Es fing bereits damit an, dass die ARD-Korrespondentin in Kiew den Beginn des Krieges versäumte. In der Nacht zum 24. Februar hatte das russische Regime seinen Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet, am Morgen schaltete die ARD dann zu Ina Ruck. Wie sie den Angriff bisher erlebt habe, wollte der Moderator wissen. „Ehrlich gesagt, ich habe ihn verschlafen“, gestand Ruck, was für einige Irritationen sorgte. Die Leiterin des ARD-Studios Moskau war erst wenige Tage zuvor nach Kiew gereist, um über die Lage dort zu berichten.
Nun war also Krieg – und die ARD offensichtlich überfordert. Ina Ruck verließ das Land nur kurz nach ihrer Ankunft wieder. Und schon drei Tage später war kein einziger Fernseh-Korrespondent der ARD mehr in der Ukraine. Weil die russischen Truppen auf Kiew vorrückten und die Angriffe auf die Hauptstadt zunahmen, hatte der WDR sein Team wegen angeblich zu hoher Risiken abgezogen. „Der Schutz und die Sicherheit unserer Mitarbeitenden hat für uns oberste Priorität“, sagt der WDR zur Begründung. Parallel sei von Polen und Rumänien aus die Einreise weiterer Teams „vorbereitet“ worden. Gleichzeitig habe eine freie Journalistin von vor Ort berichtet, „außerdem unterstützten uns ukrainische Kolleginnen und Kollegen“.
Doch erst mal hatte die ARD Lücken zu füllen. In „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ sendete sie zeitweise Reportagen der englischen BBC oder schaltete zu anderen Journalisten im Land, etwa zum „Cicero“-Reporter und Ukraine-Kenner Moritz Gathmann. Denn die Reporter zahlreicher anderer Medien sind ja seit Wochen vor Ort: „Bild“, „Welt“ und Deutsche Welle berichten ohne Unterbrechung, auch BBC oder CNN. Bei der ARD aber dauerte es, bis sie langsam in Gang kam.
Wieso schaffte es der große Senderverbund nicht, einen besseren Job zu machen? Die ARD steht in diesem Krieg immer wieder in der Kritik. Kürzlich erst behauptete Reporter Georg Restle, Journalisten hätten sich noch kein Bild von den Gräueltaten in Butscha machen können – obwohl Kollegen anderer Medien längst dort waren. Restle musste heftig einstecken.
Strukturelle Probleme
Nicht immer aber ist die Kritik bei den Reportern an der richtigen Adresse, die sich der Gefahr eines Krieges aussetzen – und dann auch noch, etwa auf Twitter, ins Kreuzfeuer geraten. „Sie bekommen die Prügel ab, die eigentlich der WDR oder die ARD verdient hätten“, sagt eine Journalistin, die den Senderverbund gut kennt. Die Kolleginnen und Kollegen setzten sich mit Mut und Engagement ein, nähmen dabei erhebliche Risiken in Kauf. Aufmerksamkeit verdienten vielmehr die strukturellen Probleme in der ARD.
Deren einzelne Landessender haben seit Jahren die Berichtsgebiete weltweit unter sich aufgeteilt. Für Teile Asiens, zum Beispiel, zeichnet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) in Hamburg verantwortlich, für die Türkei der Bayerische Rundfunk (BR) in München, und für Berichte aus Russland und der Ukraine ist der Westdeutsche Rundfunk (WDR) in Köln zuständig – und damit auch für beide Perspektiven auf den russischen Angriffskrieg.
Hört man sich im WDR um, klingen einige Kollegen verärgert. Die Auslandsberichterstattung werde seit Jahren zugunsten der Regionalberichterstattung vernachlässigt, sagen sie. Öffentlich reden möchte darüber niemand. „Das ist ein echtes Minenfeld“, sagt eine ehemalige WDR-Mitarbeiterin. In Hintergrundgesprächen fällt die Kritik dann umso deutlicher aus. Was zeigt, wie notwendig eine breite, öffentlich geführte Debatte darüber wäre, was öffentlich-rechtliche Sender bei ihrer Berichterstattung aus Kriegen leisten sollten – und welche festgefahrenen Strukturen dabei hinderlich sind.
Aktuell berichten drei TV-Korrespondenten für die ARD aus der Ukraine; insgesamt beläuft sich die Anzahl der Mitarbeiter:innen nach Angaben des WDR auf „bis zu 20“. (Siehe Nachtrag.) „Eigentlich müssten die da mit 40 Leuten rein“, sagt ein erfahrener ARD-Krisenreporter, der auch nicht genannt werden möchte. Das sei ja ein großer Krieg in Europa, in der ARD fehle aber das Gespür dafür, internationale Krisen rechtzeitig zu erkennen und sie richtig einzuschätzen. Der WDR müsste sich stärker mit geopolitischen Herausforderungen beschäftigen, wie in der Berliner Politik herrsche jedoch vor allem „German Angst“. Den Entscheidern im WDR fehle es außerdem an eigener Auslandskompetenz und Erfahrung in Krisenregionen, lautet ein anderer Vorwurf.
In dem hierarchischen Gefüge sei es leicht, sich vor der Verantwortung zu drücken, Entscheidungen zu vertagen und Fragen lange zu diskutieren, zum Beispiel was den Versicherungsschutz für Kriegsreporter betrifft. Der ist ohnehin seit vielen Jahren ein heikles Thema für die Sender: Er ist sehr teuer – und nicht selten ein Hinderungsgrund. Manche Kollegen im WDR haben den Eindruck, gerade für freie Journalisten werde im Ukraine-Krieg weniger Verantwortung übernommen. Sie seien auch für öffentlich-rechtliche Sender immer wieder ohne ausreichenden Versicherungsschutz unterwegs.
Taskforce und Sicherheitskoordinator
Der WDR selbst stellt das naturgemäß ganz anders dar. Auf Anfrage von Übermedien teilt die Pressestelle des Senders mit, eine „Taskforce“ koordiniere die Einsatzplanung der Korrespondenten und Teams in der Ukraine; sie bestehe unter anderem aus der Auslandsabteilung und der Stabsstelle Auslandssicherheit. „Der im WDR angesiedelte Sicherheitskoordinator ist verantwortlich für die gesamte ARD und hat bereits in der Vergangenheit Einsätze anderer ARD-Anstalten in Krisen- und Kriegsgebiete begleitet“, heißt es. Voraussetzung für einen Einsatz in der Ukraine sei ein umfassendes Sicherheits- und Notfallkonzept. Alle Kollegen, die vor Ort eingesetzt würden, hätten eine spezielle Ausbildung für Krisen- und Kriegsgebiete absolviert. Und für alle gelte ein umfassender Versicherungsschutz.
Ausbildung für den Krieg
Für Journalistinnen und Journalisten der ARD, die aus einem Kriegs- oder Krisengebiet berichten wollen, ist eine vorherige Schulung zwingend. Diese wird an verschiedenen Standorten angeboten, etwa von der Bundeswehr in Hammelburg, die dort mehrmals im Jahr einen fünftägigen Lehrgang zum „Schutz und Verhalten in Krisenregionen“ anbietet. Dort soll über Risiken aufgeklärt und vermittelt werden, wie man sich in Gefahrensituationen verhält. Reporterinnen von „Funk“ haben den Kurs in einem Film dokumentiert.
Auch beim ZDF läuft in der Fernseh-Berichterstattung aus der Ukraine nicht alles rund. Aber im Vergleich zur ARD bewährt sich, dass der Sender zentral gesteuert wird, und dass er seit Jahren einen so genannten Reporterpool für Kriegs- und Kriseneinsätze hat, angesiedelt in der Hauptredaktion Aktuelles – was bei der ARD bisher nur diskutiert wird.
Aus diesem ZDF-Reporterpool stammt auch die preisgekrönte Journalistin Katrin Eigendorf. Wie schon im vergangenen Jahr, bei der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan, ist Eigendorf auch in der Ukraine zum prominenten Gesicht der ZDF-Berichterstattung geworden. Sie ist seit Wochen vor Ort. Eine vergleichbare Persönlichkeit fehlt in der ARD.
Eigendorf scheut keine Kritik an Senderstrukturen, sie spricht offen darüber: „Mir ist unser öffentlich-rechtliches System da manchmal auch ein bisschen zu behäbig und nachdenklich“, sagte sie vorige Woche im Übermedien-Podcast über die Rolle von ARD und ZDF im Ukraine-Krieg. Insbesondere, was die Abwägung von Risiken betrifft: „Oft sieht das für den entscheidenden Redakteur in der Zentrale gefährlicher aus, als es dann wirklich ist – auch da wünschte ich mir ein bisschen mehr Vertrauen in den Reporter vor Ort.“
Die ARD, wie das ZDF aus dem Rundfunkbeitrag finanziert, verfügt über einen Etat von mehreren Milliarden Euro im Jahr und ist damit im weltweiten Vergleich ein großer Player, der außerdem gerne auf sein weitläufiges Korrespondentennetz verweist. Doch in der Ukraine sieht das Engagement im Vergleich zu BBC und CNN eher spärlich aus. „Die ARD hat seit Jahren ein Büro in Kiew, dass mit Ortskräften besetzt ist und die Korrespondentinnen und Korrespondenten vor Ort unterstützt“, teilt der WDR mit. Ein TV-Korrespondent der ARD war aber in den vergangenen Jahren nicht fest in Kiew stationiert, zuständig war das Moskauer Studio. Von dort konnte man in kurzer Zeit einfliegen – was seit Kriegsbeginn aber nicht mehr klappt.
Die BBC hat derzeit in ihrem ständigen Büro in Kiew rund 25 Mitarbeiter vor Ort, die aus dem ganzen Land berichten. Mehrere beeindruckende BBC-Reportagen wurden im ARD-Programm übernommen. Auch CNN war schon vor Kriegsbeginn in der Ukraine mit einem großen Korrespondentenbüro in Kiew vertreten. Kollegen vor Ort sprechen von derzeit etwa sieben gepanzerten Fahrzeugen des US-Senders und rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aus verschiedenen Städten berichten. Zum Personal vor Ort gehören Moderatoren, Reporter, Producer, aber auch Sicherheitskräfte.
„Sicherlich unterscheiden wir uns da als ARD und ZDF von CNN ganz deutlich dadurch, dass wir einfach gar nicht über die Möglichkeiten verfügen, über die CNN verfügt“, sagt dazu Katrin Eigendorf. „Die schicken schneller Leute von A nach B, die arbeiten teilweise mit festen Sicherheitsleuten zusammen. Das ist ein ganz anders geschultes Team, die haben viel schneller Krisenteams zusammen und gehen eben auch bestimmte Risiken ein.“
Eigendorf erinnert auch an die erfahrene US-Kriegsreporterin Clarissa Ward von CNN. Sie hatte im August 2021 auch nach der Machtübernahme der Taliban weiter aus Kabul berichtet. „Ich glaube nicht, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender das seinen Reportern so erlaubt hätte“, sagt Eigendorf. Auch in Afghanistan war die ARD damals nicht gut vertreten, einige erinnern daran nun wieder. Damals war nicht der WDR zuständig, sondern der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) und der Hessische Rundfunk (HR). Aber Zuständigkeiten innerhalb der ARD sind für die Zuschauerinnen und Zuschauer letztlich egal. Sie interessiert, was gesendet wird. Darauf kommt es an.
Jetzt dürfen auch Reporter von BR und HR ran
Seitdem sich die Kritik häuft und der Ukraine-Krieg nicht so bald beendet sein dürfte, wird offenbar auch in der ARD über notwendige Veränderungen und Lektionen nachgedacht. Eins hat sich bereits getan: Es werden nun nicht mehr nur Reporter des WDR ausgeschickt, sondern auch vom HR oder BR. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Konkurrenzdenken in den ARD-Anstalten im Gegensatz zum alten Slogan „Wir sind eins“ doch sehr ausgeprägt ist. Jahrelang hat jeder eifersüchtig über sein Berichtsgebiet gewacht. Schon 2003, während des Irak-Krieges, kam es zu einem regelrechten Senderstreit zwischen den nach Bagdad entsandten Kriegsreportern des SWR und des NDR. In der Vergangenheit wurde vor allem verhindert, dass Kollegen aus anderen Anstalten zur Unterstützung dazu kamen.
Die Einsicht wachse, sagt ein Fernsehjournalist, „dass der WDR das alleine gar nicht stemmen kann“. So war im März beispielsweise der Büroleiter des ARD-Büros Istanbul, Oliver Mayer-Rüth, drei Wochen lang in der Ukraine. Er kommt vom BR und verfügt als Kriegsreporter über Erfahrungen aus dem Irak-Krieg, dem Nahost-Konflikt und aus Afghanistan. Er wurde unlängst von Oliver Mayer aus dem Südasien-Büro abgelöst, der vom HR kommt.
Einige WDR-Kollegen bewerten es als positiv, dass die Konkurrenz zwischen den ARD-Anstalten abzunehmen scheine und hoffen auf neue Flexibilität. Der WDR teilt mit: „Es gibt eine enge Kooperation innerhalb des Senderverbundes“. Die ARD prüfe „auch die mit einem möglichen Krisenreporter-Pool verbundenen Fragen, die Überlegungen stehen aber noch am Anfang“.
Kritik gibt es intern auch daran, dass vor allem Kolleginnen und Kollegen in die Ukraine entsandt würden, die noch nie dort gewesen seien und denen es an Sprach- und Landeskenntnissen fehle. Hier räche sich, dass der WDR es lange versäumt habe, gezielt die richtigen Leute für die Osteuropa-Berichterstattung zu fördern. In der Kölner Zentrale arbeiteten Kollegen, heißt es hinter vorgehaltener Hand, die die Region besser kennen würden und derzeit viel zur Berichterstattung beisteuerten. Allerdings: Es sind oft Freie.
Versäumt wurde auch, nach 2014 das ARD-Büro in Kiew mit einer TV-Korrespondentenstelle auszustatten. Die frühere Moskau-Korrespondentin der ARD, Golineh Atai, soll dafür mal im Gespräch gewesen sein. Atai hatte nach den Maidan-Protesten viel aus der Ukraine berichtet, auch vom Krieg im Osten des Landes. Statt ihre Auslandskompetenz weiter zu nutzen, setzte der WDR Atai allerdings auf eine Stelle in der nordrhein-westfälischen Regionalberichterstattung – woraus sie dann Konsequenzen zog und zum ZDF wechselte. Dort ist Atai heute Leiterin des Büros in Kairo.
Weil der Krieg im Osten der Ukraine wenig politische Aufmerksamkeit fand, wurde er auch journalistisch in Deutschland weitgehend vernachlässigt, nicht nur beim WDR, auch in anderen Medien. „Die ARD gehört zu den Medien, die über Jahre in der Ukraine am stärksten präsent war“, behauptet der WDR. Zur ganzen Wahrheit gehört aber eben auch, dass der Sender in Kiew keinen eigenen TV-Korrespondenten hatte. Die Pressestelle verweist stattdessen auf die Aktivitäten der Hörfunk-Kollegen und darauf, dass die ARD in den wichtigsten Regionen des Landes mit Producern zusammengearbeitet habe, also mit Einheimischen, die Material zuliefern.
WDR will prüfen, wie es weitergeht
Doch wie in der deutschen Politik galt das politische Interesse eben vor allem Russland und den Geschehnissen dort, weniger der Ukraine. Anders als bei den meisten deutschen Zeitungen ist das ARD-Büro Moskau seit dem Ende der Sowjetunion unverändert für den gesamten postsowjetischen Raum zuständig und damit auch für etliche Konfliktregionen. Das Berichtsgebiet erscheint vielen inzwischen zu groß. 2020, im Krieg in Berg-Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan, war die ARD erst Wochen später vor Ort; zu den Unruhen nach Kasachstan schickte sie Anfang 2022 gar kein TV-Team. Auch das ist wohl kaum den engagierten Moskau-Korrespondenten anzulasten, sondern der in die Jahre gekommenen Senderstruktur.
Die ARD wird bald entscheiden müssen, wie ihre Ukraine-Berichterstattung künftig aussehen soll. Auf Dauer dürften die aktuellen Mängel nicht durch kurzfristige Einsätze von Krisenreportern zu lösen sein, vielmehr könnte die Lage das Büro im polnischen Warschau stärken oder, je nach Kriegsverlauf, dafür sorgen, dass auch Kiew ein dauerhafter Posten für einen ARD-Fernsehkorrespondenten wird.
„Grundsätzlich werden wir prüfen, wie die Berichterstattung in der Region in den nächsten Jahren aussieht“, teilt der WDR auf unsere Anfrage mit. „Für ein vollständiges Bild braucht man mehr als den Blick aus dem Zentrum des Krieges. Dieser breite, umfassende Blick, bei dem wir auf das große Netz von ARD-Auslandskorrespondenten bauen können, wird umso wichtiger werden, je länger der Krieg andauert.“
Nachtrag, 26.4.2022.Der WDR hat in einer Mail an uns auf diesen Artikel reagiert; wir dokumentieren sie hier in voller Länge:
„Gerne möchten wir auf einige Punkte Ihrer Berichterstattung zur journalistischen Arbeit der ARD über den Krieg aus der Ukraine eingehen. Sie erscheint uns eher thesengeleitet als journalistisch sachlich.
Sie behaupten im Text, Ina Ruck habe den Beginn des Krieges nicht mitbekommen. Richtig ist, dass die Angriffe in der Nacht gestartet sind, während die meisten Menschen in Kiew – auch Ina Ruck – noch geschlafen haben. Dies wollte sie mit ihrer Aussage zum Ausdruck bringen. Gleichwohl hat sie direkt am Morgen über die Geschehnisse auf dem Sender berichtet und diese klar und kompetent eingeordnet. Aus ihren Schalten geht dabei auch hervor, dass sie bis in die Nacht die Lage vor Ort beobachtet und u.a. auch die nachts veröffentlichte Videobotschaft Selenskyjs verfolgt hatte, mit der dieser sich in Teilen auf Russisch ans russische Volk wendete.
Sie stellen die These auf, die ARD sei offensichtlich überfordert gewesen, liefern aber keinen Beleg. Richtig ist, dass Ina Ruck bis zum 27.02. mit ihrem Team im Land geblieben ist und von dort auch berichtet hat. Seit dem 01.03., zwei Tage später, ist die ARD wieder durchgehend mit eigenen Reporter:innen im Land vertreten. Das schreiben Sie nicht.
Sie sagen, die ARD hätte Lücken füllen müssen und deshalb BBC-Reportagen gesendet und zu anderen Journalisten im Land geschaltet. Richtig ist, dass die ARD neben dem Regelprogramm von Beginn an breite Sonderberichterstattung angeboten hat. Allein im Februar und März hat das Erste 22 Brennpunkt-Ausgaben gesendet. Hinzu kam umfassende Berichterstattung im auch an Wochenenden angebotenen ARD-Morgenmagazin, dem ARD-Mittagsmagazin, den Ausgaben der Tagesschau, den Tagesthemen, in monothematischen Ausgaben des Weltspiegel und der politischen Magazine, bei Phoenix, Tagesschau24 und sämtlichen Hörfunkwellen der ARD. Dabei griff die ARD vereinzelt auch auf Material der BBC zurück. Das ist ein übliches Vorgehen bei der Fülle an Programm. Es ist richtig, dass wir zum Thema auch andere Journalist:innen aus der Ukraine geschaltet haben. Anders als es im Text suggeriert wird, geschah das aber nicht anstelle von Schalten zu eigenen Reporter:innen im Land, sondern zusätzlich zu diesen. Es diente also keineswegs dem Füllen von Lücken, sondern der Erweiterung des Bildes aus der Ukraine.
Sie zitieren eine Quelle, nach der die Auslandsberichterstattung beim WDR „seit Jahren zugunsten der Regionalberichterstattung vernachlässigt worden sei“, unterfüttern dies aber nicht mit Argumenten. In der Sache ist dies schlicht nicht zutreffend.
Sie vergleichen die Anzahl der Korrespondent:innen (3), die für die ARD in der Ukraine sind, mit der Anzahl der Mitarbeiter:innen anderer Sender. Dieser Vergleich geht nicht auf: Zählt man alle Mitarbeiter:innen der ARD in der Ukraine zusammen, kommt man auf bis zu 20 Personen.
Sie behaupten, Golineh Atai sei auf eine Stelle in der „nordrhein-westfälischen Regionalberichterstattung“ gesetzt worden. Richtig ist, dass Golineh Atai nach ihrer Zeit im ARD-Studio Moskau als Redakteurin und Reporterin beim ARD-Magazin Monitor arbeitete und vor einem Wechsel in die ARD-Redaktion des Newsrooms stand – der Redaktion also, die zusammen mit der Auslandsabteilung derzeit alle Brennpunkte zur Ukraine verantwortet.
Wir stellen uns immer jeder Kritik, hätten uns jedoch einen fairen Umgang mit unserer Arbeit gewünscht.“
Den schiefen Vergleich haben wir im Text entsprechend korrigiert.
Die Autorin
Gemma Pörzgen ist freie Journalistin mit Osteuropa-Schwerpunkt. Sie arbeitet in Berlin als Autorin und Veranstaltungsmoderatorin sowie in der Online-Redaktion von Deutschlandfunk Kultur. Davor war sie Auslandskorrespondentin für verschiedene Zeitungen in Belgrad und Tel Aviv. Seit April 2020 ist sie Chefredakteurin von „Ost-West. Europäische Perspektiven“. Sie ist Mitgründerin und ehrenamtliches Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen Deutschland.
1 Kommentare
Diese Kleinstaaterei bei der ARD ist eben genauso ineffizient und sinnlos wie das in der Politik ist: Ein paar Regional/Länderfürsten machen sich auf Kosten der Gesamheit wichtig. Da gibt es nur ein Rezept: Abschaffen.
Zum Artikel selbst: Mich stört hier kolossal, dass offenbar neben den Pressestellen nur Ungenannte zitiert werden. Alles, was hinter vorgehaltender Hand gesagt wird, lässt sich nicht nachvollziehen. Ich will jetzt nicht sagen, dass alles Quatsch ist, was da gesagt wird. Aber auf diese Weise ist es nur Hörensagen, das auch einfach nur Geschwätz sein kann.
Diese Kleinstaaterei bei der ARD ist eben genauso ineffizient und sinnlos wie das in der Politik ist: Ein paar Regional/Länderfürsten machen sich auf Kosten der Gesamheit wichtig. Da gibt es nur ein Rezept: Abschaffen.
Zum Artikel selbst: Mich stört hier kolossal, dass offenbar neben den Pressestellen nur Ungenannte zitiert werden. Alles, was hinter vorgehaltender Hand gesagt wird, lässt sich nicht nachvollziehen. Ich will jetzt nicht sagen, dass alles Quatsch ist, was da gesagt wird. Aber auf diese Weise ist es nur Hörensagen, das auch einfach nur Geschwätz sein kann.