Linker Protest in Hitzacker

Neue Qualität der Faktenverdrehung

Seit gut einer Woche wird nun darüber diskutiert, was denn wirklich geschehen ist in Hitzacker, diesem kleinen Ort nahe Lüneburg, in dem sich vorigen Freitag linke Aktivisten vor dem Wohnhaus eines Polizisten versammelten, um gegen ihn zu demonstrieren. Wie sich alles abspielte, die Demo, die Festnahme danach, dazu gibt es zwei Versionen – und viele Falschmeldungen.

Die erste Version stammt von der Polizei in Lüneburg. Die hatte, noch in der Nacht auf Samstag, eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie gleich eine Bewertung des Vorfalls lieferte: Es sei „eine neue Qualität der Gewalt“ gegenüber der Polizei, klagte sie. „Rund 60 teils vermummte Personen“ hätten das Wohnhaus des Kollegen „heimgesucht“, von „lautstarker Stimmungsmache“ war die Rede und dass die Gruppe versucht habe, die Familie im Haus „einzuschüchtern“. Der Polizist selbst war nicht daheim, aber Frau und Kinder.

Am Ende der Pressemitteilung heißt es:

„Die Polizei in der Region verurteilt die Aggressionen und Einschüchterungsversuche zum Nachteil unserer Polizeibeamten und ihrer Familien auf das Schärfste. Mit dem gezielten ‚Angriff‘ auf personifizierte Polizeibeamte als Privatpersonen und ihrer Familien wurde in der Region eine neue Dimension der Gewalt gegen Polizeibeamte erreicht. Dieser gilt es gesamtgesellschaftlich entgegenzutreten und mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu verfolgen.“

Dass die Polizei es so deutlich verurteilt, wenn einer ihrer Kollegen bzw. dessen Familie angegangen wird, liegt nahe. Nur sollte man so einer Quelle, die selbst involviert ist, nicht blindlings vertrauen. Wo Skepsis nötig gewesen wäre, stürzten sich dennoch erst mal alle auf die Darstellung der Polizei, manche spitzten sie noch zu, und vor allem „Welt“ und „Bild“ verfälschten sie.

Alle vermummt? Und „gestürmt“? Eher nicht. Screenshot: Bild

„60 Vermummte stürmen Grundstück eines Polizisten“ titelt „Bild“ auch jetzt noch, obwohl nur ein Teil vermummt war und nicht mal die Polizei von „stürmen“ sprach. Deren Erzählung, es handle sich um „eine neue Dimension der Gewalt“, macht sich „Bild“ dafür gleich mal zu eigen, ohne weitere Recherche. Um was für eine Form der Gewalt es sich handelt, wird nicht weiter definiert. Die Polizei hat inzwischen erläutert, dass „psychische Gewalt“ gemeint gewesen sei, durch Sprechchöre und Belagerung des Hauses, nicht körperliche.

Auch in der „Welt“ sind es in der Überschrift „60 Vermummte“, und noch immer verbreitet die Zeitung die Ente, die Gruppe habe „das Grundstück und das private Wohnhaus (…) gestürmt“, dabei betrat niemand das Haus, versichert die Polizei auf Nachfrage, und die Aktivisten davor sahen auch nicht aus wie auf dem Symbolfoto: Die „Welt“ benutzte ein Bild von Vermummten bei einer Anti-Atom-Demonstration, die Jahre her ist; andere Seiten machten es ähnlich. Wer das gesehen und gelesen hatte, musste annehmen, Hitzacker brennt.

Eine tolle Geschichte am eher nachrichtenarmen Pfingstwochenende, und sie eskalierte schnell: „Experten“ meldeten sich zu Wort, Politiker aller Parteien eilten, den Vorfall zu „verurteilen“, und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gab auf Facebook bekannt, er sei „zutiefst bestürzt“ bzw. „absolut entsetzt“ und hoffe, „möglichst viele“ Personen mögen „ermittelt und für diese Tat bestraft werden“. Pistorius‘ Quelle, laut „Spiegel Online“: die Polizei.

Singende Menschen, mit Instrumenten bewaffnet

Am Sonntag veröffentlichten dann die Aktivisten ihre Version der Geschichte. Die Aktion nennen sie ein „spontanes Straßenmusikkonzert“ und beklagen ihrerseits, die Polizei sei bei der Festnahme „brutal“ vorgegangen. Ein Video sollte belegen, dass es vor dem Haus friedlich zuging. Es zeigt Menschen, nur ein paar davon vermummt, die Gitarre spielen, Akkordeon, Geige und dazu singen. Irgendwann geht ein Polizist zur Tür und klingelt.

Das Video ist zwar kein Gegenbeweis, weil es die Aktion nur im knappen Zusammenschnitt zeigt, aber es vermittelt einen Eindruck. Möglich, dass die Stimmung zwischendurch auch aufgeheizt war, dass die Aktivisten Parolen skandierten und es zu Handgreiflichkeiten kam, wie die Polizei ihnen vorwirft. Die Aktivisten dementieren das, weiteres Videomaterial, das die Sache aufklären könnte, wollen sie aber auch nicht rausgeben. So bleibt nur der Eindruck aus dem kurzen Clip: singende Menschen, mit Instrumenten bewaffnet. Vor dem Haus, sieht man, haben sie prokurdische Fahnen angebracht.

Die „Süddeutsche“ titelt: „Wildwest in Hitzacker“

Ihretwegen sehen manche Journalisten das Land nun am Abgrund. Linksautonome, Linksradikale, Linksextremisten: Der Eifer und das Vokabular, mit dem der Vorfall im 5.000-Einwohner-Ort jetzt bundesweit verhandelt wird, ist bemerkenswert. Hendrik Brandt von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ meint zum Beispiel, man könne es „Terror“ nennen, was dort passiert sei; die „Süddeutsche“ titelt galoppierend: „Wildwest in Hitzacker“; und die „Mainzer Allgemeine Zeitung“ sieht den „Gipfel der Perversion“ erreicht, wenn Polizisten angegangen würden, denn: „Dann droht Anarchie.“

Natürlich wirkt es bedrohlich, wenn in einer ländlichen Siedlung plötzlich teilweise vermummte Leute aufkreuzen. Natürlich ist das schlimm, wenn die Familie deswegen Angst hatte. Und natürlich ist es ohnehin dumm, die Privatsphäre des Polizisten zu verletzen und seine Adresse im Internet zu veröffentlichen, aber – Terror? Anarchie? Immerhin funktionierte der Rechtsstaat so gut, dass die Aktivisten festgesetzt wurden. Gegen sie wird nun ermittelt.

Dass die Polizei „brutal“ vorgegangen sein soll bei der Festnahme, wird in vielen Berichten nur am Rande thematisiert, wenn überhaupt. Meistens geht es darum, dass die Aktivisten sich widersetzt haben sollen. Und auch die Vorgeschichte scheint kaum zu interessieren: Hitzacker hat eine aktive linke Szene, Gorleben ist nicht weit. Und wie das so ist auf dem Land: Man kennt sich, die Polizei die Linken und umgekehrt. Scharmützel gab es offenbar schon häufiger, die Aktion vor dem Haus soll quasi die Revanche dafür gewesen sein, dass die Polizei den Aktivisten im Februar eine Fahne wegnahm.

Wie beim G20-Gipfel in Hamburg: Polizeigewalt zweitrangig

Dass sich gerade Springer-Medien wie „Bild“ mit einer klaren Tendenz einschießen, ist kein Wunder: Schon beim G20-Gipfel in Hamburg voriges Jahr hatte sich das Blatt eindeutig auf eine Seite geschlagen und mit Fotos nach den Randalierern gefahndet. Über die Polizeigewalt, die es auch gab in Hamburg, verlor „Bild“ damals kein Wort. Das wiederholt sich nun. Dabei ließe sich das Vorgehen der Polizei auch dieses Mal skandalisieren, womöglich zu recht.

Der betroffene Staatsschützer nämlich war bei der Festnahme der Aktivisten dabei, zumindest kurz, das hat die Polizei so bestätigt. Als er hörte, was los ist, raste er von einem Einsatz in der Nähe nach Hause. „Schockiert“ sei er gewesen, wie es heißt. Er sei er dann weggeschickt worden, beteuert Polizeisprecher Kai Richter. Die Aktivisten aber behaupten, er habe auf am Boden liegende Personen „eingetreten“. Auch das wäre ein Thema, auch das könnte überall groß stehen, tut es aber nicht.

Hitzacker ist somit ein gutes schlechtes Beispiel dafür, wie Medien, in einer ohnehin unübersichtlichen Gemengelage, Fakten verdrehen, um Stimmung zu machen. Wie sie sich sehr beeilen, um ja beim nächsten großen Aufreger dabei zu sein. Und wie sie nur einer Quelle vertrauen, obwohl diese befangen ist. Aber womöglich halten das einige sogar für echten Journalismus.

28 Kommentare

  1. Um im inoffiziellen Wettbewerb, wer kommentiert auf Übermedien am häufigsten, nicht allzuweit hinter Mycroft und Anderer Max zurückzufallen, muss ich mich hier leider auch verewigen!
    Ich danke für die Aufmerksamkeit!

  2. Es ist sicher richtig, sich nicht nur auf die Polizei als Quelle zu verlassen.
    Allerdings: Demonstrationen vor privaten Häusern/Wohnungen gehen gar nicht. Da sollte mMn die Polizei immer hart durchgreifen. Denn ich bin vollkommen dabei, dass das die Demokratie aushölt. Denn diese Aktionen zielen immer darauf, diesen Menschen Angst zu machen (ala „Wir wissen wo du wohnst, sei auf der Hut!“) — und das ist nicht zu dulden.
    Das gilt für Rechte, die vor Häusern von Bürgermeistern demonstrieren genauso wie für Linke.

  3. Interessant ist ja auch, wenn man sich mal ansieht, wie im Gegensatz dazu die Presse berichtet, wenn es um Polizeigewalt geht. Da gab es kürzlich diesen Polizeieinsatz in Berlin, wo die Polizei einen Durchsuchungsbeschluß für das Zimmer eines jugendlichen Flüchtlings hatte, tatsächlich aber in der betreffenden Einrichtung in die Zimmer weiterer (minderjähriger) Personen eingedrungen ist, die im Schlaf überrascht und ihnen schwere Verletzungen zugefügt hat:

    https://www.paritaet-berlin.de/mitglieder/nachrichten/nachrichten-detailansicht/article/uebergriff-der-berliner-kriminalpolizei-auf-jugendwohngruppe-fuer-unbegleitete-minderjaehrige-gefluechtete.html

    Ein Medienbericht darüber sieht so aus:

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article176619275/Unverhaeltnismaessiger-Einsatz-Polizei-soll-gewalttaetig-gegen-junge-Fluechtlinge-vorgegangen-sein.html

    Die Gewalttaten der Polizei sind in dem Artikel zwar erwähnt, aber erst in der zweiten Hälfte des Artikels. Und dann sind sie mit Wörtern wie „angeblich“, mit Schilderung im Konjunktiv, mit Wiedergabe in wörtlicher Rede (also in Anführungszeichen) als parteiische Aussage dargestellt. Das Photo zum Artikel zeigt ganz neutral ein Polizeifahrzeug vor einem Gebäude. Die Leserkommentare unter dem Artikel zeigen, daß die meisten Leser die Zusammenhänge gar nicht verstanden haben.

    Ein weiterer Fall: In der Theaterkolumne von Mely Kiyak las ich über die massenhafte Beschlagnahme kurdischer Literatur in Deutschland:

    http://kolumne.gorki.de/kolumne-88/

    Als ich das las, dachte ich, daß das doch eigentlich ein Riesen-Aufreger sein müsste. Da wird mal eben so der komplette Bücherbestand eines Verlages beschlagnahmt: Poesie und Dichtung, Grammatikbücher, politische Literatur, Musik und Noten – einfach alles. Und das in einem Land, das sich als Land der Dichter und Denker begreift, das ein unrühmliche Vergangenheit mit Bücherverbrennung hat, und daß andererseits stolz ist auf seine Intellektuellen, auf die Freiheit der Kunst und der Gedanken.

    Doch nach einer Berichterstattung in den etablierter Zeitungen (also gerade derjenigen, die in der Tradition von Dichtern und Denkern stehen) musste ich lange suchen. Eine große Aufregung, gar nur eine Recherche der genauen Hintergründe habe ich nicht gefunden. Statt dessen solche Berichte, die eher nach einer eilig abgetippten Polizeimeldung aussehen:

    https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-03/arbeiterpartei-kurdistans-ermittlungen-firmen-nrw-unterstuetzung-pkk

    Ich habe ja bisher gedacht, die Spiegel-Affaire damals in der jungen Bundesrepublik wäre der Weckruf gewesen, weswegen die Presseorgane seitdem besonders aufmerksam und sensibel sind, wenn irgendwo in Deutschland beschlagnahmt und unzugänglich gemacht werden. Soll ich mich nun desillusioniert fühlen?

  4. Was würde der Autor des Artikels tun, wenn vor seiner Haustür 60 Aktivisten der gegenteiligen politischen Meinung „Musik“ machen? Die Polizei rufen? Dass so eine Geschichte in den [a-(sozialen)] Medien aufgeblasen wird, kann als so etwas wie Sommerloch durchgehen. Es ist meiner Meinung nach völlig richtig, wenn die Polizei diesem ungebetenen Chor die Musizierstunde beendete. Dabei ist es egal, ob das Ensemble politisch links oder rechts orientiert war.

  5. Tippfehler: „Handgreiflickeiten“
    Aber eine sehr interessante Kritik wieder einmal, herzlichen Dank!

    @ Michael/7:

    Es ist meiner Meinung nach völlig richtig, wenn die Polizei diesem ungebetenen Chor die Musizierstunde beendete.

    Darum geht es doch hier gar nicht. Es geht um die Reaktion der Medien, nicht die der Polizei.
    Die Seite heißt ja auch „Übermedien“, nicht „Überpolizei“.

    @ Timo Rieg/4: Sehr interessant, vielen Dank!
    Aber das ist wohl kein Grund, auf Übermedien keinen Artikel hierzu zu schreiben, nur weil ein anderes Medium schneller war?

  6. @Nr. 8 Thomas Seidl
    „Darum geht es doch hier gar nicht. Es geht um die Reaktion der Medien, nicht die der Polizei.“

    Lesen Sie den Artikel ruhig noch mal, ist genug Stoff drin, um Michaels Kommentar (Nr. 7) ‚gültig‘ zu stempeln.

  7. @7
    In der Tat ist es immer richtig, eine Ordnungswidrigkeit zu unterbinden und Musik nach 23:oo Uhr ist (ohne Anmeldung) zumindest Lärmbelästigung.
    Den Inhalt des Artikels haben Sie dennoch nicht verstanden. Denn während man im Artikel zwei Versionen darstellt, die eigene Bewertung als solche auch deutlich erkennbar macht und sich mit dem wenig seriösen Verhalten diverser Medien zur Sache beschäftigt, wird nicht ein Mal in dem Artikel eingefordert, dass man sich unerwünschte nächtliche Lärmbelästigung vor dem eigenen Haus bieten lassen muss.
    Erst wenn der Autor diese Forderung stellt, ist die Frage, wie er sich verhalten würde, nachvollziehbar.

  8. Ich bin ein Fan von Über aber wenn die Kommentarspalten nur noch von Link-Orgien überspült werden von Leuten die offenbar keine eigene Meinung artikulieren können oder solche die gerne einen eigenen Artikel gelesen haben wollen, dann macht das keinen Spaß mehr.

  9. Ich finde es zwar gut dass kritisiert wird.

    Aber dennoch ist es eine neue Art von Gewalt und es wir vermehrt gegen Polizisten gegangen.

    Traurig dass so etwas bei Übermedien verharmlost wird.

  10. @Blinse – #9:

    Habe den Artikel nochmal gelesen und konnte dabei den von Ihnen postulierten Effekt nicht feststellen. Es geht in diesem Artikel nur darum, wie Medien über diesen Vorfall berichten, nicht darum, was wirklich passiert ist (das weiß, wie der Artikel korrekt sagt, keiner von uns und es gibt gegensätzliche Darstellungen).

    Nirgendwo wird die Aktion der „Demonstranten“ als richtig und gut dargestellt (oder schlecht), ebenso wenig wird das Verhalten der Polizei als falsch moniert. Es wird nur nüchtern rekapituliert, dass die Medien sehr einseitig und sich nur auf die Polizei als Quelle verlassend berichtet haben, was insofern nicht günstig ist, da die Polizei zumindest in Form des Beamten, der dort wohnt, betroffen ist.

  11. @Achim Schröter (#11):

    Ist mein Kommentar denn wirklich so schwer zu verstehen? Ich habe doch eine ganz klare Meinung: Ich stimme mit der in diesem Artikel formulierten Auffassung, daß zu unkritisch die Sichtweise der Polizei übernommen wird, überein. Diese Meinung unterfüttere ich mit weiteren Fallbeispielen.

    In dem Artikel hier geht es um einen Fall, wo sich Bürger gegen Polizisten richten. In dem ersten Link, auf den ich verwiesen habe, geht es um einen Fall, wo Polizisten gewalttätig gegen Bürgern geworden sind. Erst mit den beiden Fällen zusammen, wo der Anlass von unterschiedlichen Seiten ausging, zeigt sich das Muster: Die Presse ist grundsätzlich auf Seiten der Polizisten.

    Es ist also keine Besonderheit der Berichterstattung bzw. der speziellen Vorfälle in Hitzacker, sondern das Muster zeigt sich auch bei ganz anderen Vorfällen. Somit ist dies doch eine wesentliche inhaltliche Ergänzung.

    Auch der Fall der Beschlagnahme von Literatur, über den Mely Kiyak schreibt, untermauert dies. Hier steht die Presse nicht bloß auf Seiten der Polizisten, sondern sie übernimmt darüberhinaus völlig unreflektiert die Pressemittelung von Polizei und Innenministerium. Sie bemüht sich noch nicht einmal im Ansatz zu die Einholung einer Gegenposition.

    Und gerade in diesem Fall finde ich das besonders schlimm, wesentlich schlimmer als bei der Berichterstattung über die Abläufe in Hitzacker, denn hier geht es um etwas, das die Presse direkt betrifft: Massenhafte Beschlagnahme von Presseerzeugnissen. Wenn schon bei allen anderen Ereignissen die Presse auf der Seiten der Polizisten steht, so hätte ich doch zumindest da, wo es gezielt gegen die Presse geht, etwas anderes erwartet.

    Deswegen stimme ich nicht nur dem Artikel von Boris Rosenkranz vollständig zu, sondern muß außerdem noch feststellen, daß es tatsächlich noch viel schlimmer ist.

  12. @6 Daniel Rehbein
    Es wird in Ihrem Kommentar schon klar, worauf Sie hinauswollen. Außerdem kann ja jeder selbst entscheiden, ob er verlinkte Artikel lesen möchte.
    Etwas lustig finde ich Ihre Behauptung, dass die etablierte Presse in der Tradition von Dichtern und Denkern steht. Das hätten Sie vielleicht gerne. Möglicherweise gibt es auch Journalisten, die sich in dieser Tradition sehen, möglicherweise hängen einige von denen die Messlatte für sich selbst so hoch.
    Die meisten werden nicht mal für sich selbst diesen Anspruch erheben.
    Letztlich haben wir auch noch andere Traditionen, sicher Deutschland war das Land der Dichter und Denker, war dann aber auch das Land der Richter und Henker und ist heute wohl eher das Land der Wichte und Banker.

  13. @12:
    Dass Zivilisten gegen die Exekutive demonstrieren ist ein Grundrecht, keine „neue Art der Gewalt“.
    Die Polizei ist ein Instument des deutschen Staates.
    Dass gegen ein Staatsorgan demonstriert werden darf, ist, wie gesagt, ein Grundrecht in Deutschland.
    Da finde ich es dann immer sehr verwunderlich, wenn bei leisester Kritik an der Exekutive, auf allen Kanälen „Aber Polizisten sind doch auch nur Menschen“ zurückgejammert wird.

  14. #17 Anderer Max:

    Vor dem Privathaus eines Polizisten zu demonstrieren gehört allerdings nicht in den Schutzbereich dieses Grundrechts ;-)

    Von einer neuen Art der Gewalt würde ich wegen diesem Vorfall jetzt aber auch eher nicht sprechen.

  15. @18:
    Ich finde das persönlich auch kacke.
    Man demonstriert ja nicht gegen einen Polizisten, sondern gegen die Polizei als Instanz. Sollte man meinen. Dürfte auch kontraproduktiv sein, bezüglich der Vergeltungsmaßnahmen seitens der Polizei, die sicher folgen werden.
    Ob die Wahl des Ortes nicht in den Schutzbereich des Versammlungsrechts fällt, weiß ich so nicht.
    In dieser Form ist so ein Protest jedenfalls ganz schlechter Stil, wie ich finde.

  16. noch ein Link
    http://www.bpb.de/gesellschaft/medien/lokaljournalismus/151751/was-duerfen-journalisten?p=all

    und ein Zitat daraus. „(…) Informationen aus „seriösen Quellen“ darf die Zeitung allerdings auch ohne eigene Recherche verwenden.

    Erklärt z.B. der Pressesprecher der Stadtverwaltung auf Anfrage der Zeitung, die Gewerbeaufsicht habe festgestellt, dass in einem namentlich genannten Betrieb „Gammelfleisch“ verarbeitet worden sei, darf die Zeitung von der Wahrheit dieser Behauptung ausgehen und über den Vorwurf entsprechend berichten.(…)“

    Ist die Polizei nun eine seriöse Quelle, die ich einfach mit Strg+C und Strg+V auf die Seite heben darf? Muss ich glauben, darf ich glauben? Und wie komme ich an die Gegenseite heran, bevor ich es in die Welt hinausblase?

    Die Polizei und alle Staatsdiener gelten als seriös, weil man unterstellt, dass sie entsprechend Artikel 20 III Grundgesetz handeln. Deshalb wird ihnen als Zeugen in Strafverfahren mehr geglaubt als normalen Zeugen. Gern blendet man dabei auch aus, dass auch Polizisten Eigeninteressen verfolgen können, wie jeder andere Zeuge auch. Sofern sie falsch gehandelt, falsch berichterstattet haben und dies auffliegt, drohen ihnen dienstrechtliche Konsequenzen. Im Ernstfall ist das der Verlust der Beamtenpension, man wird dann in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert, für höherrangige Beamte halbiert sich damit die Altersversorgung.

    Also: Ist die Polizei grundsätzlich eine seriöse Quelle, wenn man davon ausgeht, dass sie in ihren Meldungen nur gut über sich berichtet und eventuelle Fehler verschweigt? Oder ist sie es grundsätzlich nicht?

  17. @NOCHEINJURIST 31. MAI 2018 UM 18:09 UHR
    Ich würde sagen eine vom Thema betroffene Quelle kann niemals automatisch seriös sein. Da muss die Aussage geprüft und nachrecheriert und die andere Seite befragt werden.

  18. @Anderer Max: Wenn ich allerdings das private Wohnhaus eines Polizisten aufsuche, demonstriere ich nicht gegen ein staatliches Organ sondern gegen eine Privatperson. Und das ist natürlich kein Grundrecht, das geht schon mehr in Richtung Mob.

  19. @ Inga/#22: Ob man vor dem Wohnhaus des Polizisten demonstrieren darf, ist die eine Frage. Aber ich habe keine Zweifel, dass Polizisten, Bürgermeister, Ministerpräsidenten, Mitarbeiter in Waffenfabriken, bei facebook oder ÖPNV-Kontrolleure (und natürlich alle anderen) persönlich verantwortlich sind für ihr Handeln und dass man ihnen das auch durchaus klarmachen darf. #off-topic off

  20. @nocheinjurist/#23: was ist mit Mitarbeitern von McDOnald, was ist mit Milch-Bauern, was ist mit der Frau aus dem Käseladen, die das böse Tun der Milch-Bauern unterstützt, indem sie Käse verkauft, was mit dem Mann von Lego, der Plastik herstellt und dem Plastik sogar runde Knöpfe abringt? Ließe sich diese Liste nicht unendlich fortsetzen? Und was ist eigentlich mit den Foristen, deren Meinung ich nicht teile? Soll ich da auch im Vorgarten, Hausflur stehen dürfen und ihm_ihr mal so richtig zeigen, dass er (s)eine falsche Meinung hat. Ich sehe das als sehr problematisch an. Als kleines Beispiel: In Frankfurt gibt es eine IGS, deren Caterer in einem ordentlichen Verfahren gewechselt werden sollte… und „plötzlich“ stehen dann 400 Schüler, Lehrer, Eltern-„Vertreter“ vor den Toren des die Ausschreibung gewinnenden Unternehmens und fordern dazu auf, die gewonnene Ausschreibung zurück zu geben, weil sie mit ihrem alten Caterer zufrieden sind – der in der Ausschreibung aber einen Formfehler machte.
    Man stelle sich einfach vor, dieses Vehalten (nicht der Formfehler) würde von allen und jedem praktiziert – na, gruselt es schon? #off-topic off

  21. Ob man vor Privathäusern von Privatpersonen demonstrieren darf, will ich nicht bestreiten, aber dass man nicht vor den _Arbeitsstätten_ der betreffenden Personen demonstriert, vor allem, wenn diese a) gerade gar nicht zu hause sind, sondern arbeiten, und b) das kritisierte Verhalten im Beruf stattfindet, das hat keinen besonderen Grund, oder?
    Außer, man glaubt an Sippenhaft, dann müssen natürlich auch Ehepartner, Kinder und sonstige Angehörige für das Verhalten der Privatperson verantwortlich gemacht werden.
    Oder, die Arbeitsstätte ist zufällig die örtliche Polizeiwache und man hat Angst, dass die Polizei zu früh vor Ort ist…

  22. Aha, jetzt sollen schon die Frankfurter SchülerInnen nicht mehr vor dem Unternehmen dagegen demonstrieren dürfen, dass sie den miesen Industriefraß essen sollen? Ist das die deutsche Variante des irrsinnigen US-amerikanischen „Corparations are people“, eine Firma ist quasi wie ein privates Wohnhaus? Kannste dir nicht ausdenken.
    Aber schön dass die PR-Abteilung von Sodexo auch mitliest und schreibt.

  23. @24:
    Der Milchbauer hat sich doch freiwillig dazu entschieden, Milchbauer zu sein. Mit dem Protest von Vegan-Verbänden muss er also leben.
    Der Polizist … u.s.w. … Muss man das echt noch erklären?

    „dem Mann von Lego, der Plastik herstellt und dem Plastik sogar runde Knöpfe abringt?“
    Jetzt wird’s aber bisschen dämlich oder? Die Lösung zu Ihrem nichtexistenten Problem heißt Spritzgussverfahren.

    „Und was ist eigentlich mit den Foristen, deren Meinung ich nicht teile?“
    Erst Mal sollte man zwischen einem Kommentarbereich und einem Forum unterscheiden. Bei beiden gilt grundsätzlich das Hausrecht des Seitenbetreibers.

    „na, gruselt es schon?“
    Bei Ihrem Verständnis von Meinungsfreiheit, ja, da gruselt’s gewaltig!

  24. @Boris Rosenkranz
    „Natürlich wirkt es bedrohlich, wenn in einer ländlichen Siedlung plötzlich teilweise vermummte Leute aufkreuzen. Natürlich ist das schlimm, wenn die Familie deswegen Angst hatte. Und natürlich ist es ohnehin dumm, die Privatsphäre des Polizisten zu verletzen und seine Adresse im Internet zu veröffentlichen, aber – Terror? Anarchie?“

    Klingt für mich ein bißchen nach Angst davor, daß da irgendwann der erste Tote durch die Antifa-Kettenhunde zu beklagen wäre? Ist es das, was Sie umtreibt?

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