Eduard Seidel war einst ein viel beschäftigter Mann: Der frühere Chef von Siemens in Nigeria wurde 2007 zur zentralen Figur im größten Schmiergeldskandal der deutschen Wirtschaft nach 1945. Die Siemens-Zentrale in München wurde gestürmt, am Ende kam heraus, dass der Konzern für lukrative Aufträge jahrelang Politiker und Beamte auf der ganzen Welt geschmiert hatte.
Seidel war im Verfahren geständig und räumte 22 Fälle von Bestechung ein, zum Teil angeblich mit Koffern voller Bargeld. 2008 kam der intern „König von Nigeria“ betitelte Seidel mit einer vergleichsweise milden Strafe davon: Wegen „Bestechung ausländischer Amtsträger“ wurde er zu einem Jahr Haft auf Bewährung und 240.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Auch, weil Seidel stets beteuerte, kein Geld in die eigene Tasche gesteckt zu haben.
Doch die im Februar 2022 veröffentliche internationale Recherche-Kooperation unter dem Titel „Suisse Secrets“ zeichnet ein anderes Bild: Demnach hatte Seidel auf einem Konto der Schweizer Großbank Credit Suisse zeitweise bis zu 54 Millionen Schweizer Franken liegen. Geld, das er gegenüber der Staatsanwaltschaft nie angegeben hatte – und das sich selbst mit Seidels Jahresgehalt von gut 300.000 Euro kaum anhäufen lässt.
Der Fall steht stellvertretend für das Gebaren einer global agierenden Finanz- und Wirtschaftselite, die eine im Kern vollkommen nihilistische Sicht auf die Gesellschaft hat, in der sie lebt: Ihr „Erfolg“ soll nie etwas mit dieser Gesellschaft zu tun haben, mit den Staaten, Institutionen, der Infrastruktur, die ihn in Wirklichkeit (mit) ermöglicht haben.
Die Übergänge zwischen „Steuergestaltung“ auf den Kaimaninseln und organisierter Kriminalität sind dabei fließend, wie zahlreiche Fälle der letzten Jahre zeigen: Ob Siemens-Manager Seidel, der Finanzberater, Sexualstraftäter und Menschenhändler Jeffrey Epstein oder Politiker wie der ehemalige tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš, der sich mittlerweile wegen Subventionsbetrugs vor Gericht verantworten muss: Sie alle operierten mit Offshore-Firmen und geheimen Bankkonten.
Mit Journalismus gegen Steuerräuber
Die damit einhergehenden gesellschaftlichen Verwerfungen führen zu einem Ausbluten des Wohlfahrtsstaates: Auf der einen Seite entziehen sich Superreiche, Erben, Entrepreneurs und Oligarchen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, auf der anderen Seite wachsen Schattenökonomien von Drogenkartellen, Cyberkriminellen und Menschenhändlern, die ihre eigenen Wirtschaftsimperien jenseits der staatlich regulierten Ökonomie etablieren.
Beiden mehr oder weniger gleichermaßen zur Seite steht eine Armee von willfährigen Politikern, Steueranwälten, Brokern, Vermögensverwaltern und Finanzberatern, die versuchen, die Milliarden ihrer Mandanten dem Zugriff staatlicher Steuerbehörden zu entziehen. In der Folge nimmt der „Wohlstand für alle“ immer mehr ab, während einige wenige immer reicher werden.
Seit einigen Jahren wird deren Geschäft allerdings schwieriger – weil es sich aufgrund zahlreicher Datenlecks nicht mehr komplett vor der Öffentlichkeit verbergen lässt. Große internationale Recherchekooperationen von investigativen Journalist:innen, die häufig unter der Schirmherrschaft des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ) oder ähnlicher Organisationen stehen und von vielen Medien gemeinsam veröffentlicht werden, sorgen immer wieder für umfassende Einblicke und Unruhe.
Die Präsentation der „Offshore-Leaks“, „Luxemburg Leaks“, „Panama Papers“, „Paradise Papers“ oder „Suisse Secrets“ ist jeweils spektakulär, geschieht meist weltweit zum gleichen Zeitpunkt. Häufig werden prominente Fälle und Menschen in den Vordergrund gestellt, um beispielhaft zu erläutern, wie bestimmte Arten der Steuerhinterziehung und -vermeidung funktionieren. Die Aufmerksamkeit, die die Publikationen generieren, ist unbestreitbar.
Mit dem Rampenlicht kommt die Kritik
Doch immer wieder wurde in den vergangenen Jahren auch Kritik laut: Die spektakulären Leaks dienten vor allem der Selbstvermarktung der beteiligten Redaktionen, obwohl der „Erkenntniswert zweifelhaft“ sei, hieß es dann etwa – oder dass es sich um einen „Skandal ohne Aufschrei“ handle. Der damalige „Spiegel“-Chef Klaus Brinkbäumer sprach 2017 im Hinblick auf die Kooperation von NDR/WDR und „SZ“ gar davon, dass in der Branche von einem „Zitierkartell“ die Rede sei. Es gebe „Vorzugsbehandlungen für Nachrichten, die aus diesem Verbund entstehen“, so Brinkbäumer damals.
Mittlerweile ist Brinkbäumer Programmdirektor des MDR in Leipzig, während der „Spiegel“ sich kürzlich die Investigativ- und Kooperations-Kompetenz von Bastian Obermayer und Frederik Obermaier sicherte. Beide hatten jahrelang für die „SZ“ maßgeblich den Rechercheverbund geprägt. Nun haben sie einen eigenen Investigativ-Newsroom gegründet, in Partnerschaft mit den Hamburgern. Für den „Spiegel“ war die Langzeit-Konsequenz aus Brinkbäumers Kritik also offenbar: „If you can’t beat them, join them.“
„Den Vorwurf oder die Frage, ‚was ist denn jetzt eigentlich die Geschichte?‘, höre ich praktisch ausschließlich von Journalisten. Die Leser:innen waren bei jeder Veröffentlichung extrem interessiert, egal ob in Form von Zuschriften, bei Autorennächten, Lesungen oder Filmvorführungen.“
Bastian Obermayer
Verschiedentlich gab es auch inhaltlich-politische Gegenpositionen, vor allem von liberal-konservativer Seite. Exemplarisch kritisierte der ehemalige Leiter der Wirtschafts- und Finanzredaktion der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS), Rainer Hank, die Enthüllungen verwischen zusehends den Unterschied zwischen legal und illegal zugunsten eines schwammigen moralischen Vorwurfs, der sogenannte legale Steuergestaltung für „illegitim“ erkläre: „Der Fakt, dass die dokumentierte Steuergestaltung legal ist, wird nicht etwa positiv als mildernder Umstand angerechnet, sondern ist ganz im Gegenteil am Ende der Beweis dafür, wie verachtenswert dieses Verhalten sei“, bemängelt Hank 2017 etwa an den „Paradise Papers“.
Bleiben die Recherchen folgenlos?
Ein völlig anderes Problem ist, dass die immer neuen Leaks leicht den Eindruck erwecken können, es ändere sich ohnehin nichts. Selbst Obermayer und Obermaier beklagten in einem als „Wutausbruch“ charakterisierten Stück in der „SZ“, dass „Superreiche, Politiker, Kriminelle und Prominente, die ihr Geld in heimlichen Konstruktionen verstecken, während die Staatskassen weltweit ächzen“ nicht nur dem Publikum bekannt vorkämen, sondern „ganz ehrlich: uns auch.“ Der Text liest sich dann auch wie eine Kampfansage.
Auch im Gespräch mit Übermedien ist Bastian Obermayer überzeugt:
„Den Vorwurf oder die Frage, ‚was ist denn jetzt eigentlich die Geschichte?‘, höre ich praktisch ausschließlich von Journalisten. Die Leser:innen waren bei jeder Veröffentlichung extrem interessiert, egal ob in Form von Zuschriften, bei Autorennächten, Lesungen oder Filmvorführungen.“
Zusammen mit seinem phonetischen Namensvetter Frederik Obermaier erhielten er und das ICIJ 2017 den Pulitzer-Preis für die „Panama Papers“ – nur der prominenteste der zahlreichen Journalistenpreise, die die Recherche-Kooperationen im Laufe der Jahre gewonnen haben.
Im Schatten dieser publizistischen Erfolge verkümmern nach Auffassung mancher Kritiker allerdings andere Geschichten, die nicht mehr groß genug erscheinen. Ein freier investigativer Journalist, der namentlich nicht genannt werden wollte, spricht von insgesamt schrumpfenden Etats und Ressourcen, die es schwieriger gemacht hätten, mit Themen auf lokaler oder regionaler Ebene durchzudringen:
„Wenn internationale Kooperationen über Monate an einer Riesen-Geschichte arbeiten, und ich dann sage, ich habe Hinweise auf Korruption in einer Landesbehörde oder einem Bauamt einer mittelgroßen Stadt, fällt das automatisch ab, obwohl es für die Menschen vor Ort sehr relevant sein kann.“
Dafür könnten die Recherche-Verbünde nicht direkt etwas, aber sie hätten nolens volens „die Messlatte für große Geschichten“ nach oben gelegt.
Dass diese Messlatte angesichts der konkreten Folgen höher liegt, ist kaum verwunderlich: Laut Obermayer wurden bereits mehr als 1,3 Milliarden Euro allein aufgrund der Verfahren im Zuge der „Panama Papers“ von Steuerbehörden wieder eingetrieben worden, immer wieder kommt es zu neuen Ermittlungen und auch zu neuen Leaks. „Wenn Kollegen noch am Tage der Veröffentlichung solcher Recherchen schreiben, ‚ja, und wo ist denn der Impact?‘, dann sind sie einfach zu ungeduldig“, so Obermayer. Es liege in der Natur der Sache hochkomplexer Sachverhalte, dass zum Beispiel deren juristische Aufarbeitung im Anschluss an die Veröffentlichungen Jahre dauern könne.
Haben die Recherchen das Geschäft mit Offshore-Konten und Briefkastenfirmen schwieriger gemacht? Ja, glaubt Benedikt Strunz, der für den NDR im Rechercheverbund arbeitet und an zahlreichen Kooperationen zu Steuerleaks beteiligt war:
„Wir haben seit den Offshore Leaks 2013 so ungefähr zehn große Leaks in dem Bereich Steuerhinterziehung, -gestaltung und Geldwäsche. Die Folgen sind auf mehreren Ebenen zum einen die juristisch-repressive, nenne ich sie jetzt mal, wo Milliarden an hinterzogenen Geldern zurückgeholt werden. Das andere sind Gesetzesänderungen wie zum Beispiel das Transparenzregister in Deutschland oder ‚Country by Country Reporting‘, also dass Konzerne ihre Steuersätze in verschiedenen Ländern offenlegen müssen. Auch eine Blacklist mit Steueroasen, die dadurch gebrandmarkt werden, ist so ein Ergebnis.“
Auch Georg Mascolo, der die Leitung des Rechercheverbundes kürzlich abgegeben hat, zieht eine erfolgreiche Bilanz:
„Man kann argumentieren, dass sich trotz aller Veröffentlichungen noch nicht genügend getan hat, das würde ich ebenso sehen“, so Mascolo. „Aber wahr ist auch, dass sich in den vergangenen Jahren mehr getan hat als je zuvor. Die Leaks sind aus meiner Sicht Beispiele für den denkbar wirkmächtigsten Journalismus, sie setzen Regierungen unter konstanten Druck, diese Schattenwirtschaft zu reglementieren oder zu beenden. Und sie berauben die Finanzindustrie ihres wichtigsten Versprechens – unbedingte Vertraulichkeit garantieren zu können. Nur dies lässt auch die Hoffnung zu, dass sich in diesem Bereich dauerhaft etwas zum besseren ändern wird.“
Die Leaks verstetigen sich
„Man sitzt da ja vor riesigen Datenmengen, die erstmal aufgearbeitet werden müssen, die durchsuchbar gemacht werden müssen. Das ist zum einen eine technische Herausforderung, zum anderen sind es Daten aus ganz vielen unterschiedlichen Ländern. Und für mich ist der besondere Vorteil an solchen Kooperationen, dass man auch auf die Expertise von Kolleginnen und Kollegen vor Ort zurückgreifen kann.“
Elena Kuch
Dass es immer mehr Leaks gibt, liegt zum einen schlicht an der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung: Allein die Datenmenge der Panama Papers hätte in Papierform niemals unauffällig aus der Firma herausgebracht werden können. Zum anderen haben Journalist:innen mit Institutionen wie dem ICIJ und anderen aber eine Infrastruktur geschaffen, der Whistleblower vertrauen können.
Einfach sei das Ganze deshalb aber nicht, erzählt Strunz:
„Du hast einen organisatorischen Zusammenschluss aus wirklich wahnsinnig guten Journalisten, auf der ganzen Welt, die koordiniert werden müssen, über verschiedene Zeitzonen, mit unterschiedlicher Arbeitskultur, wo auch Alpha-Männchen und Eitelkeiten im Spiel sind. Es gibt schon mal Momente, in denen du die Hände über dem Kompf zusammenschlägst und dir denkst: ‚Im Ernst jetzt?‘“
Das sei aber die Ausnahme, auf der anderen Seite stehe der Spaß mit Kolleg:innen aus der ganzen Welt zu arbeiten und zusammenzukommen.
Der Mehrwert besteht dabei aber vor allem auf inhaltlicher Ebene, glaubt Elena Kuch, die ebenfalls für den NDR im Rechercheverbund arbeitet:
„Man sitzt da ja vor riesigen Datenmengen, die erstmal aufgearbeitet werden müssen, die durchsuchbar gemacht werden müssen. Das ist zum einen eine technische Herausforderung, zum anderen sind es Daten aus ganz vielen unterschiedlichen Ländern. Und für mich ist der besondere Vorteil an solchen Kooperationen, dass man auch auf die Expertise von Kolleginnen und Kollegen vor Ort zurückgreifen kann. Bei den ‚Suisse Secrets‘ haben wir uns stark auf Venezuela konzentriert. Da waren mehrere Reporterinnen und Reporter aus Venezuela dabei, die bestimmte Namen kannten und sofort wussten, wonach man suchen sollte.“
Internationale Kooperationen als Schutzschild
„Die Bereitschaft zur internationalen Kooperation im Investigativen Journalismus ist die größte Veränderung in diesem Bereich, die ich in meinem Berufsleben gesehen habe. Sie setzt globalen Missständen eine globale Recherche entgegen – mit der entsprechenden Wirkmacht.“
Georg Mascolo
Neben der Bündelung internationaler Expertise bieten die großen Kooperationen vielen Beteiligten aber auch eine Sicherheit: „Wir haben es relativ gemütlich in Deutschland sowas zu recherchieren, der Rechtsstaat schützt uns ziemlich gut“, sagt Strunz, „aber woanders setzen die Leute ihr Leben aufs Spiel mit solchen Recherchen. Das darf man einfach nicht vergessen. Da macht es einen Riesenunterschied, ob da die ganze Weltöffentlichkeit mit draufschaut oder ob man da alleine steht und sagt: ‚Ich hab da mal ein paar Fragen‘.“ Letzteres ist auch für Obermayer enorm wichtig:
„Die Message ist: Es lohnt sich nicht Journalist:innen zu verfolgen oder zu ermorden, denn ihre Geschichten leben weiter.“
Dafür sorgen soll unter anderem das Projekt „Forbidden Stories“, ein journalistisches Netzwerk, das Recherchen von bedrohten oder ermordeten Kolleg:innen weiterführt. Weltweit bekannt wurde die Organisation nach der Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, deren Recherchen zur Korruption hochrangiger Politiker und Beamter auf Malta im „Daphne-Projekt“ fortgeführt werden. Der Druck der internationalen Berichterstattung hat mit dazu geführt, dass gegen Täter und Hintermänner 2019 Anklage erhoben wurde und Premierminister Joseph Muscat wegen der Verwicklung in den Fall zurücktreten musste.
Ein neuer Journalismus in einer digital vernetzten Welt
Georg Mascolo macht auf einen weiteren Punkt aufmerksam:
„Die Bereitschaft zur internationalen Kooperation im Investigativen Journalismus ist die größte Veränderung in diesem Bereich, die ich in meinem Berufsleben gesehen habe. Sie setzt globalen Missständen eine globale Recherche entgegen – mit der entsprechenden Wirkmacht.“
Ob diese Wirkungsmächtigkeit tatsächlich existiert, wird sich allerdings erst zeigen müssen. So scheint der Ukraine-Krieg zum Beispiel den Kampf gegen Korruption und Kleptokratie seitens der USA und der EU viel stärker beflügelt zu haben, als viele Leaks zuvor. Ein Kollateral-Erfolg dieses Kampfes gegen die im Ausland geparkten Vermögen russischer Oligarchen könnte sein, dass es auch mehr Offshore-Vermögen westlicher Tycoons an den Kragen geht.
Für Obermayer ist der wichtigste Erfolg der Leaks, dass man das Modell übertragen kann auf andere Themen: Als Beispiel nennen sowohl er als auch Mascolo das „Pegasus-Projekt“, mit dem 2021 aufgedeckt wurde, dass Regierungen weltweit mithilfe der „Pegasus“-Software der israelischen Software-Firma NSO Handys von Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und Oppositionellen ausgespäht haben.
Diese Beobachtung einer neuen journalistischen Wirkmächtigkeit wird auch wissenschaftlich geteilt. Der Kommunikationswissenschaftler Peter Berglez, der an der schwedischen Jönköping Universität lehrt und forscht, spricht vom „Aufstieg einer vierten globalen Gewalt“, die eine neue Form des Journalismus darstelle. Dieser sei ein Produkt des digitalen Zeitalters, dessen Möglichkeiten er sich bediene, nachdem die Digitalisierung klassische Medien zunächst vor allem finanziell massiv unter Druck gesetzt habe. Der neue „globale Netzwerkjournalismus“ sei die Antwort auf die Notwendigkeit, global agierende Konzerne und Player auch global zu konfrontieren.
Nationale, internationale oder gar globale Kooperation sei aber in anderen Feldern längst als massive Chance erkannt worden, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen, beispielsweise in wissenschaftlicher und medizinischer Forschung, bei der industriellen Fertigung oder auch im künstlerisch-kulturellen Bereich. Die Vernetzung von Journalist:innen in großen Recherche-Netzwerken sei daher eine Chance, der vor allem finanziellen Schwächung durch die Digitalisierung zu entkommen und die Rolle als vierte Gewalt auf globalem Niveau (wieder) einzunehmen.
Und das erscheint angesichts der global agierenden Finanzeliten auch mehr als nötig. Elena Kuch erinnert daran, dass man in den reichen Industrienationen von den verlorenen Steuermilliarden noch vergleichsweise wenig spüre.
„Venezuela aber ist nach jahrzehntelanger Korruption und Misswirtschaft trotz des Ölreichtums eines der ärmsten Länder der Welt. Dass eine Schweizer Bank in einem der reichsten Länder den dortigen Eliten offenbar beim Geldverschieben hilft, hat deshalb eine Auswirkung auf das Elend von Millionen Menschen. Und wie so häufig sind es in diesen Ländern vor allem Frauen, die von Armut und Ausbeutung besonders betroffen sind.“
Nicht nur sie hofft daher, dass der Druck auf die Mächtigen auch mithilfe internationaler Recherche-Kooperationen weiter erhöht werden kann. Für Eduard Seidel ist es mit der gemütlichen Ruhe nach seinem vorteilhaften Deal mit der Justiz zumindest vorerst vorbei: Die Münchner Staatsanwaltschaft hat aufgrund der Enthüllungen der „Suisse Secrets“ ein Rechtshilfeersuchen an die Schweiz gerichtet. Die eidgenössische Bundesanwaltschaft bestätigte bereits Mitte Februar den Eingang eines entsprechenden Schreibens.
Der Autor
Andrej Reisin ist freier Journalist. Er arbeitet unter anderem für „Tagesschau“, „taz“, „Spiegel“ und seit 2002 vor allem im Auftrag des NDR, insbesondere für „Panorama“ und „Zapp“. Er war einer der Herausgeber des Weblogs Publikative.org und erhielt mit anderen den Grimme-Preis für die „Panorama“-Berichterstattung zum Hamburger G20-Gipfel.
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