Holger ruft an (182)

Wie flüchtig ist das Internet?

Es heißt immer, das Internet vergesse nichts. Dabei ist das Gegenteil der Fall, viele digitale Inhalte sind bereits nicht mehr auffindbar. Woran liegt das und ist das überhaupt schlimm? Anruf bei Kulturredakteur Titus Blome.
Übermedien-Podcast-Logo, Grafik aus Textdateien in einem virtuellen Raum.
Foto: Canva

Der bekannte Satz, dass das Internet nichts vergisst, sei schlicht nicht wahr, sagt Titus Blome, Kulturredakteur bei „Zeit Online“. Denn: „Wenn Internetkultur nicht profitabel ist, dann verschwindet sie einfach“. Anders als im Zeitalter der analogen Kulturproduktion gehöre den Konsumenten digitaler Medien heute nichts mehr. Stattdessen schließe man Mietverträge, die von Konzernen wie Netflix oder Sony jederzeit aufgekündigt werden können. Heißt also: Wenn Filme oder Serien nicht laufen, fliegen sie von den Servern.

Aber es trifft auch andere Inhalte. So zeigt eine Studie des Pew Research Centers, dass 38 Prozent der Websites aus dem Jahr 2013 heute nicht mehr im Netz erreichbar sind. Und zuletzt kündigte das Online-Magazin „Telepolis“ an, dass es alle seine Inhalte, die vor 2021 veröffentlicht wurden, erst einmal offline nimmt.

Blome hat sich für seinen jüngsten Text mit dieser Flüchtigkeit des Netzes auseinandergesetzt – und mit den Akteuren, die dieser Dynamik etwas entgegenzuhalten versuchen. Im Gespräch mit Holger Klein geht es nun um die Frage, welche Inhalte eigentlich verschwinden, was man dagegen tun kann, und welche Herausforderungen das mit sich bringt. Und ob man nicht vielleicht einfach akzeptieren muss, dass Inhalte im Internet nicht für die Ewigkeit sind.

„Das würde mir persönlich das Herz brechen“, sagt Blome. „Gerade Plattformen wie Twitter haben einzigartige literarische Genres hervorgebracht, die es nirgendwo anders geben könnte. Wenn wir diese Kultur als flüchtig akzeptieren, kapitulieren wir vor den politökonomischen Umständen des Mediums.“

(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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2 Kommentare

  1. Tatsächlich ist nichts für die Ewigkeit, und ich bin dafür, das zu akzeptieren. Die Entscheidungsfindung, was zu behalten ist und was nicht, ist Bestandteil jeder aktiven Archivarbeit. Solange aber keine solche aktive Archivarbeit stattfindet, wird ein Großteil von dem verschwinden, was heute verfügbar ist.
    Ein „preserve by default“ stößt früher oder später an schier physikalische Grenzen, ungeachtet der politischen oder ökonomischen Bedingungen.

  2. Ich stimme #1 zu und bin dazu noch sehr gespalten, ob es nicht auch Wegwerfkunst gibt, die durch die Archivierung verliert.

    Der Satz „das Internet vergisst nie“ hat sicher auch schon Dinge verhindert und nicht immer war das in der Summe positiv.

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