Angriff der Horrorclowns
Spott als Instrument der Herrschaftskritik hat seine Wirkung vorerst verloren. Denn hinter dem demonstrativen Herumgekasper von Politclowns wie Donald Trump oder Javier Milei steckt harte Politik, die Spott und Kritik zum festen Bestandteil der eigenen Identität macht. Ein Plädoyer für mehr Humorlosigkeit.
Die erneute Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der USA stellt den vorläufigen Höhepunkt eines Phänomens dar, das man als „Clownspolitik“ bezeichnen könnte. Denn gerade in der Endphase des Wahlkampfes trieb er sein albernes Herumhampeln noch einmal auf die Spitze. Trump verkleidete sich als Müllmann, Trump arbeitete einen Tag bei McDonalds, Trump fellationierte ein Mikrophon. All das war nicht nur naheliegendes Material für die Comedy-Shows, die schon seit Jahren nichts anderes tun, als Trump zu verspotten, sondern auch ständiger Anlass für fast erleichtertes Gelächter über einen durch und durch peinlichen Mann. Doch dieses Lachen dürfte vielen Menschen nun endgültig vergangen sein.
Dass wir in einem „Zeitalter der Clowns“ leben, diagnostizierte Torsten Körner bereits in einem Radioessay aus dem Januar 2021. Er bezog sich dabei auf einen Artikel des Journalisten George Monbiot im „Guardian“, in dem es hieß: „Überall ergreifen die Killer-Clowns die Macht“. Monbiot nennt zahlreiche Beispiele: Boris Johnson, Nigel Farage, Donald Trump, Narendra Modi, Jair Bolsonaro, Rodrigo Duterte, Matteo Salvini, Viktor Orbán. All diese Politiker eint, dass sie in ihren öffentlichen Auftritten gegen die Regeln des normalen Umgangs verstoßen, und das auf eine Art, die gleichermaßen erschreckend und lächerlich erscheint. Es handelt sich um eine Politik der karnevalesken Transgression, eine Performance des Herumhampelns, die immer wieder den Eindruck vermittelt, man habe es mit zutiefst unernsten Menschen zu tun. Die Frage, die diese Inszenierung erzeugt, lautet: ‚Er hat was gemacht?‘
Clownspolitik ist eine Form der politischen Kommunikation, die sich bewusst oder unbewusst, in jedem Fall aber sehr erfolgreich selbst der Lächerlichkeit preisgibt, und sich dabei auf die (bewusste oder unbewusste) Komplizenschaft der Medien verlassen kann. Für Monbiot sorgt diese Politik für Ablenkung von den eigentlichen Problemen der Gesellschaft: „Wir beobachten gebannt die Clowns, die uns ermutigen, die Wut, die eigentlich Milliardären vorbehalten sein sollte, auf Einwanderer, Frauen, Juden, Muslime, People of Color und andere imaginäre Feinde und die üblichen Sündenböcke zu richten.“
Billiger Ersatz für echte Systemkritik
Clownspolitik gedeiht daher in einer Zeit allgemeiner Unsicherheit. Das berechtigte Unbehagen vieler Menschen an einem Wirtschaftssystem, das unter der Last seiner Widersprüche immer mehr zusammenzubrechen droht, wird durch ein Netz aus Verschwörungstheorien aufgefangen, die als Ersatz für eine effektive Systemkritik dienen. Weil echte Formen des Widerstands gegen die …
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