Tempolimit

Die Debatten-Karambolage

Würden mit einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen weniger Menschen im Straßenverkehr ums Leben kommen? Um diese Gretchenfrage der Tempolimit-Debatte drehen sich seit Tagen praktisch alle Medien im Lande. Und obwohl die Antwort nicht eindeutig ausfällt, suggerieren die meisten von ihnen ihren Leser*innen das Gegenteil.

So titelt „Bild“ am Dienstag etwa:

Ein Tempolimit verhindert KEINE tödlichen Unfälle

Bei „Spiegel Online“ ist man dagegen zeitgleich anderer Meinung:

Tempolimit senkt Unfallzahlen drastisch

An diesen zwei Beispielen (denen sich beliebig weitere hinzufügen ließen) wird deutlich, warum diese Art der medialen Debattenkultur nicht förderlich für die gesellschaftlich-politische Kompromiss-Suche sein kann. Beide Artikel betreiben leidenschaftlich das, was auf English „preaching to the converted“ genannt wird – im Deutschen etwas weniger messianisch schlicht als Versuch, die bereits Überzeugten zu überzeugen.

„Bild“: Freie Fahrt für freie „Wahrheiten“

„Autobahnen gehören zu den sichersten Straßen Deutschlands. Im Jahr 2017 wurden hier etwa ein Drittel aller Kraftfahrzeugkilometer gefahren. Der Anteil der Verkehrstoten ist im Vergleich dazu mit rund 12 Prozent unterdurchschnittlich.“

Was „Bild“ „Wahrheit“ nennt, ist Schaumschlägerei. Natürlich sind Autobahnen besonders sichere Straßen, schließlich werden sie für sehr hohe Geschwindigkeiten gebaut. Vor allem aber mangelt es ihnen an nahezu allen Faktoren, die sonst maßgeblich am Unfallgeschehen beteiligt sind: Gegenverkehr, Kreuzungen, Ampeln, Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, Tiere … – von besonders gefährlichen Ausnahmen wie Geisterfahrer*innen und Wildwechsel einmal abgesehen. Zusätzlich haben sie stabile Leitplanken, die ein Ausbrechen verhindern – und eine der tödlichsten Gefahren der Landstraße ausschalten: den Baum.

„Ein Tempolimit verhindert keine tödlichen Unfälle. Ob man mit 130 km/h oder 160 km/h verunglückt – die Folgen sind in beiden Fällen zumeist tödlich. Die bekannten Crashtest-Fotos etwa werden bei Stadtgeschwindigkeit gefahren.“

Bei dieser Behauptung dürften Physiker*innen den Kopf schütteln, denn die Aufprallenergie eines Gegenstandes ist natürlich höher, je schneller sich dieser bewegt. Und das zum Quadrat: Bei einer Verdopplung der Geschwindigkeit vervierfacht sich diese kinetische Energie.

Der Bremsweg verlängert sich entsprechend: Nach der gängigen Standardformel beträgt er bei trockener Fahrbahn 169 Meter bei 130 km/h, aber 256 Meter bei 160 km/h – das sind 87 Meter potenzielle Kollisionsstrecke mehr.

Im „Bild“-Beispiel hätte ein 1,5 Tonnen schweres Fahrzeug beim Aufprall mit 50 km/h eine Aufprallenergie von etwa 144,5 Kilojoule, bei 130 km/h von 978 Kilojoule und bei 160 km/h von 1481 Kilojoule. Zum Vergleich: Eine 70 Kilogramm schwere Person, die vom 5-Meter-Turm im Schwimmbad springt, hat eine potenzielle Energie von etwa 3,43 Kilojoule.

Vollends irreführend ist der Hinweis, dass „Crashtest-Fotos bei Stadtgeschwindigkeit gefahren“ werden. Gemeint sind entgegen der holprigen Formulierung natürlich nicht die Fotos, sondern die Crashtests selbst. Allerdings: Würde irgendein Hersteller heutzutage ein Auto abliefern, bei dem die Insassen bei 50-km/h-Crashtests tödlich verletzt werden, fänden sich dafür wohl kaum Käufer*innen. Die pauschale Behauptung, Unfallfolgen seien bei 130 km/h genauso „zumeist tödlich“ wie bei 160 km/h ist nicht zu belegen.

„Spiegel Online“: Cherrypicking fürs Tempolimit

Bei „Spiegel Online“ geht es unter anderem um einen 62 Kilometer langen Abschnitt der A24 (Hamburg-Berlin) zwischen den Autobahnkreuzen Wittstock/Dosse und Havelland kurz vor Berlin. Die Unfälle hätten sich nach der Einführung eines Tempolimits 2002 halbiert, berichtet „Spiegel Online“ unter Bezug auf das brandenburgische Verkehrsministerium. Auch die Anzahl der Verletzten sank demnach deutlich.

Was der Artikel allerdings nicht sagt: Bei dem Abschnitt der A24 handelt es sich um eine nur zweispurig ausgebaute Strecke auf der Hauptverbindung der beiden größten deutschen Städte mit erheblichem Verkehrsaufkommen. Jeder für einen Überholvorgang ausscherende Lkw senkt hier schon die Geschwindigkeit auf der linken Spur in erheblichem Maße. Selbst die Gegner eines generellen Tempolimits argumentieren aber in der Regel nicht dafür, dass die Geschwindigkeit an Unfallschwerpunkten freigegeben werden sollte.

„Tatsächlich starben auf dem untersuchten Abschnitt der A24 in Brandenburg in den Jahren 1996 bis 2002 ohne Tempolimit 38 Menschen. Seit der Beschränkung auf 130 km/h im Jahr 2003 halbierte sich diese Zahl auf 19 Tote.“

Leider unterlassen die Autoren es, diese Zahlen in Relation zu setzen: So haben sich die Unfälle mit Personenschäden laut Statistischem Bundesamt seit 2002 insgesamt um gut 16 Prozent verringert, die Anzahl der Getöteten sank bundesweit sogar um mehr als 50 Prozent – im Vergleich zu 1996 sogar um fast 64 Prozent.

Die Werte des Brandenburger Autobahnabschnitts befinden sich also mitten im Bundestrend – im Vergleich zu 1996 sogar noch darunter. Natürlich müsste man Autobahnen gesondert auswerten, aber die zitierte Halbierung allein kann angesichts der Gesamtentwicklung jedenfalls nicht als der Beleg dienen, dass das Tempolimit der entscheidende Faktor war.

Der Hauptgrund für den allgemeinen Rückgang ist: Die Fahrzeuge werden immer sicherer. „Spiegel Online“ zitiert im Zusammenhang mit einer gesonderten Auswertung der Autobahnen eine Erhebung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR):

„Das Ergebnis: Von deutschlandweit 185 Todesopfern bei Geschwindigkeitsunfällen kamen 122 Menschen (66 Prozent) in Abschnitten ohne Tempolimit ums Leben. 63 Unfallopfer (34 Prozent) starben in tempolimitierten Zonen.“

Auch hier fehlt wiederum der Kontext: Ungefähr 40 Prozent der deutschen Autobahnkilometer sind dauerhaft mit einem Tempolimit versehen, abgesehen von temporären Verboten oder Baustellen, etwa 60 Prozent haben kein Tempolimit. Wenn also 66 Prozent der Todesopfer in Abschnitten ohne Tempolimit zu beklagen sind, dann entspricht das in etwa der realen Verteilung der Autobahnkilometer, mit einer leichten Abweichung nach oben. Ohne diese Information wird aber suggeriert, dass zwei Drittel der Unfalltoten auf Abschnitten ohne Tempolimit sterben, weil es dort keines gibt. Ein Beleg dafür fehlt jedoch.

„Eifernder Gegenwarts-Pietismus“

In den Kommentaren wird der Kampf seit Jahren mit größter Polemik ausgetragen. So geißelt der wohl bekannteste PS-Liebhaber unter Deutschlands Mediengrößen, „Welt“-Chefredakteur Ulf Poschardt, den „säkularen Calvinismus“ grüner und anderer Kontrahenten. Schon 2013 schrieb Poschardt in einem Leitartikel, auf den er dieser Tage wieder verwies:

Wer bremst verliert. Tempolimit: Auf dem Weg zum unmündigen Bürger

„So wie die Steuererhöhungswünsche fast ausschließlich von jenen geteilt werden, die keine, kaum oder nur wenig Steuern zahlen, so finden sich unter den Freunden des Tempolimits Bahnfreunde, Entschleunigte und jener Teil des Moralestablishments, der mit seinen armseligen Kisten schon heute auf der Überholspur auf Einhaltung der Richtgeschwindigkeit dringt, auch um ungeduldigere Menschen auf das eigene, mittelmäßige Tempo einzubremsen. […] Genötigt wird auf deutschen Autobahnen öfter von den Lahmen als von den Rasanten.“

„Junge, dumme Männer“

Die andere Seite der Polarisierung nimmt ebenfalls schon länger der Satiriker und Schriftsteller Thomas Gsella ein. Er hat eine traurige Sonderrolle in der Debatte, denn 2015 kamen seine Schwester und seine Nichte bei einem Autounfall ums Leben. Ihr Kleinwagen scherte für einen Überholvorgang auf der Autobahn auf die linke Spur aus, wurde dort von einem wesentlich schnelleren Auto erfasst, kam nach rechts von der Autobahn ab und überschlug sich, wobei der Vorderteil des Wagens praktisch vollständig zerstört wurde.

Die Polizei ging bereits kurz nach dem Unfall davon aus, dass Gsellas Schwester den rückwärtigen Verkehr nicht ausreichend beachtet hatte, was später auch gerichtlich so festgestellt wurde.

Der Autor macht seitdem allerdings das fehlende Tempolimit, die Autoindustrie und die Politik für den Tod seiner Angehörigen verantwortlich, weil diese vielleicht noch leben könnten, wenn der Geschwindigkeitsunterschied zwischen beiden Fahrzeugen nicht so hoch gewesen wäre. Niemand kann Gsella seinen Schmerz nehmen oder die Berechtigung seiner Position absprechen. Selbstverständlich sollte diese auch medialen Raum erhalten. Allerdings verbindet er sie mit irrationalen Hasstiraden auf alle, die anderer Meinung sind:

Fuß vom Gas

„Doch auf der linken Spur dahinrasende, drängelnde, hupende und lichthupende Horden ziviler Rennwagen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel, und in der Regel sind es junge dumme Männer mit der moralischen Intelligenz eines Kieselsteins, die aufs Leben, das ihnen blüht, pfeifen und aus Verzweiflung, die sie als Mut missdeuten, auch alle anderen mit jenem Tod bedrohen, dem sie johlend entgegenrasen. Dass diese Horden gerne auf der ganzen Welt so rasen würden, mag sein; dass sie es in Deutschland dürfen, ist ein Skandal.“

Ob die „Zeit“ solche Einlassungen eines traumatisierten Kronzeugen auch in anderen Unfall- oder Kriminalitätsbereichen abdrucken würde? Ein Angehöriger eines Mordopfers, der die Gruppe, aus der die Täter seiner Meinung nach stammen, pauschal als „Horde dummer junger Männer“ bezeichnet, die „alle anderen (sic!) mit dem Tod bedrohen“? Man möchte es nicht hoffen.

So wie bei Ulf Poschardt Befürworter*innen des Tempolimits zu kleingeistigen, armseligen Freiheitsfeinden mutieren, stempelt Gsella die Mehrheit der Gegner*innen zu Horden von Totschläger*innen in spe. So vergiftet man jeden öffentlichen Diskurs. Die Folgen solchen Schreibens kann ich jedenfalls in meiner (eher linkslastigen) Timeline auf Facebook und anderswo sehen: Einer verlinkte den „Zeit“-Artikel und schrieb gleich dazu, wer gegen das Tempolimit sei, solle ihn bitte entfreunden. „Vollgas-Fetischisten“ oder „Politik für Typen mit dicken Karren und kleinen Pimmeln – zum Kotzen“ sind noch vergleichsweise freundliche Einlassungen.

Warum pragmatisch, wenn es ideologisch geht?

Auch in der „Welt“ erschien einer der unaufgeregtesten Artikel zum Thema – bezeichnenderweise von einer Politikerin geschrieben: Anke Rehlinger, SPD-Landeschefin und Verkehrsministerin im Saarland und derzeit Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz.

Sie kritisiert unter anderem ein viel geteiltes ZDF-Interview von Thomas Walde mit ihrer Parteifreundin, Bundesumweltministerin Svenja Schulze:
 

Während Walde stolz darauf ist, wieder und wieder nach dem Tempolimit gefragt zu haben, bemerkt Rehlinger, „mit welcher Inbrunst sich die verkehrspolitische Debatte auf diesen eher kleinen Teilaspekt verengt hat“.

Obwohl die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission ihre Empfehlungen für die gesamte Verkehrspolitik noch gar nicht vorgelegt habe, werde eine „toxische Debatte“ geführt, bei der alle Seiten sich nur noch auf ideologische Positionen einschwörten.

Und in der Tat geht im Social-Media-Spott gegen Ministerin Schulze völlig unter, dass es das Wesen einer Koalition ist, dass die SPD nicht einfach ihre Parteitagsbeschlüsse zur Regierungspolitik machen kann. Es wäre eine mediale Kernaufgabe – zumal für öffentlich-rechtliche Sender – daran zu erinnern, dass Demokratie von Kompromissen lebt.

Rehlinger macht darauf aufmerksam, wie unproduktiv derart polarisierende Debatten sind, bei denen sich die Bevölkerung laut Umfragen in zwei ungefähr gleich große Gruppen teilt. Journalist*innen täten gut daran, sich diesen Hinweis zu Herzen zu nehmen, anstatt die jeweils andere Hälfte der Bevölkerung wahlweise zu Freiheitsfeinden oder zu gemeingefährlichen Irren zu erklären.

60 Kommentare

  1. Danke für die Aufklärung zu dem Abschnitt der BAB24!
    Interessant in dem Zusammenhang, dass just heute früh einer der Autoren der „zitierten“ Unfallstudie für diesen Abschnitt im rbb zu hören war und weder auf die Zweispurigkeit, noch auf den allgemeinen Trend im Unfallgeschehen verwies.
    Allerdings ließe er sich auch vom Moderator nicht zu der Aussage „Limit – und alles ist gut!“ überreden.

  2. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Beim Niggemeier „himself“ hin und wieder und beim einen oder anderen Gastautor. Danke. Herr Reisin.

  3. Zu dem Artikel von Thomas Gsella schreiben Sie, er „stempelt […] die Mehrheit der Gegner*innen zu Horden von Totschläger*innen in spe“.

    Das ist falsch. Gsella schreibt (Sie zitieren das doch selbst) „Doch auf der linken Spur dahinrasende, drängelnde, hupende und lichthupende Horden ziviler Rennwagen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel, und in der Regel sind es junge dumme Männer mit der moralischen Intelligenz eines Kieselsteins, […]“

    Ihre Bemerkung würde nur dann Sinn ergeben, wenn die Mehrheit der Gegner*innen eines Tempolimits „auf der linken Spur dahinrasende, drängelnde, hupende und lichthupende Horden ziviler Rennwagen“ betreiben würden. Das behauptet Gesella wiederum nicht. Und solchen Fahrer*innen kann man durchaus mangelnde Intelligenz und Moral vorwerfen, wie Gsella das tut. Ist schon teilweise irre, was sich da abspielt.

    Ansonsten danke für den ansonsten recht erhellenden Artikel.

  4. Im vierten Absatz hätten mir die »Wildwechsel*innen« noch gut gefallen. Ansonsten danke für die Erleuchtung. Jetzt verfolge ich die Debatte noch unaufgeregter als sonst – egal, wer da gerade kräht.

    Ich bin aus völlig egoistischen Gründen für ein Tempolimit. Mein Bulli läuft eh nur 150, und ich habe nach 40 Jahren Autobahn einfach keinen Bock mehr, vor jedem Überholen abzuwägen, mit wievielhundert der LED-Christbaum dahinten angebrettert kommt.

  5. (ich entschldige mich für den vorschnell verschickten Kommentar #4, wo nicht mal der Nickname stimmt)

    Und noch etwas: Wie alle wissen, ist die Debatte um das allgemeine Tempolimit extrem emotional aufgeladen. Umso enttäuschender finde ich es, wenn Politiker*innen einfach zu feige sind, ihre eigene Meinung zu sagen, wenn sie es sich dadurch mit den Tempolimitgegnern verscherzen könnten. Und daher halte ich das Walde-Schulze-Interview schon für interessant. Es ging doch gar nicht um die Frage, wie das Thema in der Koalition entschieden werden soll, sondern um Ministerin Schulzes persönliche Meinung. Verkehrsminister Scheuer hatte seine ja sehr schnell in die Luft geblasen. Schulzes Meinungsverweigerung passt da gut in das desolate Bild, das die SPD zurzeit abgibt.

    Ich habe übrigens (frage bitte keiner nach den Gründen) eine große Sammlung alter Autozeitschriften zuhause. Es gab ja schon früher ähnliche Debatten. Einführung eines Tempolimits in Ortschaften 1957, Einführung von Tempo 100 auf Landstraßen 1972, Einführung der Gurtpflicht, Verpflichtung zum Einbau von Abgaskatalysatoren. Es ist faszinierend, heutzutage die Leserbriefe von damals zu lesen. Die gleiche ungeheuerliche Empörung, die gleichen Quatschargumente, die gleichen Entgleisungen (früher auch gerne mit Nazivergleichen). Allzu viel geändert hat sich da interessanterweise nicht.

  6. „Und in der Tat geht im Social-Media-Spott gegen Ministerin Schulze völlig unter, dass es das Wesen einer Koalition ist, dass die SPD nicht einfach ihre Parteitagsbeschlüsse zur Regierungspolitik machen kann. Es wäre eine mediale Kernaufgabe – zumal für öffentlich-rechtliche Sender – daran zu erinnern, dass Demokratie von Kompromissen lebt.“

    Stimmt schon ein bisschen, aber ist das allein Aufgabe der Medien? Unsere Ministerin hatte doch auch Gelegenheit, genau das zu sagen, statt wortreich herumzulavieren. Bei mir hätte sie Sympathiepunkte gewonnen, wenn sie genau das ausgesprochen hätte.

  7. >Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, Tiere …

    Du hast die Tiere nicht gegendert, du anthropozentrischer Shitlord.

  8. 1) „Eine der Hauptunfallursachen auf Autobahnen ist zu schnelles Fahren. Im Jahr 2017 war mehr als ein Drittel (7 194) der Autobahnunfälle darauf zurückzuführen, dass mindestens eine beteiligte Person die Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte oder für die Straßen- oder Witterungsverhältnisse zu schnell fuhr.“ (Statistisches Bundesamt)

    Klar kann man auch bei einem Tempolimit zu schnell fahren (Witterung) oder halt einfach das Limit ignorieren. Aber dass wir mit Blick auf unsere Nachbarländer (mit weitem Abstand) die höchste Zahl tödlicher Unfälle auf Autobahnen haben, hat m.E. nicht viel mit der Sicherheit von Fahrzeugen zu tun.
    Es gibt zudem noch eine psychologische Komponente. Die Deutschen sind es gewohnt, auf Autobahnen schnell fahren zu können. Das wirkt sich auch auf die Streckenabschnitte mit Tempolimits aus. Hier wird nicht selten gerne gerast, wird gedrängelt. Auch deswegen, weil der Verfolgungsdruck – anders als etwa in den Niederlanden oder in der Schweiz – viel niedriger ist.

    2) Beim Artikel auf SPON geht es in der Tat „unter anderem“ um den Abschnitt auf der A24. Außerdem geht es dort um die A4 zwischen Kerpen und Aachen, und die ist an der Stelle in jeder Richtung dreispurig. Dort hat sich das Tempolimit ohne Zweifel sehr positiv ausgewirkt.

  9. @Stefan Pannor:
    Auch, wenn ich es nicht besonders freundlich finde, gleich zwei negative Assoziationen zu unterstellen, ja, die gibt es. Zunächst einmal finde ich Fakten in Zeiten wie diesen sehr wichtig und kein Gehuber. Zweitens ist die mediale Darstellung dieses Unfalls bis ins kleinste Detail längst erfolgt – und zwar in weiten Teilen durch Thomas Gsella selbst. Er hat mehrere Artikel dazu veröffentlicht – und an einer langen NDR-Doku über „Raser“ mitgewirkt, in der Bilder vom Unfallort, sowie das Gutachten ausführlich gezeigt und zitiert werden.

    Ich habe bewusst darauf verzichtet, Bilder des Unfallfahrzeugs o.ä. zu verlinken, man findet sie aber mit einer einfachen Google-Suche. Die von mir beschriebenen Details dienen schlicht der Nachvollziehbarkeit von Gsellas Argumentation – und dem was ich daran fragwürdig finde. Mit Voyeurismus hat das nichts zu tun.

    @Ingo S.: Das lese und sehe ich anders. Gsella polemisiert gegen die, die er „Raser“ nennt. Damit sind imho aber alle gemeint, die schneller als 130km/h fahren wollen, mithin auch die Mehrheit der Gegner*innen eines Tempolimits. Zwar konstatiert er, dass es Menschen gibt, „die trotz ihrer übertriebenen Geschwindigkeit defensiv und vorausschauend zu fahren und also Rücksicht zu nehmen versuchen auf ihr und anderer Leben“. Doch der Rest ist eben die Regel und nicht die Ausnahme, aka die Mehrheit.

    Da Gsella seine Polemik seit 2015 fortwährend in Variationen wiederholt, glaube ich nicht, dass er den höflichen Austausch von Argumenten mit Gegnern des Tempolimits sucht, sondern dass er sie von ein paar Ausnahmen, die er einräumt abgesehen, für das hält, was er schreibt. So zitiert im selben Artikel Zuschriften von Gegnern, die ebenfalls alle in die entsprechenden Schubladen einsortiert werden: Sie werden u.a. als „herz- und hirnlose Raser“ bezeichnet, die „nichts wissen“, nicht „nachdenken“ und nicht „nachlesen“.

    Über den ehemaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann heißt es, „diese Verantwortung hat Namen und Anschrift“, Wissmann sei ein „Beispiel für seinesgleichen“. Conclusio: „Das Blut, das an diesen Autos klebt, sollte man der Industrie und ihren gestopften Lobbyisten ins Essen tun.“ Beim besten Willen: Hier ist der Wille, sich mit den Argumenten der anderen Seite zu beschäftigen, längst über Bord gegangen. Das sind Freund-Feind-Unterscheidungen.

    @ALEXANDER VON BEYME: D’accord. Besonders geschickt angestellt hat sie sich nicht. Aber ich habe schon zahlreiche Interviews gesehen, wo genau darauf verwiesen wurde – und die Journalist*innen trotzdem repititv dieselbe Frage gestellt haben. Es ist aus meiner Sicht ein falsches Verständnis von Hartnäckigkeit, aber darüber kann man streiten. Svenja Schulze hat ihre Sicht der Dinge ja dann in einem Facebook-Post geäußert. Und der „Welt“-Artikel stammt, nota bene, von einer Parteifreundin.
    https://www.facebook.com/svenja.schulze/posts/10156363094502029

  10. Es ging doch gar nicht um die Frage, wie das Thema in der Koalition entschieden werden soll, sondern um Ministerin Schulzes persönliche Meinung.

    Nein, es ging doch schon eindeutig um die Meinung der Ministerin Schulze, nicht die der Privatperson Schulze.
    Ich begrüße es prinzipiell auch, wenn Politiker sich klar positionieren; aber vielleicht ist es der Sache manchmal zuträglicher, wenn erst mal innerhalb der Partei oder Regierung eine tragbare Position gefunden und dann auch kommuniziert wird. Das Gegenbeispiel hat der ehrenwerte Herr Verkehrsminister ja bereits abgeliefert, hilfreich war das nun wirklich nicht.

  11. Ist das nicht immer so?
    1.) zu einer Frage eine Meinung haben.
    2.) merken, dass die nicht flächendeckend geteilt wird.
    3.) versuchen, diese mit Argumenten zu stützen.
    4.) merken, dass das nicht klappt wie erhofft.
    5.) mit Moral statt Argumenten kommen.

  12. Ich stimme der Grundaussage des Textes zu, dass die Debatte weniger aufgeregt geführt werden sollte und auf beiden Seiten unnötig zugespitzt wird. Aber auch Reisins Text ist selbst ein Beispiel dafür, wie eine bestimmte Haltung zu Ungenauigkeiten oder kleinen Manipulationen führt: Die wesentliche Kritik an Svenja Schulze in den Sozialen Medien bezog sich darauf, dass sie sich trotz mehrfacher Frage nicht imstande sah, eine Position zu einem Tempolimit zu formulieren – trotz Parteitagsbeschluss. Dass die SPD nicht in der Lage wäre, dieses Tempolimit in der Koalition durchzusetzen, war gar nicht das Thema.

  13. @ Stefan Pannor, 1:

    Würde Folgendes vermuten:

    Es sollte aufgezeigt werden, dass (womöglich) zwar das fehlende Tempolimit tatsächlich eine notwendige Bedingung für den tragischen Unfall war, dass aber andererseits (und mit Sicherheit) auch ein fehlerhaftes Fahrverhalten von Gsellas Schwester eine notwendige Bedingung für den Unfall darstellte.
    Diese Situation ist komplexer und ambivalenter als eine hypothetische derart, in der das fehlende Tempolimit ebenfalls eine (womöglich) notwendige Bedingung für den Unfall war, in der Gsellas Schwester jedoch keinen erheblichen Fehler gemacht hätte.

    Vermutlich soll durch diese Ausführungen folgender Gedanke plausibel gemacht werden: Gsellas Perspektive ist einerseits verständlich und nicht falsch, aber vielleicht doch auch etwas einseitig. (Meine subjektive Interpretation der Intention des Autors.)

  14. @ Theo, 9:

    „Beim Artikel auf SPON geht es in der Tat „unter anderem“ um den Abschnitt auf der A24.“

    Man kann aber ja ein einzelnes Argument eines Artikels (eventuell beispielhaft) kritisieren, ohne damit zu implizieren, dass dies das einzige Argument des Artikels wäre.

    „Dort hat sich das Tempolimit ohne Zweifel sehr positiv ausgewirkt.“

    Mag sein, aber woher wissen Sie das? Nahm die Unfallquote durch die Umstellung dort in einer Weise ab, die statistisch nicht ohnehin auch ohne Tempolimit zu erwarten gewesen wäre? (Ich weiß es nicht – ich möchte nur dem Autor zustimmen, dass man einen möglichen Rückgang von Unfällen auf Strecken, auf denen ein Tempolimit eingeführt wurde, mit dem Rückgang von Unfällen auf Strecke, wo kein Tempolimit eingeführt wurde, vergleichen muss, um den möglichen Effekt des Tempolimits zu bestimmen.)

    @ Wonko, 11:

    „Ich begrüße es prinzipiell auch, wenn Politiker sich klar positionieren; aber vielleicht ist es der Sache manchmal zuträglicher, wenn erst mal innerhalb der Partei oder Regierung eine tragbare Position gefunden und dann auch kommuniziert wird.“

    Es kommt noch etwas hinzu: Man muss auch nicht zu jedem komplexen Thema, bei dem man vielleicht (erst mal) Laie ist, gleich eine starke Meinung haben – auch nicht als Politiker. Das Ideal wäre ja, dass man sich sorgfältig seine Meinung bildet, was eventuell auch heißen kann, dass man die Ergebnisse von (hoffentlich gut gemachten) wissenschaftlichen Untersuchungen abwartet und sich (kritisch) mit ihnen beschäftigt, bevor man sich festlegt.

  15. vielleicht erinnert sich noch jemand daran, dass es mal in Hessen eine erste rot-grüne Landesregierung gab, die ein Tempolimit auf den Autobahnen durchsetzen konnte. In der Folge sanken Unfallzahlen und Unfallopferzahlen. Ich glaube auch, dass festgestellt wurde, dass der Verkehr flüssiger lief und es weniger Staus gab. Nachdem Rot-Grün durch Schwarz-Gelb abgelöst wurde, wurde das Tempolimit wieder aufgehoben, was zur Folge hatte, dass Unfall- und Unfallopferzahlen wieder nach oben gingen. Leider finde ich im Netz nichts mehr dazu.

    Wenn sich aber ein Verkehrsminister heute noch hinstellt und entgegen klarer Zahlen und der bestehenden Tempolimits fast allen anderen Ländern behauptet, ein generelles Tempolimit sei gegen den gesunden Menschenverstand, kann man davon ausgehen, dass das Gegenteil richtig ist. Wer so argumentiert, hat sonst keine Argumente und ist nurmehr ein Ignorant.

    Dass eine Herabsetzung des zulässigen Höchsttempos und damit der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen den Verkehrsteilnehmern eine Herabsetzung des Unfallrisikos bewirkt, sollte man einem Menschen, der halbwegs bei Verstand ist, eigentlich nicht mehr erklären müssen. Verkehrspsychologen und Unfallforscher haben dazu bereits vor Jahren entsprechende Untersuchungen vorgelegt. Mit der Zeit stellt sich auch entspannteres Fahren ein, da das Aggressionspotenzial geringer wird. Ich genieße es jedenfalls auf z. B. Schweizer Autobahnen unterwegs zu sein. Kaum überquert man aber die Grenze zu Deutschland nehmen Geschwindigkeit und Aggressivität zu.

    Warum man immer in Deutschland ein derartig überflüssiges und hysterisches Gewese um ein Tempolimit machen muss, erschließt sich mir jedenfalls nicht und kann ich mir allenfalls mit psychisch bedingten Befindlichkeiten emotional aufgedrehter Automobilfetischisten erklären. Schließlich werden bei kaum einer Werbung so sehr emotionale Schalter beim Konsumenten betätigt, wie bei der Automobilwerbung. Und die Werbeindustrie weiß genau, warum sie das so machen kann.

    Das sage ich als deutscher Autofahrer und im Umfeld der Werbeindustrie Tätiger.

  16. Gibt es sinnvolle Argumente gegen ein Tempolimit?
    Also jensetits von gekränkten Befindlichkeiten und der vermeintlichen Abschaffung jedweder Selbstbestimmung meine ich. Irgendwas mit Zahlen?
    Selbst wenn es stimmt, dass es nicht weniger Unfalltote durch das Tempolimit gibt (was fraglich ist) wäre das ja kein Argument gegen ein Tempolimit.

  17. Okay, einige Medien sind mal wieder unnötig hysterisch. Geschenkt.

    Mir ist aber nicht so ganz klar, weshalb so getan wird, als stünden sich hier zwei gleichwertige Positionen gegenüber.

    – Die Unfallfolgen sind bei höherer Geschwindigkeit auch dramatisch schlimmer.
    – Unangepasste/überhöhte Geschwindigkeit ist häufig die Ursache für Unfälle.
    – Bei hoher Geschwindigkeit steigt der Kraftstoffverbrauch und gleichzeitig auch der Schadstoffausstoß. (Anekdote: Ich bin mal mit einem 300PS Golf unter Vollgas knapp 100 Kilometer von Hamburg nach Kiel gefahren. War geil und hat Spaß gemacht, aber in Kiel angekommen war annähernd der halbe Tank leer. Nach 100 Kilometern!)

    Und auf der anderen Seite: Irgendeine subjektive „Freiheit“ wird vermeintlich eingeschränkt und ohne irgendeinen Beleg wird behauptet, ein Tempolimit würde der Automobilindustrie schaden. Anknüpfend an anderer Max: Wo sind die sinnvollen Argumente gegen ein Tempolimit?

  18. @LLL

    „Nahm die Unfallquote durch die Umstellung dort in einer Weise ab, die statistisch nicht ohnehin auch ohne Tempolimit zu erwarten gewesen wäre?“

    Laut Unfallkommission (Bezirksregierung Köln, Polizei, Straßen.NRW): ja.

  19. Sinnvolles Argument gegen Tempolimit? Dass man schneller von A nach B kommt?
    Wiegt meines Erachtens die genannten Gründe dafür hinsichtlich Sicherheit und Ressourcenverbrauch nicht auf.

  20. @dermax

    Das ist ein Trugschluss. Durch die höhere Geschwindigkeit steigt der Kraftstoffverbrauch und man ist dadurch gezwungen häufiger an der Tankstelle anzuhalten.
    Der Streckenvorteil, den man meint durch eine höhere Geschwindigkeit erzielen zu können, ist tatsächlich relativ klein.

  21. @Gunnar et.al.:
    Das ist aus meiner Sicht aber nicht der Kern dieser Debatte. Natürlich kann man nach Abwägung aller Fakten sehr wohl zu der Erkenntnis gelangen, dass ein Tempolimit sehr sinnvoll wäre. Bei den Umweltaspekten sind die Argumente dafür imho noch eindeutiger als bei den Unfällen.

    Das Problem ist, dass man mit derselben Argumentation sofort Alkohol verbieten müsste, denn die Folgen im Hinblick auf Unfälle, Verletzte und Verkehrstote (jenseits des ohnehin vorhandenen individuellen Gesundheitsrisikos durch den Konsum) sind eklatant. 259 Verkehrstote gingen 2017 auf das Konto von Unfällen unter dem Einfluss berauschender Mittel – zu 91,5 Prozent Alkohol. Dagegen gingen 2017 „nur“ 181 Tote auf der Autobahn auf das Konto überhöhter Geschwindigkeit, wobei unklar ist, wie diese sich auf Abschnitte mit und ohne Tempolimit verteilen – mit Sicherheit jedenfalls geschahen nicht alle diese Unfälle auf Abschnitten ohne Tempolimit.

    Es sind also wesentlich mehr Todesopfer durch Alkohol zu beklagen, als mit einer Einführung eines Tempolimits zu retten wären. Ihr Argument paraphrasierend: Es gibt aus verkehrspolitischer Sicht keinen vernünftigen Grund, Alkoholkonsum bei der autofahrenden Bevölkerung zuzulassen.

    Worauf ich hinaus will: Es ist nun einmal fast die Hälfte der Bevölkerung gegen ein Tempolimit. Es ist das Wesen der Demokratie, diese Menschen zu überzeugen, selbst wenn und gerade dann, wenn sie unvernünftig sein mögen. Ob die Argumente beider Positionen rational betrachtet gleichrangig sind, war daher nicht mein Thema (ich denke auch, hier sind die Befürworter im Nachteil). Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es (zumal in diesen Zeiten) nicht hilfreich ist, der ohnehin vorhandenen Polarisierung medial noch eine oben drauf zu setzen.

    Ganz pragmatisch glaube ich ja, man könnte eine große Mehrheit der Bevölkerung hinter einem Tempolimit vereinen, das höher liegt. Viele Menschen haben sich nun einmal daran gewöhnt, schneller als 130Km/h zu fahren. Warum fängt man nicht erst einmal mit 180km/h oder 150km/h an? Damit würde man die gefährlichsten Spitzenwerte, also Leute, die 250 km/h oder 300 km/h fahren, auf die Rennstrecke verbannen, aber nicht jede*r, der mit 180km/h geblitzt würde, wäre sofort den Führersein los. In einigen Jahren würde einer weiteren Absenkung dann vermutlich wesentlich weniger Widerstand entgegen schlagen. Nur so ein Gedanke.

  22. #10:

    „Zweitens ist die mediale Darstellung dieses Unfalls bis ins kleinste Detail längst erfolgt – und zwar in weiten Teilen durch Thomas Gsella selbst. Er hat mehrere Artikel dazu veröffentlicht – und an einer langen NDR-Doku über „Raser“ mitgewirkt, in der Bilder vom Unfallort, sowie das Gutachten ausführlich gezeigt und zitiert werden. “

    Und? Man muss ja offenbar nicht allem folgen, was Gsella macht – warum dem hier? Diese Detailhaftigkeit ist in diesem Kontext voyeuristisch und auch nicht zum Verständnis des Folgenden nötig.

    #22:

    „Das Problem ist, dass man mit derselben Argumentation sofort Alkohol verbieten müsste“

    Das ist Whataboutismus, dein Argument lautet: man kann nicht das eine Richtige tun, ohne auch das andere Richtige zu tun, und weil man das andere nicht tun wird, braucht man auch das eine nicht zu tun.

    Ja, richtig: es gäbe eine Vielzahl ethisch vernünftiger Entscheidungen neben dem Tempolimit, die man auch treffen könnte, aber eine richtige Entscheidung negiert nicht eine andere richtige Entscheidung. Tu quoque/ Whataboutismus („Was ist mit den Alkoholtoten?“) ist keine vernünftig tragbare Argumentstruktur, du diskreditierst deine Argumente durch ihre Anwendung selbst.

    Ansonsten: ich wäre ja dafür, Autos zu bauen, die sich bei mittelschweren Anremplern in ihre Einzelteile zerlegen. Dann würden nämlich viele Menschen wesentlich vorsichtiger fahren, als sie es jetzt tun in ihren Karren, bei denen sie wissen, dass im Zweifelsfall eher den anderen etwas passiert als einem selbst. Das Grundproblem ist nicht so sehr das Tempo (obwohl ich das auch kritisch sehe), sondern ein auch durch zunehmende technische Verbesserung induzierter Sicherheitsglaube, der zu mehr Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr führt: „Mir passiert ja nix.“ Sag ich mal als Radfahrer, der das täglich von außen wahrnehmen muss.

  23. #22 @Andrej Reisin
    Alkohol ist schon längst verboten – zumindest am Steuer. Dass manche dieses Verbot missachten ist, gemessen an der beträchtlichen Zahl der Unfälle & Todesopfer, mehr als bedauerlich.
    Ein generelles Tempolimit würde zwar auch nicht verhindern, dass sich einige nicht daran halten, aber zumindest würde es ein gewisses Bewusstsein schaffen, dass es gefährlich sein kann, mit 250 Sachen über die Autobahn zu brettern. Genauso wie das Verbot von Alkohol am Steuer signalisiert: Mit drei großen Pils intus kannste nicht mehr gut Auto fahrn.
    Zum Glück möchte keiner Alkohol generell verbieten. Und zum Glück wollen Tempolimit-Befürworter nicht das Autofahren generell verbieten.

  24. Wie gesagt: Ich will nicht die Diskussion um das Tempolimit selbst neu führen. Es ging doch nur darum zu illustrieren, dass das Vernunft-Arguement diejenigen, die anderer Meinung sind, mit einem „Ihr seid so unvernünftige Idioten“ nicht zu überzeugen sein werden. Meines Wissens nach ist Alkohol am Steuer allerdings nicht pauschal verboten, wie hier behauptet wird, sondern mit bis zu 0,5 Promille zulässig.

  25. @Andrej Reisin

    Ich glaube, Sie haben sich da ein wenig verheddert.

    Bei Alkohol am Steuer gibt es eine Obergrenze. Und genau das Gleiche wird nun fürs Tempo gefordert. Es geht weder darum, den Alkohol komplett zu verbieten noch das Fahren auf der Autobahn.

  26. @ 27: »Meines Wissens nach ist Alkohol am Steuer allerdings nicht pauschal verboten, wie hier behauptet wird, sondern mit bis zu 0,5 Promille zulässig.«

    ja, eben: Tempo soll ja auch nicht pauschal verboten werden, sondern ab 120/130/… (einmal abgesehen vom ›what about…‹).

    Generell halte ich es – ob beim Tempolimit, beim Klima, etc. – für wenig zielführend, den Umgang mit Meinungen auf die selbe Weise zu bewerten wie den Umgang mit Fakten. Man kann gar nicht oft genug daran erinnern: Es ist eine seit den 1960er Jahren in vielen Zusammenhängen zu verfolgende und wissenschaftlich gut untersuchte Strategie von Lobbygruppen aller Art, ihren Interessen nachteilige Faktenlagen in die Balance strukturell gleichberechtiger Meinungen umzumünzen.

  27. „Wer illegale Drogen konsumiert, darf, um sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden, anschließend kein Fahrzeug mehr führen. Anders als beim Thema ‚Alkohol am Steuer‘ gilt bezüglich des Drogenkonsums deshalb eine Null-Toleranz-Politik. Wer sich derartig berauscht dennoch hinter das Lenkrad setzt, verliert seinen Führerschein, selbst wenn bei einer Kontrolle nur kleinste Mengen nachgewiesen werden können.“

    Warum gilt selbiges nicht auch für Alkoholkonsumenten? Warum wird nicht sofort mindestens eine 0-Promille-Grenze eingeführt, die von praktisch allen maßgeblichen Experten beim Verkehrstag etc. seit Langem gefordert wird? Mit reiner Vernunft ist das nicht zu erklären.

    Und nur darum ging es mir: Es war lediglich der Versuch einer Illustration, was man noch alles machen müsste, wenn es nur danach ginge, was vernünftig ist. Sie müssen *mich* nicht überzeugen, ich leiste weder medialen noch politischen Widerstand gegen ein Tempolimit.

  28. @27: wo genau steht was von „pauschal verboten“? Erstens gilt für Fahränfänger die 0,0-Grenze und zweitens sollten Sie mit 0,3 Promille möglichst keiner Polizeistreife negativ auffallen…
    Könnmer jetzt den Whataboutism beenden?

  29. @DERMAX:
    Sie können diesbzgl. gerne das letzte Wort haben. Ich habe es bereits gesagt: Ich habe nicht Sinn und Nutzen eines Tempolimits diskutiert, sondern die Polarisierung der medialen Debatte. Von daher führt die ganze „Welche vernünftigen Gründe sprechen denn gegen ein Tempolimit“-Diskussion schon weg vom Thema des Artikel und zurück zu einem Wiederaufführung der eigentlichen Diskussion. Mein Einwand dagegen ist imho kein Whataboutism. Das können Sie gerne anders sehen. Und damit steige ich aus diesem Teil der Diskussion aus.

  30. „Und nur darum ging es mir: Es war lediglich der Versuch einer Illustration, was man noch alles machen müsste, wenn es nur danach ginge, was vernünftig ist.“

    Ja, das wär schon irre: wenn man vernünftig handeln würde.

  31. Andrej Reisin:

    „Ich habe nicht Sinn und Nutzen eines Tempolimits diskutiert, sondern die Polarisierung der medialen Debatte.“

    Mit Verlaub, der äußerst hinkende Vergleich mit Alkohol ist m.E. nicht der allerbeste Versuch gewesen, die Polarisierung der Debatte zu beenden. Und das verzweifelte Festhalten an dem schiefen Vergleich auch nicht. Ebenso wenig das Herauspicken eines einzelnen SPON-Belegs, wo doch schon der zweite von SPON erwähnte Straßenabschnitt die These belegt. Da hätte man sich nämlich das Verknüpfen der Tempolimit-Statistik mit der technischen passiven Sicherheit von Autos an dieser Stelle verkneifen können – aber es passte wohl zu gut.

    Stimmt, die Polarisierung von Debatten scheint zugenommen zu haben. Aber es wird ja nicht besser, wenn man in einer Analyse dieses Phänomens dort fünfe gerade sein lässt, wo es einem gerade gut passt. Und sich dann beleidigt zurückzieht, wenn man Widerspruch erntet.

  32. Kommt irgendwie alles wieder in die Fake-News-Spur: man pickt sich die Sachen raus, die einem ins Narrativ passen (was man absichtlich tut) bzw ist nicht in der Lage Statistiken und Daten korrekt zu interpretieren, weil halt leider nicht jeder ein naturwissenschaftliches Abitur absolviert hat. Das ist das Kreuz im „Big-Data“-Zeitalter.
    Dass dann die Poschardts und Gsellas noch obendrauf auf ihre Ahnungslosigkeit reines Stammtischgeschrei setzen, sollte halt eigentlich den reifen Bürger nur dazu verleiten, diesen Herren halt zukünftig weder Geld noch Klicks zukommen zu lassen.

  33. @THEO:
    Mit Verlaub, das ist nun wirklich ein alberner Vorwurf. Gucken Sie sich den Tonfall Stefan Pannor (und einiger anderer Kommentatoren) vom ersten Kommentar an an. Und dann sagen Sie mir mal – Hand aufs Herz – ob Sie ernsthaft glauben, dass man damit irgendeinen Menschen auf der Welt von irgendetwas überzeugt. Würde ich mich „beleidigt zurückziehen“, sobald Widerspruch kommt, hätte ich schon darauf in keiner Weise antworten müssen, denn ehrlich gesagt, wenn mir jemand im real life mit dem Tonfall entgegen käme, würde ich auch nichts erwidern als „schönen Tag noch“.

    Ich bleibe dabei, dass der Alkohol-Vergleich sehr wohl dafür taugt aufzuzeigen, dass politische Entscheidungen sich nicht nur an reiner Vernunft orientieren – und dass es in Bereichen, wo es gesellschaftliche Kontroversen gibt, eben nicht ausreicht der Vernünftigere zu sein. Das kann man wie gesagt gerne anders sehen, aber nachdem hier u.a. von DERMAX (nicht von mir) der Unwillen bekundet wurde, darüber weiter zu diskutieren, habe ich konzidiert, dass das nicht zielführend ist.

    Ich kann ihn aber gerne noch ein weiteres Argument nennen, warum ich den Verweis nicht als „Whataboutism“ sehe: Weil es auch ein sehr anschauliches Beispiel dafür liefert, dass Menschen sich leider nicht immer an Verbote halten. Und deswegen glaube ich, dass man sich der Abwägung mit der Unvernunft stellen muss: Auch an ein Tempolimit werden sich bei Weitem nicht alle halten. Wie viel Prozent der schweren Unfälle sind also realistisch zu verhindern – und welchen politischen Preis zahlt man dafür? So wenig mir ein Andi Scheuer politisch nahestehen mag, so sehr muss ich doch zumindest versuchen zu verstehen, dass er nicht mit einem Thema, das unter seinen Wählern mutmaßlich auf große Ablehnung stößt, die nächsten 10 Prozent an die AfD verlieren will. Und deswegen finde ich halt eine mediale „Wir-sind-die-Vernünftigen-und-haben-Recht-während-die-Politik-von-der-Autolobby-kontrolliert-wird“-Attitüde kontraproduktiv und gefährlich.

    Der zweite SpOn-Abschnitt belegt die These i.Ü. genauso wenig. Ich habe mich nur beschränkt, um nicht noch länger zu werden. Es handelt es sich auch hier um einen besonders viel befahrenen, besonders unfallträchtigen Abschnitt der A4 zwischen Aachen und Köln. Deswegen wurde das Tempolimit ja eingeführt. Es gibt aber meines Wissens nach selbst in der CSU oder bei der „Welt“ niemanden, der ernsthaft die Freigabe der Geschwindigkeit an Unfallschwerpunkten fordert.

    Zum anderen weiß ich nicht, woher die Angabe stammt, seitdem hätten sich dort keine Unfälle mit Todesfolge ereignet. Sowohl im September als auch im Dezember 2018 ereigneten sich dort meines Wissens nach tödliche Unfälle:
    https://www.aachener-nachrichten.de/nrw-region/a4-richtung-aachen-nach-toedlichem-unfall-zeitweise-gesperrt_aid-32834877
    https://www.aachener-nachrichten.de/lokales/dueren/a4-nach-unfall-bei-merzenich-zwischen-dueren-und-elsdorf-gesperrt_aid-35333987

    Entweder die Angaben sind veraltet – oder schlicht falsch.

  34. @36: wo steht eigentlich nochmal geschrieben, was sowohl bei Tempolimit als auch Alkoholgrenze die „vernünftige“ Lösung ist? Da gibts kein Schwarz-weiss, sondern Argumente pro und contra, bei Beidem.
    Ich hab ja sogar eins gegen das tempolimit genannt, obwohl ich dafür bin.

  35. @Andrej Reisin:

    „Ich kann ihn aber gerne noch ein weiteres Argument nennen, warum ich den Verweis nicht als „Whataboutism“ sehe: Weil es auch ein sehr anschauliches Beispiel dafür liefert, dass Menschen sich leider nicht immer an Verbote halten.“

    Sie haben zwei tödliche Unfälle auf der A4 gegoogelt. Dass in den ersten drei Jahren ab Einführung des Tempolimits dort kein einziger schwerer Unfall passiert ist, zuvor aber ohne Limit innerhalb weniger Monate neun Menschen dort starben, könnte man noch erwähnen. Haben Sie das bei Google nicht gefunden, oder wollten Sie das nicht zur Kenntnis nehmen?

    Ich kenne wirklich nicht einen einzigen Experten, der bezweifeln würde, dass das Tempolimit auf dieser Strecke sinnvoll ist. Sie versuchen es hier offenbar dennoch. Sie nehmen all die Aussagen von Polizisten und anderen Fachleuten nicht an, sondern versuchen auf etwas merkwürdige Weise, etwas widerlegen zu können. Sie hätten ja auch sagen können, okay, auf der A4 funktioniert es, aber nicht überall. Das ist natürlich dann schwierig, wenn man – IMHO etwas hochtrabend – zeitgleich andere Journalisten wie die von SPON belehren will, falsche Schlüsse gezogen zu haben.

    Es ist jetzt nicht so, dass mich das als Beispiel gelungener medialer Debatten-Kultur überzeugt.

    Richtig: man kann darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, nur an Unfallschwerpunkten ein Tempolimit einzuführen. Nur haben die Experten vor Ort an der A 4 zwei Punkte ausgemacht, die gefährlich sind: a) die Strecke ist relativ gerade und b) der Geschwindigkeitsunterschied Pkw / Lkw ist zu hoch.

    Den zweiten Punkt kann man gar nicht wichtig genug nehmen, und eigentlich dürfte das jeder kennen, der auf der Autobahn unterwegs ist. Lkw will Lkw überholen, schert mit unter 100 km/h langsam aus, Pkw mittlere Spur wechselt mit 110-120 km/h hinüber auf linke Spur. Wenn dann von hinten einer mit 200 und mehr Sachen angerauscht kommt und einer der beiden Pkw-Fahrer nicht aufpasst, rummst es ordentlich. Wenn Sie mir ein Tageshonorar spendieren, lasse ich für Sie mal eine endlos wirkende Sammlung solcher Unfälle aus der Datenbank herausfischen.

    Aber kommen wir zum zentralen Punkt Ihrer Logik. Wollen Sie ernsthaft sagen, dass Tempolimits sinnlos seien, weil sich einige wenige nicht daran halten?

    Lassen Sie mich einen Vergleich ziehen: obwohl man Mord oder Körperverletzungen bestraft, wird es Opfer geben. Stellen wir deswegen das geltende Recht infrage? Vermutlich könnte man dann auch das allgemeine Tragen von Schusswaffen legitimieren – denn es ist ja nur ein sehr kleiner Teil der Menschen, der abdrückt.

    Dann fragen Sie danach, ob sich ein Tempolimit lohnen würde. Tja. Die staatliche Abwehr von Terror kostet sehr viel, vermutlich werden dadurch keine 500 potenziellen Opfer gerettet. Stellen wir uns die Frage, ob sich das lohnt?

    Dass Minister Scheuer seinen Amtseid dahingehend interpretiert, dass Wählerstimmen das Wichtigste seien, ist seine Sache. Muss ich als Bürger aber nicht gutheißen. Warum nun Scheuer mit Blick auf mögliche AfD-Stimmenzuwächse als Nicht-Lobbyist der Autoindustrie zu gelten hat – diese Logik erschließt sich mir leider auch nicht. Denn warum soll das Eine das Andere ausschließen? Und warum diese Argumentation gar „gefährlich“ sein soll, wüsste ich auch gern.

  36. 36, Andrej:

    „Mit Verlaub, das ist nun wirklich ein alberner Vorwurf. Gucken Sie sich den Tonfall Stefan Pannor (und einiger anderer Kommentatoren) vom ersten Kommentar an an.“

    Tonfälle kann man nicht gucken, aber falls meiner irgendwie ungenehm aussah, war das nicht so gemeint. Ich habe meinen Eindruck geschildert, dahinter steckte keinerlei Gehässigkeit, nicht gefühlt und nicht impliziert.

  37. @ Anderer Max, 17:

    „Gibt es sinnvolle Argumente gegen ein Tempolimit?
    Also jensetits von gekränkten Befindlichkeiten und der vermeintlichen Abschaffung jedweder Selbstbestimmung meine ich. Irgendwas mit Zahlen?
    Selbst wenn es stimmt, dass es nicht weniger Unfalltote durch das Tempolimit gibt (was fraglich ist) wäre das ja kein Argument gegen ein Tempolimit.“

    Normalerweise geht man davon aus, dass in einem freiheitlichen Land nicht das Fehlen von strafvewehrten Reglementierungen rechtfertigungsbedürftig ist, sondern dass gesetzliche Verbote einer Rechtfertigung bedürfen.

    Wenn Sie sich auf die Hände stellen und dabei johlen wollen, dann können Sie das tun, und niemand wird es ihnen verbieten, so lange sich nicht überzeugend darlegen lässt, dass beispielsweise die öffentliche Sicherheit oder die Ruhe ihrer Nachbarn ein entsprechendes Verbot erfordert (oder dass andere gute Gründe für ein Verbot bestehen).
    Ob Sie gute Argumente dafür haben, dass Sie johlend Handstände machen wollen, ist dabei irrelevant. Es gehört zur allgemeinen Freiheit, dass Sie tun und lassen können, worauf immer Sie gerade Lust haben – außer wenn nach Auffassung des Staates besondere Gründe im konkreten Fall eine Einschränkung ihrer Freiheit notwendig machen.

    Würde man Menschen ohne überzeugenden Grund etwas verbieten, dann würde man ihnen nicht „jede Selbstbestimmung“ nehmen – aber man würde ohne angemessenen Grund in ihr Selbstbestimmungsrecht eingreifen.

    @ Theo, 19:

    „Laut Unfallkommission (Bezirksregierung Köln, Polizei, Straßen.NRW): ja.“

    Gibt es da Quellen?

  38. Im Hinweis auf die Alkohol-Problematik sehe ich nicht zwingend einen „Whataboutism“ oder ein „Tu quoque“.
    Solche Vorwürfe wären m.E. zutreffend, wenn der Vergleich mit dem Alkohol dazu dienen würde, entweder vom Thema „Tempolimit“ abzulenken, oder wenn man allein daraus, dass es keine Null-Promill-Grenze gibt, schleißen würde, dass es auch kein Tempolimit geben solle.

    Man kann aber den Vergleich mit dem Alkohol auch ziehen, um diejenigen, die Tempolimits, aber kein striktes Alkoholverbot fordern, auf ihre (vermeintliche) Inkonsequenz hinzuweisen und von ihnen zugleich mehr Konsequenz einfzufordern. Von einem rationalen Wesen kann man schließlich eine gewisse logische Konsistenz seiner Positionen und Argumente erwarten.

    Das Argument in Richtung derjenigen, die sich über die Gegner eines Tempolimits empören, könnte man dann etwa so paraphrasieren:

    „Entweder solltet ihr auch strikt für eine Null-Prozent-Grenze sein und alle Leute, die das anders sehen, heftig kritisieren. Oder aber ihr solltet euch überlegen, ob eure heftige Kritik an den Gegnern eines Tempolimts nicht übertrieben oder jedenfalls inkonsequet ist.“

  39. Was lernt man aus dieser Kommentarspalte? Selbst unter einem Artikel, der dafür plädiert, eine Thematik weniger emotional aufgeheizt zu diskutieren, werden erneut die Keulen ausgepackt. Zwar verzichten beide Seiten löblicherweise auf gegenseitige Beleidigungen, jedoch zeichnen sich zahlreiche Beiträge einmal mehr durch einen auffällig abschätzigen Unterton und die gewollte Missinterpretation eigene Meinungen nicht vollständig widerspiegelnder Wortmeldungen aus. Eine Tendenz, welche sich bedauerlicherweise mittlerweile bei nahezu jeder Social-Media-Diskussion erkennen lässt.

    Ist dies wirklich das Niveau, auf dem wir zukünftig um Kompromisse ringen wollen, oder geht es letzten Endes nur noch darum, der Gegenseite die gesammelten Argumente ohne Rücksicht auf Verluste sowie das Bemühen um eigenen Erkenntnisgewinn um die Ohren hauen zu können und, koste es was es wolle, das finale Wort zu behalten?

  40. @LLL, #41

    Warum eigentlich wird so gern von den Leuten ein Mehr an Konsequenz eingefordert, die sich für Mitmenschen und Umwelt einsetzen? Diese Masche „Du bist für Umweltschutz – dann darfst du auch kein Auto haben/nie eine Plastiktüte verwenden/nur in Bioläden einkaufen“ ist doch recht durchsichtig, finde ich.

    Es entbindet ja konsequent all jene von gesellschaftlicher Verantwortung, denen Mitmenschen und Umwelt weniger wichtig sind.

    Anders formuliert:
    – wer gegen ein Tempolimit ist, muss auch nichts gegen Alkohol haben;
    – wem der Klimawandel egal ist, der muss sich nicht wegen seiner vielen Urlaubsflüge und seinen zwei SUVs rechtfertigen;
    – wer sowieso gegen Migration ist, dem kann es egal sein, ob im Mittelmeer Leute ertrinken.

    Auch den Punkt sollte Andrej Reisin vielleicht nochmals überdenken.

  41. @Theo, #38

    Bei allem nôtigen Respekt, Sie tun Herrn Reisin unrecht. Er hat hier schon dargelegt, dass er auch für Tempolimits ist. Da erscheint es unnötig, seine Aussagen so zu deuten, als wolle er die Nichteinführung von Tempolimits vorantreiben.
    Er argumentierte im Kommentar #36 mit seinen Unfallbeispielen nicht gegen Tempolimits an Abschnitten mit hoher Unfallgefahr, sondern gegen die Zuspitzung „keine Unfalltoten mehr“.
    Und sein Zweig mit denen, die sich nicht an Grenzwerte halten, sollte nicht aussagen, dass daher Limits auch nichts bringen.

    Herr Reisin geht es doch darum, dass es nicht zielführend ist, auf Seiten der Befürworter oder Gegner seine Argumente wie Steine auf die Gegenseite zu werfen; im Für oder Gegen zu verharren. Und Medien die Einstellung nicht noch aufheizen sollten mit Artikeln, die eine Position zu Wahrheit stilisieren, die die andere Seite der Idioten/Hysteriker nicht wahrhaben will. Er plädiert für Austausch/Überzeugung im Guten, statt aus emotional aufgeheizter Stimmung oder Gewissheit der Überlegenheit der eigenen Position heraus (auch wenn er selbst Tempolimits vernünftiger findet).

  42. Man könnte auch einfach verbieten, dass Autos schneller als bspw. 150 km/h fahren können, indem die Motorleistung entsprechend gedeckelt wird. Ja, das wird der Autoindustrie insofern nicht gefallen, weil da Jahrzehnte an technischer Entwicklung in der Tonne landen, aber wer braucht schon die Steuereinnahmen aus der Autoindustrie? Achja.

    EIN Problem an der Diskussion scheint mir zu sein, dass die 130 km/h keinen Sprung in der Statistik darstellen, d.h., die Unfallhäufigkeit bei 140 km/h ist vllt. etwas höher als bei 120, aber nicht deutlich. Warum also nicht die Grenze bei 120, 140, 150 oder 147,4 km/h setzen?

  43. @THEO:
    Entschuldigung, dass ich Ihnen das in der Deutlichkeit sagen, aber Sie zitieren noch nicht mal den SpOn-Artikel, um den es hier u.a. geht, richtig:

    „Ein ähnliches Beispiel gibt es auch in Nordrhein-Westfalen, auf einem Autobahnabschnitt der A4 zwischen den Gemeinden Elsdorf und Merzenich. Dort wurde 2017 (sic!“) nach mehreren schweren Unfällen mit zahlreichen Verletzten und insgesamt neun Getöteten in den vorangegangenen drei Jahren ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde eingeführt. Nach Informationen des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) ereignete sich dort bis heute kein tödlicher Unfall mehr. “

    Sie schreiben, „Dass in den ersten drei Jahren ab Einführung des Tempolimits dort kein einziger schwerer Unfall passiert ist, zuvor aber ohne Limit innerhalb weniger Monate neun Menschen dort starben, könnte man noch erwähnen. Haben Sie das bei Google nicht gefunden, oder wollten Sie das nicht zur Kenntnis nehmen?“

    Es sind keine 3 Jahre vergangen, sondern 2017 wurde ein Tempolimit erlassen, aber die Behauptung, es habe dort seitdem keine tödlichen Unfälle mehr gegeben, ist schlicht falsch. Anstatt mir googeln vorzuwerfen, sollten Sie daher vielleicht lieber fragen, warum die Autoren nicht wenigstens gegoogelt haben – und vor allem sollten Sie nicht munter alles durcheinander schmeißen, sondern einfach mal anfangen genau zu lesen.

    Nächstes Beispiel – Sie werfen mir vor:
    „Ich kenne wirklich nicht einen einzigen Experten, der bezweifeln würde, dass das Tempolimit auf dieser Strecke sinnvoll ist. Sie versuchen es hier offenbar dennoch.“

    Was hatte ich in Wirklichkeit gesagt?
    „Es handelt es sich auch hier um einen besonders viel befahrenen, besonders unfallträchtigen Abschnitt der A4 zwischen Aachen und Köln. Deswegen wurde das Tempolimit ja eingeführt. Es gibt aber meines Wissens nach selbst in der CSU oder bei der „Welt“ niemanden, der ernsthaft die Freigabe der Geschwindigkeit an Unfallschwerpunkten fordert.“

    Anschließend kommen Sie, der mir Whataboutism vorwirft, mit Ihrer Variante um die Ecke:
    „Lassen Sie mich einen Vergleich ziehen: obwohl man Mord oder Körperverletzungen bestraft, wird es Opfer geben. Stellen wir deswegen das geltende Recht infrage?“

    Was hatte ich geschrieben?
    „Auch an ein Tempolimit werden sich bei Weitem nicht alle halten. Wie viel Prozent der schweren Unfälle sind also realistisch zu verhindern – und welchen politischen Preis zahlt man dafür? So wenig mir ein Andi Scheuer politisch nahestehen mag, so sehr muss ich doch zumindest versuchen zu verstehen, dass er nicht mit einem Thema, das unter seinen Wählern mutmaßlich auf große Ablehnung stößt, die nächsten 10 Prozent an die AfD verlieren will.“

    Ich stelle fest: Weder habe ich für eine Aufhebung des Tempolimits an irgendeinem der genannten Abschnitte plädiert, noch dafür Rechtsnormen abzuschaffen, weil sich nicht alle daran halten. Ich habe nur illustriert, warum ich das Reasoning zum Beispiel der CSU i.d. Frage nachvollziehen kann, obwohl es mir selbst fern liegt.

    Selbst, wenn Sie dies nun endgültig als beleidigten Rückzug übel nehmen, muss ich Ihnen leider sagen, dass dies in dieser Form keine zielführende Diskussion mit Ihnen ist. Ich habe keine Lust, jedes Mal Dinge richtig zu stellen, weil Sie mir das Wort im Mund herumdrehen.

  44. @ Theo, 42:

    Danke für den Hinweis. Habe einen Artikel der Aachener Nachrichten gefunden, der einen kausalen Zusammenhang zwischen Tempolimit und höherer Sicherheit zumindest nahelegt. Allerdings heißt es im gleichen Artikel auch, dass die Strecke, um die es geht, offenbar mit ungewöhnlich vielen Unfällen für einen Autobahnabschnitt einherging (was auch Herr Reisen schon angedeutet hatte). Insofern kann man wohl fragen, ob sich die Ergebnisse pauschalisieren lassen:
    https://www.aachener-nachrichten.de/nrw-region/unfallreiche-a4-von-wut-schuldzuweisungen-und-ursachensuche_aid-24479155

    „Diese Masche ‚Du bist für Umweltschutz – dann darfst du auch kein Auto haben/nie eine Plastiktüte verwenden/nur in Bioläden einkaufen‘ ist doch recht durchsichtig, finde ich.“

    Das wäre in der Tat ein fragwürdiges Argument. Darum ging es hier aber doch überhaupt nicht. Es ging darum, dass Alkohol im Straßenverkehr offenbar definitiv zu mehr schweren Unfällen führt als ein fehlendes Tempolimit – dass das fehlende Tempolimit aber dennoch zu weit mehr Empörung fehlt als das fehlende Alkoholverbot. Und dass das vielleicht nicht ganz verhältnismäßig ist.

    „– wer gegen ein Tempolimit ist, muss auch nichts gegen Alkohol haben…“

    Ne, das ist ein fehlerhafter Umkehrschluss. Jemand könnte womöglich durchaus gegen ein Tempolimit sein, aber für ein Alkoholverbot, ohne deswegen inkonsequente Positionen zu vertreten. Er könnte beispielsweise argumentieren, dass sich statistisch leicht die Gefährlichkeit des Alkohols für den Straßenverkehr demonstrieren lässt, während das im Fall des Tempolimits wohl deutlich schwieriger ist.
    (Logisch betrachtet: Wenn aus A B folgt, folgt aus Nicht-A nicht unbedingt Nicht-B. Wenn daraus, dass X eine Lilie ist, folgt, dass X auch eine Blume ist, ergibt sich nicht der Umkehrschluss: Dass X, wenn es keine Lilie ist, auch keine Blume sein kann.)

    „Es entbindet ja konsequent all jene von gesellschaftlicher Verantwortung, denen Mitmenschen und Umwelt weniger wichtig sind.“

    Nein, warum denn? Wenn jemand gegen ein Tempolimit ist, ist seine Position vielleicht nicht inkonsequent – sie kann aber doch trotzdem falsch sein.

  45. @46 Mycroft
    Auch wenn es kein Tempolimit gibt, liegt die Richtgeschwindigkeit auf den Autobahnen bei 130 km/h. Dazu gibt es sogar eine Autobahnrichtgeschwindigkeitsverordnung. Man läuft bei Unfällen auch die Gefahr im versicherungsrechtlichen (nicht im strafrechtlichen) Zusammenhang eine Mitschuld zu bekommen, wenn man diese Richtgeschwindigkeit überschritten hat.
    Es gibt Arbeitgeber (vor allem im ÖD), die ihren Außendienstlern, in einer schwammigen Mischung aus Empfehlung und Anweisung ans Herz legen, generell nicht schneller als eben diese 130 km/h zu fahren, dort wo kein Limit vorgegeben ist, versteht sich.
    Also die Geschwindigkeit von 130 km/h hat schon jetzt eine Bedeutung, deswegen werden sich auch alle Diskussionen um das Tempolimit immer um diese Zahl drehen.

  46. Schon lustig. Da erscheint ein Artikel über die tendenziöse Darstellung der Tempolimitdebatte in größeren Medien, und was passiert hier: Die üblichen Trolle diskutieren lieber in gleicher Weise das Tempolimit, anstatt über den eigentlichen Skandal zu sprechen, die qualitativ schlechte Berichterstattung, die sich wieder nicht an Fakten sondern an ideologischen Leitplanken ausrichtet.

    Und eigentlich ist es doch traurig, dass der Spiegel jetzt hier auch nichts anderes ist als die Bild, halt nur mit längeren Sätzen und anspruchsvollerem Vokabular.

  47. Ja, aber eine Richtgeschwindigkeit sollte nach meinem Verständnis eine Geschwindigkeit sein, bei der Abweichungen nach unten UND oben tolerierbar sind. Wenn diese tolerierbaren Schwankungen meinetwegen +-20 km/h wären, wäre die zugehörige Höchstgeschwindigkeit also 150 km/h.
    Ich weiß im Übrigen auch nicht, wie genau man nach einem Unfall die jeweiligen Geschwindigkeiten nachweisen kann, um einem Beteiligten eine Mitschuld zu geben.

  48. „Ungefähr 40 Prozent der deutschen Autobahnkilometer sind dauerhaft mit einem Tempolimit versehen, abgesehen von temporären Verboten oder Baustellen, etwa 60 Prozent haben kein Tempolimit. Wenn also 66 Prozent der Todesopfer in Abschnitten ohne Tempolimit zu beklagen sind, dann entspricht das in etwa der realen Verteilung der Autobahnkilometer, mit einer leichten Abweichung nach oben. Ohne diese Information wird aber suggeriert, dass zwei Drittel der Unfalltoten auf Abschnitten ohne Tempolimit sterben, weil es dort keines gibt.“

    Wenn man es so genau nimmt, dann müsste man auch ermitteln, ob die Unfalltoten auf Abschnitten mit Tempolimit durch überhöhte Geschwindigkeit zustande kamen und ob diese überhöhte Geschwindigkeit zustande kam, weil man kurz vorher keine Tempobegrenzung hatte und deswegen eine sehr viel höhere Geschwindigkeit gefahren ist und dann nicht das Gefühl hatte zu schnell zu fahren oder weil Beteiligte die Strecke kennen und wissen, dass bald sowieso das Tempolimit aufgehoben wird und in ihrer Vorfreude schonmal in dem Abschnitt mit Tempobegrenzung viel zu schnell fahren.

    Wenn man erst gar nicht an die hohen Geschwindigkeiten gewöhnt ist, dann kommt man nicht auf die Idee so schnell zu fahren, vor allem wenn alle um einen herum sowieso 130 fahren und man sowieso bald bremsen müsste. Ich glaub schon, dass ein generelles Tempolimit pschologische Auswirkungen auf das Verhalten haben. Ich kann es natürlich nicht beweisen, was in den Autofahrern unbewusst vorgeht. Mich überzeugt vor allem das Argument, dass andere Länder gute Erfahrungen mit einem Tempolimit haben und es insgesamt entspannter auf deren Autobahnen zugeht.

  49. Zusätzlich sollte man untersuchen, welche Geschwindigkeit wirklich hilfreich ist, um die Luft sauber zu halten. Das kommt natürlich stark auf das einzelne Auto an, aber man kann es bestimmt statistisch für ganz Deutschland durchrechnen, man weiß ja wie viele welcher Autos in Deutschland angemeldet sind. Vielleicht kommt da raus, dass 120 deutlich besser wäre als 130, aber nicht so viel schlimmer als 100. Das wär dann ein Argument die 130 nicht zu nehmen und auch nicht die 100 zu bevorzugen, weil 120 schon ausreichend „ok“ ist.

    Ich finde auch, solche politischen Entscheidungen sollten nicht so emotional debatiert werden, sondern sachlicher, auch wenn es in der Natur liegt, dass es Meinungsunterschiede gibt. Zumindest kann ein Journalist, der eine Meinung superstark findet, wenigstens einige sachliche Hauptargumente der Gegenseite nennen, sonst fühl ich mich uninformiert.

  50. @ TS66:

    „Und eigentlich ist es doch traurig, dass der Spiegel jetzt hier auch nichts anderes ist als die Bild, halt nur mit längeren Sätzen und anspruchsvollerem Vokabular.“

    Ja, das stimmt. Man kann auch einem „seriösen“ Medium, das etwas fest als bewiesen behauptet, letztlich nichts glauben, sondern muss immer unterschiedliche Quellen vergleichen und recherchieren. Das ist ja nicht nur beim Thema Tempolimit so. Nur: Welcher normale Medienkonsument macht das schon?

  51. Sie haben noch richtige Bäcker vor Ort, Sie Glücklicher?

    Ich musste nichts vergleichen, bis hier der letzte richtige Bäcker geschlossen hat.
    Jetzt gibt es hier nur noch die Backautomaten mit/ohne eigener Filiale und einzelne Pseudobäcker mit BÄKO-Mischungen.

    Eventuelle Parallelen zur Qualität des Informationsangebot im deutschen Medienmarkt könnten u.U. zufällig sein. Und niemals würde ich die 2-3 globalen News-Agenturen mit BÄKO vergleichen.
    Soo schlecht und austauschbar ist BÄKO dann doch wieder nicht.

  52. Der Autor hier macht leider auch etwas, was er anderen Journalisten vorwirft (wenn nicht noch schlimmer). Bestes Beispiel ist der Verweis auf den Spiegel: Der Spiegel schreibt mit Bezug auf einen Autobahnabschnitt in Brandenburg, dass dort durch das Tempolimit weniger Unfälle passierten, Herr Reisin zitiert davon etwas und nimmt dann die Statistik aller Unfälle, um zu dem Schluss zu kommen, dass das Tempolimit nicht der entscheidende Faktor sein könne und der Hauptgrund eher bei der Fahrzeugsicherheit liege.

    Das Problem ist nur: Der Spiegel schreibt dazu deutlich(!) mehr, als Herr Reisin zitiert. Und die Studie, auf die sich der Spiegel bezieht und die er (nicht aber Herr Reisin) auch verlinkt, schreibt nochmal mehr dazu. U.a. findet sich in der Studie (und zum Teil auch im Spiegel) auch eine Auseinandersetzung mit dem Verkehrsaufkommen auf der Straße und der Unfallentwicklung auf anderen Autobahnabschnitten (Kontrollgruppen) – und in der Studie schließlich den Satz „Die Kontrollgruppen zeigen im Durchschnitt einen Rückgang um 23,5 % für die zeitliche Entwicklung auf, so dass die Geschwindigkeitsbegrenzung zu einer Verminderung um 26,5 % beigetragen hat.“ (bezogen auf die Unfallkosten, also Unfallhäufigkeit und -schwere). Die von Herrn Reisin zitierte zeitliche Entwicklung ist also aus diesem Ergebnis bereits herausgerechnet, was implizit auch im Spiegel-Artikel steht.

    Das Argument des Spiegels ist also nicht, wie Herr Reisin behauptet, falsch. Vielmehr zitiert er den Spiegel nicht nur sinnentstellend verkürzt, sondern ignoriert auch, dass der Spiegel sich konkret auf eine öffentlich zugängliche Studie bezieht, die die Position des Spiegels stützt und die Aussagen im obigen Text widerlegt. Das ist besonders absurd, da a) jene Studie in diversen Medien tatsächlich verkürzt wiedergegeben wird (indem ausschließlich die Absolutzahlen, nicht aber die Korrektur um die zeitliche Entwicklung genannt wird), und da b) Herr Reisin damit in Bezug auf jene Studie implizit genau den gleichen Fehler macht wie in den letzten Wochen viele Gegner des Tempolimits, die diese Studie mit genau den gleichen (falschen) Argumenten kritisierten.

    Tut mir Leid, dass ich das so hart schreibe. Aber ich bin nunmal der Überzeugung, dass man Medien die Verwendung falscher oder suggestiver Zahlen und Argumente nur dann vorwerfen sollte, wenn diese auch tatsächlich falsch sind oder suggestiv verwendet werden – was man hier dem Spiegel nicht vorwerfen kann, vielmehr hat in diesem Fall die Sachlage deutlich umfassender und differenzierter darlegt als viele andere Medien.

  53. Offenbar gibt es also Tempolimits dort, wo Autobahnen ohnehin besonders gefährlich sind. Wenn nur zwei Spuren da sind, dann gibt es z.B. meistens keine Spur, die frei von LKWs ist.
    Trotzdem gibt es auf den besseren Autobahnabschnitten im Mittel etwas mehr Verkehrstote als auf den gefährlicheren Teilen. Das bedeutet, wenn es auch auf den ohnehin schon sichereren Teilenen ebenfalls ein Limit gäbe, dann würde die Zahl der Todesopfer weiter zurückgehen.

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