Finanzkommission KEF

Geplante Reform von ARD und ZDF führt nicht zu kurzfristigen Einsparungen

Wenn es nach den Bundesländern geht, soll es mit der Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio jetzt schnell gehen. Ein erster Entwurf für einen neuen Staatsvertrag liegt auf dem Tisch, bis zum 11. Oktober dürfen alle, die Lust haben, in einem Beteiligungsverfahren ihre Meinung dazu kundtun.

Eines ist bei der seit Monaten geführten Debatte allerdings auffällig: Bei sämtlichen Vorschlägen fehlen die Preisschilder. Wie viel Geld eingespart wird, wenn Sparten-TV-Sender und Radiokanäle dichtgemacht werden, steht nirgendwo. Auch bei den anderen Vorschlägen im Entwurf ist völlig unklar, was sie für das Zehn-Milliarden-Euro-Budget der Öffentlich-Rechtlichen konkret bedeuten.

Relevant ist das zum einen, weil sich Vorschläge natürlich nur dann anständig bewerten lassen, wenn man weiß, was sie einsparen – im Autohaus würde man sich ja auch nicht zwischen zwei Fahrzeugen entscheiden, wenn die Verkäuferin sich weigert, die Preise zu nennen.

Kaum kurzfristige Effekte

Noch brisanter ist aber, dass die jetzt konkret geplanten Reformen eine zentrale Hoffnung einiger Bundesländer wohl gar nicht erfüllen: dass sich mit ihnen kurzfristig verhindern lässt, dass der Rundfunkbeitrag steigt. Denn der Entwurf eines Sonderberichtes der Finanzkommission KEF deutet nach Informationen von Übermedien darauf hin, dass die Reformpläne am Finanzbedarf der Sender bis 2028 wohl kaum etwas ändern. Veröffentlicht wurde der Bericht bisher nicht, die Sender dürfen zu dem Entwurf noch Stellung nehmen.

Die KEF ist eine unabhängige Kommission aus 16 Sachverständigen, die unter anderem von den Landesrechnungshöfen kommen. Sie prüfen regelmäßig, wie viel Geld die Öffentlich-Rechtlichen benötigen, um ihren Auftrag zu erfüllen, und errechnen daraus die Höhe des Rundfunkbeitrages. Demnach soll er ab Januar für die kommenden vier Jahre auf 18,94 Euro steigen.

Die Länder dürfen von dieser Empfehlung ohne ausreichende Begründung eigentlich nicht abweichen. So hat es das Bundesverfassungsgericht zuletzt noch einmal klargestellt. Genau das fordern aber größere Teile der Politik: Sie wollen eine Erhöhung unbedingt vermeiden. Dass alle Bundesländer dem höheren Rundfunkbeitrag zustimmen, ist mittlerweile so gut wie ausgeschlossen.

Im März bekam die KEF von den Ländern deswegen einen zusätzlichen Auftrag: Sie sollte in einem Sondergutachten verschiedene Reformansätze durchrechnen und prüfen, ob sich damit der Rundfunkbeitrag noch schnell verringern lässt, im besten Fall schon ab 2025. Denn die Länder arbeiten gerade im Eiltempo an einem Reformpaket, das den Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reduzieren soll. Die Hoffnung war womöglich, dass die eigentlich fällige Erhöhung der Rundfunkbeiträge dann ausfallen könnte – oder dass zumindest eine baldige Absenkung geplant werden könnte.

Manche Einsparungen waren schon einberechnet

Doch der Entwurf des Sonderberichtes der KEF macht die – ohnehin fragwürdige – Hoffnung auf eine solche Lösung zunichte. Zumindest taugt er nicht als Argumentationshilfe für die Politik. Die geplanten Kürzungen hätten ihm zufolge in den kommenden Jahren kaum Auswirkungen auf den Rundfunkbeitrag: Die Ideen bergen „keine wesentlichen Einsparpotenziale“ für 2025 bis 2028, heißt es. Sparen ließe sich mit ihnen allenfalls mittel- und langfristig.

Die KEF weist ausdrücklich darauf hin, dass die Ergebnisse an ihrer ursprünglichen Berechnung des Rundfunkbeitrags nichts ändert. Der Bericht ist nicht als politische Empfehlung zu verstehen, sondern soll eine Faktenbasis für politische Entscheidungen liefern. Darauf warten, bis der Bericht fertig ist, wollten die Rundfunkpolitiker mit ihren Reformplänen allerdings nicht – womöglich weil sich schon abzeichnete, dass kaum einer der Vorschläge kurzfristig den Rundfunkbeitrag senkt.

Das liegt auch daran, dass die Sender schon seit Jahren sparen und es ohnehin zu den Aufgaben der KEF gehört, mehr Wirtschaftlichkeit einzufordern. Bei der Berechnung des höheren Rundfunkbeitrags ab 2025 hatte die KEF zum Beispiel schon eingepreist, dass die Sender jedes Jahr Personal abbauen.

Sportrechte zum Teil bis 2032 gekauft

Bei vielen Ideen der Länder, die nun im Reformstaatsvertrag geplant sind, lässt sich laut der Rechnung der KEF gar nicht genau beziffern, wie viel sie tatsächlich sparen. Ein Beispiel: Für den Spartensender 3sat sind nächstes Jahr knapp 90 Millionen Euro eingeplant. Sollte der Kanal wegfallen, würde man aber nicht automatisch 90 Millionen sparen. Denn das Budget enthält auch zu einem großen Teil sogenannte Gemeinkosten, mit denen sich der Kanal rechnerisch an Studios, Technik, Verwaltung und ähnlichem beteiligt. Ein anderes Beispiel sind die Sportrechte: Zum Teil sind die schon bis 2032 eingekauft, lassen sich also nicht einfach so wegkürzen.

Auch bei der gemeinsamen Streaming-Plattform, die laut Reformpaket für alle öffentlich-rechtlichen Sender kommen soll, kann die KEF nicht sagen, wie viele Beitragsgelder dadurch gespart werden – und ob überhaupt. Deutlich wird auf jeden Fall: Die meisten Sparmaßnahmen wirken eher langfristig.

Eindeutiger beziffern kann die Kommission Maßnahmen, die nicht das Programm betreffen. Die Sender könnten zum Beispiel Immobilien verkaufen, allein für die beiden Standorte des Deutschlandradios sind über 350 Millionen Euro für die Sanierung eingeplant. Oder sie könnten die teure doppelte Hörfunkverbreitung beenden: Bisher werden viele Programme sowohl über die klassischen UKW-Frequenzen als auch über die Digitaltechnologie DAB+ ausgestrahlt. 110 Millionen Euro ließen sich dadurch laut KEF in den kommenden vier Jahren sparen. Diese beiden Ideen finden sich bisher nicht im Reformvorschlag.

Schneller Ausweg für niedrigeren Beitrag

Einen Hinweis, wie sich der Rundfunkbeitrag sehr schnell verringern lassen könnte, gibt die KEF im Entwurf des Sonderberichts übrigens auch: Knapp 1,90 Euro des Beitrags werden nämlich gar nicht direkt für ARD, ZDF und Deutschlandradio ausgegeben. Mit ihnen finanzieren die Beitragszahlenden alle diejenigen mit, die vom Rundfunkbeitrag befreit sind. Außerdem werden damit die Landesmedienanstalten bezahlt, die unter anderen die privaten Medien beaufsichtigten, sowie Orchester und Chöre.

Wenn die Politik also beschlösse, diese Ausgaben stattdessen mit Steuergeldern zu stemmen, würde der Rundfunkbeitrag sinken. Um eine echte Einsparung handelt es sich dabei natürlich nicht, denn zahlen müssten die Menschen das Ganze ja trotzdem – nur eben dann über Steuern.

8 Kommentare

  1. Es ist sogar noch viel absurder: Die Ministerpräsidenten schieben den Sendern den Schwarzen Peter zu, zu entscheiden, welche 16 Radiosender dicht gemacht werden sollen. Wenn die sich aber entscheiden, die 16 billigsten Programme zu schließen, kommt eine ganz andere Summe dabei rum, die gespart wird, als wären es die 16 teuersten Programme. Ernsthaft zu glauben, man könne so vage den Auftrag reduzieren und dann konkrete Einsparsummen zu erzielen, mit denen man gezielt den Rundfunkbeitrag senden kann, ist absurd. Die KEF könnte das ja kurzfristig für die Zeit ab 2025 gar nicht errechnen, weil sie gar nicht weiß, was die Sender sparen.

    Die Politik erteilt den Auftrag für jeden einzelnen Sender, aber beim Entzug überlässt sie den Anstalten, was die streichen? Das ist, als ginge ich in den Supermarkt und sage an der Kasse: Bitte nehmen Sie 16 Artikel Ihrer Wahl raus – aber wehe, es wird nicht ausreichend billiger. Für mich ist das erneut Arbeitsverweigerung der Medienpolitik, aber bemäntelt mit dem Anschein, man tue was.

  2. Wenn wirklich gespart werden soll und der Haushaltsabgabe sinken soll, dann muss ein Plan her, wie man geplant ueber 5, 6 Jahre das ZDF schliesst. Als Freund des ÖR ist mir nicht klar, welchen Auftrag das ZDF aktuell noch hat-und welche Bedeutung es in 5-10 Jahren haben soll. Viele Inhalte werden dupliziert, die Mediathek gibt es auch noch-also warum muss es ein zweites lineares Komplettangebot geben?
    Alternativ: Weg mit teuren Sportrechten! Die richtig guten Sachen laufen bereits woanders, der Protest hält sich zurueck und wenn z.B. ueberhaupt kein Fussball mehr läuft, dann wird man sehen, wie hoch die Preise und das Interesse der Anbieter sind wenn die nicht „im Fernsehen“ zu sehen sind. Aber natuerlich ist das ÖR-System so reformunfähig wie die UN und am Ende wird dann rumgeheult weil ein AfD-MP oder eine ähnliche politische Konstellation die Entscheidung abnimmt. Das möchte ich eigentlich nicht, aber von selbst kommt der Laden ja nicht mehr in die Hufe…

  3. @ #3:
    „Als Freund des ÖR“ … mhm, klar ….

    „welchen Auftrag das ZDF aktuell hat“
    https://www.zdf.de/zdfunternehmen/fragen-an-das-zdf-106.html

    „Weg mit teuren Sportrechten!“
    Weg mit Tatort, Förderung der Till Schweiger Müllindustrie, weg mit Musikantenstadl und Rote Rosen, weg mit Kiwi und weg mit allem, was ich nicht sehen will!
    Ach, Moment. Der ÖR-Programmauftrag ist gar nicht ausschließlich auf meinen Geschmack bezogen? Danke Merkel! Erst mal AgD wählen.

    „Das möchte ich eigentlich nicht,“ … mhm, klar …

  4. Den Vorschlag, UKW durch DAB+ zu ersetzen, finde ich nur so semi-gelungen.
    Damit wird dann gesichert, dass ich den / die bevorzugten Sender nicht mehr hören kann, weil die bei mir DAB nicht anbieten.
    Wäre schade.
    Dann doch lieber ohne Fußball….

  5. Also, wenn ÖRR auf Fußball-WM verzichtet, steht nicht zu befürchten, dass jemand in D. auf Fußball-WM verzichten muss, wenn ÖRR auf Musikantenstadel verzichtet, kann es zu einem Engpass an Musikantenstadel kommen.
    Auch als Nicht-Fan gönne ich den Musikantenstadel-Fans ihren Spaß.

  6. @ #4
    Danke fuer diesen tollen Link!
    „Das ZDF als von den Bundesländern gemeinsam getragener Fernsehsender ist durch seine zentrale Organisationsstruktur dazu veranlagt, in der global und digital ausgerichteten Gesellschaft Kommunikations- und Integrationsaufgaben wahrzunehmen.“
    Das ändert meine Meinung an der Bedeutung des ZDFs natuerlich fundamental!
    „Das ZDF ist zudem prädestiniert, das Gesamtbild Deutschlands publizistisch in das zusammengewachsene Europa einzubringen.“ Wie konnte ich das nur vergessen?!? Eigentlich bräuchten wir noch 3 ZDFs mehr, macht ja sonst keiner!
    Aber gerne weitere Links zum unabdingbaren Mehrwert-denn Nachrichten, Unterhaltung, Sport, lokale Berichte kann ich ja bei keinem der vielen ARD-Angebote wahrnehmen. Fast kein Land mit ÖR-Rundfunk hat ein derartiges duales Modell, aber gut, Europa braucht offenbar das ZDF…

  7. @ #7: Sie haben sich dumm gestellt „wElChEn aUfTrAg dAs zDf aKtUeLl nOcH HaT“ und meine Google Recherche hierzu hat ca. 7-9 Sekunden gedauert.
    Dann finden Sie den Inhalt der Antwort auf Ihre Frage doof. Kann ich mit leben. Kritik sieht anders aus.

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