Notizblog (23)

Vosgerau gegen die „Tagesschau“: Eine Programmbeschwerde als Material- und PR-Schlacht

Exklusiv für Übonnenten

Man kann nur (gegen alle Erwartung) hoffen, dass die Bearbeitung einer Programmbeschwerde beim NDR inzwischen ein papierloser Vorgang ist. Nicht auszudenken, was es allein für die Umwelt bedeutete, wenn alle 58 Mitglieder des Rundfunkrates die 173 Seiten ausdruckten, die die Kanzlei Höcker vor einigen Tagen im Namen des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau verschickt hat. Vosgerau erlangte kürzlich größere Bekanntheit über seine juristische Tätigkeit hinaus, weil er sich in Potsdam mit Rechtsextremisten traf, um sich über Pläne auszutauschen, Ausländer in großem Stil aus Deutschland zu entfernen. Und natürlich, weil er seitdem etliche öffentlichkeitswirksame Verfahren gegen die Berichterstattung darüber angestrengt hat.

159 der 173 Seiten sind Anlagen: zu PDF gewordene Artikel und Anwaltsschreiben, Anwaltsschreibenerwiderungen, Anwaltsschreibenerwiderungserwiderungen – ein riesiges Konvolut mit den immer gleichen Argumenten und Argumentszurückweisungen. Es wirkt, als sollte schon die schiere Masse an Material Eindruck machen auf die Rundfunkräte. Sicherheitshalber behaupten die Anwälte, dass der NDR mit einem Beitrag auf tagesschau.de nicht nur gegen seine Programmrichtlinien verstoßen habe, sondern auch gegen den NDR-Staatsvertrag, den Medienstaatsvertrag, den Pressekodex und die journalistische Sorgfaltspflicht.

Eine in jeder Hinsicht große Sache also, und bei der rechten „Jungen Freiheit“, die exklusiv über die Beschwerde berichtete und deren Autor Vosgerau zufällig ist, sah man in ihr gleich den Beweis, dass „die ‚Tagesschau‘ gegen den Staatsvertrag verstößt“: Das Dokument zeige, „mit welch unseriösen Methoden das öffentlich-rechtliche Aushängeschild die Falschbehauptungen von Correctiv zum sogenannten ‚Potsdamer Treffen‘ weiterverbreitete.“

Erfolg in zweiter Instanz

Millionen Deutsche haben Angst vor Abschiebung
Screenshot: tagesschau.de

Es geht um eine Formulierung, mit der in dem „Tagesschau“-Artikel behauptet wurde, es sei beim Potsdamer …

2 Kommentare

  1. Alles in allem ein erbärmlicher Vorgang. Jeder kennt die deutsche Geschichte. Jeder kennt das Parteivorbild der extremen Rechten und die entsprechenden Blaupausen. Jeder weiß, worum es in Potsdam wirklich ging. Besäßen sie einen Hauch von Restanstand, müssten sich Vosgerau und Konsorten schämen, diesen ungeheuerlichen Vorgang jetzt auch noch mit ihren gekackten Korinthen zu schmücken. Naja, hätten sie den, wären sie gar nicht in Potsdam gewesen.

  2. Wichtig ist, dass hängen bleibt, dass irgendwas nicht in Ordnung war mit der Recherche.
    Wichtig ist nicht, dass sich ein Haufen Rassisten über die massenweise Vertreibung unerwünschter Menschen aus Deutschland unterhalten haben.
    Wichtig ist, dass der Ausdruck „massenweise Vertreibungen unerwünschter Menschen“ evtl. nicht so ganz zutrifft.
    Wichtig ist nicht, dass Martin Sellner selbst sagt, dass an den millionenfachen Vertreibungsplänen „nichts Geheimes dran“ ist.

    Und selbstverständlich, wenn auch Off-Topic, ist ein muslimisch-religiöser Anschlag eines Extremisten und Diversitätshassers (Ähnlichkeiten zur AfD einfach ignorieren) ein echt guter Grund, die EU-Flüchtlingskonventionen kündigen zu wollen.

    Und unsere Medien sind linksgrün … is‘ klar.

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