„Zeit“-Kolumnist Harald Martenstein

„Man sollte mit der Verteidigung der Freiheit nicht warten, bis es keine mehr gibt“

Seit Jahren schreiben wir unfreundliche Artikel übereinander: Harald Martenstein, der bekannte Kolumnist der „Zeit“ und des „Tagesspiegels“, und ich. Es wurde Zeit, sich endlich einmal zu treffen – nicht unbedingt, um uns zu vertragen, sondern um uns zu streiten. Auf meinen Vorschlag für ein Gespräch antwortet Martenstein: „Ich freue mich auf unser Treffen, so schwierig wie der Gipfel zwischen Trump und Kim wird es nicht werden. Atomwaffen sind schon mal kein Thema!“

Tatsächlich findet unser Gespräch dann zufällig exakt am Tag des Gipfeltreffens statt, in einem Café in Berlin-Friedrichshain. Martenstein erinnert sich, dass er im winzigen Theater dort im Hinterzimmer mal aufgetreten ist. Wir plaudern über unsere Hunde. Die Atmosphäre ist freundlich und offen.


Harald Martenstein
Harald Martenstein Foto: C. Bertelsmann

Herr Martenstein, Sie haben mal geklagt, dass Sie sich von mir verfolgt fühlen. Dann haben Sie Anfang dieses Jahres fast um meine Aufmerksamkeit gebettelt: Ich hätte jetzt schon seit einem Jahr nichts mehr über Sie geschrieben.

Ich war echt enttäuscht. Ich habe das als ein Match empfunden, und da macht sich der andere einfach vom Spielfeld! Sie heben ja immer darauf ab, wie schlecht ich recherchiere, wie viele Fehler ich angeblich mache. Und da habe ich bei Ihnen einen Fehler gesehen und dachte: Ach, guck mal an. Unfehlbar ist der auch nicht. Sie hatten geschrieben, dass der Begriff „Nacht der langen Messer“ ein Nazi-Ausdruck sei. Und es war sogar für mich nicht wahnsinnig schwer zu recherchieren, dass diese Formulierung schon zu Zeiten von Hermann dem Cherusker verwendet wurde. „Nacht der langen Messer“ wurde in unendlich vielen Kontexten verwendet. Es ist nicht wirklich ein Nazi-Ausdruck.

Naja, die „Nacht der langen Messer“ hat in Deutschland schon einen sehr klaren Bezugspunkt, und ich fand es einfach so absurd, wie gedankenlos Journalisten und Politiker diesen Begriff verwendet haben.

Aber es kommt doch immer auf den Kontext an. Wenn ich „Eintopfsonntag“ sage, gebe ich mich damit nicht als Anhänger rechtsradikalen Gedankengutes zu erkennen. Wahrscheinlich wissen die meisten Leute gar nicht, wo das herkommt.

Sie kamen jedenfalls zu dem Ergebnis, dass ich eine „Landplage“ bin.

Sie sind eine Landplage. Und ich bin, Moment, jetzt muss ich meinen Zettel rausholen, „mitleiderregend“, „dummstolz“ und natürlich, dies als die Krönung, ein „weißer, heterosexueller, alter Mann“. Da habe ich mich gefragt: Woher will denn der Niggemeier wissen, ob ich heterosexuell bin? Ich kenne diesen Kollegen kaum.

Privilegien

Soll ich mal versuchen zu erklären, was hinter diesem Vorwurf steckt? Das ist ja scheinbar völlig sinnlos oder, wenn man so will, sogar rassistisch.

Rassistisch und sexistisch zugleich. Die Königsdisziplin. Was ist eigentlich so schlimm daran, heterosexuell zu sein?

Nichts.

Es gibt total nette Heterosexuelle da draußen.

Das ist auch nicht die Ebene, auf die dieser Begriff zielt. Er beschreibt Menschen, die außerordentlich privilegiert sind, sich dessen aber nicht bewusst sind.

Heterosexualität ist eine Angewohnheit, kein Privileg.

Aber Sie sind doch privilegiert.

In dieser Gesellschaft, heute?

Ja, aber natürlich!

Ich habe mir das ja nicht ausgesucht.

Der Vorwurf ist nicht, dass Sie sich das ausgesucht oder auf eine ungerechte Art erstritten haben, sondern, dass Sie das nicht erkennen.

Welche Privilegien habe ich genau? Schreiben dürfte ich auch, wenn ich schwarz wäre. Es wäre leichter, einen Job als Kolumnist zu ergattern als junger Mensch. Junge Kolumnisten, die gut sind, werden immer gesucht.

Hinter dem Wort „alt“ steckt der Vorwurf, unbeweglich zu sein; mit Veränderungen nicht mehr umgehen zu können.

Man nennt das “Zuschreibung“, oder? Aber ältere Menschen sind ja tatsächlich oft ein bisschen unwillig, was Veränderung angeht. Das hängt natürlich damit zusammen, dass sie alt sind. Genauso gut können sie einem jungen Menschen vorwerfen, dass er wegen seines Geburtsdatums ein bisschen radikaler ist, was junge Menschen ja häufig sind.

Worauf ich hinauswill: Es wäre völlig absurd, Ihnen vorzuwerfen, alt, weiß, heterosexuell zu sein. Der Vorwurf ist: Sie sind privilegiert, haben aber das Gefühl, benachteiligt zu sein. Sie lehnen Veränderungen ab. Und was das „heterosexuell“ angeht … Homosexuelle sind sicher nicht die besseren Menschen. Sie haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie kennen das Gefühl, nicht normal zu sein. Das ist eine besondere Erfahrung, wenn man aufwächst und merkt: Ich bin anders als die anderen, sehe aber zum Beispiel keine schwulen Rollenvorbilder.

Das Gefühl, benachteiligt zu sein, habe ich nun auch wieder nicht. Veränderungen lehne ich nicht pauschal ab, da haben Sie nicht recherchiert. Außerdem: Heute finden Sie schwule Rollenvorbilder. Die Zeiten haben sich gottlob geändert. Und die Erfahrung, anders zu sein, machen Sie auch, wenn Sie als kleiner, dicker Junge mit Brille aufwachsen. Ich frage mich übrigens, wie lange man den Heteros noch ihr Hetentum vorwerfen kann. Würden Sie sagen: In hundert Jahren gibt es diesen Vorwurf immer noch?

Erstens ist das nicht der Vorwurf, und zweitens kommt es darauf an, in was für einer Gesellschaft wir dann leben.

Man muss doch auch irgendwann gut sein lassen und sagen: Du bist hetero, aber trotzdem okay, ich lass dir das durchgehen und letzten Endes weiß ich es ja auch gar nicht so genau, ob du wirklich heterosexuell bist.

Sie ziehen den Vorwurf wieder auf eine wörtliche Ebene. So ist er ja nicht gemeint. Es geht um das Gefühl, „normal“ zu sein, und dadurch blind zu sein für die Erfahrungen von Menschen, die anders sind. Die Begriffe zielen auf eine Geisteshaltung, eine gewisse Blindheit.

Man sollte einen Menschen nicht auf Heterosexualität und Altsein reduzieren, und das ist auch nicht meine Geisteshaltung. Ich mache keine Ideologie daraus. Es ist halt ein Schicksal. Man kann nichts dagegen tun.

Empathie

Aber man kann versuchen, beweglich zu sein, empathisch …

Das versuche ich die ganze Zeit. Wo bin ich unbeweglich? Physisch vielleicht ein bisschen.

Empathie vermisse ich zum Beispiel, wenn Sie die Probleme von Transmenschen beim Toilettenbesuch kleinreden, weil Sie sich doch auch nicht anstellen, wenn Sie aufs Klo gehen

Das habe ich so nicht gesagt. In Berlin gibt es tausend Probleme und tausend Forderungen, die irgendwie verständlich sind. Nicht alle kann man erfüllen und, ja, ich finde Schulsanierungen wichtiger. Auch Transmenschen brauchen Schulen. Sie werfen mir Empathielosigkeit vor, ich bin also ein böser Mensch, weil ich andere Prioritäten sinnvoller finde als Sie? Dann werfe ich Ihnen Lobbyismus vor.

Oder wenn Sie formulieren, dass doch jetzt auch mal gut ist. Nach dem Motto: Wir haben so viel Emanzipation erreicht in der Gesellschaft – was ich gar nicht bestreite – jetzt reicht es doch. Was man jetzt noch verlange, sei doch Übertreibung.

Ja, das von Ihnen beschriebene Gefühl habe ich manchmal. Ein Kennzeichen vieler Debatten der Gegenwart ist, dass man entweder ganz und gar dafür sein muss, bis in die allerletzte Ausaperung, oder man ist ein Feind. Differenzierung wird nicht geduldet oder nicht verstanden. Die Haltung, ich finde das grundsätzlich richtig, was ihr macht und fordert, aber diese spezielle Forderung, die finde ich falsch – diese Haltung ist Ihnen offenbar ganz schwer zu vermitteln. Der junge Wolf Biermann hat vor jedem Konzert gesagt: Ich halte die DDR für das bessere Deutschland, ich bin für den Sozialismus, aber das und das finde ich nicht gut. Es hat ihm nichts genützt. Ausgebürgert wurde er trotzdem.

Wie in der DDR

In Ihrer Kolumne vergleichen Sie die Bundesrepublik immer wieder mit der DDR, gelegentlich auch mit der Sowjetunion. Ihr Kolumnen-Ich scheint sich sehr große Sorgen zu machen und zu verzweifeln an unserer Welt.

Ja, ich schreibe das dann und danach geht es mir besser. Eine Menge Literatur entsteht auf diese Weise.

Sie haben zum Beispiel mehrmals geschrieben, ARD und ZDF seien im Grunde Regierungssender wie in der DDR.

Hab ich einmal geschrieben, übers ZDF.

„Regierungssender“ mehrmals.

Regierungssender ist das ZDF ja auch.

Das ist, wenn es sich auf die Gründung bezieht, ein Missverständnis. Der Regierungssender wäre das sogenannte „Adenauer-Fernsehen“ gewesen, das ist vom Bundesverfassungsgericht verboten worden. Das ZDF war der Nicht-Regierungssender, der an dessen Stelle kam. Aber das ist doch die Linie von AfD, Pegida und Co.: Im Grunde leben wir hier in der DDR. Mit Einschränkungen der Meinungsfreiheit wie damals. Das suggerieren Sie auch.

Es gibt den schönen alten Satz: „Wehret den Anfängen“, und den beherzige ich. Man sollte mit der Verteidigung der Freiheit nicht warten, bis es keine Freiheit mehr gibt. Kürzlich ist hier in der Stasi-Gedenkstätte einer der Männer rausgeschmissen worden, die da Führungen machen, weil er sich der AfD zugewandt hat. Das erinnert nicht nur an die DDR, es erinnert auch an kommunistische Briefträger, die in den siebziger Jahren in Westdeutschland rausgeschmissen wurden. Ich finde das nicht richtig. Außerdem wurde dem Mann vorgeworfen, dass er sich in einem Interview der „Berliner Zeitung“ für die Freilassung von Horst Mahler eingesetzt hat, diesem Nazi. Weil er sich für die Freilassung von Horst Mahler einsetzt, unterstellt man ihm, dass er die wirklich ekelhaften Auffassungen von Horst Mahler teilt, von denen er sich ausdrücklich distanziert hat. Das ist ganz und gar übel. Es ist vollkommen irre, jemandem, der sagt: Es ist ein Gebot der Humanität, einen todkranken Greis aus dem Gefängnis freizulassen, zu unterstellen, er sei ein Gesinnungsgenosse. Das kann ja sein, aber wir wissen es nicht. Man kann aus liberalen und humanitären Gesichtspunkten zu genau dieser Meinung gekommen sein. Der Bundespräsident Heinemann hat sich für die Freilassung von Rudolf Hess eingesetzt, aus humanitären Gründen. Vor allem die Sowjetunion war dagegen.

Sumpfinges Gelände

Aber meinen Sie nicht, dass es gefährlich ist, auch in der Häufigkeit, in der Sie es tun, im Grunde immer wieder zu sagen: Naja, wir leben hier schon in einer Art DDR, man darf im Grunde nichts mehr sagen.

Nein, ich bin ja der lebende Gegenbeweis dafür, dass man was sagen darf.

Das hätte ich jetzt auch gesagt.

Natürlich darf man was sagen, klar. Und wenn man dann was sagt, dann darf man einem aber auch nicht vorwerfen, dass er was sagt. Er macht halt von seinen Freiheiten Gebrauch, damit sie nicht im Schrank verschimmeln.

Man darf es auch kritisieren.

Selbstverständlich. So lange man nicht fordert, dass der Mensch entlassen wird. Das haben Sie zum Beispiel bei mir gemacht. Sie sind ein Beleg meiner DDR-These. Sie haben geschrieben, Sie seien darüber verblüfft, dass die „Zeit“ einem wie mir immer noch Raum gibt.

Ja.

Das ist doch eine verkappte Aufforderung, den Menschen zu entlassen.

Nein.

„Es ist erstaunlich, dass die dem immer noch einen Raum geben“. Das „immer noch“ ist ja der interessante Teil der Formulierung. Und wenn wir als Journalisten anfangen, bei Meinungsverschiedenheiten gegenseitig unsere Entlassung zu fordern, dann sind wir natürlich in einem sumpfigen Gelände angelangt. Wir sollten uns gegenseitig verteidigen! Ich finde, ein linker Journalist sollte die Meinungsfreiheit eines konservativen Journalisten verteidigen und umgekehrt. Falls Sie mal Bedarf haben, verteidige ich Sie.

Die Meinungsfreiheit ist ja nicht in Frage gestellt.

Wenn man die Entlassung von jemandem fordert?

Nein. Wenn ich sage, dass sich eine liberale, seriöse Zeitung auch fragen soll, wem und welchen Positionen sie eine Bühne gibt, das finde ich völlig legitim.

Ja, es ist völlig legitim, meine Entlassung zu fordern. Sie haben das Recht dazu. Ich finde das nur nicht gut, ganz allgemein, und zwar bei jedem, dessen Kopf gefordert wird.

Ich finde nicht, dass wir uns gegenseitig verteidigen müssen. Wenn ich der Meinung bin, dass das, was ein Journalist schreibt, eine gefährliche Wirkung hat, weil Ressentiments verbreitet werden …

Ich glaube, Sie überschätzen die Wirkung von Texten. Ich glaube nicht, dass ich mit irgendeinem meiner Texte irgendetwas Wesentliches erreicht habe.

Ich überschätze die Wirkung meiner Arbeit auch nicht, aber wenn wir das Gefühl hätten, es löst gar nichts aus, würden wir es doch nicht machen.

Bei mir löst es was aus.

Bei den Lesern, meine ich.

Die Leute freuen sich, wenn Sie etwas wiedererkennen, das sie selber so ähnlich sehen. Es hat vielleicht eine bestärkende Wirkung, aber ich glaube nicht, dass man irgendwen überzeugt. Das Wichtigste, das ich erreicht habe mit meinen Texten, war die Heraufsetzung der Altersfreigabe von sechs auf zwölf Jahren bei „Keinohrhasen“. Weil ich gesehen habe, was die für Sex-Szenen drin hatten. Einem sechsjährigen Kind muss man wahnsinnig viel erklären hinterher.

Kapitulation

Vor einem Jahr haben Sie in der „Zeit“ eine Kolumne veröffentlicht, in der Sie beschrieben, wie mühsam es angeblich wäre, eine Kolumne zu veröffentlichen, die Donald Trump verteidigt, und endeten mit der Kapitulation, Sie würden nun nicht mehr über Politik schreiben.

Ich habe das in einem rabenschwarzen Augenblick der Depression zu Papier gebracht. Ich habe ja eigentlich ein großes Harmoniebedürfnis. Ich bin nicht auf Kämpfe scharf, aber ich schreibe meine Kolumne seit Ewigkeiten, irgendwann wollte ich ein neues Fenster aufmachen und mich anderen Dingen zuwenden, auch politischen Themen. Wenn ich irgendeinen Gesichtspunkt, den ich für wesentlich halte, in der öffentlichen Debatte vermisse, dann motiviert mich das dazu, ihn zu formulieren. Ich hätte auch jede Menge Trump-kritische Kolumnen schreiben können. Aber wenn ich jeden Tag fünf bis sechs Anti-Trump-Artikel in der Zeitung sehe, dann lasse ich die Finger davon, ich würde auch ein sauberes Fenster nicht noch mal putzen. Ich suche nach der Leerstelle, die ich glaube zu sehen, und versuche, sie dann auszufüllen. Es gab eine Phase – das ist jetzt auch eine Weile her – in der es in den meisten Medien vollkommen unmöglich war, irgendeinen Trump-Aspekt anders als dumm und diabolisch zu finden. Ich bin nun so gestrickt, dass in mir so eine Situation, die Einheitsmeinung eines Milieus, eine diebische Lust weckt, den Advocatus Diaboli zu spielen. Ich muss da auf mich selbst aufpassen, damit ich nicht irgendwelche Positionen beziehe, nur weil es mir Spaß macht, wider den Stachel zu löcken. Also, nur weil fast alle sagen, „der Nationalsozialismus war richtig übel“, fühle ich mich nicht motiviert, eine Verteidigungskolumne zu schreiben.

Das beruhigt mich.

Es gibt also eine Grenze. Eine weite Grenze. Es macht mir manchmal auch Spaß, wenn gewisse Leute sich aufregen.

Desensibilisierung

Gegenüber der „Süddeutschen“ haben Sie gesagt, wenn die Leute sich empören über Ihre Texte, dann hören Sie nur: „Mach mehr davon!“

Ja, das stimmt. Bei gewissen Leuten stimmt es. Bei den Verbohrten.

Das ist aber schon ein bisschen pubertär.

Nein, das ist politisches Denken. Wenn eine bestimmte Gruppe sagt: Über uns dürfen auf gar keinen Fall Witze gemacht werden, dann muss diese Gruppe desensibilisiert werden.

Das sagt ja so niemand, aber Ihre Reaktion finde ich gefährlich und falsch.

Sie sagen immer „gefährlich“. Freiheit finde ich schön, und nicht gefährlich, außer bei Sachen wie Freeclimbing. Das ist doch alles vollkommen harmlos.

Nein. Nehmen wir das Thema Transgender. Das wirkt wie ein Modethema, es wird an vielen Stellen, ich glaube, auch von Ihnen, diskutiert nach dem Motto: Was kommen denn jetzt noch für bizarre Kleinstgruppen an? Anstatt zu sagen: Menschen haben erst einmal Rechte. Ich finde es tatsächlich gefährlich, an der Stelle dann so ein Gefühl zu befördern: Jetzt ist aber auch mal gut und wir müssen uns jetzt nicht wirklich auch noch mit euch beschäftigen. Ich finde es auch in einer Situation, wo schwarze Menschen immer noch jeden Tag erleben, dass sie anders behandelt werden, gefährlich, wenn Sie mit großem Genuss sagen: Ich möchte dann gern für eine Desensibilisierung dieser Gruppen kämpfen. Was wäre so schlimm daran, stattdessen für eine Sensibilisierung der anderen zu kämpfen?

Überhaupt nichts ist schlimm daran. An der Sensibilisierung arbeiten zahllose Menschen, Sie sicher auch, aber es muss natürlich auch welche geben, die das schmutzige Geschäft der Desensibilisierung betreiben.

Warum?

Weil es narzisstisch ist, die eigene Sensibilität an die Spitze der Werteskala zu stellen, und die Freiheitsrechte der anderen an eine der hinteren Positionen.

Ich finde es narzisstisch zu glauben, ein Freiheitsrecht darauf zu haben, andere Leute zu desensibilisieren.

Ich bin aus Mainz. Ein Mainzer kann nicht ohne den Mainzer Karneval aufwachsen. Dessen Prinzip besteht darin, dass bei den Büttenreden die örtliche Honoratiorenschaft und Geschäftswelt in der ersten Reihe sitzt. Und dann steht da einer in der Bütt und macht zwanzig Minuten lang Witze, manche aus den unteren Schubladen, oft auf deren Kosten. Die Zielobjekte müssen dann so tun, als ob ihnen das gefällt. Man verliert sein Gesicht, wenn man zeigt, dass man sich ärgert, obwohl man sich vermutlich schon ärgert. Das ist die Sozialisation, aus der so eine Kreatur wie ich dann eben herauswächst am Ende. Ich finde, Witze über jemanden zu machen, bedeutet nicht, dass man diesen Menschen grundsätzlich abwertet oder seine Rechte bestreitet. Gewisse Tabus sollte es natürlich geben. Ich habe mal was über Paare und gelingende Langzeitbeziehungen geschrieben. Paare trennen sich nicht so schnell, wenn sie in der Lage sind, Witze übereinander machen.

Aber das ist doch der Punkt: Ein Verhältnis auf Augenhöhe ist Voraussetzung für Witze übereinander. Ihr Karnevals-Beispiel führt völlig in die Irre. Da sitzen vorne die Mächtigen, über die man sich lustig macht. Da sitzen nicht irgendwie die Leute, die auf dem Weg dahin in der U-Bahn schon komisch angeguckt werden, weil sie eine andere Hautfarbe haben.

Was die Machtfrage angeht, haben Sie Recht. Ich mache deshalb keine Witze über Leute, die am Boden liegen, auch nicht über Eigenschaften, die man halt hat und nicht ändern kann. Wenn aber jemand etwas Kritikwürdiges sagt, ist das immer kritisierbar, und wenn Trump schwarz wäre, dann würde ich dadurch nicht sein Fan. Noch mal zu Ihrem Lieblingsthema: Ich glaube, dass bei vielen Leuten in dieser Gesellschaft ein gewisser Unwille entstanden ist, weil sie ihre Grundbedürfnisse vom Staat nicht hinreichend erfüllt sehen. Nehmen Sie die Wohnungssituation, nehmen Sie die verzweifelte Suche nach Kitaplätzen. Viele haben ja auch Sicherheitsängste. Wenn dann sowas kommt wie diese Toiletten für Transgender, dann fragen sich die Leute natürlich: Habt ihr keine anderen Sorgen?

Prioritäten

So lange nicht alle Leute eine vernünftige Wohnung haben und einen Kitaplatz, so lange müssen wir uns jetzt auch nicht um die Sorgen von Transgender kümmern?

Nein, das habe ich nicht gesagt. Dass man sich um die Sorgen der Transgender kümmert, finde ich berechtigt. Die Frage ist: In welcher Weise und in welcher Größenordnung und mit welchen baulichen Maßnahmen man das tut.

Die bauliche Maßnahme war, grob gesagt, das Schild an der Tür zu ändern und nicht mehr drauf zu schreiben: „Damen“, sondern „alle“.

Vielleicht würde es Ihnen gelingen, mich zu überzeugen in dieser Frage. Ich halte das nicht für ausgeschlossen. Aber nehmen wir mal an, ich gebe Ihnen Recht. Bei Prozessen sagt man immer: Räumen wir das mal ein. Räumen wir also probehalber ein, dass Sie Recht haben in dieser Frage. Dann muss es trotzdem legitim sein, anderer Ansicht zu sein. Das ist nicht gefährlich. Gefährlich wird es in einer Gesellschaft, wenn man keine Dissidenten-Ansicht mehr äußern darf. Unterdrückung ist gefährlich. Eine Dissidenten-Ansicht ist nicht gefährlich.

Das schließt sich doch nicht aus. Ich finde schon, dass es gefährlich ist, wenn man Ressentiments verbreitet oder befördert.

Aber das machen Sie doch die ganze Zeit.

Ich mache das?

„Alte weiße Männer“?

Das hatte ich Ihnen doch gerade erklärt.

Es ist ein Ressentiment.

Der Vorwurf richtet sich nicht an Männer, die alt und weiß und heterosexuell sind, sondern die unbeweglich sind, die nicht merken, was sie für Privilegien halten.

Man kann nicht gegen Rassismus sein und im gleichen Atemzug weißen Männern ihre weiße Hautfarbe vorwerfen.

Nein, aber ihre Blindheit …

Dann werfen Sie mir gern Blindheit vor, aber nicht meine Hautfarbe. Außer, wenn ich tatsächlich blind bin, dann sollten Sie bitte davon absehen. Jedenfalls sehe ich die Gefahr, dass man über diese Debatten gesellschaftliche Basisfragen vernachlässigt. Das ist ja auch das Problem bei der SPD. Die linken Parteien sollten sich wirklich wieder ein bisschen mehr um die ökonomische Basis kümmern.

Das ist ja die Argumentation von Sigmar Gabriel und anderen: Wir haben uns zu sehr um Minderheitenprobleme gekümmert und …

Wir sollten uns nicht nur um Minderheitenprobleme kümmern. Das ist eine ganz andere Zielrichtung als das, was Gabriel angeblich gesagt hat. Die Formulierung „zu sehr“ würde ich ablehnen. Den Satz, wir sollten uns nicht nur um Minderheitenprobleme kümmern, würde ich befürworten.

Vernichtungsfantasien

Wir waren vorhin an dem Punkt, wo Sie überlegt hatten, gar nicht mehr über Politik zu schreiben, wegen der Reaktionen. Wie sind die denn?

Es sind oft Vernichtungsfantasien. Damit meine ich nicht Mord und Totschlag, sondern dass man alle Andersdenkenden aus dem Diskurs herausjagen möchte, was ich Ihnen ja auch unterstelle. Wenn Sie von Rechten Hassmails bekommen, dann läuft das öfter mal auf Drohungen von physischer Gewalt hinaus. Wenn aus der feministischen Ecke kommt, dann läuft es fast immer auf Verbotsforderungen hinaus. Das zeigt natürlich auch, dass man sich in einer Machtposition fühlt. Ist man ja auch. Und die Rechten, die von der Macht noch ein ganzes Stück entfernt sind, wollen eher die Fäuste sprechen lassen. Sie wissen: Verbieten können wir den zur Zeit sowieso nicht.

Das ist eine gewagte Schlussfolgerung.

Immer, wenn ich schreibe: Der Feminismus ist eine Macht geworden, kriege ich etliche derartige Mails. Ein Journalist, der behauptet, Feminismus sei mächtig, muss dringend entlassen werden. Das hat eine gewisse innere Logik.

Das ist doch völliger Unsinn und beweist nicht die Richtigkeit der These.

Schreiben Sie doch mal was Feminismuskritisches. Machen Sie das Experiment. Ich tröste Sie hinterher.

Sie sind schon besessen von diesem Thema „Gender“, oder?

Nein.

Mindestens als Neben-Pointe kommt das bestimmt in jeder zweiten Kolumne von Ihnen vor.

Wenn sich keiner mehr darüber aufregt, höre ich sofort auf damit.

Wenn wir jetzt alle aufhören, uns über Ihre Texte zu beklagen, schreiben Sie andere Texte?

Ja, sofort.

Das kann doch nicht der Antrieb sein für Sie, zu sagen: Haha, jetzt sind alle auf den Barrikaden, jetzt mach ich das nochmal.

Desensibilisierung, wie gesagt.

Das ist doch furchtbar!

Ich möchte die Verwandlung dieses Landes in eine DDR behindern, indem ich alle permanent daran gewöhne, dass es Widerspruch gibt.

Gender

Haben Sie das Gefühl, dass wirklich die Gefahr von links droht, von Feministen etwa? Der Mainstream ist doch ein ganz anderer. Es ist ja nicht nur die AfD als Partei mit ihren 15 Prozent in den Umfragen. Sie hat ja die ganze Art, wie wir berichten, wie wir diskutieren, nicht nur über Flüchtlinge, rasant verändert. Sie verschiebt tatsächlich, was sagbar ist. Meinen Sie nicht, dass da längst der Wind her weht? Und dass Sie gegen etwas anschreiben, was längst in der Defensive ist?

Der Feminismus ist doch nicht in der Defensive. Das wäre extrem beleidigend dem Feminismus gegenüber. Sollten Sie jemals die Frage stellen, wieso immer noch feministische Positionen in der „Zeit“ vorkommen, müssen Sie mit einem Schulterschluss zwischen mir und dem Feminismus rechnen.

Solange Leute sich noch drüber aufregen, was Sie für einen Unsinn über Gender schreiben, solange schreiben Sie dagegen an, um zu verhindern, dass aus der Bundesrepublik eine DDR wird, in der niemand mehr gegen Gender anschreibt? Das ist aber schon ein bisschen irre.

Ja, es gibt die seltsamsten Leute. Ich denke, es sollte eine bunte und vielfältige Gesellschaft geben. Zu dieser Buntheit gehören dann natürlich auch Menschen wie ich.

Die Frage ist doch: Von welcher Seite droht gerade die größere Gefahr für die bunte Gesellschaft. Haben Sie nicht das Gefühl, dass Sie eigentlich gegen die falschen kämpfen?

Ich kämpfe ja nicht.

Natürlich kämpfen Sie.

Meinetwegen. Ich kämpfe gegen bestimmte Auswüchse, ich kämpfe gegen Übertreibungen. So wie Wolf Biermann gegen gewisse Auswüchse der DDR gekämpft hat.

Sie beschreiben sich als eine Art Dissidenten in einem autoritären System?

Ich habe nicht gesagt, es ist autoritär. Ich habe gesagt: Es besteht die Gefahr, dass es autoritär wird. Das wiederhole ich gern noch ein paar Mal. Die 68er haben behauptet, die BRD sei faschistoid. So was würde ich nie sagen, wahrscheinlich werde ich deshalb nie Außenminister.

Rechts und links

Aber die Frage haben Sie nicht beantwortet: Glauben Sie nicht, dass diese bunte Gesellschaft, die Sie wollen, die vielfältig und liberal ist, dass sie selbst Leute wie Sie akzeptiert …

Das wird ganz schwer.

… im Ernst, meinen Sie nicht, dass die von rechts bedroht ist? Von der AfD und all den Strömungen, die dank der AfD gerade Aufwind haben?

Ich finde es gut und richtig, dass die im Parlament sitzen, weil die parlamentarische Demokratie nur dann akzeptiert wird, wenn das Parlament einen Spiegel der Gesellschaft darstellt. Wenn eine Meinung zahlreich vertreten ist in der Bevölkerung, dann hat sie gefälligst auch im Parlament aufzutauchen und darf sich dort Luft machen, im Rahmen der Gesetze. Darauf basiert die Glaubwürdigkeit dieses Systems. Es ist auch vollkommen normal, dass es eine konservative, rechte Partei gibt. Rechts und links gehört zur Demokratie, beides, von Anfang an. Wenn es nur noch linke Parteien gibt, dann stimmt irgendwas nicht. So gesehen habe ich mit der Existenz dieser Partei überhaupt kein Problem. Und diese ekligen Äußerungen, die von Zeit zu Zeit aus deren Ecke kommen, bezeugen ja, dass die AfD den Kampf gegen sich selbst und ihre Akzeptanz im gemäßigten Bürgertum so intensiv führt, wie es ein Außenstehender kaum tun kann. Wenn diese Partei ziviler aufträte und sich ein bisschen was Adenauermäßiges verordnen würde, dann würde sie wahrscheinlich 25 Prozent kriegen.

Da habe ich Zweifel. Aber das heißt, Ihnen macht dieses Klima keine Angst? Wie sich die Art, wie wir zum Beispiel über Ausländer reden, verändert?

Über Ausländer ist immer so geredet worden an den Stammtischen.

Es macht einen Unterschied, ob auch die öffentlichen Debatte, zum Beispiel in den Talkshows, so geführt wird. Aber ich sehe schon, das macht Ihnen nicht halb so viel Sorge wie die, dass von links angeblich Denkverbote ausgesprochen werden.

Mir macht grundsätzlich eine Opposition, die keine Macht hat und nur Sprüche klopfen kann, weniger Sorge, als das, was Macht hat.

Ich glaube, dass die Opposition Macht hat. Minderheiten bekommen sie gerade zu spüren.

Die beste Art, gegen die AfD zu kämpfen, wäre die alsbaldige Herstellung eines Einwanderungsgesetzes, das auf Akzeptanz stößt bei der Bevölkerung und Ordnung in dieses Chaos bringt.

Das heißt, die AfD ist nicht das Problem?

Die AfD ist das, was als Reaktion auf ein ungelöstes Problem entstanden ist.

Pack

In Ihrer aktuellen Kolumne haben Sie über Charles Bukowski geschrieben, dass er von SPD-Vorsitzenden heute wohl als „Pack“ bezeichnet würde.

Bukowski war ja der Prototyp des alten, weißen, heterosexuellen Mannes. Schade, dass Sie den nicht mehr interviewen können.

Sigmar Gabriel, der dieses Wort vom „Pack“ benutzt hat, hat damit nicht alte, weiße, heterosexuelle Männer gemeint, sondern Neo-Nazis, die in Heidenau standen und vor dem Asylbewerberheim randalierten.

Hat er das nicht pauschal über alle Pegida-Leute gesagt?

Nein, und ich finde es ein Problem, wie Sie das umdeuten. „Pack“ ist genauso wie „Deplorables“ in den USA ein Schimpfwort geworden, mit dem sich die Rechten schmücken. Sie sagen: Wir sind stolz, das Pack zu sein. Und Sie übernehmen das und tun so, als seien mit dem Wort aber nicht Nazis gemeint, sondern Männer, die so waren wie Bukowski. Dann fügen Sie hinzu, es habe nur eine ganz kurze Zeit gegeben, in der Bukowski möglich war – dann fing das Neo-Biedermeier wieder an.

Ich glaube, heute wäre so eine Figur nicht mehr möglich. Dass Schimpfworte von den Betroffenen umgedeutet werden, ist ja nicht unüblich, denken Sie nur an das Wort „schwul“ und den Umgang schwarzer Rapper mit dem Wort „Nigger“. „Pack“ ist heute im Netz eine gängige Bezeichnung für alles, was rechts steht, das wissen Sie doch. Das sind aber nicht alles Nazis, so, wie nicht alle Linken Stalinisten sind.

Die Umdeutung der Schimpfworte war für Schwule und Schwarze ein Akt der Emanzipation und der Befreiung von einem Stigma. Wir müssen aber vielleicht nicht an den Entstigmatisierungsstrategien von Neonazis und Rechtsradikalen mitwirken. Es ist auch nicht dasselbe, ob jemand für das beschimpft wird, was er ist, oder für das, was er tut. Und für mich fühlt sich unsere Zeit nicht nach Biedermeier an. Sie ist nicht zu brav, sondern zu brutal.

Es hat eine gewaltige Moralisierung in allen möglichen Diskursen stattgefunden, das ist sehr schwer zu bestreiten. Das geht mir schon manchmal auf die Nerven. Moral ist wichtig, aber sollte in der Politik nicht der einzige Kompass sein.

Pointen

Sie haben eine Kolumne geschrieben über die Polizeiakademie in Berlin, wo rund ein Drittel der Schüler inzwischen Migrationshintergrund hat. Und dann schreiben Sie sinngemäß: Es gibt unter Migranten sehr viele ordentliche, anständige Menschen, offenbar schafft es aber die Berliner Polizei nicht, die zu rekrutieren. Das ist lustig, ich verstehe die Pointe. Damit unterstellen Sie nebenbei aber allen Polizeischülern mit Migrationshintergrund, dass sie korrupt, kriminell, verdorben sind.

Die Worte korrupt, kriminell und verdorben kommen in meinem Text überhaupt nicht vor. Wenn Polizeischüler interne Fahnungsfotos an arabische Clans weiterleiten, dann sind sie sicher auch stark genug, um eine Pointe auszuhalten.

Wenn einzelne Polizeischüler mit Migrationshintergrund interne Fahndungsfotos an arabische Clans weiterleiten, dann müssen alle Polizeischüler mit Migrationshintergrund, die das nicht tun, Ihre Pointe aushalten.

Aber ich gebe Ihnen hiermit die Erlaubnis, in Ihrem nächsten Text über mich zu schreiben: Es gibt unter alten, weißen, heterosexuellen Männern viele anständige Menschen, aber die „Zeit“ schafft es nicht, die zu rekrutieren.

Das passiert Ihnen aber häufiger in Ihren Kolumnen, dass Sie so nebenbei, beim Drechseln einer schönen Pointe, einen ganzen Schlag von Menschen abwerten – und dann gern auch die, die dann vermeintlich desensibilisiert werden müssen. Sie sagen, dass alle anderen schon damit beschäftigt sind, die AfD zu prügeln, und die müsse ja dann nicht auch noch das Ziel Ihres Spotts sein. Dann ist es vielleicht kein Zufall, dass das Ziel Ihres Spotts halt Migranten, Moslems, Trans-Menschen, was auch immer, sind.

Über die AfD habe ich trotz meiner selbstauferlegten Zurückhaltung immerhin rund ein Dutzend spöttischer Texte verfasst. Ich verwahre mich wirklich dagegen, als jemand dargestellt zu werden, der in einer manischen Weise auf Migranten und Transgender-Leuten herumhackt. Auf allen hacke ich herum. Das ist so, bei einer Kolumne: Ganz ohne Herumhacken geht es manchmal einfach nicht. Aber mein Ziel ist es, nichts zu schreiben, bei dem an dieser Stelle hinterher kein Gras mehr wächst. Ich möchte nicht unter die Gürtellinie schlagen, ich möchte Menschen nicht verletzen und herabsetzen. Wenn das hin und wieder mal passiert, dann ist das ein Versehen, manchmal übertreibt der betreffende Personenkreis es auch mit seiner Empfindlichkeit. Das ist aber nicht mein Ziel. Mein Ziel ist, zu unterhalten, vielleicht, wenn es gut läuft, eine Erkenntnis zu produzieren, und ansonsten so eine Art Lebenschronik zu schreiben, in der sich genügend andere wiedererkennen.

Können Sie sich nachvollziehen, warum Sie von Kritikern – nicht nur von mir – seit einiger Zeit immer wieder in die rechte Ecke gestellt werden?

Ja, ich kann das nachvollziehen, weil man natürlich immer versucht, das an Diffamierung zu finden, was am Diffamierendsten wirkt. Die Ecke, in der ich mich wohl fühle, ist die Ecke, in der das Erbe der europäischen Aufklärung verwaltet wird.

Warum wollen Leute Sie diffamieren?

Weil liberale Positionen manchmal schwieriger zu verstehen sind als stramm linke oder stramm rechte. Weil Argumentieren anstrengender ist als Diffamieren. Weil sie jeden Witz irrtümlicherweise für einen Gewaltakt halten. Wenn ich etwas Linkes schreiben würde, dann würde ich doch in ähnlicher Weise von rechts angegriffen werden. Manchmal schreibe ich ja auch was Linkes und dann passiert genau das.

232 Kommentare

  1. Mit gleichermaßen Neugier wie Grausen frage ich mich ob auch ein Interview mit Don Alphonso geplant ist.

  2. Man kann Martensteins Haltung also wie folgt zusammenfassen:
    https://www.ulistein-onlineshop.de/media/images/org/U9702.jpg

    Immer und überall, einfach nur um Jedem ans Bein zu pinkeln, der ihm gerade über den Weg läuft, allerdings nur, solange er nicht gerade seinerseits gegen Anstand, Demokratie, Menschenwürde oder soziale Werte wettert. Falls Jemand sowas tut, dann ist er vor Martenstein geschützt, weil da kriegt er ja dann schon genug Gegenwind von anderen Leuten und dann muss Martenstein ausnahmsweise ein anderes Schild hochhalten:
    https://www.ulistein-onlineshop.de/media/images/org/U9701.jpg

    Es ist zum Haare raufen. Nicht mal bei dem Interview lässt er sich ernsthaft auf ein empathisches Miteinander ein, bleibt in seiner sarkastischen „ich kann hier anpöbeln wen ich will, das Recht lasse ich mir nicht nehmen“-Nummer. Und weil das ja nunmal zu den erstrebenswerten Grundrechten gehört, andere jederzeit anpöbeln zu können, muss man halt dafür in Kauf nehmen, mit Leuten konform zu gehen, die stattdessen andere Grundrechte beschneiden wollen (aber hey, die sind ja harmlos, weil Opposition und so).

  3. Marteinstein, der „weiße, heterosexuelle, alte Mann“? Menschen nach äußerlichen Merkmalen zu gruppieren und diese angeblichen Gruppenidentitäten dann gegeneinander zu positionieren, scheint mir keine gute Diskussionsstrategie zu sein. Das suggeriert, dass die Kategorie der weißen, heterosexuellen, alten Männer eine homogene Einheit bildet. Auch als „weißer, heterosexueller, alter Mann“ kann man Erfahrungen der Ausgrenzung, des Andersseins machen, sich als Minderheit wiederfinden. Und plötzlich bewirkt diese Zuschreibung das Gegenteil dessen, was sie beschreiben soll, nämlich eine Minderheit von einer Mehrheit zu unterscheiden. Vielleicht kommt man ja auf die Idee, dass Individuen doch nicht so einfach zu kategorisieren sind.

  4. Ein schönes Beispiel dafür, wie Martenstein vorgeht, ist in seiner Betrachtung über Siegmar Faust und Horst Mahler zu sehen.

    „Weil er sich für die Freilassung von Horst Mahler einsetzt, unterstellt man ihm, dass er die wirklich ekelhaften Auffassungen von Horst Mahler teilt, von denen er sich ausdrücklich distanziert hat. Das ist ganz und gar übel. Es ist vollkommen irre, jemandem, der sagt: Es ist ein Gebot der Humanität, einen todkranken Greis aus dem Gefängnis freizulassen, zu unterstellen, er sei ein Gesinnungsgenosse. Das kann ja sein, aber wir wissen es nicht. Man kann aus liberalen und humanitären Gesichtspunkten zu genau dieser Meinung gekommen sein.“

    Natürlich kann auch ein Martenstein zuvor recherchiert haben, dass Siegmar Faust offen mit der rechten Szene sympathisiert. Natürlich könnte er wissen, dass Siegmar Faust das ihm zugesprochene Zitat über den Holocaust – „Ist die Zahl sechs Millionen heilig?“ – nicht dementiert hat. Er muss ja auch nicht akzeptieren, was über Faust berichtet wird – aber zumindest auseinandersetzen sollte er sich damit.

    http://www.taz.de/!5509991/

    Wie gesagt: er könnte es wissen, er muss es nicht. Vielleicht weiß er es wirklich nicht, vielleicht hat er schlichtweg Angst, dass durch eigene Nachfragen seine steilen Thesen brüchig werden könnten.

    Es ist die Informations-Unschärfe, ein beinahe verächtliches, snobistisches Verweigern der Recherche, worauf Martenstein seine Kolumnen baut. Das Ganze dann noch nicht einmal aus inhaltlichen Gründen oder weil er eine Haltung hat. Nein, er macht es nur aus Gründen der Ökonomisierung. Der Stoff selbst ist egal – Hauptsache, er erzeugt Traffic. Nein, er ist kein Freiheitskämpfer, als der er sich hier gerne verkaufen möchte. Er ist nur ein ganz banaler Geschäftemacher.

    PS: Gutes Gespräch, Stefan!

  5. „Wenn eine bestimmte Gruppe sagt: Über uns dürfen auf gar keinen Fall Witze gemacht werden, dann muss diese Gruppe desensibilisiert werden.“

    Auf die Idee, dass die Gruppen, die er zur Zielscheibe zu machen sich berufen fühlt, auch ohne seine tüchtige Mithilfe ständig und überall „desensibilisiert“ werden, wenn sie nur dunkle Haut haben oder schwul sind oder trans oder Frauen oder sonstwie marginalisiert, kommt Herr Martenstein offenbar leider nicht.

    Insofern bestätigt das Interview eigentlich nur den Eindruck, den man eh schon von ihm hat: ein fraglos talentierter Autor, der inzwischen aber zu satt ist und zu überfordert von der Welt, um seine Aufmerksamkeit noch wirksam vom eigenen Bauchnabel lösen zu können.

  6. Dieser Schlagabtausch war längst überfällig und fand auf dem zu erwartenden hohen intellektuellen Niveau statt. Danke dafür. Ich hoffe aufrichtig, die Kommentare passen sich wenigstens HIER einigermaßen an dieses Niveau an. Bis jetzt spricht leider wenig dafür!

  7. Das mit den weißen, heterosexuellen, alten Männern (im folgenden Wham) ist so eine Sache. Hier soll das als ironisch überspitzter Gegensatz zu schwarzen, lesbischen, jungen Frauen und anderen benachteiligten Gruppen dienen.
    Es gibt aber Leute, und nicht nur Wham, die das nicht als Ironie wahrnehmen.

    Dass manche ironieverstehende Wham – wie möglicherweise Martenstein selbst – sich mit Absicht dumm stellen, kommt erschwerend hinzu.

    Wobei, streichen Sie das möglicherweise. Trotzdem oder gerade deshalb ist der Begriff des „Wham“ eher wenig zielführend, mMn.

  8. Frank,

    man wartet – wie immer – nur auf Deine Kommentare, um dieses hohe intellektuelle Niveau erklimmen zu können. Nur Mut!

  9. Also durch diesen Streit sehe ich Niggemeier in ganz anderem Licht. Und es ist kein Gutes.
    Ich hielt Niggemeier immer für einen aufgeklärten, offenen Mann, der neutral an Sachen herangehen kann und sich in das Gegenüber einfühlen. Stattdessen lese ich Vorwürfe, Unterstellungen und von einem Sturkopf, der erwartet, dass der andere die Worte genau so versteht, wie Niggemeier sie meint.

    Wie eben diese Wortfolge „heterosexuell, alt, weiss, männlich.“ Niggemeier scheint nicht begreifen zu wollen, dass man diese Wortfolge auch anders verstehen kann als „privilegiert aber das nicht anerkennen wollen“.
    Oder andersrum: Niggemeier versteht Martenstein sehr gut, erwartet aber einfach (warum auch immer) dass der andere die Wortfolge nur so versteht, wie Niggemeier sie meint.
    Ich bin da ehrlich, ich weigere mich auch, diese Wortfolge genau so zu verstehen wie Niggemeier es gerne hätte. ich verstehe sie auch wörtlich. Ich werde mich persönlich auch nicht auf ein Sprachdiktat einlassen, in dem andere bestimmen, wie ich eine Folge aus unabhängig voneinander zu nutzenden Worte, die durch Kommata getrennt sind, zu verstehen habe.

    Bei der Empathie genau so:
    Niggemeier wirft Martenstein fehlende Empathie vor, weil er sagt „Jetzt ist mal gut“. Was ist das für eine Geisteshaltung, in der man dem anderen direkt vorwirft, er hätte überhaupt kein Mitgefühl, weil er mal ganz ehrlich sagt, was er empfindet?

    Ist das wirklich noch der gleiche Niggemeier, der vor Jahren in seinem Blog mal schrieb, dass Prominente überhaupt nicht mehr ehrlich sagen können, was sie empfinden, weil sie dann sofort niedergemacht werden?
    Herzlichen Glückwunsch, Niggemeier macht es heute genau so.

    Im Streit selber ging es ja leider nicht wirklich um Inhalte, obwohl sich Martenstein augenscheinlich etwas besser vorbereitet hatte.
    Während Niggemeier Martenstein lieber Vorwürfe macht, in dem er ihm Worte in den Mund legt. Gut zu erkennen an der Sache mit den Transgender-Toiletten. Denn Martenstein hat wirklich nie gesagt, dass er oder andere sich nicht so anstellen. Und wenn Niggemeier den Artikel, den er selbst hier verlinkt, noch mal gelesen hätte, wüsste er das. „Sich nicht so anstellen“ ist eine Interpretation von Niggemeier, keine Worte von Martenstein.

    Aber davon ist ja das ganze Interview geprägt. Mal so rum, mal andersrum. Entweder versteht Niggemeier nicht, warum Martenstein Worte anders versteht als er oder er wirft Martenstein Dinge vor, die er nicht gesagt that, die Niggemeier aber so hat verstehen wollen.

    Ich persönlich denke, man hätte erstmal zusammen reden sollen. Und sich auf einen Diskurs einigen. Auf eine gemeinsame Sprache. Aber dafür sprechen beide Seiten schon zu persönlich.

  10. Hm. Hier nochmal die Stelle aus Martensteins damaliger Kolumne zum Thema Unisex-Toilette (nicht Transgender-Toilette!) , die ich zusammengefasst habe mit den Worten, er stelle sich ja auch nicht so an:

    Kann solch ein Mensch nicht einfach in die Toilette hineingehen, die seinem äußeren Erscheinungsbild am ehesten entspricht, dort eine Zelle betreten, abschließen und auf die ihm oder ihr gemäße Weise sein oder ihr Geschäft verrichten? (…) Bei mir ist es so: Ich bin, rein äußerlich, Mann. Wenn die Männertoilette kaputt war, bin ich immer auf der Frauentoilette gewesen.

  11. WHAM ist ein sehr gelungenes Akronym. Dem A kommt besondere Bedeutung zu. Mir ist drüben »Ageismus« unterstellt worden, weil ich schrieb, dass auch Alice Schwarzer nun in dem gesegneten Alter sei, wo man zusehends verhärtet und nicht mehr bereit ist, alle Aspekte eines Themas zu beleuchten. Dabei habe ich das gar nicht als Vorwurf gemeint.

    Diese Verhärtung ist für mich eine zwingende Folge des Altwerdens (Fremd- und Eigenbeobachtung) und damit ein ganz natürlicher Vorgang. Wieso sollte ausgerechnet das Gehirn geschmeidig bleiben, wenn Knochen, Haut und Gefäße spröde werden? So gesehen bin ich nicht sonderlich überrascht über den bockigen Interviewpartner Harald Martenstein, den ich zu Zeitabozeiten immer sehr gern gelesen habe.

    Egal ob die Alten ihren Standpunkt intellektuell-sarkastisch vertreten (Martenstein), plump-nationalistisch (Gauland) oder spitzzüngig-ideologisch (Schwarzer), die Botschaft ist doch immer dieselbe: »Schiebt mich bloß nicht aus meiner Komfortzone! Ich bin zu alt für neue Erkenntnisse.«

  12. Auch als „Wham“ fühlt man sich nicht unbedingt „wie alle anderen“.

    Wenn der Vorwurf sein soll, „Wham“ würden ihre Privilegien (ich würde das Vorteile nennen) nicht erkennen oder zugeben, dann wird das dahingehend doch ironisch, weil einige ihre Vorteile erkennen, einige diese sogar zugeben und dritte diese Vorteile tatsächlich nicht haben bzw. effektiv nicht nutzen können.

  13. George Michael würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüßte wofür die Krauts hier seinen Bandnamen mißbrauchen!

  14. Herrliches Interview – Ich möchte hier gar nicht auf den Inhalt eingehen, aber die Art des Gespräches und die Form finde ich toll.
    Bitte mehr davon!

  15. Trump und Kim trafen sich am 6. Juni. Wieso erscheint dieses Interview erst vier Wochen später?

  16. Trump und Kim trafen sich am 12. Juni. Danach wurde das Gespräch (also, unsers jetzt) transkribiert, gekürzt, autorisiert. Es schien mir jetzt auch nicht tagesaktuell.

  17. Ich kenne durchaus auch ein paar flexible, tolerante und ja, auch noch immer lernfreudige ältere weiße Menschen, männlich wie weiblich. „Angry“ (hab ichs überlesen?) sind die zB auch eher über Höcke, Seehofer und Co.

    Und dass die es mitunter etwas nervt, qua Physis mit unter diesen recht häufig verwendeten Topos zu fallen, auch wenn sie im Kontext doch gar nicht mitgemeint sein sollen, kann ich gut verstehen.

    Da ich nur bis zur Bezahlschranke komme: Versteht Martenstein, dass es einen zumindest graduellen Unterschied zwischen zB Ostfriesenwitzen und dem teils offenen Hass gegenüber seiner Meinung nach zu „Desensibilisierenden“ gibt?

  18. Auch von mir einen herzlichen Dank für das Interview!
    Ich finde es immer gut sich mit Leuten zu beschäftigen, die eine gegenteilige Meinung haben. Nur so lernt man was neues. Gerne mehr davon!

  19. Ich fand ihn früher tatsächlich mal lustig und gut. Davon ist nichts mehr übrig.

    Großes, megagroßes Kompliment und ChapeauChapeau an SN für das konsequente und eloquente Gegenhalten. Das hat Martenstein echt auseinandergenommen und gewissermaßen vorgeführt ohne Aggression. Bei Martenstein und Konsorten scheint Hopfen und Malz verloren. Man kann das Abdanken beachleunigen, in dem man sie weder liest noch beachtet.

    @SN: auf den zweimaligen Vorwurf des Rassismus gegen Weiße wäre ein Eingehen nicht nötig gewesen. Es gibt keinen Reverse Racism. (Die Recherche lohnt in dem Fall, finde ich.)

  20. @CON2ART lol ?
    Das ist zu geil, wie Sie hier dagegen argumentieren und gleichzeitig so ein WHAM Paradebeispiel abgeben.

    @all: was versteht man nicht daran, dass mit wham eine privilegierte Geisteshaltung gemeint ist? Weiß ist keine Hautfarbe, es ist eine politische Kategorie. Alt ist keine Zahl sondern ein Flexibilitätsgrad im Geist. Männlich ist kein Geschlechtsteil sondern ein Machtanspruch. Hetero ist keine Sexualität sondern eine Normierung. Natürlich gibt es ganz wundervolle alte weiße heterosexuelle Männer. Etliche. Aber wer die negativen Eigenschaften von Männern, Alten, Heterosexuellen und Weissen in sich vereint (und das passiert eben wenn man seine Privilegien unreflektiert auslebt), der kann auch getrost so bezeichnet und kategorisiert werden. Kleine Bauernregel: wer sich bemüßigt fühlt, sich gegen die Begrifflichkeit zu wehren, gehört aller Wahrscheinlichkeit nach dazu!
    Das Gegenteil lässt sich nicht durch Lamentieren und Jammern beweisen sondern mit eingehender Befassung der Thematik. Es ist nicht schwer, dazu was zu finden… Im Zweifelsfall befragen Sie einfach Ihre Töchter.

  21. @Stefan Niggemeier
    Weiß ich doch (hab ein paar seiner Kolumnen gelesen.)

    Mir gings um die anderen heterosexuellen weißen alten Männer, die nett zu anderen sind und nicht mit den Martensteins in einen Topf geworfen werden möchten.

    Ja, Sie haben es sehr schön erklärt und ich verstehe das Anliegen. Aber hat denn immer jeder diesen Disclaimer parat?

    Vielleicht bin ich auch einfach nur bissl enttäuscht, dass dieses Interview jetzt doch nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist. ;)
    Fand die Idee und beiderseitige Bereitschaft dazu jedenfalls großartig.

    Oh. @27 zufolge bin ich jetzt ein privilegierter alter weißer Mann. Na gut, ich bin hier eh schon so viele. Fisch. Ich muss mehr Fisch essen. Omega-3-Fettsäuren. Sollen ja die Hirnmembranen flexibler machen.

  22. Totale Ödnis schon in der Einleitung, blöder kann es doch kaum noch werden.

    Dieses Niveaulimbo wird auch nicht besser wenn man es als Ping Ping Geschreibsel aufführt.

    Mein Fresse, merken die Typen der Journaille eigentlich noch wie tief ihre Filterblase gesunken ist?

  23. SN erklärt mehrfach, dass er mit der „Wham“ Bezeichnung auf die (unsichtbaren) Privilegien dieses Typus Mensch abzielt, nicht auf die Merksmalsausprägungen an sich.
    Das muss man schon absichtlich falsch verstehen wollen.

    Ich passe sogar in diese Gruppe, wenn auch nicht unbedingt alt, und ich fühle mich definitiv nicht in einen Topf mit den Martensteins dieser Welt geworfen. Auch empfinde ich nicht, dass Herr Martenstein nicht „nett“ zu anderen gewesen sei. Er vertritt eine bestimmte Position, so what.
    Er muss diese Dinge halt falsch verstehen, damit er seine Zielgruppe nicht verliert.
    Außerdem glaube ich mittlwerweile tatsächlich ein wenig, dass er seine Priviligien tatsächlich nicht erkennt … „Schreiben dürfte ich auch, wenn ich schwarz wäre“ … Das hat schon bisschen was Kolonialherschaftliches.

    Letztenendes läuft so eine Konfrontation wie hier zwischen SN und HM doch eh immer nur auf das Bedienen der jeweiligen Zielgruppe zum Zwecke der Etablierung der eigenen Marke hinaus.
    Ist ja nichts verwerfliches, hier aber jetzt tatsächlich einen ergebnisorientierten Schlagabtausch mit Lerneffekt auf beiden Seiten zu erwarten, ist m. E. naiv.

  24. @Anderer Max: Ja, naiv bin ich auch manchmal. Wie Gutmenschen das halt so sind. Ne Erika Steinbach gehört dann wieder in ne andere Schublade, weil das Privileg Mann fehlt? … ich erwarte doch gar nichts wirklich. Ich hab nur grad Zeit und denke hier laut rum. Keine Sorge, ist nur ne Phase. ;)

  25. ich tue mich schwer mit Menschen, die partout alles falsch oder als persönlichen Angriff verstehen wollen: Deshalb bin ich manchmal froh, nicht immer zu Hause sein zu müssen ?
    Daher: Gut durchgehalten, Stefan Niggemeier!

  26. „Ne Erika Steinbach gehört dann wieder in ne andere Schublade, weil das Privileg Mann fehlt?“
    Wenn Sie mich fragen, nein.
    Sie vertritt eine extrem patriarchische Position, ich finde da spielt ihr natürliches Geschlecht keine große Rolle. Das dient ja eher noch zur weiteren inszenierung, a‘ la „Schau mal, sogar ne Frau hat was gegen Feminismus.“
    Ebenso wie bei mir das Attribut Alter evtl. nicht in die Wham-Kategorie passt, ich mir dennoch bewusst bin, die Privillegien dieser Gruppe durchaus jetzt schon genießen zu dürfen.
    Sprich: Wenn einer sacht „Du bist zu jung um da mitreden zu können“, dann kann ich das durchaus als „unsachlich“ weglächeln.

    Ich finde viel interessanter, dass die ökonomische Seite des Ganzen nicht großartig beleuchtet wird.
    Erika Steinbach z. B. ist eine wohlhabende Stiftungsinhaberin (Kuratorin? Weißgradnich) mit großer Lobby. Da geht es, wenn man von „Privilegien“ spricht doch nicht vornehmlich um ihr Alter, Geschlecht und Hautfarbe, sondern um Geld, Einfluss und Macht (welche andere Ursachen haben können).
    Da sind doch die Geldströme / Finanzierungsmuster interessant, nicht die Provakationen der Protagonisten. Finde ich jedenfalls.
    Eine öffentliche Debatte über Geld, Einkommen, etc. würde ganz schnell zu Systemfragen führen. Das bedeutet Selbstkritik und die lässt die Aktienkurse fallen.
    Erinnert mich auch an Seehofers „wirkungsgleich“ als Synonym für Lager an deutschen Grenzen. Bloß nicht das Lagersystem an sich in Frage stellen, hauptsache er hat ein Wort, dass er seinen Wählern verkaufen kann.
    (Und ja, Flüchtlingslager existieren bereits und immernoch in DE, seit 2015. Eines ist in meiner Heimatstadt noch immer gut frequentiert. Das mag ja eine Notlösung für 2-3 Jahre sein … leerstehende Bundeswehr-Liegenschaften gibt es genügend dafür … Aber es ist doch keine strukturelle Dauerlösung, Menschen in Lager zu sperren. Auch ökonomisch – nicht mein Lieblingsargument – macht das keinen Sinn.)
    Sorry für viel Off-Topic.

  27. @Anderer Max:
    Offensichtlich ist gemeint, dass Martenstein ein Beispiel für einen Menschentyp ist, der ignorant gegenüber Problemen ist, die andere Leute haben, er selbst aber nicht haben kann.

    Was mich daran stört, ist der Begriff „Privileg“, als wären Wham der neue Adel.
    Es gibt Wham-Obdachlose; gewiss werden die sich freuen zu hören, dass sie lesbischen schwarzen Studentinnen gegenüber privilegiert sind.

  28. @lbrlprgrssv: Ich entnehme also der Umgangssprache eine Reihe von Wörtern und setze voraus, dass diese Wörter nicht im Entferntesten das bedeuten, was sie in der Umgangssprache bedeuten. Und wer diese Definition in Frage stellt, kann nur qua Definition schuldig sein. Okay. Erinnert mich strukturell vage an das Weltbild von Robespierre. Ich nehme an, dahinter steckt eine Spielart von „Alles ist eine soziale Konstruktion“.

  29. @34: Naja .. „selbst nicht haben kann“ nicht wirklich. Es geht ja dann um die Ursache der Situation.
    Ursache der Obdachlosigkeit von Herrn M. und anderen Wham kann jedenfalls nicht die Benachteiligung aufgrung von Hautfarbe oder Nicht-Heterosexualität sein.
    Deshalb ist das ganze Opfergetue von rechts ja so lächerlich: An einer benachteiligten Ausgangslage von Hautfarbe oder Sexualität liegt es jedenfalls nicht. Wahlweise sucht man sich dann andere Sündenböcke, PC-Kultur, Geflüchtete, bei-Mama-wohnende Studenten, etc.
    Man kann den ökonomischen Faktor thematisieren – Lapidar „Die Schere zwischen arm und reich“ – Was sich leider nur in nicht-profitable linke Politik übersetzen lässt und daher uninteressant für alle Konservativen ist.

    Im neuen South Park Videospiel beispielsweise wählt man den Schwierigkeitsgrad des Hauptspiels mit der Hautfarbe des Charakters. Sprich, wer das Spiel auf „schwer“ spielen will, hat automatisch einen Charakter mit extrem dunkler Hautfarbe, etc. – Das illustriert die Problematik ganz gut imo.

  30. @33 Auhauahauaha: das biologische Geschlecht von Frau Steinbach spielt eigentlich keine Rolle, weil sie patriarchalisches Gedankengut vertritt.

    JETZT geh ich Popcorn holen.
    Nee, muss leider jetzt wirklich kurz weg Urlaub machen.

  31. Was ich nie verstanden habe – hier im Artikel auch nicht – ist die Frage, was für „Privilegien“ sollten es sein, derer ich mich bewusst machen solle? Bitte konkret und einzeln aufzählen (bisher nicht geschehen).

    „Es geht um das Gefühl, ‚normal‘ zu sein, und dadurch blind zu sein für die Erfahrungen von Menschen, die anders sind.“ – Wir nähern uns Herrn Niggemeiers Standpunkt, und dieser ist nicht sehr rühmlich. Ich führe aus:

    Weil 94% der Menschen gegengeschlechtlich orientiert sind, ist der Anblick eines ♂-♀-Pärchens vertraut, beim gleicheschlechtlichen ♂-♂-Pärchen in der Öffentlichkeit dagegen bemühen wir uns um einen neutralen Gesichtsausdruck. (Geht mir jedenfalls so.) Herr Niggemeier will das ändern. Er will meinen Sinn für peinlich „gerade biegen“.

    Herr Niggemeier, ich ehre und achte jeden Homosexuellen, der sich mir gegenüber achtsam und ehrenhaft verhält. Sie, Herr Niggemeier, wollen in meiner Seele Änderungen vornehmen. Das ist verächtlich und ehrlos. Dass das bitte klar ist.

  32. @38 Wie geil Herr Busch

    Erst fragen Sie nach den „Privilegien“ (als hätten Sie den Text nicht gelesen) und dann bewerten Sie das Knutschen von Schwulen und Lesben als „peinlich“.

    Und vorher ehren Sie alle Homosexuellen, die sich Ihnen gegenüber „achtsam und ehrenhaft“ verhalten, statt alle Menschen zu ehren, bis diese sich eben unachtsam und unehrenhaft verhalten.

    Verstehen Sie?

  33. Bin inzwischen unschlüssig, ob es schlimmer war/ist das gespielt Nicht-Verstehen-Wollen von Herrn Martenstein durchzulesen oder die Kommentare hier. Ja, Herr Busch. Auch Sie sind gemeint.

  34. Meine Herren Niggemeier und civichief,

    das Element „peinlich“ ist Bestandteil der naturgegebenen menschlichen Empathie. Das Gefühlt entsteht abseits von Willkür, kann aber nur mit Willkür-Energie unterdrückt werden (Resultat aus Sozialisation).

    Das Element „peinlich“ ist nicht-trivial.

    Ich will den Satz mit Leben füllen: wenn ich (männlich, der Dame zugetan) ein Pärchen vor mir sehe, überstreicht meine Gefühlsreaktion einen weiten Bereich von „was für eine Schabracke hat der Typ geangelt“ über „bildhübsch, kann ihn verstehen“ zu „die ist ein Engel – sowieso schade für mich“. Und das alles vor Höflichkeits-Filterung, spontan, unwillkürlich. (Ob es homosexuelle Entsprechung gibt, weiß ich nicht. Herr Niggemeier?)

    Darüber hinaus sollte der Begriff „peinlich“ in der Psychoanalyse behandelt sein (ich hänge mich mangels Fachwissen nicht aus dem Fenster, aber es sollte).

    Herr Civichief, ich frage nicht nach Privilegien, sondern streite diese ab. (Meinen Kommentar notfalls noch mal lesen.) Irgendwelche „Privilegien“ sind haltloses Gerücht.

    Herr Niggemeier, mein Beitrag ist nicht peinlich, sondern seriös. Ihr Einwand ist ein Apodiktum. Sie leiten nicht nachvollziehbar her. Solange das nicht geschieht, nehme ich Absicht Ihrerseits an anstelle Logik.

    Gruß Wolf-Dieter Busch

  35. @Anderer Max:
    Doch, wirklich.
    Ich kann als Weißer in Mitteleuropa nicht die Probleme mit Rassismus haben, die ein Schwarzer in Mitteleuropa hat (in Zentralafrika sieht das vllt. anders aus, aber das nutzt den Schwarzen hierzulande kein Stück).
    Ich kann als Hetero nicht die Probleme haben, die ein Schwuler hat (in anderen Ländern sind die Probleme von Schwulen eher größer, aber das ist den Schwulen hier wohl eher kein Trost).
    „Alt“ und „männlich“ sind eher ambivalente Vorteile – alte Menschen haben Probleme, die junge nicht haben, und Männer werden häufiger obdachlos als Frauen.
    Bei den letzteren Punkten ist es daher auf jeden Fall irreführend, von „Privileg“ zu sprechen.
    Wenn es jetzt aber darum gehen soll, dass Herr M. die Nachteile, die Schwarze und Schwule haben, ignoriert, bzw. den eigenen Vorteil nicht zu sehen, der sich daraus ergibt, als „Privileg“ anzuerkennen, wäre es vllt. besser, ihn nicht als Wham zu bezeichnen, sondern als selbstzufriedenen Ignoranten oder so. Da weiß jeder, möglicherweise auch er selbst, was gemeint ist.
    Wenn man einen Begriff wie Wham verwendet und zig mal erklären muss, wie der verstanden werden soll, ist der Begriff möglicherweise einfach nur irreführend.

  36. Aber das habe ich Ihnen voraus: ich bemühe mich um neutralen Gesichtsausdruck.

  37. @37: Was finden Sie denn so doof an der grundsätzlichen Aussage, jemanden nach dem, was er sagt, nicht nach dem was er ist, zu bewerten?
    Selbstverständlich (und das muss man m. E. auch shcon wieder absichtlich falsch verstehen wollen) hat Frau Steinbach mit den gleichen Frauen-Vorurteilen, wie jede Frau zu kämpfen.
    Da sie jedoch eindeutig Stellung bezieht, diese Situation nicht ändern zu wollen, hat ihr natürliches Geschlecht keinen großen Einfluss auf die Meinung, die ich von ihr habe.
    Viel Spaß im Popcorn-Urlaub °_°

  38. @43:
    Im letzten Teil bin ich voll Ihrer Meinung. „selbstzufriedener Ignorant“ ist vielleicht auch nicht gerade das gelbe vom Ei, aber geht in die richtige Richtung. Generell bin ich eh dafür, Individuen zu betrachten, nicht „Gruppen“ oder „Schubladen“ auf die man mich hier festnageln will.
    Ich bin sicher kein Verfechter von Ausdrücken wie „Wham“, falls das so rüber gekommen ist.

    „in Zentralafrika sieht das vllt. anders aus“ – Ja, dass Rassismus regional unterschiedliche Merkmale bespielt, sollte klar sein.

    „Alt und Mann“
    alt – spielt darauf an, dass man im alter wohlhabender ist.
    mann – spielt darauf an dass unsere Gesellschaft patriachalisch ist.
    Wie gesagt, da geht es ja nciht darum, dass mehr Männer obdachlos sind als Frauen, sondern ob das Geschlecht bei den Ursachen für Ihre Obdachlosigkeit eine Rolle spielt.

  39. Ich vermute, dass von „weißen“ (h. a. Männern) zu reden die ohnehin schon verworrenen und schmerzhaften Diskussionen darüber, wie man anständig miteinander auskommt, zusätzlich belastet. Und zwar, weil der Begriff mir einfach am Problem vorbeizugehen scheint. In Deutschland gibt es, so lange ich mich erinnern kann, Ressentiments gegen und Benachteiligungen von Leuten, die einen Migrationshintergrund haben oder sonst irgendwie von den geneigten Arschlöchern für „nicht deutsch genug“ erklärt werden. Wer genau zum Fertigmachen ausgerufen wird, wechselt mit den Jahren (ich kann mich erinnern, dass es früher mal „die Polen“ waren oder „die Osteuropäer“, die ja nun, wo es – neben dem Klassiker „die Türken“ gerade „die Muslime“ erwischt – gerade (und sicherlich vorübergehend) im Hetzerdiskurs als positives Abziehbild instrumentalisiert werden). Ja, als Mensch mit dunkler Hautfarbe ist man ebenso Dauerziel von Diskriminierung in Deutschland, vielleicht auch besonders schlimmer. Aber was ich sagen will: Wie ich es wahrnehme, hetzen die Hetzer in Deutschland gegen (vermeintlich) Fremde und machen das nicht an einer nicht „weißen“ Hautfarbe/Ethnie/wie auch immer Weißsein definiert werden mag fest. Traditionell heißt deren Schublade „Ausländer“. Die meisten benachteiligten „Ausländer“ in diesem Sinne sind aber nicht „nicht weiß“ in irgend einem für mich sinnvollen oder allgemeinsprachlichen Verständnis des Wortes. Ich nehme an, die Rede von „Weißen“ ist aus nordamerikanischen Diskussionen entnommen; dort mag er ja seine schmerzhafte Berechtigung haben. Ein „Türke“ oder „Araber“ in Deutschland wird aber nicht angefeindet, weil er nicht „weiß“ ist, sondern weil er „Ausländer“ oder (neuerdings) „Moslem“ ist. Deshalb vermute ich, dass das Attribut „weiß“ in dem Zusammenhang zu gebrauchen, in dem es auch in dem Gespräch oben gebraucht wird, einen Haufen vielleicht unnötiger Schwierigkeit einbringt, wo doch alles schon schwierig und schmerzhaft genug ist. Vielleicht ja auch nicht, keine Ahnung. Bitte entschuldigen Sie diesen recht wirren Text. Ich finde das alles schrecklich deprimierend.

  40. Es gibt auch Altersarmut und Altersarbeitslosigkeit. Dass manche Menschen im Alter einen behaglichen Wohlstand aufgebaut haben, nutzt den anderen nichts.
    Ja, man sollte auf Individuen abstellen, aber die meisten „Alten“ wären gerne jünger.

    Und das Patriarchat schadet bekanntlich auch den Männern, d.h., in manchen Bereichen nutzt es den Frauen.
    Frauen studieren öfter, haben ungefährlichere Berufe, werden seltener Opfer von Gewalt, leben daher auch länger und stellen die Mehrheit der Wahlberechtigten, weil sie länger leben (es werden nämlich etwas mehr Jungen als Mädchen geboren). Natürlich haben Frauen auch Nachteile, aber Vor- und Nachteile sind hier besser verteilt.

  41. Auch ich sage Danke für das Interview/Streitgespräch. Ein solcher persönlicher Dialog zwischen Kontrahenten bringt oft mehr Erkenntnisgewinn als Deutungen des Geschriebenen aus der Ferne.

    Herr Martenstein sieht sich also zusammengefasst als eine Art „professioneller Provokationsstachel“ im (welken?) Fleisch der Gesellschaft, den die schiere Lust an Widerworten treibt, wenn zu einem Thema seiner Meinung nach breiter Konsens herrscht und/oder daraus vermeintlich Macht der Konsensträger folgt. Aber aus der Politik hält er sich raus und sowieso dient alles nur der Unterhaltung … nunja. Auch eine Art Hybris nach dem Motto „ich durchschaue alle und alles, gebe aber im Zweifel meine innere Überzeugung nicht preis, sondern unterhalte ja nur“. Die Notwendigkeit, um der angeblichen „Aufklärung“ willen Gegenpositionen einzunehmen, will mir angesichts der Kakophonie im Internet zu wirklich jedem erdenklichen Thema nicht recht einleuchten. Aber gut, ich halte es da mit Tyler Durden im Flugzeug oder so: Funktioniert das für Sie, Herr Martenstein? Dann bleiben Sie dabei. Sie haben mir zumindest geholfen, den Wert Ihrer Kolumnen besser einzuordnen.

  42. Ich finde die Verwendung von „weiß, hetero, alt, männlich“ gefährlich: Die Empfänger wissen meist nicht, wie das gemeint ist und missverstehen es als persönlichen Angriff auf Eigenschaften, die sie nicht ändern können. Die Reaktion kann nur aus mehr oder weniger hilfloser Aggression bestehen.

    Gleichzeitig wird (zu recht) von der Macht der Sprache geredet (z.B. gegen generisches Maskulin). Hier passiert das genaue Gegenteil – Man nimmt eine Formulierung, die zwar unglaublich unscharf ist und ohne massive Interpretation nicht korrekt verstanden werden kann, die dafür aber griffig ist, und bestimmt, dass die eben nur in dieser einen speziellen Interpretation korrekt verstanden werden kann. Elfenbeinturm deluxe – als ob unsere Sprache nicht reichhaltig genug wäre, um KORREKTE Begriffe für das kritisierte Verhalten zu wählen – „geistig unflexible, privilegierte, konservative, unreflektierte Besitzstandswahrer“ o.ä. würde dem uneingeweihten Angegriffenen wenigstens die Möglichkeit geben, zu verstehen, was er überhaupt falsch macht. Aber hey, wir sind die Guten, also haben wir die Definitionsmacht über die Sprache…
    (Ich hab ja selber ne Hasskappe auf gewisse „WHAM“ – aber ich gebe mir dann doch wenigstens die Mühe, nicht Begriffe zu verwenden, die vom uneingeweihten Angegriffenen als sexistisch, ageistisch, heterophob und rassistisch missverstanden werden müssen – so’n bisschen was von Schulz von Thun könnten die werten Herren des Wortes ja auch mal gelesen haben.)

  43. @Jemand (52) – du brichst eine Lanze für korrektes Deutsch.

    Vielleicht sind wir nicht immer einer Meinung, aber dafür Dickes Dankeschön.

    Gruß Wolf-Dieter Busch (weiß, hetero, alt, ♂) – mit großem Respekt.

  44. Im Gegensatz zu Herrn Busch (s. Kommentar 42) kann ich von mir nicht behaupten, dass mein erster Reflex beim Sehen eines Paares darin besteht, die sexuelle Attraktivität des weiblichen Parts nach meiner subjektiven Wahrnehmung zu bewerten, obwohl ich ebenfalls die Kriterien „weiß“, „heterosexuell“und womöglich auch „alt“ erfülle.
    Insofern ticken alle weißen, alten und heterosexuellen Männer wohl doch nicht gleich.
    Außerdem überrascht es mich, dass sich seit dem Kommentar Nummer 18 kein Klugsch****r gefunden hat, der den Frank Reichelt unterrichtet, dass sich das Duo um George Michael „Wham!“ nannte. Da das Ausrufezeichen hier nicht genutzt wurde, ist auch der Bandnahme trotz der Ähnlichkeit nicht missbraucht worden.

  45. Leider konnte ich aus finanz. Gründen das Interview nicht komplett lesen, mir hat es aber trotzdem gefallen.

    Ich wollte aber kurz kommentieren, was mir zum Begriff WHAM einfällt.
    Anscheinend soll der Gebrauch dieses buzzwords gar nicht persönlich attackieren, sondern eher die gesellschaftlichen Strukturen, die dahinter stehen und WHAM bevorteilen und nicht-WHAM benachteiligen. Meinethalben „ein Patriarchat“. Wenn ich also irgendwas negatives über WHAM schreibe, meine ich damit nicht die Merkmalsträger an sich (-die sich auch nicht so anstellen sollen; Jungs kennen halt kein Schmerz-), sondern die Struktur, von der sie profitieren, und an der sie festhalten.
    Ich finde das intellektuell nicht gerade überzeugend.
    Erstens erlaube ich mit solchen Assoziations/Klassifikationsspielchen noch ganz andere Dinge. Wie wäre es mit „Asiatisch, hochintelligent, sozial zurückhaltend“? Oder „Schwarz, Kriminell, Schulabrecher, kann schnell laufen“? Ich meine selbstredend nicht Asiat*innen oder Schwarze Männer, sondern die Strukturen, die es erlauben, daß Asiat*innen oft beruflich erfolgreich sind und Männer von Farbe oft im Knast.
    Würde man alles zu Recht scheisse finden, richtig? Warum nicht bei WHAM? Weil man in Soziologie 101 neuerdings lernt, daß gruppenbezogene Feindlichkeit nur dann Rassismus ist, wenn es gegen marginalisierte Minderheiten geht?
    Zweitens ist er sachlich kaum haltbar. Es gibt wohl kaum eine heterogenere Gruppe als WHAMs. Vom Obdachlosen über Schwerstkriminelle, normale Familienottos bis zum Dax-Vorstand findet man WHAMs überall. Weil Männer in vielen traits ohnehin extremere Verteilungen aufweisen als Nichtmänner, ist das auch völlig erwartbar. Das Argument, dem weissen Obdachlosen würde es NOCH schlechter gehen, wäre er schwarz oder schwul, ist marginal und kaum empirisch belegbar. Und es hilft dem weissen Obdachlosen auch nicht. Würde man Max Mexer aus Duisburg, DeShawn Stevenson aus der Bronx, Obama und Trump in zwei Kategorien packen wollen, gehören selbstredend die letzteren in eine Gruppe, nicht Max und Trump aufgrund ihrer Existenz als WHAM. Das scheint vielen Menschen in der Linken aber gerade nicht besonders klar zu sein.
    Überhaupt fehlt die Erkenntnis, daß der weit überwiegende Teil aller lebenden WHAM nie gesellschaftliche Macht besessen hat. Die meisten von uns waren ihr Leben lang Lohnsklaven und haben sich den Rücken krumm gebuckelt, bis sie mit ca. 75 ins Gras gebissen haben oder beissen werden. Wie die meisten Frauen übrigens auch. Es verkennt dann auch die Lebensrealitäten vieler Menschen. Sieht man ein weisses heterosexuelles Pärchen auf der Strasse, wer würde da auf die Idee kommen, automatisch anzunehmen, der Kerl über per Konvention Macht über die Frau aus? Spätestens seit den 80gern war damit Schluss; eine einfache Umfrage im Bekanntenkreis sollte da schon ausreichen, um zu sehen wie divers heutzutage Kernbeziehungen geführt werden.
    Dann zum Schluss: Selbst wenn der Angriff auf WHAM als gesellschaftliche Struktur nicht persönlich gemeint soll, betrachtet man die Flut an anti-weissen Artikeln gerade im anglo-amerikanischen Raum, kann man gar nicht anders als es persönlich zu nehmen. Ich mache als WHAM ja offensichtlich ALLES falsch; und ich kann auch gar nichts richtig machen, es sei denn ich halte sofort den Mund zu allem und lege jegliche politische oder soziale Funktion ab. Ich wüsste nicht mal mehr, wo ich anfangen sollte, noch besser zu sein. Diese Artikel sind zT so offen rassistisch (ja, auch wenn moderne Soziolog*innen die Machtstruktur da nicht erkennen wollen; ich folge dieser rezenten Umdefinition von Rassismus aber einfach nicht, ätsch!), was sollte ich denn anderes machen, als mich dagegen zu wehren?
    Denn ich kann nichts anders sein als weiss, männlich, heterosexuell und alt. Ich kann das nicht ablegen. Und selbst wenn ich alles dafür täte, das Leben anderer zu verbessern (als Umweltmikrobiologe tue ich das sogar), ich würde immer und immer in Gefahr laufen, es sei nicht genug. Denn so stellt sich die Situation dar. Wir haben kürzlich erst die Studien gesehen, die belegen, daß Bedrohungsszenarien einfach auf einstmals weniger Bedrohliches ausgeweitet werden, wenn die ursprüngliche Bedrohung abgestellt wird. Es wird nie genug sein, egal wieviel Ally ich bin. Das ist meine Erfahrung als linker Mann in den letzten 5-10 Jahren.
    Man könnte auch über die fehlende Kontextualisierung reden (in China oder Japan ists nicht der WHAM sondern der GHAM?); darüber daß der WHAM in den Slums von Lagos oder Lagos eher keine guten Karten hätte.
    Dann würde man evtl. auf die Idee kommen, daß Gewalt, Ausbeutung, Diskriminierung kein Alter hat, kein Geschlecht, keine Hautfarbe und keine sexuelle Orientierung. Man muss schon ganz schön geschichtsblind sein, um das nicht zu sehen. Gewalt war immer dominantes Merkmal jeder menschlichen Gesellschaft, unabhängig davon, ob WHAM am Start waren oder nicht.

  46. @JUB 68 (54) – mein Beispiel diente nur zum Illustrieren der natürlich veranlagten Empathie. Natürlich reagieren wir nicht alle gleich.

  47. „Damischer,Hundling ,damischer“ ist als Bezeichnung für Whäms etwas zu wenig differenziert…
    Martenstein wäre nicht ämusd
    auch weil Hundling eine gewisse positive Konnotierung in Bezug auf Empathie hat,
    soweit ich weiss…!

  48. @ Jemand 4. Juli 2018 um 17:45 Uhr “ Ich finde die Verwendung von „weiß, hetero, alt, männlich“ gefährlich: …“

    Sehr guter Kommentar. Hinzufügen kann man noch, daß die beschriebenen Kommunikationsschwierigkeiten, die durch die willkürlichen Begriffsverschiebungen entstehen, noch das harmlosere Problem sind. Professionelle Populisten wenden genau diese Technik des Begriffsverschiebens dazu an, wörtlich genommen rassistische oder sexistische Attacken zu fahren – und zwar mit dem Ziel, daß sie genau so wörtlich in den Köpfen der meisten Leser hängen bleiben – und sich dann damit herauszureden, das sei alles ganz anders gemeint. WHMs (oder alternativ Mitglieder des Patriarchats) sind heute in bestimmten Kreisen die Haßobjekte per se.

    „… und missverstehen es als persönlichen Angriff auf Eigenschaften, die sie nicht ändern können.“

    Das ist kein Mißverständnis. Diese Angriffe kommen von Medienprofis, die beherrschen ihr Handwerk.

  49. Ich hatte selbst auch schon mal meinen Aha-Moment zu der Frage, was mit der Formulierung „Alter weißer Mann“ gemeint ist und wie das auf Harald Martenstein zutrifft.

    In den Kommentaren #22 und #24 zu dem Übermedien-Artikel „Die Leute werden aus den Fenstern schauen und Beifall klatschen.“ vom 24. August 2017:

    https://uebermedien.de/19234/die-leute-werden-aus-den-fenstern-schauen-und-beifall-klatschen/

    Herrn Martenstein ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen. Aber vielleicht helfen meine Ausführungen einigen der Mitdiskutierenden beim Verständnis des Ausdrucks „Alter weißer Mann“. Ich schrieb in den genannten Kommentaren unter anderem:

    Das typische „Ich bin ja kein …, aber …“ formuliert er als „Ich bin kein Klimaskeptiker. Ich bin nur sehr enttäuscht“. Er verwechselt Klima mit Wetter, aber bemerkenswert ist vor allem dieser Satz: „Aber den Klimaforschern lässt man alles durchgehen.“

    Es geht ihm nicht um die Wahrheit, nicht um die Ergründung dessen, was tatsächlich passiert. Statt dessen ist es für ihn ein Spiel, in dem er Zuschauer ist. Es geht nicht um die Zukunft der Menschheit, sondern es ist einfach nur ein sportlicher Wettkampf. Die eine Mannschaft hat sich falsch verhalten, also soll sie doch gefälligst auch mal einen Punkt abgezogen bekommen.

    […]

    Um seine Weltsicht nicht zu gefährden, verlegt er sich deshalb darauf, sich als neutraler Zuschauer zu sehen, so wie der Fernsehzuschauer bei einem Fußballspiel. Dann hat er selbst damit nichts zu tun, insbesondere muß er selbst nichts ändern. Und so, wie viele Fußballzuschauer sich als die besseren Schiedsrichter ansehen, so sieht auch er sich als Schiedsrichter, der auf Fehlverhalten genau achtet und die Beteiligten entsprechend zurechtweist. Die Klimaforscher argumentieren nicht so, daß er es versteht? Das muß aber Punktabzug geben! Der muslimische Flüchtling kommt mit der deutschen Bürokratie nicht zurecht? Dann muß er vom Wettkampf um den Aufenthaltstitel disqualifiziert werden!

    […]

    Durch den Text von Harald Martenstein zum Klimawandel liegt das Prinzip „Alter weißer Mann“, was ich bisher für eine übertriebene Floskel gehalten habe, plötzlich klar und logisch vor mir. Ja, da habe ich durch einen Text von Herrn Martenstein tatsächlich etwas gelernt!

    Und klar ist damit auch: Der Hang zum Kritisieren und Zurechtweisen ist keine zufällige persönliche Eigenschaft von Harald Martenstein, es ist die logische Konsequenz aus der Eigenschaft „Alter weißer Mann“.

  50. „Frauen werden seltener Opfer von Gewalt“ kann auch nur ein WHAM wie mycroft schreiben.
    Ich leih mir dann mal kurz den neutralen Gesichtsausdruck des peinlichen Busch.

  51. Okay, wenn ich jemanden als LNKSVRSFFTNGTMNSCH bezeichne, ist das keine Diffamierung aus der rechten Ecke, sondern kritisiert das dahinterstehende Gedankengut! Ja, darauf könnte ich mich einlassen.

  52. Herr Schnabel, eine genau Altersgrenze lässt sich nicht exakt festlegen. Der Zeitpunkt scheint gekommen, wenn die Mundwinkel mürrisch nach unten sinken und dauerhaft dort bleiben, weil der Nachbar den Rasen mal wieder nicht gemäht hat und stattdessen bei Ostwind grillt, was wiederum den Geruch permanent in den eigenen Wintergarten treibt. Um nur mal einen – unpolitischen – Anlass zu nennen.

  53. Ich hab das Gefühl, die Problematik des Wortes vom „weißen, alten, heterosexuellen Mann“ ist hier jetzt erschöpfend behandelt worden. Ich will das nicht abwürgen, aber in dem Gespräch ging es doch wirklich um mehr als diesen Ausdruck.

  54. @62: Dann aber bitte nicht wieder rumheulen und Opfer spielen, wenn es darauf Kritik und Verachtung hagelt! Ja, darauf könnte ich mich einlassen!

  55. @ nouse – Vielen Dank für ihren Text. Ziemlich genau, was ich in letzter Zeit immer häufiger denke – aber besser formuliert :)

    Wozu das führen kann, wenn man ständig (und meist unreflektiert) auf das neue praktische Feindbild eindrischt:
    http://www.spiked-online.com/newsite/article/why-young-white-men-are-abandoning-the-democrats/21547#.Wzvi-NVJGJA

    Diese Männer sind zwar nicht alt, verfügen aber doch über genug „hassenwerte“ Attribute. Passt schon.

  56. @60 Schnellinger

    Ein kurzer Blick in der Opertabellen der PKS 2017 klärt auf. Mycroft hat Recht. Nur bei sexueller Gewalt sind Frauen häufiger Opfer. Bei Körperverletzung, allgemeine Gewaltkriminalität etc. sind Männer häufiger Opfer als Frauen.

  57. Ich lese Martenstein nicht gern. Aber ich respektiere seine Meinung und deren Vertreten – auch wenn ich seine Positionen überhaupt nicht teile. Danke für das Streitgespräch.

  58. @67: Und auch häufiger Täter, nehme ich an.
    Wenn man schon diesen Schwachsinnsvergleich machen muss, sollte man doch wenn dann die Gewaltverbrechen so vergleichen:
    M vs. F, M vs. M, F vs. M, F vs. F

    Lassen Sie mich raten: Männer sind fast immer die Täter? Egal ob bei Vergewaltigungen oder allg. Gewalt?
    Korrigieren Sie mich gerne!

  59. Eine Bereicherung dieses Interviews ist mE der Artikel von Mats Schönauer über Richard Grenells Medientour, gekrönt vom Foto vierer Freunde mit Hund: Grenell, Funke, Spahn und Lashey.
    Es hat sich inzwischen eine bestsituierte elitäre bornierte narzistische Schwulen“elite“ etabliert, die mit kritischem Journalismus begleitet werden sollte und bei Übermedien auch wird. Es gibt also durchaus schwule Rollenvorbilder, es müssen ja nicht die 4 von oben sein.
    P.s. Wann gibts endlich ein Foto von Niggemeiers Therapiehund? Durch ihn bleibt N. so wohltuend gelassen!

  60. @Anderer Max:
    Ach, erraten Sie das, weil Gewalt Männer-gegen-Frauen verpönt ist, Frauen-gegen-Männer aber nicht? Herzlichen Glückwunsch.
    Bei Gewalt Frauen-gegen-Männer gibt es möglicherweise eine größere Dunkelziffer, weil Frauen eher bereit sind, „zuzugeben“, Opfer zu sein.
    Die „Gänsefüßchen“ sind hier extrem wichtig. Als Wham kriegt man deutlich eher Sprüche gedrückt wie „Stell Dich nicht so an.“ oder „Selber schuld.“ als als Whaf.

    Um mal auf was anderes zu kommen: die BRD ist nicht die DDR. Beweis? Man kann gehen, wenn es einem nicht passt.
    Thema durch.

  61. Ja, ist echt unerträglich hier in DE für einen Wham, bei der ganzen Frauengewalt gegen Männer.

  62. Lieber anderer Max,

    ja es gibt mehr Männergewalt gegen Frauen als Frauengewalt gegen Männer. Das stellt niemand in Abrede.

    Herr Schnellinger hat aber nahegelegt, dass Frauen häufiger Opfer von Gewalt werden. Das ist Schlicht falsch. Es gab 2017 z.b. 158.594 männliche Opfer von Gewaltkriminalität und 68.120 weibliche.

    Wenn sie vermuten, dass Männer viel häufiger Täter (bzw. Tatverdächtige) im Bereich Gewalkriminalität sind haben sie natürlich völlig recht. Im Jahr 2017: 153.708 zu 24.655.

  63. Joah, könnte daran liegen, dass man Jungen beibringt, keine Mädchen zu schlagen.
    Inwieweit es bei Gewalt einen Unterschied machen sollte, ob sie von Frauen oder Männern kommt, ist mir schleierhaft.

    Wenn jetzt eine(r) sagt, dass Frauen nicht so fest hauen, reproduziert das nur sexistische Vorurteile.

  64. @73: „Das ist Schlicht falsch.“
    Jo, das hatte ich schon verstanden und auch nicht bezweifelt, dass das so ist.
    Ich finde solche pauschalen und verkürzten Statistik-Ergebnisse nur etwas irreführend und auch in der Debatte nicht zielführend.

    @74:
    „Joah, könnte daran liegen, dass man Jungen beibringt, keine Mädchen zu schlagen.“
    Stimmt und Mädchen bringt „man“ nicht bei jungen nicht zu schlagen.
    Is‘ klar.
    Und im nächsten Satz dann „sexistische Vorurteile“-Präventivparanoia…

    Sie hatte mir in einem anderen Faden auch Rassismus vorgeworfen, weil ich ein Zitat anführte, in welchem jemand anderes analysierte, dass sich die Gewalt in deutschen Flüchtlingslagern eher gegen andere Lagerinsassen richtet, denn gegen Biodeutsche.
    Den Rassismuss (odetr hier Sexismus) müssten Sie dann den Statistikern vorwerfen, die diese Zahlen erfassen.

  65. Großartiges Gespräch, danke.

    Was mich noch sehr interessiert hätte: Was denn, außer Moral, Grundlagen von Politik sein sollten.

  66. Sehr geehrter Herr Anderer Max,

    ich habe Ihnen in keinem Faden Rassismus vorgeworfen. Oder Sexismus, was das betrifft.

    Mich nervt nur die verbreitete Alltagstheorie, nach der viele denken, einer Gruppe, die in bestimmten Feldern Vorteile hat, habe immer Vorteile.

    Martenstein meint an einer Stelle, die AfD wäre als Reaktion auf ein ungelöstes Problem entstanden.
    Das Problem ist vllt. der Auslöser gewesen, aber das Potential war vorher schon vorhanden. Ausländerfeindlichkeit gab’s schon vor der Wende.

  67. Ich kehre zurück zum Zitat Niggemeier: „Es geht um das Gefühl, ‚normal‘ zu sein, und dadurch blind zu sein für die Erfahrungen von Menschen, die anders sind.“

    Das Zitat impliziert die Aufforderung zu Mitgefühl gegen den, der sich unnormal fühlt. – Nach längerem „darüber schlafen“ denke ich, dass das von Herrn Niggemeier nicht wo wörtlich zu verstehen ist. Dafür ist es zu absurd: denn wie käme er zur idiotischen Annahme, ich fühlte mich „normal“? Herr Niggemeier beweist mit anderen Projekten – etwa Bild-Blog – funktionierenden Verstand.

    Sondern er entwickelt kreativ Thesen zur Verteidigung des Genderismus. (Diese Kreativität kennzeichnet den „Parteisoldaten“ in Verteidigung seines sozialen Lagers. Ich kann das beurteilen, weil dem Fehler selbst schon aufgesessen.)

    Und weil er sein Öffentliches Auftreten (Neudeutsch Image) dem Genderismus verpflichtet hat, käme er aus der Falle selbst nicht heraus, wenn er wollte. Seine publizistische Existenz hängt dran.

    Ich selbst habe mein geistiges Koordinatensystem mehrfach geändert – jedoch niemals einen unreflektierten Glauben A gegen einen unreflektierten Glauben B ersetzt, sondern stets eine übergeordnete Sicht entwickelt (These, Antithese, Synthese – sorry für den philosophischen Abschweif,). Etwa im Superwahljahr 2009 habe ich die Trommel gerührt für die Partei „Die Linke“ (kommt nie wieder vor, weil von „Realos“ usurpiert).

    Im Unterschied zu Niggemeier bin ich keinem Lager verpflichtet, sondern in der komfortablen Lage, jederzeit zu sagen, was ich denke. Halali.

  68. Wir haben uns verstanden. (Ich bin nicht besser als du, nur weniger exponiert.)

  69. Wer es halbwegs ernst meint mit der Philosophie, dürfte eigentlich nicht von sich behaupten, stets allein aus sich selbst heraus eine übergeordnete Sicht entwickeln zu können.

    „denn wie käme er zur idiotischen Annahme, ich fühlte mich „normal“?“

    Normal ist nur der Durchschnitt, sagte einst mein Lehrer, und der hatte einen ganz schönen, liebevollen Hau.

  70. Einfach nur Danke für das Interview! Ich vermisse diese Art Streitgespräche im Alltag, welche ihre letzte Hochzeit wohl in den 80ern hatte. Bellen, knurren und am Ende im Sinne einer produktiven, lehrreichen Stunde die Hand geben. Ganz ohne Shitstorms. Herrlich!

  71. @WOLF-DIETER BUSCH

    Das Problem ist, dass sich Niggemeiers Lager seit ungefähr 2010 immer mehr ideologisiert hat und immer dogmatischer wird – was sich mittlerweile in der pathologischen Fixierung auf „weiße, alte, heterosexuelle Männer“ als Hauptfeindbild äußert.

    Das kommt davon, wenn Marxisten davon besessen sind, die Welt streng nach Gruppenidentitäten in Täter und Unterdrückte einzuteilen. Der „Genderismus“ ist nur eine Spielart dieser wirren Ideologie.

  72. @Fußballfreund – so weit ok.

    Ich spezifiziere: die ursprüngliche „Linke“, ab ʼ68er-Studentenbewegung, schrieb sich „Soziales Engagement“ auf die Fahnen, weil um die Zeit ein Examen nicht mehr automatisch in einen Beruf mündete. (Vorher war die Studentenschaft reichlich rechtslastig.) Ein begreifliches Interesse für die eigene soziale Lage (die ich ihnen nicht vorwerfe).

    Heute ist vom Sozialen Engagement nichts mehr übrig. Die regen sich auf, wenn die Essener Tafel Deutsche bevorzugt, aber es ist ihnen VÖLLIG gleichgültig, dass Bürger die Tafel brauchen für ein Stück Mittagessen.

    Statt also des eigentlichen „Kerngeschäfts“ gefallen sie sich im Schutz irgendwelcher Minderheiten. Der Genderismus kommt ihnen da gerade recht.

    Lustigstes Beispiel ist ja wohl die Frauenförderung: wer am allerwenigsten davon hat, sind die Frauen. Die Linke sorgt für Quoten bei den oberen Zehntausend und kümmert sich GAR NICHT um skandalöse Unterbezahlung bei Pflege- und Erziehungsberufen.

    (Ich rege mich schon wieder auf.)

  73. „Heute ist vom Sozialen Engagement nichts mehr übrig. Die regen sich auf, wenn die Essener Tafel Deutsche bevorzugt, aber es ist ihnen VÖLLIG gleichgültig, dass Bürger die Tafel brauchen für ein Stück Mittagessen. “

    Sie glauben das WIRKLICH, hm? Sie sagen das nicht nur im populistischen Sinne, in dem man alles sagt, von dem man glaubt, es könne einer gewissen Menschenmenge gefallen, egal obs stimmt? Sie glauben, dass dieser Satz wahr ist.

    Nebenbei steckt in Ihrer Aussage der Satz drin „nur Deutsche sind Bürger“ (anders lässt sich der Zusammenhang nicht auflösen). Das deutsche Recht sieht das aber völlig anders. Außer Sie definieren die EU als Teil von Deutschland, dann stimmt Ihre Aussage wieder. Alltagsrassismus, vermutlich nicht mal bewusst exerziert: nur Deutsche sind Bürger.

  74. @ WOLF-DIETER BUSCH:

    Sie sollen jetzt öffentlich Selbstkritik üben und sagen „alle Menschen aus der ganzen Welt sind in Deutschland Bürger“.

  75. Und dann, Herr Busch? Falls Sie die von heute meinen, Trump, Thailand, Seehofer, also im Grunde wie jeden Tag diese Woche. Und nun?

    Fussballfreund: die rechtlichen regelungen dieses Landes muss man nicht mögen, aber man sollte sie kennen. Vor allem, wenn man offensichtlich eher deutschnational eingestellt ist. Aber gut, es ist nichts Neues, dass gerade die, die Deutschsein als Monstranz vor sich herschleppen, mit Kultur, Gebräuchen, Geschichte und Recht dieses Landes am wenigsten anfangen können bzw. diese nicht mal kennen.

  76. Waaas? »Niggemeiers Lager« sind pathologische, besessene, dogmatische Marxisten mit dem »Hauptfeindbild weiße, alte, heterosexuelle Männer«? Warum erfahre ich das erst jetzt? Ich bin erschüttert und kündige sofort mein Abo.

  77. @MICHAEL FREY DODILLET

    Und lustig sind Sie in Ihrem Lager auch nicht. Typisch Marxisten halt.

  78. @MICHAEL FREY DODILLET

    Dass Sie überhaupt ein Abo haben, macht Sie zur Witzfigur.

  79. (Kurz wieder da)

    1. Wenn ich nicht grad akut Singlefrust schiebe, erfreue ich mich an jedem verliebten Pärchen da draußen, egal in welcher farblichen oder geschlechtlichen Konstellation.

    2. Was weiß denn ich schon, was in/an mir alles gesellschaftlich normiert oder vererbt ist und wie viele männliche odee neutrale Anteile in mir stecken? Viele.

    3. Der rechthaberische, klugscheißende, provozierende und selbst andere missverstehen (wollen)de Anteil in mir drängt drauf zu schreiben, dass das Akronym WHAM mal eben hier in diesem Thread erfunden wurde, Googlesuche sogleich das Popduo liefert, dessen eine Hälfte alles andere als heterosexuell normiert war, die gemeinten Typen laut engl Wikipedia Angry White Male/Man heißen und das alles in einem Blog passiert, in dem unlängst in mindestens ? 3 Beiträgen heftigst die N-Wort-Debatte geführt wurde. Täter-Opfer-Umkehr, schon klar.

    Gruß
    Eine heterosexuell normierte WHAM ;)

  80. Ich versuche loszukommen von diesem schlimmen Genderisten-Verein, wirklich. Ich hab vorhin mal in der Zentrale nachgefragt, wie ich kündigen kann. Stellt sich raus: Die sind total sauer, dass ich seit Jahren fast nie über Gender-Themen schreibe! Ich hab quasi noch Schulden bei denen! ?

  81. Also ich erinnere mich deutlich an eine Diskussion zum Thema Praktisches Aufklärunsköfferchen für den Kindergarten. In einem Blog von Stefan Niggemeier.

  82. Ach, ich klugscheiße doch nur rum und kann ein WHAM durchaus auch noch weglächeln. Dass die „zu Desensibilisierenden“ tagtäglich mehr wegstecken müssen als ich, ist mir sehr wohl klar. @Stefan Niggemeier: Ich bin auf Ihrer Seite. Sie merkens nur nicht. Mag an mir liegen. Ich bin nur auch manchmal genervt von einigen Zuschreibungen, die mir dabei so zuteil werden.

    Weitermachen!

  83. @Muffelin:
    „Eine heterosexuell normierte WHAM“ ist einerseits doppelt gemoppelt, andrerseits paradox.
    (Sorry ein bisschen für George Michael, aber nur ein bisschen.)

    Wenn eine Frau ihren Mann schlägt, ist das dann Täter-Opfer-Umkehr?
    Ich dachte immer, Täter-Opfer-Umkehr wäre so etwas wie: „Haltet den Dieb! Er hat mein Messer im Rücken!“

  84. @Stefan Niggemeier (97) – es ging um „Der Kampf der AfD gegen das Kindeswohl“ (in diesem Blog). Ich habe in Kommentar 194 widersprochen.

  85. @ Mycroft
    Und ich sach iwo nebenan noch, Ironie funktioniert hier halt nicht… ^^
    Ich lasses.

  86. @Muffelin:

    Mit Ironie ist es wie mit allem: in 50% aller Fälle funktioniert es zu 100%.

    Oder in 100% aller Fälle zu 50%.

    Weiter oben wurde mir erklärt, dass der weiße-heterosexuelle-alte-Männer-Vorwurf gar nicht ironisch die zahlreichen Vorwürfe gegenüber Schwarzen, Schwulen, der Jugend-von-heute und Frauen karikieren solle, sondern ernst gemeint sei. Ich war baff erstaunt.

  87. @Mycroft: mit Täter-Opfer-Umkehr habe ich allzu metaironisch die Reaktion derjenigen vorweggenommen, die unbedingt WHAM sagen und gleichzeitig in einer Meta-Diskussion zu Rassismus das N-Wort nicht ausschreiben wollen.

    Ich bin meinerseits sehr baff, was ich hier alles schon so bin, nachdem ich hier unter ein paar Beiträgen kommentiert habe. Ich mach das aber auch noch nicht so lange. Vl ist auch das Pseudonym zu spontan-unglücklich gewählt. Andererseits, wenn ich mir die anderen Zoffereien hier so anguck …

  88. Irgendwie echt eine seltsame Diskussion hier. Ich frage mich wirklich, wie man die Rede vom WHAM in diesem Kontext so missverstehen kann. Niemand will weiße heterosexuelle ältere Männer an sich kritisieren.

    Es geht doch schlichtweg darum:
    Wenn man sich als weißer, heterosexueller, älterer Mann von bösen, schwarzen Muslimen unterdrückt wähnt und glaubt, unser Land würde von fiesen Gender-Lesben regiert, die schon längst eine Diktatur hier errichtet haben….Dann sollte man eben doch darauf hinweisen, dass eher das Gegenteil der Fall ist: Die meisten Machtpositionen in unserer Gesellschaft haben sehr wohl weiße heterosexuelle ältere Männer inne.

    Und dass man als WHAM nicht die alleinige Deutungshoheit darüber hat, was die wichtigen Themen in unserer Gesellschaft sind, das sollte doch auch klar sein. Wenn es um Diskriminierung von Minderheiten geht, sollte man diese Minderheiten eben auch zu Wort kommen lassen und nicht als Teil der Mehrheitsgesellschaft einfach alleine sagen: „Die sollen sich nicht so anstellen. Irgendwann ist auch genug.“

    Darum geht es doch bei dem Verweis auf weiße, heterosexuelle Männer: Dass diese vielleicht nicht alleine bestimmen sollten, was Diskriminierung ist, wer sich diskriminiert fühlen darf.

    Aber eigentlich steht das ja eh schon alles auch im Interview.

  89. Vielleicht bin ich ja zu blöd um es zu verstehen. Beispiel:

    Wenn die Polizei über „die Nafris“ schreibt, eigentlich aber nur einige wenige gewaltbereite und/oder sexuell übergriffige, zumindest zeitweilig sich in Deutschland aufhaltende, heranwachsende sowie männliche Nordafrikaner gemeint haben will, ist das diskriminierende Kacke. Versteh ich.

    Wenn ein eher politisch links einzuordnender Journalist oder eine solche Bloggerin über „die alten weißen Männer“ schreibt, eigentlich aber nur einige wenige privilegierte, neoliberal bis erzkonservativ eingestellte, unsensible, antifeministische und salonchauvinistische alte weiße Männer gemeint haben will, ist das schon so in Ordnung, weil – äh – wir die Guten sind. Richtig?

  90. @VONFERNSEHER
    Ja, scheinbar verstehst du es wirklich nicht. Niemand sagt, weiße, heterosexuelle, ältere Männer seien typischerweise so und so! Niemand sagt, weiße heterosexuelle ältere Männer wären besser oder schlechter als andere Menschen. Es findet gar keine Verallgemeinerung statt.

    Vielmehr sagt man in einer ganz konkreten Situation (zb, dass ein WHAM sagt, Schwule und Lesben würden überhaupt nicht diskriminiert werden. Und die sollen sich mal nicht so anstellen) : „Du als weißer heterosexueller Mann kannst nicht unbedingt alleine beurteilen, ob Schwule und Lesben diskriminiert werden. Da solltest du schon auch Schwule und Lesben mitreden lassen“

  91. @Tom-Murnau – „Du als weißer heterosexueller Mann kannst nicht unbedingt alleine beurteilen, ob Schwule und Lesben diskriminiert werden. Da solltest du schon auch Schwule und Lesben mitreden lassen“ – Mumpitz. So kann sich jeder leichtfertig zum Opfer erklären.

    Diese „Diskriminierung“ gilt ausschließlich, wenn ich ALS AUSSENSTEHENDER diese auch feststellen kann. Ist ein juristisches Prinzip.

  92. @WOLF-DIETER BUSCH

    Ja, als AUßENSTEHENDER, nicht als BESCHULDIGTER/BETEILIGTER, um bei diesem schrägen Vergleich zu bleiben.

    Genau darum geht es ja bei diesem WHAM-Begriff: Dass bestimmte weiße heterosexuelle Männer für sich die alleine Deutungshoheit für sich in Anspruch nehmen, was denn nun Diskriminierung sein…

  93. Sorry, vertippt: „Dass bestimmte weiße heterosexuelle Männer für sich die alleinige Deutungshoheit in Anspruch nehmen, was denn nun Diskriminierung sein…“

  94. 1.
    Vielleicht gäbs (oder gibt es bereits eine von mir bisher übersehene) Möglichkeit, mal so alle halbe Jahre die meistkommentierten Artikel zu ranken.
    Hypothese: dieser weit vorn.

    2.
    Ich langjähriger Abonnent der Wochenzeitung.
    Ich mag ihn ja. Den Martenstein .
    Ich verstand sofort den Bukowski, den er neulich gebracht hat.
    So möcht er vielleicht gesehen werden.
    Als weißer alter Grantler.
    Und ok.
    So seh ich ihn auch.
    Was ich nicht so recht sehe ist…

    3.
    Die seltsame Angst (nur meine Wahrnehmung) die durch dieses Interview (das toll ist. Und wieder mal einer der Gründe, warum ich gern Geld bezahle ) … sagen wir…. weht.

    Geht da jetzt das (wie wir ja wissen, kurz vor der flächendeckenden Islamisierung stehende, eh klar) Abendland unter,  wenn sich eine Zeitung  jemanden wie ihn… leistet is zu viel und zu wertend, sagen wir: spendiert?

    Wirklich.

    Kann der ernsthaft Schaden anrichten,?

    Falls manfrau das verneint: 

    (Ich meine inechtjezze: wird er die Studienrätin, den alternden Porschefahrer und ähnliche Zielgruppen dieses Blattes [das irgendwie einmal im Jahr einen total irrrrrrren irgendwie Contest veranstaltet wo ziemlich schwierige UHRRREEEEEN!!! uhren.  EINE VOLL SO WICHTIGE ROLLE SPIELEN DA .
     
    {Lösung 2 von 24 letztes Jahr übrigens, grad geguglt:
    „Lösung: tote Eisenbahnbrücke im Lutherischen Wäldele bei Karlsruhe; Chanel, Mademoiselle Privé Camélia, 67 000 Euro „.}
     ernsthaft noch mehr verderben können?)

    Falls manfrau das verneint, geht es, so erscheint es mir,  um die Verhandlung von Erlaubtem.

    Niggemeier sagt: ist nicht erlaubt.
    Martenstein, den (alten, weißen) Fuß aufstampfend:  Dohoch! Mennooo!

    (Starke Befürchtung hab mich hier etwas vefuzzelt mit den Klammern)

    4.
    Persönlich: das hin und her um das Gomringergedicht macht mich traurig.
    Mehr mag ich, als jemand der Gedichte mag, nicht sagen. ABBEERRR!

    5.
    Bei der kulturellen Auseinandersetzung, mit der WIR, wir alle, es, nach meiner Wahrnehmung, zu tun haben, wird immer mal wieder das Pendel ein wenig zu viel in die eine oder andere Richtung ausschlagen .

    Ich meine he?
    Die AFD um Parlament?
    Und ja. Ich, als jemand der neulich in die SPD eingetreten ist… begrüße das.

    6.
    Am Schluss.
    Es gibt eine, wie ich finde sehr kluge, linke Kritik,  an dem was man vielleicht, als gesellschaftiches Phänomen, Partikulasierung nennen könnte,
    Hierzu etwa Robert Pfaller.

    7.
    Oh je.
    Da hat der alte Mann, schwierig flatternd, seinen Kopf in einen ziemlich tiefen Stiefel gesteckt .

    Wahrscheinlich liest das kein Schwein.

    Egal.
    Musste gesagt werden.

    Noch ein Bier.

  95. Also ich les das auch alles, Oblomow. Und begrüße die Gedanken, auch wenn sie verschachtelt sind (ich bin auch so eine, wie man gleich sehen wird… und bin froh, dass das hier in diesem Forum geht, ohne dass gleich einer schreit: „Mann, kannst du nicht mal einfache kurze Sätze schreiben, die man ohne echte Aufmerksamkeit nebenher lesen kann?“)

    Ich glaube, die Schwierigkeit ist tatsächlich im Moment, dass wir alle nicht einschätzen können, wie schwerwiegend die Auswirkungen unserer gesellschaftlichen Umbrüche sind, in denen wir zweifellos stecken. Manchmal neige ich dazu, große Angst zu haben vor der Polarisierung, der Brutalisierung (zuerst der Sprache, aber jetzt auch ganz aktuell der tatsächlichen Sach-Entscheidungen…. plötzlich interessiert es uns halt nicht mehr so, wenn Menschen in großer Zahl ertrinken….), der Aggressivität, der Wort-Verdreherei, der neuen Masche, dass Anstand und der Versuch, sich menschlich und gemäß unserer (wie es scheint ehemaligen) Werte zu verhalten, plötzlich nicht nur voll „out“ ist, sondern sogar mit Beschimpfungen und Häme bedachte werden kann, ohne dass das ernsthafte Konsequenzen nach sich zieht. Manchmal fühle ich mich entsetzlich hilflos und ratlos und bin müde und kraftlos und da sehe ich dann so einen Martenstein, wie er bissig und aus reiner Langeweile ein bisschen Öl reingießt, ein bisschen herumzündelt, sich dran freut, wenn die Leute noch lauter kreischen und ein paar die Kettensägen anwerfen. Und dann kann er zugucken und sagen „Also ICH war das nicht, ich hab nie einen Menschen dazu gebracht, sowas schreckliches zu tun, das waren die schön selber, ich wasche meine Hände in Unschuld, kann ich doch nix dafür, wenn der Mob ein bisschen hässlicher zugetreten hat als das in meiner bürgerlichen Saturiertheit beabsichtigt war“. Und dann habe ich echt Angst. Und dann macht es halt vielleicht doch was.

    Andererseits, klar, vielleicht ist da einfach viel heiße Luft und Hysterie und in ein paar Jahrzehnten sieht man, dass alles halb so wild war und man das sogar begrüßt, dass „Leben in die Bude gekommen ist“ und man aus dem friedlich-fröhlichen-Wolkenkuckucksheim-Deutschland, das vor sich hin rostete, eine wachgerüttelte und in die Moderne marschierende Gesellschaft gebastelt hat in diesen Tagen und dass gerade diese Brüche dazu geführt haben, dass die Menschen aufgestanden sind und was verändert haben. Bloß, im Moment sieht es nicht so aus. Und was, wenn wir uns mit dieser Hoffnung irren? Was, wenn es DOCH ein zweites Weimar ist, das wir da gerade erleben? Was, wenn mein Sohn, der jetzt 15 Jahre alt ist, in 20 Jahren fragen wird „Wie konntet ihr das zulassen, wie kann es sein, dass ihr weggeschaut, geschwiegen und nichts unternommen habt? Habt ihr die ganzen Leute wie den Martenstein nicht ernstgenommen oder was?“

    Ich wünschte, ich wüsste es.

  96. Zunächst

    Um die alte Tante aus Hamburg zu retten!

    In der aus letzter Woche ein, wie ich finde, ganz bezaubernder Artikel (hinten, in diesem Dingsdateil den ich normalerweise nie anfasse) über den (das Wort ist nicht zu stark ) FALL Matussek.

    Da verläuft für mich die Grenze zwischen behandlungsbedürftigem Kackdackel und  lustigem Kolumnisten.

  97. Ich empfinde »behandlungsbedürftiger Kackdackel« um Längen poetischer als WHAM. Danke dafür. Und ja, ich denke dabei an Hundekrawatten.

  98. Danach.
    Oh Helena.
    Der Knabe wird lernen seine Argumente zu schärfen.
    Wie wir alle es müssen.

    Haltung!

  99. Kackdackel Copyright Lobo.

    Ich müsste hier ein ungefähr 3 Hektoliter großes Fass aufmachen, wieso es eine tragische, mich komplett missverstehende Verwexlung ist, wham (in dem Sinn wie hier eingeführt) und BK gleich zu setzen.

  100. @Helena_333
    Ich teile Ihre Gedanken und Befürchtungen inkl. Ich wünschte ich wüsste es.

    Das obige Interview (soweit ich es lesen kann) und die folgende Kommentarreihe sind ein Paradebeispiel für einander nicht verstehen können, einander nicht verstehen wollen und einander absichtlich bis boshaft missverstehen. In unterschiedlichen Ausprägungen und auf allen Seiten. Ich nehme mich nicht aus. Was ist noch Streitkultur und Debattierlust, wer geht wo warum zu weit? Was ist „typisch polarisierendes Internet“ und wie siehts draußen aus?

    Ich treffe draußen auf viele nette und offene Menschen, hoffe das reicht und hoffe auf die irgendwann „natürlich?“ wieder einsetzende Gegenbewegung. Und laber währenddessen eifrig rum.

    Nach meinen wenigen Online-Erfahrungen hier und anderswo denke ich mir manchmal nämlich auch: Kein Wunder, dass die „profillose Mitte“ hier lieber mal die Klappe hält bzw halt da draußen im und neben dem „Alltagsleben“ so tut und diskutiert wie sie so kann. Ist nämlich schon irgendwie irrwitzig, im selben Kommentarstrang als linksgrünmainstreamig und dann wieder rechtsverharmlosender Demokratiegiftstreuer bezeichnet zu werden. (Ja, bin selbst dran doof. Wer ein Opferabo findet, darf es behalten).

    Da geh ich doch lieber wieder zum WM-Rudelgucken und frag den netten Türken neben mir, wies grad steht.

    Die Mehrheit hat die AFD nicht gewählt. Sorgen mach ich mir dennoch.

    @Stefan Niggemeier: Sorry wg oft und viel und spät. Nächste Woche leiden hauptsächlich die Kollegen und Kolleginnen wieder unter meiner Rechthaberei und Pedanterie ?

    Gute Nacht ?

  101. @Tom Murnau #110
    Doch, genau darum geht es: um einen Stereotypen. Es geht bei diesem Begriff nicht um einen weißen alten Mann, sondern um den weißen alten Mann. Es ist eines dieser eklisch klebrigen check-your-privileges labels, mit denen man sich über andere erhebt. (Und das wird keinen Deut besser, bloß weil der andere angefangen hat.)

    Und selbst wenn es auf die Mehrheit zuträfe, fände ich es immer noch genau so verwerflich wie Aussagen über den Nafri, den N. oder die Muslime an sich.

  102. @VONFERNSEHER
    Sorry, aber das sehe ich nicht. Es werden überhaupt keine stereotypen Zuschreibungen verbunden mit dem WHAM-Begriff. Das ist es ja. Es gibt einzig und allein eine rein strukturelle Zuschreibung: der WHAM ist Teil der Mehrheitsgesellschaft (und sollte sich deswegen nicht aufschwingen alleine Dinge zu beurteilen, die mit Minderheiten zu tun haben.) Es geht darüber hinaus schlichtweg um keine anderen Eigenschaften. Es geht nicht darum, ob die Mehrheit von weißen heterosexuellen Männern irgendwelche typischen Eigenschaften haben.

    Wo im Interview werden denn deiner Meinung nach stereotype Zuschreibungen gemacht?

  103. Ich denke bei Kackdackel auch! an die dauerkläffende, am Zaun hin und her rennende Misttöle in Nachbars Garten. Dieser spezielle Zaun hielt damals jedenfalls. Keine Ahnung was bei einem Durchschlüpfen und Zoff suchen mit zB nem Rottweiler passiert wär. Oder eben dem im Dorf frei laufenden und allzeit Liebe suchenden Bernhardiner, der ihn möglicherweise einfach zu Boden geleckt hätte.

    Im Übrigen glaube ich ja, dass man die wirklich gefährlichen Typen daran erkennen kann, wie sie über was und wen lachen (wollen). Höcke und Selbstironie? Für mich schwer vorstellbar.

  104. @Tom-Murnau
    – Jeder weiße heterosexuelle alte Mann gehört zur „Mehrheitsgesellschaft“: stereotypische Zuschreibung

    Soziale Strukturen sind deutlich komplexer als dass man Menschen ihre Position in der Gesellschaft daran ansehen könnte. Es sind alles bestimmt recht gute Indikatoren, aber eben auch nur das. Die Überhöhung solcher scheinbar unfehlbaren Indikatoren führt dann auch zu gegengerichteten Sterotypen: Guter Lateintänzer vs. weiß, Friseur vs. heterosexuell, Technikfreak vs. alt, Altenpflegekraft vs. männlich. Statistisch mag das alles im Schnitt passen, sagt aber über ein Individuum nichts aus. => Wer sein Gegenüber anhand solcher Marker in eine gesellschaftliche Ecke stellt, mag zwar öfter Recht haben als nicht, spricht aber immer ein Vorurteil.

    – Jeder nicht selbst Betroffene kann eine Situation/einen Zustand niemals so gut beurteilen wie ein Betroffener: stereotypische Zuschreibung

    Hier bedient man sich des Kurzsschlusses, dass jemand, der nicht persönlich betroffen ist, auch aus einem Umfeld kommt, in dem man nicht persönlich betroffen ist, und er auch nicht anderweitig Kompetenz besitzen kann. Das erinnert mich z.B. an die Frage, ob es besser gewesen wäre einen schwarzen Experten als einen weißen in eine Talkshow zur Verwendung des N.-Wortes einzuladen. Auch können vielleicht Freunde oder Familienmitglieder, die jemanden durch persönlich harte Zeiten begleitet haben, gewisse Dinge besser nachempfinden als ein relativ viel privilegierterer Merkmalsträger. Es ist wesentlich leichter Kompetenzen aus Merkmalen anzunehmen als Inkompetenz aus deren Abwesenheit. => Wer einen anderen aufgrund scheinbar objektiver Merkmale Inkompetenz unterstellt, spricht ein Vorurteil.

    Erst wenn wir unser Gegenüber als Individuum sehen und uns mit dessen tatsächlichem Mindset auseinandersetzen anstatt es aus Merkmalen abzuleiten, kann es zu einer gerechten Beurteilung kommen. Das ist bei Martenstein vergleichsweise einfach möglich, da seine Ansichten breit veröffentlicht sind. Warum also die Schubladen aufmachen und sich einen Martenstein basteln, wenn man den echten ohne Schubladen einfach für das, was er sagt und tut – und nicht für das, was er ist – kritisieren kann?

    (OT: Deswegen ist das pseudonyme Kommentieren, das so oft kritisiert wird, weil man ja nicht hinter dem Geschriebenen stehen müsse, meiner Meinung nach sehr wertvoll. Ich könnte zwar bei den meisten über wenige Klicks herausfinden, in welche Schubladen ich sie zu stecken habe, aber ich kann mich halt auch dagegen entscheiden und das Gegenüber einfach nach seinen Aussagen beurteilen.)

  105. @VONFERNSEHER
    “ Jeder weiße heterosexuelle alte Mann gehört zur „Mehrheitsgesellschaft“: stereotypische Zuschreibung“

    Da würde ich eben nicht mitgehen. Das Argument läuft ja nicht so, dass man behauptet, ein WHAM habe in allen Belangen diejenigen Eigenschaften, die auch die Mehrheit besitzt. Es geht vielmehr um eine rein formale Angelegenheit in einer ganz bestimmten, konkreten Frage.
    Wie schon gesagt: es geht nicht um Mehrheiten/Minderheiten in einem absoluten Sinne, sondern um Mehrheiten/Minderheiten in Bezug auf eine ganz bestimmte Frage.

    Wenn man eine ganz konkret Frage, wie zb die nach dem N-Wort, behandelt, dann ergeben sich rein strukturell zwei Positionen: die Menschen, die mit diesem Wort benannt werden und die, die es nicht werden. Du wirst doch nicht behaupten, dass es eine stereotype Zuschreibung ist, dass weiße Menschen so gut wie nie mit dem N-Wort bezeichnet werden.

    Und natürlich glaube ich schon, dass eine Diskussion, in der auch Betroffene teilnehmen immer diejenige ist, die mehr Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann….

    Und ehrlich scheint es mir auch gefährlich immer nur das Individuum zu sehen. Denn dann verliert man gesellschaftliche Strukturen vollständig aus den Augen…Ich glaube zb sehr wohl, dass man auch Klassenfragen in den Blick nehmen muss, wenn man unsere Gesellschaft betrachten will.

  106. (Ich grätsch grad nochmal kurz in Ihrer beider wunderbar unaggressives Duell: @ Tom-Murnau: Ersetzten Sie mal versuchsweise in 130 folgendes in folgender Reihenfolge: WHAM durch Nafri, N-Wort durch WHAM, weiße Menschen durch alte schwarze Grantler und N-Wort wieder durch WHAM. … macht für mich so prinzipiell keinen Unterschied. Aber meinetwegen jetzt auch mal agree to disagree)

  107. Yo.
    Grad lief der Komiker Dieter Nuhr im wdr5.
    Lustiglustig.
    Ein Meister des nach hinten schwachen Witzes.

    Aber!
    Die (im Zweifelsfall brutal mehrheitsfähig hergeschenkte) Performance, hat aber dennoch, man muss hier Exegese betreiben, einen dochdochdoch, wie ich finde, aufgeklärerischen Impetus.

    Ich find ihn nur so mittelknorke höchstens, begrüße aber die grundsätzliche Botschaft (hab ihn, weil kein Fernsehen, lange nicht wahrgenommen).

    Und ja.
    Ich lache über Urologenwitze.

    Ich find, egal jetzt, um zum Punkte zu kommen, als These interessant:

    Er tut, haut mich ruhig, falls ihr findet ich liege falsch, ungefähr für die….  sagen wir für die andere, grillende Zielgruppe, was Martenstein für die Ijomamangoldirisradischleser tut.

    Und damit das hier klar ist.
    Ich werd den Martenstein notfalls unter Einsatz meines Lebens verteidigen.

    Sollte Harald Martenstein dazu beitragen,  das Weimar wiederkehrt, werde ich bei ihm vorbeischauen und ihn persönlich durchprügeln.
    Manchmal muss man nämlich streng sein.

    Bis dahin….. 

    (In meiner Jugend gab es einen Disput zwischen Herrn Habermas und Herrn Luhmann.
    Man kann das (Luhmann) eh kategorisieren (Unterscheiden! [Luhmann]) wie man will.
    Ich schlage vor:

    Jene, die EHER die Defizite sehen (Frankfurt) und jene die sich, wie ich, darüber wundern das es funktioniert  (Bielefeld)

    In diesem Sinne sind Martenstein, Nuhr  und der alte Oblomow konservativ.

    Streitet weiter.

    Gruß

  108. @Tom-Murnau

    Das Argument läuft ja nicht so, dass man behauptet, ein WHAM habe in allen Belangen diejenigen Eigenschaften, die auch die Mehrheit besitzt. Es geht vielmehr um eine rein formale Angelegenheit in einer ganz bestimmten, konkreten Frage.

    Die Argumetation, die bei mir nicht läuft, geht ja auch anderherum: Jemand kann die und die Eigenschaften nicht haben, weil er w,h,a,m ist. Abgesehen vom genauen Tupel schwarz & homosexuell & jung & weiblich ist und bleibt es ein Vorurteil.

    (Wir können es aber bei einem Konsenz über Dissenz belassen. Der Erkenntnisgewinn steigt ab hier wohl nicht mehr.)

  109. Eigentlich Blödsinn, hier noch was zu schreiben… viel zu spät…
    aber wenn man sich auch nur halbwegs durch die Kommentare gequält hat…..
    Ich mag den Martenstein! Bestimmt, weil ich mich als WHAM ( Danke für die Abkürzung) bestätigt fühle… ja, klar, nicht immer… man pickt sich so seine Sachen raus…
    … aber auch von SN ( sorry für die Abkürzung) fühlte ich mich oft bestätigt… aber auch von @CON2ART… ich sehe SN nun im anderen Licht… (Farbskala Grenzstreifenbeleuchtung)… und kämpfe mit reflexhafter Abokündigung…
    mag daran liegen, dass mir übel wird, wenn es nur noch schwarz/weiss, Freund/Feind, ganz oder gar nicht gibt… ich hasse alles radikale, egal ob Christen, Islam oder Toiletteregeln
    Herr SN, verkenne ich Sie da jetzt zu unrecht? Mir spricht ein „jetzt reichst aber mal“ aus der Seele… mir wird schlecht, wenn wir unseren Sprachfluss dermaßen verbiegen, nur um ihn zu gendern. Mir ist es egal, wer sich auf der Toilette rumtreibt, so lange er/sie oder wer auch immer abschließt…
    ich glaube wirklich nicht, dass Martenstein gefährlich ist….
    … suche immer noch jemanden, der mit mir wettet, dass „Migrationshintergrund“ mal ein Schimpfwort wird :-)

  110. @Werner L.: Was ist radikal daran, testweise Unisex-Toiletten in Behördengebäuden einzuführen, was eine Erleichterung für Transmenschen wäre? Was genau reicht Ihnen mal?

  111. @WERNER L:

    Kündigen Sie ihr Abo! Das ist der einzige Weg, über den Niggemeier möglicherweise noch begreift, dass er immer weiter an Rückhalt verliert, während er immer schwachsinnigere Forderungen vom Ende des Regenbogens mit seiner Propagandaseite hier unterstützt.

  112. Am besten die »Apotheken Umschau« abonnieren. Da kommt man nicht in Verlegenheit, andere Meinungen zur Kenntnis nehmen zu müssen.

  113. Welche „Freiheitswerte“ (vgl. Thema) verteidige ich eigentlich (und gegen wen?), wenn ich gegen Unisex Toiletten und Gendersprache bin?

  114. #138
    Keine Ahnung. Die Freiheit der Bornierten vielleicht? »Leben und leben lassen« war und ist jedenfalls die schwierigste Disziplin im gesellschaftlichen Zusammenleben.

  115. Das Recht, über-fordert sein zu dürfen?

    (Herr L. schrub btw gar nicht, explizit gegen Unisex-Toiletten zu sein)

  116. Ich muss gestehen, etwas verwirrt bin ich auch – wenn ein Unisex-Friseursalon Menschen jedweden Geschlechtes bedient, hieße das nicht, dass jedes Geschlecht die Unisex-Toilette benutzen darf?
    Und hieße dies wiederum nicht, dass niemand diese benutzen sollte, weil er/sie/etc. sich ja einen Save-Space wünscht, wo man keinen anderen Geschlechtern begegnet?

    (Ich kritisiere nicht die Idee, sondern den Namen.)

  117. Überforderung durch viele Forderungen. Ich fürchte, das Paprikarahmschnitzel zb wird auch noch ein Weilchen brauchen, bis es sich auf allen deutschen Speisekarten durchgesetzt hat.

  118. @VONFERNSEHER
    „Die Argumetation, die bei mir nicht läuft, geht ja auch anderherum: Jemand kann die und die Eigenschaften nicht haben, weil er w,h,a,m ist. Abgesehen vom genauen Tupel schwarz & homosexuell & jung & weiblich ist und bleibt es ein Vorurteil.“

    Das WHAM-Argument besagt doch nicht: „Weiße, heterosexuelle, ältere Männer können grundsätzlich nichts über die Diskriminierung von Minderheiten sagen.“
    Das wäre in der Tat albern. Meines Wissens nach hat das aber auch niemand behauptet.

    Das WHAM-Argument besagt grundsätzlich doch nur: „Die Mehrheitsgesellschaft sollte für sich nicht die alleinige Deutungshoheit über solche Themen beanspruchen. Da haben die Minderheiten selber schon auch etwas zu sagen.“ Oder konkreter: „WHAMS sollten nicht die alleinige Deutungshoheit über LGBT-Themen in Anspruch nehmen. Dazu haben LGBT-Menschen schon auch etwas zu sagen. (Vielleicht eben sogar ein bisschen mehr, da sie selber betroffen sind)“
    Und das erscheint mir nun nicht als unzulässige Verallgemeinerung.

    Und am ganz konkreten Beispiel würde ich dann eben sagen: Wenn Martenstein sagt: „Es gibt keine Diskriminierung von Minderheiten/Es gibt wirklich wichtigeres als die Probleme von Minderheiten/die Minderheiten sollen sich mal nicht so anstellen.“ Dann nimmt er für sich eben diese alleine Deutungshoheit in Anspruch. Und das würde ich kritisieren.

    Aber stimmt schon. Wir drehen uns wohl im Kreis.

  119. @145: Niemand verbietet irgendwem, „Zigeunerschnitzel“ zu sagen.
    Ich meine, „Paprikarahm“ ist vielleicht auch einfach viel zu abwegig und weltfremd, gar ideologisch aufgeladen.

  120. @ Fusslallfreund, # 136:

    „Kündigen Sie ihr Abo! Das ist der einzige Weg, über den Niggemeier möglicherweise noch begreift, dass er immer weiter an Rückhalt verliert, während er immer schwachsinnigere Forderungen vom Ende des Regenbogens mit seiner Propagandaseite hier unterstützt.“

    Darf ich Sie fragen, woran genau Sie in concreto festmachen, dass Herr Niggemeier „immer weiter an Rückhalt verliert“?

  121. Nachdem ich das gesamte Interview lesen konnte (ich bin ja eher kurz vor Abo-Abschluss), verstehe ich besser, wie Herr Martenstein sich sieht. Ich mag gar nicht beurteilen wollen, ob er nun alter Grantler, Kackdackel oder gar (raus)windende Giftschlange ist.

    Was mein obiges überfordert betrifft: An einer früheren Arbeitsstelle setzte die dortige Mitarbeitervertretung einen kleinen Reismilch-Vorrat für die Veganer durch. Eine Klimaanlage für alle war nicht drin. Ein höheres Lohnniveau schon gar nicht.

    Die Reaktionen der schwitzenden und unterbezahlten Nichtveganer reichten von ehrlicher Anerkennung für die Reismilch bis zu „Meine Fresse, sonst keine Probleme hier?“

    Wenn ich Martenstein im Interview richtig verstanden hab, hätte er gar nichts gegen Reismilch.

    Und mir werden grad die Leute, die vor Frust und Wut die Reismilch auf den Boden werfen, zu viele und zu laut. Während Cheffe …

  122. Dass wir (subjektiv empfunden) gesellschaftlich wichtigere Probleme haben, als Unisex-Toiletten für Trans-Menschen ist also ein Grund, gegen Unisex-Toiletten für Trans-Meschen zu sein?
    Sorry, ich kann nicht folgen.

  123. Wenn Sies denn unbedingt gern schwarzweiß hätten: Für alle linksbunte Gutmenschen ist es kein Grund, für alle WHAMs (die auch Erika Steinbach heißen dürfen) und Nazi-Arschlöcher ist es einer. Passt das dann so für Sie? Sie dürfen auch gern jetzt das letzte verdrehende Wort… ?

  124. Bisschen spät, aber was zum Thema Unisex-Toiletten.

    Sollte man das nicht einfach den Markt entscheiden lassen? Jeder Wirt und jede Behörde kann und soll für sich entscheiden, wieviele Toiletten angeboten werden. Bums, fertig, aus. Keine Grundsatzdiskussion, einfach machen. Ausserhalb baulicher Hindernisse sehe ich keine Hindernisse, genau das zu tun. Und in 10 Jahren sehen wir dann, wie die dritte Toilette angekommen ist, und ob sich der Aufwand dafür gelohnt hat. Kein vernünftig denkender Mensch kann moralisch etwas dagegen haben, wenn man 3,4, oder gar 78 verschiedene Toiletten anbietet, weil es niemandem etwas wegnimmt (vgl. Ehe für alle). (Über die Finanzierung der Baumassnahmen in öffentlichen Behörden kann man nat. reden)

    Die Diskussion wurde aber so verheerend dumm geführt, daß jeder halbwegs smarte Internettroll nach 5 Minuten auf die Idee kam, daß man mit einem einfachen „Halt ich nix von“ halb PoMo-Twitter auf die Barrikaden brachte.
    Das ist der Unterschied zwischen Aktivisten und Keyboardkämpfern. Erstere bauen halt so eine Rollstuhlrampe, wenn eine , letztere schreiben einen Artikel auf buzzfeed, warum weisse, alte, nichtherausgeforderte Männer nur Häuser bauen, die für ihresgleichen gut sind, und ansonsten Teil der heteronormativen Unterdrückungsmatrix sind.
    Ähnlich wie in fast allen Debatten auch – spätestens seit GamerGate -, geriet der Toilettendiskurs zu einem blossen Wokeness-btw. Trollcontest. Abartige Scheisse, diese Internetdebattenkultur. Ihr ganzes Elend offenbart sich – nebenbei hingelabert – jetzt in sehr vergnüglichen Konflikten zwischen TERFs und trans-aktivist*innen. Je nach Haltung, hängt das „Frau sein“ nun entweder überhaupt nicht oder ganz erheblich vom Vorhandensein eines Penis ab, wobei beide Standpunkte sog. „Gendertoiletten“ ad absurdum führen. Merkt da aber niemand. Wie gesagt, Debatten in der PoMo-Linken, nicht in der Rechten. Immerhin gibt es jetzt auf broadly Anleitungen dazu, wie man es als cis-Mann einer attraktiven Prä-operativen-trans-Person oral besorgt. Nur um zu zeigen, auf welchem Niveau sich die Debatte bewegt.

    Wobei wir wieder bei WAHM/WHAM sind. Es ist natürlich glatt gelogen, würde man behaupten, der Begriff würde nicht stereotypisieren, sondern nur auf Machtstrukturen hinweisen, dafür reicht einfach nur der tägliche Blick auf vice/buzzfeed/huffpost, jede generische Feminismus-Plattform oder die neueste Kolumne bestimmter taz-Kolumnist*innen of colour. Das wäre schon mal der reality check hart gefailed. Zweitens ist wie bereits erwähnt die Heterogeneität des alten weissen Mannes, was seine sonstigen Eigenschaften und gesellschaftlichen Positionen angeht, besonders hoch. Ich sage ja auch nicht „der schwarze Mann“, wenn ich über sagenhafte Sprintfähigkeiten mancher schwarzer Männer am rechten Ende der Merkmalsverteilung reden will. Umgekehrt: Redet man über weisse, alte, hetero-Typen so, wie man heutzutage über sie redet, impliziert man halt, daß in jedem dieser Typen mindestens ein Trump steckt, vielleicht sogar Hitler (literally). Weiss man nicht. Das ist so eine Art „guilt by association“, nur mit Hautfarbe.
    Ist offensichtlich rassistische Kackscheisse. Hört auf, diesen Begriff zu benutzen, wenn ihr was ganz anderes meint. Danke.

  125. Gutes Interview.

    Obwohl ich generell viel näher bei Herrn Niggemeier bin, kann ich mitunter ein klein wenig die Gefühlslage von Leuten wie Martenstein verstehen. Auf der einen Seite werden zwar rechte Strömungen stärker, auf der anderen Seite aber gibt es gewisse „progressive“ Tendenzen, von denen sich manche Leute vielleicht überfordert fühlen.

    Mir selbst ging es ein wenig so, als ich den Übermedien-Text „Wieso man tote Namen nicht verwenden sollte“ von Fabian Schäfer gelesen habe. Das grundsätzliche Anliegen – dass man Trans-Menschen nicht unnötig mit ihrem ehemaligen Namen und Geschlecht konfrontieren möge – halte ich für nachvollziehbar und legitim.
    https://uebermedien.de/27412/wieso-man-tote-namen-nicht-verwenden-sollte/

    Wenn ich Schäfer richtig verstehe, dann genügt es aber nicht, auf die Nennung des früheren Namens zu verzichten, wo eine solche offenbar sachlich nicht relevant ist; vielmehr wird, so mein Eindruck, gefordert, eine solche Nennung selbst dort zu unterlassen, wo sie offenkundig von Interesse sind und eine Nennung naheliegend wäre.
    So etwa in Fällen, wo die entsprechende Person unter einem früheren Namen und einer früheren geschlechtlichen Identität prominent wurde (man denke etwa Chelsea Manning; Schäfer selbst führt dieses Beispiel an).
    Zum Vergleich: Wenn jemand heiratet und dabei seinen Familiennamen ändert, würde man diesen je nach Anlass ebenfalls erwähnen, zumindest beiläufig, wenn die entsprechende Person unter diesem bekannt wurde.

    Und selbst dort, wo es in einem Text gerade darum geht, den Geschlechtswandel und die Reaktion des Partners auf ebendiesen zu beschreiben, scheint es für Schäfer illegitim zu sein, den alten Namen zu nennen (Beispiel nach Schäfer: „Transgender Beziehung: Mit Daniel kam Steffi zusammen, mit Dana stand sie vor dem Altar.“)

    Was hier gefordert wird, ist nicht, dass ehemalige Namen weggelassen werden, wo sie nicht relevant sind; was hier gefordert wird ist, dass ehemalige Namen geradezu tabuisiert werden. Und über allem steht der Vorwurf – das wird ganz klar aus Schäfers Text -, dass man mit alle anderen die Betroffenen gravierend verletzen kann.

    In den Kommentaren wurde dann auch noch von einem User (Patrick), der dem Anschein nach selbst betroffen ist, postuliert, dass es nicht genüge, dass man alle Äußerungen vermeiden, von denen man nicht ausschließen könne, dass sich irgendjemand durch sie verletzt fühlen könnte. Deswegen dürfe man auch „NIE“ auf ein früheres Geschlecht hinweisen:

    „Ganz, ganz einfach: Solange man nicht weiß, ob es den anderen stört oder nicht, die Begriffe / Benennungen / Bezeichnungen / Zuordnungen gar nie verwenden…Es geht darum, ob man auf das frühere Geschlecht hinweisen muss, darf, soll. Und da gilt: Nie. Da man nie weiß, ob es den anderen nun verletzt oder nicht…Die Instanz, nach der sie fragen, die Ihrer Meinung nach fehlt, nennt sich ‚Höflichkeit‘ bzw ‚Anstand‘.“

    Damit wird zugleich suggeriert, dass jemand, der den ehemaligen Namen einer Trans-Person nennt, unhöflich und unanständig handelt – und zwar unabhängig von den näheren Umständen.

    Man könnte sich fragen, ob ein derart feindseliger, tabuisierender Umgang mit der früheren eigenen Identität psychohygienisch sinnvoll ist; und man könnte sich fragen, wie repräsentativ diese Auffassungen für Trans-Personen im Allgemeinen sind. Und natürlich stellt sich auch die Frage, ob die konsequente Ausklammerung von Transsexualität selbst in Fällen, in denen sie ohnehin bekannt ist, zu einem entspannteren Umgang mit Transsexualität beiträgt.

    Aber das nur am Rande. Mir geht es um etwas anderes:
    Ich hatte offen gesagt nach Lektüre des Artikels und der Kommentare erst mal ein schlechtes Gefühl. Nicht, weil ich keine Rücksicht auf andere Menschen nehmen will, sondern gerade, weil ich es will. Ich hatte das Gefühl: Auch wenn Du Dich noch so sehr bemühst, höflich und taktvoll zu sein: Plötzlich sitzt Du, Du weißt nicht wie, womöglich auf der moralischen Anklagebank, und Dir wird vorgeworfen, dass Du andere Menschen schwerwiegend verletzt, und dass es Dir an Höflichkeit und Anstand fehlt.

    Und wenn man gar die Forderung befolgen wollte, überhaupt nichts mehr zu sagen, was irgendjemand potentiell als verletzend empfinden könnte (selbst wo eine solche Reaktion zumindest für den Außensteheden nicht absehbar ist), dann stellt sich ernsthaft die Frage, was man denn überhaupt noch guten Gewissens sagen darf. Denn was im Hinblick auf Transsexuelle gilt, sollte ja auch im Hinblick auf andere gelten. Es entsteht jedenfalls bei mir der Eindruck: Du musst EXTREM vorsichtig sein, wenn Du nichts falsch machen willst.

    Um nicht missverstanden zu werden: Ich möchte mich sicher nicht zum Opfer stilisieren. Ich kann den Input und meine Reaktion kritisch reflektieren. Und das etwas unangenehme Gefühl, das ich in diesem Zusammenhang hatte (sei es zu Recht oder zu Unrecht) ist sicher nicht vergleichbar mit den viel negativeren Erfahrungen, die Trans-Menschen immer wieder machen müssen.

    Aber ich glaube, dass viele Leute an solchen Punkten (der von mir genannte ist nur ein Beispiel) irgendwie „abspringen“. Dass sie sich einfach irgendwie „überfordert“ fühlen, selbst wenn ihre Reaktion in vielen Fällen objektiv unangemessen und viel zu undifferenziert sein mag.
    Ich vermute, dass dann bei nicht wenigen Leuten folgender Eindruck entsteht, den Dieter E. Zimmer in der Zeit so artikulierte:

    „Auf jeden Fall aber machen die politisch korrekten Renovierungen das Sprechen zu einem Eiertanz: Könnte das Wort, das mir auf der Zunge liegt, eventuell jemanden kränken? Wobei es nicht darauf ankommt, ob es wirklich jemanden kränkt; es genügt, daß sich einige Profianstoßnehmer prophylaktisch im Namen der betreffenden Opfergruppe gekränkt fühlen. […]
    Die amerikanische PC-Sprache hatte es um so leichter, als sie sich nahtlos in die deutsche Betroffenheitssprache fügte – jenen schwammigen und vage wunden Stil, bei dem einige sprachliche Leuchtbojen auf einem Ozean stereotypisierter Gutwilligkeit schwimmen. Dort herrschen chronisch Betroffenheit alias Wut und Trauer alias (wenn gerade kein Schuldiger auszumachen ist) Bestürzung und Trauer, bleibt man sensibel und verletzbar (was aber beileibe nicht dasselbe ist wie ‚leicht gekränkt‘), geht aufeinander zu, bringt sich ein in diverse Diskurse und Projekte (zum Beispiel ein Projektcafé mit Rollstuhltanz), lebt nicht, sondern überlebt grundsätzlich nur, als schwebe man stets in Lebensgefahr, und alle naselang wird im Radio und überhaupt in jeder öffentlichen Äußerung umgegangen: mit seinem Schicksal, seinen Ängsten (die nur noch im Plural vorkommen), mit sich selbst als Person, und die Kleriker gehen offensiv mit dem Mitgliederschwund um.
    Die Vorzugsbeschäftigung des Betroffenheitskünders ist die Zeichensetzung, und wogegen er sein Zeichen (auch: Signal) setzt, ist unausweichlich irgendeine menschenverachtende Praxis. Menschenverachtend ist zu einer Art Kennwort geworden, einer Gemeinschaft stiftenden Allzweckbeschimpfung dort, wo es zu faschistisch trotz aller Ausweitung dieses Begriffs nicht ganz langt.“
    https://www.zeit.de/1996/09/Leuchtbojen_auf_einem_Ozean_der_Gutwilligkeit/komplettansicht

    Das mag in dieser Form überspitzt sein. Oder mehr noch: es mag generell falsch und ungerecht sein. Aber manchmal – etwa nach Lektüre des oben genannten Artikels zu den „toten“ Namen von Transsexuellen und einiger Kommentare darunter -, kann ich zumindest ein wenig nachvollziehen, wie manche Leute überhaupt auf so etwas kommen.

    Damit soll übrigens gar nicht abgestritten werden, dass es noch viele Missstände gibt, und dass in vielen Fällen (weitere) Aufklärung und Emanzipation höchst wünschenswert wären. Aber vielleicht wird mitunter zu wenig an das „wie“ gedacht, und welche Reaktionen man hervorruft.

    Um nochmals auf das Transsexuellen-Beispiel zurückzukommen: Die Forderung etwa, dass man niemals darauf hinweisen dürfe, dass Chelsea Manning mal anders hieß – bringt sie uns der Emanzipation Transsexueller tatsächlich näher? Oder ist sie nicht vielleicht kontraproduktiv, weil die Menschen da mit Forderungen konfrontiert werden, die weder sinnvoll noch auch nur umsetzbar sind? Wären nicht andere Wege sinnvoller?

  126. „…wurde dann auch noch von einem User (Patrick), der dem Anschein nach selbst betroffen ist, postuliert, dass es nicht genüge, dass man alle Äußerungen vermeiden, von denen man nicht ausschließen könne, dass sich irgendjemand durch sie verletzt fühlen könnte.“

    Sorry, sollte natürlich heißen:

    „…wurde dann auch noch von einem User (Patrick), der dem Anschein nach selbst betroffen ist, postuliert, dass man alle Äußerungen vermeiden möge, von denen man nicht ausschließen könne, dass sich irgendjemand durch sie verletzt fühlen könnte.“

  127. Für mich war anders sein ein Privileg, dass ich als junger Punker in den 80ern genossen habe. Dadurch haben wir die Menschen bloß gestellt die anders sein verachtet haben. Was ich nie wollte, dass alle so sein müssten oder das alle uns mögen müssen. Dadurch hätten wir dieses Privileg verloren.

    Ich finde die Argumentation von Niggemeier führt in eine Sackgasse. Jeder fordert vom privilegierten die absolute Akzeptanz gegenüber dem unterprivilegierten. Das ist dann ein ewiger Kreislauf von Forderungen aus dem man nicht mehr herauskommt.

    Mir ist aber grundsätzlich eine neiddebatte sehr fremd. Mir reicht das was ich habe und wenn andere mehr haben, sollen sie damit glücklich werden.

    Wir sollten mehr darüber sprechen, wo es wirklich Mangel gibt. Dieses Toiletten Thema ist ein Verwaltungsakt und fertig. Warum darüber in der Öffentlichkeit soviel gesprochen wird ist mir ein Rätsel. Es erweckt den Eindruck des wichtig machen wollen.

  128. @STRUPPI
    „Für mich war anders sein ein Privileg, dass ich als junger Punker in den 80ern genossen habe.“
    Ehrlich gesagt finde ich, dass der Vergleich ziemlich hinkt.

    „Punk“ zu sein ist etwas, das man sich selber aussucht. „Schwarz/Lesbisch/etc.“ zu sein nicht.

    Zum Konzept „Punk“ gehört essentiell das „nicht zur Mehrheitsgesellschaft gehören wollen“ dazu. Das scheint mir ein Teil der Selbstdefinition von Punk zu sein. Das gilt aber nun wirklich nicht für „schwarz/lesbisch/etc. sein“

    Die Diskriminierung, die zb Schwarze in unserer Geschichte erfahren haben, lassen sich auch nicht wirklich mit der Ausgrenzung von Punks in den 80ern vergleichen.

    „Jeder fordert vom privilegierten die absolute Akzeptanz gegenüber dem unterprivilegierten. Das ist dann ein ewiger Kreislauf von Forderungen aus dem man nicht mehr herauskommt“
    Naja, wenn jeder jeden akzeptiert, wäre man doch aus diesem Kreislauf ausgebrochen. Lohnt es sich nicht, sich genau darum zu bemühen?

  129. Wer des Elend Deutschlands im Jahre 2018 erfahren möchte, muss nur die Kommentare von WOLF-DIETER BUSCH, FUSSBALFREUND und MYCROFT lesen. Da kann man schon mal an der Fähigkeit zur Vernunft zweifeln.

  130. @Struppi: Wenn ein weißer alter privilegierter und nicht bloß rumpolternder US-Präsident die von seinem Amtsvorgänger eingeführte freie Toilettenwahl an Schulen mal eben wieder kippt, ist das leider mehr als ein reiner Verwaltungsakt.

    (Wenn ich heute in der Innenstadt ne Gruppe junger gut gelaunter Punker sehe, weiß ich übrigens nie so recht, ob ich grinsen oder ihnen zuliebe spießigböse gucken soll. Und wenn ich Sie im Steimle-Faden rechthaberisch und voreilig in eine falsche Ecke gestellt habe, tut mir das leid. Wiederum hab ich seinerzeit auch mal die Biografie von Ingo Hasselbach gelesen und Sie könnten ja… baaah. Lechts und rinks und wir und die. Dank nouse kenne ich jetzt immerhin auch noch den Begriff TERFs )

    @LLL: Im TV kam die Tage eine Doku über Transkinder und Transpupertierende. Wenn da so ne kleine Achtjährige sitzt, die ihre Jungsfotos nicht sehen, ihren Jungsnamen nicht hören und ihren „P.“ einfach nur weghaben will, aber noch zu jung für pupertätsblockende Hormone geschweige alles ggf weitere ist … da fühl ich ne Menge Frust und Ohnmacht. Und kann ihr nur wünschen, dass sie den elenden Jungenkörper irgendwann vl nicht mehr nur als Feind sondern als einen älteren? Teil von sich sehen kann.

    Auch ich bekomme aber zb in dem von Ihnen erwähnten Thread ein bisschen das Gefühl, ich als cis-Frau darf die Kleine, wenn sie eine Große ist, bloß nicht fragen, wie das so für sie war und ist, um nur ja nicht mit einer unbedachten Formulierung zu triggern. (Jaaa, TV durfte ja auch fragen. War glaub ZDF.)

  131. Die 8-jährige soll sich jetzt mal bitte wohl fühlen in ihrem Körper, damit bei einigen Außenstehenden kein Frust aufkommt.
    Nichts ist schlimmer, als wenn ich einem Trans-Menschen keine Rückfragen zu ihren Gefühlen und ihrem Körperverständnis im Alter von 8 Jahren stellen darf.

  132. Habe gerade den Kommentar von wirres.net zu dem Interview gelesen und ich würde sagen „Martenstein is a punkrocker“ und zwar im klassischen Sinne „ich bin dagegen, weil die Mehrheit dafür ist“. Nur diese Klassik ist längst vorbei, weil in den 1980er Jahren dieses Dagegensein zu einer moralischen Position geführt hat, die damals noch frei war. Heute aber in der individualisierten Gesellschaft ist im Prinzip jede moralische Position irgendwie besetzt, was zur Folge hat, wenn man wie Martenstein mal aus Lust gegen etwas ist man automatisch mit einer bereits bestehenden moralischen Position in Kontakt kommt, mit der man vielleicht garnichts zu tun haben möchte. Weshalb es heute notwendig ist, bevor man gegen etwas ist erst mal seine eigene moralische Position zu klären, also wofür man ist. Sid Vicious konnte noch mit einem Hakenkreuz-T-Shirt rumlaufen, weil Neo-Nazis damals so einfach nicht aussahen. Heute aber gibt es keinen festen Dresscode für Nazis mehr, weshalb ein Punk mit Hakenkreuz-T-Shirt heute einfach für einen Nazi gehalten wird. Deshalb heute auch die ganzen political correctness-Diskusssion in der Punk-Szene – und vermutlich auch in allen anderen Szenen der bundesdeutschen Gesellschaft.

  133. Wo und warum genau lesen Sie in „kann ihr nur wünschen“ ein „soll sich jetzt mal bitte“? Und lesen Sie meine Beiträge überhaupt? Et nervt.

  134. Frust und Ohnmacht bei der Kleinen! Und ihren Eltern! Was ich nicht zu 100 Prozent aber ein bisschen mitfühlen kann!

    (Letzter Versuch @ anderer Max und gefühlt erzwungener Rechtfertigung @Mitleser. Grundgütiger)

  135. Was ich nicht nachvollziehen kann ist die ständige durch Ideologie geprägte Umdeutung der deutschen Sprache: Warum sagt man „Alter weißer Mann“, wenn man eigentlich was anderes meint? Martenstein kritisiert das völlig zu Recht. Die deutsche Sprache bietet dir eine Menge Möglichkeiten an, sich korrekt auszudrücken, anstatt Kampfbegriffe bestimmter Ideologien zu verwenden und damit die eigene Sprache zu entwerten. Das selbe gilt übrigens auch für den Begriff des Privilegs.

    Ich widerspreche der Überlegung, als „alter, weißer Mann“ sei man pauschal „privilegiert“. Es ist kein „Privileg“, nicht mit Rassismus oder Sexismus konfrontiert zu sein. Es ist stattdessen ein Unrecht, WENN eine Person mit Rassismus und/oder Sexismus malträtiert wird.

    Zu einem Privileg kann das erst werden, wenn das (von den Idioten) praktizierte Unrecht des gelebten Rassismus und Sexismus gesetzlich legitimiert würde. Und das ist doch eben nicht der Fall: Artikel 1 Grundgesetz allein stellt sich schon per Definition gegen jeden Rassismus und Sexismus;

    Das postulierte „Privileg“ des „alten weißen Mannes“ ist in Wahrheit ein Recht, dass alle Menschen in Deutschland genießen, auch die mit anderer Hautfarbe, anderem Geschlecht und sogar die mit unüblichen Vorstellungen über die Beschaffenheit unserer Erde. Das ist ein Auftrag des Gesetzgebers an jeden einzelnen von uns, alle (gleich) gut zu behandeln, nicht nur die, die sich mit Rassismus und Sexismus konfrontiert sehen.

    Im Grunde genommen ist die Aussage des „Privilegs des alten weißen Mannes“ überspitzter und polemischer Müll einer im Kern sinnvollen Weltanschauung. Ich kann nicht begreifen, dass selbst intellektuelle Menschen sich dieses Mülls bedienen, um ihre Position gegenüber Dritten vermeintlich zu festigen.

    Gruß Ronny

  136. Eine Rechtfertigung hatte ich nicht „erzwungen“, ja nicht mal erbeten.
    Zwecklos scheint sie jedoch nicht gewesen zu sein.

  137. @Ronny:
    „Ich widerspreche der Überlegung, als „alter, weißer Mann“ sei man pauschal „privilegiert“.“
    Das kommt auf die Gesellschaft an, in der man dies vergleicht.

    In einer weißen Mehrheitsgesellschaft habe ich als weißer halt das Privilleg, dass ich wegen meiner Hautfarbe erst mal nicht diskriminiert werden kann (übrigens auch als 62-jähriger Pfandsammler – Da kommt die Diskriminierung dann eher aus sozioökonomischer Richtung), mehr ist mit dem „Privilleg“ ja nicht gemeint.

    Das „falsch verstehen“ kann übrigens sowohl am Sender, als auch am Empfänger einer Botschaft liegen.

  138. Ich werde es vermutlich bereuen, dieses Fass noch einmal aufzumachen, aber ich bin wirklich beeindruckt, wie sehr sich die Leute festbeißen am Begriff vom „weißen, heterosexuellen, alten Mann“.

    Ich finde den Begriff, benutzt als Schimpfwort, durchaus nicht unproblematisch. Schon wegen der Missverständnisse, die er produziert. Offenbar lesen manche Leute aus diesem Gespräch, ich würde dauernd damit herumwerfen, auf Martenstein oder andere. Tatsächlich ist mir nur eine einzige Stelle bewusst, in der ich das getan habe. Das ist das Zitat ganz oben: „[Martenstein] schreibt stellvertretend für die sich für schweigend haltende Mehrheit weißer, heterosexueller, alter Männer, die die Welt nicht mehr verstehen.“ Das ist schon etwas anderes, als jemandem seine Heterosexualität etc. „vorzuwerfen“.

    Aber warum überhaupt solche vermeintlich sexistischen, rassistischen Kategorien ins Spiel bringen? Nun, das Zitat ist meine Reaktion auf Kolumnen von Martenstein, in denen es genau darum geht. Er schreibt da, wie ich finde, ignorant über Trans- und Intersexuelle. Und er macht selbst zum Thema, dass er zu keiner „Opfergruppe“ gehört, und sieht sich deshalb als Opfer: „Ich bin, wie gesagt, traumatisiert, vielleicht sogar verbittert durch die Tatsache, dass ich zu keiner einzigen gesellschaftlichen Opfergruppe gehöre und in jeder gottverdammten Debatte immer Teil der Tätergruppen bin, Männer, Deutsche, Weiße, Besserverdiener.“ Er selbst macht das zum Thema, sein schlimmes Leiden als deutscher, weißer, gutverdienender Mann. Darauf, auf diese Sätze und diese Haltung, bezieht sich mein Satz.

    Ganz unabhängig von diesem Kontext bin ich aber wirklich verblüfft, wie viele Leute auf diese Kategorisierung extrem empfindlich reagieren (auch, aber nicht nur hier in den Kommentaren). Ich glaube, das hat auch damit zu tun, dass es weiße, heterosexuelle Männer nicht gewohnt sind, in irgendwelche Schubladen gepackt zu werden. Sie werden sonst nicht als weiße, heterosexuelle Männer gelabelt, sondern sind einfach „normal“. Weiße Menschen werden bei uns im Alltag nicht als Menschen weißer Hautfarbe wahrgenommen, sondern als normale Menschen. Das Weiß wird unsichtbar. Beim Thema Hetero-/Homosexualität ist das besonders deutlich: Ein schwuler Politiker, der ein Coming Out hat, muss sich fragen lassen, warum er seine Sexualität zu einem Thema in der Öffentlichkeit macht. Ein heterosexueller Politiker, der mit seiner Ehefrau posiert, bekommt diese Frage nicht gestellt.

    Es gibt viele Varianten dieses Phänomens (und es ist sicher komplexer, als ich es hier darstelle), aber der Kern ist: Weiße, heterosexuelle Männer sind es nicht gewohnt, in Schubladen gepackt zu werden, und reagieren deshalb besonders empfindlich darauf.

    Wenn ich Martenstein wäre, könnte ich sagen, dass die Heteros durch die ungewohnten Schubladen mal ein bisschen desensibilisert werden. Tatsächlich geht es natürlich um das Gegenteil: Sensibilisierung. Sich der eigenen Privilegiertheit und Macht bewusst werden. Und das heißt konkret, vorsichtig zu sein mit „Wo ist denn das Problem?“- oder „Was wollt ihr denn jetzt noch alles“- oder „Ich stell mich doch auch nicht so an“-Argumenten gegenüber Minderheiten.

    Letzter Punkt: Nein, es ist nicht dasselbe, ob sich ein weißer Mann in Deutschland sein Weißsein vorhalten lassen muss oder ein schwarzer Mann sein Schwarzsein. Für Schwarze und andere Minderheiten ist Diskriminierung Alltag. Es ist nicht dasselbe, ob ich mir einen blöden Spruch als „heterosexueller, alter, weißer Mann“ anhören muss, oder ob ich mich als Schwuler regelmäßig fragen muss, wo es körperlich gefährlich ist, meine Homosexualität zu zeigen, und mir bewusst bin, dass meine Liebe noch vor wenigen Jahrzehnten unter Strafe gestellt war.

    (Ich bin trotzdem ein bisschen unglücklich, wie sehr sich die Debatte auf diesen Begriff reduziert.)

  139. > „In einer weißen Mehrheitsgesellschaft habe ich als weißer halt das Privilleg, dass ich wegen meiner Hautfarbe erst mal nicht diskriminiert werden kann“

    Ja eben nicht! Das „Privileg“ hast du auch als dunkelhätige Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. Deshalb ist es auch ein Recht, kein Privileg! Das es Menschen gibt, die andere diskriminieren wird ja nicht legal, nur weil das Opfer eine andere Hautfarbe hat.

    > „mehr ist mit dem „Privilleg“ ja nicht gemeint.““

    Das ist exakt meine Kritik – mit diesem Begriff vermittelt man ein falsches Bild, denn es hat im allgemeinen eine andere Bedeutung.

  140. Ja eben nicht! Das „Privileg“ hast du auch als dunkelhätige Frau in einer weißen Mehrheitsgesellschaft.

    Doch, eine dunkelhäutige Frau kann – und wird – in einer weißen Mehrheitsgesellschaft diskriminiert werden. Dass Sie das Recht hat, nicht diskriminiert zu werden ist eine ganz andere Baustelle.

    Das Recht, nicht diskriminiert zu werden haben alle.
    Das Privileg, tatsächlich nicht diskriminiert zu werden eben nicht – weswegen es auch ein Privileg ist.

  141. @167:
    Naja … „Diskriminierung“ ist so schwammig, dass man da seltenst überhaupt einen Straftatsbestand draus machen kann (betr. „legal“).
    Genau das wird ja gerne ausgenutzt, um andere zu diskriminieren.
    Die Diskussion habe ich mal so weit geführt, als dass ein Fotograf es „irgendwie rassistisch“ fand, beim Fotografieren von dunkelhäutigen Menschen mehr Fotolichter verwenden zu müssen.
    Da weiß ich dann auch nicht mehr weiter.

    Eine dunkle Frau kann in einer weißen Mehrheitsgesellschaft (aufgrund ihrer Hautfarbe) nicht diskriminiert werden? Weil sie eine Frau ist? Ich verstehe das echt nicht.

    „, denn es hat im allgemeinen eine andere Bedeutung.“
    Naja, Sie verstehen da halt was anderes darunter, als. z. B. ich.
    Beides sind halt Ansichtssachen und keine feststehenden Fakten.
    So ist Sprache nun mal …

  142. Naja, ich versuchte eigtl eine Diskussion übers gegenseitig permanent missverstehen wollen zu führen, habe oft genug eingestanden, selbst kein Engel zu sein (Sender) und ein Anderer Max zb ist grundsätzlich immer erstmal bereit, mir finsterste Gedanken zu unterstellen und sich auf die missverständlichen Formulierungen zu stürzen. Und nu?

  143. Bitte macht euch schlau, was der Begriff „Privileg“ bedeutet:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Privileg

    Zeigt mir die Stelle im deutschen Gesetzestext, der es einer definierten Personengruppe erlaubt, jemanden aufgrund seiner Hautfarbe oder für was auch immer mit dem Ziel der Ungleichbehandlung legal zu diskriminieren. Genau das ist ein Privileg: ein Recht, dass vom Gesetzgeber nicht jedem gegeben wird, sondern nur einem kleinerem Personenkreis als „Alle“.

    Ihr missbraucht diesen Begriff um eure Wertvorstellungen zu transportieren, und genau deshalb kann ich mit euch nicht partizipieren. Aus meiner Perspektive wollt ihr damit Ungleichheit zwischen den Menschen überhaupt erst erzeugen, wo sie jetzt (nach dem Gesetz) nicht existiert.

    Euer Ziel (und das muss sich auch in eurer Sprache wiederspiegeln), sollte aber die Gleichberechtigung für alle sein, auch für den „weißen alten Mann“. Ihr solltet unmissverständlich deutlich machen, dass „Nicht diskriminiert zu werden“ ein Recht ist, das für jeden gleichermaßen gilt, anstatt von einem Privileg zu reden, das nach dem Prinzip „gleiches Recht für alle“ abgeschafft gehört.

    Deshalb ist es so wichtig, Begriffe korrekt anzuwenden.

  144. @Ronny
    Du weißt aber schon, dass „Privileg“ nicht nur ein rechtlicher Begriff ist?

    Natürlich gibt es daneben auch so etwas wie einen alltäglichen Sprachgebrauch dieses Begriffes.

  145. @Ronny
    „Euer Ziel (und das muss sich auch in eurer Sprache wiederspiegeln), sollte aber die Gleichberechtigung für alle sein, auch für den „weißen alten Mann“.“

    Wo will jemand „weißen alten Männern“ irgendwelche Rechte wegnehmen?

  146. @171:
    Ein „ihr“ in der Ansprache setzt voraus, dass es ein oppositionelles „wir“ gibt.
    Erzeugen Sie damit nicht eine Ungleichheit, die es sonst gar nicht gäbe?
    Wären wir uns sonst nicht alle einig?
    /s

    Messbare Unterschiede existieren nun mal.
    Genau das wollte ich mit dem „Fotografen“ Beispiel demonstrieren: Dunkle Haut absorbiert mehr Licht.

    Außerdem:
    Na, wenn es keine (legale) Diskriminierung geben kann, dann ist ja auch der „weiße, alte, heterosexuelle Mann“ nicht davon betroffen. Also alles tutti?

  147. @Tom-Murnau:
    Ja ist mir klar – trotzdem erzeugt er falsche Vorstellungen von der Realität. Und das ist ziemlich sicher so gewollt.

    Zu deiner zweiten Frage eine Gegenfrage: An welcher Stelle siehst du denn eine Person einer beliebigen anderen Personengruppe gesetzlich benachteiligt, als dass hier zusätzliche Rechte erstritten werden müssen?

  148. @RONNY
    Bei Sätzen wie „Ich habe es immer als Privileg empfunden, dass…“ würde ich auch nicht als erstes daran denken, dass es hier um rechtliche Dinge geht. Sprich: Vielleicht liegt es auch an mir, aber ich finde es ziemlich weit hergeholt, zu behaupten, da würde immer sofort diese rechtliche Dimension mitschwingen. Und noch weiter hergeholt finde ich die Theorie, dass jemand deswegen bewusst diesen Begriff benutzt, um letztlich darauf hinzuwirken, dass weiße alte Männer rechtlich eingeschränkt werden.

    Die Gegenfrage verstehe ich ehrlich gesagt nicht wirklich.

  149. „Außerdem:
    Na, wenn es keine (legale) Diskriminierung geben kann, dann ist ja auch der „weiße, alte, heterosexuelle Mann“ nicht davon betroffen. Also alles tutti?“

    Das ist eine sehr interessante Frage, ob das Postulieren von nicht real existierenden (gesetzlichen) Privilegien nicht auch schon eine Art von Diskriminierung darstellen kann.

    Davon ab hast du mein eigentliches Argument nicht verstanden:
    >>Ihr solltet unmissverständlich deutlich machen, dass „Nicht diskriminiert zu werden“ ein Recht ist, das für jeden gleichermaßen gilt, anstatt von einem Privileg zu reden, das nach dem Prinzip „gleiches Recht für alle“ abgeschafft gehört.<<

    Wenn du dich an dem "Ihr" störst, dann setze halt einen anderen Begriff ein. Ich sehe mich in jedem Fall nicht in der gleichen Gruppe wie die Leute, die eine Entrechtung für einen Personenkreis einfordern, sondern bei den Leuten, die für eine Durchsetzung der schon lange vorhandenen Gesetzeslage plädieren. Da ist der Begriff "Privileg" einfach fehl am Platz.

  150. NIEMAND mag es, in irgendwelche Schubladen gesteckt zu werden.

    ALLE machen das aber mit anderen Leuten.

    DAS war übrigens der Grund, warum ich den weiße, alte etc.-Spruch als Ironie wahrgenommen habe: Spiegeln wir einfach mal bestimmte Sprüche.

    Zum Thema Unisex-Toiletten, das mit dem Markt wird wahrscheinlich nicht klappen.
    Ein Amt mit sechs Etagen und jeweils zwei Waschräumen kann einen zum Unisex-WC erklären und einem zum Behinderten-WC.
    Behinderten-WCs muss man auch erst ab 200 möglichen Besuchern bauen. Außer, man genießt Bestandsschutz.
    Sehr, sehr viele werden sich das Vorhalten eines vierten Waschraumes sehr wahrscheinlich ersparen.

  151. @ Stefan Niggemeier, 166:

    Das stimmt im Prinzip schon alles. Nur ist es mit den Privilegien „der“ alten weißen Männer oft gar nicht so weit her. Oder anders gesagt – wer ist „privilegierter“: Eine (vergleichsweise junge) offen lesbische C4-Professorin, oder ein älterer männlicher heterosexueller Hilfsarbeiter, der aufstocken muss, um auf das Existenzminimum zu kommen?

    Dabei will ich hier gar nichts gegeneinander ausspielen oder die Diskriminierung von Homosexuellen oder Frauen oder anderen Gruppen in irgendeiner Form bagatellisieren. Ich halte es für absolut geboten, jede Art von Diskriminierung ernst zu nehmen und zu bekämpfen.

    Nur möchte ich darauf hinweisen, dass das Privilegiertsein „weißer alter Männer“ zumindest zum Teil erst mal ein Abstraktum oder statistisches Konstrukt ist, welches manchmal in der realen Welt wenig bedeutet, sofern man auf die individuelle Ebene geht und die Gesamt-Situation einer Person berücksichtigt. Wenn „alte weiße Männer“ als privilegierte Gruppe charakterisiert werden – was in gewisser Weise ja berechtigt ist – dann sollte man im Hinterkopf behalten, dass die alten weißen Männer nicht in toto eine „gesellschaftliche Aristokratie“ darstellen, und dass es viele alte weiße Männer gibt, denen es schlecht geht.

    „Ganz unabhängig von diesem Kontext bin ich aber wirklich verblüfft, wie viele Leute auf diese Kategorisierung extrem empfindlich reagieren (auch, aber nicht nur hier in den Kommentaren). Ich glaube, das hat auch damit zu tun, dass es weiße, heterosexuelle Männer nicht gewohnt sind, in irgendwelche Schubladen gepackt zu werden.“

    Das mag durchaus so sein. Man bedenke aber auch, dass es alte weiße heterosexuelle Männer gibt, die niemanden herabsetzen oder diskriminieren. Und diese Leute haben dann vielleicht auch das Gefühl, dass sie in Geiselhaft genommen und einem impliziten Vorwurf ausgesetzt werden, der (aus ihrer Sicht) nicht gerechtfertigt ist. Und man bedenke auch, dass es – zumindest in etwas feinerer Gesellschaft – im Fall der meisten anderen Gruppen durchaus als unschicklich gälte, sie offen in negativ etikettierte Schubladen zu packen.

    „Nein, es ist nicht dasselbe, ob sich ein weißer Mann in Deutschland sein Weißsein vorhalten lassen muss oder ein schwarzer Mann sein Schwarzsein.“

    Das stimmt natürlich auch – trotzdem ist es nicht gerecht und könnte das Klima unnötig vergiften, wenn man einem weißen Mann sein weißes „Mannsein“ tatsächlich im eigentlichen Sinne „vorhält“ (mir ist bewusst, dass Sie das nicht tun, aber so etwas gibt es auch).

  152. @Stefan Niggemeiner

    „(Ich bin trotzdem ein bisschen unglücklich, wie sehr sich die Debatte auf diesen Begriff reduziert.)“

    Ich persönlich muss gestehen, dass ich den Begriff aus vielen, teils hier schon von anderen erörterten Gründen auch nicht sonderlich glücklich finde und dass ich bei mir merke, dass ich dazu mitunter eine oppositionelle Haltung einnehme, wenn auch nicht aus den von Ihnen vermuteten Gründen, denn als bildungsferner Unterschichtler weiß man in aller Regel wie es ist, in Schubladen gesteckt zu werden.

    Allerdings hat mir Ihr Interview mit Martenstein und auch die gesamte Diskusission dabei geholfen, die von Ihnen dargelegte Bedeutung des Begriffs besser zu verstehen und zu akzeptieren.

    Mögen Sie sich auch anderes von der Debatte erwartet haben, für diesen Denkanstoß danke ich Ihnen!

  153. Wie wärs denn, wenn wir grad alle mal spontan gegen einen bestimmten alten weißen heterosexuellen privilegierten Mann auf die Straße gingen -„Seehofer muss weg“?

    Geht natürlich nicht, weil sein 69. Geburtstag gar nicht so vielen aufgefallen ist, weil heute die Morde der jungen weißen wütenden NSU-Männer und der jungen weißen wütenden NSU-Frau durch alle Sender analysiert werden müssen. Medien halt.

    Und weil die mehr oder weniger Linken und Transmenschen und sonstigen zu Desensibilisierenden sich grad lieber untereinander und gegenseitig desensibilisieren. Und der Seehofer, ach, den kann unsere Demokratie auch noch ab und der hält sich eh nimmer lang und nach ihm kommt sowieso nur ein weiterer weißer alter Mann …

    Das war Zynismus. Schönen Abend.

  154. Lieber Herr Niggemeier,

    Ihre Erklärung (Kommentar 168) hat mir geholfen, Ihr Anliegen besser nachzuvollziehen. In der Tat eine gelungene Sensibilisierung. Zugleich zeigt mir das Gespräch zwischen Ihnen beiden, dass Liberalität eine ebenso gefährdete wie anstrengende Geisteshaltung ist. Vor allem aber ist sie wertvoll – und dazu muss man einander kritisch aushalten. Und nicht impliziert die Entlassung des Anderen anmahnen. Da sind Sie, finde ich, über Ihre Ziele hinausgeschossen.

    Ein Leser der von Ihnen schmerzhaft treffend beschriebenen “Generation Martenstein”.

  155. Ich habe mir die meisten Kommentare durchgelesen.
    Und wissen Sie, Herr Niggemeier, was mir dabei aufgefallen ist.
    Hier schreiben Menschen, die sich sehr gut ausdrücken können und manche Texte scheinen mir geradezu „einstudiert“ zu sein.
    Sie kennen das sicherlich, wenn man etwas immer und immer wieder vorgesetzt bekommt, dann glaubt man am Ende auch daran.
    Sie sollten sich hüten von alten, weißen und privilegierten Männern zu schreiben, denn viele alte weiße Männer geht es nicht so gut!
    Und Sie sollten sich bewusst sein, das es alte weiße Männer und Frauen waren, von deren Früchten Sie nun leben.
    Ich sehe jeden Tag alte weiße Männer, die irgendwo produktive Arbeit leisten, aus deren Steuern Arbeitsplätze aus dem nichtproduktiven Bereich bezahlt werden.
    Die Kommentare sind ein Sinnbild dafür, wie es ist, wenn man von dieser Arbeit lebt.
    Es kostest ja nichts.
    Die SPD hat nur deshalb ihre Anhängerschaft verloren, weil sie sich um den hart arbeitenden Mann und selbstverständlich auch, um die hart arbeitende Frau, nicht gekümmert hat, und das fällt ihnen jetzt auf die Füße.
    Es geht eben nicht nur um Minderheiten, es geht auch um den Mann und die Frau, die jeden Tag früh aufstehen, weil sie es gar nicht anders kennen, weil sie ein Teil dieser Gesellschaft sein wollen und weil sie für ihre Kinder nur Gutes wollen.
    Irgendwann, und das ist nun einmal so, kommen dann solche Gedanken wie:
    Ich gehe jeden Tag malochen, aber für mich zahlt es sich nicht aus.
    Andere, die irgendwas mit Soziologie machen, oder Gender ( die meisten die ich kenne, können mit dem Begriff gar nichts anfangen ) leben ganz gut davon.
    Wie soll ich es Ihnen erklären, ohne Ihnen nahezutreten zu wollen:
    Sie leben halt auch in einer Blase, auch wenn Sie es nicht so recht glauben möchten.
    Meine Oma sagte übrigens :
    Allzugut ist liederlich…

  156. @183:
    Klar, jeder lebt in seiner Blase, das ist doch keine Beleidigung.

    Dass man „von Gender“ ganz gut leben kann … Keine Ahnung.
    Die Leute, die ich kenne und die eine Geisteswissenschaft haben, zahlen mit Mitte 30 noch ihren KFW-Kredit ab und arbeiten nebenbei am Wochenende in ’ner Kneipe.
    Letzendlich läuft das doch auch nur auf Lohnarbeit hinaus.

    Und wegen nicht lohnender Maloche:
    „Wenn Arbeit reich machen würde, würde die Mühle den Eseln gehören.“

  157. @ Klara:

    Da Herr Niggemeier ja gar nichts gegen alte/weiße/heterosexuelle Männer und Frauen hat, rennen Sie bei ihm diesbezüglich vermutlich offene Türen ein.

    Davon abgesehen glaube ich aber, dass Minderheiten wie Trassexuelle – oder auch Flüchtlinge – auch zu den Leidtragenden sozialer Ängste und Ressentiments gehören. Offenbar haben viele Leute das Gefühl, dass für „die“ mehr getan wird als für sie selbst und entwickeln nun einen gewissen Neid. Im Sinne von: Wer kümmert sich denn um unsere vielen Probleme? (Das nun gilt vermutlich weniger für einen Martenstein, aber für genug andere.) Natürlich ist eine solche Reaktion sehr unfair, aber ich meine, dass genau solche Prozesse eine wichtige Rolle spielen.

    Ich glaube, dass dies damit zu tun hat, dass „linke“ Politik heute eben nur noch als eine Politik gesehen wird, die kulturelle und andere Minderheiten schützt und fördert – und nicht mehr wie früher als eine Politik, die energisch für den Wohlstand der Massen kämpft.

    In Europa liegt dies vermutlich vor alle daran, dass der Keynesianismus auch von der Agenda „linker“ Parteien nahezu vollständig verschwunden ist und fast vollständig durch eine Hinwendung zur Neoklassik bzw. zum Neoliberalismus ersetzt wurde (Lohnzurückhaltung, Sparen in der Krise usw.). In den USA (wo ein Donald Trump Präsident wurde) ist die Politik zwar in gewissem Sinne noch „keynesianischer“ (zum Beispiel eine andere und viel erfolgreichere Reaktion auf die letzte große Finanzkrise), dafür aber ist sie ganz allgemein sehr stark auf das Wohl der sehr Reichen ausgerichtet und kümmert sich vergleichsweise wenig um den Rest. (Dies geht so weit, dass der frühere Präsident Jimmy Carter sein Land in seinem jetzigen Zustand als „Oligarchie mit unbegrenzter Besetchung“ („Oligarchy With Unlimited Political Bribery“) bezeichnet hat.)

    Die Schlussfolgerung wäre, dass sozialer Abstieg und die Angst vor dieser zu den Gründen für eine gewisse ablehnende Haltung gegenüber Minderheiten gehören. Natürlich sind es nicht die einzigen Gründe.

  158. @LLL – #185

    Selten, dass ich so etwas schreibe, aber dem stimme ich vollumfänglich zu!

  159. Die Unfähigkeit auf existentiellen Feldern wie Energie, Einwanderung, Rechtsstattlichkeit oder Grenzschutz sich verantwortungsethisch auf eine Sachdiskussion einzulassen, um stattdessen sich mittels Moralfantasmen über andere zu erhöhen, wird dieses Land weiter destabilisieren. Nur fürs Protokoll: das wird irgendwann zu einer autoritären Regierung führen, und hier tippe ich nicht zu einer linken sondern es wäre wieder rechts dran. Dagegen wird die AfD ein laues demokratisches Lüftchen sein. Harald Martenstein, wie viele andere „Whams und Whafs“ warnen lediglich davor. Leider in dem Gefühl, wie es auch viele der Kommentare hier erzeugen, dass diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten ist. Evolutionssoziologen sehen dies völlig unaufgeregt, weil sich stabile System nach einer gewissen Zeit immer destabilisieren , um Neues zu ermöglichen (s.a. unter Gruppenmoral). Denke ich jedoch an meine Kinder , dann bete ich, dass ich mich täusche.
    PS: Danke Klara

  160. @LLL
    Sie beschreiben einen sehr wichtige Punkt. Soz. Marktwirt vs. Oligarchenstaat. Der Kampf gegen die Großgauner wird leider nie aufhören. Aber … Das Unbehagen vieler mit der heutigen Situation speist sich nicht aus fragwürdiger wirtschaftlicher Verteilung und daraus folgenden kleingeistigen Neidgefühlen. Es dreht sich vielmehr um einen Kulturkampf zwischen den Prinzipien der Aufklärung und einem um sich greifenden Moralismus. Auch hier wieder der Hinweis auf das Thema Gruppenmoral in der Evolutionssoziologie. Menschen, die glauben im Sinne einer höheren Moral, Regeln brechen zu dürfen, befinden sich in letzter Konsequenz auf dem Weg zum Völkermord. Es war nicht das Christentum , welches unsere einigermaßen freie Gesellschaft und unsere Lebenssicherheit ermöglicht hat, es war die Aufklärung. Doch heute nach 300 Jahren hat es die Aufklärung schwerer denn je gegen diesen Moralwahnsinn anzukommen. Alle machen inzwischen wieder mit, natürlich auch die ev. und kath. Kirchen, die beim Denunzieren Andersgläubiger ja reichlich Erfahrung haben. Das ist es, was viele Menschen heute so irritiert.

  161. „Und Sie sollten sich bewusst sein, das es alte weiße Männer und Frauen waren, von deren Früchten Sie nun leben.“

    Sie meinen John, dessen Trupp nach dem Krieg geholfen hat, Deutschland wieder aufzubauen? Oder Ali, der in den Fünfzigerjahren nach Deutschland kam, weil hier akuter Arbeitskräftemangel herrschte?

    Oder einen der vielen vielen Migranten danach? Diese weißen alten Menschen meinen Sie, die alles sind, nur nicht weiß?

    Ihrer ist der plumpste Rassismus im ganzen Strang, Klara.

  162. @Gebimmel
    Wirtschaftliche Not erniedrigt massiv die Schwelle hin zu einem unkontrolliertem Umsturz. Ohne die Hungersnot in Paris hätte es 1789 die französische Revolution so nicht gegeben. Das war aber nur der letzte Auslöser. Der Grund war jedoch der Wunsch der Bürger nach Teilhabe, der lange arrogant unterdrückt wurde und erst viel zu spät gehört wurde als die Eigendynamik des Umsturzes schon am Laufen war. Sehr lesenswert dazu das Buch „Brüder“ von Hillary Mantel.
    Wer also glaubt die derzeitige Dynamik wird von einem Verteilungsproblem verursacht erkennt nicht, dass es um Pschology geht. Das Gefühl entgegen dem eigenen Empfinden ständig indoktriniert zu werden wie man zu denken hat, dass nervt inzwischen sehr viele. ich persönlich kann kaum noch eine Reportage der Öffentlichrechtlichen ertragen, die ich aber finanzieren muss. Wenn es jedoch dann im unteren Drittel um die Verteilungskämpfe im bankrotten Sozialstaat geht, ist die Saat gelegt. Dann kommen die echten Rattenfänger und wenn sich die angestachelte Masse in Bewegung setzt, dann wird es richtig unangenehm. Diejenigen, die uns das aber lange vorher eingebrockt haben und uns mit ihrer Überheblichkeit in Talkshows nerven, sitzen dann schon längst in ihren Zweitwohnsitzen im EU-freien Cornwall, Florida oder Dubai, keine Sorge.
    PS: warum hier eigentlich nicht unter seinem eigenen Namen diskutieren?

  163. @192: kurze Frage: Ordnen Sie die beispielsweise die #metoo-Kampagne in die Kategorie eines „um sich greifenden Moralismus“ ein? Falls nein, wäre mir an einem anderen Beispiel gelegen.

  164. M. E. benutzt man Wörter, wie „Rattenfänger“ um von der eigenen Rattenfängerei abzulenken. Lesenswert: Sigmund Freud.
    Um das mal abzukürzen: Ihr Flötenspiel ist weder neu, noch gut.

  165. Ja, Leute, die öff.-r. Beiträge bezahlen müssen, sind ähnlich arm dran wie das hungernde Volk im absolutistischem Frankreich.

    Ich bin erst mal Kuchen essen.

  166. „Das Gefühl entgegen dem eigenen Empfinden ständig indoktriniert zu werden wie man zu denken hat, dass nervt inzwischen sehr viele.“

    Ich denke, auch viele Hypochonder sind genervt, wenn der Arzt ihnen sagt, dass sie gar nicht krank sind. Und dafür zahlt man Krankenkasse!

  167. Warum gibt die liberale und seriöse ZEIT Martenstein Raum? Eben, weil sie seriös ist. Und vor allem weil sie liberal ist. Freiheit ist die Freiheit des Andersdenkenden. Das hat mal eine Linke gesagt. Lange her.

  168. @gebimmel
    Na ich bitte Sie, das liegt doch auf der Hand: Klima, Einwanderung, Gender, Ernährung, Körpergewicht … kommen Sie mal in meine Sprechstunde, wenn dicke Menschen erzählen wie sie die ganze Häme der Schlanken abkriegen. Dicke Menschen essen weniger Kalorien als dünne. Das stimmt nachweislich, will aber kein Schlanker glauben, denn das widerspräche ja dem eigenen Überlegenheitsgefühl. Usw. Usw. wenn Sie heute akademisch Karriere machen wollen, kommen Sie bloß nicht auf die Idee mit guten Argumente die herrschenden Glaubensätze in Frage zu stellen, das geht schief.
    Ein Gedanke zu #meetoo . Mich haben sexuelle Übergriffe immer angewidert, Professor mit Studentin etc. etc. kein Zweifel, dass so etwas angezeigt gehört und dazu brauchte es leider früher Mut. Aber dennoch dazu ein Gedanke: wir werfen unseren Großeltern vor, sie hätten sich nicht gegen die Naziherrschaft gewehrt. Und das obwohl ihnen dann Folter drohte. Was drohte einer jungen Schauspielerin vor 20 Jahren, die Übergriffe eines Regisseurs erlebte und wusste, dass wenn sie es nicht anzeigt, wird er es mit der Nächsten genau so machen? Ich hoffe Sie kommen nicht auf die Idee, dass ich etwas verharmlosen will, Aber mich stört zuweilen das Selbstgerechte der besonders Tugendhaften.

  169. Was droht einem Menschen, der sich in Freital öffentlich gegen rechtsextremismus bekennt?

    Um auch mal eine Frage zu stellen.

    Btw., relativ zum Herzinfarkt ist so eine Lungenentzündung doch harmlos. Sollen sich die mit der Lungenentzündung doch nicht so anstellen!

  170. @198 Ich unterstreiche Ihren letzten Satz. Auch hier in den Kommentarspalten sind einige Martensteins allen Alters und politischer Präferenz unterwegs, die um des pointiert gesetzten Verbalangriffs willen gern mal Kollateralschäden in Kauf nehmen. Im Unterschied zu Martenstein scheinen sich aber einige dabei stets für die einzig echten wahren Guten zu halten.

    @Klara
    Bei Übermedien lesen und schreiben viele Medien-Schaffende, zu deren Job es gehört, halbwegs gradeaus formulieren zu können. Auch daher vl Ihr Eindruck des Einstudierten.

    Die jeweiligen „Agenden“ unterscheiden sich prinzipiell nicht von denen der weniger Textversierten, wenn auch hier überwiegend selbserklärte Linke schreiben. Auf ortografische Unzulänglichkeiten der Gegenseite kann man/frau/* aber natürlich umso genüßlicher, weil geschliffen, drauf hauen.

    Über Revolutionen hab ich mal gelernt, dass die meist gar nicht von denen ganz unten ausgehen, sondern von denen knapp drüber, die noch was zu verlieren haben.

  171. Ich glaube, zum Thema weiße heterosexuelle alte Männer muss mal dringend etwas gesagt werden. Kleiner Scherz. Mir ist es nicht nachvollziehbar, wieso es so schwer zu verstehen zu sein scheint, wie der Autor das gemeint hat.
    Ich fand das Gespräch sehr erhellend, um das Phänomen Martenstein besser zu verstehen. Mir scheint der Grunddissens darin zu bestehen, dass er moralisch einfach nicht besonders engagiert ist. Daher nervt ihn insbesondere die moralische Empörung anderer, denn hey, gibt’s nicht Wichtigeres. D.h. er hat eher eine ästhetische Beziehung zu eigentlich moralisch relevanten Themen. Daher auch seine Erklärung, dass es ihm nur um gute Unterhaltung geht. Es befriedigt ihn, wenn er seinem Genervtsein schreibend Ausdruck gibt, umso mehr, wenn die Nervenden dann aufheulen. Im Grunde hat er sicher nichts gegen Trans-Menschen oder andere Minderheiten. Seine Texte können ja auch mal AfDler treffen oder wen auch immer, egal, es geht ihm halt nur um angenehme Unterhaltung. Über einen (aus seiner Sicht) niggemeiernden Eiferer kann er daher nonchalant hinweglächeln und fühlt sich wohl allenfalls zu einer amüsanten Glosse inspiriert.
    Ich fürchte, so jemanden kriegt man mit moralischen Argumenten nicht zu packen.

  172. Als ich oben so apodiktisch schrieb: „Weil sie seriös“ ist, hatte ich den aktuellen ZEIT-Artikel „Oder soll man es lassen?“ zum Pro und Kontra der Rettung von Flüchtlingen in Seenot noch nicht gelesen. Jetzt schrübe ich das nicht mehr.

  173. „Dicke Menschen essen weniger Kalorien als dünne. Das stimmt nachweislich“ Das ist – mit Verlaub, der größte Blödsinn, den ich in diesem Jahr gelesen habe. Hierzu einen Nachweis zu führen, wird Ihnen nicht gelingen. Und was das Klima angeht – ich denke, die meinen die Klimaerwärmung damit: Wenn sie die Konfrontation mit wissenschaftlichen Studien als Indoktrination empfinden: Gute Nacht.

  174. @206: und nach dem Lesen sind sie also der Meinung, dass der Satz: Dicke Menschen essen weniger Kalorien als dünne.“ so allgemeingültig, wie er da formuliert ist, zutreffend ist, ja? Na dann: Homöopathie hilft!

  175. „Private Homepage von Dorit & Günter“, die erste Adresse für Antworten auf wissenschaftliche Fragen…

  176. @204 Gunter Frank
    Das kann sein. Dann tut es mir leid. Oder Sie mich. Ich habe nicht sagen wollen, dass SIE ein Martenstein sind, falls darin das Missverständnis liegt. Ihre Ausführungen schienen mir von viel Verständnis für vermeintlich Privilegierte geprägt, die gar nicht immer privilegiert sind.

    Seufz. Und dass nachdem der Herr Pannor Ihnen gleich die Lungenentzündung entgegenWHAMt. Seis drum, nehmen Sies bitte als Selbsterfahrung einer dummerweise naturironischen Online-Kommentatorin, die das noch nicht seit 20 Jahren macht.

  177. Ich kann die Kritik von Stefan Niggemeier in Kommentar #64, daß man auch mal über einen anderen Aspekt als nur den Terminus „Alter weißer Mann“ diskutieren sollte, nicht nachvollziehen.

    Das komplette Interview ist doch durchdrungen von der Einstellung von Harald Martenstein, die sich als „Alter weißer Mann“ manifestiert, so wie ich das in Kommentar #59 erklärt habe.

    Genau aufgrund dieser Eigenschaft „Alter weißer Mann“ reden Stephan Niggemeier und Harald Martenstein die ganze Zeit aneinander vorbei. Stefan Niggermeier sieht die gesellschaftliche Realität, er sieht die Auswirkungen der Kolumne. Harald Martenstein dagegen ist ein genügsamer alter Mann, der sich zurücklehnt und einfach nur spielen will. Er sieht die Sachverhalte als bloßes Spiel zwischen zwei gegensätzlichen Teilnehmern, und er stellt sich auf die Seite desjenigen, der dauern Punktabzug bekommt. Er möchte diesen vermeintlich schwächeren Spielteilnehmern auch mal zu ein paar Punkten verhelfen und dem Spiel insgesamt mehr Pep verleihen. Es ist das, was Tanja Faust in Kommentar #201 zutreffend als „ästhetische Beziehung“ bezeichnet. Um gesellschaftliche Realitäten geht es Harald Martenstein nicht, die kommen in seiner Welt überhaupt nicht vor. Das meine ich damit, wenn ich in Kommentar #59 schreibe, daß Herrn Martenstein nicht zu helfen sei.

    Manchmal blitzt ein bischen Verständnis hervor. Dann sagt er, daß man seine Texte (bzw. deren Wirkung) nicht überschätzen soll. Und er sagt, daß er bei nationalsozialistischen Themen Halt machen würde. Aber danach kehrt er doch ganz unbekümmert wieder zu seinem Spiel zurück.

    Besonders deutlich wird das am Ende (bei der Diskussion um die Polizeitakademie), wo Harald Martenstein zu Stefan Niggemeier sagt „Ich gebe Ihnen hiermit die Erlaubnis, in Ihrem nächsten Text über mich zu schreiben: …“. Das Argument von Stefan Niggemeier „Es müssen alle Polizeischüler mit Migrationshintergrund, die das nicht tun [die sich gesetzeskonform verhalten], Ihre Pointe aushalten“. Denn diese unbeteiligten Polizeischüler kommen in seinem Spiel nicht vor. Sie sind keine der beiden Spielteilnehmer, sie bekommen weder Punkte noch Punktabzug. Aus Sicht von Harald Martenstein sieht die Situation so aus: „Ich habe etwas formuliert, was nicht ganz in Ordnung ist. Also darf Stefan Niggemeier jetzt auch etwas Böses formulieren. Dann ist wieder Gleichstand, und wir haben wieder ein faires Unentschieden.“

    Das ist die Welt des Harald Martenstein. Das ist genau das, was ich in Kommentar #59 als „Alter weißer Mann“ erklärt habe. Es zieht sich durch das komplette Interview.

  178. Nach einigen eigenen diesbezüglichen Fehlleistungen werde ich übrigens WHAM oder WHAMen künftig ganz wunderbar lautmalerisch deuten und verwenden im Sinne von „als echte Person oder als konstruierte Figur dem vermeintlich oder tatsächlich feindlichen Gegenüber egal welcher Couleur möglichst feindlich und möglichst undifferenziert und möglichst sarkastisch verbal eine reinhauen.“ In diesem Sinne: Danke für die aufschlussreiche Inspiration.

  179. @sehen Sie liebes Gebimmel das ist der Vorteil, wenn man unter seinem echten Namen ganz offen kommuniziert. Sie hätten einfach mal meinen Namen suchen müssen und wären auf die ganzen Sachbücher gestoßen, die ich zu dem Thema geschrieben habe. Stattdessen maulen Sie hier rum, wie ein kleines Kind dessen Spielzeug weggenommen wurde. Wenn ich also die These in den Raum stelle, dass dünne Menschen in der Regel mehr Kalorien essen als Dicke, dann muss das nicht die Wahrheit sein, ist aber vermutlich nah dran. Ich habe mir meine Meinung in 20 Berufsjahren gründlich erarbeitet. Und Sie? Gehören sie etwa zu Schlanken und fühlen sich ganz überlegen dabei? Und dann kommt so einer und nimmt Ihnen Ihr schönes Gefühl, dass muss ja ein Ketzer sei. Schönes Beispiel für Verantwortungsethik versus Gesinnungsethik.

  180. @stefan pannor
    Ja Prof. Krämer kennt sich mit Statitik aus. Beim Thema subkutanes Fettgewebe handelt es sich wahrscheinlich um ein genetisch festgelegtes Körperbaumerkmal bezgl. Wärmeregulierung. Der dünne strahlt seine 37 grad Körpertemperatur viel mehr in die Umgebung ab. Friert mehr, muss sich mehr bewegen und kriegt schneller Hunger. Die Indizien für diese These sind deutlich relevanter als die alte These, dass Körperfett durch zuviel Energieinput und zuwenig Output entsteht. Wenn dies jemand beruflich genauer interessiert kann sich ja mal bei mir melden.

  181. @muffelin
    ?
    Hmm, ich kannte Herrn Martenstein vor Lesen diese Interviews nicht, bin aber seiner Position im Interview näher als der von Herrn Niggemeier. Aber das bezieht sich nur auf das Interview, auf dass ich in einer Minute der Muße über den Cicero gestoßen bin. Finde diesen Blog toll, gerade weil ich in vielem anderer Meinung bin. In seinen Echoräumen zu verweilen macht doch etwas einsilbig. Ich hoffe jedenfalls ich störe nicht.
    Herzinfarkt, Lungenentzündung… verstehe nicht was Herr
    Pannor damit sagen will, als Arzt behandle ich beides.

  182. @Stefan Niggemeier 135
    Tut mir leid…
    1. Hab ich nicht Zeit und Muße, hier auf dem Laufenden zu sein… daher die Antwort auf Ihre Fragen 100 Kommentare später..
    2. Ich hab nichts gegen Unisextoiletten… hab dich geschrieben, dass es mir Wurst ist, ob Conchita, Sie oder Alice Schwarzer mit mir auf dem Klo sind, solange sie abschließen…. bisher kenne ich nur Frauen, die was dagegen haben…
    3. Radikal finde ich wie teilweise etwas gefordert oder verurteilt wird.
    4. Hatte ich mit dem “mir reichst” nicht den Martenstein zitiert?
    5. Es reicht mir, meine Sprache zu verbiegen, um ja keinem auf die Füße zu treten… aber vielleicht sollten wir alle Artikel abschaffen..
    6. Sie erscheinen mir etwas übersensibilisiert…
    7. bitte nicht traurig, nur weil man ständig bewusst unverstanden wird.. der arme Kerl von der Zeit musste das bei Radio Eins auch diese Woche ertragen ;-)

  183. @Gunter Frank: Ich kann und mag Ihnen nicht Herrn Pannor erklären und denke, Sie haben die Lungenentzündung durchaus verstanden.

    Kurz gefasst: Viele Menschen bemühen sich im Zusammenleben mit anderen mehr oder weniger redlich um ein Sowohl-als-auch. Derzeit hat Entweder-Oder Zulauf. Und manche tragen in bester Absicht dazu bei, dass es genauso bleibt oder schlimmer wird. Erklären Sie gefälligst, auf welcher Seite Sie stehen. WHAM ?

  184. tja — die einen [deutschen, weißen heteros] reden beim italiener mit den kellnern italienisch, weil sie es können. andere legen sich aus angeberei einige standardisierte floskeln zurecht, bestellen „due espressi“, halten brunello für den gipfel toskanischer weinkultur u verehren eco. dabei ist doch klar: nur weil man-&-frau in jungen jahren dario fo u moravia gelesen hat, können sie noch lange keine gute lasagne machen.
    niggemeier ist der italiener. martenstein der toskanier. der eine profund, der andere floskoloid.
    weltoffenheit demonstrieren u sich in einem atemzug zum affen machen. peinlich ist das immer nur den anderen. den stilsicheren. den dandys. den belesenen..

  185. Da ist ein sinnverdrehender Kommafehler im Text. Da steht: „Sie kennen das Gefühl, nicht normal zu sein.“ Es muss aber heißen „Sie kennen das Gefühl nicht, normal zu sein.“

  186. Es gibt kein Gefühl, normal zu sein. Man fühlt sich entweder als Außenseiter oder nicht. Insofern ist das Komma schon richtig.

  187. @Gunter Frank

    Die Aussage, dass beleibtere Menschen weniger Kalorien zu sich nähmen, als weniger beleibtere Menschen halte ich für missverständlich. Vielleicht können Sie das etwas näher erläutern, bzw. ergänzen oder korrigieren:

    Nachvollziehbar finde ich, dass ein gut trainierter Körper (mit vielen Muskeln) mehr für seinen Unterhalt benötigt als ein Körper mit hohem Fettanteil, aber wenigen Muskeln. Hinzu dürften Effekte kommen wie eine (zumindest in der großen Masse) höhere Bewegungsrate von Schlanken und bessere Lebensmittel (im Sinne von höherem Aufspaltungsverbrauch bei der Nahrungsverdauung – zum Beispiel bei der Aufspaltung langkettiger Kohlenhydrate im Gegensatz zu Einfachzuckern). Stoffwechseleffekte machen (von Hashimoto bis zu einer massiven Schilddrüsenüberfunktion mit übler Nervosität, Schweißausbrüchen, Aggressionsempfinden etc.) soviel ich weiß in der Varianz auch nur rund 200 Kalorien pro Tag aus.

    Der Hungerstoffwechsel (der erst bei drohenden Organschäden und Lebensgefahr eintritt) spielt keine Rolle. Bei Diäten sind rund 80 Kalorien pro Tag nicht erklärbar (bisher). Hier könnten dennoch (so ich denn hier auch mal spekulieren darf) ausbleibendes Zappeln und Bewegungslethargie bei Diätbetreibenden Gründe sein für einen niedrigeren Gesamtumatz.

    Vielleicht können Sie noch ein paar Takte dazu sagen. Beste Grüße!

  188. @Gunter Frank

    Meine Ausführung soll übrigens nicht als Kritik gedeutet werden, sondern ist aufrichtiges Interesse. Ich habe Nadja Hermanns Buch „Fettlogiken überwinden“ gelesen und habe ein laienhaftes Verständnis vom Thema, weswegen ich über Aufklärung/Input dankbar bin.

    Darüber hinaus stimme ich zu bzw. sehe ebenfalls Diskriminierung von beleibteren Menschen (ohne dass es hierfür eine ähnlich laute Lobby gäbe wie für andere Menschen [und nur, damit dieses Argument weggenommen ist: Dicksein kann man sich in vielen Fällen nicht aussuchen und damit meine ich nicht einmal in erster Linie zu Adipositas führende, körperliche Krankheiten]).

    Dass Zitierwesen bzw. Erwähnungswesen in einigen Wissenschaften ist imho tatsächlich ein Fluch. Es gibt ja glücklicherweise mittlerweile Gegenbewegungen. Aber man kann trotzdem damit seinen Ruf ruinieren mit schwierigen Theorien, wie (um beim Beispiel zu bleiben) man an der Zuckerkritik von John Yudkin leider sehen kann https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2016-05/zucker-verschwoerung-ernaehrung-fett-uebergewicht .

  189. Sorry, das war natürlich etwas off topic, aber wo schon mal das Fass aufgemacht wurde…

    Es kann natürlich gerne weiter darüber diskutiert werden, ob und inwieweit Dicksein ein selbst gewähltes Schicksal ist und ob und wenn ja wie Dicke diskriminiert werden und ob das vergleichbar ist mit anderen Gruppen.

  190. @ lbrlprgrssv, vom 4.7.

    Wenngleich schon ein paar Tage ins Land gezogen sind…

    Sehen Sie, das ist für mich Ausdruck der gestiegenen Politisierung unserer Gesellschaft. Dass es völlig unterschiedliche Beurteilungen von Sachverhalten gibt, dass diese Unterschiede möglich sind.

    Ich empfinde das Interview exakt andersrum. Stefan wird von Martenstein bloßgestellt, kommt idR nur dazu, seine Vorwürfe zu wiederholen, nicht, diese zu untermauern. Und auch sonst gilt die Spiegelseite: Ich habe Stefan früher gern und regelmäßig gelesen, heute kann ich mit seiner sturen, nicht am kontroversen Diskurs interessierten Vorgehensweise nichts mehr anfangen.

    Und zu ihren Ausführungen selbst: Es ist Ihre Setzung der Begriffsintentionen, keine objektive Definition. Sie scheitern daran, anderen ein anderes Verständnis der Begriffe zuzugestehen. So, wie Stefan. Und: Ihre Bauernregel trifft nicht zu. Ich falle nicht in die subsummierte Zuschreibung und finde diese Floskel so wie heute üblicherweise genutzt dennoch diffamierend intendiert.

  191. Wer in der Minderheit ist, ist doch mehrfach gekniffen. Politisch winkt die Opposition, im Berufsleben eine gläserne Decke, bei der Toilettensuche die Gender-Schublade. Ja, das Geld ist knapp – aber das Unisex-Schild scheitert ja nicht am Geld sondern eher an dem „peinlichen“ Gefühl, das Personen wie @WOLF-DIETER BUSCH überkommt, wenn er eine Kabine ohne Männchen aufsuchen muss.

    Unser demokratisches System, ja unsere ganze Gesellschaft ist doch gebaut, um in immer anderen Konstellation die Wünsche einer Mehrheit zu bevorzugen. Minderheiten müssen ein ständigen oppositionellen Kampf ausfechten, dass ihre Rechte gewahrt bleiben und dass sie nicht auf die eine oder andere Weise diskriminiert werden – jede farbige Person, jede LGBTQ-Person kann einem sofort ein Beispiel aus dem Alltag nennen. Was die Rechte von Frauen angeht, sind wir ja schon etwas weiter gekommen, aber in Lohntüte und Dax-Vorständen ist noch eine Menge Luft nach oben.

    Das „Privileg“ der straight white males („alt“ ist an diese Stelle falsch) liegt einfach darin, sich mit diesen Problemen nie herumschlagen zu müssen. Was nicht heißt, dass man nicht andere haben kann, z.B. den Drang, Leute desensibilieren zu müssen, die vielleicht allen Grund dazu haben, sensibel zu sein.

    Ich finde das Gespräch sehr gut und würde mich auf eine Fortsetzung freuen. Denn es ist großartig und wichtig, genau diese Stammtischebatten („ich versteh’s aber so rum“) öffentlich auszufechten.

  192. 190 Stefan Pannor
    Wissen Sie, das ist schon ein starkes Stück, dass Sie mich hier als Rassistin bezeichnen.
    Wahrscheinlich bin ich linker, als Sie je sein werden, ich schieße mich nämlich nicht nur Minderheiten ein, ich sehe auch den benachteiligten weißen Mann, der oft belächelt wird, weil er „ niedrige“ Arbeiten in den Augen anderer verrichtet, und das nicht nur aus Sicht intellektueller Kreise, sondern auch von Minderheiten.
    Und warum „Ali „ nach Deutschland kam, das können Sie gut bei Wikipedia nachlesen.
    Und noch etwas, die Verteilungskämpfe finden immer, und damit meine ich auch immer, im unteren Milieu statt, wenn man aber in einer gut betuchten Hängematte liegt, dann kann man natürlich sagen:
    Du, du, mäßige dich, du Rassist!
    Es ist so einfach diese Worte zu benutzen, wenn man, ja wenn man, auf der Sonnenseite lebt.
    Aber das können Sie ja nicht wissen.
    Woher auch.

  193. @225 Phillip
    „sondern eher an dem „peinlichen“ Gefühl, das Personen wie @WOLF-DIETER BUSCH überkommt, wenn er eine Kabine ohne Männchen aufsuchen muss.“

    Ich frage mich ja immer, wo dieses herbeihalluzinierte „peinliche“ Gefühl auf Zug- oder Flugzeugtoiletten bleibt, oder in diesem ominösen Zuhause, wo es traditionell nur Unisex-Toiletten gibt.
    Transmenschen gehen übrigens schon seit Jahrhunderten auf Toiletten, ohne daß es die WHAM gestört hätte. Nur auf einmal, wo man darüber redet daß die auch pullern müssen wird für den WHAM ein Problem daraus.

  194. @Schnellinger -#227

    „Ich frage mich ja immer, wo dieses herbeihalluzinierte „peinliche“ Gefühl auf Zug- oder Flugzeugtoiletten bleibt, oder in diesem ominösen Zuhause, wo es traditionell nur Unisex-Toiletten gibt.“

    Bei Zügen und Flugzeugen sind das Einzelkabinen, die ,sofern von innen verriegelt, nicht von Dritten betreten werden kann.

    Wenn ich das richtig sehe, soll als Modellversuch in Berliner Ämtern erst einmal pro Amt einer von vielen vorhandenen Toilettenräume zum Unisex-Klo umgebaut werden.
    Da diese Räumlichkeiten in aller Regel mehrere Toilettenkabinen beinhalten, lässt sich das nur schwer mit Einzelkabinen in Zügen oder Flugzeugen vergleichen.

    Mit ist es (allerdings ausschließlich in Bars, Clubs oder Diskotheken) schon mehr als einmal passiert, dass ich im ‚Vorraum der Herrenklos auf eine Gruppe betrunkener Frauen traf, die sich dort – bei was auch immer – herzhaft lachend amüsierten.
    Pissoir wurde entsprechend nicht mehr von den Männern benutzt und vor den Kabinen bildeten sich Warteschlangen.
    Finde ich zwar nicht angenehm, kann in Ausnahmefällen jedoch damit leben.
    Problemastischer könnte es für Frauen zumindest auf bestimmten Klos werden oder auch zu bestimmten Zeiten. Wenn beim Bierfest besoffene Typen zusammen mit ihr das Klo betreten oder nachts auf dem Autobahnraststättenklo ein Mann dazu kommt, erhöht das sicherlich nicht das Sicherheitsgefühl.

    Schon klar, in dem konkreten, immer mal wieder diskutierten Fall geht es um Toiletten innerhalb einer Behörde und auch klar ist, dass dieses Thema von Rechten instrumentalisiert und inhaltlich verzerrt wird.

    Allerdings tauchten meiner Erinnerung auch schon Vorschläge auf, die darauf abzielten, möglichst viele oder gar alle Toiletten auf Unisex umzustellen, aber Vorschläge, wie das umzusetzen ist und wie man z.B. oben genanntes Problem beseitigen könnte, sind meines Wissens nach noch nicht durch die Presse gegeistert.
    Man muss sich also nicht wundern, dass in den Köpfen vieler Menschen nur Bruchteilwissen exitiert, das dann zu einem bizarren Bild von der Unisexklo-Zukunft wird.

    Mit Blick darauf, dass viele Menschen weder Bildungsbürger sind, wäre ein bisschen mehr Aufklärung über dieses Thema sicherlich nicht schlecht.

    „Transmenschen gehen übrigens schon seit Jahrhunderten auf Toiletten, ohne daß es die WHAM gestört hätte.“

    Hmm…, seit wann gibt es Klos und seit wann medizinische Möglichkeiten, gängige Geschlechtermerkmale so zu verändern, dass es anderen Menschen gar nicht oder zumindest nicht bei einem flüchtigen Blick auffällt? Und waren Transmenschen nicht bis vor gar nicht langer Zeit für die Gesellschaft Freaks, Kranke und Perverse, bzw. gelten in weiten Teilen der Welt (und teils auch innerhalb unserer heutigen Gesellschaft) noch immer als solche? Und mussten sich Transmenschen ihr eigentliches Geschlecht zu Gunsten ihrer angeborenen Geschlechtsmerkmale nicht lange verbergen, weil sie sonst keinen Zugang zur Gesellschaft gefunden hätten oder ihnen gar Gewalt drohte?

    Versuche, sich für Transmenschen und/oder deren Anliegen einzusetzen in allen Ehren, aber doch bitte nicht mit ähnlichen Nicht-Argumenten, wie sie Rechte oft verwenden um Transmenschen ihre Anliegen oder Rechte abzusprechen.

    „Nur auf einmal, wo man darüber redet daß die auch pullern müssen wird für den WHAM ein Problem daraus.“

    Rechte und andere Sündenbocksucher mal ausgeschlossen (denen ist meist eh nicht mehr zu helfen), dürften mindestens drei Gründe dafür verantwortlich sein.
    Erst einmal dürfte der Umstand, dass das über lange Zeit gewachsene Geschlechtermodell an Gültigkeit verloren hat, zumindest auf etwas simpler gestrickte Zeitgenossen verwirrend oder auch verunsichernd wirken, weil das traditionell definierte Geschlecht u.U. nicht mehr wie gewohnt auf den ersten Blick zu erkennen ist.
    Mitunter dürfte auch eine mal mehr mal weniger latente Homophobie eine Rolle spielen und da in Film, Fernsehen und im Volksmund noch immer Witze dieser Art auftauchen, würde ich vermuten, dass bei einigen Männern eine latente Angst besteht, auf eine „falsche“ Frau hereinzufallen oder gar gegen seinen Willen „umgeschwult“ zu werden.
    Auf dem Klo dürften diese Aspekte zusätzliches Gewicht bekommen, da es sich dabei um einen doch recht intimen Ort handelt, an dem man sich bisher ziemlich sicher sein konnte, dass sich mögliche Peinlichkeiten nur unter Geschlechtsgenossen abspielen, was für viele Menschen ein gutes Stück angenehmer ist, als Peinlichkeiten vorm anderen Geschlecht.

    Okay, da der Anteil der Transmenschen meines Wissens nach irgendwo unter 1% liegt, dürfte es wohl auch künftig eher unwahrscheinlich sein, diesen regelmäßig auf Unisexklos zu begegnen – womit wir wieder beim Bruchteilwissen, bizarren Kopfbildern und der Notwendigkeit einer besseren Aufklärung wären.

  195. Tja, Herr Niggemeier. Da wollten Sie den alten, weißen, heterosexuellen Mann mal richtig schön vorführen und entblößen sich nur selbst. Als ironiebefreit, rechthaberisch und streberisch. Vor allem aber als moralinsauer. Einfach nur peinlich. Aber auch Danke! Ich lese jetzt Martenstein jetzt noch lieber.

  196. @Schnellinger – #230

    „Soviele Worte wo ein einfaches „Ich bin halt verklemmt“ gereicht hätte.“

    Naja, geht so, aber so widersprüchlich es auch klingen mag, würde ich ja behaupten wollen, dass auch Verklemmtheit vom Recht auf freie Entfaltung gedeckt wird. Und auch, dass es Sinn macht, bei größeren sich abzeichnenden gesellschaftlichen Umbrüchen durch Aufklärung so viele Menschen wie möglich mitzunehmen, weil die Zurückgelassenen sonst mit einer oppositionellen Haltung irgendwann massiv dagegen steuern.
    Ach ja und eines noch: Mit ihrem lediglich aus einem persönlichen Angriff bestehenden Kommentar haben Sie jedenfalls nicht zur Aufklärung beigetragen. Aber wäre ich so verklemmt, wie Sie es mir unterstellen, hätten Sie ganz sicher besagte oppositionelle Haltung gefördert. Aber nun gut, vielleicht finden sich ja noch andere Leser, die Ihre glänzende Vorlage zu einem Eigentor dankbar aufnehmen.

  197. #22& Klara:

    „Wahrscheinlich bin ich linker, als Sie je sein werden“

    Und Trump nennt sich „least racist man alive“. Kann man machen, aber weder ist das ein Wettlauf noch werden Sachen wahr, nur weil man sie behauptet.

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