Holger ruft an (113)

Wie sehr vertrauen die Menschen den Medien noch – und wie sehr sollten sie?

Tortengrafik: Medienvertrauen bei wichtigen Dingen

2022 ist das Medienvertrauen in Deutschland zwar leicht zurückgegangen, dennoch ist es höher als vor der Pandemie. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt unter den verschiedenen Mediengattungen immer noch am meisten Vertrauen, der Wert ist aber auf dem niedrigsten Niveau seit Beginn der Langzeitstudie „Medienvertrauen“, die die Universität Mainz seit 2008 durchführt. In dieser Woche wurden die neuen Ergebnisse veröffentlicht.

Medienvertrauen – was bedeutet das eigentlich? Und wie misst man das? Darüber spricht Holger Klein diese Woche mit dem Journalistik-Professor Tanjev Schultz vom Journalistischen Seminar der Uni Mainz. Er erklärt: "Vertrauen ist verbunden mit Gefühlen, aber teilweise auch mit unreflektierten und und unbewussten Einstellungen. Man vertraut und merkt es gar nicht. Erst wenn das Vertrauen brüchig ist, reflektiert man darüber."

Auch wenn die aktuelle Studie zeige, dass es eine Menge Menschen gibt, die mit den Medien vergleichsweise zufrieden sind, gebe es auch viele, die "medienentfremdet" seien. Sie sagen zum Beispiel, Medien seien abgehoben und berichten über Dinge, die sie nicht interessieren. Dass Menschen unzufrieden und kritisch mit Medien sind, sei nichts Schlechtes, so Schultz. Wichtig sei aber eine solide Grundannahme, "dass uns niemand hinters Licht führen will." Denn das sei die Grundlage für demokratischen Austausch.

Wie viel Medien-Misstrauen verträgt eine Gesellschaft? Warum spielen die sogenannten alternativen Medien eine geringere Rolle, als man vielleicht annimmt? Wie ist das Medienvertrauen in anderen Ländern? Und warum ist Entschleunigung wichtig? Darüber sprechen Holger Klein und Tanjev Schultz in der neuen Folge "Holger ruft an...":


(Sie können den Podcast auch über die Plattform oder App Ihrer Wahl hören. Hier ist der Feed.)

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Ein Kommentar

  1. Interessantes Gespräch! Mich hätte noch interessiert, wie Herr Schultz die Folgen von „Lügenpresse-“ und Querdenker-Debatten auf die Ergebnisse einschätzt. Könnte mir vorstellen, dass die den Vertrauenswürdigkeits-Werten sogar nützen – nicht weil die Leute den Medien wirklich mehr vertrauen, sondern weil sie sich mit ihrer Antwort von den Querdenkern abgrenzen wollen.

    Ich selbst hätte vor zehn Jahren wahrscheinlich häufiger „teils, teils“ gesagt also heute (ohne dass ich die Glaubwürdigkeit wirklich anders bewerten würde).

    Drei Punkte zum Balkendiagramm:

    1. fehlt mir das Radio – politische Sendungen im DLF oder bei den Info-Radios finde ich „glaubwürdiger“ als die im ÖR-Fernsehen, weil sie meist nüchterner angelegt sind und weniger auf Effekt gebürstet (reine Nachrichtenformate ausgenommen). Die Radiosender kommen aber gar nicht vor.

    2. finde ich das Abstraktionsniveau der Befragung schwierig: „Überregionale Tageszeitungen“ sind ein weites Feld, die Taz gehört ebenso dazu wie das Handelsblatt, Die Welt oder die Junge Welt. Schwierig, sich da auf ein gemeinsames Glaubwürdigkeits-Level festzulegen.

    3. wundert es mich dennoch, dass Lokalzeitungen besser abschneiden als die großen Blätter. Hätte gedacht, dass die Großen angesichts von Dickschiffen wie Süddeutsche und FAZ eher gute Werte erhalten – während viele Lokalblätter ja seit geraumer Zeit zurecht in der Kritik stehen, Billigjournalismus zu betreiben.

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