Wochenschau (102)

Nach dem Spiel ist vor der Pressekonferenz: Wenn ein Ritual zur Zumutung wird

Aus Spaß an der Sache habe ich versucht, mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich nach jeder Kolumne, die ich hier veröffentliche, eine Pressekonferenz abhalten und über meine Schreibperformance sprechen müsste.

„Waren Sie selbst auch unzufrieden mit der schwachen zweiten Hälfte des Textes?“

Ja, am Ende gingen mir tatsächlich etwas die Ideen aus.

„Wie erklären Sie sich die vielen Rechtschreibfehler in letzter Zeit? Ist der Druck, beständig abliefern zu müssen, einfach zu groß?“

Nein, das Rechtschreibung gehört einfach generell zu meinen Schwächen.

„Wie bereiten Sie sich als Frau auf Ihre Kolumnen vor? Erlauben Ihnen Stefan Niggemeier und Boris Rosenkranz, dass Sie vor dem Kolumnentag noch feiern gehen dürfen? Und wie unterstützten Ihre Eltern Ihre Kolumnen-Karriere?“

Ja.

Surreal und redundant

Das Ritual sportlicher Pressekonferenzen folgt natürlich einer in sich mehr oder weniger kohärenten Logik. Sportler*innen produzieren Inhalte, die von Berichterstattenden und Sendern publizistisch verwertet werden, um die eigene Ökonomie, aber auch die des Profisports am Laufen zu halten, von der ja auch wieder die Sportler*innen profitieren, beispielsweise in Form von Werbeverträgen und enormen Preisgeldern.

Aber wenn man diesen Kosmos mal aufzoomt, dann ist speziell die sportliche Berichterstattung nach Spielen surreal und redundant. Dennoch wird sie im Rahmen des Protokolls von allen Beteiligten hingenommen. Die organisatorischen Kräfte und Abhängigkeiten in diesem Geflecht sind so groß, dass ein Ausbruch aus der Inszenierung für eine Profisportlerin nicht als praktikable Option erscheint.

Naomi Osaka bei den French Open
Naomi Osaka verlässt den Platz bei den French Open Foto: Javier Garcia/BPI/Shutterstock

Nun hat jedoch die Tennis-Weltranglistenzweite Naomi Osaka genau das getan. Nachdem sie nicht zu einer Pflicht-Pressekonferenz gegangen war, verhängte der französische Tennisverband eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 Dollar. Auf ihren Social Media Accounts bezog sie Stellung und erklärte am 26. Mai, warum sie nicht mehr zu den Pressekonferenzen gehen wolle. Sie schrieb:

„Ich habe oft das Gefühl, dass die Leute keine Rücksicht auf die mentale Gesundheit von Sportlern nehmen, und das bestätigt sich, wann immer ich eine Pressekonferenz sehe oder an einer teilnehme. Wir sitzen oft da und bekommen Fragen gestellt, die uns schon mehrfach gestellt wurden, oder Fragen, die Zweifel in unsere Köpfe bringen, und ich werde mich einfach nicht Leuten aussetzen, die an mir zweifeln.“

Der französische Tennisverband drohte ihr bei weiterem Fernbleiben mit dem Ausschluss, da die Spielbedingungen der Teilnehmerinnen nicht mehr dieselben wären, wenn manche Pressearbeit machen müssten und andere nicht. Ja, okay, ciao, sagte Osaka, ich paraphrasiere, und verließ die French Open mit der Begründung, dass sie seit 2018 an einer Depression leide und öffentliche Auftritte belastend seien und ihr Spiel beeinträchtigten.

(Nach ihrem Boykott und Ausstieg reagierten die French Open zunächst mit einem spöttischen Beitrag, der Bilder von Rafael Nadal, Kei Nishikori, Aryna Sabalenka und Cori Gauff während ihrer Pressearbeit zeigte, mit der Bildunterschrift: „Sie haben die Aufgabenstellung verstanden.“ Haben sie aber wieder gelöscht.)

Auf ihrem Instagramkanal teilte Osaka zwei Videos. Eines zeigt ihre Tenniskollegin Venus Williams im Alter von vierzehn Jahren in einer unangenehmen Interviewsituation, in der ein Reporter ihr Selbstbewusstsein infrage stellt.

In dem anderen sitzt der ehemalige NFL-Spieler Marshawn Lynch vor einer großen Traube Journalist*innen und wiederholt immer nur: „Ich sitze hier, damit ich kein Bußgeld zahlen muss“, um seinen Verdruss zum Ausdruck zu bringen.

Sieg und Niederlage, Niederlage, Niederlage

Es liegt in der Natur der Anordnung von Pressekonferenzen und der Berichterstattung im Allgemeinen (leider), dass vorzugsweise Fragen zum Verlieren und Scheitern gestellt werden. Negatives lässt sich besser verkaufen. Es geht um Sieg oder Niederlage und das Drama zwischen diesen beiden Polen. Das ist im Grunde das ganze Geheimnis von Pressekonferenzen im Sport.

Vor dem Spiel wird antizipiert: Wird die Spielerin gewinnen? Hat sie Zweifel? Ist sie gut vorbereitet?

Nach dem Spiel wird analysiert: Warum hat sie verloren? Hatte sie Zweifel? War sie zu schlecht vorbereitet?

Das klingt natürlich etwas banal, wenn man so etwas Banales nacherzählt, aber ich kehre das hier nur nochmals heraus, um zu verdeutlich, wie anders Pressekonferenzen in anderen Bereichen ablaufen, beispielsweise bei Filmproduktionen. Schauspieler*innern werden im Rahmen der Promo-Arbeit zwar durchaus mal kritische Fragen gestellt. Aber sie werden in den seltensten Fällen in einem Moment professionellen Versagens erwischt, so dass Journalist*innen wissen wollen, wie man sich denn nun als Verlierer fühle. Schauspieler*innen werden zwar auch teilweise die unmöglichsten und übergriffigsten Fragen gestellt, aber man würde doch eher nicht das Schauspiel im dritten Akt hinterfragen oder ob die Tagesform heute nicht so gut gewesen sei, weil der entscheidende Kuss so undynamisch wirkte.

Es ist Teil des Jobs

Osakas entschlossener Ausstieg von diesem Wettbewerb wirft aber eine grundsätzliche Frage auf: Haben Profisportler das Recht auf Unverfügbarkeit in medial vermittelten Sportarten, insbesondere wenn sich die eingeforderte Verfügbarkeit negativ auswirkt – auf die Gesundheit und auf die Qualität ihrer sportlichen Arbeit? Müssen es Sportler*innen hinnehmen oder kann man es von ihnen verlangen, dass sie vor Spielen durch kritische Fragen verunsichert werden und dadurch ihre Performance auf dem Spielfeld sabotiert wird?

Man könnte argumentieren: Ja, natürlich! Profisportler*innen sind Profis, also auch einfache Berufstätige, und als solche in ihrem ökonomischen Abhängigkeitsverhältnis keine Spielfeldkünstler, die nach Lust und Laune entscheiden können, wann und wie sie arbeiten wollen. Die Pressearbeit ist eben Teil des Jobs, in dem die Mediatisierung der eigenen Person zwingend ist und man ein gewisses Maß an Resilienz mitbringen muss, die einen dazu befähigen sollte, auch in demütigenden Momenten einer Niederlage zu ertragen. Teil des Sports ist es eben, verlieren zu können, während alle dabei zusehen dürfen.

Und man könnte auch sagen: Genauso wie Schauspieler*innen auf Promo-Tour für einen Film gehen, um ihn zu bewerben, müssen Athlet*innen Werbung für den eigenen Sport machen und Sponsoren zufrieden stellen. Das ist Teil ihrer Berufsbildes, und auch dafür werden sie mit dem Geld bezahlt, das auch aus ihrer Präsenz in den Medien generiert wird; nicht nur auf dem Court, sondern auch drumherum.

Sportarten wie Frauenfußball oder Frauentennis mussten sich mühsam eine mediale Präsenz und damit eine publizistische wie auch ökonomische Relevanz erarbeiten – siehe zum Beispiel die performative Arbeit für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Sport der amerikanischen Tennisspielerin Billie Jean King in den Siebzigern; legendär ihr medienwirksamer Schaukampf mit Tennisstar Bobby Riggs. Diese Sportarten befinden sich immer noch in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis mit einer Berichterstattung, die dem Sport Reichweite verschafft.

Angewiesen auf Sichtbarkeit

Profi-Sport wird gemacht, um mitgeteilt und gezeigt zu werden, wenn keiner von ihm erzählt und niemand zuschauen kann, dann existiert er nicht.

Das bedeutet: die Profisportler*innen sind aus rein ökonomischen Gründen auf Sichtbarkeit und Sendezeit angewiesen. Als Akteur*innen und Produkte dieser Industrie müssen sie sich den Regeln der Wirtschaftlichkeit und damit denen der Tennisverbände unterordnen. Die Reichweite lockt Sponsoren an, die Geld bezahlen, mit dem die Sportler*innen bezahlt werden. Dies ist das Kräfteverhältnis wie der Wertschöpfungszyklus, den Osaka nun durch einen Ausstieg aus dem diesjährigen Turnier aufgebrochen hat.

Ihre Verweigerung stellt somit grundsätzlich die Machtstruktur der Sportökonomie infrage und wirft die Frage auf, wie sehr sich Sportler*nnen eigentlich selbst gehören dürfen.

Eine doppelte Kränkung

Der selbstbewusste, selbstschützende Schritt von Osaka führte unweigerlich zu einer doppelten Kränkung für die Organisatoren wie für die Berichterstatter. Die Veranstalter führte es insofern vor, als sie natürlich auf eine Sichtbarkeit ihrer Sportler pochen („Denkt doch an die Fans!“), allerdings nur so lange die Athlet*innen das sagen, was ihnen in die Agenda passt. Sie sollen vor Kameras erscheinen und in Mikros sprechen, wann immer der Verband das fordert, aber wehe ein Footballer wie Colin Kaepernick oder ein Fußballer wie Mesut Özil adressieren Rassismus.

In ihrem ersten Posting schrieb Osaka:

„Wenn Organisationen denken, sie könnten einfach die ganze Zeit sagen ‚Mach Pressearbeit oder du wirst bestraft‘ und die psychische Gesundheit der Athleten ignorieren, die das Herzstück ihrer Kooperationen sind, muss ich nur lachen.“

Es geht hier um eine grundsätzlich Entmächtigung des eigenen Körpers und der Psyche durch die ökonomisch bedingten Strukturen, die die Organisatoren vorgeben.

Serena Williams durfte bei den French Open 2018 keinen Catsuit tragen, obwohl sie den aus gesundheitliche Gründen nach der Geburt ihres Kindes benötigte, denn, wie der Präsident der FFT Bernard Giudicelli erklärte: „Der Sport und der Platz müssen respektiert werden“.

Hinzu kommt eine besonders gnadenlose französische Presse, in der die Objektifizierung der Sportler*innen, deren Körper zur permanenten Bewertung freigegeben sind, noch eine andere Qualität hat: Sie bedient sexistische und rassistische Ressentiments.

Ein Stück Glanz der modernen Helden

Man kann es nachvollziehen (aber nicht verstehen), wenn sich die Berichterstattenden gekränkt fühlen, wenns sich eine selbstbewusste Frau wie Osaka weigert, sich für ein Publikum, das die Medien ja unterhalten wollen, transparent zu machen.

Aber inwiefern haben Medien und Zuschauer überhaupt das Recht, außerhalb des Sportplatzes diese Verfügbarmachung von Profisportler*nnen einzufordern – auch vor dem Hintergrund, dass die Berichtenden von den Inhalten, die Sportler*innen produzieren, ökonomisch abhängig sind?

Die Pressekonferenzen haben auch eine erzählerische, einordnende Funktion. Sie geben dem Profisport im besten Fall eine Dreidimensionalität, erlauben es, eine parasoziale Beziehung zwischen Athlet*innen und Fans herzustellen (die sich natürlich auch wieder monetarisiert, klar).

Sportberichterstattung im erweiterten Sinne hat ähnliche ökonomische Abhängigkeiten wie die Boulevardberichterstattung, die von ihren Akteur*innen und deren (Selbst-)Entblößung lebt, die sich ökonomisch ausschlachten lässt.

Entsprechend groß ist auch auf Medienseite der Druck, möglichst viel aus den Protagonisten herauszubekommen. Sportler*innen sind Gladiatoren im „Brot und Spiele“-Spektakel unserer Zeit, moderne Helden. Die Pressekonferenzen suggerieren die Möglichkeit, ein Stück von dem Glanz abzubekommen, wenn man erfährt, wie die Trainingsroutine, der Diätplan oder die mentale Vorbereitung vor und nach dem Spiel aussieht.

Sonderfall Tennis

Beim Tennis scheint die investigative Dringlichkeit besonders groß zu sein. So erklärt die Sportjournalistin Jemele Hill im „Altantic“:

„Pressekonferenzen sind für Journalisten, die über Tennis berichten, wichtiger als für jene, die über andere Sportarten berichten. In der NBA, der NFL, der WNBA, der Major League Baseball und der NHL sprechen die Spieler während ihrer jeweiligen Saison fast täglich mit der Presse. Tennisspieler hingegen sind außerhalb von Turnieren in der Regel nicht erreichbar. Das Spiel ist zwar in Amerika populär, wird aber in Übersee mit größerer Intensität behandelt. Diese Faktoren können zu einer aggressiven Befragung von Sportlern während Pressekonferenzen führen. (Obwohl Pressekonferenzen eine Funktion im Nachrichtenerfassungsprozess haben, konnten die Ligen den Zugang zu den Spielern auch in eine zusätzliche Einnahmequelle verwandeln. Beachten Sie, wie viele verschiedene Marken und Unternehmen auf den Bannern hinter den Profisportlern zu sehen sind, wenn diese mit der Presse sprechen. Diese Platzierung ist nicht kostenlos).“

Die Frage ist nun aber (und vermutlich haben die kritischsten Kritiker von Osakas Entscheidung tief im Inneren diesen eigenen Bedeutungsverlust gespürt): Wie sehr braucht es in Zeiten von Social Media noch Sportjournalist*innen als Vermittler?

Ein Ende der Gatekeeper?

Osaka selbst hat es anhand ihrer Kanäle gezeigt und sich genau dort so offen präsentiert, wie es wenige Profisportler*innen zuvor gemacht haben, als sie wie selbstverständlich auf ihren Instagram-Account über ihre Depression und ihre psychische Verfassung sprach. Geht es hierbei also nicht nur um ein Aufbrechen der ökonomischen Kräfteverhältnisse, sondern auch um ein Infragestellen der Gatekeeperfunktion von Journalist*nnen?

Bislang bestimmten sie tatsächlich die Grenzen dessen, was für einen Athleten ertragbar zu sein hat, was ihm nicht als übergriffig oder belastend erscheinen sollte, was sein Auftrag als Sender und O-Ton-Geber ist.

Mit Osaka gibt es nun eine Präzedenzfall, an dem sich Sportler*innen mit Sicherheit ein Beispiel nehmen werden, um zu versuchen, diese Grenzen der Verfügbarmachung ihrer Sportpersona neu zu definieren – an Journalist*innen vorbei, wenn es sein muss.

Das führt zur letzten Frage: Muss es heute überhaupt noch Teil der Arbeit eines Profisportlers sein, immer auch davor und danach den Medienakteur zu spielen? Und was machen Profisportler, die keine Medienarbeit leisten können oder wollen?

Diese Frage wird offensichtlich gerade verhandelt. Wenn es aus ökonomischen Gründen tatsächlich so sein sein sollte, dass Sportler*nnen erst gute Profisportler sind, wenn sie ohne Rücksicht auf sich selbst auf den Medienbühnen abliefern, dann würden wir durch diese Konstellation eine der besten Tennisspielerinnen als ungeeignete Profisportlerin definieren und deklassieren. Dann würde nicht nur der Sport auf jeden Fall verlieren.

12 Kommentare

  1. Ich finde ja, es hat immer so einen komischen Beigeschmack, wenn man abermillionenschweren Sportprofis zur Seite springt, weil die einen Teil ihrer Arbeit nicht machen wollen. Opfer ist hier irgendwie niemand.
    Depression … klar ist das ein Grund und da habe ich vollstes Verständnis für. Aber das muss man doch im Rahmen seines Vertrages schon klären, oder bin ich da zu naiv? Einfach mitten in einem Turnier sagen „Ich verstoße jetzt gegen die Auflagen für Teilnehmer“ ist, naja, bissl schwierig. Oder man macht es halt tatsächlich wie der Footballer und setzt damit den Ausrichter in Zugzwang.
    Die Reaktion der French Open ist dennoch peinlich. Anstatt einfach (geheuchelt) zu sagen „Okay, wir verstehen das und stehen hinter unseren Sportlern.“ und das dann ohne Öffentlichkeit klären. Kommunikativer Klogriff, ob berechtigt oder nicht.

    Hier eine Alternative French Open:
    https://www.youtube.com/watch?v=MuRODr6vygw

  2. Bitte redet mir die Sportlerinterviews nicht schlecht! Sie sind das Salz in der Sauce der versemmelten Metaphern.

    »Wir dürfen jetzt nur nicht den Sand in den Kopf stecken.« (Lothar Matthäus)
    
»Das nächste Spiel ist immer das nächste.« (Matthias Sammer)

    »Uns steht ein hartes Programm ins Gesicht.« (Andy Brehme)

    »Was mir ja an Andy Brehme so imponiert, ist, dass er nicht ständig den Intellektuellen raushängen lässt.« (Harald Schmidt)

    »Das wird alles von den Medien hochsterilisiert.« (Bruno Labbadia)

    »Das Intelligenteste an Labbadia ist sein Weisheitszahn.« (Max Merkel)

    »Jede Seite hat zwei Medaillen.« (Mario Basler)

    »Vor der Saison haben alle gedacht, dass wir gegen Bayern kleine Brötchen kochen müssen. Aber wie man sieht, backen die auch nur mit Wasser.« (Helmut Schulte, Ex-Manager FC St. Pauli)

  3. Die Fragen von Sportreportern und manchmal auch die dadurch provozierten Antworten sind oft auch für Dritte herabwürdigend, nämlich immer dann, wenn ausgeblendet wird, dass es in Ballsportarten nun mal auch einen Gegner gibt.

    Es würde beispielsweise folgende Frage geben nach der kommenden Anne-Will-Sendung:

    Reporter:
    _Herr Gabriel, Sie dominieren doch sonst jegliche Diskussion. Konnten Sie heute nicht Ihre Normalform abrufen?_

    Sigmar Gabriel:
    _Tja, an manchen Tagen läuft es einfach nicht so. Ich konnte meine gewohnte Leistung nicht abrufen._

    @Samelou, die in der PK daneben sitzt, und Herrn Gabriel an die Wand diskutiert hat:
    _ … _

    (hoffe, die Formatierung haut hin, sonst ist da statt Kursiv nur Unterstriche zu sehen)

  4. @#1:
    Ja schon, aber andererseits ist das irgendwie, dieses immer unbefriedigende „Augen auf bei der Berufswahl“-„Argument“. Es ist ja aber nun so, dass man in jedem Beruf eigentlich erst in der Praxis feststellt, was für Zumutungen er noch bereit hält. Dann muss man halt sehen, ob man sich mit diesen Zumutungen arrangieren will und kann oder nicht. Das blöde daran: Das ist nicht gerade einfach, weil man ja an dem Ast sägen muss, auf dem man sitzt. Und bei Profisportlern muss man ja vielleicht doch zusätzlich berücksichtigen, dass diese schon sehr früh angefangen haben und tatsächlich oft als Jugendliche bereits Berufsentscheidungen treffen mussten. Dass einem da mal der Gedanken „aber eigentlich wollte ich doch nur Tennis spielen“ kommt, finde ich schon sehr denkbar. Angesichts der Absurdität dieses Pressetheaters will ich deshalb schon Verständnis aufbringen und finde es sogar ein wenig lobenswert, wenn jemand mal durch solche „Aktionen“ diese Absurdität auch mal sichtbar macht, ins Gespräch bringt. Die Annahme, dass niemand vorher mal versucht hat, das einvernehmlich zu klären ist m.E. keine besonderes naheliegende Annahme. Der NFL-Mann aus dem Video z.B. scheint ja genau das versucht zu haben. Die „Auflagen für Teilnehmer“ sind übrigens nicht so freiwillig wie sie da tun, denn die sind ja nicht verhandelbar, Wenn ich durch die Teilnahme meinen Lebensunterhalt verdienen muss (und sei das hier auch viel, aber dafür eben auch nur bis maximal Alter 35), dann kann ich das halt nicht so frei machen.

  5. Vielen der hier aufgeführten Positionen kann ich nicht folgen. Denn ja – es ist ein Job. Im Folgenden mal die Gegenüberstellung mit einem Job den ich hatte: Callcentermitarbeiter. (Ist jetzt sicher kein Traumberuf, wie für einige Profisport, wird im Gegenzug dafür aber auch schlecht bezahlt)

    Ich finde es z.B. kritisch zu schreiben, dass Verbände oder Medien ‚gekränkt‘ seien, wenn Sportler Pressekonferenzen für ihre eigene Agenda nutzen. Das hat nichts mit Kränkung zu tun, sondern mit professionellem arbeiten. Wenn ich beruflich mit Leuten kommuniziere, dann ist mir nicht erlaubt die berufliche Platform für meine eigene Agenda zu nutzen. Sportler können privat ihre große Reichweite (die sie nur haben, weil sie ihren Job haben) nutzen um sich für Themen einzusetzen. Aber eben nicht während sie ihren Job machen. Im Callcenter würde mein Chef auch nicht hingenommen haben, wenn ich am Ende jedes Gespräches Spendenaufrufe, oder Solidaritätsaufrufe angehängt hätte – der wäre aber nicht ‚gekränkt‘ gewesen.

    Die Pressearbeit ist banal und repetitiv, man muss immer wieder die selben Fragen beantworten – muss ich glaube ich nicht ausführen, wie sich das im Vergleich zum Callcenter anhört.

    Ich habe eine Depression, Schichtarbeit ist dafür Gift und von mir daher nicht zu leisten. Es war aber trotzdem Teil des Jobs. Den ich dann aufgegeben habe, weil ich ihn nicht leisten konnte. Das ist legitim. Es ist legitim, dass Sportler, die feststellen, dass sie den Anforderungen des Profisports nicht gewachsen sind, diesen aufgeben. Es ist auch legitim Dinge ändern zu wollen. Nicht legitim ist es, zu erwarten, dass ‚will ich nicht und kann ich auch gesundheitlich nicht ‚ ein hinreichender Grund ist, seinen Job nicht zu machen und ihn zu behalten.

  6. So ein bisschen Kopfkratzen hinterlässt mir das schon – kann Osaka keine Krankschreibung vorlegen?

    Aber generell sind Pressekonferenzen oft wenig sinnstiftend. Ich erinnere mich, dass ich die zu Schumachers Unfall gesehen habe…

  7. @Döhmann-Rohwold: in meinem Fall sind es derzeit 4 von 8. Das ist hier ein – eher unlustiger, wie ich finde – „Running Gag“, dass die Website alle abgegebenen Kommentare zählt, aber nur die freigeschalteten anzeigt.

  8. Wenn es zum Job von Tennisspielerinnen gehört, Pressekonferenzen zu geben, ist mit der Jobbeschreibung was faul. Die berufliche Aufgabe einer Tennisspielerin sollte sein, Tennis zu spielen, und das war’s.

    Zumal der journalistische Mehrwert solcher Pressekonferenzen ja sowieso gleich Null ist.

  9. @Soronume
    Missstände in Arbeits- oder sonstigen Verhältnissen damit zu rechtfertigen, dass es jemand anderen noch schlechter geht führt zu einer unguten Abwärtsspirale.
    In dem was sie sagen steckt ja drin: Die Härte, die ich erlebt habe, ist jedem anderen auch zuzumuten.
    Die Logik sollte ja gerade eher sein, dass niemand so hart zu sich zu sein hat, wie Leistungssportler dass oft falsch vorleben.
    Dass Profis im Sport „abliefern“ (Hasswort!) sollte sich eben nicht auf die Arbeitswelt übertragen und auch nicht anders herum.
    Dass nämlich die menschliche Seite im Vordergrund steht, wäre mal eine tolle Botschaft, die dann auch übertragen werden sollte.
    Man sieht an Ihrer Äußerung aber, wie tief diese marktwitrtschaftliche Ideologie der Härte gegen uns selbst in unseren Köpfen steckt.

  10. Also, da sieht man mal, wie man etwas völlig unterschiedlich wahrnehmen kann. Ich habe Soronume tatsächlich nicht so verstanden, dass man diese Härten Osama zumuten soll.
    Wobei ich inhaltlich mehr bei Earendil bin: Die ewig gleichen Fragen zu beantworten ist Callcenter-Arbeit, nicht Tennis.

  11. @Microft
    Letztlich unterliegt ja jeder Gedankenaustausch vielen Übermittlungsfehlern, weil wir ihn als Empfänger interpretieren müssen. (vlg. grob https://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Seiten-Modell)
    Im Sinne von Bob Ross („happy little accidents“) kann sowas ja auch fruchtbar sein, wenn man diese Nuancen von Missverständnissen dann aufdröselt.

    Deshalb möchte ich noch einmal unabhängig davon betonen: Ich kann Soronumes Position klar nachvollziehen, respektieren (vor allem auch den Mut, sich so offen und ehrlich persönlich zu äußern) und sehe natürlich auch, dass Soronumes ökonomische Position in der real existierenden Welt eine ganz andere ist als die der Profisportlerin. Und in ebendieser wirtschaftlichen Realität sind Soronumes Schlüsse absolut logisch.

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