Betriebsausflug ins Weiße Haus: Wenn Journalisten Tipps zum Buckeln geben

Nun ist der Betriebsausflug nach Washington beendet, die wichtigsten deutschen „Hauptstadtjournalisten“ sind wieder in der deutschen Hauptstadt, die Berichterstattung aus der amerikanischen Hauptstadt dürfen wieder die dafür dorthin entsandten Korrespondenten übernehmen, und schon ein paar Tage und ein langes Pfingstwochenende später muss man sich anstrengen, sich zu erinnern, was nochmal der Grund für die ganze Aufregung war.
Ach ja: Der Grund für die Aufregung war die Möglichkeit, dass es Grund zur Aufregung geben könnte. Dass es zu irgendeiner Art Eklat kommen könnte, wenn der neue deutsche Bundeskanzler bei seinem sogenannten Antrittsbesuch vom amerikanischen Präsidenten im Weißen Haus empfangen wird. Aus einem eher zeremoniellen Routinetermin ist ein spannende und unvorhersehbare Realityshow geworden, seit Donald Trump diesen Termin mehrfach dazu genutzt hat, Besucher öffentlich in dramatischer und nie dagewesender Weise vorzuführen.
Leicht produzierte Human-Touch-Geschichten
Deutsche Journalisten stehen ja im Verdacht, Trump und sein Tun ganz furchtbar zu finden, und das ist vermutlich nicht ganz falsch, einerseits. Andererseits liefert er zuverlässig ein Spektakel, und die Aussicht darauf lieben Journalisten mehr als alles. Schon aus der bloßen Möglichkeit eines Spektakels lässt sich Content generieren; bunte, zugängliche, leicht produzierte und konsumierte Human-Touch-Geschichten, in denen die große Politik d…
Sollte man einen Leserkommentar schreiben, wenn man nichts zu sagen hat, außer, dass man dem Autor in diesem Artikel voll und ganz zustimmt, seinen Stil gut findet, seine Ironie vorzüglich findet? Eigentlich nicht. Aber es bleiben ja noch genug andere Artikel, wo ich ganz oder teilweise Kritik anbringen könnte.
Ja, mein weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Die Washington-Berichterstattung besteht seit Trumps Amtsantritt in weiten Teilen aus Angstlust – und bei Fritzens Besuch hat sie eine Art Zusammenbruch erlitten (hysterisches Kichern eingeschlossen). Es muss sich aber auch wirklich absurd anfühlen, im Oval Office neben irgendwelchen Talk-Radio-Brüllaffen zu stehen, die den Präsidenten fragen, wie er es schafft, so great zu sein.
Das ist die wirklich interessante Frage: Ist Trump ein zielstrebiger Umstürzler? Hat er einen Plan, und sein Narzissmus ist nur – letztlich hemmendes – Beiwerk? Anfangs dachte ich das auch, inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher: Seine Wirtschafts- und Handelspolitik wirkt planlos; mit seinem gefährlichsten (und wahrscheinlich klügsten) Mitstreiter Musk hat er sich überworfen; große Teile seines Umfelds sind keine reaktionären Masterminds, sondern unberechenbare Chaoten. Und er selbst greift von liberalen Unis bis druckarmen Duschköpfen alles an, was einen ausrastenden Kleinbürger so nervt.
Wirkt auf mich bislang eher wie Kategorie Schulhofschläger als wie ein machiavellistischer Strippenzieher, der einem Drehbuch folgt – aber das kann natürlich erstens täuschen, und ist zweitens kein Grund zur Entwarnung. Denn dieser Schulhofschläger hat einen Atomkoffer…
Paul Ronzheimer hat übrigens eine gute Frage nach Sanktionen gegen Russland gestellt. Kein Pleasing oder so. Und Trump hat darauf erst vage geantwortet, dann minutenlang gebrabbelt und den russischen Krieg gegen die Ukraine mit zwei streitenden Kindern verglichen. Dem hätte Merz gerne widersprechen dürfen. Aber er hat König Trump labern lassen. Kein mitgereister Journalist hat dieses Laufen lassen kritisiert. Wieso auch – im Vorfeld wurde ja peinlicherweise Unterwürfigkeit zur Maxime erhoben.