittiplatsch da so zusammenschreibt. Ein typischer Übermedien-Leser sollte das aber können, wird kurz den Kopf schütteln und dann weiter die Kommentare durchlesen in der Hoffnung, dass da noch interesssante Anmerkungen zum eigentlichen Inhalt des Artikels kommt. Wir können da durchaus für uns selbst denken.
    Diejenigen, die Pischdingsbums‘ Geschreibsel ernst nehmen, werden auch Sie nicht mit noch so langen politisch korrekten und wohlbegründeten Abhandlungen überzeugen.
    Also warum nicht einfach stehen und für sich selbst sprechen lassen? Trolle füttern hat noch nie was gebracht und wird auch niemals was bringen.

  25. @7 Sie machen mich wütend mit ihren Falschbehauptungen plus Ihrer umso dämlicher wirkenden Arroganz.

    „Und wenn Sie meinen, die Energiewende wurde von der CDU nicht eingeleitet und durchgesetzt, liegt das nicht an nicht wissen, sondern an nicht wissen wollen. Dagegen kann und will ich nicht anstinken.“

    Sind Sie eigentlich vollkommen raus? Das EEG wurde ab dem Tag, an dem es für konventionelle Kraftwerkbetreiber als Konkurrenzförderung galt dauerhaft torpediert. Bereits 2004 haben CDU/CSU bereits eine weitreichende Streichung der Förderung von Windkraft erreicht. Als dann 2011/2012 die Strompreise ohne Ende gestiegen sind, weil wir den Tagesbedarf an Strom teilweise komplett aus erneuerbaren Quellen beziehen konnten, gleichzeitig aber den planwirtschaftlich erzeugten und nun überflüssigen konventionellen Strom ins Ausland verschleudern mussten, da hat dann Altmaier die Energiewende komplett zerstört. Anstatt den Strommarkt an die neuen Gegebenheiten anzupassen und flexibel zu gestalten (wenn viel Strom verfügbar dann ist er günstig, wenn wenig dann teuer) hat man einfach fast jedwede Förderung gestrichen und auch den Einspeisevorrang der Erneuerbaren in Frage gestellt. Die Folge: Zerstörte Investitionssicherheit, Abbau von 80.000 Arbeitsplätzen im erneuerbaren Sektor, sowie Abgabe der Führung in der Führung der Technologie-Entwicklung an andere Länder.

    „Wie das bei den Roten eben so ist.“

    Ich habe ehrlich Mühe, meine Abscheu gegenüber Ihnen zurückzuhalten. Verstehen Sie das? Sie kennen Mühe vermutlich gar nicht.

  26. Das Strache-Ibiza-GateVideo kam ja zuspät!
    Wäre so ne schöne Ablenkung gewesen….
    Aber das wird ein „guter „VT`ler als Teil der Verschwörung sehen (wollen):
    „Weil die Merkel hinter Ibizagate steckt und es so getimet hat,
    das AKK Gelegenheit hatte sich und die CDU zu ZERSTÖREN!!!“

  27. Sorry, es ist Off Topic, aber das muss mal raus. Ich zahle gerne für Übermedien und genieße die klugen, differenzierten und manchmal auch witzigen Artikel. Eigentlich stand (auch schon im alten Stefan Niggemeier Blog) auch in den Kommentaren viel schlaues und interessantes. In letzter Zeit schreiben hier ständig irgendwelche Neurechte die Kommentarspalte voll und meistens am Thema vorbei.
    Das macht alles irgendwie keinen Spaß mehr!
    Können hier eigentlich alle kommentieren oder nur Abonnenten?
    Oder kann man das irgendwie regulieren ohne dass aus der Ecke der üblichen Verdächtigen Zensur gerufen wird?
    Wenn ich erklärt haben möchte, wie die „führende Genossin“ Merkel den Nationalstaat abschafft und die Masseneinwanderung fördert, gehe ich auf PI News, aber hier bin ich um was kluges zu Medienthemen zu lesen-

  28. @Butterchicken. Man muss keine Abonnentin und kein Abonnent sein, um hier zu kommentieren. Und ich verstehe den Frust. Es liegt natürlich, ehrlicherweise, ein bisschen auch daran, wie sehr andere Leute sich auf die Off-Topic-Fährte ziehen lassen. Andererseits ist es auch gut, dass Unsinn nicht unwidersprochen bleibt.

  29. @27: Alle. Hat sein für und wider, letztlich aber eine Hausrecht-Entscheidung des Seitenbertreibers.

    Ich finde, gerade in diesem Fall hat die community das sehr gut gelöst. Ich finde, man sollte dem Neurechten™ nach seiner ersten unsachlichen Einlassung wenigstens die Möglichkeit geben, Argumente für sein „Ausländer raus“ zu liefern. Wir alle wissen, wieviel da meistens dann kommt. Und das spricht ja dann für sich.
    Ich persönlich werde ja auch nicht müde, lahme rhetorische Figuren aufzuzeigen. Oder ideologische Dachlatten vor den Augen.
    Intention: Dem stillen Mitleser™ Unterstützung zur Einordnung der Stichhaltigkeit und Relevant von „Argumenten“ geben.

    @24: „Was mich an Aussagen dieser Art stört ist, dass da eine gewisse Überheblichkeit mitschwingt. So als könnten die „anderen“ nicht selbst beurteilen, was Pittiplatsch da so zusammenschreibt.“
    Ja… stimmt *andieeigenenasefass*. Und dieser Vorwurf ist wohl auch, was viele Menschen mit „politischer Korrektheit“ verbinden.
    Aber Klugscheißer mit Weltverbesserungstick (wie ich) können doch nicht der Grund sein, dann AfD zu wählen … Die conclusio kotzt mich an.

  30. Ich bin bei Übermedien auch deshalb, weil die Leserkommentare oft bereichernde Perspektiven, Hinweise, Witz und Esprit entalten. Das hat diesmal nicht geklappt, die Kommentare haben sich vom Thema weg in das Netz von ausgelutschten afd-Phrasen verfangen, die allzu raumgreifend widerlegt wurden (werden mussten). Schade, aber vielleicht kommt ja nochwas Interessantes.

  31. @ Ingo S.

    „Was mich an Aussagen dieser Art stört ist, dass da eine gewisse Überheblichkeit mitschwingt. So als könnten die „anderen“ nicht selbst beurteilen, was Pittiplatsch da so zusammenschreibt. Ein typischer Übermedien-Leser […]“

    Wir (oder jedenfalls ich) haben aber nicht nur den typischen Übermedien-Leser im Sinne, sondern auch Leute, die extremere Ansichten haben, aber vielleicht doch noch erreichbar sind.

    Und irgendwo habe ich die (traumtänzerische?) Hoffnung, dass man vielleicht sogar den einen oder anderen der „extremeren“ Zaungäste hier zum Nachdenken bringen kann, wenn man sachlich, ruhig und (was mich angeht) möglichst mit wenigen persönlichen Angriffen argumentiert.

  32. @ Ingo S:

    Noch klarer hätte ich vielleicht formulieren sollen:

    „Wir (oder jedenfalls ich) haben in solchen Fällen aber weniger den typischen Übermedien-Leser im Sinne als vielmehr Leute, die extremere Ansichten hegen…“

  33. Das ist schon interessant, wie man mit kleinem Aufwand große Wirkung erzielt. Man muss halt nur die Achillessehne treffen, was mir in diesem Fall offenbar gelungen ist.

    Schön finde ich in solchen Fällen auch, wenn die Gläubigen sich nicht mehr anders zu helfen wissen als durch persönliches Angehen oder die falsche Paraphrasierung meiner Äußerungen.

    Wenn z.B. @ichbinich raushaut
    „Sie können natürlich trotzdem behaupten, dass die CDU eine ganz dolle Klimaschutzpartei ist“,
    dann macht er damit in erster Linie eine klare Aussage … über sich selbst.
    Oder habe ich irgendwo gesagt, dass die CDU eine ganz dolle Klimaschutzpartei wäre?

    Und @anderer Max weiß sich auch nicht anders zu helfen. Da er in meinem Text leider so gar nichts falsches findet, widerlegt er eben Aussagen, die ich nie getroffen habe:
    „CDU übernimmt rotgrüne Dinge = schlecht
    Gleichzeitig stellt er die angeblich durch die CDU durchsetzte Energiewende & Ehe für alle als positive Vorzeigeprojekte dar“

    @Micha unterstellt, ich hätte bei der CDU ein
    „Einleiten und Durchsetzen der Klimawende“ festgestellt.
    Ist nicht so ungewöhnlich, im alltäglichen Blabal werden die Begriffe dauernd in absurdester Weise durcheinander gerührt.
    In der Praxis gibt es zwischen den Begriffen „Klimawende“ und „Energiewende“ doch einige Unterschiede, weshalb es der Qualität des Diskurses keinen Abbruch täte, wenn man wenigstens richtig zitiert.

    @Helmut E. ist total verzweifelt, weil ihm auf der Sachebene so gar nichts einfällt.
    Ist eben blöd, wenn da einer einfach zu die Fenster der Echokammer öffnet. Pfui Teufel, diese Frischluft die da eindringt.
    Und @Bettina Kraemer hängt sich mit der gleichen Inhaltslosigkeit mit dran.
    Den Punkt aufs I setzt @Döhmann-Rohwold, der in dieser Substanzlosigkeit eine Widerlegung erkennt.
    Man muss dran glauben.

    Leider verstehe ich immer noch nicht, wie man das lebt.
    Die Merkel-Regierung hat den Atomausstieg beschlossen.
    Die Merkel-Regierung hat den Kohleausstieg beschlossen.
    Was soll noch passieren um anzuerkennen, dass die Energiewende zwar vorher schon vorsichtig vorbereitet (EEG), jedoch von erst der Merkel-Regierung radikal durchgesetzt wurde?

    Das Ausgangsthema war übrigens das Zensur-Ansinnen von AKK.

  34. Ich habe mir eben den von „Anderer Max“ oben verlinkten Artikel der TAZ durchgelesen und bin etwas irritiert, denn eigentlich hätte ich einen ähnlichen Text hier von Niggemeier/Rosenkranz erwartet.
    AKK hat mitnichten gefordert, „Meinungsäußerungen im Internet zu regulieren.“ wie Frau El Ouassil meint oder gar zu zensieren, wie Spaßvögel hier kommentieren.
    Diesmal scheinen die Rezo-Fans dem Skandalisierungsmechanismus der „alten“ Medien auf den Leim gegangen zu sein.

  35. #27: „Oder kann man das irgendwie regulieren…“

    Dieser Satz als Kommentar unterhalb eines Artikels, der zum Thema hat, AKK beabsichtige Meinungsäußerung im Internet zu regulieren. Welch Ironie.

  36. @
    Gähn

    Kommentar #10, ihre Worte:
    „Mal sehen, was da noch kommt. Irgendjemand wird sich schon finden, der auch den „Beweis“ dafür bringt, dass die Merkel-CDU die Energiewende nicht eingeleitet (Kommission) und durchgesetzt hat.
    Oder?“

    Wenn du von Energiewende schreibst, dann übernehme ich das einfach.

    Egal, Lügen gehört halt zum Handwerk. Die Klischees hatte ich ja schon angesprochen.

  37. „#34 Es tut mir leid, aber jedes Wort an Sie ist reine Zeitverschwendung.“

    Das ist ja nett. Aber warum sagt das nur eine.
    Es gibt 8 Milliarden Menschen, davon sollte jeder hier sagen, dass er keine Worte an mich richten will.
    Am besten doppelt, damit es nicht zufällig verloren geht.

  38. @ Pischtiehufnagel:

    Sicherlich hat die Union Reformen in Richtung Energiewende beschlossen. Ob man davon reden kann, dass sie die Energiewende „radikal durchgesetzt“ hätte, kann man aus Gründen, wie sie angeführt worden, aber wohl bezweifeln.

    Aber es bringt ja auch nichts, sich um Formulierungen zu streiten. Formulieren wir es doch einfach mal ganz neutral so (um terminologische und Sachfragen zu trennen): Die Union hat Reformen in der Energiefrage Reformen (mit)beschlossen, die Ihnen und manchen anderen Leuten zu weit gehen, vielen anderen Personen aber als viel zu zögerlich erscheinen.

    Die Frage war ja aber, ob die Union sich von der SPD in der Umweltpolitik wesentlich unterscheidet. Die Antwort lautet wohl, dass die SPD bereit ist, die Energiewende stärker voranzutreiben als die CDU. Man müsste nun eruieren, wie groß diese Unterschiede sind. Die Frage sollte sich aber ohne Polemik und unabhängig davon, was man von der Energiewende hält, beantworten lassen.

    Abgesehen davon hat die CDU schon unter Kohl zumindest im Prinzip etwas für den Klimaschutz getan; zudem kann man sich fragen: Wieso wäre denn zu erwarten, dass die CDU sich in diesem Punkt überhaupt grundlegend von der SPD unterscheidet? Was hätte das etwa mit einem „konservativen Profil“ zu tun?

    „Ehe für alle…“

    Dazu siehe # 8 und 13.

    „Zensur“

    Na ja, so richtig viel Zensur gibt es bisher ja nicht.

    „Abschaffung des Nationalstaats“

    Ist die BRD abgeschafft? Oder plant die CDU dies nachweislich?

    „Verlagerung der Entscheidungen zur EU“

    Welche wesentlichen Kompetenzen hat die CDU denn etwa in den letzten 10-15 Jahren an die EU verlagert?
    Die europäische Integration (ohne Aufgabe des Nationalstaates) war im Übrigen auch immer schon ein Anliegen auch der Union, schon bei Adenauer und Kohl; wenn sie hier teils ähnliche Positionen vertritt wie die SPD, dann nicht, weil sie sich „sozialdemokratisiert“ hätte.

    „höhere Steuern“

    Tatsächlich? Hat nicht Peter Altmaier kürzlich erst eine Senkung der Unternehmenssteuern gefordert? Hatte nicht bereits die SPD die Steuern (u.a für Unternehmen) deutlich gesenkt? Wenn CDU und SPD da nicht mehr viel Differenzen erkennen lassen, dann wohl doch, weil die SPD auf den CDU-Kurs eingeschwenkt ist, und nicht etwa, weil die CDU auf SPD-Kurs umgeschwenkt wäre. Letzteres aber wäre doch Voraussetzung wäre, um die CDU-Leute sinnvollerweise als „Genossen“ bezeichnen zu können.
    Inzwischen ist es doch so, dass die Unternehmen aufgrund niedriger Steuern und niedriger Löhne per Saldo sparen, während sie früher die Ersparnisse der privaten Haushalte absorbiert haben. Mit anderen Worten: Nur weil das Ausland per saldo jedes Jahr exorbitante Schulden macht (der Staat tut das ja nicht mehr), funktioniert das deutsche Wirtschaftsmodell überhaupt noch. Nur weil Deutschland jedes Jahr riesige Leistungsbilanzüberschüsse erzielt, also Waren ohne richtige Gegenleistung auf „Pump“ ins Ausland liefert, hat es den Anschein, als laufe alles glatt. Ohne diese Verschuldung des Auslands und die damit finanzierten Importe deutscher Waren würde Deutschland ökonomisch sofort zusammenbrechen. (Der Grund ist folgender: Würde sich niemand in Höhe der Ersparnisse Schulden machen, so würde das Geld dem Wirtschaftskreislauf entzogen, und das Ergebnis wäre eine extreme Rezession.) Hier hat der Neoliberalismus ein hochgradig dysfunktinales System geschaffen.

    „exzessive Umverteilung“

    Tatsächlich? Die Gleichheit unter Helmut Kohl war größer als die heute. Die „Umverteilung“ geht eher in die andere Richtung:

    Nach allen Bemessungen besitzt ungefähr die Hälfte der Bevölkerung so gut wie nichts, während die reichsten zehn Prozent über mehr als 60 Prozent des Vermögens verfügen. Laut „World Wealth Report“ 2018 stieg die Zahl der Vermögensmillionäre in Deutschland weiter, auf rund 1,4 Millionen. Das sind deutlich mehr als zu Zeiten der Finanzkrise. Die Kehrseite: Der Anteil der Menschen mit Niedriglöhnen steigt.

    https://www.tagesspiegel.de/politik/umverteilung-des-reichtums-am-gelde-haengt-doch-alles/24336980.html

    “ – wo ist der Unterschied zur SPD?“

    Siehe dazu 13:

    Die Unterschiede sind sicherlich geringer geworden. Aber das liegt nur zum Teil (bei manchen gesellschaftspolitischen Fragen) daran, dass die Union heute weiter „links“ ist als früher. Zu einem Großteil liegt die Angleichung darin begründet, dass die Union, vor allem die SPD stark nach „rechts“ gerückt sind, und zwar sowohl in Wirtschafts- wie Sozialpolitik, wie auch in der Außen- und Sicherheitspolitik.

  39. @LLL (41.) Danke für Ihre Antwort. Auf die Schnelle erst mal nur zu dieser Facette …

    „Die Antwort lautet wohl, dass die SPD bereit ist, die Energiewende stärker voranzutreiben als die CDU. Man müsste nun eruieren, wie groß diese Unterschiede sind.“

    Dazu möchte ich auf diesen Trend verlinken:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Energiewende_nach_Staaten#/media/File:EEG-Entwicklung.svg

    Die Entwicklung der EEG-Umlage pro KWh
    2003: 0,5
    2009: 1,2
    2014: 6,2

    Mit der Einführung der neuen Offshore-Umlage hat Deutschland dann endlich Dänemark von der Spitze verdrängt. Jetzt haben wir die höchsten Strompreise in Europa. Dank Energiewende (die Sonne schickt keine Rechnung) ist der Strom hier dreimal so teuer wie in Bulgarien (ca. 1,5 mal so teuer wie Europa-Durchschnitt).

    Ich kann es nur wiederholen, vorbereitet (EEG) wurde die Energiewende zur Zeit der rot-grünen Bundesregierung, richtig durchgestartet hat das Projekt erst mit Merkel.

    Zu allem anderen werde ich mich später äußern.

  40. @PISCHTIEHUFNAGEL

    „Die Entwicklung der EEG-Umlage pro KWh
    2003: 0,5
    2009: 1,2
    2014: 6,2“

    Das liegt aber nicht daran, dass die CDU die Gesetze verschärft hätte o. Ä. sondern dass Gesetze nunmal eine Weile brauchen um zu wirken. Außerdem sind immer mehr große Betriebe „energieintensiv“ geworden und mussten daher nix mehr zahlen, so dass der generelle Betrag höher wurde. Noch dazu wurden natürlich Erneuerbare immer billiger, so dass mehr installiert wurde.

    Die CDU hatte mit allem davon nix zu tun. Im Gegenteil, wie schon von Vorrednern genannt hat die CDU dafür gesorgt, dass der Ausbau der Erneuerbaren stark eingeschränkt wurde indem die maximale Zubaumenge begrenzt wurde.

    Ich wüsste daher nicht, warum man die CDU als Treiber der Energiewende bezeichnen sollte…

  41. @ Pischtiehufnagel:

    Unterschiede zwischen Union, SPD und anderen Parteien m Umweltschutz zeigen sich auch am konkreten Abstimmungsverhalten:

    Enorme Unterschiede beim Klimaschutz zeigt eine Untersuchung zum Abstimmungsverhalten deutscher Europaparlamentarier. […] Es ging dabei um Emissionshandel, den Ausbau der erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz, aber auch um die Weltklimagipfel, die Landnutzung sowie die Gas- und Verkehrsinfrastruktur. […] Dabei stimmten die Abgeordneten von CDU und CSU im Schnitt nur jeder achten Klimaschutz-Vorlage zu, die FDP-Abgeordneten jeder siebten. Die Linke und die SPD votierten dagegen für etwa jedes zweite Klima-Vorhaben. An der Spitze liegen die Grünen, die sich in fast 90 Prozent der Abstimmungen für einen konsequenten Klimaschutz einsetzten. […] Nach den vorliegenden Informationen stimmten die EU-Abgeordneten von CDU und CSU ähnlich „klimaschädlich“ ab wie die der AfD sowie die Abgeordneten, die über die AfD ins Europäische Parlament gekommen waren.

    https://www.klimareporter.de/europaische-union/eu-abgeordnete-grosse-unterschiede-beim-klimaschutz

    Fairerweise muss man sagen, dass die SPD in Deutschland wohl weniger „klimafreundlich“ abgestimmt hat als im EU-Parlament. Dennoch bestehen offensichtlich Differenzen.

    Es bliebe wie schon zuvor angedeutet noch dies zu bedenken:
    Von einer „Sozialdemokratsierung“ der Union (CDU-Leute als „Genossen“) könnte nicht allein schon deshalb die Rede sein, weil CDU und SPD sich in manchen Bereichen ähneln. Ähnlichkeiten könnten schließlich auch völlig unideologische Gründe haben oder sogar Ergebnis einer Anpassung der SPD an die Union sein (das wäre dann eine „Christdemokratisierung“ der SPD).

    Als zusätzliches Kriterium für eine „Sozialdemokratisierung“ der Union wäre vielmehr zu fordern, dass die Union in einem konkreten Feld ihr konservatives Profil zurückstellt oder aufgibt, und zwar zugunsten von Positionen, die entweder als klassische SPD-Positionen zu gelten haben oder sich zumindest in besonderer Weise aus dem Profil der SPD (nicht aber dem der Union) ableiten lassen.

    Es ist nun aber doch schwer einzusehen, wieso die „Bewahrung der Schöpfung“ nicht etwa auch als wertkonservatives Ziel (im Sinne der Union) verstanden werden könnte – oder?
    Zudem ist zu bedenken, dass es die ersten Bundesumweltminister CDU-Leute waren (innerhalb der schwarz-gelben Kohl-Regierung). Außerdem hat Deutschland unter CDU-Kanzler Kohl das erste große Klima-Abkommen beschlossen (Kyoto-Protokoll).
    Man kann natürlich der Meinung sein, dass es keinen menschgemachten Klimawandel gebe. Da die Union – wie die allermeisten Wissenschaftler – jedoch von der Existenz eines menschgemachten Klimawandels ausgeht, muss man diese Prämisse zugrundelegen, wenn man die Glaubwürdigkeit ihres Verhaltens beurteilen möchte.

    Wenn die CDU Umweltpolitik einschließlich der Energiewende betreibt (bzw. zumindest bis zu einem gewissen Grade mitmacht), kann also kaum ohne Weiteres gesagt werden, dass sie ihre traditionellen konservativen Werte zugunsten „sozialdemokratischer“ Werte aufgegeben hätte.

    Und dieser Einwand gilt mutatis mutandis natürlich allgemein: Wenn CDU und SPD ähnliche Positionen vertreten, so ist zu fragen, ob dies tatsächlich daran liegt, dass die CDU ihr konservatives Profil an dieser Stelle geschliffen und SPD-Positionen übernommen hat.

  42. „Es will informieren und abbilden und erfüllt damit journalistische Aufgaben. Es hegt aber nicht den Anspruch, Journalismus sein zu wollen. Es trotzdem an journalistischen Maßstäben zu messen, nur weil es aufklären und informativ sein möchte, ist zu seinem bewussten Nachteil.“

    Ich bin mir nicht sicher, ob diese Interpretation so stimmt. Das Video selbst will ja mit Fakten überzeugen. Dann sollten diese auch stimmen bzw. entsprechend interpretiert werden, was im Rezo Video nachweislich nicht immer geklappt hat. Deshalb ist diese Kritik, auch auf diesem Niveau berechtigt. Wäre es tatsächlich ein reiner Meinungsbeitrag ohne Anspruch, diese Meinung auch entsprechend durch Fakten zu belegen, würde vermutlich auch anders reagiert werden.

    Weiterhin ist ja auch nicht so relevant, ob das Video „Journalismus sein will“, sondern, ob es ähnlich wie Journalismus wirkt und ihm deshalb eine ähnliche Verantwortung zukommt.

  43. @LLL (41.)

    Nächste Facette …

    „´höhere Steuern´
    Tatsächlich? Hat nicht Peter Altmaier kürzlich erst eine Senkung der Unternehmenssteuern gefordert?“

    Und, wird das durchgesetzt?

    Die beiden am meisten promoteten Steuervorhaben sind
    – neue CO2-Steuer
    – neue Börsenumsatzsteuer

    So oft wie ich das in letzter Zeit höre und lese ist die Frage nicht ob, sondern wann diese neuen Steuern kommen.

    Zur Unternehmenssteuersenkung:
    Deutschland schmiert ab. Altmaier ahnt, dass man allein von antifaschistischem Widerstandskampf, Gleichstellung und Genderklos nicht leben kann.
    Man muss auch was produzieren.
    Auf diesem Sektor stehen uns düstere Zeiten bevor. Altmaier weiß das und rudert schon lange verzweifelt mit den Armen in der Luft herum, um den produktiven Sektor irgendwie am Leben zu erhalten. Unter den vielen verzweifelten Vorschlägen ist wohl auch mal die Senkung der Unternehmenssteuern vorgekommen.
    Für die Vitrine.

  44. Weiter …

    „Hatte nicht bereits die SPD die Steuern (u.a für Unternehmen) deutlich gesenkt? Wenn CDU und SPD da nicht mehr viel Differenzen erkennen lassen, dann wohl doch, weil die SPD auf den CDU-Kurs eingeschwenkt ist, und nicht etwa, weil die CDU auf SPD-Kurs umgeschwenkt wäre.“ Letzteres aber wäre doch Voraussetzung wäre, um die CDU-Leute sinnvollerweise als „Genossen“ bezeichnen zu können.“

    Immerhin sind wir uns einig, dass es zwischen CDU und SPD kaum noch Unterschiede gibt. Das ist die Hauptsache.
    In der Nebensache („Genossen“) gebe ich gern zu, dass ich vielleicht verbal dezent übertrieben habe.
    Formal nicht. Wenn die SPD-Leute Genossen sind die die CDU so ist wie die SPD, dann …
    Aber um diese Nebensache muss man nicht streiten.

  45. Noch mehr …

    „Mit anderen Worten: Nur weil das Ausland per saldo jedes Jahr exorbitante Schulden macht (der Staat tut das ja nicht mehr), funktioniert das deutsche Wirtschaftsmodell überhaupt noch. Nur weil Deutschland jedes Jahr riesige Leistungsbilanzüberschüsse erzielt, also Waren ohne richtige Gegenleistung auf „Pump“ ins Ausland liefert, hat es den Anschein, als laufe alles glatt. Ohne diese Verschuldung des Auslands und die damit finanzierten Importe deutscher Waren würde Deutschland ökonomisch sofort zusammenbrechen. (Der Grund ist folgender: Würde sich niemand in Höhe der Ersparnisse Schulden machen, so würde das Geld dem Wirtschaftskreislauf entzogen, und das Ergebnis wäre eine extreme Rezession.) Hier hat der Neoliberalismus ein hochgradig dysfunktinales System geschaffen.“

    Nicht der Neoliberalismus, sondern der Sozialismus.
    Wem das Sozialismus zu hart erscheint, kann stattdessen auch Staatsinterventionismus einsetzen.

    Nicht nur die Individuen, auch die Völker sind unterschiedlich.
    Nehmen wir das Geld. In der Vor-Euro-Zeit hatte jeder noch gewusst, dass die Südländer eine andere Auffassung haben als die im Norden. Das steckt so drin. Wenn die Italiener gewollt hätten, dass die Lira solide wird wie die D-Mark, hätten die sich irgendwann eine Regierung gewählt, die die Lira so managed wie die Bundesregierung die D-Mark.
    Haben die aber nicht.

    In der Vor-Euro-Zeit wurden Geldwert und die Zinsen am Markt gebildet.
    Die D-Mark hatte einen hohen Wert. Das hat die Exporte erschwert, hatte aber den angenehmen Nebeneffekt, dass die Deutsche im Ausland mit der D-Mark ganz günstig Urlaub machen konnten.

    In der Vor-Euro-Zeit mussten (je nach Jahreszeit) für die Staatsschulden Deutschland 4…5%, der Club-Med 15…20% zahlen.
    Dann kann der Euro und die Schuldzinsen für die Südländer sind auf Deutschland Niveau gesunken. Nicht etwa, weil die auf einmal zuverlässiger geworden sind, sondern weil für die Schulden jetzt nicht mehr der konkrete Schuldner, sondern die Solidarität (=Deutschland) gerade steht.

    Eigentlich ein Geschenk des Himmels. Der Club-Med kann weiterleben wie bisher, muss die Ausgaben nicht einschränken und kann (wegen geringerer Schuldzinsen) den Schuldensockel trotzdem sehr schnell senken.
    Vernünftige Buchhalter würden das so durchsetzen.
    Die Südländer haben die sich für einen anderen Weg entschieden. Sie haben aufgeschuldet.

    Beispiel Spanien.
    In einer normalen Volkswirtschaft ist das Verhältnis von man manufactoring zu construction ca. 75:25. In Spanien haben die Sozialisten unter der Führung des gutaussehenden Genossen (oh, schon wieder das G-Wort) Zapatero die Volkswirtschaft deformiert zu 50:50. Geld gabs ja genug und damit konnte man „Arbeitsplätze“ schaffen.
    Mit dem billigen Geld haben die Wohnsiedlungen gebaut, in denen keiner wohnt. Und Flugplätze, von denen kein Flugzeug abhebt. Solche Dinge.
    Das kann auf Dauer nicht funktionieren. Es hat nicht funktioniert.

    Normalerweise hätte man den Wahnsinn dem Markt überlassen müssen. Es hätte zu Bankrotten geführt, aber nach dem reinigenden Gewitter wäre es weiter gegangen.
    Die Union der Europäischen Sowjetrepubliken hat sich für einen anderen Weg entschieden. Wir retten alle und alles.
    Konkret führte das zur Aufgabenteilung. Wir arbeiten für den Club Med – und die verbrauchen mit für uns.
    Dieses Betrugssystem wird über verschiedene Schienen realisiert, eine ist der TARGET2-Mechanismus. Ursprünglich gedacht als Pipeline für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr, seit der „Eurokrise“ umgemodelt und missbraucht als unlimitierter zinsloser Dispokredit. Wobei das Wort „Kredit“ faktisch nicht stimmt. Es ist kein Kredit, sondern ein Geschenk.
    Oder glaubt jemand, die Südländer würden diesen „Kredit“ je zurückzahlen?

    Das Problem ist der Euro. Diese Währung ist für die deutsche Volkswirtschaft zu schwach, für die Südländer zu stark.
    Das Problem ist der Staatsinterventionismus, der die Regelungsmechanismen des Marktes ausschaltet.

  46. lol, der Südländer an sich kann nicht mit Geld umgehen.
    Als wir noch D-Mark hatten, wusste man das noch.

    Und später über die Rassismus-Keule reumheulen ;)
    Dat sind se, unsere selbstbewussten, total starken Rechten.

  47. Okay. Von Wirtschaft also auch keine Ahnung. Da nützt es auch nicht, sich hinter ausuferndem, redundaten und nichtssagenden Geschwurbel zu verstecken.

    Aber mal ein bisschen was zum nachdenken: Wo ist denn das ganze Geld wohl geblieben, dass den südeuropäischen Verschwendern jetzt fehlt?

  48. @ Pitschiehufnagel:

    Danke für Ihre ausführliche Antwort. Wenn ich auf jeden Punkt einzeln ausführlich eingehen würde, würde dies enorme Zeit und enormen Platz in Anspruch nehmen (meine Antwort ist ohnehin schon lange geworden, wie ich feststellen muss). Ich hoffe daher auf Ihr Verständnis, wenn ich nur auf einige zentrale Punkte zurückkomme:

    Klar, nicht nur wenn die CDU deutlich nach links rückt, sondern auch wenn die SPD deutlich nach rechts rückt, ähneln sich diese Parteien im Effekt. Der „Spin“ ist aber ein anderer: Im ersten Fall hat ein „Konservativer“ Grund zur Klage, im zweiten Fall eher ein „Linker“, während der Konservative sich eigentlich eher freuen kann.

    Bei allen großen Steuerreformen der letzten Jahre gab es für Großverdiener und Unternehmen Entlastungen. Wenn es den Unternehmen aufgrund von Steuern und Löhnen schlecht ginge (zu viel „Sozialismus“) , dann wären keine anhaltenden Leistungsbilanzüberschüsse zu erwarten, und die Unternehmen wären keine Netto-Sparer. Die Tatsache, dass die Unternehmen Netto-Sparer sind und Deutschland hohe Leistungsbilanzüberschüsse erzielt, zeigt hingegen eindeutig, dass Deutschland (d.h. deutsche Unternehmen) im internationalen Vergleich besonders wettbewerbsfähig sind. Dies spricht sehr gegen übermäßige Belastungen.

    „Leistungsüberschüsse“ klingen gut, bringen in Wahrheit aber erhebliche Probleme mit sich: Eines ist, dass das Ausland nicht Ware gegen Ware, sondern Schuldschein gegen Ware tauschen muss, wobei es im Extremfall die Schulden nicht mehr (voll) tragen kann. Dann kann man die Schulden und den Export zugleich abschreiben. Im Fall von Staaten außerhalb der Euro-Zone wird dieser Effekt vor allem durch eine Abwertung der jeweiligen Währung zustandekommen. Innerhalb der EURO-Zone wird der Effekt stärker noch durch Wirtschaftskrisen und Rezessionen realisiert werden. Am Ende hat man die Waren für lau geliefert. Die Financial Times (zit. n. „Finanzen und Wirtschaft“ brachte es wie folgt auf den Punkt:

    Jahrelang produzierte die Wirtschaft wertvolle Waren, die woanders gebraucht wurden. Die Exporte stiegen und stiegen, ebenso die Importe der europäischen Nachbarn. Einiges war finanziert auf Pump. Als die Blase platzte, war klar: Deutschland bleibt auf dem Gros seiner Geldforderungen sitzen.

    Ein schlechter Deal, viele Deutschen hatten jahrelang verzichtet. In Zahlen drückt sich die Geschichte so aus: Von 2000 bis 2007 legten die privaten Konsumausgaben in Deutschland inflationsbereinigt um knapp vier Prozent zu, im Währungsraum insgesamt gab es ein Plus von 13 Prozent. Ähnlich krass ist die Divergenz bei den Investitionen.

    Einen Vorteil haben Leistungsbilanzüberschüsse allerdings: Sie vermindern die Arbeitslosigkeit. Allerdings nicht, indem sie neue Arbeitsplätze schaffen, sondern indem Arbeitslosigkeit exportiert wird (Beggar-thy-Neighbor). Dass das auch immense Nachteile hat, makroökonomische Verwerfungen mit sich bringt und auf Dauer hochriskant ist, wenn sie von einem so großen Akteur wie Deutschland betrieben wird, braucht nicht weiter betont zu werden. Dass Deutschland auf diese Politik auch noch stolz ist und sie mit aller Macht rechtfertigt und verteidigt, lässt tief blicken.

    Eine Währungsunion zwischen Ländern mit völlig unterschiedlichen Ländern ist an sich kein Problem. Es gibt ja auch Handel zwischen solchen Ländern, wozu gehört, dass eine Währung in die andere getauscht werden kann.) Wichtig wäre hier einfach eine gemeinsame Inflationsrate. Die Zielinfaltionsrate der EZB war 2%; manche Länder liegen darüber, Deutschland aber darunter. Beides ist ein Problem.

    Hätte Deutschland noch die D-Mark, dann würde die große Nachfrage nach deutschen Waren auch zu einer erhöhten Nachfrage nach D-Mark-Devisen führen. Dies wiederum würde zu einer Verteuerung der D-Mark gegenüber anderen Währungen und also zu einer Aufwertung der D-Markt führen – und damit zum Rückgang der Leistungsbilanzdefizite. In der Praxis funktioniert das nicht perfekt (Währungsspekulationen usw.), aber doch einigermaßen. Solche Leistungsbilanzüberschüsse, wie wir sie jetzt haben, hätten sich nicht entwickeln können. Auch innerhalb des alten Europäischen Währungssystems hätte Deutschland längst aufwerten müssen.
    Dass dies mit dem Euro so nicht passiert, liegt daran, dass der Euro zwar für Deutschland über-, für viele Länder der Euro-Zone aber unterbewertet ist.

    Die Südländer wirtschaften im Allgemeinen weniger problematisch, als Sie es darstellen; dies im Detail zu diskutieren, würde hier zu weit führen. Ich möchte hier nur auf Frankreich hinweisen. Frankreich hat eigentlich alles richtig gemacht. Es hatte die Inflation von 2% gemäß EZB-Vorgabe, und seine Produktivität war sogar geringfügig HÖHER als die deutsche. Dennoch ging und geht es ihm zunehmend schlechter. Dies liegt nicht an eigenem Versagen, sondern tatsächlich daran, dass Deutschland das gemeinsame Inflationsziel verfehlt hat:

    Frankreichs Wachstum war, das zeigt das erste Bild, bis zur Krise von 2008 klar höher als das Deutschlands. Aber selbst wenn man die jüngste Phase hinzunimmt, liegt auf der hier gewählten Basis 1999 das französische Niveau noch immer höher. […] Auch die Investitionen liefen in Frankreich viel besser als in Deutschland. Bis zur Krise von 2008 hatte Frankreich Deutschland hier weit abgehängt, was belegt, dass eine ausgeglichene Gesamtnachfrage für die Investitionstätigkeit viel besser ist als eine reine Exportorientierung. […] Die Produktivität pro Stunde (das ist das, was wirklich zählt, weil es alle wichtigen Faktoren einer Volkswirtschaft in einer zahl zusammenführt) ist genauso gestiegen wie in Deutschland (vgl. Abbildung 4). […] Absolut (und wieder pro Stunde) gerechnet ist die französische Produktivität höher als die deutsche (Abbildungen 5 und 6). Das zeigt sonnenklar, dass Vorwürfe an die französische Seite bezüglich der Größe ihrer Administration oder der Arbeitszeiten pro Woche von vorneherein fehl am Platze, weil empirisch falsch sind. Die Reallöhne sind auch in Frankreich nur im Verein mit der Produktivität gestiegen.

    https://makroskop.eu/2015/04/frankreich-und-die-notwendigkeit-von-arbeitsmarktreformen-der-bundesfinanzminister-wird-die-waehrungsunion-nie-verstehen-und-frankreich-sollte-endlich-angemessen-antworten/

    Die Staatsverschuldung ergibt sich wesentlich endogen: Erwirtschaftet ein Land Leitungsbilanzüberschüsse, hat es gewöhnlich kein Problem mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt. Erzielt ein Land jedoch Leistungsbilanzdefizite (die der Gegenpart zu Leistungsbilanzüberschüssen darstellen), dann muss der entsprechende Staat sich verschulden, sofern er keine zunehmende Verschuldung der Privatsektors zulassen möchte.

    „In der Vor-Euro-Zeit mussten (je nach Jahreszeit) für die Staatsschulden Deutschland 4…5%, der Club-Med 15…20% zahlen.“

    Sind Sie sicher? Ich finde gerade keine Zahlen, aber 15-20%?

    Wie Staatsschulden verzinst werden, kann letztlich durch die Zentralbank festgelegt werden. Die Zentralbank kann immer dafür sorgen, dass ein Land keine Zinsen zahlen muss. Japan etwa hat exorbitante Schulden (237% des BIP – deutlich mehr als Griechenland!), muss aber nichts für die Zinsen zahlen und hat eine sehr niedrige Inflation. Warum? Weil es die Schulden bei seiner eigenen Zentralbank, also letztlich bei sich selbst macht. Es handelt sich dabei letztlich sogar um einen buchhalterischen Formalismus: Der Staat könnte das Geld auch einfach direkt in den Wirtschaftskreislauf bringen. Ein Problem mit Inflation gäbe es bei diesem Vorgehen nur dann, wenn die Kapazitäten bereits ausgelastet sind und eine vermehrte Nachfrage also nicht mehr befriedigt werden könnte. (Dann müsste man dem System Geld via Steuern entziehen, um die vermehrte Geldemission durch den Staat zu neutralisieren.) Davon sind die meisten Länder dieser Welt derzeit aber weit entfernt. Entsprechend führt Dirk Ehnts auf Makroskop („Handlungsbeschränkt? Die Zentralbank im modernen Geldsystem“) aus:

    Da die Staatsanleihen in den USA kein Ausfallrisiko haben, sind sie damit der Referenzwert für die jeweiligen Zinsen zu den Laufzeiten (hier: ein Jahr). Wir halten fest: die Zentralbank setzt den kurzfristigen Zins und wenn sie es will, auch den langfristigen. Große Preis­schwan­kun­gen gibt es dann nicht mehr.

    Das sind nicht nur theoretische Gedankenspiele. Die japanische Zentralbank etwa hat die Verzinsung zehnjähriger Staats­anleihen auf 0,0 % gesetzt und kauft entsprechend an. Die Verzinsung schwankt nun seit einem Jahr zwischen -0,009 % und 0,104 %. Dass die Verzinsung nicht immer bei 0,0 % liegt, kann nur bedeuten, dass die Bank of Japan nur dann in den Markt eingreift, wenn die Zinsen zu niedrig oder zu hoch sind. So spart sich die Zentralbank einen Mitarbeiter, der den ganzen Tag gebannt auf das Terminal schaut und immer auf den Kaufen/Verkaufen-Knopf drückt, wenn die Verzinsung von 0,0 % abweicht.[…]

    Die Macht der Zentralbanken über Zins und Verzinsung ist total, sofern es keine Verschuldung der Regierung in Fremdwährung gibt. Allein das erklärt, warum wir in der Eurozone die Probleme beim Zinskanal haben. Sobald Investoren nicht mehr daran glauben, dass ein Land wie Grie­chen­land noch an Einlagen bei der EZB kommt, verkaufen sie alle griechischen Staats­anleihen in der Erwartung eines Zahlungsausfalls.

    Dies ist politisch so gewollt. Die Macht sollte durch die Einführung des Euro von den nationalen Regierungen an die Finanzmärkte über­tragen werden. Der Rest der Welt hat allerdings dieses Vabanquespiel nicht mitgemacht. Für die Eurozone gelten damit besondere Regeln. Allerdings muss die Idee, dass Regierungen von den Finanzmärkten „ge­bän­digt“ werden sollen, als gescheitert angesehen werden. Leider wurden daraus noch keine größeren poli­tischen Konsequenzen gezogen, stattdessen wird ein europäisches „risk-sharing“ dis­kutiert. Doch warum sollte man Risiken, die man auf null reduzieren kann, teilen?

    Natürlich können sich Staaten die Zinsen auch vom „Markt“ diktieren lassen, aber kein Land mit souveräner Währung ist dazu gezwungen. Folgt es dennoch diesem Pfad im Glauben an den allwissenden und allgütigen Markt und liefert sich somit den Launen irgendwelcher Spekulanten aus, dann verfolgt es eben einen dysfunktionalen Politikansatz. Das ist aber nicht gottgegeben, sondern menschgemacht.

  49. Mist, Zitat-Zeichen vergessen. Zitat von Ehnts geht von „Da die Staatsanleihen in den USA kein Ausfallrisiko haben…“ bis zu einschließlich „Doch warum sollte man Risiken, die man auf null reduzieren kann, teilen?“.

    Der letzte Absatz („Natürlich können sich Staaten die Zinsen auch vom ‚Markt‘ diktieren lassen…“) ist wiederum von mir.

  50. @ Pitschiehufnagel:

    Nur in kleiner Nachtrag noch, bevor es jetzt noch mehr in OT-Details geht:

    „In der Vor-Euro-Zeit mussten (je nach Jahreszeit) für die Staatsschulden Deutschland 4…5%, der Club-Med 15…20% zahlen.“

    Zu bedenken ist hier erstens die jeweilige Inflationsrate und zweites, dass die Zentralbanken sich zu Zeiten der Europäischen Währungsunion in einem relativ engen Korsett befanden, da sie die Wechselkurse aufeinander abstimmen mussten. Die D-Mark war (auch aufgrund der geringen Inflation) dabei faktisch die Anker-Währung. Da sie sehr begehrt war, mussten andere Länder höhere Zinsen bieten, um attraktiv zu sein und die Kurse dadurch stabil zu halten. Die Probleme sowohl dieses Systems wie diejenigen freier Wechselkurse waren ja dann auch ein wesentlicher Grund für den Euro.

    Das ändert aber nichts am Grundsätzlichen, dass Staaten mit eigener Währung in der Lage sind, die Zinsen selbst zu bestimmen und sich mit niedrigen oder auch Null-Zinsen zu finanzieren. Die EZB könnte dies ebenfalls leisten und tut dies indirekt ja auch zum Teil.

  51. Ich denke mir nichts aus. Ich zitiere nur

    @anderer Max (49.)
    „lol, der Südländer an sich kann nicht mit Geld umgehen.
    Als wir noch D-Mark hatten, wusste man das noch.
    Und später über die Rassismus-Keule reumheulen ;)
    Dat sind se, unsere selbstbewussten, total starken Rechten.“

    Und

    @Brathering (50.)
    „Okay. Von Wirtschaft also auch keine Ahnung. Da nützt es auch nicht, sich hinter ausuferndem, redundaten und nichtssagenden Geschwurbel zu verstecken.
    Aber mal ein bisschen was zum nachdenken: Wo ist denn das ganze Geld wohl geblieben, dass den südeuropäischen Verschwendern jetzt fehlt?“

    Finde ich gut, wenn die Linksfanatiker ihre Ahnungslosigkeit und die Abwesenheit von Moral selbst dokumentieren.

    Wenn ich eine Bitte äußern dürft: Weiter so!

  52. Dann mal wieder mehr ON topic:

    M.E. macht es sich die taz (Link in # 1) zu einfach, wenn sie sagt, dass AKK doch nirgendwo eine Regulierung gefordert habe.

    Natürlich sind ihre Worte mit einer gewissen Ambiguität und Unklarheit behaftet, aber das ist ja typisch für Politiker, die so gerne sagen können wollen, dass sie einfach nur völlig missverstanden worden sind.
    Jedenfalls müsste eine so erfahrene Politikerin wissen, dass ihre Worte leicht so verstanden werden können, dass sie laut darüber nachdenkt, einer Aktion wie der mit den Youtubern mithilfe von „Regeln“ begegnen zu wollen – seien es Regeln, die ihrer Meinung nach bereits bestehen könnten oder solche, die noch zu schaffen wären.
    Wenn AKK niemals die Idee hatte, einer „Meinungsmache“ wie der durch die Youtuber (auch) mithilfe von (bestehenden oder noch zu schaffenden gesetzlichen) „Regeln“ bzw. Regulierungen zu begegnen, dann hätte sie das Wort von „Regeln“ in diesem Zusammenhang besser nicht gebrauchen sollen.

    Es kann natürlich auch sein, dass sie nur so dahergeredet. Dann aber wäre sie selbst für dieses Missverständnis verantwortlich.

  53. @LLL
    Frau Kramp-Karrenbauer hat aber meiner Ansicht nach das gleiche Recht wie Kevin Kühnert vor ein paar Tagen, dass die Aussagen richtig zitiert und nicht durch Begriffsverschärfung skandalisiert werden.
    Bei Kühnert wurde aus KollektivierungVerstaatlichung und bei AKK aus RegelnRegulierung.
    Regeln gibt es natürlich in vielen Lebensbereichen, die sich die Branchen oder gesellschaftlichen Gruppen oft selbst geben, während „Regulierung“ eher mit einem staatlichen und gesetzgeberischen Eingriff konnotiert ist.
    Alles, was Sie in #56 ausgeführt haben, gilt auch für Kühnert und sein Interview mit der „Zeit“.
    Er wurde jedoch von Frau El Ouassil verteidigt, AKK nicht.
    Honi soit, wer böses dabei denkt!

  54. Frank Reichelt:

    Für eine präzise Wiedergabe bin ich natürlich auch. Und dass da teilweise unpräzise zitiert bzw. zusammengefasst wurde, stimmt sicher auch.

    Andererseits ist AKKs Rede so „unschuldig“ m.E. auch nicht. Wie will man irgendwelche „Regeln“ für Wahlkampfempfehlungen von Youtube-Stars in die Realität bringen, wenn diese „Regeln“ NICHT gesetzlicher Natur sein sollen? Eine Art freiwillige Selbstverpflichtung? Klingt weder sehr realistisch, noch wäre es m.E. überzeugend, AKKs Äußerungen in diesem Sinne zu interpretieren. Viel naheliegender scheint mir zu sein, dass AKK über „Regeln“ gegen „Meinungsmache“ nachgedacht hat, die dann auch tatsächlich durchsetzbar wären.

    (Gefährlicher ist allerdings wohl das Bestreben mancher Landesmedienanstalten, Youtuber unter ihre Kontrolle zu kriegen. Wenn das gelingt, bekommen wir eine tiefgreifende Regulierung der Meinungsäußerung im Internet.)

    Im Übrigen kann man argumentieren, dass die Union tatsächlich eine Reihe von „Privilegien“ (gehabt) hat, die demokratietheoretisch sicherlich problematischer als das Rezo-Video und die Folgevideos sind/waren, die AKK aber offenbar nicht für erwähnenswert hält. Albrecht Müller hat dazu auf den „Nachdenkseiten“ einen Artikel unter dem Titel „Katholische Priester auf der Kanzel – das waren die YouTuber der CDU/CSU. YouTuber, die vor der Union warnen, sollen gegängelt werden“ verfasst. Müller nennt folgende „Privilegien“, die die Union habe bzw. gehabt habe:

    – Massive finanzielle, oft illegale Zuwendungen durch die Wirtschaft (schon in der Adenauer-Zeit, aber auch wesentlich später noch).

    – Ziemlich unverhohlene Wahlkampfhilfe durch die katholische Kirche auf breiter Basis.

    – Starke Rückendeckung durch Medien. Müller erwähnt hier u.a. den persönlichen Draht von Angela Merkel zu Friede Springer und Liz Mohn und das gute Verhältnis zu den privaten Fernsehsendern, die dank der Hilfe der Union entstehen konnten. Weiterhin argumentiert er, dass die Medien auch durch die inhaltliche Linie die Union gefördert hätten.

    Müller schreibt:

    Kramp-Karrenbauer, die vermutlich an der Saar noch selbst Profiteurin der geistlichen Wahlempfehlungen war […] hat das [Wahlkampfhilfe durch die katholische Kirche] offensichtlich verdrängt, genauso wie alle anderen undemokratischen politischen und finanziellen Zuwendungen an ihre Partei. […] Annegret Kramp-Karrenbauers Intervention offenbart, dass diese Parteivorsitzende die Privilegien, die ihre Partei von Anfang an, also inzwischen mehr als 70 Jahre lang, genießt, als selbstverständliche, sozusagen der christlich-konservativen Partei angeborene Privilegien betrachtet und jetzt darauf pocht, dass diese durch eine Gängelung des Internets und der dortigen Meinungsmache auch künftig gesichert werden.

    Müller selbst war SPD-Politiker und leitete 1972 den Wahlkampf für Willy Brandt, ist also kein „neutraler“ Zeuge. Müllers Text ist zudem streckenweise polemisch formliert, und man muss sicher nicht in allen Punkten seiner Meinung sein. Dennoch ist sicherlich kaum die gesamte oben erwähnte Kritik falsch, und der Kernpunkt der Kritik scheint mir berechtigt zu sein: Die Union verhält sich heuchlerisch und selbstgerecht, wenn sie die „Meinungsmache“ von Rezo und co. zu ihren Ungunsten beklagt, die wesentlich problematischere Meinungsmache, die es zu ihren Gunsten offenbar gibt bzw. jahrzehntelang gab, aber unerwähnt lässt. AKK könnte erst einmal über „Regeln“ gegen unfaire Vorteile zugunsten ihrer eignen Partei nachdenken, bevor sie über „Regeln“ gegen kritische Youtuber sinniert.

  55. „Katholische Priester auf der Kanzel – das waren die YouTuber der CDU/CSU.“
    Ist aber schon lange her, dass Kanzeln für Predigten verwendet werden, außer bei speziellen Anlässen und auf besonderen Wunsch der Gemeinde. (Wobei Wiki mir mitteilt, für islamische Predigten schon, aber da heißt die Kanzel „Minbar“.)
    Und ganz habe ich AKK auch nicht verstanden; wenn eine größere dt. Tageszeitung kurz vor der Wahl per Leitartikel sagt: „Wählt bloß nicht CDU!“, dann ist das eben so. AKK hätte keine Möglichkeit, das zu verhindern bzw. zu „regeln“.
    Sinngemäß das gleiche gilt für Kirchen, Moscheen, Gewerkschaften, Karnevalsvereinen, Fußballclubs und eben Youtube. Warum sollte das anders sein?
    (Dass AKK härter angefasst wird als KK (Kevin Kühnert), liegt wohl eher daran, dass eine der beiden Personen evt. demnächst in der Regierung sitzt, und die andere zu einer Partei gehört, die sich allmählich mal über die 5%-Hürde Gedanken machen sollte…)

  56. @MYCROFT/FRANK REICHELT

    Wo soll denn eigentlich AKK härter angefasst worden sein als KK? Das trifft ja wenn überhaupt nur auf Übermedien zu. In der restlichen Medienlandschaft ist mir das so nicht aufgefallen.

    (Abgesehen davon, dass der Vergleich sowieso nicht passt weil KK sofort von seiner Parteiführung zurückgepfiffen wurde, während AKK die Parteiführung verkörpert.)

  57. Die Anti-KK-Karikatur in meiner Tageszeitung muss ich überlesen haben, die Anti-AKK-Karikatur zeigte sie, wie sie Rezo von hinten knebelte.
    Ok, vllt. besteht die Härte mehr in der Menge als in der Beschaffenheit des Gegenwindes.

    Allg. finde ich, das „Verstaatlichen“ und „Kollektivieren“ bzw. „regeln“ und „regulieren“ relativ ähnlich sind; das hämische Grinsen, wenn man sich mit solchen Haarspaltereien ala: „Habe ich doch gar nicht gesagt!“ rausreden will, ist vllt. Berufskrankheit, aber nicht sehr sympathisch.

    Und wenn ich richtig böse denke, würde ich sagen, dass AKKs Vorstoß gut zu Kühnerts passt: „Was unser Leben bestimmt, sollte in der Hand der Gesellschaft sein.“ Mit „unser Leben“ ist das von Politikern gemeint, und mit „Gesellschaft“ der Staat. Wenn Youtube also die Karriere von Politikern bestimmen kann, muss Youtube in Staatsgewalt.
    q.e.d.

  58. „Ok, vllt. besteht die Härte mehr in der Menge als in der Beschaffenheit des Gegenwindes.“

    Nein, der Unterschied besteht allein in den Ämtern, die beide ausüben.

    Und „Kollektivieren“ und „Verstaatlichen“ sind wirklich verschiedene Dinge, denn ersteres ließe sich auch privatrechtlich durchführen, nennt sich Genossenschaft. Den aktuellen Ärger auf dem Wohnungsmarkt hätte man in vielen Städten nicht in der heutigen Form, wenn man die Wohnungen damals an Genossenschaften und nicht an Privatinvestoren verkauft hätte.
    Der Staat könnte z.B. für bestimmte Märkte die Unternehmensform Genossenschaft vorschreiben und würde den Rest wieder dem Markt überlassen.

    Dagegen sind „Regeln“ bzw. „Regulierungen“ für Meinungsäußerungen entweder freiwillig, also unwirksam (siehe den lächerlichen Presserat), oder mindestens als Verordnung oder Gesetz für bestimmte Personen rechtlich bindend, also wirksam. Aber eben eventuell als Widerspruch zum Grundgesetz.

  59. Eine Genossenschaft zu _gründen_ wäre ja kein Problem, juristisch gesehen. Man nimmt einen Kredit auf, kauft davon Wohnhäuser oder Grundstücke, auf die man dann Wohnhäuser baut. Zack, hat man eine Wohnstättengenossenschaft.

    Eine bestehende Firma gegen den Willen von deren Eigentümern zu kollektivieren, also in eine Genossenschaft zu verwandeln, oder aber, Immobilien gegen den Willen von deren Eigentümern einer Genossenschaft zu übergeben, ist aber etwas schwieriger, juristisch gesehen.
    Dies geht, wenn überhaupt, nur mit Hilfe des Staates, der ein entsprechendes Gesetz verabschieden muss, weshalb Kollektivieren und Verstaatlichen am Ende für den Vorbesitzer kaum unterscheidet.

  60. Verstaatlichen – jedenfalls so wie es in der DDR gemacht wurde: Ohne Entschädigung!

    Was Sie meinen ist vielleicht die Enteignung, die ja auch diskutiert wurde – das wäre ein erzwungener Verkauf der Wohnungen an die öffentliche Hand. Gegen Geld.
    Also wäre das natürlich ein Unterschied.

    Ich meinte aber eher, dass ab einem Stichtag eine bestimmte Anzahl an Wohnungen nur noch von Genossenschaften gehalten werden dürften. Die derzeitigen privaten Besitzer können dann entscheiden, ob sie selbst diese Genossenschaften gründen oder ihre Wohnungen verkaufen.
    Wäre IMHO auch ein Unterschied.

  61. Es geht darum, was Kühnert meint.
    Und mal abgesehen davon, dass Kühnert selbst sagte, dass es ihm egal sei, ob BMW am Ende „Genossenschaft“ oder „Staatseigener Betrieb“ hieße, er bezieht sich doch sicherlich auf die Regelungen im Grundgesetz, oder? Anders wär nämlich schlecht.
    Enteignung, um das jeweilige Objekt dem Staat zu überlassen, wäre Verstaatlichung, s. GG § 14, Kollektivierung oder Vergesellschaftung nach GG§ 15 wäre, jemanden etwas wegzunehmen, um das Objekt dem Gemeineigentum zu übergeben. Die Entschädigung wäre wie bei § 15 zu regeln.
    Nach meinem Dafürhalten unterscheiden sich beide Vorgänge nur darin, ob am Ende der Staat oder die Gemeinschaft der neue Besitzer wird; der bisherige Eigentümer kriegt theoretisch in beiden Fällen dieselbe Entschädigung, und ob das hinterher eine Genossenschaft oder ein staatseigener Betrieb ist, ist ihm wahrscheinlich noch latterer als Kühnert.

    Zu Ihrem Vorschlag, dass ab Stichtag nur eine bestimmte Anzahl von Wohnungen von Nicht-Genossenschaften gehalten werden dürften:
    Okee, dann sehe ich wie gesagt das Szenario, dass sich große Gesellschaften formal in kleinere aufteilen; dem Spekulantentum wird dadurch wenig Abbruch getan, nur, weil mit kleineren Portionen spekuliert werden muss, da keine neuen Wohnungen entstehen und das Angebot eher klein bleibt. Warum sollte eine Firma, die 2.999 Wohnungen besitzt, auch nur ein einziges MFH bauen, wenn man es ihr direkt wieder wegnimmt? Eher würde es sinnvoll sein, vorhandene Wohnungen zusammenzulegen oder MFH abzureißen, um sonstwas auf dem Grundstück zu bauen.

    Ansonsten ist es leider nicht so, dass Berlin seit Jahrzehnten von einer schwarz-gelben Regierung von Kapitalistenknechten regiert wurde, die stadteigene Wohnungsgesellschaften bzw. deren Immobilien meistbietend verhökert haben.

  62. @LLL 51 und deine weiteren ökonomischen Einlassungen:

    (@Stefan Niggemeier: Ich weiß, ist OffT und du hast ja die Rückkehr zu OnT angemahnt, aber ich hoffe, dass du mir diesen Kommentar in Anbetracht des Alters der Diskussion und der relativen Ruhe, die inzwischen hier im Thread eingekehrt ist, dennoch erlaubst.)

    @LLL: Das ist alles gut und richtig, was du sagst. Deinen Schilderungen zu den Implikationen eines dauerhaften Leistungsbilanzdefizits eines Landes gegenüber seinem Ausland wird man wohl kaum widersprechen können, weder mathematisch noch logisch noch bezüglich ihrer Plausibilität.

    Zu deinem Vergleich zwischen Deutschland und Frankreich im Hinblick auf die Unterschiede zwischen beiden Staaten in punkto Produktivität und Reallohnhöhe möchte ich aber anmerken, dass du bei dem Vergleich m.E. berücksichtigen musst, dass

    1) Deutschland bereits von einem höheren absoluten BIP pro Kopf startet als Frankreich (ca. €44,5k vs. €38,5k, -> ca. 15% Vorsprung für D), was darin resultiert, dass
    a) für Deutschland absolut betrachtet bereits ein geringerer prozentualer Anstieg ausreicht um die absolute Höhe Frankreichs zu erreichen; und
    b) wenn ich das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens voraussetze, jeder weitere Prozent Anstieg Deutschlands entsprechend schwieriger sein dürfte als bei Frankreich, die von einem niedrigeren Niveau kommen.

    und

    2) die Arbeitslosenquote in Frankreich, etwas zugespitzt formuliert, schon immer cum grano salis bei ca. 9-10% lag (bis einschließlich heute), wohingegen die deutsche Arbeitslosenquote seit ca. 15 Jahren immer weiter sinkt und von allerdings nie wesentlich mehr als 10% (und das war schon historisch schlecht) inzwischen bei gut 3% angekommen ist. Dies hat zur Folge, dass – wiederum das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens und zudem auch noch das zweite Gossensche Gesetz vorausgesetzt – eine höhere durchschnittliche Produktivität pro beschäftigten Arbeitnehmer ebenso wenig überraschen kann wie ein höherer durchschnittlicher Reallohn. (Es dürfte plausibel sein, dass Unternehmen, wenn sie die Wahl haben, immer zuerst die für ihre Zwecke produktivsten Arbeitnehmer einstellen – die dann allerdings auch im Durchschnitt einen höheren Lohn erhalten bzw. fordern dürften.)

    Das ist jetzt keine Fundamentalkritik, ich stimme dir ja in wesentlichen Punkten zu, ich möchte diese Aspekte nur einmal zu bedenken geben.

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