Gelbhaar-Affäre

Erschütterndes Protokoll journalistischen Versagens

Der rbb und der Abschlussbericht zur falschen Berichterstattung über den Politiker Stefan Gelbhaar: Gutachter sehen erhebliche Fehler – und stellen Ex-Chefredakteur David Biesinger ein verheerendes Zeugnis aus.
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rbb-Logo, erste Seite des Abschlussberichts zur "Causa Gelbhaar" und ein Foto von Stefan Gelbhaar.
Der Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar Foto: Imago / Funke Foto Services

Es ist ein erschütterndes Dokument, das der rbb Ende vergangener Woche veröffentlicht hat. Externe Gutachter hatten sich im Auftrag des Senders mit der Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar befasst. Nun haben sie sechs Seiten Zusammenfassung ihres nahezu 100-seitigen Abschlussberichts vorgelegt. Es ist ein Protokoll erheblicher Fahrlässigkeit und journalistischen Versagens – und ein verheerendes Zeugnis für den ehemaligen rbb-Chefredakteur David Biesinger.

Ende Dezember hatte der rbb über Vorwürfe gegen Gelbhaar berichtet, es ging um sexuelle Übergriffe. Der Sender stützte sich dabei auf Aussagen einer Frau namens „Anne K.“, von der sich später herausstellte, das sie gar nicht existiert. Eine eidesstattliche Versicherung von ihr entpuppte sich dementsprechend als gefälscht. Mutmaßlich waren die Vorwürfe der „Anne K.“ von einer grünen Bezirkspolitikerin ausgedacht worden, wie der Sender später feststellte. Gelbhaar und der rbb erstatten Strafanzeige gegen sie.

Erheblich fahrlässig

Schon der zeitliche Ablauf bis zu dem Falschbericht ist atemberaubend. Demnach wurde eine Fernsehautorin des rbb am Abend des Zweiten Weihnachtsfeiertags von „Anne K.“ kontaktiert, das war ein Donnerstag.

Offenbar keine 24 Stunden später, am Freitag, konfrontierte der Sender Stefan Gelbhaar mit den Vorwürfen gegen ihn. Ohne die Angaben überprüft und ohne „Anne K.“ getroffen zu haben, der Kontakt mit ihr verlief l…

1 Kommentare

  1. Gute Güte. Da hat sich die Redaktion wohl ganz schön ver*****en lassen – vermutlich ziemlich scheuklappig unterwegs gewesen wegen der Hoffnung auf eine große Story. Menschlich verständlich, journalistisch nicht.

    Man stelle sich vor, ich hätte im Wahlkampf beim ARD-Hauptstadtstudio angerufen und gesagt: „Hallo, ich bin der Anton K. Der Friedrich Merz hat mich neulich in der Kneipe vermöbelt. Und zwei anderen Gästen hat er das Portemonnaie geklaut… Wie bitte? Klar gebe ich Ihnen das schriftlich! E-Mail reicht?“

    Und das wäre dann eine Woche später in der Tagesschau gelaufen. Nebst Dementi von Fritzens Anwalt, aber garniert mit einem Dutzend Rücktrittsforderungen. Kannste Dir nicht ausdenken, aber so ähnlich scheint das hier gelaufen zu sein.

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