Berichterstattung über die Paralympics

Hört auf, Parasportler als inspirierende „Supercrips“ abzufeiern!

Exklusiv für Übonnenten
Wurde nicht im Fernsehen übertragen: Die Abschlussfeier der Paralympics am 8. September. Foto: IMAGO / Xinhua

Ich bin keine Sportskanone. Dennoch sind die Paralympics für mich als behinderte Frau sehr wichtig. Im Alltag sehe ich nie so viele kleinwüchsige Menschen auf einmal, nie erhalten behinderte Menschen fernab von mitleidigen Weihnachts-Galas so viel Aufmerksamkeit. Deshalb habe ich mit Freudentränen die Eröffnungsfeier im Fernsehen verfolgt. Besonders angesprochen hat mich die Para-Tanz-Show von Chelsie Hill und ihrer bekannten Rollstuhl-Tanzgruppe „The Rollettes“ aus Los Angeles.

Während der Paralympics habe ich erlebt, wie behinderte Menschen ihre Freude über die Sichtbarkeit in den sozialen Medien teilten, darüber, wie die Spiele einen Teil von Disability Culture zeigen. Dieses Event gehört uns behinderten Menschen.

Für die Fernsehkommentare galt das leider nicht. Die ZDF-Kommentator*innen bei der Eröffnungsfeier, beide ohne Behinderung, sagten zum Beispiel, dass es doch toll für Nichtbehinderte wäre, sich mal in einen Rollstuhl zu setzen oder eine Augenbinde zu tragen, um zu erfahren, wie es sich anfühlt, einen Rollstuhl zu nutzen, oder blind zu sein. Das ist Ableismus, denn eine Behinderung zu haben ist etwas anderes als sich mal in einen Rollstuhl zu setzen. Und das war nicht die einzige diskriminierende Aussage in der Berichterstattung.

Wiederholungen und Serien statt Paralympics

ARD und ZDF haben insgesamt 60 Stunden Wettkämpfe live im Fernsehen und 200 Stunden im Livestream übertragen. Ich habe fast alle Übertragungen gesehen, dabei wurden die Wettkämpfe, zum Beispiel die Basketballturniere, nicht bis zur Sieger*innenehrung gezeigt. Stattdessen wurde auf den Livestream verwiesen. Während die Olympischen Spiele den ganzen Tag gesendet wurden, liefen während der Paralympics im Nachmittagsprogramm Wiederholungen von Serien.

Die Autorin

Übermedien-Autorin Andrea Schöne

Andrea Schöne ist freie Journalistin und Moderatorin. Sie schreibt über Ableismus, Klimagerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Italien. Sie ist Lehrbeauftragte in Medienpädagogik zur Darstellung von Behinderung in den Medien an der…

2 Kommentare

  1. Ich glaube, dass es leider auch als Spartenfernsehen gilt. Olympia ist „für alle“ (obwohl nicht alle das gucken, geschweige denn alles) und Paralympics sind für Behinderte.

    Vielleicht gibt es ja mal ein gemeinsames Event, dass dann noch länger geht. Aber dann gibt es Basketball aller Art zur gleichen Zeit für Fans dieses Sports.

  2. „…und Paralympics sind für Behinderte.“
    Wenn das so sein soll, wäre es aber der Mindestanspruch, das ausgerechnet das Programm „für Behinderte“ behindertengerecht, also barrierefrei gestaltet wird.

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