Fake for fun

Medienwächter haben kein Problem mit bigFM-Fake – aber mit uns

Marlen Gröger hat inzwischen ihren Namen geändert. Seit sie beim privaten Radiosender bigFM untergekommen ist, heißt sie „bigFM Marlen“ und ist voll happy, endlich auch eine Schwester dieses Clans zu sein, nachdem sie vorher bei der konkurrierenden Familie war: dem öffentlich-rechtlichen SWR.

Screenshot einer WhatsApp-Nachricht: "Hey marlen, wenn du jetzt LIVE während deiner Nachrichten hinschmeißt, hab ich nen Job für dich in Deutschlands biggster Morningshow auf bigFM! Wir hören dich gerade! bigFM Rob Green"
Die angebliche bigFM-Abwerbeaktion – ein Fake Screenshot: bigFM

Wie Marlen Gröger zu bigFM kam, darüber haben wir hier Anfang September berichtet, in Kooperation mit Fairradio. bigFM gab damals vor, die öffentlich-rechtliche Kollegin aus einer Live-Sendung abgeworben zu haben, angeblich mittels einer WhatsApp-Nachricht. So war es in vermeintlichen Mitschnitten auch zu hören. Aber die Mitschnitte in der Morningshow des Senders waren ein Fake, den bigFM dazu nutze, sich als supercooler Sender zu bewerben, der vor nichts zurückschreckt.

So hatten wir das damals geschrieben. Die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) wirft uns nun vor, „unwahr“ über die bigFM-Aktion berichtet zu haben. Mit der Aktion an sich hat sie kein Problem.

Nach einer Programmbeschwerde von Fairradio habe man die Mornigshow „untersucht“, schreiben die Medienwächter. Allerdings habe man keinen Verstoß gegen das Landesmediengesetz feststellen können. Fairradio hatte bemängelt, bigFM hätte gegen die „Verpflichtung zur Wahrheit“ verstoßen. Die LFK sieht das allerdings anders.

Die „Verpflichtung zur Wahrheit“, wie sie im Landesmediengesetz verankert ist, gelte lediglich für „solche Programmteile, die (vorrangig) der Information dienen“, nicht aber „für fiktionale Formate und solche, die vorrangig der Unterhaltung dienen“, schreibt die LFK. Die bigFM-Morningshow stelle eine Mischform von Unterhaltung und Information dar und bei der Aktion stehe „nicht die Hörerinformation im Vordergrund“. Vielmehr solle die neue Nachrichtensprecherin „auf unterhaltsame Weise in die Sendung eingeführt und als bigFM-Charakter aufgebaut werden“. Die Verpflichtung zur Wahrheit gelte nicht für diese Sendungsteile.

Anders gesagt: Solange ein Fake unterhaltsam gemeint ist und er in einer zumindest teilweise unterhaltsam gemeinten Show stattfindet, ist das okay. Immerhin würden sich die Nachrichten der bigFM-Morningshow „in Duktus und Moderation“ klar vom Rest der Sendung unterscheiden, schreibt die LFK. Und in so einer unterhaltsamen Sendung sei es Moderator und Sidekick vorbehalten, „durch Witze, Klamauk oder auch Comedy gute Laune zu verbreiten“.

Klamauk und gute Laune (medienrechtlich geprüft) Scrrenshot: bigFM

Gar nicht so gute Laune macht der LFK, dass wir auf Übermedien geschrieben haben, bigFM habe SWR-Nachrichten gefälscht. In einem separaten Schreiben heißt es, „schon die Tatsachenbehauptung“ sei „unwahr“ und „zumindest mit objektiven Maßstäben an eine wahrheitsgetreue Berichterstattung schwer in Einklang zu bringen“. Denn bei der bigFM-Aktion sei ja gar nicht gesagt worden, wie die Moderatorin mit Nachnamen heiße und dass sie von der SWR-Jugendwelle „Das Ding“ komme. Außerdem habe bigFM nicht die Original-Musik der „Das Ding“-Nachrichten verwendet, sondern andere.

Tja. Das stimmt, einerseits. Bei bigFM war nur von einer Moderatorin der „öffentlich-rechtlichen Konkurrenz“ die Rede, die Marlen heiße. Und die Verpackung der Fake-Nachrichten stammte auch nicht vom SWR. Andererseits: Um welche „öffentlich-rechtliche Konkurrenz“ sollte es sich handeln? Konkurrent eines Privatsenders in Stuttgart ist halt der SWR, und für bigFM, einen jungen Sender, insbesondere die SWR-Jugendwelle „Das Ding“. Außerdem müssen auch nicht zwingend alle Originalteile verbaut werden, um eine Fälschung anzufertigen. Die (ehemalige) „Das Ding“-Sprecherin war immerhin echt.


Man könne die Aktion, schreibt die LFK, „je nach eigener Befindlichkeit als albernen Klamauk oder als Comedy einstufen“, offenbar als nichts anderes. Die LFK ist sich auch sehr sicher, dass die Aktion „als Unterhaltungselement“ für die Hörer „unschwer erkennbar“ gewesen sei, allein wegen des „haarsträubend absurden“ Verlaufs. Was aber nicht ganz stimmt: Es gab etliche Hörer, die den „Klamauk“ nicht als solchen erkannten, und etliche Hörer, die sich darüber empörten, dass bigFM mit einem Fake Eigenwerbung macht. Die Landesstiftung Baden-Württemberg nahm deshalb sogar Abstand davon, bigFM eine Veranstaltung – zum Thema „Fake News“ – präsentieren zu lassen.

Aber, naja: Ist ja Klamauk, Comedy, Quatsch, und da ist alles erlaubt, „denn sonst wären Unterhaltungsformate wie etwa die ‚Heute Show‘ in der ARD gar nicht möglich“, weiß die LFK. Das ist lustig, weil die „heute show“ bekanntermaßen im ZDF läuft, vor allem aber, weil sich das natürlich nicht vergleichen lässt: Eine Morningshow im Privatradio, die einen Fake sendet, um auf dicke Hose zu machen – und eine politische Satiresendung.

8 Kommentare

  1. Mich würde ja viel eher interessieren mit welchem Recht die LMA da auf die Idee kommt euch „blöd von der Seite“ anzumachen. Muss es dafür nicht eine Beschwerde gegeben haben? Sind die überhaupt für euch Zuständig?

  2. Tja… Die Kritik der LMA an euch kommt ja nun leider nicht unüberraschend. So ist das eben, wenn man sich mit fairradio in ein Boot begibt. Demnächst die Medienkritik einfach wieder selber machen.

    So schwer es auch fällt, in der Sache argumentiert die LMA sogar richtig. Aber wer so dämlich ist, Bigfm einzuschalten, hat es auch gar nicht anders verdient. Der Hörer muss sich einfach überlegen, was er einschaltet, oder eben besser nicht, wenn sich die Angebote wieder auf ein gewisses qualitatives Niveau hinbewegen sollen.

  3. @Daarin
    Niemand wurde „blöd von der Seite“ angemacht wie Sie vorschnell hyperventilieren. Die LFK hat das Schreiben an den Beschwerdeführer, Fairradio, adressiert und nachrichtlich wegen der Kooperation auch Übermedien zukommen lassen. Das die LFK allerdings den Namen des weltweit bekanntesten Medienjournalisten falsch schreibt, ist noch peinlicher als das verorten der „heute-show“ bei der ARD!

  4. Mit Klamauk, Comedy und Quatsch versucht die „Heute Show“ im ZDF Politik zu machen. Auf eine gute politische Satiresendung warte ich seit Jahren vergeblich.
    Wer andere kritisiert wie „Übermedien“ sollte gelassener mit Kritik umgehen.

  5. Ich habe mir den Ausschnitt angehört und bin der Meinung, dass deutlich wird, dass es sich um Comedy handelt. Ich sehe das zwar auch kritisch, weil es nicht aufgeklärt wurde. Denn man kann nicht davon ausgehen, dass es jeder versteht. Aber die Aussage „Privatradio bigFM fälscht SWR-Nachrichten“ stimmt einfach nicht.

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