ARD-Sendung „Die 100“

Der Hobby-Komparse und das Märchen vom gekauften AfD-Kritiker

Exklusiv für Übonnenten
Die Teilnehmer der ARD-Sendung "Die 100" mit den Moderatoren Anna Planken, Ingo Zamperoni und Tobias Krell.
Teilnehmer der ARD-Sendung „Die 100“ mit den Moderator*innen Anna Planken, Ingo Zamperoni und Tobias Krell. Foto: NDR/Axel Herzig

Über die Sendung „Die 100 – was Deutschland bewegt“, die am Montagabend zur besten Sendezeit um 21.15 Uhr im Ersten lief, ließe sich viel diskutieren. „Ist die AfD eigentlich ein Problem?“, lautete die Leitfrage, zu der sich 100 Menschen „aus der Bevölkerung“ in einem großen Studio positionieren sollten – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes auf einer riesigen Skala auf dem Studioboden.

Eignet sich eine so komplexe Frage für ein TV-Format mit Unterhaltungselementen, in dem kaum jemand länger als zwei Sätze zu Wort kommt? War es klug von der ARD, das Thema eine knappe Woche vor den Brandenburger Landtagswahlen zu platzieren und sich damit dem Vorwurf der Anti-AfD-Propaganda auszusetzen? War die titelgebende Frage die richtige oder verharmlost sie die Gefahr, die von einer in Teilen rechtsextremen Partei ausgeht?

Über all das spricht gerade so gut wie niemand. Diskutiert wird stattdessen über einen völlig unbelegten Vorwurf, den unter anderem die AfD und das Wutportal „Nius“ in die Welt gesetzt haben: Die ARD habe für die Ausgabe über die AfD einen oder mehrere Laienschauspieler bezahlt. In einem oft geteilten Post auf X hieß es beispielsweise:

„Die ARD setzt bezahlte Komparsen ein und verkauft es als ungefilterte Meinung der Bürger.“

„Die 100“ ist ein Experiment, das letztes Jahr schon bei WDR und NDR lief und nun zum ersten Mal im ARD-Hauptprogramm zu sehen war. Darin verteilen sich 100 Menschen unter Anleitung von Moderator Ingo Zamperoni in einem großen Studio, je nach Haltung zur Titelfrage auf verschiedenen Seiten des Spielfelds. Zwei Journalisten, Anna Planken und Tobias Krell (alias „Checker Tobi“), liefern dann Pro- und Contra-Argumente, untermalt mit allerlei technischen Spielereien. Zwischendurch kommen immer wieder Teilnehmende zu Wort und erklären, ob sie sich von den Argumenten überzeugen lassen oder nicht, ob sie ihre Position auf der Skala anpassen oder nicht.

Vor allem ein Mann steht nun im Fokus: Michael Schleiermacher kommt in der Sendung als Letztes zu Wort. Er sagt dort, dass er in der Sendung seine Meinung geändert habe und die AfD nun für einen Wolf im Schafspelz halte: „Man weiß nicht, was sie vorhat.“

Auch Hobby-Komparsen haben eine politische Meinung

Es gibt keinen einzigen Beleg dafür, …

14 Kommentare

  1. Noch so ein tolles Beispiel für die ideologische Verblendung der deutschen Medien – sie übernehmen einfach AFD-Propaganda ungeprüft.
    Immerhin haben die noch den Anstand, nicht von Brandmauern zu faseln.

  2. was mich irrtiert, ist nicht das die üblichen verdächtigen ihr süpplein kochen, sondern die tatsache, dass die ach so hart und genau recherchierenden qualitätsmedien immer wieder drauf reinfallen. herrschaftszeiten, muss das denn ewig so weitergehen??

  3. AfD und Nius hätten so oder so was gefunden. Nur bedauerlich, daß weder das Konzept und Inhalt der Sendung noch erst recht nicht das fanatisierte Haß- und Drohszenario Thema sind.

  4. Die Sendung ist schon lange im Fokus der Kritiker des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch die ersten beiden Ausgaben wurden mit falschen Vorwürfen überzogen und aus dem Zusammenhang gerissenen Ausschnitten diskreditiert.

    Damals behauptete z.B. der inzwischen einseitige „ÖRR Blog“, es sei ein SPD-Politiker zu Wort gekommen, ohne das kenntlich zu machen. Dem Publikum seien politisch einseitige Infos unterbreitet worden. Wahr war: Die Politische Aktivität des Mannes wurde in der Sendung offen besprochen. Dass außerdem auch ein CDU-Politiker zu Gast war, verschwieg der „ÖRR Blog“. Es wurden immer nur Ausschnitte verbreitet. Ohne Zusammenhang. Wer die falschen Behauptungen korrigierte und widerlegte, wurde geblockt.

    Für mich scheint klar: „Kritiker“ des örR randalieren besonders gern gegen diese Sendung, eben weil sie extrem offen und mit vielen Blickwinkeln auf Themen schaut. Ausschnitte daraus lassen sich besonders gut missbrauchen als angebliche Belege für eine behauptete Schlagseite, die in Wahrheit die Empörungsaktivisten haben. Bitter. Verräterisch. Wahnsinn.

    (Beispiele für schon früher bösartig konstruierte Vorwürfe gegen die Sendung:
    https://x.com/radiomachen/status/1729281647193858145?s=46&t=Dn3-p83zh7wh8Lk8XUJSIw

    https://x.com/radiomachen/status/1729265263164727753?s=46&t=Dn3-p83zh7wh8Lk8XUJSIw )

  5. Da die sogAfD nicht behaupten kann, dass die Sendung nur Negatives über die Partei gebracht hat, musste man eben irgendetwas finden, das man dagegen anführen kann. Nun hat es leider einen der 100 getroffen.
    Bleibt zu hoffen, dass der Mob bald von ihm ablässt. Grundsätzlich fand ich die Sendung ziemlich gelungen. Erschreckend, für wie viele Leute die Einspieler vollkommen neu waren.

  6. Wundern tut mich daran wenig bis nichts. Auch seriösere Medien als Nius und Berliner Zeitung buhlen um Aufmerksamkeit. Und die lässt sich am besten mit Konflikten erzielen. Es gibt kaum eine Schlagzeile ohne so ein raunendes „Ist da was?“. Für die meisten Medien gilt „Trouble is my business“. Verantwortlichkeit sieht anders aus.

  7. Ich wundere mich über so manche Leute im Bekanntenkreis, die ich früher für eigentlich ganz vernünftig hielt und die heute das Reichelt-Geschwafel und ähnliches Zeug aus der Gosse lesen und sogar weiterverbreiten. Dass die AfD das gleich aufgreift, dürfte keinen verwundern. Aber das eigentlich seriöse Medien um des schnellen Klicks wegen auch noch auf den Zug aufspringen, ist eine Schande. Der Vorsprung im zivilisatorischen Diskurs, wenn wir gegenüber den United States of MAGA noch haben (wir sprechen uns in den Iden des Friedrich Merz wieder), war auch schon einmal größer.

  8. Vollständigerweise sollte hier aber auch darauf hingewiesen werden, dass an der Sendung noch eine zweite Person teilgenommen hat, die bei derselben Schauspielagentur wie Schleiermacher unter Vertrag ist, was den Verdacht der Täuschung zusätzlich nährt.

  9. Doch, der Sender hätte diese Leute ausschließen sollen. Die Ausschlachtung war nämlich erwartbar, und somit war auch erwartbar, dass es einfach sein wird, am Thema vorbei zu diskutieren. Natürlich hätten AfD/Nius was anderes gefunden, aber das wäre vermutlich nicht so handfest gewesen. Die Sendung hätte auch ohne die Zwei funktioniert und vermutlich auch besser.

  10. # TK
    Woher wissen Sie denn, wer bei wem „unter Vertrag“ steht?
    Ich bin selbst als Komparse tätig. Die Engagements werden für jede Produktion einzeln angefragt und einzeln vergeben, ohne jeglichen Anspruch auf weitere Aufträge. Das kann einer im Jahr, es können auch fünf im Jahr sein und im darauf folgenden Jahr kein einziger. Unter einem „Vertrag“ stelle ich mir etwas anderes vor.

  11. @Dieter B: Irgendeine Art von Vertrag wird es wohl bei jeder Agentur geben, wenn man sich dort registriert, aber das ist letztlich auch Haarspalterei in meinen Augen. Fakt ist, dass mehrere Laienschauspieler derselben Agentur an der Sendung teilgenommen haben.

  12. „Fakt ist, dass mehrere Laienschauspieler derselben Agentur an der Sendung teilgenommen haben.“
    Kann ja sein, ist aber mal eine ssssehr weitläufige Sippenhaft.

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