Hasswort

Grande Dame

Exklusiv für Übonnenten

„Je höflicher die Wort-Rituale (…), desto herabsetzender.“

So hat die ehemalige CDU-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth einmal die Kommunikation zwischen Männern und Frauen in der Politik der 80er-Jahre beschrieben. Die bis dahin mehr oder weniger unter sich gebliebenen Männer in Bundestag und Regierung sahen sich damals mit immer mehr weiblichen Abgeordneten konfrontiert – die dann auch noch gesellschaftliche Reformen einforderten.

Viel Häme und Herablassung, vielleicht auch Verunsicherung, wurden kaschiert durch die häufige Verwendung einer vorgeblich höflichen Anrede wie „Madame“. „Die Dame ist mir lieb, aber viel zu teuer“ – so zitierte der „Spiegel“ 1988 den FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff. Seine Kabinettskollegin Süssmuth hatte u. a. die verrückte Idee gehabt, berufstätigen Eltern das Recht zu garantieren, dass sie zuhause bleiben dürfen, wenn ihre Kinder krank sind. Merke: Höfliches ist nicht unbedingt freundlich gemeint. Vorgeblich Respektvolles kann auch dazu dienen, sich Gedanken und Menschen vom Hals zu halten.

Womit wir bei der Grande Dame wären, einem der Lieblingsbegriffspaare deutscher Journalist*innen, wenn es um ältere Frauen eines bestimmten Bekanntheitsgrades geht, die es freundlich zu beschreiben gilt. Besonders solche, die sich ab und an mal ein bisschen schicker machen – oder gemacht haben.

Denn vor allem in Nachrufen schlägt die große Stunde der Grande Dame. So wie für die vor kurzem gestorbene irische Feministin und Schriftstellerin Edna O´Brian: Für die „Süddeutsche Zeitung“ war sie in ihren späteren Jahren eine „glamouröse, politisch gefragte Grande Dame“. Der Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek rief die „Tagesschau“ im Juni nach, sie habe als „Grande Dame des Deutschen Fernsehens“ gegolten. Mit Ruth Westheimer starb für die Nachrichtenagentur dpa im Juli die „Grande Dame der Sex-Therapie“.

Widerständige und unbequeme Frauen

Doch …

1 Kommentare

  1. Schöner Beitrag, vielen Dank – ich hab da noch nie drüber nachgedacht. Aber der Text leuchtet ein.
    Gibt’s eigentlich noch den Altmeister und den Doyen?

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