„Hörzu“-Apotheke

Neues aus der Funke-Schleichwerbegruppe (2)

Es könnte sein, dass die „Hörzu“ seit ein paar Wochen weniger oder wenigstens anders Schleichwerbung macht als sonst. Aber Genaueres ist schwer zu sagen, weil die Funke Mediengruppe, die die Programmzeitschrift herausgibt, um Verständnis dafür bittet, dass sie sich zu dem Thema nicht äußert.

Also fangen wir mit dem Handfesten an: In Heft 29 fanden besonders aufmerksame und treue „Hörzu“-Leser neben dem Impressum wieder einmal einen Text „in eigener Sache“, der in ähnlicher Form schon viele Male an dieser Stelle erschienen war: Das Blatt informierte darüber, dass es vom Presserat dafür gerügt wurde, in seinem Gesundheitsteil Redaktion und Werbung nicht getrennt zu haben – diesmal gleich in drei Ausgaben.

„Hörzu“ veröffentlicht „In eigener Sache“ Rüge durch Presserat
Ausriss: „Hörzu“, 29/2021

Konkret ging es unter anderem um ein spektakuläres Format, bei dem zwischen zwei als „Anzeige“ ausgezeichneten Anzeigendreiecken ein vermeintlich redaktioneller Text steht – der aber auch unmissverständlich das daneben beworbene Präparat empfiehlt.

Was den Gelenken im Winter guttut
„Ein einfaches Mittel verschafft Linderung. … bioaktive Kollagen-Peptide zum Trinken in Kombination mit entzündungshemmenden Hagebuttenextrakt und Vitamin C aus der Apotheke …“ Ausriss: „Hörzu“, 8/2021
„… beispielsweise mit speziellen Kollagen-Peptiden in Kombination mit entzündungshemmendem Hagebuttenextrakt und Vitamin C. aus der Apotheke …“ Ausriss: „Hörzu“ 11/2021

Der Presserat, den wir angerufen hatten, sah darin „gravierende Verstöße gegen das Gebot zur klaren Trennung von redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken“.

Er beanstandete auch einen scheinbar redaktionellen Text aus der berüchtigten Rubrik „Hallo, Doktor“, bei der ein Heilpraktiker einem angeblich unter Knieschmerzen leidenden Fragesteller ein konkretes Präparat empfahl – zufällig dasselbe, das in den anderen Schleichwerbeformaten empfohlen worden war, und zufällig sogar teilweise wortgleich.

Beeinflussung „mithin ausgeschlossen“

Die Rechtsabteilung der Funke TV Guide GmbH, die die „Hörzu“ herausgibt, hatte dem Presserat zuvor mitgeteilt, es gebe keinen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen den Beiträgen und den Anzeigen. Redaktion und Anzeigenabteilung der „Hörzu“ arbeiteten strikt getrennt voneinander. Eine Beeinflussung der Redaktion durch ökonomische Interessen sei „mithin ausgeschlossen“.

Die Empfehlung des Präparates durch den Heilpraktiker in „Hallo Doktor“ stelle ebenfalls keine Schleichwerbung dar. Der Presserat gibt die Argumentation von Funke so wieder:

Das Erklären von alltäglichen Beschwerden und das Aufzeigen von ersten, einfach umsetzbaren Lösungsansätzen, die die überaus kurze Aufmerksamkeitsspanne des Durchschnittslesers einer Programmzeitschrift berücksichtigen, gehöre zu den Wesensmerkmalen der gesundheitsbezogenen Berichterstattung in einem solchen Medium. Der Hinweis auf ein beispielhaft benanntes konkretes Präparat zeige dem Leser einen solchen schnellen, leicht zugänglichen Lösungsansatz auf und entspreche damit dem Informationsinteresse des Lesers. Es bestehen dabei aber keine Absprachen mit den Herstellern oder anderen Werbekunden bezüglich der namentlichen Nennung eines Produktes im Rahmen dieser Beiträge. Gegenleistungen für die Erwähnung seien nicht gewährt oder versprochen worden.

Das kann man glauben oder nicht – die Häufung bestimmter Produkte und die Übernahme konkreter Werbeformulierungen sprechen dagegen. Doch selbst wenn man es glaubt: Der Presserat betrachtet es grundsätzlich als unzulässige Schleichwerbung, einzelne Produkte zu nennen und so aus allen am Markt befindlichen Konkurrenzprodukten herauszuheben, wenn sie kein besonderes Alleinstellungsmerkmal haben. Das ist seine „ständige Spruchpraxis“.

Deshalb wird auch die „Hörzu“ seit einiger Zeit immer wieder für ihre Gesundheitsberichterstattung gerügt, die regelmäßig auf die Hervorhebung einzelner Produkte hinausläuft.

Teufelskralle, Giftsumach, Mädesüß

Nur dass sich das seit einigen Wochen etwas geändert hat. In der Rubrik „Hallo, Doktor!“ gibt es seitdem immer wieder Antworten auf Gesundheitsfragen, die keine konkreten Produktnennungen enthalten. An einer Stelle, an der sonst üblicherweise ein konkreter Markenname gestanden hätte, wird nun zum Beispiel nur noch empfohlen, „das Magnesiumdepot mit einem Nahrungsergänzungsmittel aufzufüllen“.

Gegen Arthrose rät „Hörzu“ zu einem ungenannten homöopathischen Mittel „mit Teufelskralle, Giftsumach und Mädesüß“ – was in dieser Kombination allerdings offenbar zu exakt einem Präparat passt. Zur Stärkung der Abwehrkräfte empfiehlt die „Hörzu“-Gesundheitsredaktion natürliche Extrakte „aus speziellen Mikroalgen und Beta-Glucanen aus Hiratake-Pilzen, ergänzt mit Vitamin C und D, Selen und Zink“ – auch das läuft auf ein konkretes Produkt hinaus, das allerdings nicht genannt wird.

Ich habe bei Funke nachgefragt, ob die Nicht-Nennung der Produkte „eine bewusste Entscheidung der Redaktion und eine dauerhafte Änderung der Praxis“ ist und ob „Hörzu“ damit auf die Rügen durch den Presserat reagiert. Erst bekam ich von der Pressestelle gar keine Antwort. Dann, auf Nachfrage, die Bitte um Verständnis, „dass wir uns zu diesem Thema nicht äußern“.

Vielleicht fehlt ein Vitamin?

In der aktuellen Ausgabe berichtet „Hörzu“ über Antriebslosigkeit im Sommer und fragt treuherzig: „Vielleicht fehlt ein Vitamin?“ Die Antwort: Ja! Vielleicht! B12!

Gesundheits-Redakteurin Bettina Koch schreibt:

Um bei einem Mangel die Depots wieder zu füllen oder Aufnahmestörungen auszugleichen, sind Vitamin-B12-Tabletten nötig. Sinnvoll ist ein hochdosiertes Präparat: Studien belegen, dass eine Tagesdosis von 1000 Mikrogramm Vitamin B12 in Tablettenform ein Defizit und seine Folgen so wirksam behebt wie eine Spritze, selbst wenn die Aufnahme gestört ist.

Redaktionelle Produktempfehlung (links), Anzeige für Produkt (rechts)

Unmittelbar neben diesem vermeintlich redaktionellen Artikel ist eine Anzeige für ein Produkt, das sich als „das einzige hochdosierte orale Arzneimittel mit 1.000 µg Vitamin B12 pro Tablette“ bezeichnet.

6 Kommentare

  1. Was soll sich da schon groß ändern, wenn das Anzeigen-redaktioneller Text-Geschäft – so vermute ich – so lukrativ ist und die Folgen schlimmstenfalls so minimal wie dieser kleine Kasten am Impressum mit einem zudem recht uninformativen Text?!

  2. Ich möchte immer noch, dass sich ein Übermedien-Wallraff (ein Ü-Boot) als homöopathischer Pillendreher aus Südost-Norwegen ausgibt und treuherzig nach Schleichw… nein, äh, native Advertising fragt und „was man denn da so machen kann“.
    Die anderen Mittelhersteller schaffen es schließlich auch, dass ihr Produkt ganz, ganz zufällig neben dem passenden, völlig unabhängigen Artikel erscheint.

  3. „…was in dieser Kombination allerdings offenbar zu exakt einem Präparat passt.“
    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die sich nicht selbst zumindest ein bisschen blöd dabei vorkommen.

  4. Ich finde es einfach faszinierend, wie bei solchen Zeitschriften regelmäßig völlig unabhängig entstandene Artikel ganz, ganz zufällig eine Zwillingsschwester in Form einer Anzeige haben. Und das in so kleinen Rubriken.
    Ich erkläre mir das so, dass die Redaktionen derart tief im Thema drin sind, dass sie schon Wochen vor dem Anzeigenschluss die aktuellen Trends, nein Megatrends identifiziert haben und einen Artikel dazu schreiben. Der Rest ergibt sich dann, weil die Marketingabteilungen der Pharmafirmen natürlich ebenso gut sind.

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