Der rechte, rechte Platz ist frei: „Spiegel“ löscht heimlich Skandalbuch aus Bestsellerliste
In der „Welt“ vom vergangenen Samstag steht ein Text, der von Henryk M. Broder stammt und trotzdem kein kompletter Unfug ist.
Broder hatte am Ende der vorigen Woche festgestellt oder irgendwo gelesen, dass bei der „Spiegel“-Bestsellerliste, die auf „Amazon“ angezeigt wurde, unter den Sachbüchern eine Lücke klaffte. An der Stelle, an der zuvor das Buch „Finis Germania“ gestanden hatte, stand plötzlich: nichts mehr.
Das Buch des verstorbenen Autors Rolf Peter Sieferle ist in den letzten Wochen heftig kritisiert worden. Sein Inhalt sei „zutiefst von antisemitischen Vorstellungen“ getränkt, erklärte etwa ein Politologe im Deutschlandfunk, ein Historiker schrieb in der „Jüdischen Allgemeinen“, es sei ein „ebenso haarsträubendes wie zynisches Traktat gegen die Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit“.
Dass es überhaupt bekannt geworden ist, ist dem „Spiegel“-Journalisten Johannes Saltzwedel zu verdanken, der es mit zweifelhaften Mitteln auf die Bestenliste der „Sachbücher des Monats“ gesetzt hatte. Die Liste wird seit mehr als 15 Jahren unter anderem von NDR und „Süddeutscher Zeitung“ herausgegeben und regelmäßig von einer Jury zusammengewählt, der auch Saltzwedel angehörte. Jedem Jurymitglied stehen für die Wahl mehrere Punkte zur Verfügung, die in der Regel auf mehrere Bücher verteilt werden – Saltzwedel aber vergab seine gesamten Punkte an „Finis Germania“. Das war laut den Statuten zwar offenbar erlaubt, jedoch galt es als üblich und gewünscht, die Punkte aufzuteilen.
Nach Bekanntwerden des Vorfalls trat Saltzwedel aus der Jury aus und erklärte, er habe mit seiner Empfehlung „bewusst ein sehr provokantes Buch der Geschichts- und Gegenwartsdeutung zur Diskussion bringen wollen“. Er brachte es nicht nur zur Diskussion, sondern vor allem in die Läden: Die Verkaufszahlen schossen in die Höhe, vergangene Woche stand das Buch auf Platz 6 der „Spiegel“-Sachbuch-Bestsellerliste.
Gegen Mitte der Woche aber verschwand es dort und aus den entsprechenden Angeboten bei Amazon und anderen Online-Buchhändlern. Auf Platz 5 folgte nun einfach Platz 7.
Die Reaktionen von rechts ließen nicht lange auf sich warten. Der ehemalige „Focus“-Redakteur und AfD-Berater Michael Klonovsky beklagte sich sogleich über die Methoden der „Literatur-Stasi“, Henryk M. Broder fauchte in der „Welt“: „Auf diese Weise hatten auch sowjetische Zensoren Geschichtsschreibung betrieben.“ Wer das Verschwinden veranlasst hat, weiß Broder zwar nicht, aber es ist ihm auch egal: „Wer immer es war, er hat der Political Correctness einen Gefallen und der Glaubwürdigkeit der Amazon-Listen einen Bärendienst erwiesen.“
Doch wer war denn nun dafür verantwortlich?
Die Fachzeitschrift „Buchreport“, die zur „Spiegel“-Gruppe gehört und auf deren ermittelten Verkaufszahlen die „Spiegel“-Bestsellerlisten beruhen, erklärte heute auf Anfrage von Übermedien:
Finis Germania war eine Woche auf der SPIEGEL-Bestsellerliste platziert. Die Chefredaktion des SPIEGEL hat daraufhin beschlossen, das Buch beim nächsten Mal von der Liste zu nehmen. Die Chefredaktion tut dies nur in absoluten Ausnahmefällen, aber sie hält das Buch für klar antisemitisch, hat dies auch bereits öffentlich geäußert und möchte die Verbreitung nicht unterstützen.
Der „Spiegel“ will also nicht zur Verbreitung des Buches beitragen, das dank ihres Mitarbeiters überhaupt erst verbreitet wurde. Dafür lässt die Chefredaktion es kurzerhand ohne jeden Kommentar von der Bestsellerliste verschwinden. Es tauchte deshalb auch in der aktuellen Bestsellerliste in der Print-Ausgabe nicht auf.
Ein wirklich beachtlicher Vorgang.
Hätte der „Spiegel“ das Buch wenigstens transparent entfernt, wäre ihm Kritik aus der rechten Ecke gewiss gewesen, doch zumindest hätte er sich in vielen anderen Ecken Glaubwürdigkeit bewahrt. So aber untergräbt er diese nicht nur selbst, sondern gießt auch weiteres Öl ins „Lügenpresse“-Feuer — und verschafft dem Buch einmal mehr Aufmerksamkeit.
Dabei wäre das Interesse daran ohne die heimliche Löschaktion wohl schon bald wieder gesunken. „Buchreport“ teilte uns mit, der Titel wäre „nach vorläufigen Verkaufszahlen auf der kommenden Bestellerliste nicht mehr vertreten.“
Nachtrag, 25.7.2017. Nun hat auch der „Spiegel“ eine Mitteilung in eigener Sache veröffentlicht.
Diese Praktik ist mir mir zutiefst zuwider.
Herr Saltzwedel hat einen fast schon revolutionären Akt begangen, in dem er ein Buch, um dessen provokante Zeilen er wusste, auf die Empfehlungsliste setzte. Dafür gebührt ihm Dank, denn nur in einer offenen, meinetwegen auch leidenschaftlichen Debatte über den Inhalt, die *eigentlich* hätte folgen müssen, wäre unseren selbst auferlegten Werten entsprochen worden.
Dass aber ein Buch aus Konfliktfeigheit wieder aus der Breitenwahrnehmung, dem Wettbewerb der Meinungen und schlicht dem demkratischen Diskurs entfernt – gesäubert – wird, nur da einigen machtbefugten und reichweitenstarken Personen, die sich selbst üblicherweise als liberal, aufgeklärt, urdemoraktisch und progressiv ettiketieren, tatsächlich aber, so es ihrer sonst so vollmundig vertretetenen „Toleranz“ zuwider läuft, nichts anderes als gedungene Gesinnungstaliban sind, ist ein für mich starkes sowie einen totalitären Charkter entlarvendes Stück.
Ich werde mir dieses Buch zulegen, gänzlich ungeachtet seines Inhalts, den ich bis dato noch nicht kenne. Und zwar einzig deswegen, da ich mir weder von irgendwelchen Konzernen noch von irgendwelchen Gesinnungswächtern vorschreiben lassen will was ich zu lesen, denken und meinen habe. Ich bin alt und intelligent genug eine solche Entscheidung selbst treffen und mir ein eigenes Urteil bilden zu können. Amazon oder eine talibanöse „Haltung-durch-Verschweigen-Journallie“ brauche ich dafür aber so offenkundig wie sicher nicht.
Mein Dank daher explizit an Schönauer, Broder oder auch Lengsfeld, die diese Causa thematisieren – ungeachtet ihrer eigenen Sichtweise zum Inhalt des Buches.
Stimmt, in der gedruckten Ausgabe findet sich das Buch in der Sachbuch-Bestsellerliste nicht. Aber in der App sehe ich es auf Platz 6.
Jetzt wird sich das Buch wie geschnitten Brot verkaufen!
Sie schreiben: „Der „Spiegel“ will also nicht zur Verbreitung des Buches beitragen, das dank ihres Mitarbeiters überhaupt erst verbreitet wurde. “ Dies ist verzerrt dargestellt. Autor Saltzwedel hat dies nicht als Spiegel-Autor bzw. „als“ oder „für“ den Spiegel ausgewählt. Er war in der Jury als Literaturkritiker. Sind denn dem Spiegel auch die Urteile von Hellmuth Karasek im Literarischen Quartett zugerechnet worden, als er Spiegel-Kulturchef war? Oder werden z.B. die Meinungsbeiträge von Stefan Niggemeier auf Übermedien.de der FAS zugerechnet, weil dieser auch dort schreibt?
@Jens: Ich kann ihren Vorwurf der Verzerrung nachempfinden, dennoch ist alles richtig ausgedrückt. Es wurde nicht behauptet, dass Salzwedel das Buch in seiner Funktion für den Spiegel gefördert hat, dennoch ist seine Position erwähnenswert. Ich verweise auf den Satz
„Der „Spiegel“ will also nicht zur Verbreitung des Buches beitragen, das dank ihres Mitarbeiters überhaupt erst verbreitet wurde.“,
welcher anders formuliert wäre, wäre tatsächlich eine Zurechnung seiner Handlungen zur Organisation vorgefallen.
Was die Deutsche Presse nicht mehr leistet, muss jetzt die New York Times tun…
http://www.nytimes.com/2017/07/08/opinion/sunday/germanys-newest-intellectual-antihero.html
https://mobile.nytimes.com/2017/07/08/opinion/sunday/germanys-newest-intellectual-antihero.html
Die Times schreibt eine sachliche Rezension und – zum Leid der Deutschen Presse auch noch – nur Positives über Finis Gernania!
Dem Spiegel kann man im Fall Finis Germania nichts mehr glauben.
Das Blatt ist mittlerweile so stark nach links gerückt, das er in einer eigenen „Blase“ lebt.
P.S. Siehe auch die neue Studie der Gewerkschaftsnahen Otto Brenner Stiftung
zum totalen Versagen der Medien, seit der Flüchtlingskrise 2015.
So ’ne Art Streisand Effekt für Bücher.
Äh, ist das Entfernen eines Buches in einer in erster Linie allgemeinen Verkaufsliste nicht Zensur? Die Spiegelbestsellerliste ist doch weit mehr und in einem gewissen Sinne, aufgrund der Verbreitung in den Buchhandlungen, von allgemeinem Interesse. Richtet „Der Spiegel“ jetzt über illegal oder legal? Dafür gibt es doch Gerichte, die Bücher auf den Index setzten. Richtet der Spiegel jetzt darüber, welche Bücher in Deutschland gelesen werden oder nicht? Faktisch tut er dies, wenn er Bücher mit hoher Auflage, die aber nicht zu dem politischen Profil der Zeitschrift passen, einfach aus der Liste entfernt.
@Andreas Max
Streisand hieß mit Vornamen Barbra und hat nichts mit dem Streusand Effekt zu tun
Was ich nicht verstehe: „Die Reaktionen von rechts ließen nicht lange auf sich warten.“ Wieso sind alle Reaktionen, die mit etwas nicht einverstanden sind, gleich rechts? Das ist typisch „linkes“ Gedankengut, das anscheinend auch diese Seite pflegt.
Was hat denn eigentlich die SPIEGEL-Bestsellerliste mit dem SPIEGEL zu tun, wenn die nur die Daten von Buchreport übernehmen? Müsste es dann nicht Buchreport-Bestsellerliste heißen? Kassiert SPIEGEL von den Verlagen Geld dafür, dass die Aufkleber mit „SPIEGEL-Bestseller“ auf ihre Bücher kleben können, obwohl SPIEGEL selbst null dazu beigetragen hat?
Wie wäre es mit einer netten kleinen Bücherverbrennung – natürlich streng antifaschistisch?
„In der „Welt“ vom vergangenen Samstag steht ein Text, der von Henryk M. Broder stammt und trotzdem kein kompletter Unfug ist.“
Echt, so etwas gibt es?
Ich habe mir das Buch angetan und finde es schwierig. So what? Ein Buch, das mal mitdenken erfordert? Geht natürlich gar nicht.
Der Vorwurf des „Antisemitismus“ ist nicht nur absurd, sondern ganz offensichtlich frei erfunden. Zuerst hat die Spon-Redaktion auch den Vorwurf des „rechten und nationalistischen Gedankenguts“ erhoben. Als das nicht richtig zünden wollte, wurde auf den Vorwurf des Antisemitismus umgeschwenkt.
Niemand muss das Buch kaufen oder auch nur mögen. Aber das hier Zensur und L-Presse vorliegt, ist leider beweisbar. Denn die Regeln, nach welchen Kriterien die Bestsellerliste erstellt wird, sind ja veröffentlicht. Und nach diesen Regeln hätte Finis Germania auf der Liste erscheinen müssen.
Die Spon-Redaktion hat also bewusst gegen die Regeln verstoßen. Wer das für ein Kavaliersdelikt hält, der sollte mal seine Einstellung zu den zivilisatorischen Pfeilern der Demokratie überprüfen.
Darüber ob „Finis Germania“ „zutiefst von antisemitischen Vorstellungen getränkt“ ist, darf man geteilter Meinung sein.
Der Literaturwissenschaftler und Philosoph Rüdiger Safranski teilt diese Meinung nicht, ihn irritiert eher die hysterische Debatte über das Buch (http://www.deutschlandfunkkultur.de/rolf-peter-sieferle-und-sein-finis-germania-eine.2162.de.html?dram:article_id=389507).
Wenn aber eine Chefredaktion eine Bestellerliste manipuliert und ihnen unliebsame Bücher entfernt, dann ist diqualifiziert sie sich selber.
Diese Manipulation sagt daher wenig über das provokante Buch „Finis
Germania“, aber viel über die Glaubwürdigkeit der SPIEGEL-Chefredaktion aus!
Dazu fällt mir nur ein: „Das kannste schon so machen, aber dann isses halt K…“
Wie kommt man auf die Idee, dass sowas niemandem auffällt?
@Richard Ott: Wirklich? Für Sie ist die zweifelhafte Entscheidung einer Zeitschrift, ein Buch auf einer Liste nicht aufzuführen, die ihren Namen trägt, vergleichbar mit der Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten?
@Thomas: Die Studie der Otto-Brenner-Stiftung
ist nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass es ein totales Versagen der Medien seit der Flüchtlingskrise gab.
Bei all der Aufregung sei nochmals daran erinnert, dass bei diesem Machwerk, vom Titel („Finis Germania“ = „Ende Deutschland“ ?!?) angefangen, so ziemlich nichts stimmt.
https://misanthrope.blogger.de/stories/2646624/
@Erwinzk: Der „Buchreport“ gehört zur „Spiegel“-Gruppe (habe ich im Text noch nachgetragen).
„Die Chefredaktion tut dies nur in absoluten Ausnahmefällen, aber sie hält das Buch für klar antisemitisch, hat dies auch bereits öffentlich geäußert und möchte die Verbreitung nicht unterstützen.“
Schreibt die Chefredaktion, die offensichtlich kein Problem damit hatte, „Mein Kampf“ wochenlang auf ihrer Bestsellerliste zu belassen. Immerhin wissen wir jetzt, dass der Spiegel diesen „Bestseller“ für „nicht klar antisemitisch“ hält. Der schreckliche Verdacht, den die Titanic einst hatte, ließ sich wohl nicht erhärten.
Verstehe ich das richtig: Kurz bevor das Buch aufgrund gesunkener Verkaufszahlen sowie so aus der Liste geflogen wäre, entfernt man es noch schnell händisch?
@UWE RICHTER 25. JULI 2017 UM 8:31
„@Andreas Max
Streisand hieß mit Vornamen Barbra und hat nichts mit dem Streusand Effekt zu tun“
Zum einen hießt ihr Gegenüber Anderer Max, nicht Andreas.
Und dann hat der Streisand-Effekt eben doch mit Barbra Streisand zu tun, weswegen er ihren Namen trägt. Einen Streusand-Effekt gibt es meines Wissens nicht.
Warum die Polemik auf Broder? Weil es sich jetzt gerade mal anbot und wer weiß, wie lange es dauert, bis man mal wieder über ihn ablästern kann?
Ich unterstütze Übermedien, weil es eine wichtige Lücke in der deutschen Medien-Industrie füllt und neutral und kritisch ist. Artikel wie der über Jens Riewa oder jetzt der polemische Einstieg in diesen wichtigen Text finde ich aber unangemessen und sie schaden diesem Projekt.
@Stefan N.,
nur hatten die Nazis mit Bücherverbrennung eben kein Alleinstellungsmerkmal.
Unstreitig haben sie es zu grausamsten Konsequenzen getrieben, allerdings konnten sie sich beim Umgang mit mißliebigen Schriften auf so Traditionsstifter wie Martin Luther oder die Deutschen Burschenschaften berufen.
Und dann stellen die sich auch noch so blöd an. Am Freitag Nachmittag plötzlich eine Lücke zwischen 5 und 7.
Die Spiegel-Bestsellerliste geht bis Platz 50. Wobei Platz 20-50 nur mit einem kostenpflichtigen account einzusehen sind. Haben die SPIEGEL-Leute das nicht kommen sehen?
Dann hätten sie das Buch vorgängig aus der Liste nehmen können, möglichst noch mit einer Begründung.
Götz Kubitschek, der den Verlag betreibt, schriebt jedenfallls auf seiner Seite sezession.de, dass er schon damit rechnete in der Spiegel.Bestsellerliste aufzutauchen, aufgrund der Verkaufzahlen und weil er lange auf Platz 1 bei amazon lag.
Sinkende Verkaufszahlen müssen nichts bedeuten. Laut New York Times hatte Kubitschek schlicht seinen Vorrat abverkauft.
https://www.nytimes.com/2017/07/08/opinion/sunday/germanys-newest-intellectual-antihero.html?_r=0
@ Stefan Niggemeier,
wenn Sie sich hier unbedingt mit Holocaust-Vergleichen („vergleichbar mit der Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten“) lächerlich machen wollen, nur zu. Oder wollen Sie mich absichtlich missverstehen um sich besser empören zu können?
Mit der physischen Vernichtung von politischen Gegnern in Konzentrationslagern hat das hier alles zum Glück nichts zu tun. Die Parallelen zur Kulturpolitik in der Zeit des Nationalisozialismus und auch in der DDR sehe ich aber mittlerweile schon. Der wichtigste Unterschied zu damals ist, wie lächerlich und jämmerlich die zaghaften Zensurversuche heute noch sind. Als ob die Tilgung eines unerwünschten Buches aus einer Verkaufsliste irgendeinen negativen Effekt hätte anstatt noch mehr Aufmerksamkeit auf das Buch zu lenken! Zu Zeiten der Reichsschrifttumskammer hätte man so eine Maßnahme mit einer großen Propagandaaktion flankiert, um das „schädliche und unerwünschte Schrifttum“ nachhaltig zu diskreditieren.
Vielleicht wäre noch nachzutragen , er fällt aus der Bestsellerliste , weil es vergriffen ist und der Verlag erstmal wieder neue drucken muss.
@Richard Ott, 27: Wenn man Ihren Kommentar so liest könnte man fast glauben, sie wünschten sich NS- oder DDR-Zensurmaßnahmen zurück. Aber damit würde man Sie natürlich auch wieder völlig missverstehen, nicht wahr?
„Die Parallelen zur Kulturpolitik in der Zeit des Nationalisozialismus und auch in der DDR sehe ich aber mittlerweile schon. “
Weil Merkel befohlen hat, das Buch aus der Liste zu löschen?
Oder welche Parallelen meinen Sie?
@Calafati:
Das ist ja schrecklich. Glauben Sie, irgendwelche Linksradikale hier könnten meinen Kommentar so lesen? Als Anleitung oder konstruktiver Verbesserungsvorschlag der Zensurpolitik war das ganze definitiv nicht gemeint!
„Das ist ja schrecklich. Glauben Sie, irgendwelche Linksradikale hier könnten meinen Kommentar so lesen?“
Vor der Vereinnahmung durch Rechtsradikale fürchten Sie sich also nicht?
@ Calafati:
Nein, derzeit nicht besonders. Zensierende Linksradikale mit Volkserziehungsanspruch halte ich im Moment für ein deutlich größeres Problem.
@29 – Calafati:
Inwiefern man da jetzt den Wunsch des Kommentators Richard Ott, sich NS- oder DDR-Zensurmaßnahmen zurückzuwünschen herauslesen kann, bleibt mir ehrlich gesagt ein Rätsel.
Wenn man sich den ursprünglichen Kommentar von Richard Ott durchliest, so kritisiert er dort doch vor allem, wie dieses Buch eben auch durch diese selten dämliche Aktion des Spiegels, diskreditiert wird und zieht damit Parallelen zum Umgang mit unerwünschten Büchern während der NS-Diktatur. Meiner Meinung nach nicht ganz zu unrecht. Natürlich und zum Glück sind wir hier noch sehr weit von den damaligen Verhältnissen entfernt, aber jeder Schritt in diese Richtung ist ein Schritt zuviel. Dass Stefan Niggemeier (den ich an sich sehr schätze) daraus dann konstruiert, es würde ein Vergleich mit der Vernichtungsmaschinerie des NS-Diktatur gezogen, ist in meinen Augen reichlich übertrieben. Es wurde nur und einzig ein Vergleich zu den Zensur-Praktiken dieser Zeit gezogen. Nicht mehr, nicht weniger.
Zumal ich persönlich solche Entscheidungen seitens des Spiegels auch kategorisch ablehne, da sie ein Buch moralisch zu bewerten suchen. Doch wusste schon Oscar Wilde (ebenfalls Opfer von Zensur): „Es gibt weder moralische noch unmoralische Bücher. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben, nichts sonst.“
@18 – TXXX666: Da beide Formen nicht eindeutig sind, gibt es durchaus syntaktisch sinnvolle Übersetzungsmöglichkeiten des Titels, bpsw. „Deutschland der Grenze“, „Bestimmung durch Deutschland“ und auch andere. Ob das jedoch wirklich die intendierte Aussage des Autors sein sollte, wage ich zu bezweifeln ;-)
„In der „Welt“ vom vergangenen Samstag steht ein Text, der von Henryk M. Broder stammt und trotzdem kein kompletter Unfug ist.“
Wow, eine Schmähung verpackt in einem vergifteten Kompliment.
Und das von einem, dessen Texte beweisen, dass seine größte journalistische Kompetenz die Nachquatschkompetenz* ist.
* Bernd Zeller in ‘Tagesschauder’, 28. Juni 2017
@Dominic Zander: Sie meinen, dass man die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten gesondert betrachten kann?
Laut Wikipedia befand sich etwa Carl von Ossietzky zum Zeitpunkt der Bücherverbrennung im Mai 1933 bereits im KZ Sonnenburg. Die Vernichtungsmaschinerie hatte also schon begonnen als die Bücher verbrannt wurden. Sie meinen das man diesen Aspekt einfach ausblenden und die Bücherverbrennungen andeuten kann, ohne damit auch auf die Verhaftung und Folter ihrer Autoren anzuspielen?
@34 – Dominic Zander
Wir reden hier nicht über einen Autor, der ein Buch geschrieben hat. Jemand hat alte Aufsätze des Autors nach dessen Suizid uneditiert zwischen zwei Buchdeckel geklemmt. Insofern kann weder von einer intendierten Aussage des Autors im Jahr des Erscheinens die Rede sein noch davon, „das Buch“ sei gut oder schlecht geschrieben. Wer sich über den Autor auslassen möchte, muss sich schon die Mühe machen, jeden Beitrag für sich in seinem zeitgeschichtlichen Kontext (Kohl-Ära) zu bewerten. Sonst urteilt er über den Herausgeber.
>Zensierende Linksradikale mit Volkserziehungsanspruch halte ich im Moment für ein deutlich größeres Problem.>
Ja.
Wirklich bedrohlich finde ich vor allem, mit wie viel Verständnis die politisch motivierte Manipulation der Bestsellerliste von fast allen etablierten Medien begleitet bzw. übersehen wird.
Wirklich kritisch-distanziert scheint „Übermedien“ auch gerade nicht. Man versteht sich hierbei scheinbar eher als verharmlosender Verbündeter …
Der Zustand der etablierten Medien hierzulande scheint mir aus demokratischer Sicht ein Riesenproblem zu sein.
Das zumindest hat der posthume Umgang mit Herrn Prof. Sieferle für mich schonungslos offengelegt.
@36 – Calafati: Die Antwort auf Ihre Frage ist sowohl Ja, als auch Nein. Ja, weil die Bücherverbrennung natürlich auch im Kontext des restlichen Unrechts dieser Diktatur zu sehen ist. Nein in dem Sinne, dass die Bücherverbrennung nicht äquivalent zum NS-Regime ist, eben weil es noch viel mehr und weit grausameres und schlimmeres Unrecht gab.
Wenn man also wie Herr Ott es getan hat, den hier besprochenen Vorgang der Zensur mit der Bücherverbrennung der Nazis vergleicht, dann kann man das durchaus auch in dem Sinne verstehen, dass eine solche Zensur ein Schritt auf dem falschen Weg ist, der eben auch zu einer solch furchtbaren Diktatur führen kann(!) und deswegen zu kritisieren ist. So jedenfalls habe ich es verstanden. Man kann mir da gern naiven Optimismus unterstellen, aber ich glaube, dass es immer zuerst angebracht ist, nicht auf Frontalkonfrontation zu gehen. Ob ich mit meiner Interpretation von Herrn Otts Kommentar richtig liege, weiß ich nicht. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber es ist eine mögliche Interpretation und daher genauso gut oder schlecht wie die Ihre. Ich hoffe damit ein wenig mehr Klarheit in meine Aussage gebracht zu haben?
@37 – Ulf J. Froitzheim: zum einen Danke für den Hinweis, dass es sich um bloße Herausgeberschaft und nicht Autorenschaft handelt. In diesem Fall haben Sie recht, wenn Sie sagen, dass nicht von den Intention des Autors gesprochen werden kann. Mein Fehler, ich bitte um Entschuldigung.
Das Wilde-Zitat sehe ich allerdings trotzdem als sinnvoll und gültig an, da man sich ja gerade am Inhalt und nicht am Herausgeber des Buches stört und somit der Inhalt und auch die Frage, ob dieser gut oder schlecht geschrieben ist, relevant sein sollte.
Die Spiegel-Chefredaktion maßt sich also an, zu entscheiden , ob ein Buch auf einer durch Verkaufszahlen bestimmten Liste erscheinen darf oder nicht? In welcher Eigenschaft? Als Richter und Vollstrecker in einem unter Umgehung des ordentlichen Rechtsweges? Merken diese Geistesriesen noch nicht einmal, welchen Bock sie damit geschossen haben? Die Spiegel-Bestsellerliste hatte jede Glaubwürdigkeit verloren, denn wer einmal manipuliert, manipuliert auch öfter. Und der Spiegel selbst steht rechtfertigt damit die Bezeichnung „Lügenpresse“, denn eine manipulierte Liste kann man sehr wohl als eine solche interpretieren. Und nicht zuletzt hat das Auffliegen der Manipulation die Popularität des unerwünschten Buches weiter gesteigert. Wieder Platz 1 bei Amazon. Tja, liebe Blockwarte der politischen Moral: Dumm gelaufen.
@STEFAN NIGGEMEIER 25. JULI 2017 UM 12:56
>Die Studie der Otto-Brenner-Stiftung ist nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass es ein totales Versagen der Medien seit der Flüchtlingskrise gab.>
Okay. Dann mal genauer betrachtet:
Die Studie untersuchte nur die Berichterstattung zur Flüchtlingskrise 2015 und kam zu diesem Fazit:
„Die Studie zeigt auf, dass große Teile der Journalisten ihre Berufsrolle verkannt und die aufklärerische Funktion ihrer Medien vernachlässigt haben. Statt als neutrale Beobachter die Politik und deren Vollzugsorgane kritisch zu begleiten und nachzufragen, übernahm der Informationsjournalismus die Sicht, auch die Losungen der politischen Elite. Die Befunde belegen die große Entfremdung, die zwischen dem etablierten Journalismus und Teilen der Bevölkerung entstanden ist.“
(laut https://www.otto-brenner-shop.de/publikationen/obs-arbeitshefte/shop/die-fluchtlingskrise-in-den-medien-ah93.html)
Zur weiteren Mediensituation wurde der Studien-Verfasser in einem DLF-Interview befragt und äußerte sich wie folgt:
„[…] Borgers: Sie haben sich auf einen bestimmten Zeitraum und auf ein bestimmtes Thema beschränkt. Lassen sich davon auch allgemeine, strukturelle Probleme des Journalismus ableiten?
Haller: Man kann schon sagen, dass der große Komplex der Flüchtlingsberichterstattung wie eine große Fallstudie sich zeigt – darüber, wie der, ich sage mal hier jetzt: der etablierte Journalismus, also insbesondere derjenige der großen Mainstreammedien, wie dieser Journalismus mit dem tagtäglichen Geschehen umgeht. Und ich denke schon, dass man daran erkennen kann, dass auch jenseits der Flüchtlingsthematik, also auch heute in den Alltags-, in den relevanten Themen des Alltags die Perspektive der Machthabenden, der Entscheider dominant ist. Und der Perspektivenwechsel, auf den es so sehr ankäme in einer so ausdifferenzierten und komplex gewordenen Gesellschaft, der Perspektivenwechsel in Bezug auf die Beteiligten, die Betroffenen, die verschiedenen Einstellungen, Auffassungen, Gruppen und Haltungen, hier auch aus der Sicht derjenigen, die direkt damit zu tun haben, zu berichten, dieser Perspektivenwechsel fällt auch heute sehr schwer, obwohl viel darüber geredet wird.“
(http://www.deutschlandfunk.de/journalismus-studie-die-ueberregionalen-medien-haben-die.2907.de.html?dram:article_id=391573)
@37 Ulf J. Froitzheim
„Wir reden hier nicht über einen Autor, der ein Buch geschrieben hat. Jemand hat alte Aufsätze des Autors nach dessen Suizid uneditiert zwischen zwei Buchdeckel geklemmt.“
Ganz so einfach ist es nicht.
Aus dem Nachwort des Herausgebers: „Fraglich ist zudem, ob überhaupt eine Publikation des Textes zu Lebzeiten geplant war. (…) Vom Wunsch einer posthumen Publizierung darf man hingegen zweifelsfrei ausgehen. Seine schriftliche Hinterlassenschaft auf dem Rechner befand sich in einer akribischen Ordnung, gereinigt von allem, was nicht einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte.“ (102/103)
@Dominic Zander, 39:
„Nein in dem Sinne, dass die Bücherverbrennung nicht äquivalent zum NS-Regime ist (…)“
Mit dem gleichen Argument könnte man dann aber auch über die „Kristallnacht“ sprechen. Bei dem Begriff geht es ja auch – vordergründig – nur um zerbrochenes Glas. Wer dahinter einen Bezug zur Judenverfolgung vermutet, hat die Aussage eben falsch verstanden.
Die Bücherverbrennung ist ein Symbol für die Gewalt, die gleichzeitig geschah. Wer heute in Deutschland öffentlich Bücher verbrennt, oder auch nur anderen vorwirft, das als nächsten
Schritt tun zu wollen, muss damit rechnen, dass das auch so aufgefasst wird. Die Frontalkonfrontation geht dann eher von dem aus, der diesen Vergleich bringt.
@Frank W. Haubold, 40:
„Blockwarte der politischen Moral“
Wollen Sie sich vielleicht mal mit Herrn Ott treffen und noch ein paar Aussagen dieser Kategorie finden? Sie könnten sicher ein gutes Team bilden.
@Bernd Derksen, 38:
„Wirklich bedrohlich finde ich vor allem, mit wie viel Verständnis die politisch motivierte Manipulation der Bestsellerliste von fast allen etablierten
Medien begleitet bzw. übersehen wird.“
Was natürlich auch daran liegen könnte, dass es sich nicht um „politisch motivierte Manipulation“ handelt.
@43 – Calafati: Sie wollen doch hier jetzt nicht ernsthaft die Verbrennung von Büchern mit der Reichsprogromnacht auf eine Stufe stellen?
Ja, das war natürlich nicht ernst gemeint, folgt aber der gleichen Logik.
Zumal Ihre Analogie insofern hinkt, dass es ja eben nicht um den Begriff oder besser: dessen euphemistische Verklärung geht, sondern um den Umstand an sich. Ja, die Bücherverbrennung war Ausdruck des Unrechts der NS-Diktatur, aber leider(!) ist diese Zeit nicht die einzige, in der Bücher verbrannt worden sind. War Herr Otts Vergleich richtig? Nein, er war leicht erkennbar gewollt übertrieben. Das kann man gern kritisieren. Aber dieser Habitus, die Verbrechen der Nazi-Zeit dermaßen absolut zu betrachten, bringt uns doch alle nicht weiter. Denn dann müsste man mit gleicher Argumentation JEDEN historischen Vergleich sofort ablehnen, da immer der gesamthistorische Kontext betrachtet werden müsste. Und dieser ist halt immer anders.
Ein wenig weniger Aufgeregtheit täte uns allen gut, vor allem auch mehr Wille zum Verstehen (nicht Toleranz oder gar Akzeptanz, nur Verstehen). Einfach auch mal sagen „Gut, vielleicht habe ich da jetzt auch(!) mal etwas überreagiert“. Leider empfinde ich die heutige Debatten“kultur“ wirklich als sehr festgefahren. Es gibt die Fronten und keiner ist bereit, auch nur ein Iota „zurückzuweichen“. Es gibt so gut wie keine Bereitschaft mehr, ein konstruktives Gespräch, einen Diskurs, zu führen. Sooft bleibt es nur dabei, dass beide Seiten ihre Meinung haben und so lange aufeinander (i.d.R. zum Glück „nur“ verbal) einprügeln, bis alle sauer sind und nichts gewonnen wurde.
Die Diskussion ist doch eigentlich dazu da, dass man Standpunkte austauscht, Argumente vorbringt, die des Gegenübers anhört und abwägt und dann entscheidet und nicht, dass man im Wissen darum, dass man recht hat, den anderen auf Teufel komm raus überzeugen oder verscheuchen will.
Und damit meine ich jetzt nicht Sie im besonderen, sondern eben die allgemein von mir so wahrgenommene Situation, vor allem in den Kommentar-Bereichen.
Ich moechte hier mal anmerken, dass der Bezug zwischen Nationalsozialismus und Buecherverbrennung von Stefan Niggemeier eingefuehrt wurde.
Buecherverbrennungen gab es aber sicher schon vorher und auch nachher – das juengste mir bekannte mal in einem feministischen Zusammenhang. Und Feministinnen kann man sicher viel vorwerfen, vom Nationalsozialismus sehe ich diese Bewegung aber noch weit entfernt.
Ich finde es aber symptomatisch, wie diese Debatte hier laeuft. Relativ frei von Fakten, dafuer viel moralische Empoerung und Aechtung. Ihr solltet euch vielleicht mal ansehen, mit welcher Begruendung dieses Buch nominiert wurde, Das koennte lehrreich sein.
Des weiteren: Der Spiegel darf mit seinen Listen natuerlich machen was er will.
Gab’s sowas bei „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ nicht auch? Also das Nicht-Erwähnen in der Zeitung (damals BILD)?
Also ich sehe das so, der Spiegel ist der Hausherr/Kneipenwirt,kann also „Hausverbote“erteilen wie er lustig ist!
Eine andere Frage die nix damit zu tun hat ,
ist wie geschickt man dieses Hausrecht umsetzt und/oder kommuniziert?!
Es ist eine (gewollte?)Fehlwahrnehmung,das interessierte Kräfte ;-)die beiden Sachen zusammen werfen…
Wer ernsthaft eine Nichterwähnung eines Buches in einer Verkaufszahlenliste mit Zensur gleichsetzt hat nicht verstanden was Zensur ist. ist aber ein weitverbreitetes Phänomen im rechts-primitiven Lager. Ihr dürft das Machwerk weiterhin kaufen lesen und euch dabei als Mehrheitsvolksgemeinschaft fühlen. Wo ist also die Zensur?
Und wer ernsthaft eine Nichterwähnung eines Buches in einer Verkaufszahlenliste mit Bücherverbrennungen gleichsetzt hat schlicht nicht mehr alle Latten am Zaun und ist für jede ernsthafte Diskussion unbrauchbar.
@6, Thomas: „Die [NY] Times schreibt eine sachliche Rezension und – zum Leid der Deutschen Presse auch noch – nur Positives über Finis Gernania!“ – Das ist erstaunlich, denn allein schon der lateinische Titel des Büchleins ist grammatisch falsch (recte: Finis Germaniae). Schon das sollte mir eine gute Rezension verraten.
Danke für den Lesetipp. Am Donnerstag wird die Lieferung eintreffen und danach werde ich mir meine Meinung bilden. Amazon informierte mich, dass das Buch auf Platz 1 seiner Bestsellerliste steht.
@48 – Karl Busch: Zensur: von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität. (Quelle: duden.de)
Da die Spiegel-Bestsellerliste in die Zuständigkeit des Spiegels fällt und die Chefredaktion ja auch offen darüber spricht, dass das Buch aus politischen Gründen nicht mehr dort auftaucht, ist die o.g. Definition vollumfänglich erfüllt.
Wenn wir schon einmal dabei sind, über die Bedeutung von Wörtern zu sprechen, möchte ich auch darauf hinweisen, dass ein Vergleich keine Gleichsetzung ist.
Aus diesen Gründen würde ich doch darum bitten, etwas sachlicher zu bleiben und anstatt ad hominem lieber in der Sache selbst zu diskutieren.
@49 – Lars: Wie ich oben schon dargelegt habe, kommt es dabei darauf an, was „Finis Germania“ bedeuten soll. Es gibt durchaus grammatikalisch korrekte Übersetzungsmöglichkeiten, da „finis“ Nom. Sg./Gen. Sg/Vok. Sg./Nom. Pl./Akk. Pl sein kann, Germania entsprechend Nom. Sg./Abl. Sg.
In der Kombination Gen. Sg. (der Grenze/des Zwecks/der Bestimmung) und Nom. Sg. (Deutschland) ergibt sich durchaus eine syntaktisch korrekte Übersetzung.
Ob das so gewollt ist, wage ich zwar auch zu bezweifeln, aber die Option besteht und sollte daher nicht vor vornherein ausgeschlossen werden. Dies gilt natürlich nur, solange derjenige, dem dieser Titel zu verdanken ist, nicht klarstellt, was er bedeuten soll (was geschehen sein mag, mir ist es persönlich nicht bekannt; lasse mich da aber gern belehren).
Dass die Spiegel-Chefredaktion entschieden hat, einen Titel nicht länger in der Liste zu führen (nicht: ihn aus einer bestehenden Liste) zu streichen), ist die eine Sache. Allerdings ist die Bestsellerliste gar nicht das, was man landläufig darunter verstehen würde. Dort stehen mitnichten die meistverkauften Bücher drin. Sie ist nämlich bereits redaktionell bearbeitet:
http://www.deutschlandfunk.de/zensurvorwuerfe-spiegel-bestseller-sind-nicht-die.2907.de.html?dram:article_id=391973
52 Stefan Fries
„Allerdings ist die Bestsellerliste gar nicht das, was man landläufig darunter verstehen würde. Dort stehen mitnichten die meistverkauften Bücher drin. Sie ist nämlich bereits redaktionell bearbeitet:“
Das ist eine Nebelbombe des Deutschlandfunk, die den Skandal relativieren soll. Ich hätte nicht gedacht, dass jemand diesen Unsinn ernst nimmt. Dass Kochbücher generell nicht erscheinen ist nicht ganz das Gleiche wie ein im denunziatorischen Eifer gelöschtes politisch unerwünschtes Sachbuch. Die New York Times hat den Vorwurf des Antisemitismus an Herrn Sieferle übrigens verneint.
43 Calafati „Blockwart“ beschreibt eine Mentalität, die insbesondere in Deutschland unabhängig von den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen gedeiht. Kaisertreue Denunzianten, die Blockwarte im NS-System, die informellen Mitarbeiter der Stasi und die heutigen selbsternannten „Anständigen“ eint eine Geisteshaltung: vorauseilender Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, ideologische Determiniertheit, Selbstgerechtigkeit, Hass auf Andersdenkende und moralische Hybris. Wenn man schon sonst nichts vorzuweisen hat, will man wenigstens zu den „Guten“ gehören.
@Stefan Fries: Die Lücke bei den Online-Buchhändlern in der vergangenen Woche ist allerdings nur dadurch zu erklären, dass der „Spiegel“ den Titel aus der (zu dieser Zeit noch gültigen) Liste entfernte.
Im Artikel steht, der Verkaufserfolg sei durch die Plazierung in der Sachbuchliste der Süddeutschen und des NDR ausgelöst. Das allein reicht aber meines Erhabens nicht aus. Diese Sachbuchliste ist eigentlich ziemlich unbedeutend, und die meistens werden bis vor kurzem kaum von ihr gehört haben.
Was den Verkauserfolg verursacht hat, wird vielmehr ein geifernder Artikel in der taz und vor allem die danach erfolgte öffentliche Selbstkritik in der Süddeutschen gewesen sein – andernfalls wäre das Buch wohl kaum jemandem aufgefallen.
@Karl Busch
Im Rahmen des seiner Möglichkeiten hat der Spiegel getan was er konnte, um die Verbreitung des Buches zu stoppen. Ebenso amazon, dort war das Buch zeitweise als „nicht verfügbar“ gelistet und konnte nicht bestellt werden, obwohl es laut Aussage des Verlages zu der Zeit lieferbar war.
Diverse Buchhändler(-Ketten) wie Thalia und Hugendubel stellten dem Vernehmen nach das Buch nicht aus, wie alle anderen Bücher der Spiegel-Liste. Im Internet kursieren diverse Fotos von Schaufenstern oder Regalen, wo der Platz 6 leer ist.
Insofern ist der Begriffe „digitale Bücherverbrennung“ als zugespitzte Metapher schon gerechtfertigt. Diese „digitale Bücherverbrennung“ ging nicht von staatlichen Organen aus, sondern von privaten Unternehmen. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied, aber dieser ist auch allen bewusst.
In schwäbischen Wäldern faselt man sicher auch vom „Bombenholocaust“ an deutschen Volk. Wie ja der deutsche Nazis der einzig wahre Opfer des Faschismus wurde. Neusprechakrobaten.
@Karl Busch
Entlarvend, aber leider typisch: Weil es argumentativ nicht zu reichen scheint, versucht man es mit der „Nazi-Keule“. Gähn …
@Stefan Fries
Klar, Kollegen muss ein guter Journalist auf Teufel komm raus verteidigen, ihr Tun relativieren, etc..
Ernsthafte Medienkritik ist also ein Tabu für ein sogenanntes Medienmagazin?
Ich bin gespannt, auf Ihre Stellungnahme zu den bereits vorgebrachten Einwendungen.
Oder möchten Sie Gegenargumente lieber ignorieren? ;-)
Um mal das Positive hervorzuheben:
Der SPIEGEL wurde nun endlich mal wieder als politisch begriffen :-D
Ansonsten: Viel Lärm (Kommentarspalte) um Nichts (Artikel)
@54
Haben das Eure Recherchen ergeben? Ist das nicht eher eine spätere Reaktion von Buchhändlern gewesen? Oder eine eigenständige?
@53/@58
Wenn Sie sich das Gespräch mal anhören, hören Sie, dass wir den Vorgang nicht relativieren, sondern deutliche Kritik daran üben. Wir erläutern bloß zusätzlich, dass das keine saubere Verkaufsstatistik ist.
@Lars, 49
NYT schreibt: „On the other hand, “Finis Germaniae” (“the end of Germany”) is a familiar and resonant phrase. (Why Mr. Sieferle chose to drop the final “e” in his title has been much discussed.)“
@51 Dominic Zander:
„Ob das [Finis Germania statt Finis Germaniae] so gewollt ist, wage ich zwar auch zu bezweifeln(…)“.
Kann man, muss man aber nicht bezweifeln.
Aus Kubitscheks FAQ zum Buch:
„3. Warum heißt das Buch nicht „Finis Germaniae“?
Wir hatten zunächst stillschweigend den Titel „Finis Germaniae“ gesetzt, weil wir von einem Schreibfehler ausgingen. Wir wurden aber von Raimund T. Kolb, der auch das Nachwort beisteuerte, eines Besseren belehrt: Sieferle wollte den grammatisch deutbaren Titel Finis Germania ausdrücklich so und nicht anders. “
https://sezession.de/57295/der-skandal-sieferle—die-wichtigsten-faq
Viel spannender ist der der Umgang mit diesem Buch als der Inhalt gelle? Mehr Informationen braucht der freiheitlich denkende Mensch nicht. Willkommen im Faschismus!
@51 / Dominic Zander
Definitionen können Sie korrekt wiedergeben, schön. Jetzt müssen Sie nur noch deren Anwendung auf konkrete Sachverhalte üben. Dazu bieten sich folgende Fragen an: Ist der Spiegel eine „zuständige“ oder gar „staatliche Stelle“? Stellt eine Beurteilung und anschließende Entfernung von einer Bestsellerliste eine „Kontrolle und Überprüfung“ im Sinne der Definition dar?
Es handelt sich hier wohl eher um eine „Zensur“ im sarrazinschen Sinne. Also in der Art, dass das Buch allerorten besprochen und diskutiert wird (wenn auch meist kritisch), dass es überall frei erhältlich ist und tatsächlich auch trotz mediokrer Qualität massenhaft gekauft wird. Also eine Art „Zensur“, die sich jeder Autor und Verleger nur wünschen kann (von tatsächlich von Zensur Betroffenen ganz zu schweigen).
„Finis Germania“ = „Grenze Deutschland“
Was wollen uns diese Worte sagen? Kein Plan, aber ist eine gültige Übersetzung.
Zensur ist eigentlich mehr, wenn es illegal ist, ein Buch zu besitzen.
Das kann der Spiegel so nicht erreichen.
Andrerseits ist es für eine Zeitung unwürdig, relevante Informationen zu verschweigen.
@Besucher / 63
„Mehr Informationen braucht der freiheitlich denkende Mensch nicht.“
Was einiges über derart „freiheitlich denkende Menschen“ aussagt. People demand freedom of speech as a compensation for the freedom of thought which they seldom use. (Kierkegaard)
@65 / Mycroft
Der größere Fehler war imho, irrelevanten Informationen (über das xte rechte „Deutschland schafft sich ab“-Geflenne in Buchform) unangemessen viel Raum zu geben.
@ Earendil, # 67:
Ja, aber angemessen viel Raum wäre auch nicht schlecht.
Ich merke gerade, ich weiß gar nicht, ob diese Bestsellerliste eine Empfehlungsliste sein soll, also so etwas wie Buchkritiken in Kurzform, oder reine Berichterstattung, wie bspw. die aktuelle Bundesligatabelle.
Im ersteren Fall könnte man argumentieren, dass das sowieso unter die Meinungsfreiheit der Redaktion fällt; wenn die Redaktion der Ansicht ist, ein bestimmtes Buch nicht empfehlen zu können, ist es natürlich legitim, wenn sie das auch nicht tut.
Wäre trotzdem schlauer gewesen, zumindest den Hinweis: „Wollen wir nicht empfehlen.“ zu geben, vllt. auch noch mit einem Satz, warum.
Umgekehrt, wenn der Spiegel eine Buchbesprechung „Finis Gaudium“ (frei übersetzt: „Schluss mit lustig“) veröffentlichte, wo das Buch nicht nur verrissen, sondern zerfetzt wird, würde so ziemlich niemand von „Zensur“ reden.
Mal anders gefragt, angenommen, „Mein Kampf“ würde sich eines Tages wachsender Verkaufszahlen erfreuen, was wäre Ihnen lieber: Dass die Medien i. Allg. und der Spiegel insbesondere das thematisieren, oder dass sie das totschweigen?
Ach, ich sehe gerade, hinter einer Bezahlschranke hat der Spiegel tatsächlich eine möglicherweise ziemlich herbe Kritik des Buches stehen. Bzw. in der Papierversion.
Wohingegen die Liste selbst in den Buchhandlungen steht.
Transparent sieht durchsichtiger aus.
@62 – Terp: gut zu wissen. Diese dauernde Erwähnung eines angeblich syntaktisch fehlerhaften Titels nervt nämlich wirklich. Damit hat man wenigstens ein vernünftiges Argument zur Hand. Vielen Dank für die Info.
@64 – Earendil: da ich ja an einer vernünftigen und sachlichen Diskussion interessiert bin, werde ich Ihren ad hominem Angriff nicht kontern, aber darum bitten, so etwas in Zukunft doch zu unterlassen. Ich glaube, dass ist unter unser aller Würde. Danke.
Dann zum Thema, besser gesagt den von Ihnen gestellten Fragen:
1. Ist der Spiegel eine „zuständige“ oder gar „staatliche Stelle“?
Antwort: Ja, der Spiegel ist offensichtlich die für seine Bestsellerliste zuständige Stelle. Die Definition spricht zwar von „insbesondere staatlichen Stellen“, macht diese aber nicht zur notwendigen Voraussetzung.
2. Stellt eine Beurteilung und anschließende Entfernung von einer Bestsellerliste eine „Kontrolle und Überprüfung“ im Sinne der Definition dar?
Antwort: ja, denn die Definition spricht von einer Überprüfung auf bspw. politische Konformität hin, was hier eindeutig gegeben ist.
Daraus ergibt sich, dass es laut Definition des Duden sehr wohl Zensur ist.
Daraus ergibt sich NICHT, dass der Spiegel in irgendeiner Art und Weise mit staatlichen Zensur-Mechanismen wie bspw. in China, Nordkorea, der Türkei oder anderswo vergleichbar wäre.
Allerdings ist diese sehr verengende Definition von Zensur, der man heutzutage häufig begegnet zwar emotional nachvollziehbar, inhaltlich aber eben nicht korrekt, sofern man denn den Duden als Richtlinie für Definitionen ansieht. Natürlich kann man das verneinen, ist ja auch nicht vorgeschrieben, aber meiner Vermutung nach wohl eher Usus.
Um das ganze etwas zu verdeutlichen, könnte man auch Computerspiele oder Filme nehmen, die bspw. bei sexuellen Inhalten um diese Inhalte zensiert werden, nachdem von zuständiger Stelle (FSK, PEGI, etc.) der Inhalt auf sittliche Konformität geprüft wurde. Und da spricht man ja auch und völlig zurecht von Zensur.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass einige Begriffe einfach zu oft nur in einem Kontext gebraucht worden sind (Zensur als verkürzte Formel für staatliche Zensur) und damit ihre eigentlich weitaus offenere Bedeutung eingeengt wird, bis diese ursprünglichere Bedeutung als nicht gültig betrachtet wird. Das ist an sich ja nichts schlimmes, aber dann muss man eben durchaus vorher abklären, welche Definition eines Begriffes man zugrunde legt. Ich habe hier bisher tatsächlich aus praktischen Gründen den Duden als Richtlinie herangezogen und vielleicht in meiner Naivität erwartet, dass dieser auch für andere als Grundlage dient.
Selbstverständlich hat „Der Spiegel“ das Recht auf (s)eine eigene Meinung. Und wenn die Macher des Magazins der Ansicht sind, dass der Inhalt des Buchs „Finis Germania“ jenseits dessen ist, was man weltanschaulich ertragen kann, so fällt es unter das Hausrecht, das Buch aus der eigenen(!) Bestsellerliste zu streichen. Wohlgemerkt, es ist die SPIEGEL-Liste und nicht die Verkaufsrangliste des Deutschen Buchhandels oder die Top20-Liste von Amazon und Co.. Nach dem Eingriff ist diese Liste allerdings unglaubwürdig und ein Fall für die Mülltonne.
Nun sollte man wenigstens erwarten dürfen, dass eine substantielle Begründung für die doch ziemlich drastische Entscheidung angeben wird. Denkste. Nur einfach zu behaupten, das Werk sei „rechtsradikal, antisemitisch und geschichtsrevisionistisch“…Punkt, und das war’s dann, ist meines Erachtens ein bisschen wenig. Ich hingegen mutmaße einfach mal, dass die Aussagen von Sieferle dem Spiegel politisch/ideologisch nicht genehm sind und man mit seiner Bücherliste dem weltanschaulichen Gegner nicht auch noch höchstselbst Wasser auf seine Mühlen leiten will. Menschlich absolut verständlich, allerdings auch, so mein persönliches Empfinden, ziemlich kleingeistig, provinziell und unsouverän. Wer so verzagt handelt, agiert nicht mehr, sondern reagiert nur noch. Das ist letztlich ein Zeichen von Unsicherheit, Selbstzweifel und Selbstaufgabe. Wie armselig eigentlich, oder?
@MYCROFT #68
„Mal anders gefragt, angenommen, „Mein Kampf“ würde sich eines Tages wachsender Verkaufszahlen erfreuen, was wäre Ihnen lieber: Dass die Medien i. Allg. und der Spiegel insbesondere das thematisieren, oder dass sie das totschweigen?“
„Mein Kampf“ war nach der „Neuedition“ wochen-, ja sogar monatelang in den Bestsellerlisten sowohl des Spiegels als auch anderer Medien, ohne dass es anscheinend einer Entfernung bedurfte. Ich will hier keinen Link anfügen, eine kurze Suche bei Google ist völlig ausreichend. Seit 2010 lese ich den Spiegel nicht mehr und meine Meinung über dieses Blatt hat sich mit dieser Posse nur ein weiteres Mal vollumfänglich bestätigt.
@72 – Stefan Hofmeister: handelte es sich dabei aber nicht in der „Neuedition“ eben um eine kommentierte Ausgabe?
„Dann zum Thema, besser gesagt den von Ihnen gestellten Fragen:
1. Ist der Spiegel eine „zuständige“ oder gar „staatliche Stelle“?
Antwort: Ja, der Spiegel ist offensichtlich die für seine Bestsellerliste zuständige Stelle. “
Ich bin auch für den Inhalt meines Kühlschranks verantwortlich. Da ist kein Fleisch drin. Zensiere ich nun Fleisch?
Oder öffnen Sie den Begriff „Zuständigkeit“ so weit, das er alles und jeden betrifft, nur damit Sie „Zensur“ rufen können?
Man muss nicht jede Dummheit Zensur nennen. Das wertet den begriff nur ab.
@70 Dominic Zander
Gern geschehen. Es ist nämlich wirklich erstaunlich wie viele Leute meinen, mit ihren Lateinkenntnissen (die sich am Ende dann als rudimentär rausstellen), wegen des Titels einen Nebenkriegsschauplatz aufmachen zu können, à la „Der konnte ja noch nicht mal richtig Latein“ (prominentester Vertreter ist sicherlich Münkler) .
Fun fact in diesem Zusammenhang: Dass das Buch auf der Bestenliste gelandet war, habe ich zuerst bei Telepolis zur Kenntnis genommen, am 03.06. Thomas Appleton schrieb in einem Kommentar dazu, „als wir einst in heidelberg noch die schulbank drückten, waren seine lateinnoten besser als meine.“
https://www.heise.de/forum/Telepolis/Kommentare/Sachbuecher-des-Monats-Juni-2017/sieferle/posting-30484544/show/
@74 – Stefan Pannor: die Definition, die ich gebracht habe (und die nicht von mir, sondern aus dem Duden stammt) beinhaltet ja neben der bloßen Zuständigkeit auch eine Kontrolle, bspw. auf politische oder sittliche Konformität hin.
Auf Ihre Kühlschrank-Analogie werde ich indes nicht eingehen, da Ihnen sicher selbst klar ist, dass diese nicht wirklich greift.
Und ich öffne hier den Begriff ja gar nicht, sondern beziehe mich auf die Definition des Duden, der meiner Meinung nach immer noch eine durchaus reputabele Quelle darstellt.
Ist das die einzig mögliche und damit auch einzig richtige Definition? Selbstverständlich nicht. Aber wenn man abweichende Definitionen benutzt, dann sollte man diesen Umstand an den Anfang einer Diskussion stellen, damit allen Beteiligten klar ist, worüber man spricht, wenn man „Zensur“ sagt.
Oder um Ihre Argumentation mal umzudrehen: engen Sie den Begriff der Zensur so stark ein, dass er niemanden mehr trifft, nur damit niemand mehr von Zensur reden kann?
Und der Begriff wird damit ja nicht abgewertet. Ich weise nur daraufhin, dass er im eigentlichen Sinne nämlich gar nicht wertend, sondern beschreibend ist. Denn Zensur, und das mag jetzt ironisch klingen, ist aber ernst gemeint, kann durchaus sogar ein Akt der Meinungsfreiheit sein. Wie bspw. in dem hier vorliegenden Falle.
Zensur an sich ist auch – jedenfalls nach der von mir genutzten Definition – nichts Schlimmes, sogar teilweise sehr wertvoll. Eine Welt ohne Zensur würde nämlich bedeuten, dass jeder alles sagen und verbreiten kann. Aber auch die Meinungsfreiheit hat, wie alle Freiheiten auch ihre Grenzen und das ist gut so.
@75 – Terp: als jemand, der Latein unterrichtet, weiß ich leider zu gut, welche Probleme manch uneindeutige Form mit sich bringen kann. Gerade heute erst wieder passiert, dass das Wort „constitit“ zur allgemeinen Verwirrung geführt hat :-)
“ Stefan Pannor: die Definition, die ich gebracht habe (und die nicht von mir, sondern aus dem Duden stammt) beinhaltet ja neben der bloßen Zuständigkeit auch eine Kontrolle, bspw. auf politische oder sittliche Konformität hin.“
Die Definition stimmt. Sie wenden nur den etwas eigenwilligen Trick an, die Bedeutung der Begriffe der Definition so lange auszudehnen, bis die Definition zur Situation passt.
Nichts anderes habe ich mit meinem Beispiel ebenfalls getan.
Sie wollen Zensur wittern, wo nur Dummheit im Spiel ist. Sie wollen gegen Riesen kämpfen, wo nur Windmühlen stehen, und definieren darum Windmühlen so lange um, bis Sie sie Riesen heißen können.
Und ja, ich enge den Begriff der Zensur ein. Auf seine Bedeutung nämlich. Der SPIEGEL zensiert nicht (wen denn? sich selbst? Es ist seine eigene Liste, da könnte er auch zehn leere Tabellenplätze zeigen, wenn er will), und alles, wofür der SPIEGEL zuständig ist, ist er selbst. Ihre Vorstellung von „Zuständigkeit“ (ein Begriff aus dem Behördenrecht) ist absurd, außer Sie sehen im SPIEGEL ein staatliches Medienorgan bzw., wenn Sie den Begriff Zuständigkeit anwenden wollen, eine Behörde, die für Medienorgane zuständig ist.
Sie verrennen sich da in was wie wieland Don Q.
@77 – Stefan Pannor: erfreulich zu sehen, dass wir hier einer vernünftigen Diskussion näher kommen. Ein paar weniger Unterstellungen Ihrerseits bzgl. meiner Motivation und wir wären angekommen.
Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe (sollte ich falsch liegen, bitte ich um Entschuldigung und Klarstellung), verneinen Sie die Zuständigkeit des Spiegels für die Liste, womit dann tatsächlich keine Zensur vorläge.
Da ich ja die Duden-Definition benutzt habe, deren Richtigkeit Sie anerkennen, gehe ich davon aus, dass Sie auch weitere Definitionen des Dudens ebenfalls anerkennen. Auch hier gilt, sollte dem nicht so sein, bitte ich um Entschuldigung und Klarstellung.
Nun definiert der Duden Zensur als von „zuständiger“ Stelle ausgehend, und das ist ja – wie gesagt, sofern ich Sie richtig verstanden habe – das Stein des Anstoßes. Was sagt der Duden nun aber zum Wort „zuständig“?
zur Bearbeitung, Behandlung, Abwicklung von etwas berechtigt, verpflichtet, dafür verantwortlich; die Kompetenz für etwas besitzend; kompetent
Da ja der Spiegel die Liste angepasst hat, muss er zur Bearbeitung berechtigt sein, oder nicht? Damit ist er also per definitionem zuständig.
Zu Ihrer Frage wen der Spiegel denn da zensiert, haben Sie die korrekte Antwort mitgeliefert: sich selbst. Oder besser gesagt: seine eigene Bestsellerliste.
„un definiert der Duden Zensur als von „zuständiger“ Stelle ausgehend, und das ist ja – wie gesagt, sofern ich Sie richtig verstanden habe – das Stein des Anstoßes. Was sagt der Duden nun aber zum Wort „zuständig“? zur Bearbeitung, Behandlung, Abwicklung von etwas berechtigt, verpflichtet, dafür verantwortlich; die Kompetenz für etwas besitzend; kompetent
Da ja der Spiegel die Liste angepasst hat, muss er zur Bearbeitung berechtigt sein, oder nicht? Damit ist er also per definitionem zuständig.“
Checken Sie bitte den begriff „Zirkelschluß“, Sie sagen hier nichts anderes, als dass der SPIEGEL für die Listen des SPIEGEL zuständig sei.
Und, was Wunder, das ist er, so wie ich für den Inhalt meines Kühlschranks. Nach dieser Definition zensiert sich jeder, der sich dafür entscheidet, etwas nicht zu tun. Egal was, egal wann, egal wie, egal wo, egal wer. Das ist die offenste Vorstellung des Begriffes Zensur, die denkbar ist, denn sie betrifft sämtliches bewußtes Nicht-Handeln aller Menschen auf diesem Planeten in sämtlichen Lagen, zu dem man sich freiwillig entschließt.
Sorry, aber das ist argumentativ schlicht Kindergarten, hier versagt simple Logik, wenn jetzt schon Zirkelschlüße als Beweis herangeholt werden und der Begriff so weit geöffnet wird, dass er vollkommen beliebig wird.
Selbstzensur und Zensur sind im Übrigen nicht das gleiche. Selbstzensur ist eines der zwei Gegenteile von Zensur, nicht eine Unterform von Zensur, wie der Begriff impliziert. (Das andere Gegenteil ist selbstverständlich die Nicht-Zensur.) Der Begriff der Selbstzensur ist dabei wiederum zweischneidig, als sowohl Teil einer „Schere im Kopf“, mit der man wichtige Dinge nicht sagt, als auch Teil des zivilisierten Verhaltens, mit der man Dinge aus Gründen des Anstands nicht sagt. Selbstzensur ist also ebenfalls nicht per se zu verurteilen, im Gegensatz wiederum und erneut zu Zensur, die immer zu verurteilen ist.
Aber wie gesagt, um das alles gehts hier nicht, das Z-Wort ist in der Debatte absolut falsch. Es geht um Dummheit, blankes Ungeschick, verstörende Kurzsicht.
Ich stelle fest das Her Pannor entgegen der deutschen Leitkulturlinien und des Bayernplans illegalerweise Schweinefleisch in seinem Kühlschrank zensiert. Und Widerworte gibt er auch noch gegen den heiligen Duden. Das ist sicher auch Zensur.
@79 – Stefan Pannor:
Ich möchte noch einmal darum bitten, in der Sache sachlich zu bleiben und nicht auf solche unnötigen Kommentare wie „argumantativer Kindergarten“ zu verfallen. So wie ich hier nicht ausfallend werde, so erwarte ich in einer vernünftigen Diskussion das gleiche von den anderen Diskussionsteilnehmern. Ich hoffe, dass wir uns wenigstens darauf einigen können. Nötig haben Sie so etwas allem Anschein auch nicht.
Dann zum Thema: es gibt da zwei Dinge, die ich ansprechen möchte. Zum einen ist es kein Zirkelschluss, da ich nichts durch die Annahme seiner Richtigkeit beweise, was für einen Zirkelschluss notwendig ist.
Zum anderen vergessen oder ignorieren Sie, dass die von ihnen anerkannte Definition zweiteilig ist. Zum einen bedarf es einer zuständigen Stelle, zum anderen muss eine Überprüfung auf u.a. politische Konformität hin stattfinden. Diese findet in Ihrem Kühlschrank vermutlich nicht statt.
D.h. dass eben auch nicht immer, wenn man etwas nicht sagt oder tut, Zensur vorliegt, sondern nur dann, wenn man es deswegen nicht sagt bzw. tut, weil man es aus Gründen etwaiger Konformität nicht sagen bzw. tun will. Das ist dann das, was man Selbstzensur nennt.
Aber immerhin haben wir jetzt schon feststellen können, dass der Spiegel sehr wohl für die Bestsellerliste des Spiegels zuständig ist. Warum Sie dies erst verneinten, erschließt sich mir indes nicht. Dadurch wird eine Diskussion natürlich auch wieder etwas schwieriger, wenn Sie mitten in der Diskussion Ihre Argumentation um 180° drehen.
@Dominic Zander, #81
Nur besitzt Selbstzensur nun aber eine andere Qualität als (fremdbestimmte) Zensur und ist entsprechend auch anders zu bewerten. Stefan Pannor erwähnte das ja schon in #79. Gerade weil Selbstzensur, wie eben in der Spiegel-Bestsellerliste, nicht über den eigenen Kreis hinauswirkt. Niemand sonst, als man selbst, ist daran gebunden.
Man könnte Selbstzensur also einfach auch als Ausüben von Meinungsfreiheit begreifen. Wobei Zensur!-Rufe natürlich scheinbar wirkmächtiger daherkommen.
@82 – Zet: Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu und habe das ja in Teilen sogar auch schon genau so geschrieben (Zensur, in diesem Falle Selbstzensur, als Ausdruck von Meinungsfreiheit).
Und dass fremdbestimmte, gar staatliche, Zensur anders zu bewerten ist, als Selbstzensur, auch das habe ich schon angemerkt.
Mittlerweile glaube ich, auch verstanden zu haben, wo das Problem in dieser Kommunikation lag. Ich schreibe die ganze Zeit von Zensur an sich, weder von den Spezialfällen der Selbstzensur oder Fremdzensur (d.h. fremdbestimmte Zensur), während – so vermute ich – Herr Pannor vor allem Fremdzensur im Sinn hat. Ist das eventuell des Pudels Kern? Wenn ja, dann haben wir tatsächlich einfach vollends aneinander vorbei geredet.
Kurze andere Frage: gibt es für den Kommentarbereich irgendwo eine Beschreibung der Formatierungsoptionen (da ich gesehen habe, dass Sie ein Zitat als solches gekennzeichnet haben)?
@Dominic Zander
Es gibt leider (noch) keine Beschreibung der Formatierungsmöglichkeiten. Die üblichen html-Tags in spitze Klammern gesetzt sollten aber funktionieren.
@ Zet: Danke
@Dominic Zander, #83
Jetzt frage ich mich dann aber nur, warum man erst Zensur! ruft (ich will ihnen da nichts zuschreiben), wenn diese sich als banale Selbstzensur entpuppt? Zensur! klingt halt nur auf den ersten Blick wirkmächtiger.
„Das wird man ja noch sagen dürfen“ (gerade) als Bild-Schlagzeile war damals schon äh komisch.
—
Welche Relevanz hat die Spiegel-Bestsellerliste eigentlich auf dem Büchermarkt? Kann mir da jemand einen kurzen Crashkurs geben?
@Dominic Zander
Es fällt mir ehrlich gesagt nicht ganz leicht, auf Bemerkungen ad hominem zu verzichten, vor allem wenn Sie angeben, auch noch Lehrer zu sein. Kontextuelles Verständnis ist da ja eigentlich etwas, was man vermitteln soll und daher erstmal selber draufhaben muss. Aber gut, sehe ich’s lieber so, dass sich jeder mal in Fehldeutungen verrennen kann und das nicht automatisch ein Zeichen von Dumm- oder Bosheit ist.
Die Duden-Definition ist schon richtig (wenn auch nicht erschöpfend, aber das kann so eine knappe Wörterbuchdefinition auch kaum sein), nur ihre Anwendung ist falsch. Zuständige Stelle: Da fragt sich natürlich 1) wofür zuständig und 2) zusatändig in welchem Sinne. Beides lässt sich aus dem Kontext erkennen: Die Stelle muss natürlich weder für eine Spiegel-Liste noch für Herrn Pannors Kühlschrank, sondern für die Zensur, also die Kontrolle und Überprüfung von Medienerzeugnissen zuständig sein. Das ist der Spiegel nicht.
Weiterhin ist Zuständigkeit hier im gesetzlichen bzw. bürokratischen Sinne gemeint, weswegen der Hinweis „insbesondere staatliche“ eingefügt ist. Das heißt, es muss keineswegs eine staatliche Stelle sein, aber zumindest eine staatlich bzw. gesetzlich legitimierte. Beispiel: Für die Hygienekontrolle von Gaststätten sind die Lebensmittelüberwachungsämter zuständig, es könnten auch privatrechtlich organisierte beauftragte Stellen o.ä. sein. Die können bei erheblichen Mängeln einen Laden dichtmachen, das könnte man dann mit Zensur vergleichen. Nicht zuständig in diesem Sinne sind hingegen private Restaurantführer. Sollte eine Zeitschrift wie Essen und Trinken bspw. eine Liste der meistbesuchten Restaurants Berins veröffentlichen und daraus wegen Schmuddeligkeit eines streichen, wäre das keine Zensur, denn die Zeitschrift ist eben nicht zuständig.
Nun gibt es in Deutschland für alles Mögliche zuständige Stellen, aber nicht für Zensur. Im Gegenteil ist das nach Art. 5 (1) GG ausgeschlossen. In Teilbereichen kann man trotzdem die BPjM als Zensurbehörde ansehen, und wenn man das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als Zensur ansieht, werden damit die großen sozialen Netzwerke zu zuständigen Stellen für die Zensur in diesem Bereich. Der Spiegel hingegen ist in keinem Fall eine solche Stelle und kann damit keine Zensur ausüben.
@86 – Zet: man beachte hier bitte auch meinen Ton. Ich habe nämlich nie „Zensur!“ gerufen, sondern nur gesagt, dass – sofern man die Duden-Definition zugrunde legt, dieser Vorgang durchaus als Zensur betrachtet werden kann. Und das es aber durchaus auch andere legitime Ansichten dazu gibt. Ich finde es persönlich immer etwas schwierig, wenn man versucht – vor allem in Kommentar-Diskussion auf Webseiten – die Psyche und Motivation des anderen ergründen zu wollen.
@87 – Earendil: es ist schade, dass es Ihnen nicht immer leicht fällt, auf solche Argumente zu verzichten, denn sie sind immer ungültig und tragen nur dazu bei, das Diskussionsklima zu vergiften.
So, dann wieder zum Thema: die Frage danach was „zuständig“ jetzt bedeutet, ist legitim. Wenn man die Definition des Dudens anerkennt, dann sollte man den Duden auch für die Definition von „zuständig“ als Quelle anerkennen. Und aus dieser o.g. Definition ergibt sich sehr wohl eine Zuständigkeit des Spiegels für seine Liste. Ihre Darlegung ist eine – durchaus legitime – Interpretation, ergibt sich aber eben nicht zwingend aus der Definition. Es sei denn, Sie haben tatsächlich eine kommentierte Duden-Ausgabe, in der etwas anderes steht?
Es geht doch letztlich darum, dass meine Interpretation dessen, was dort steht sich am Wortlaut orientiert und eben keine Spekulation darüber enthält, was damit gemeint sein könnte. Ihre Interpretation orientiert sich aber eben genau daran. Beide Interpretationen sind legitim. Es geht hier um Sprache und Sprache ist i.d.R. nicht sehr eindeutig. Daher empfinde ich es als erst einmal sinnvollsten Weg, sich am Wortlaut zu orientieren und möglichst wenig zu interpretieren.
Das ist, wie gesagt, aber meine Vorgehensweise und ich sage nicht, dass diese die einzig richtige oder mögliche ist.
Ich glaube, ein großes Problem in dieser Diskussion ist der Wunsch einiger, mich einordnen zu wollen und meine Motive zu ergründen. Das ist nachvollziehbar und normales menschliches Verhalten. Aber man bedenke, dass das eben sehr schwierig ist, wenn man sich a) nur über Schriftsprache austauscht (Stichwort: nonverbale Kommunikation) und b) dieser Austausch auch sehr eingeengt auf ein einzelnes Thema ist.
Ich möchte daher Sie daher mal bitten, um zu kontrollieren, ob meine Vermutung richtig ist, was für ein Mensch ich Ihrer Meinung nach bin (politische Einstellung, etc.), da ich glaube, dass Ihre Interpretation meiner Person weit an der Realität vorbeigeht.
Earendil hat das eigentlich super erklärt, kein Grund, sich trotzdem an Wortspielereien aufzuhängen.
P.S.: ich bitte um Entschuldigung für die fehlerhafte Formatierung.
@89 – Stefan Pannor: ich persönlich empfinde es als sehr schade, dass Sie nicht akzeptieren können, dass der Begriff eben nicht eindeutig definiert ist und somit einer Interpretation unterliegt und es demnach mehrere Interpretationen gibt. Aber Sie gehen insgesamt ja auch nur sehr ungern auf Argumente und Fragen ein, stellen bloße Behauptungen und Mutmaßungen auf, gerieren sich als ferndiagnostisch hochbegabter Psychologe und sprechen einem der anerkanntesten Evolutionsbiologen ab, überhaupt Biologe zu sein. Und gleichzeitig meinen Sie im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein und dass einzig und allein Ihre Meinung und Interpretation richtig ist und sein kann. Das alles finde ich wirklich schade, da ich überzeugt bin, dass Sie ein viel intelligentere Mensch sind, als Sie hier durch Ihr Verhalten zeigen.
Zurück zum Thema, dass Herr Broder aufgedeckt hat und Herr Niggemeier weiter verbreitet hat: Der Spiegel hat manipuliert!
Da beißt die Maus keinen Faden ab. Da hilft uns auch keine Definition im Duden weiter
Die Expertisen zu Zensur grenzen ans Lächerliche. Da kann man gleich sagen, es sei keine Zensur, weil die nach GG „nicht stattfindet“, also kann es keine sein.
Wenn der Informant eine gewisse gesellschaftliche Bedeutung besitzt und sich selbst als Informationsvermittler darstellt, kann durchaus jede Informationsunterdrückung aufgrund bestimmter Intention als Zensur bezeichnet werden. So wird sie landläufig zurecht verstanden. Ein bestimmtes Joghurt nicht in seinen eigenen Kühlschrank zu stellen, hat damit nichts zu tun, auch nicht sein „Hausrecht“ auszuüben, das auch ein öffentlicher Veranstalter nicht hat – wollte er z.B. Türken oder Schwarzafrikaner von seiner Veranstaltung ausschließen.
Im Übrigen ist die hier beschworene „klassische“ Zensur mit bestimmten Zensor und als Vorzensur, da „Nachbesserungen“ ermöglichend, weniger eingreifend als manche „Nichtzensur“, die erst nach der Veröffentlichung greift und Autoren wie Verlage „bedauerlicherweise“ in den Bankrott führen kann.
@ Erkel, #92:
Um die Diskussion abzukürzen: Selbstzensur verhält sich zur Zensur wie Selbstmord zu Mord. Bei aller gerechtfertigten Kritik sollte man gegen ungerechtfertigte Kritik sein.
Die Manipulation des Spiegels ist schon deshalb weit von Zensur entfernt, weil Zensur darauf abzielt, bestimmte Informationen oder Gedanken _komplett_ zu unterdrücken. Das könnte der Spiegel nicht leisten, weil er nicht den Markt beherrscht. Das könnte – fiktives Beispiel – ein „Medienkartell“, also, wenn sich (praktisch) alle Medien einig wären, ein bestimmtes Buch komplett totzuschweigen. Oder halt eine Diktatur – unfiktives Beispiel – die bestimmte Journalisten verhaften lässt und Medien stilllegt.
@Herr Erkel, #92:
Die Manipulation wird von niemanden hier bestritten.
Es wird auf dem Unterschied zwischen Selbstzensur und Zensur herumgeritten, der analog ist zu dem zwischen Selbstmord und Mord.
Oder meinetwegen wie der zwischen „schlüpfrige Sprüche bringen“ und „eine Vergewaltigung begehen“.
Weil die eine Sache sehr viel schlimmer ist als die andere, sollte man die eine nicht mal metaphorisch als Begriff für die andere nehmen.
Herr Zander, man kann alles frei interpretieren, wenn man will. Dabei bleibt die Kommunikation auf der Strecke.
Sie können also gern Zensur so offen wie irgendmöglich definieren, aber es muss Ihnen niemand dabei folgen. Sie können auch glauben, ein Begriff sei nicht eindeutig bestimmt – auch dabei muss Ihnen niemand folgen.
Sie führen dann eben einen eigenen Monolog in einer eigenen Sprache, und keiner versteht Sie.
@93 – Stefan Pannor: zum einen sollte man mit der Verwendung von Allquantoren sehr vorsichtig sein, zum anderen interpretiere ich es ja nicht einfach so, wie ich es tue, sondern bringe Argumente dafür. Das ist ein entscheidender Unterschied.
Und natürlich muss mir niemand folgen, man kann sich doch aber darüber austauschen, eben um auch herauszufinden, wie es zu diesen unterschiedlichen Interpretationen kommt. Das finde ich persönlich sehr spannend. Ich habe hier durchaus sinnvolle Argumente für eine engere Interpretation gehört. Und ich habe jederzeit und wiederholt gesagt, dass andere Interpretationen möglich und legitim sind.
Eine Kommunikation bleibt aber auch und vor allem dann auf der Strecke, wenn man den Standpunkt einnimmt, dass man selbst in jedem Falle recht hat und der Gegenüber falsch liegt und sich dann einem Austausch von Argumenten derart verwehrt, dass jedes Argument des Gegenübers sofort als falsch oder ungültig erklärt wird. Ich weiß, dass mir das auch passiert, auch wenn ich versuche, diesen Fehler möglichst zu vermeiden.
Dann bitte zukünftig auch die wirren Titel des Klopp-Verlags streichen…
@Dominic Zander / #88
„Es geht doch letztlich darum, dass meine Interpretation dessen, was dort steht sich am Wortlaut orientiert und eben keine Spekulation darüber enthält, was damit gemeint sein könnte.“
Mit Verlaub, aber für jemanden, der Sprache unterrichtet, zeigen Sie ein bemerkenswert unterentwickeltes Bewusstsein für selbige. Ihr Verständnis von „Wortlaut“ ist leider das landläufige: Sie ignorieren den Kontext und suchen sich aus dem Bedeutungsfeld eines Wortes den Bereich aus, der Ihrer Deutung entspricht. (Denn selbstverständlich deuten Sie auch, sonst könnten Sie die Aussage, die Entfernung von Finis Germania aus der Spiegel-Bestsellerliste stelle eine Zensur im Sinne der Duden-Definition dar, gar nicht treffen.)
Sie schrieben, Sie unterrichten Latein. Wenn jemand in einer Klausur ein Wort nicht so übersetzt, wie es der Satzkontext erfordert, folgen Sie dann auch dem Argument, dass man das Wort ja auch (in anderem Kontext) anders übersetzen könne?
Ihre Lesart der Definition ist im gegebenen Kontext eben nicht möglich, das habe ich imho hinreichend dargelegt.
„Und aus dieser o.g. Definition ergibt sich sehr wohl eine Zuständigkeit des Spiegels für seine Liste.“
Ja, eben. Der Spiegel ist für seine Liste zuständig, so wie Restaurantführer für ihre Empfehlungen und Herr Pannor für seinen Kühlschrank. Aber keiner von denen ist für Zensur zuständig, und darum geht es.
Zudem kann so eine knappe Definition wie gesagt nie erschöpfend sein. Einen anderen wesentlichen Aspekt hat Mycroft ja schon erwähnt: Zensur zielt darauf ab, Informationen zu unterdrücken. Dazu ist der Spiegel im vorliegenden Fall gar nicht in der Lage (wie schon der Verkaufserfolg des Buches zeigt), noch ist das mutmaßlich seine Absicht. Die Redaktion wollte lediglich den Erfolg des Buches nicht noch damit befördern, dass es auf seiner Bestsellerliste erscheint. Mit der Entfernung hat sie allerdings das Gegenteil erreicht.
@99 – Earendil:
„Sie ignorieren den Kontext und suchen sich aus dem Bedeutungsfeld eines Wortes den Bereich aus, der Ihrer Deutung entspricht. „
Was Ihnen so vorkommt wie das Ignorieren des Kontextes ist vielmehr mein Versuch, möglichst wenig Deutung einzubringen, sondern erst einmal zu versuchen, den Begriff möglichst neutral zu fassen.
Wenn jemand in einer Klausur ein Wort nicht so übersetzt, wie es der Satzkontext erfordert, folgen Sie dann auch dem Argument, dass man das Wort ja auch (in anderem Kontext) anders übersetzen könne?
Nein. Denn der Kontext ist ja durchaus wichtig, wenn man einen Kontext hat. In dieser Diskussion geht es aber rein um die Bedeutung eines einzelnen Begriffes. Wenn ich sie also fragte, was ein bestimmtes Wort, bspw. „finis“ übersetzt heißt, dann gäbe es ja eben genau nicht die einzelne richtige Antwort.
Denn Sprache ist eben nicht eindeutig. Daher ist es wichtig, sich bei streitbaren Begriffen auf eine Definition zu einigen. Die Duden-Definition ist halt durchaus relativ frei. Wenn man die Definition der Bundeszentrale für politische Bildung zugrunde läge, sähe es anders aus. Aber bisher wurde die Duden-Definition ja hier allgemein anerkannt.
Ihre Lesart der Definition ist im gegebenen Kontext eben nicht möglich, das habe ich imho hinreichend dargelegt.
Und genau hier widerspreche ich Ihnen. Ich halte meine Lesart sehr wohl für möglich und habe das imho hinreichend dargelegt. Wie gesagt, andere Definitionen von Zensur sind möglich und legitim. Aber die Duden-Definition beschreibt Zensur halt sehr weit, wenn man eben dem Wortlaut des Dudens folgt.
Ja, eben. Der Spiegel ist für seine Liste zuständig, so wie Restaurantführer für ihre Empfehlungen und Herr Pannor für seinen Kühlschrank. Aber keiner von denen ist für Zensur zuständig, und darum geht es.
Im Duden steht einzig, dass Zensur von einer zuständigen Stelle ausgehen muss. Wenn ich Sie richtig verstehe, ist Ihrer Meinung nach damit eine für Zensur zuständige Stelle gemeint, richtig? Wenn ja, dann ergäbe sich doch aber, dass Zensur als von einer für Zensur zuständigen Stelle ausgehend definiert würde und die Definition den Begriff selbst enthielte, was dann ein Zirkelschluss wäre (im Gegensatz zu dem, was Herr Pannor dafür hält).
Zensur zielt darauf ab, Informationen zu unterdrücken. Dazu ist der Spiegel im vorliegenden Fall gar nicht in der Lage (wie schon der Verkaufserfolg des Buches zeigt), noch ist das mutmaßlich seine Absicht.
Davon steht nicht ein Wort in der Definition und es braucht schon sehr viel Phantasie, dass so zu deuten. Vom Zwecke der Zensur wird nicht gesprochen. Natürlich kann man den Zweck mit in eine mögliche Definition einbinden, dagegen spricht ja nichts, aber im Fall des Dudens hat man – warum auch immer – darauf verzichtet.
Eventuell können wir diesen Streit beilegen, indem wir einfach akzeptieren, dass die Duden-Definition nicht geeignet ist, Zensur so zu definieren, wie man es i.d.R. tut, nämlich als staatlich gelenkte Unterdrückung unliebsamer Informationen (um es mal etwas freier auszudrücken). Das ist in meinen Augen eine vernünftige und legitime Definition.
@ Dominic Zander
Ja, vielleicht beim nächsten Mal doch lieber Wikipediadefinitionen verwenden. ;)
@101 – Telemachos:
Ob das das Problem vermieden hätte? Aber der Artikel zur Zensur in der Wikipedia ist ganz interessant, da dort nämlich auch auf verschiedene Definitionen/Interpretationen des Begriffes eingegangen wird.
@ Dominic Zander
Die Frage kann ich nicht für Sie beantworten. (Mangels Gedankenlesen.)
Der Wikipediaartikel veranschaulicht allerdings meiner Meinung nach, wieso es zu dieser, wie Sie es nennen würden, „Verengung“ des Zensurbegriffs kommt. Es liegt einfach daran, dass Zensur im Sinne unseres Rechtssystems verstanden wird. Ich finde das grundsätzlich positiv.
„der es mit zweifelhaften Mitteln auf die Bestenliste der „Sachbücher des Monats“ gesetzt hatte. “
.
Wie bitte?
Welche „Mittel“ ?
…und was war an seiner Nominierung „zweifelhaft“ ?
Das klingt, (und soll wohl auch so klingen, schließlich ist unser Nigge Journalist) als hätte sich der Juror Saltzwedel illegal eingeschlichen und ein Verbrechen… ?!?
@Dominic Zander / #100
„Wenn ich Sie richtig verstehe, ist Ihrer Meinung nach damit eine für Zensur zuständige Stelle gemeint, richtig?“
Ja was denn sonst? Ansonsten wäre der Passus doch völlig sinnfrei, denn für irgendwas ist schließlich jeder zuständig.
Es handelt sich auch nicht um einen Zirkelschluss, sondern um eine Eingrenzung des Begriffs (also das, was eine Definition leisten soll): Es muss (mindestens) eine dafür zuständige Stelle geben, damit eine Zensur vorliegt.
@Klaus D. Mueller: Herr Saltzwedel hat das Buch auf die Bestenliste gebracht, indem er alle seine verfügbaren Punkte auf ein einziges Buch vereint hat, statt sie wie sonst üblich auf mehrere Titel aufzuteilen. Das ist zwar nicht wirklich verboten, aber ebenso unüblich wie unerwünscht, weil die Liste eine Art Konsens oder Mehrheitsmeinung der Jury darstellen soll, nicht eine Sammlung erratischer Einzelmeinungen (sonst könnte auch einfach jede Jurorin ihr momentanes Lieblingsbuch auf die Liste setzen). Das dürfte Herr Niggemeier mit „zweifelhaften Mitteln“ gemeint haben.
@103 – Telemachos:
Ganz meine Meinung. Problematisch hier ist es, wenn man aber eine andere – weiter gefasste – Definition anerkennt und gleichzeitig verneint, dass diese weiter gefasst ist, anstatt diesen Umstand einfach zu sagen „Unsere Definition ist aber enger gefasst“. Nicht dass ich darauf nicht schon zigfach hingewiesen hätte.
@104 – Klaus D. Müller:
Welche „Mittel“ ?
…und was war an seiner Nominierung „zweifelhaft“ ?
Das Mittel war, bei der Nominierung entgegen des sonst üblichen Gepflogenheiten alle Punkte diesem einen Buch zu geben. Zweifelhaft an der Nominierung war, dass eben ein solch durchaus kritisch zu sehendes Buch durch ein von üblichen Gepflogenheiten abweichendes Nominierungsverhalten ausgewählt wurde.
„Unser Nigge“ hat diesen Artikel zwar gar nicht geschrieben, hilft aber gerne mit der Beantwortung der Fragen.
Das Zweifelhafte war (wie im Text geschildert), dass Saltzwedel die Punkte, die er als Juror vergeben kann, nicht wie erwünscht auf mehrere Bücher verteilte, sondern auf ein Buch konzentrierte. Dadurch schaffte er wohl allein, das Buch an allen anderen Juroren vorbei auf die Liste zu bringen.
(Vielleicht vor dem Empören erst Lesen & Verstehen.)
Was mir Angst macht: Der Spiegel will über eine Welt berichten, wie er sie sich wünscht und nicht über eine Welt, wie sie ist.
Was mir Angst macht: Kommentatoren, die eine Bestsellerliste mit der gesamten Berichterstattung gleich setzen.
Eine Definition sollte immer so konkret wie möglich sein – sie bezieht sich ja auf ein konkretes Ding. Das ist ihr Kontext, sie im Rahmen einer wie auch immer gewünschten Neutralität von jedem Kontext zu befreien, beraubt sie ihrer Funktion.
Wobei der Begriff „Neutralität“ sowieso kompletter Humbug ist im Kontext dieser Debatte. Eine Definition beschreibt, was etwas ist, sie ist weder neutral noch nicht-neutral, sondern Erklärung in Bezug auf ein Faktum. Der Versuch, genau diesen Kontext zu entfernen, macht die Definition beliebig, wie wir hier sehen.
@105 – Earendil:
Es handelt sich auch nicht um einen Zirkelschluss, sondern um eine Eingrenzung des Begriffs (also das, was eine Definition leisten soll): Es muss (mindestens) eine dafür zuständige Stelle geben, damit eine Zensur vorliegt.
Die Frage ist, wofür zuständig? Ich weiß, dass das jetzt nicht einer gewissen Ironie entbehrt, aber Sie ignorieren den Kontext. Nämlich den Kontext innerhalb der Definition, indem Sie einen wichtigen Teil bei der Betrachtung weglassen. Daher wiederhole ich sie nochmal:
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse
Konformität
Es handelt sich also um eine Kontrolle oder Überprüfung von u.a. Druckwerken auf u.a. politische/sittliche Konformität durch eine für diese Kontrolle bzw. Überprüfung zuständige Stelle.
Also müssen wir jetzt fragen ob:
a) eine Kontrolle oder Überprüfung auf o.g. erfolgt ist und
b) ob der Spiegel für die Kontrolle bzw. Überprüfung seiner Liste zuständig ist
Beide Fragen sind zu bejahen. Damit liegt Zensur im Sinne des Dudens vor.
Es liegt hingegen keine Zensur im Sinne des Grundgesetzes vor, denn dort wird eine andere, engere, Definition genutzt.
Es wird, anders als im Duden, nämlich rechtsstaatlich auch zwischen der im GG ausgeschlossenen Vorzensur und der durchaus erlaubten Nachzensur unterschieden, was der Grund ist, warum die BPjM überhaupt nachzensieren darf.
Im Duden stehen ganz viele Worte nicht drin. Nach Ihrer eigenwilligen Lesart wäre das Zensur seitens des Duden.
Der Duden im Unterschied zu Gesetzbüchern gibt die Definition im Sprachgebrauch wieder, ggfs. differenziert nach Umgangssprache, Fachsprache, Mundartvarianten usw., und der mögliche metaphorische Gebrauch eines Wortes wird damit gar nicht erfasst.
Die Leute der Spiegelbestsellerliste werden nicht für’s Zensieren bezahlt, bei exakter Auslegung sind sie nicht dafür zuständig, ergo trifft die Dudendefinition nicht zu. Falls Sie sagen, dass das eine Metapher ist, wo typischerweise nicht alle Definitionen der konkreten Bedeutung zutreffen, stellt sich die Frage, ob’s nicht vllt. trotzdem eine Nummer kleiner geht.
Das gilt sinngemäß auch bei Aussagen wie: „Brutaler Angriff auf Grundrechte.“ – „Vergewaltigung der Pressefreiheit.“ und dergleichen mehr.
@122 – Stefan Pannor:
Im Duden stehen ganz viele Worte nicht drin. Nach Ihrer eigenwilligen Lesart wäre das Zensur seitens des Duden.
Einfache Frage: wenn der Duden das Wort „rechtsradikal“ nicht aufführte, weil die Redaktion aus politischen Gründen der Meinung wäre, dieses Wort gehöre nicht in den Duden, wäre das für Sie Zensur?
@113 – Mycroft:
Die Leute der Spiegelbestsellerliste werden nicht für’s Zensieren bezahlt, bei exakter Auslegung sind sie nicht dafür zuständig, ergo trifft die Dudendefinition nicht zu.
Wie schon dargelegt spricht die Definition eben nicht von einer für Zensur zuständigen Stelle, sondern von einer für Kontrolle und Überprüfung. Es reicht eben nicht aus, dass der Titel nicht vorkommt, sondern er muss aus Gründen der u.a. politischen Konformität bewusst ausgelassen werden.
Die Definition besteht, und ich wiederhole mich da sehr gern, da es offenbar doch nicht so einfach zu verstehen ist, aus zwei Teilen. Einerseits, dass die Kontrolle durch eine für die Kontrolle zuständige Stelle geschieht und dass die Kontrolle aus o.g. Gründen geschieht. Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: der Grund für die Kontrolle ist entscheidend.
@Stefan Pannor #109
Vollkommen klar: Zensur ist ein Kavaliersdelikt, wenn’s „nur“ um die Manipulation einer Bestsellerliste geht. .
Dass die Zensur heimlich stattfindet und eigentlich gar nicht bemerkt werden sollte, ist – ja was eigentlich? Bestimmt kein Symbol für journalistische Aufrichtigkeit. Das aber wiederum ist für mich das Kriterium, mit dem ich ein Medium messe.
Was sind Ihre Kriterien?
Zusatz: Journalistische Aufrichtigkeit ist ein Kriterium, es gibt natürlich noch andere mehr.
@ Zander, #114:
Welchen Grund hatte die Spiegelredaktion, die Spiegelliste zu kontrollieren?
Offenbar, den, dass es ihre Aufgabe ist, die Liste und alles andere im Heft zu kontrollieren. Hier hat sie eine Information zurückgehalten, weil diese spezielle Information auch als Empfehlung verstanden wird und die Redaktion diese spezielle Empfehlung nicht aussprechen wollte.
Soweit wir das überblicken können, ist nicht der Grund gewesen, für politische oder sonstige Konformität zu sorgen, wie’s im Duden steht.
Oder es geht die ganze Zeit um Konformität, weil der Spiegel uns seit Jahren und Jahrzehnten sagt: „Kauft diese Bücher, los, werdet konform mit unserer Liste!“
Kann ich nicht völlig ausschließen, es kommt mir aber nicht so vor.
@117 – Mycroft:
Hier hat sie eine Information zurückgehalten, weil diese spezielle Information auch als Empfehlung verstanden wird und die Redaktion diese spezielle Empfehlung nicht aussprechen wollte. Soweit wir das überblicken können, ist nicht der Grund gewesen, für politische oder sonstige Konformität zu sorgen, wie’s im Duden steht.
Guter Punkt. Also müssen wir jetzt überprüfen, ob die Kontrolle aus Gründen der bspw. politischen Konformität geschehen ist. Daraus resultiert natürlich die wichtige Frage, was Konformität eigentlich bedeutet. Der Duden sagt dazu: Übereinstimmung mit der Einstellung, dem Verhalten der andern
Hat der Spiegel das Buch entfernt, weil es nicht mit deren (politischer) Einstellung übereinstimmt? Ich würde sagen, dass der Spiegel das sehr deutlich bejaht hat.
Hundshopp, es liegt keine Zensur vor.
@mycroft
versteh ich das richtig, dass es ganz okay ist, wenn der Spiegel Informationen zurückhält, mit dem Argument, sie könnten als Empfehlung verstanden werden? Wie weit darf die Redaktion denn dabei gehen, wenn sie uns zu unmündigen Lesern erklärt? Vor allem, gibt es noch andere Argumente, die es ebenfalls rechtfertigen, Nachrichten, Ergebnisse, Studien und Tabellen zu manipulieren?
Stefan Pannor, was sind Ihre Kriterien für Zensur? Heimlich entfernen, ist was?
@hundshop, #121
Ist es zu viel verlangt auch die Kommentare in dieser Kommentarspalte zu lesen?
@Hundshop,
ich halte es keineswegs für in Ordnung, dass der Spiegel Informationen zurückhält. Bzw., weil das schon eine Mischung aus Informationsweitergabe und Empfehlung ist, hätte ich es extrem besser gefunden, wenn der Spiegel in dem einen Fall Info und Empfehlung getrennt hätte.
Wenn er eine Rating-Kolumne hätte: „Die beliebtesten Urlaubsziele der Deutschen.“ in dem die Türkei vorkäme, weil da der Schnitt der letzten drei Jahre zugrunde liegt, der Spiegel aber der Ansicht ist, dass er einen Türkei-Urlaub wg. der derzeitigen politischen Lage dort nicht empfehlen könne, würde er vermutlich auch nicht einfach so tun, als gäbe es keine Türkei, sondern erklären, wie das Ranking zustande kam, warum die Türkei auf Platz x steht, und weshalb man das nicht als Empfehlung verstehen solle, aber natürlich niemandem verboten werde, in die Türkei zu fahren. Jedenfalls vom Spiegel nicht.
@ Zander:
Ich werde nicht konformer, nur weil ich ein bestimmtes Buch in einer Empfehlungsliste nicht finde, so einflussreich diese Liste auch sein mag. Ich gehe auch nicht davon aus, dass Spiegel-Abonnenten irgendwie Konformisten sind, bzw., dass der Spiegel sie zu Konformisten erziehen will, dafür sind die Bestsellerbücher zu entgegengesetzt. Ein Buch über Naturheilkunde und eines über den posthumanen Kyborg. Ja, watt denn nu?
Es ist ein Unterschied, ob jemand sagt: „Ihr dürft dieses Buch nicht lesen!“ oder: „Ihr dürft dieses Buch lesen, aber ich will da keine Gratis-Werbung für machen.“
Nebenbei, weil wir als cis-humane Bio-Menschen keine Gedanken lesen können, und wir also nicht wissen, ob die Spiegelleute uns vllt. doch alle gleichschalten wollen, gilt bei solch harten Vorwürfen weiterhin in dubio pro reo. Auch wenn’s nicht strafbar wäre.
@123 – Mycroft:
Darf ich fragen, was genau Sie unter Konformität verstehen? Ich glaube, da gehen unsere Meinung auseinander. Schade, dass die Duden-Sprachberatung echt 2€/min kostet, sonst würde ich da mal anrufen und die Frage von zuständiger Stelle (konnte ich mir jetzt nicht verkneifen) klären lassen.
Und ja, es ist natürlich ein Unterschied, ob man es verbietet oder eben entscheidet keine Gratis-Werbung mehr dafür zu machen. Es geht mir ja auch gar nicht darum, den Spiegel als böses zensurwütiges Medienorgan darzustellen, sondern nur darum, dass man es nach Duden-Definition (meiner Interpretation nach) als Zensur bezeichnen kann. Aber eben keine Zensur im schlechten Sinne, sondern als bewusste, legale und legitime Entscheidung gegen dieses Buch und dessen Inhalt.
Und als ich schrieb, dass die Spiegel-Redaktion durchaus bejaht hat, aus Gründen politischer Konformität gehandelt zu haben, meinte ich damit eben deren Aussage, es entfernt zu haben, weil es antisemitisch und geschichtsrevisionistisch sei (ich glaube, es gab noch ein drittes, mir entfallenes Adjektiv).
Wie gesagt, ich möchte hier in keiner Weise sagen, dass das bloße Entfernen des Buches aus der Liste schlimm oder böse gewesen wäre (auch wenn die Kommunikation dieses Vorgangs naiv bis dilettantisch war).
Konformität heißt bei mir Gleichförmigkeit. Bzw., ich bin mir ziemlich sicher, dass das damit in der Duden-Definition von „Zensur“ gemeint ist, und ich bin mir sehr sicher, dass der Spiegel keine Konformität in dieser Hinsicht anstrebt.
Und das ist der Grund, warum hier viele gegen den Begriff sind, obwohl sie quasi alle diese Spiegelaktion ablehnen; die ganzen Lügenpresse-Vorwürfe, die Diskussionen über Alternative Fakten oder die drohende Gleichschaltung durch das internationale linksgrünversiffte Gutmenschentum (ich übertreibe nur unwesentlich) sind im Grunde ein einziger Zensurvorwurf. „Man“ wolle durch manipulierte Medien die Leute zu konformen Menschen erziehen, indem „man“ ihnen bestimmte relevante Informationen vorenthält und andrerseits andere Informationen vortäuscht. Wie in einer klassischen Diktatur, wo die Diktatur die Presse und Bücher und Theater und Unis und was nicht alles kontrolliert, um die Leute konform zu halten. Oder „auf Linie“.
Aber, mit Verlaub, wenn ich a) mitkriege, dass es Manipulationen gibt, b) darüber öffentlich diskutieren kann und c) das vermeintlich zensierte Buch ganz einfach kaufen könnte, dann kann ich nicht „auf Linie“ gehalten werden, dann ist das keine Diktatur, und dieser generelle Vorwurf somit so offensichtlich falsch, dass es schon fast albern ist.
Trotzdem gibt es die Lügenpresserufer, die sich jetzt bestätigt sehen und sich als Helden gegen die Unterdrückung und Zensur feiern. Sie verstehen sicher, warum manche davon mehr als nur genervt sind.
@125 – Mycroft:
Konformität heißt bei mir Gleichförmigkeit. Bzw., ich bin mir ziemlich sicher, dass das damit in der Duden-Definition von „Zensur“ gemeint ist, und ich bin mir sehr sicher, dass der Spiegel keine Konformität in dieser Hinsicht anstrebt.
Dass der Spiegel diese Art von Konformität nicht anstrebt, da würde ich Ihnen zustimmen. Allerdings, wenn man schon über Duden-Definitionen spricht, dann sollte man doch auch deren Definition von Konformität nutzen, und die lautet, wie oben schon zitiert:
Übereinstimmung mit der Einstellung, dem Verhalten der andern, was ja auch wieder sehr viel weiter gefasst ist, als Ihre Definition. Und dieses Verständnis von Konformität vorausgesetzt hat der Spiegel durchaus auf politische Konformität hin kontrolliert, oder nicht?
Ob man diese Definitionen akzeptiert, ist dabei natürlich eine andere Frage, eben weil sie sehr viel weiter gefasst sind, als das, was man normalerweise darunter versteht. Darauf weist der Duden übrigens auch explizit hin.
„Nicht Finis Germania lesen.“ kommt mir etwas zu allgemein und unspezifisch vor, als dass ich das als „konform“ gelten lasse, sonst würde „mag Leberkäse“ oder „ist Nichtraucher“ auch als „konform“ gelten.
Selbst so Sachen wie „gegen Antisemitismus sein“ ist ja nur ein Aspekt von sehr vielen, die die politische Einstellung ausmachen.
Weiterhin bezweifle ich, dass jemand aufhört, Antisemit zu sein, nur weil er dieses Buch nicht liest. Oder dass jemand wegen eines Buches plötzlich Antisemit werden würde.
Und dass der Spiegel Konformität anstrebt, bezweifeln Sie selbst. D.h., weder der Intention nach, noch der Folgen nach, erzeugt das Konformismus, insofern ist das keine Zensur im Sinne von „konformitäterzeugend“.
Persönlich halte ich das für so einen völlig gescheiterten Versuch, sich gut zu finden. „Wir empfehlen dieses Buch nicht, also sind wir tolle Menschen!“ ist ungefähr so selbstgerecht und spießig wie: „Wir sagen nicht ‚Arschloch‘, das macht uns moralisch überlegen.“
Neee, selbst wenn es kein kompletter Knieschuss wird.
@127 – Mycroft:
Ah, jetzt sehe ich das Problem. Wir reden tatsächlich aneinander vorbei. Sie interpretieren die Definition – sofern ich Ihren Text richtig verstehe – so, dass der Zweck der Zensur darin besteht, Konformität zu erzeugen.
Ich hingegen interpretiere die Definition „Überprüfung auf Konformität“ derart, dass geschaut wird, ob das Überprüfte mit den eigenen Ansichten übereinstimmt, also mit diesen konform ist.
In einem Punkte muss ich aber definitiv widersprechen: natürlich sinkt die Wahrscheinlichkeit antisemitische Tendenzen und Überzeugungen zu entwickeln, wenn man weniger mit solchen konfrontiert wird.
Ob es ein Versuch war, sich selbst als toll hinzustellen, weiß ich nicht. Für mich scheint es eher so, dass man Angst hatte, am Ende als Werbe-Plattform für ein rechtes Buch dazustehen und dafür dann Kritik zu ernten, was ja heutzutage sehr schnell und i.d.R. über soziale Netze auch sehr heftig passieren kann. Vielleicht ist es auch beides.
Konformität mit den eigenen Ansichten kann sein, muss aber nicht:
Wenn man der eigenen Bevölkerung einreden will, auf der anderen Seite der Mauer lebten nur Faschisten, liegt das nicht notwendigerweise daran, dass man selbst das glaubt.
Aber jut.
Ich halte die meisten Erwachsenen für sehr gefestigt in ihren Ansichten; einfach nur ein Buch lesen, ändert da wenig dran, und das Filterblasenphänomen beschreibt ja, dass man sich eher die Bücher passend zu den eigenen Ansichten kauft als umgekehrt.
Gibt’s bei der Spiegelliste Präzedenzfälle, wo er kritisiert wurde, weil da ein fragwürdiges oder sehr umstrittenes Buch stand?
@129 – Mycroft:
„Ich halte die meisten Erwachsenen für sehr gefestigt in ihren Ansichten; einfach nur ein Buch lesen, ändert da wenig dran, und das Filterblasenphänomen beschreibt ja, dass man sich eher die Bücher passend zu den eigenen Ansichten kauft als umgekehrt.“
Unterschätzen Sie nicht die Macht, die solche Bücher haben können. Es gibt psychologische Studien, die sehr stark belegen, dass Menschen tatsächlich anfangen Aussagen zu glauben, die für offen erkennbar falsch sind, und von ihnen selbst auch anfangs als falsch eingeordnet wurden, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Die menschliche Vernunft ist leider zu oft zu einfach zu überlisten.
Zumal es ja neben gefestigten Erwachsenen noch Jugendliche gibt, die leichter zu beeinflussen sind (auch wenn mir bewusst ist, dass der Bücherkonsum der Jugendlichen in diesem Land diese Gefahr etwas entschärft).
“ Und dieses Verständnis von Konformität vorausgesetzt hat der Spiegel durchaus auf politische Konformität hin kontrolliert, oder nicht?“
Der Satz bzw. die Frage tut im hiesigen Kontext wirklich weh.
Sie schießen mit Kanonen auf Mücken, und es wirkt ein wenig so, als ob Sie wirklich glauben, dies sei der Zweck von Kanonen.
@131 – Stefan Pannor: haben Sie auch irgendwelche Argumente vorzubringen? Was soll der Zweck dieses Posts sein? Konstruktiv ist er in keinster Weise. Nicht zum ersten Male.
Ijre Frage, die ich zitiert habe, ist so wahnwitzig überhöht, dass die Ebene des Konstruktiven längst verlassen wurde.
Dass sich da jemand einfach dämlich angestellt hat, ist weiterhin aus Ihrer Sicht auszuschließen? Das würde die Debnatte andernfalls nämlich angenehm erden.
@Zander,
wenn jemand eine bestimmte Aussage ablehnt, wird er oder sie sich nicht wieder und wieder dieser Aussage aussetzen, bis er sie glaubt.
Insbesondere wird sie oder er kein oder nur sehr wenig Geld für Bücher ausgeben, deren Inhalte ihn oder ihr nicht gefallen.
Ja, ich bin der Ansicht, dass es keinen Schaden gegeben hätte, wenn „Finis Germania“ in der Spiegel-Liste gestanden hätte, es hätte vllt. „Anfragen“ gegeben, aber auch das hätte man eleganter lösen können.
Und wenn Sie „Zensur“ so allg. definieren, dass das heißt: „Zeitungsartikel werden von der Redaktion bearbeitet, weil die Zeitung mit den Ansprüchen der Leserschaft konform gehen muss.“ dann ist „Zensur“ ein kürzeres Wort für „Redaktionsarbeit“. Das wäre aus verschiedenen Gründen sinnlos.
@133 – Stefan Pannor:
Ich zitiere mich mal selbst aus Post 34: „[…] durch diese selten dämliche Aktion des Spiegels […]“
Natürlich war die Aktion des Spiegels dämlich und offenbart in meinen Augen auch eine unglaubliche Naivität. Wie Sie darauf kommen, dass ich jemals ausgeschlossen hätte, dass dieser Vorgang dämlich gewesen sei, kann ich nicht nachvollziehen. Wie genau kommen Sie zu dieser Annahme?
@134 – Mycroft:
Ob dieses Buch jetzt einen großen Effekt gehabt hätte, ich weiß es nicht, ich glaube es nicht. Ausschließen kann und will ich es aber eben auch wieder nicht. Aber hier betreten wir den Bereich der subjektiven Einschätzung.
Im Übrigen definiere nicht ich den Begriff so, sondern habe die Duden-Definition zitiert, als eine mögliche Definition, nach der der hier besprochene Vorgang eben doch als Zensur bewertet werden kann. Anstatt also die Prämisse, es sei Zensur, direkt abzulehnen, verfolge ich den Ansatz, die daraus abgeleiteten Schlüsse anzusehen und diese zu kritisieren, eben weil der Begriff der Zensur dem Anschein nach nicht so eindeutig ist, dass man die Prämisse unbedingt ablehnen kann.
Ich kann nachvollziehen, warum Sie glauben, dies wäre meine Definition, aber ich habe an keiner Stelle gesagt, dass ich persönlich das ebenso sehe. Daher habe ich immer wieder und zigfach darauf hingewiesen, dass dies a) die Duden-Definition ist und b) es noch andere, ebenso legitime gibt.
@Dominic Zander / #111
„Es handelt sich [bei Zensur] also um eine Kontrolle oder Überprüfung von u.a. Druckwerken auf u.a. politische/sittliche Konformität durch eine für diese Kontrolle bzw. Überprüfung zuständige Stelle.“
Ja. Was ich die ganze Zeit schreibe.
„Also müssen wir jetzt fragen ob: […]
b) ob der Spiegel für die Kontrolle bzw. Überprüfung seiner Liste zuständig ist“
Bestreitet auch niemand. Aber er ist eben NICHT für die „Kontrolle oder Überprüfung von u.a. Druckwerken auf u.a. politische/sittliche Konformität“ zuständig! Und unter anderem darum liegt hier eben keine Zensur vor – nicht nach Duden, nicht nach Wikipedia, nicht Grundgesetz.
@136 – Earendil:
Okay, da der Spiegel für die Kontrolle bzw. Überprüfung seiner Liste zuständig ist, auf was genau kontrolliert bzw. überprüft er diese Liste denn, insbesondere wenn er ja Bücher entfernt, die er aus politischen Gründen ablehnt?
„Zensur“: Eine angebrachte Beschreibung des Vorgangs oder irreführende Kampfpropaganda?
Einfach mal durchwinken und dann ohne begleitende Rechtfertigungsgymnastik rückübersetzen/weiterverwenden. In diesem Fall also:
„Das Buch „Finis Germania“ wird/wurde in Deutschland zensiert.“
Dritten diese Aussage vorlegen und von diesen erläutern lassen, welchen Vorgang sie vermuten.
Das Ergebnis dürfte klar sein. Welche Absichten hinter solcher Bedeutungsüberdehnung stecken, auch. Altbekannte Extremisten-Selbstviktimisierungstaktik.
Gnaaaaaaa……
Wenn ein Journalist in einem Artikel „Scheiße“ schreibt, und der Redakteur ersetzt das durch „Mist“, könnte man das bei weitester Übernahme der Dudendefinition als „Zensur“ bezeichnen, weil damit scheinbar die sittliche Konformität, nicht „Scheiße“ zu sagen, erreicht werden soll.
Wie gesagt, wenn man den Begriff so versteht (seitens der Dudenredaktion oder Ihrerseits), trifft der Begriff auf jede Redaktion zu, zumal der Duden offenbar keine abschließende Aufzählung „politische, sittliche, religiöse“ Konformität meint, sondern jede denkbare.
@138 – Mycroft:
Exakt. Aber anscheinend haben einige hier mehr Spaß daran nicht etwa diese sehr offene Definition zu kritisieren, sondern lieber mich, der sie bloß zitiert.
Daher ist es meiner Meinung nach sinnlos, den „Zensur!“-Rufern bloß zu entgegnen, dass das keine Zensur sei (da dies erkennbar auf die verwendete Definition ankommt), sondern klar zu machen, dass deren Schlussfolgerung „Der Spiegel zensiert -> Lügenpresse“ nicht zulässig ist, sondern dass diese Form der Zensur – Selbstzensur – erlaubt (d.h. legal) und zulässig (d.h. legitim) ist. Dazu hatte hier aber wohl kaum jemand Lust; eine böswillige Motivation unterstellend hatte man sich lieber auf einen angenommenen „Feind“ konzentriert. Schade.
Seufz. Ich geb’s jetzt auf.
Herr Zander, Sie versteifen sich seit Tagen auf diese Definition. Die übrigens nicht sinnlos ist, sondern nur von Ihnen dämlichst möglich ausgelegt wird. Wobei da inzwischen vielleicht doch der Endpunkt erreicht ist.
Es ist durchaus erschöpfend, tagelang mit jemandem über Duden-Feinsinnigkeiten zu debattieren, die dieser Jemand offenbar nur anführt, weil jemand anders sie so verstehen könnte oder auch nicht.
Eine Scheindebatte.
@140 – Earendil: schade, dass es Ihnen nicht möglich ist, einfachste Fragen zu beantworten.
@141 – Stefan Pannor: sofern ich mich richtig erinnere, gab es hier doch durchaus die Rufe, es sei Zensur. Dazu habe ich nur geschrieben, dass man das – gemäß der von mir zitierten Definition – durchaus so sehen kann. Die Debatte entstand einzig und allein daraus, dass u.a. Sie sich der Tatsache verweigern, dass es durchaus legitim ist, diesen Vorgang als Zensur zu bezeichnen. Das Problem liegt darin, dass Sie Ihre persönliche Interpretation des Begriffs als einzig mögliche betrachten und jede andere als Unsinn abtun, anstatt sich mit den daraus ergebenen Schlussfolgerungen zu beschäftigen. Dass Sie dabei immer wieder auf Beleidigungen und anmaßende Unterstellungen verfallen, macht die Sache nicht besser.
Niemand hier kam jemals auf die Idee zu sagen „Okay, diese Interpretation ist möglich, auch wenn ich sie nicht teile“, sondern alle versteiften sich darauf, mir irgendwie einen Fehler in der Argumentation nachzuweisen. Und das, obwohl ich diese Lösung der Debatte immer wieder angeboten habe. Niemand war dazu bereit.
Natürlich hätte ich auch an jeder Stelle diese Debatte beenden können, hat sie mich nicht erschöpft, im Gegenteil, ich empfand sie als sehr interessant und belebend.
Aber es hat sich – nicht nur in den Kommentaren hier – für mich klar gezeigt, dass vor allem Sie in keinster Weise in der Lage sind, Ihre z.T. völlig absurden Unterstellungen und Annahmen zu reflektieren, selbst wenn man Ihnen nachweist, dass Sie falsch liegen. Sie ignorieren dann einfach, dass das passiert ist. Von Einsicht fehlt in meinen Augen jede Spur. Auch hier: schade.
Sehr geehrter Herr Zander,
wenn Sie Selbstzensur mit Zensur gleichsetzen, ist das so, als würden Sie Selbstmord mit Mord gleichsetzen. Hatte ich, glaube ich, schon irgendwo geschrieben.
Ihre extrem Allgemeine Interpretation der Dudendefinition hapert u.a. daran, dass das Wort Zensur seltenst so allgemein verwendet wird. Insbesondere habe ich bei denjenigen Spiegel-Kritikern, die von Zensur reden, im großen und ganzen nicht den Eindruck, dass die Ihre allg. Interpretation der Dudendefinition meinen, sondern die engere, auf „unserer“ Interpretation basierende, die nicht legal oder legitim wäre.
Wieso ich den Eindruck habe, werden Sie jetzt fragen? Weil die Härte der Kritik nur dann angemessen wäre, wenn diese Interpretation zuträfe. (Also dass die Regierung oder ein bundesweites Medienkartell sich gegen Finis Germania verschworen hätte.)
Wenn Sie einem Lügenpresserufer sagen würden, dass es legal und legitim sei, wenn der Spiegel seine eigene Liste „zensiert“, und das ganze deshalb kein Fall von Lügenpresse sei, dann wird der Ihnen sagen, dass er auch nicht behauptet hätte, dass es verboten sei, und dass das auch gar nicht verboten sein könnte, weil die linksgrünversiffte Regierung das ja so haben wolle. Und Lügenpresse sei es trotzdem, weil Tatsachen verschwiegen würden. (Und letzteres ist tatsächlich ein besseres Argument als Ihres…)
@143 – Mycroft:
„wenn Sie Selbstzensur mit Zensur gleichsetzen, ist das so, als würden Sie Selbstmord mit Mord gleichsetzen. Hatte ich, glaube ich, schon irgendwo geschrieben.“
Ich setze Selbstzensur nicht mit Zensur gleich. Ich sage nur, dass nach der von mir genannten Definition Selbstzensur ein Sonderfall der Zensur ist. Um mal bei Analogien zu bleiben: wenn ich sage, dass ein Quadrat auch ein Rechteck ist, sage ich nicht, dass beide Formen identisch sind, ich setze also nicht gleich.
In welchem Sinne die „Zensur!“-Rufer den Begriff verwenden, maße ich mir nicht an zu entscheiden, da ich als cis-humaner Bio-Mensch keine Gedanken lesen kann. Dem Rest Ihrer Vermutungen kann und ich werde ich zustimmen, aber es bleiben eben nur Vermutungen.
Herr Zander,
es gibt auch eine Definition von Wurst, bei der Tofuwurst ein Sonderfall von Wurst ist. Und es gibt eine, bei der sie das nicht ist, sondern etwas grundsätzlich anderes.
Die meisten „Zensur“- oder „Lügenpresse“-Rufer machen es ziemlich deutlich, was sie damit meinen, und sie hätten keinen Grund zu lügen, wenn sie eigentlich etwas anderes meinten, von daher brauche ich da keine Telepathie.
Aber Herr Zander, jetzt doch nochmal ein klitzekleiner persönlicher Angriff? Ich bin entrüstet…
(Wenn jemand eine Frage nicht beantwortet, kann es auch sein, dass dieser jemand die Fragestellung unsinnig findet, aber nach mehreren Runden argumentativen Kreisverkehrs keine Lust mehr hat, die Gründe dafür darzulegen.)
Ich habe übrigens neulich aus politischen (und Platz-) Gründen ein paar Bücher aus meinem Regal aussortiert. Damit habe ich mich nun nach ihrer exklusiven Dudeninterpretation der Zensur schuldig gemacht. Schlimm.
@146 – Mycroft:
Also auf der einen Seite möchten Sie sich nicht anmaßen über die Motivation der Spiegelredaktion (die dazu noch veröffentlich wurde) zu mutmaßen, auf der anderen Seite können Sie aber die Motivation der Lügenpressen/Zensur-Rufer eindeutig bestimmen. Sehe nur ich da den Widerspruch?
@147 – Earendil:
Nun, wenn Sie ohne Angriffe nicht auskommen. Ist zwar schade, aber ich kann damit leben.
„Damit habe ich mich nun nach ihrer exklusiven Dudeninterpretation der Zensur schuldig gemacht“ (Herv. durch mich)
1. Ist das nicht wirklich meine Interpretation (wie schon mehrfach deutlich gemacht), sondern einer meiner Ansicht nach mögliche
2. Woher wissen Sie, dass (selbst wenn es meine Interpretation wäre) niemand anderes so interpretiert?
Nachtrag: außerdem ist es doch erstaunlich, dass Sie dann zwar einerseits die von mir als möglich angesehen Interpretation nutzen, gleichzeitig aber die zwingende Schlussfolgerung ignorieren, dass eine solche Interpretation eben den Begriff der Zensur nicht wertet, d.h. dass es eben nicht per se schlimm ist zu zensieren. D.h. Sie vermischen Ihre und die von mir vorgeschlagene Interpretation.
@Zander, #148;
ob NUR Sie darin einen Widerspruch sehen, weiß ich nicht.
In dubio pro reo, auch außerhalb des Gerichtssaales.
Ich will der Spiegelredaktion keine übleren Motive unterstellen, als sie selbst zugibt, weil es dafür keine Beweise oder Indizien gibt, und weil es außerdem auch abwegig wäre, diese üblen Motive auf diese Weise zu erreichen.
Bei den „Zensur-“ und „Lügenpresse“-Rufern unterstelle ich zu deren Gunsten das „negative“ Zensur-Verständnis, weil deren Reaktion sonst so gar nicht gerechtfertigt wäre. Und weil das negative das „normale“ Verständnis ist (Sie behaupten, ein neutrales Verständnis von Zensur sei möglich. Haben Sie irgendwelche Belegstellen, wo das Wort offenbar so verwendet wurde?). Und weil zumindest bei den ausführlicheren Vorwürfen i.d.R. klar ist, dass das nicht „neutral“ gemeint sein kann. Oder als Metapher.
Aber da hätten Sie auch selbst drauf kommen können.
@150 – Mycroft:
Also unterstellen Sie zwar dem Spiegel keine „keine übleren Motive“, aber sehr wohl den „Zensur!“-Rufern. Das ist zwar an sich erst einmal nicht zu beanstanden, aus den von Ihnen genannten Gründen, doch dann sollte man das auch so kommunizieren.
Und wie gesagt, Zensur kann sehr wohl als Oberbegriff für u.a. Vorzensur, Nachzensur, staatliche Zensur, Selbstzensur, etc. verstanden werden. Siehe dazu auch die BKS bei Wiki: https://de.wikipedia.org/wiki/Zensur
Ich unterstelle beiden Gruppen keine übleren Motive als die angegebenen Motive. Der einen, dass sie keine Zensur betreiben, der anderen, dass sie niemanden wegen einer harmlosen Zensurdefinition derartig heftig kritisiert.
@152 – Mycroft:
Nehmen wir mal das Beispiel hier. Ich glaube, es war Richard Ott, der ursprünglich von Zensur geschrieben hatte und dann von Karl Busch dafür kritisiert wurde, nicht verstanden zu haben, was Zensur ist. Und jetzt bitte ich Sie, den Teil der Beiträge von Herrn Ott zu zitieren, in dem er ausdrücklich von Zensur in dem von Ihnen unterstellten Sinne schreibt. Immerhin schreiben Sie ja von „angegebenen Motive[n]“.
„Pedanterie ist ein Zustand, an dem sich entweder der Mangel entschädigt oder die Fülle beruhigt. Wie Perversität ein Minus oder ein Plus ist. Hinter dem Pedanten steht zuweilen ein Phantast, der Stützpunkte sucht, um es so recht sein zu können. Pedant ist nicht nur, wer im Außen lebt, sondern auch einer, der sich außen schützt, um sich besser zu verlieren.“ (Karl Kraus)
Herr Ott schrieb zuerst nicht von Zensur, sondern von Bücherverbrennung.
Er wertet das Verhalten des Spiegels also eindeutig negativ, wobei ich das teilweise für ironische Überspitzung halte: „natürlich streng antifaschistisch.“
Es kann ja sein, dass er das nicht genau _so_ meinte wie ich, aber wenn jemand – Ironie hin oder her – Zensur im Zusammenhang mit Bücherverbrennungen sieht, ist „Zensur“ jedenfalls nicht in Ihrem Sinne gemeint.
Aber wenn Herr Ott noch mitliest und sich von mir völlig falsch verstanden fühlt, mag er mich bitte korrigieren.
Nachdem ich also Ihre Frage beantwortet habe: haben Sie ein Beispiel, wo Zensur nicht negativ konnotiert wird?
@155 – Mycroft:
Siehe die Wiki-BKS, die Zensur eindeutig als neutralen Oberbegriff für verschiedene Unterbegriffe auffasst, u.a. auch Selbstzensur nennt.
Interessant ist aber, dass Sie also nicht in der Lage sind, Ihre Behauptung nur „angegebene Motive“ zu unterstellen, zu belegen.
@154 – Theo:
Interessantes Zitat, aber was wollen Sie damit sagen (nicht, dass ich keine Ahnung hätte, aber ich für meinen Teil unterstelle ungern).
@Mycroft, #155
Kinder- und Jugendschutz, vielleicht? Bedient sich auch stellenweise zensurähnlicher Maßnahmen, würde ich aber zumindest nicht generell negativ betrachten. Natürlich muss man auch Kinder- und Jugendschutz kritisch begleiten und immer wieder ausbalancieren.
Das Herr Ott das Motiv hatte, das Spiegelverhalten mit Bücherverbrennungen zumindest zu „assoziieren“, um das etwas allgemein zu formulieren, geht Ihrer Meinung nach nicht aus seinen Angaben hervor? Okeeeeee….
Kinder- und Jugendschutz ist Kinder- und Jugendschutz. Gewisse Zensurähnlichkeiten sind zwar vorhanden, aber das war’s schon.
Ich kann mir aber vorstellen, dass Erwachsene etwas beleidigt wären, wenn der Spiegel sie wie Kinder und Jugendliche behandelt, insofern wäre das immer noch negativ.
Kinder- und Jugendschutz wird auch nur dann als Zensur bezeichnet, wenn er kritisch gesehen wird. Der Begriff Zensur ist im heutigen Sprachgebrauch eindeutig negativ konnotiert.
Ja, er hat das assoziiert. Das habe ich auch nie in Frage gestellt. Aber er hat nie explizit angegeben, dass er den Begriff Zensur in dem Sinne nutzt, wie Sie unterstellen und das allein war die Frage. Bitte nicht ablenken.
Das sind nicht nur Ähnlichkeiten, das ist Zensur. Und zwar im Sinne der Nachzensur und damit erlaubt. Also noch deutlicher als in diesem Fall, kann es kaum sein. Denn immerhin kontrolliert dort eine staatliche Stelle, deren einzige Aufgabe eben diese Kontrolle ist, ob gewisse Medien mit den Gesetzen zum Jugendschutz konform gehen.
Zum ersteren, ich habe Ihre Frage so interpretiert, dass sie wissen wollten, ob ich anhand dessen, was Herr Ott explizit gesagt hat, erkennen könne, ob er Zensur in meinem Sinne verwendet. Und da ist meine Antwort, dass er es vllt. nicht _genau_ in „meinem“ Sinne, aber ziemlich sicher nicht in „Ihrem“ gemeint hat. Aber Sie haben insofern recht, es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er das Wort doch in „Ihrem“ Sinne verwendet oder verstanden wissen will. Ist jetzt aber egal:
Wenn er es in meinem Sinne verwendet, assoziiert er eine gefährliche Sache mit Bücherverbrennungen, wenn er es in Ihrem Sinne verwendet, assoziiert er eine harmlose Sache mit Bücherverbrennungen.
In dubio pro reo gehe ich deshalb davon aus, dass er meine Interpretation meint, weil dann seine Übertreibung nicht mehr so schlimm ist.
Zu zweiteren: Dass Medien mit den Gesetzen zum Jugendschutz konform gehen, heißt ja nicht, dass die Jugendlichen zueinander konform gehen sollen. Aber dessenungeachtet, selbst die Erwachsenen, die „Zensur“ bei Kindern und Jugendlichen als positiven oder wenigstens wertneutralen Begriff verwenden, fänden es trotzdem ziemlich sicher nicht positiv, wenn sie wie Kinder und Jugendliche behandelt werden würden.
Insofern möchte ich meine Frage präzisieren, haben Sie ein Beispiel, wo jemand im Zusammenhang mit dieser Spiegelaktion diese „Zensur“ nennt oder meinetwegen Formulierungen wie „wie Zensur“ oder „zensurartig“ verwendet, und das erkennbar neutral oder positiv meint? Oder alternativ Stellen, wo das Ganze mit Jugendschutz in Verbindung gebracht wird?
@Dominic Zander, #160
Das ist aber schon etwas albern, oder nicht? Kontext und Wort/Sprachbilder, etc. müssen natürlich auch betrachtet werden, ich kann doch nicht nur das nehmen, was explizit ausgeschrieben oder ausgesprochen wird, vorallem ist das selten immer eindeutig, wenn der Kontext weggelassen wird.
@161 – Mycroft:
1. Damit ist also gezeigt, dass Ihre Aussage „Ich unterstelle beiden Gruppen keine übleren Motive als die angegebenen Motive.“ nicht zutrifft. Dass Sie das ganze dann mit einem „ist jetzt aber egal“ quittieren, ist doch sehr bedenklich, da das ja gerade ein Streitpunkt war.
2. Wollen Sie jetzt wirklich darauf verfallen subjektive Kategorien wie „schlimm“ und „gefährlich“ in einer sachlichen Debatte zu nutzen? Seine Übertreibung ist nicht „schlimm“ und wird auch durch Ihre Interpretation nicht „weniger schlimm“. Jedenfalls nicht objektiv. Demnach ist Ihr Argument ungültig.
3. „in dubio pro reo“ ist ein Rechtsgrundsatz. Aber nicht der einzig existierende. Es gibt nämlich auch den in Deutschland zur Anwendung kommenden Grundsatz „in dubio pro duriore“. Sie können nicht einfach einen Rechtsgrundsatz, der für Strafprozesse gilt, beliebig auf jede Interpretation anwenden und erwarten, dass jeder Ihnen dabei folgt. Demnach ist Ihr Argument ungültig.
4. Sie verstehen anscheinend nicht, was „auf Konformität kontrollieren“ bedeutet. Damit ist eben nicht gemeint, dass auf einen konformitätserzeugenden Charakter überprüft wird, sondern ob das zu Kontrollierende bspw. konform mit deutschem Recht ist. Demnach ist Ihr Argument ungültig.
5. Wie Erwachsene es finden, wenn sie wie Kinder behandelt würden, spielt in dieser Diskussion absolut keine Rolle. Demnach ist Ihr Argument ungültig.
6. Nein, dazu habe ich keine Belege. Aber natürlich können Sie Ihre Frage jetzt immer wieder beliebig neu definieren/präzisieren, bis Sie das erhoffte Ergebnis bekommen. Als sinnvoll für eine sachliche Diskussion sehe ich das jedoch nicht an.
@162 – Zet:
An sich gebe ich Ihnen recht, aber hier kommt es auch auf den Kontext an (diese Ironie beim Thema Kontext ist großartig). Dieser beginnt in Beitrag #145, in welchem ich schreibe, dass ich mir nicht anmaßen will, zu entscheiden, wie jemand etwas gemeint haben könnte und zitiere dabei Mycroft, der in Beitrag #123 nämlich mit gleichen Worten geschrieben hat, nicht über die Motive des Spiegels entscheiden zu können.
Daraus ergab sich dann die Debatte darüber, warum Mycroft diesen doppelten Standard anwendet, einerseits auf Vermutungen zu verzichten, andererseits aber nicht. Und dann schrieb Mycroft, dass er nur unterstellt, was auch angegeben ist. Daher ist es in diesem Kontext notwendig und sinnvoll dermaßen pedantisch zu sein, da es den Kern der Debatte ausmacht.
Ansonsten haben Sie natürlich recht.
1. das Motiv, wenn man etwas in Form eines Postes mit Bücherverbrennungen assoziiert, ist wohl, dass man zeigen will, dass man das mit Bücherverbrennungen assoziert. Bisschen trivial, ja. Theoretisch hätte das auch sehr ironisch gemeint gewesen sein können, so dass sich Herr Ott z.B. über die Kritiker lustig macht, indem er deren Kritik ins Extrem überhöht, aber das hätte er im weiteren Verlauf vermutlich gesagt, als er explizit danach gefragt wurde. (D.h., meine Interpretation muss nicht stimmen, ist aber den Umständen nach fair.)
2. wenn Ihnen das Wort „schlimm“ nicht gefällt, ist das ein sehr subjektiver Einwand.
3. ich kann in der Tat nie erwarten, dass jeder meinen Argumenten folgt. Aber nehmen wir halt Kants kategorischen Imperativ. Weil ich mir wünschen kann, dass meine Aussagen im Zweifel nicht mehr zu meinem Nachteil interpretiert werden, als es der Formulierung nach möglich ist, interpretiere ich die Aussagen anderer auch nicht mehr zu deren Nachteil, als möglich ist. D.h., ich wähle die Interpretation, die den Betroffenen jeweils am wenigsten zum Nachteil gereicht. Das kann natürlich falsch sein, weil eine Interpretation sowieso immer etwas subjektiv ist, oder weil jemand seine Aussage mit Absicht unverfänglich formuliert, oder weil ich mich einfach irre, aber es ist jedenfalls nicht unfair den anderen gegenüber, so kann sich keine beschweren.
4. Das ist jetzt _Ihre_ Interpretation. Dann wäre aber Korrekturlesen auch Zensur, weil da auf Konformität mit dem Duden kontrolliert wird. Ich halte es für abwegig, dass der Duden das meint, weil es quasi keine Beispiele gibt, wo jemand „Korrekturlesen“ ironiefrei als „Zensur“ bezeichnet (die Schulnote ist noch was anderes), und der Duden die Sprache beschreibt; ergo meint er entweder nicht, dass Korrekturlesen Zensur ist, oder er meint es doch, und die Dudendefinition ist generell schlecht.
5. Ihr Argument war, dass Kinder- und Jugendschutz ein Beispiel von nicht-negativ gemeinter Zensur sei. Selbst, wenn das akzeptiere, und weiterhin akzeptiere, dass zumindest einige „Zensur“-rufer eigentlich „Jugendschutz“-rufer wären, wäre das in vorliegendem Zusammenhang immer noch abwertend, weil dann damit gesagt wird: „Der Spiegel behandelt uns nicht wie Erwachsene.“
6. Sie haben eine Interpretation der Dudendefinition, aber keine Belege, dass diese Interpretation schon mal Verwendung fand? Okeeeee…….
@Dominic Zander, #164
Wenn man jetzt aber wirklich pedantisch herangeht, kann man sehen, dass Mycroft nur von „angegebenen Motiven“ (#145) schreibt, Sie das aber durch „ausdrücklich“ (#153) und „explizit“ (#160) einschränken, also den Kontext und Sprachbilder herausnehmen, die gemeinhin für das Verständnis von Motiven nötig ist.
Es gibt übrigens noch den Ehrschutz als Beispiel für Nachzensur, die in diesem Zusammenhang nicht notwendigerweise negativ verstanden wird. Denken Sie bspw. an Klatschblätter, Unterlassungserklärungen, entsprechende Gerichtsprozeße, etc.
Um nicht mißverstanden zu werden: Soweit ich das beurteilen kann, ist der Begriff „Zensur“ weit überwiegend bis ausschließlich negativ besetzt. Daran ändern auch Jugend- und Ehrschutz nichts, da kaum jemandem beim Themenkomplex „Zensur“ diese als erstes einfallen.
@Zet: da haben Sie recht. Aber im Kontext von „angegebene Motive“ vs. „unterstellte Motive“ sehe ich das als gerechtfertigte Interpretation an. Aber ja, ich muss den gleichen Maßstab auch an mich anlegen, da habe ich zu viel interpretiert.
@Telemachos: also bei Zensur denke ich durchaus auch an die BPjM und kenne einige, die bei davon betroffenen Werken durchaus von Zensur sprechen. Daher würde ich dem „überwiegend“ zustimmen, das „ausschließlich“ aber verneinen.
@Mycroft:
Thema wieder verfehlt.
Der Hinweis, dass Wertungen wie „schlimm“ oder „gefährlich“ subjektiv sind, ist für Sie ein subjektiver Einwand? Tut mir leid, aber das ist dermaßen absurd, dass ich wirklich fragen muss, ob Sie das ernst meinen oder einfach nicht wissen, was eine subjektive Kategorie ist?
Folgen wir Ihrer Argumentation: Sie sagen also, dass es für Herrn Ott am wenigsten nachteilig ist, wenn Sie seinen Kommentar so interpretieren, dass er als ungültiger „Zensur!“-Ruf verstanden werden kann, anstatt als neutraler Einwand. Offensichtlich gehen da unsere Interpretation, was „nachteilig“ bedeutet weit auseinander.
Nein, das ist keine Interpretation, das ist die Bedeutung der Wendung „auf etwas kontrollieren“. Sie allein haben aus dem Nichts daraus „darauf kontrollieren, dass etwas erzeugt wird“ gemacht.
Wo ist da der Zusammenhang? Ganz ehrlich, Sie verrennen sich in immer abstruseren Argumenten. Sie haben folgendes geschrieben:
„[…] heißt ja nicht, dass die Jugendlichen zueinander konform gehen sollen. Aber dessenungeachtet, selbst die Erwachsenen, die „Zensur“ bei Kindern und Jugendlichen als positiven oder wenigstens wertneutralen Begriff verwenden, fänden es trotzdem ziemlich sicher nicht positiv, wenn sie wie Kinder und Jugendliche behandelt werden würden.“
Wie gesagt, es ist völlig egal, wie die Erwachsenen es finden. Sie haben ja recht, dass Erwachsene das nicht gut finden, obwohl es passiert. Filme werden zum Teil auch dann zensiert, wenn ihre zensierte Version ab 18 Jahre freigegeben ist. D.h. auch für Erwachsene gilt diese Art der Zensur.
Ich habe noch, extra für Sie, in den Duden geschaut. Leider fand ich keine Erwähnung des Spiegels in der Definition von Zensur.
Im Ernst: der Beleg, dass Zensur durchaus auch nicht negativ, d.h. neutral bis positiv wertend genutzt wird (bspw. im Sinne der Nachzensur bei der BPjM), ist erbracht. Danach hatten Sie ursprünglich gefragt. Dann haben Sie es darauf eingeengt, dass bzgl des hier erläuterten Vorgangs um das Buch „Finis Germania“ der Begriff der Zensur wertneutral genutzt wird.
Es ist für die Frage, ob Zensur auch als neutraler Begriff benutzt werden kann nicht entscheidend, ob das im Umfeld der Causa „Finis Germania“ geschehen ist.
Ich möchte Sie indes noch einmal inständig darum bitten, in Zukunft auf weitere eristische Strategeme zu verzichten. Ich unterstelle nicht, dass Sie diese absichtlich oder gar böswillig einsetzen, aber Sie setzen sie ein und das erschwert eine vernünftige Diskussion extrem.
Ja, wie auch immer. Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch. Wenn ein Wort praktisch nie für eine bestimmte Sache verwendet wird, ist diese Sache also nicht die Bedeutung des Wortes
1. Filme werden andauern geschnitten, so wie Zeitungsartikel andauernd auf Tippfehler untersucht werden, und praktisch niemand nennt das dann Zensur.
2. Eine Szene mit viel Sex und/oder Gewalt zu entfernen, obwohl der Film dadurch keine niedrigere Freigabe erhält, kann verschiedene Gründe haben. Typischerweise den, dass die Szene einfach Mist ist, und Regie, Produktion oder sonstwer das dem Publikum lieber doch nicht zeigen will. Das ist so ähnlich, wie ein Buch nicht zu empfehlen, das man für sehr schlecht hält.
Drittens, Erwachsene, die in dem Zusammenhang von „Zensur“ sprechen, finden das wohl eher negativ. Ich kenne keinen einzigen Erwachsenen, der es mag, wenn man ihm/r wie Kinder und Jugendliche behandelt, vulgo bevormundet. Und das hat sehr wohl mit dem Thema zu tun, weil es belegt, dass die Verwendung des Wortes „Zensur“ im Zusammenhang mit wieauchimmer geschnittenen Filmen auch negativ sein kann.
Offenbar gibt es mindestens zwei Leute, die Jugendschutz und Richtigstellungen als „Zensur“ bezeichnen und das dann nicht negativ meinen, das sind Sie und Telemachos. Dem stehen eine Menge Leute mehr gegenüber, die Jugendschutz und Richtigstellungen nie als „Zensur“ bezeichnen, und das Wort nur auf Dinge anwenden, die sie für negativ halten. _Und_ es gibt Leute, die Jugendschutz und/oder Richtigstellungen „Zensur“ nennen, WEIL sie das negativ meinen.
Wenn von sagen wir 100 Leute nur zwei „Zensur“ gelegentlich auch neutral oder positiv meinen, und der Rest immer negativ, ist schon rein statistisch damit zu rechnen, dass ein zufälliger I-Net-User – hier oder anderswo – es negativ meint, wenn er „Zensur“ sagt. Weiterhin, wenn die beiden Bereiche, wo Ihnen zufolge positive Verwendungen zumindest vorkommen können, jugendgefährdende Medien und Richtigstellungen sind, und es sich hier um beides nicht handelt (es ist definitiv keine Richtigstellung, und das Buch ist nicht indiziert worden), ist das immer noch kein Argument, wieso jemand im Zusammenhang mit dem Spiegelvorgang das Wort positiv gemeint haben könnte.
Und drittens, meinen Sie, Herrn Ott hielte Bücherverbrennungen für ähnlich ok wie Jugendschutz und/oder Richtigstellungen in Zeitungen?
@ Mycroft
Ich finde nicht, daß Sie mich mit Dominic Zander in einen Topf werfen sollte. Ich bin nämlich überhaupt nicht der Meinung, man solle den Begriff „Zensur“ aus der Schuddelecke holen.
Ich verstehe „Zensur“ ebenfalls negativ und gehe deshalb davon aus, wenn jemand vor „Zensur“ spricht, würde Vorzensur gemeint, wie bspw. die Cyber-Wall of China.
Daß ich überhaupt auf den Ehrschutz kam, lag nur daran, mal ins Bücherregal nach dem Grundrechtelehrbuch gegriffen zu haben. ;)
Juristisch ist die Nachzensur für den Jugend- und Ehrschutz notwendig und erforderlich, da hilft auch kein Gezeter.
@ Dominic Zander
Ich werde mich jetzt nicht über einzelne Worte mit Ihnen streiten. Setzen Sie meinetwegen ein noch „fast“ vor „ausschließlich“.
@ Mycroft
Noch ein Nachtrag: Ich habe im Zusammenhang mit dem Spiegelvorgang meines Wissens nach nicht von Zensur gesprochen. Oder sehen Sie das anders? Soweit ich weiß, habe ich mich an der Debatte hier überhaupt nicht großartig beteiligt, da sie größtenteils um eine m.E. untaugliche Interpretation einer Dudendefinition kreiste.
@Telemachos, sorry.
Ich meinte das etwas ironischer, als es für die Debatte gut ist.
@Mycroft:
Es wird praktisch im Zusammenhang mit Maßnahmen der BPjM verwendet und da auch im neutralen Sinne.
Ja, aber die Motive sind doch durchaus unterschiedlich und die Motive sind eben wichtig für die Frage, ob es Korrektur oder Zensur ist. Ich dachte, dass hätten wir mittlerweile alle verstanden.
Oder weil der Film sonst gar keine Freigabe, sondern eine Indizierung oder gar Beschlangnahmung erführe. Da Sie aber davon schreiben, dass es typischerweise aus den von Ihnen genannten Gründen passiert, können Sie das sicher mit mehr belegen, als Ihrer Vermutung, oder?
Niemand hat behauptet, dass es nicht sein kann, sondern nur, dass es nicht sein muss.
Ernst gemeinte Frage, keine Unterstellung: meinen Sie damit, dass weil die Mehrheit den Begriff so nutzt, er nur noch diese Bedeutung haben sollte?
Richtig. Aber wie groß ist nochmal die Anzahl derer, die mir hier so vehement widersprechen? Ich erinnere mich da an Herrn Pannor, Earendil und Sie. Da wären wir (ohne Telemachos) bei einem Verhältnis von 3:1 statt 98:2.
Doch, weil es zeigt, dass der Begriff Zensur vielschichtiger ist. Ich gehe im Folgenden davon aus, dass wir uns darauf einigen können, diesen Vorgang zumindest „Selbstzensur“ zu nennen. Meine Argumentation ist ja gerade, dass Zensur als Begriff ein Oberbegriff ist und auch Selbstzensur einschließt und somit diese Selbstzensur eben Zensur ist (was dann ja eine durchaus triviale Folgerung wäre). Und die Beispiele für eine nicht negative Konnotation sind Argumente dafür, dass Zensur tatsächlich nicht nur in dem von Ihnen genutzten Sinne benutzt wird oder werden kann.
Ich hoffe es nicht, aber ich weiß es nicht. Und im Gegensatz zu Ihnen maße ich mir darüber kein Urteil an, weder eines „in dubio pro reo“ noch andersrum.
Nachtrag: mein Kommentar „Ich dachte, dass hätten wir mittlerweile alle verstanden.“ war unangemessen und feindselig. Dafür möchte ich um Entschuldigung bitten.
Aaaaalso, bei einem Film werden viele Szenen gedreht, von denen aber nicht alle im fertigen Film landen. Bei Szenen, die zwar gut sind, aber aus anderen Gründen (Filmlänge, unnötig, Drehbuch wurde zwischenzeitlich umgeschrieben, etc.) nicht ins Kino kommen, sieht man das ggfs. im Bonusmaterial auf der DVD/BR.
Aber ja, manche Szenen kommen nicht in den fertigen Film, weil man den „ab 16“ vermarkten will, und man das mit diesen Szenen nicht erreicht. I.d.R. wird man das aber vorher wissen, weil diese Einstufungen keine Geheimwissenschaft sind, und die Szene einfach nicht drehen. Und ja, manche nennen das dann auch Zensur, aber die Mehrheit von denen, die das Zensur nennen, finden das nicht gut.
Ist jetzt aber für den Spiegel eh‘ nicht so relevant, weil der Spiegel a) nicht die Instanz ist, die die Altersfreigabe von Medien vornimmt, und b) es auch nicht das Argument war, warum das Buch von der Liste flog. D.h., selbst wenn jemand Altersgrenzen generell gut findet _und_ das dann „Zensur“ nennt, hätte das jetzt nichts mit den Debatten über den Spiegel zu tun, weder hier noch sonstwo, und ist immer noch kein Argument, dass „Zensur“ im Kontext dieser Spiegelgeschichte nicht als Vorwurf gemeint war.
Klar kann man ein Wort auch anders verwenden als die Mehrheit. Und natürlich ist Sprache keine Mathematik, wo Definitionen deutlich schärfer sind. Wenn ich aber beobachte, dass ein Wort praktisch nie positiv oder auch nur halbwegs wertneutral verwendet wird (jetzt nicht nur in dieser Kommentarspalte, sondern auch anderen, in Zeitungen, in Büchern oder in Unterhaltungen im sog. „richtigen Leben“), und die Kontexte, wo es evt. mal passieren könnte, dass jemand etwas „Zensur“ nennt und es nicht ironisch, metaphorisch oder negativ meint, sondern eindeutig positiv, ganz andere wären als diese Spiegelliste, ist es erstmal vernünftig anzunehmen, dass alle, die diese Manipulation als „Zensur“ bezeichnen, dies als Vorwurf meinen. So funktioniert halt Sprache.
Hinzu kommt, dass diejenigen, die das als „Zensur“ bezeichnen, i.d.R. nicht einfach irgendwo „Zensur“ posten, sondern tatsächlich noch mehr dazu schreiben. In diesem Zusammenhang wird meist ziemlich offensichtlich, ob jemand etwas positiv, negativ oder meinetwegen auch neutral meint. (Herr Ott hätte nach Nachfrage einfach schreiben können: „Ich verurteile den Spiegel ja gar nicht – Bücherverbrennungen sind doch toll!“, wenn er es nicht negativ gemeint hätte.)
Alternativ vergessen wir Sprache und kommunizieren künftig per Ausdruckstanz.
@Mycroft:
Wie gesagt, das Beispiel mit der Zensur von Filmen (im Sinne einer Zensur durch die BPjM und nicht eines bestimmten Schnitts) war gedacht, um zu verdeutlichen, dass der Begriff Zensur weiter gefasst ist, als hier postuliert. Zu wissen, dass also im Zusammenhang mit dem Spiegel exakt diese Art der Nachzensur nicht gemeint sein kann, hatte ich bisher vorausgesetzt.
Da haben wir dann anscheinend unterschiedliche Erfahrungen gemacht. In meinem Bekanntenkreis wird Zensur durchaus als wertneutraler Oberbegriff für verschiedene Dinge benutzt, die dann wiederum teils negativ besetzt sind (wenn es bspw. um Zensur in autoritären Staaten geht).
Und Herr Ott hat sich diesbzgl. nicht wirklich schlüssig geäußert. Immerhin wurde ihm sogar unterstellt, dass seine Kommentare tatsächlich aussagen sollen, dass die Bücherverbrennung toll gewesen wäre. Daher bin ich halt sehr vorsichtig mit solchen interpretativen Unterstellungen, insbesondere wenn sie auf dem Fehlen einer Aussage beruhen.
Das mit dem Ausdruckstanz. Also ich versuche ja möglichst nicht unfreundlich in meinen Kommentaren zu werden, aber es wäre für die meisten sicher eine Beleidigung und evtl. sogar ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit mich tanzen sehen zu müssen.
Gegenfrage: woran machen Sie es denn konkret fest, zu erkennen, ob jemand das Wort „Zensur“ negativ, positiv oder neutral verwendet?
@Mycroft:
Das hängt natürlich von den Umständen ab. Also wer ist dieser Jemand, kenne ich ihn, und wenn ja, wie gut. Was weiß(!) über seine politischen Ansichten? Wie hat er den Begriff bisher benutzt, etc. pp.
Wenn ich gar nichts davon weiß, wie im Falle des Herrn Ott, so halte ich alle Optionen für möglich und schließe nichts aus. Wenn es mich interessiert (was im Falle des Herrn Ott jetzt tatsächlich erst einmal nicht getan hat), würde ich mich eines sehr einfachen aber effektiven Mittels bedienen: der Frage. Einfach nachfragen. Dann muss man auch nicht spekulieren.
Es wurde nachgefragt, nicht von mir, aber es wurde. Er hat ziemlich klar gemacht, dass er die Spiegelaktion nicht gut oder ok oder neutral findet, u.a. hält er „zensierende Linksradikale“ für ein größeres Problem als die Vereinnahmung durch Rechtsradikale.
In diesem Zusammenhang zumindest hält er offensichtlich Zensur für etwas negatives.
@Mycroft:
Wenn ich mir nochmal durchlese, was Herr Ott geschrieben hat, hat er eigentlich zum Fall, also der angepassten Liste, so gut wie gar nichts geschrieben, nur den Hinweis auf die Bücherverbrennung. Danach ging’s dann schnell ins Off-Topic. Und wie er zur Zensur steht, hängt ja auch davon ab, wie er den Begriff verwendet.
So sehr ich nachvollziehen kann, dass Sie seine Texte so interpretieren, sehe ich da noch zu wenig handfeste Belege. Nicht, dass ich glaubte, Sie lägen mit der Interpretation falsch, aber meine Meinung ist hierbei irrelevant.
Ok, dann anders.
Ich behaupte nicht, Gedanken lesen zu können, aber den gemachten Aussagen nach halte ich es für eine faire Interpretation, dass er den Begriff Zensur negativ verwendet hat. Das alleine stellt auch keinen Vorwurf von mir dar, und ich unterstelle Herrn Ott auch _keine üblen Motive_, obwohl ich seine Ansichten nicht teile und seine Rhetorik unabhängig dessen auch nicht so toll finde.
Demgegenüber mache ich dem Spiegel Vorwürfe, weil er sich nicht an seine eigenen Regeln hält (wenn die jemand ausnutzen kann, um ein Buch in die Liste zu heben, ist das ja die Schuld des Spiegels, der ja hätte bessere Regeln aufstellen kann), dann noch nicht einmal versucht zu erklären, warum er seine eigenen Regeln bricht, wenn er meint, dass das so sein müsse, und außerdem den Eindruck erweckt, bestimmte Dinge seiner Leserschaft nicht zuzumuten zu können/dürfen.
Ich unterstelle dem Spiegel aber _keine üblen Motive_.
Ausgehend selbstredend davon, welche Motive ich für übel oder unübel erachte. Aber vllt. erkennen Sie in meinem Verhalten jetzt ein Muster.
@Mycroft: schön, dass wir uns also einig geworden sind.
Was den Spiegel angeht, vermischen Sie da zwei Sachen. Dass das Buch auf der Liste „Sachbuch des Monats“ gelandet ist, hat nichts mit dem Spiegel zu tun, oder besser nur insofern, dass der dafür verantwortliche Juror gleichzeitig auch für den Spiegel arbeitet.
Der Spiegel ist verantwortlich für die Regeln, nach denen die Juroren Bücher bewerben.
Entweder ist es gewollt, dass ein einzelner Juror ein Buch in die Liste drücken kann, dann darf sich der Spiegel nicht beschweren, wenn das passiert, oder es ist nicht gewollt, dann darf der Spiegel sich nicht beschweren, wenn er das nicht per Regelwerk ausschließt.
@Mycroft:
Nein, der Spiegel ist für diese Liste (Sachbücher des Monats), für die es eine Jury gibt, in der auch ein Spiegel-Mitarbeiter saß, nicht verantwortlich. Wenn ich mich recht erinnere, ist das ein Projekt vom NDR. In jedem Falle nicht vom Spiegel, daher mein Kommentar, dass Sie da zwei Dinge vermischen: die Jury-Auswahl „Sachbücher des Monats“ und die im groben auf Verkaufszahlen beruhende Liste „Spiegel-Bestseller“.
Richtig, das ist ein Projekt von SZ und NDR und mit deren Jury hat der Spiegel nur durch seinen mittlerweile unrühmlichen Vertreter Salzwedel zu tun
https://de.wikipedia.org/wiki/Sachbücher_des_Monats