Relotius-„Reportagen“

Schauergeschichten über wilde Bergvölker im Südosten Europas

Der als Geschichtenerfinder aufgeflogene Journalist Claas Relotius hat nicht nur für den „Spiegel“ gearbeitet und nicht nur aus den USA und dem Nahen Osten berichtet. Er schrieb auch für andere Medien, zum Beispiel aus Südosteuropa. Ich habe mir „Reportagen“ von ihm aus Bosnien und Albanien angesehen und war sofort erstaunt: Diese Märchengeschichten haben ihm die Redakteure abgekauft? Bei solch großen Unstimmigkeiten hat keiner kritische Nachfragen gestellt? Niemand hat bei einem seiner Protagonisten angerufen und gefragt, ob das auch alles stimmt?

Klar, im Nachhinein ist man schlauer.

Die „Reportagen“ von Claas Relotius stehen stellvertretend für vieles, was in der Berichterstattung aus dem Ausland schiefläuft. Er zeichnet ein Bild von den Regionen, aus denen er berichtet, das wenig mit der Realität zu tun hat. Relotius „Reportagen“ bedienen Vorurteile, sind unterkomplex und stellenweise sogar rassistisch. Dafür wurde er mit Preisen überschüttet, dafür erwarb er sich den Ruf, durch den er große Reportagen im „Spiegel“ schreiben konnte.

Ich habe noch einmal kritisch über seine Texte aus Südosteuropa gelesen, eine Region, aus der ich stamme und in der ich selbst als Korrespondent gearbeitet habe. Schon bei seiner Themenauswahl exotisiert Relotius die Region. In Albanien schreibt er über eingeschworene Jungfrauen, die nun als Männer leben, und über Blutrache. In Bosnien geht es um ehemalige Feinde aus den Jugoslawienkriegen, die nun gemeinsam eine Traumatherapie machen. Krieg, Blutrache, patriarchale Geschlechterbilder – das sind genau die Klischeethemen, die viele mitteleuropäische Leser und Redakteure mit dem Balkan verbinden. Statt Komplexität darzustellen, werden die Vorurteile der Leser bedient.

Diese Texte erschienen im „Cicero“ und der „NZZ am Sonntag“. Beim „Cicero“ waren die Texte bis vor wenigen Tagen online verfügbar – nun sind sie es nicht mehr. Auch die Autorenseite von Relotius ist auf der Homepage des „Cicero“ einfach verschwunden.

Blutrache in Albanien

Auge um Auge, Blut um Blut
Ausriss: „NZZ am Sonntag“

Schon im Teaser des Blutrachetextes spricht Relotius von „Tausenden Männern“, die „seit Jahren eingesperrt in ihren Häusern“ leben, „weil sie an der nächsten Straßenecke ermordet werden könnten“. Das Phänomen der Blutrache existiert in Albanien tatsächlich noch, es ist aber bei weitem nicht so verbreitet, wie Relotius schreibt, und es hat mit organisierter Kriminalität mehr zu tun als mit altem Stammesrecht.

In seinem Text schreibt er von über 3000 Familien, die im nordalbanischen Shkodra im Blutfehden verwickelt seien. In einer Stadt mit 135.000 Einwohnern würde dies bedeuten, dass ein großer Teil der Bevölkerung in Blutfehden verstrickt wäre. Wenn das stimmt, würde es täglich zur Blutrache kommen, würden jedes Jahr Hunderte ermordet werden und die Bevölkerung sich dezimieren. Dieses Bild zeichnet Relotius von der nordalbanischen Stadt und verstärkt es durch Protagonisten, die er frei erfunden hat. Das ist aber nicht die Realität vor Ort. Shkodra ist eine ziemlich sichere Stadt.

In einem Text aus dem November 2017 schreibt die BBC, in Shkodra befänden sich noch 68 Familien in Blutfehden. Der Text beschreibt konkret, wie sich das für das Leben der Familien auswirkt. Es knallt nicht so sehr wie in den Texten von Relotius, dafür ist es ehrlich und gut recherchiert.

Relotius erfindet nicht nur Personen, sondern auch Orte. In seiner Reportage über die Blutrache im „Cicero“ schreibt er:

Am westlichen Ende Shkoders gibt es eine Gegend, die das Blutviertel genannt wird, weil dort vor allem Familien leben, deren Männer von Blutrache bedroht sind und aus den Bergen an den Stadtrand geflohen sind. Vor ein paar Jahren, sagt Bashi, habe die Regierung die kaputten Straßen des Viertels sanieren wollen, doch die Bewohner hätten sich dagegen gewehrt. Solange die Straßen schlecht befahrbar seien, habe es geheißen, könnten die Rächer nicht so plötzlich angreifen.

Solche Sätze bedienen das Bedürfnis vieler Leser und Redakteure nach Exotik, aber so, wie von Relotius beschrieben, gibt es dieses Viertel in Shkodra nicht. An einer Stelle im Text wird es noch schlimmer, weil er nun beginnt, den Albanern verallgemeinernd negative Eigenschaften zu unterstellen:

Ein böses Wort, eine harmlose Beleidigung oder ein Streit um Geld reiche heute aus, damit ein Mann den anderen erschlägt.

Solche Sätze sind rassistisch, weil sie den Eindruck erwecken, alle Albaner seien potentielle Mörder, die sich nicht unter Kontrolle haben. Es sind Schauergeschichten über wilde Bergvölker im Südosten Europas, die sich allesamt untereinander töten. Das ist nicht nur erlogen, es ist nicht mal gute Literatur. Wer gute Literatur zum Thema Blutrache sucht, dem sei Ismail Kadares Roman „Zerrissener April“ ans Herz gelegt.

Traumatherapie in Bosnien-Herzegowina

Für die „TagesWoche“ hat Relotius 2012 über ein Treffen von Kriegsveteranen in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo geschrieben. Es geht um ehemalige Kriegsfeinde, die sich treffen, um über ihr Trauma zu sprechen. Vom Schützengraben in den Therapieraum – emotional und fesselnd – blöd nur, dass alles erfunden ist. Der staatliche serbische Sender RTS hat bei der Organisation nachgefragt, die das Treffen angeblich organisiert hat: Es hat niemals stattgefunden. Bis auf die Existenz eines von Relotius zitierten Traumatherapeuten scheint alles in dem Text erfunden zu sein.

Die Liste der Ungereimtheiten in der „Reportage“ ist lang und beginnt schon dabei, dass Relotius typisch „serbische“ mit typisch „kroatischen“ Namen verwechselt. So heißt der kroatische Hauptprotagonist in der Geschichte Dušan Novaković. Zar Dušan war ein wichtiger serbischer König aus dem 14. Jahrhundert, nach dem bis heute viele Kinder in Serbien benannt werden. Kroatische Dušans hingegen sind sehr selten. Den meisten Lesern fällt das nicht auf; Menschen, die sich in der Region auskennen, aber schon.

Der interessanteste Satz in seiner Veteranenreportage ist folgender:

In Bosnien oder Kroatien füllen regelmäßig Bilder von Amokläufen die Blätter der Boulevardpresse. Immer wieder zünden sich dort ehemalige Soldaten auf öffentlichen Plätzen an oder sprengen sich vor laufenden Fernsehkameras in die Luft.

In diesen beiden Sätzen steckt die verbreitete Vorstellung, Menschen auf dem Balkan seien wildgewordene Irre, die mit Waffen hantieren und sich auch nach dem Krieg noch über den Haufen schießen, weil sie es nicht anders gelernt haben. So regelmäßig wie in Claas Relotius‘ Text beschrieben, sind Amokläufe in Kroatien und Bosnien-Herzegowina nicht. Und wenn es zu einem Amoklauf kommt, dann ist die Boulevardpresse tatsächlich voll damit, weil es eben so selten passiert.

Ich komme aus der Region, ich berichte seit Jahren aus Südosteuropa und mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem sich in Bosnien oder Kroatien ehemalige Soldaten auf öffentlichen Plätzen verbrennen oder vor laufenden Fernsehkameras in die Luft sprengen. Nicht ein einziger Fall. Claas Relotius schreibt, es passiere „immer wieder“.

Auch in diesem Text nennt Relotius Zahlen, die nicht stimmen können. So schreibt er in seiner Veteranenreportage von „700.000 Kriegsheimkehrern, die heute in Serbien leben“. Das serbische Militär hatte jedoch nie 700.000 aktive Soldaten.

Munition für nationalistische Propaganda

Die erlogene und vorurteilsbehaftete Berichterstattung von Relotius wird auch im Ausland wahrgenommen. Der Sender RTS hat die Veteranenreportage zum Anlass genommen, die „westlichen Medien“ als Ganzes anzugreifen. Der Artikel gehörte zu den meistgelesenen auf der Homepage.

Die Autorin Vesna Knežević nutzt den Fall Relotius, um ein serbisches Opfernarrativ zu bedienen, laut dem die „westlichen Medien“ schon zu Zeiten der Jugoslawienkriege Lügen über die Serben verbreitet und ihnen die alleinige Kriegsschuld gegeben haben. Sie deutet sogar an, dass diese Medien serbische Kriegsverbrechen erfunden hätten. Der Text selbst ist nationalistische Propaganda – und Leute wie Relotius bieten der Autorin Munition.

Als Korrespondent in Belgrad und Sarajevo musste ich mich vor Ort als deutscher Reporter wiederholt für die Berichterstattung über die Region in deutschen Medien rechtfertigen. Manchmal weil meine Gesprächspartner nicht damit umgehen können, dass echte Probleme schonungslos offengelegt werden. Oft genug aber auch, weil „Reporter“ wie Relotius tatsächlich großen Unsinn schreiben und das Misstrauen berechtigt ist. Ich freue mich schon auf Gespräche in Belgrad, in denen jedes meiner Argumente damit entkräftet wird, dass „dieser deutsche Reporter“ seine „Reportagen“ komplett erfunden habe.

Die Menschen in Südosteuropa haben auf dem Schirm, wie in deutschsprachigen Medien über die Region berichtet wird. Texte werden oft von Agenturen zitiert oder von der Deutschen Welle in die jeweiligen Landessprachen übersetzt. Und Lügner wie Relotius festigen vor Ort das Bild, dass Medien sowieso überall lügen – ob in Russland, Serbien oder Deutschland.

Vorurteile bedienen

Relotius hat in seinen Texten immer die Vorurteile mancher Redakteure und Leser bedient. Redakteure und Leser, die nicht informiert, sondern unterhalten werden wollen. Das hat er nicht nur in Südosteuropa gemacht.

In einer „Reportage“ über den Euromaidan in Kiew schreibt er von Menschen, die von „Armeepanzern“ überrollt wurden, obwohl keine Panzer auf dem Euromaidan waren. Die US-Amerikaner in Fergus Falls sind natürlich auch nicht allesamt rassistische Mexikanerhasser, die mit einer Waffe unter dem Kopfkissen schlafen. Mit Journalismus hat das nichts zu tun.

Die Aufgabe von Reportern ist es, ihren Leser, Zuhörern und Zuschauer die Realität zu zeigen. Und die ist komplex und hat nicht immer einen so krassen Spannungsbogen wie die neueste Serie auf Netflix.

Kroaten und Bosnier werden bei Relotius als routinierte Amokläufer dargestellt, Albaner als Menschen, die ihr Gegenüber beim kleinsten Anlass töten. Es sind vor allem rechte Leser, die hier in ihrem Weltbild bestätigt werden. Zwischen 2012 und 2016 hat Relotius für die Schweizer „Weltwoche“ 28 Texte verfasst. Die „Weltwoche“ ist eine Art Parteiblatt der SVP. Der Verleger und Chefredakteur Roger Köppel sitzt für die Rechtspopulisten im Nationalrat. Ironischerweise sind es nun vor allem Rechte, welche die Causa Relotius zum Anlass nehmen, um wieder von „Lügenpresse“ und „linkem Haltungsjournalismus“ zu sprechen.

Auch wenn es schwer ist, Artikel aus dem Ausland in deutschen Medien unterzubringen und zu finanzieren: Niemand wird dazu gezwungen zu lügen oder Propaganda für rechtspopulistische Publikationen zu machen. Claas Relotius ist kein Opfer des Systems.

Das System

Probleme im System gibt es trotzdem. Manchmal sind Redaktionen nicht zufrieden, weil ihnen die Realität nicht krass genug ist. Weil nichts explodiert ist, weil es keinen Amoklauf gab, weil es in Albanien doch nicht üblich ist, seine Mitmenschen zu töten, wenn sie einen zu lange anschauen.

Ja, es gibt aus manchen Redaktionen einen Druck, es mit der Wahrheit nicht ganz so genau zu nehmen, damit eine Reportage sich besser liest. Vor allem aus dem Ausland, weil man die Fakten dort schlechter nachprüfen kann und weil es unwahrscheinlicher ist, dass sich jemand beschwert.

Die meisten Auslandsreporter machen einen guten und gewissenhaften Job. Aber es gibt Leute wie Relotius, die im Ausland immer nach der „einen Geschichte“ suchen, mit der sie Preise gewinnen können. Meistens kennen sich diese Reporter nicht in den Regionen aus, aus denen sie berichten. Sie sprechen die Sprache nicht, sie kennen weder Geschichte noch Gepflogenheiten der Länder, aus denen sie berichten. Selbst wenn sie differenziert berichten wollten, könnten sie es nicht.

Es gibt ein Problem mit Starreportern, die um die ganze Welt reisen. Niemand ist ein Experte für die ganze Welt. Egal wie gut man ist, man kann sich nicht innerhalb weniger Wochen in immer neue Region einarbeiten.

Es wäre besser, wenn Redaktionen sich ein stabiles Netzwerk aus Mitarbeitern im Ausland aufbauen würden. Experten, die sich mit den jeweiligen Regionen gut auskennen. Aber das passiert nicht. Auslandsberichterstattung ist teuer und in den vergangenen Jahren wurde hier radikal der Sparstift angesetzt. Viele Medien zahlen für eine Reportage aus dem Ausland dasselbe Honorar wie für einen Text, der ohne großen Aufwand am warmen Schreibtisch in der Redaktion verfasst wurde.

In den Redaktionen großer deutscher Medien sitzen immer noch einflussreiche Redakteure, die es vorziehen, viel Platz für unterkomplexe Reportagen zur Verfügung zu stellen, welche Vorurteile bedienen, statt die Komplexität der angegangenen Themen und Regionen zu beleuchten. Und es gibt noch so manche Kollegen, die wirklich ein verdächtig großes Reporterglück haben und krasse Geschichten aus meiner Berichtsregion finden, von denen ich niemals gehört habe.

16 Kommentare

  1. #1 Kritiker

    „Sämtiche greifbaren Klischees“ trifft es denke ich nicht ganz. Eher hat Relotius wohl die Klischees bedient, von denen er annahm, dass der jeweilige Auftraggeber sie drucken wollen würde.

    Ich würde der Diagnose Hohes Ross beim Cicero deshalb auch in Teilen widersprechen. Seine Beispiele für den von ihm kritisierten Haltungsjournalismus (Restle, Reschke, Dieter Wedel) kann man sicher eher links als rechts einsortieren. Aber seine daraus abgeleitete These trifft er neutral:

    „Viele der von ihrer Reichweite her relevantesten Teile der Medienbranche haben sich mit dem Haltungsjournalismus für eine falsche Abzweigung entschieden.“

  2. Erhellend auch: Relotius‘ Lieblingsreportagen:

    https://krautreporter.de/720–am-ende-mochte-man-boris-becker-irgendwie-fest-in-den-arm-nehmen

    Wie klingt die erstgenannte Reportage (Tom Wolfe)?

    „At 2 or 3 or 4 a.m., somewhere along in there, on August 25, 1966, his 48th birthday, in fact, Leonard Bernstein woke up in the dark in a state of wild alarm. That had happened before. It was one of the forms his insomnia took. So he did the usual. He got up and walked around a bit. He felt groggy. Suddenly he had a vision, an inspiration.“

  3. das Thema mit der Traumatherapie der ehemals verfeindeten Soldaten in Bosnien Herzegovina hatte ich auch mal bei DLF gehört.

  4. In letzter Zeit lese ich häufiger das Wort ironischerweise. Laut Duden bedeutet es so viel wie „von Ironie zeugend“. Wenn das so ist, lässt es sich sicherlich leicht erklärten, was im folgenden Satz von Ironie zeugt. Oder handelt es sich eventuell nur um den modischen, überwiegend sinnentleerten Gebrauch eines Wortes?

    Zitat.Ironischerweise sind es nun vor allem Rechte, welche die Causa Relotius zum Anlass nehmen, um wieder von „Lügenpresse“ und „linkem Haltungsjournalismus“ zu sprechen.

  5. @6: Ironischerweise muss man über Semantik schwadronieren, wenn man keine inhaltlichen Argumente hat.

  6. Die Links aus #9 beinhalten:
    Zauberhaftes Albanien – HD DOKU 2016 (1/2)
    Zauberhaftes Albanien – HD DOKU 2016 (2/2)

    Gerne.

  7. Jetzt ist Claas Relotius nun mal eine (relative) Person der Zeitgeschichte und ich verstehe, dass man als Journalist gerne Dinge gerade rücken möchte, aber diese Abrechnung („Und Lügner wie (…)“) halte ich dennoch für überzogen. Wir haben hier einen Fall, in dem jemand onjektiv über Jahre Fälschungen an Redaktionen verkauft hat und dafür Preise bekommen hat. Sicher hat ihn dazu keiner „gezwungen“, aber vieles deutet darauf hin, dass er subjektiv einen enormen Druck verspürt hat. Dieser Druck ist nicht für jeden nachzuvollziehen, aber er existiert. Wenn man sich ein wenig Mühe gibt, kann man das wenigstens erahnen, und so wie bei Torhütern, Piloten oder Schauspielern, sollte die Systemfrage mehr sein, als gängige Kritik am Sparkurs der Medienhäuser.

  8. @Mathias: Vieles deutet darauf hin, dass der Herr R. ein ehrgeiziges, vor allem aber selbstverliebtes Würstchen ist. Das klingt natürlich eher ungeil, deswegen sein Versuch, sein Verhalten mit Druck und Versagensängsten zu begründen.

  9. @12 Mathias
    Weißt du, den Druck das Blatt, die Website, die Sendung bis Redaktionsschluss zu füllen, den Text zum vereinbarten Termin zu liefern, den Druck haben alle Journalist_innen.

    Relotius kann sich also darauf nicht berufen.

  10. @5 / CiviChief
    Das Relotius eine Geschichte über Traumatherapie bei der Arbeit mit Kriegsveteranen schreibt heißt ja nicht, dass es diese nicht gibt. Die in der Tageswoche genannte Organisation macht tatsächlich vergleichbare Arbeit ( https://nenasilje.org/en/category/activities/excomb/ ). Nur hat Relotius es sich wohl gespart selber darüber zu recherchieren und lieber aufgeschrieben, wie er sich solch ein Treffen vorstellt (oder er war sogar da, und hat mit Leuten gesprochen, vieles missverstanden und sich zusätzlich die Leerstellen zwischen den Fakten einfach selbst ausgedacht, oder seine Gesprächspartner haben schnell gemerkt, was für Geschichten der „Deutsche“ gerne hören wollte und ihm die entsprechenden Anekdoten geliefert.

    Für letzteres muss mensch noch nciht mal aktiv lügen. Oft reicht es einfach aus zu schweigen, wenn die Projektionen (der Film im Kopf) des Gegenübers losgehen. Ich habe oft ausländische Menschenrechtsaktivist*innen zu Politikgesprächen begleitet und dabei mitbekommen, wie stark etwa die eigenen DDR/Stasi/Repressions/Widerstandsbilder die Wahrnehmung von Menschenrechtsaktiven und Repression in diktatorischen Staaten prägt. Beispielhaft war ich sowohl im Vorgespräch als auch bei der Laudatio für eine Menschenrechtspreisträger*in dabei und konnte erstaunt feststellen wie von der Bühne herab Geschichten über diese erzählt wurden, die frei imaginiert waren. Eine bunte Mischung aus Stichwortwissen und Stereotypen, eben das was die Leute glauben und hören wollten.

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