Die Gesprächspartnerin

Michaela Vogt ist Kostümbildnerin beim NDR und gemeinsam mit anderen Stylistinnen unter anderem für die Outfits der „Tagesschau“-Sprecher:innen und „Tagesthemen“-Moderator:innen verantwortlich.
Übermedien: Frau Vogt, wie wichtig ist Kleidung im Fernsehen?
Michaela Vogt: Kleidung ist sehr wichtig. Fernsehen ist ein visuelles Medium: Wenn man durch die Sender zappt, hat man ja meistens schon entschieden, ob man dranbleibt, bevor die Moderatorin oder der Moderator ein paar Sätze gesprochen hat. Wenn das, was ich sehe, mich anspricht, bleibe ich dabei und gebe dem Inhalt auch eine Chance. Deswegen ist Optik – und dazu gehört nicht nur Kostüm, sondern auch Maske und Set-Design – wahnsinnig wichtig im Fernsehen.
Michaela Vogt ist Kostümbildnerin beim NDR und gemeinsam mit anderen Stylistinnen unter anderem für die Outfits der „Tagesschau“-Sprecher:innen und „Tagesthemen“-Moderator:innen verantwortlich.
Welche Kleidungsregeln gibt es für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“?
Generell kann man für beide Sendungen sagen, dass es klare Schnitte und klare Linien sein sollten. Keine Muster. Das liegt daran, dass viele große Bilder im Hintergrund zu sehen sind, auf denen viel passiert. Wenn dann noch viel in der Kleidung passiert, wissen die Zuschauer und Zuschauerinnen gar nicht, wohin sie gucken sollen. Kleidung darf nicht zu sehr ablenken und sollte deswegen nicht zu extravagant sein.
Bei der „Tagesschau“ um 20 Uhr sind Anzug und Krawatte und Kostüm mit Blazer der Standard. Warum so steif?
Die Kleidung muss zum Format passen. Bei „tagesschau“ und „tagesthemen“ wird man kein Paillettenkleid tragen, es muss Businessmode sein. Die verändert sich aber auch. Seit Ende 2022 können unsere Sprecher und Moderatoren auf die Krawatte verzichten – außer in der 20-Uhr-Ausgabe. Man sieht auch in Firmen, bei Vorständen oder Politikern immer weniger Krawatten. Auch bei den Damen müssen es keine Blazer sein. Wir gehen immer mit der Mode. Eine Zeit lang waren Sei…
Wer zappt denn heute noch? Ich würde auch nicht bei der Tagesschau abhängig von der Kleidung hängen bleiben oder nicht. Entweder interessiert mich die Weltlage gerade, oder eben nicht.
Ein schönes und lesenswertes Interview, aber hier musste ich schmunzeln:
„Es würde ja auch kein Mensch auf die Idee kommen, einen alten Computer oder Bürostuhl mit nach Hause zu nehmen.“
Auf die _Idee_ kämen wohl sehr viele Menschen. Wie viele diese umsetzen, ist eine andere Frage.
zu #1:
Es zappen noch sehr viele. Alle über 60, 65 noch sehr oft. Googeln Sie mal, wie viele das sind in Deutschland. (Quelle: eigene Beobachtung, dass Mediatheken/Streaming nur sehr zurückhaltend genutzt werden in der Alterklasse, um mal eine verpasste Folge der Lieblingsserie aufzuholen etwa. Aber ansonsten wird linear geschaut und gezappt.)
Also meine Vater ist über 80 und zappt so gut wie nie, obwohl er weder Computer noch Smartphone besitzt. Er schaut gezielt, was ihn interessiert und widmet sich dann wieder anderen Dingen … beziehungsweise schläft mittlerweile auch einfach ein und das Programm läuft ungezappt weiter. Ich weiß auch von anderen in der Altersklasse, die gezielt schauen und eine Programmzeitschrift voller Anmerkungen rumliegen haben. Allerdings stehen auch alle noch im Leben und haben ihre kleinen und großen Aufgaben und Verpflichtungen (Garten, Kirche, Vereine, Seniorentreff, Einkaufen …).
Also allein am Alter kann man das Zappingverhalten wohl nicht festmachen. Dafür zappt mein jüngerer Bruder viel, ist aber auch bald 45. :D Allerdings zappt er mit in Werbepausen, um dann zurückzukehren oder nach einer Sendung. Er wird sicher nicht wegen der Kleidung bei der Tagesschau kleben bleiben. Never ever.
@2, re: Sachen mit nach Hause nehmen:
Ich habe in den letzten drei Firmen (Bürojobs) immer wieder erlebt, dass alte Hardware oder Büromobiliar gegen einen kleinen symbolischen Betrag an Mitarbeitende verkauft wird. Meinen Laserdrucker habe ich so für 10 Euro bekommen, mein Headset wurde mir geschenkt, nachdem ich zuvor der Firma ein paar Überstunden geschenkt habe. Alte Handys werden auch mal versteigert, für einen Bildschirm musste man für die Kolleg:innen Kuchen backen. Jetzt sind das aber ach alles privatwirtschaftliche Firmen. Ich kann mir vorstellen, dass es bei öffentlich-rechtlichen Anstalten mit gutem Grund sehr viel strengere Regeln gibt.
#2,#5
Ja, die Stelle wollte ich auch spontan kommentieren, dass in meiner ehemaligen Firma sehr viel Ausgemustertes nach Hause genommen werden durfte, insbesondere auch Computer.
Danke für den informativen Beitrag. Seit ca. drei Wochen fällt mir auf, dass Julia-Niharika Sen bei Tagesschau und Hamburg Journal wirklich auffallend oft eine Kombination aus Brombeer-Blazer und pinker Bluse (nicht die, auf dem Aufmacherbild dieses Artikels) trägt. Habe daher auch zuletzt viel über die Fragen gegrübelt, die hier beantwortet werden. Tolles Timing!