„Schwäbische Zeitung“

Kreuzfahrt ins Suchmaschinen-Glück

Bei der „Schwäbischen Zeitung“ schreibt ein Journalist aus der Chefredaktion ständig Online-Artikel über Aida-Kreuzfahrten. Was wie Schleichwerbung aussieht, dient wohl vor allem der Suchmaschinenoptimierung.
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Kreuzfahrtschiff von Aida Cruises
Aida Cruises, der Lieblingsanbieter für Kreuzfahrten von Journalist Robin Halle Foto: Imago/Martin Wagner

Robin Halle, Journalist bei der „Schwäbischen Zeitung“, liebt Aida-Kreuzfahrten. Nicht alles daran. Nein, früher gab es zum Beispiel den großen Hummer-Abend mit ganzen Krustentieren, wie er zu berichten weiß. Mittlerweile ist man bei Aida Cruises, dem Unternehmen hinter den Kreuzfahrtschiffen, sparsamer: „Heute gibt‘s – wenn überhaupt – nur noch eine kleine Auslage mit etwas Hummerfleisch.” Trotzdem sei das Preis-Leistungsverhältnis „bei der gebotenen Qualität sehr gut“, findet Halle. Schließlich bereise man fast jeden Tag eine neue Stadt, die Sauberkeit an Bord sei top und die Shows seien „klasse“.

Was klingt wie die Reiseberichte eines frisch erholten Kollegen, findet sich seit vergangenem Herbst immer wieder als Artikel auf schwaebische.de, dem Online-Portal der „Schwäbischen Zeitung“. Mindestens 16 Texte über das Reiseunternehmen Aida Cruises haben von Ende September bis Mitte Januar die Leser*innen beglückt. Alle geschrieben von Robin Halle, Mitglied der Chefredaktion der „Schwäbischen Zeitung“.

Antworten auf Fragen, die sich niemand stellt

Kaum ein Detail, das der passionierte Kreuzfahrer nicht behandelt: Welche Aida-Schiffe sind die besten? Mit welchen Tricks wird man in den Aida-Bordrestaurants am schnellsten bedient? Welche Mitreisenden erwarten einen auf welcher Aida-Route? Auf all diese und mehr Fragen liefert Halle die Antworten. Kein Wunder: In den letzten 30 Jahren war der Journalist nach eigenen Angaben stolze 54 Mal auf Kreuzfahrtschiffen von Aida unterwegs. Grund genug für seine Redaktion, ihn als „Kreuzfahrt-Experten“ oder „Aida-Insider“ anzupreisen. Wie er diese Expertise – außer durch exzessives Reisen – erworben hat, bleibt unklar. Die Artikel geben hierzu keinen Aufschluss.

Aida Cruises ist der wohl größte deutsche Anbieter von Kreuzfahrten, nach eigenen Angaben mit einer Flotte von aktuell elf Kreuzfahrtschiffen. Auf die größten davon passen über 5.000 Passagiere. Das Unternehmen wurde 1994 gegründet, sitzt in Rostock und gehört zur italienischen Reederei Costa Crociere.

Mit einer Kreuzfahrt bei einem anderen Anbieter scheint es Halle nicht probiert zu haben: Alle seine Artikel handeln von Aida. Meist ist der Markenname schon prominent in der Überschrift zu lesen. Und so manches Mal gerät Halle regelrecht ins Schwärmen: „Die neuen Schiffe (Cosma, Nova, Perla, Prima) bieten teilweise 18 Restaurants, davon viele Spezialitätenrestaurants mit Reservierung. Deutsche Küche, italienische, asiatische, französische, dazu kostenlos Currywurst bis 1 Uhr nachts – es ist für jeden was dabei.”

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2 Kommentare

  1. Lokaljournalismus muss doch noch lukrativer sein wie ich gedacht habe, wenn man sich damit 54 Reisen auf der Aida leisten kann.
    Danke für die Recherche dazu.

  2. Mich beschleicht das Gefühl, dass sich das AIDA-Management an Bord vielleicht mit besonders auserwählter Hingabe um Gäste mit journalistischem Hintergrund kümmert. Ich beobachte z.B. einen Ruhestandskollegen, der seine häufigen AIDA-Kreuzfahrten (darunter Weltumrundungen) jeweils mit täglichen ebenso umfangreichen wie überschwänglichen Schilderungen und Fotos topaktuell für seine begeisterten Freund:innen (darunter auch ich) auf Facebook begleitet. AIDA und Team kommen regelmäßig gut weg. Dagegen ist nichts zu sagen. So muss er sich auch nicht mehr um journalistische Distanz bemühen. Der Kollege im Ruhestand macht sich aber richtig Arbeit damit. Warum? Dankbarkeit und Lebensfreude? Ich gönne ihm das, wenn ich auch über den schwäbischen AIDA-Aktivismus eines Journalisten erstaunt bin.
    Anton Sahlender

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