Treffen sich fünf weiße Menschen im WDR-Fernsehen
Treffen sich fünf Menschen im Fernsehen. Sagt der eine Weiße: „Wir haben größere Probleme als Rassismus!” Sagen die anderen Weißen: „Finden wir auch.” Sagt der Schwarze: Nix, es ist ja keiner da.
Finden Sie nicht witzig? Ist es auch nicht, sondern die Kurzfassung der WDR-Talkshow „Die letzte Instanz“, die am Freitagabend erneut gesendet wurde.
Darin diskutierte Moderator Steffen Hallaschka die Frage: „Das Ende der Zigeunersauce: Ist das ein notwendiger Schritt?“ Es ging aber auch um andere rassistische Begriffe. Zu den Gästen gehörten weder Sinti und Roma noch Menschen mit Rassismuserfahrungen, sondern: Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Micky Beisenherz und Jürgen Milski.
Um es abzukürzen: Sie alle fanden, dass die Umbenennung der Sauce nicht notwendig war. Überhaupt, der Gag von der Schöneberger, die die Sauce einst in „Sauce ohne festen Wohnsitz“ umgetauft hatte, der „geht“, stellte Beisenherz knapp fest.
Und auch sonst konnten die vier Gäste nicht verstehen, warum sich andere Menschen von rassistischen Begriffen diskriminiert fühlen könnten.
Janine Kunze hat beispielsweise sehr viele – „Was dürfen wir jetzt sagen? … farbige? … afroamerikanische?“ – Freunde. Und die hätten noch nie in ihrem Leben darüber nachgedacht, ob sie sich beleidigt fühlten, weil einer sagt: „Kann ich nen M**renkopf essen?“
Gottschalks „Erweckungserlebnis“
Gottschalk pflichtete bei: „Ob ich einen Schwarzen Menschen einen M**r nenne, das hat nichts damit zu tun, dass ich auch nur ansatzweise den Respekt ihm gegenüber vermissen lasse.“ Er muss es wissen, denn er hat sich mal auf einer Party, wo nur weiße Bänker waren, als Jimi Hendrix verkleidet. Inklusive Blackfacing. „Ich hab zum ersten Mal gewusst, wie sich ein Schwarzer fühlt.“ Er habe ein richtiges Erweckungserlebnis gehabt.
Ihm geht das alles eh zu weit. „Weil es eben auch krampfig wird! Wenn ich heute mit einer Frau essen gehe, muss ich ja schon sagen: Gib mir bitte die Salzstreuerin rüber.“
Und Jürgen Milski, der würde einfach auch weiterhin ein „Zigeunerschnitzel“ bestellen.
Entsprechend lief die Diskussion so, wie eine Diskussion läuft, wenn man Leute, die nie rassistisch beleidigt wurden, fragt, wie sie es finden, rassistisch beleidigt zu werden.
Den Saucen-„Witz“ von Barbara Schöneberger bezeichnete der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma übrigens schon 2020 als „beschämend und unwürdig“ sowie „für Sinti und Roma herabwürdigend und tief verletzend“.
Kritik vom Zentralrat der Sinti und Roma
Das erfuhr das WDR-Publikum aber nicht, denn der Zentralrat wurde zwar im Laufe der Sendung zitiert – was ein allgemeines, abschätziges Jaja-der-Zentralrat-Nicken-und-Abtun unter den Gästen hervorrief -, aber nicht zu diesem Punkt: Zu dem Witz von Barbara Schöneberger kamen Sinti und Roma nicht zu Wort.
Der Zentralrat bezeichnete es am Montag als „unverschämt und beleidigend, wenn in der Sendung billige Witze auf Kosten einer Minderheit gemacht werden, ohne dass die Moderation in irgendeiner Form eingreift“. Stattdessen habe Moderator Hallaschka „Diskutanten durch die Art der Zwischenfragen dazu gedrängt, ihre Aussagen auf Kosten von Minderheiten noch zu verschärfen“. Dies sei im öffentlich-rechtlichen Rundfunk absolut inakzeptabel. Die Sendung zeige, dass Antiziganismus als Teil von Alltagsrassismus nicht ernst genommen werde.
Auf Übermedien-Anfrage sagte ein Sprecher, es sei niemand vom Verband angefragt worden, um an der Sendung teilzunehmen. Es hätten aber unbedingt Menschen zu Wort kommen müssen, die tatsächlich auch betroffen seien.
Die Schwarze Autorin Jasmina Kuhnke schreibt auf Twitter:
Das hier ist das mit Abstand ignoranteste, arroganteste und diskriminierendste was ich seit langem im deutschen TV gesehen habe! Vier weiße Menschen, die erklären wie anstrengend und albern es ist sich mit Rassismus-Kritik auseinanderzusetzen. DANKE @WDR https://t.co/8aGob1kOr7
— ANSCHLAG auf Pressefreiheit Quattromilf (@ebonyplusirony) January 30, 2021
Und weiter: „Alle Gäst*innen haben sich problematisch verhalten und geäußert.“
Die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli nennt die Sendung „noch abstoßender als ich dachte“.
Der Autor
Alex Grantl ist Fernsehjournalist beim NDR. Er hat Politikwissenschaft, Soziologie und Kommunikationswissenschaft studiert und war Autor der Satiresendung „extra 3“.
„Das kann meinungsmäßig auch mal knallen.“
Die Sendung wird von Frank Plasbergs Firma „Ansager & Schnipselmann“ produziert. Auf deren Website wird die Sendung als „temperamentvoller Meinungstalk“ bezeichnet, laut Beschreibung soll es auch um Themen gehen wie: „Schon wieder ein Migrant! Sollte man bei Straftaten die Herkunft der Täter nennen – ja oder nein?“ Moderator Hallaschka wird zitiert mit: „Meine Gäste urteilen mit Herz und Hirn. Jeder sagt, was er denkt. Das kann meinungsmäßig auch mal knallen.“
So gesehen ging die Sendung doppelt daneben, weder wurden übermäßig Hirne benutzt, noch „knallte“ es „meinungsmäßig“, denn die Meinungen gingen ja kaum auseinander. Selbst bei der Publikums-Abstimmung im Studio gab es nur einen Menschen, der für die Umbenennung der Sauce stimmte. Wobei Publikum auch relativ ist: Da wegen der Corona-Pandemie kein richtiges Saalpublikum zugelassen ist, stimmten halt die Mitarbeiter*innen vor Ort ab, so steht es auf der Seite der Sendung.
Der WDR entschuldigte sich zwei Tage nach der Sendung zunächst auf Twitter: „Der Verlauf der Sendung war nicht, wie wir es geplant und uns vorgestellt hatten.“
Tatsächlich war die Sendung am Freitag aber eine Wiederholung. Am 30. November 2020 war sie schon mal im WDR Fernsehen gelaufen. Wenn der WDR die Mängel selbst erkannt hat – wie kann es dann sein, dass die Sendung trotzdem noch einmal unbearbeitet gesendet wurde?
Der WDR interviewt sich lieber selbst
Unsere Fragen zur Sendung beantwortete der WDR bisher nicht.*
Stattdessen schickte eine Sprecherin den Link zu einem PR-Interview mit der WDR-Unterhaltungschefin Karin Kuhn, das der WDR selbst geführt hat. Warum die Sendung überhaupt wiederholt wurde, erklärt sich Kuhn darin so: „Die Sensibilität kam in diesem Fall leider erst durch die zurecht große Empörung. Warum man erst von außen bei dieser Folge darauf gestoßen werden muss, besprechen wir gerade mit allen Beteiligten.“
Tatsächlich hatte es auch zur Erstsendung schon einige empörte Tweets gegeben, aber lange nicht so viele wie zur Wiederholung.
Im WDR-PR-Interview sieht Kuhn die nun aufgekommene Kritik als „absolut berechtigt“ an, bezeichnet die Sendung als „misslungen“ und stellt fest: „Wenn man so ein Thema diskutiert, dann müssen wir auch mit den Menschen sprechen, die es direkt betrifft bzw. um die es dort geht.“
Drei Bitten um Entschuldigung
Auf die Frage „Was genau wollen Sie besser machen?“ gibt die Unterhaltungschefin im eigenen PR-Interview allerdings keine konkrete Antwort.
Unbeantwortet bleibt so zunächst auch unsere Frage, ob den Sender bereits nach der ersten Ausstrahlung kritische Reaktionen erreichten und inwiefern die Sendung mit dem Programmauftrag und den Programmgrundsätzen des WDR vereinbar ist. Laut WDR-Gesetz soll das Programm „das friedliche und gleichberechtigte Miteinander der Menschen unterschiedlicher Kulturen und Sprachen im Land fördern und diese Vielfalt in konstruktiver Form abbilden“; der WDR soll „den gesellschaftlichen Zusammenhalt, ein diskriminierungsfreies Miteinander in Bund und Ländern“ fördern.*
Mittlerweile hat der WDR die Sendung in der Mediathek mit einer Hinweistafel versehen und Moderator Hallaschka hat auf Facebook um Entschuldigung gebeten. Bevor er dazu kommt, schreibt er aber über sein eigenes Befinden: „[N]un im Zentrum von Rassismusvorwürfen zu stehen, trifft mich hart.“ Seine Selbstkritik: Er habe zwar an problematischen Stellen in die Diskussion eingegriffen, doch: „Mein Einschreiten war aber nicht immer entschlossen genug. Den Verlauf unserer Diskussion hätte auch ich mir anders gewünscht.“
Auch Kunze und Beisenherz haben in den sozialen Medien mittlerweile um Entschuldigung gebeten.
Besseres Programm ist möglich – wurde aber abgesetzt
„Wenn du Menschen mit internationaler Geschichte fragen würdest, was sie besser finden“, sagt Janine Kunze an einer Stelle in der Sendung, „ich glaube, dass die ganz andere Probleme haben als das.“ Ja, wenn man die Menschen fragen würde, dann wüsste man vielleicht, was die für Probleme haben. Das wäre doch mal eine Show-Idee!
Ach ja, der vom WDR für funk produzierte und mit dem Grimme Online Award ausgezeichnete „Karakaya Talk“ hat genau das gemacht.
Er wurde letztes Jahr eingestellt.
*) Nachtrag (Mo., 20.40 Uhr): Mittlerweile hat der WDR auf die im Text angesprochenen Fragen geantwortet. Zur Frage, ob den Sender bereits nach der ersten Ausstrahlung kritische Reaktionen erreichten, schrieb eine Sprecherin: „Die Sendung ist eine Wiederholung vom 30.11.2020. Nach der Erstausstrahlung im November erreichten die Redaktion keine kritischen Rückmeldungen.“
Zur Frage, warum die Sendung unbearbeitet wiederholt wurde, schreibt sie: „Es war ein Fehler, den wir bedauern.“
Wie die Sendung mit dem Programmauftrag und den Programmgrundsätzen des WDR vereinbar sei, wird folgendermaßen beantwortet: „Zur Bewertung der Sendung hat sich unsere Unterhaltungschefin Karin Kuhn im Interview geäußert, daraus entnehmen sie bitte alle Informationen.“
Ach sooo!
https://www.der-postillon.com/2021/02/letzte-instanz.html
Auch sehr gelungen: »WDR entschuldigt sich: Wir werden künftig in Diskussionsrunden über Rassismus mindestens einen Beteiligten schwarz anmalen.«
https://www.der-postillon.com/2021/02/letzte-instanz-ii.html
Ansonsten habe ich mich gefragt, von welchem PR-Lackierer sich die Kunze ihre Entschuldigung schreiben ließ. Selber hat sie die nie und nimmer verfasst. Da waren Formulierungen drin wie »vorurteilsbehaftetes Sprachsystem […] für dessen Mitgestaltung wir alle verantwortlich sind«. Sowas kommt keinem Z-Schnitzelfresser jemals über die Lippen.
Übel überwindet man durch mehr davon.
Das beste Mittel gegen Rassismus ist noch mehr Rassismus.
Deshalb lasst uns keine Stunde vergehen, ohne die rassebiologischen Unterschiede zu analysieren und die rassischen Merkmale der Akteure herauzustellen.
Axel Grantl (weißer Mann) macht das schon gut. Und ich bin mir sicher, er ist nicht der einzige.
#3
Wenn weiße Jörns in Rassismus-Diskussionen jammern, dass man sie „weiß“ nennt, hat man schon mal viel richtig gemacht.
Jetzt musste ich überlegen.
Letzte Unterhaltung mit einem Schwarzen war, als ich aus Matrix kam. Ist also eeetwas länger her.
Letztes Gespräch mit einem Schwarzen letztes Jahr, als mich einer nach dem Weg frug, aber ich glaube, sowas ist nicht gemeint.
Die Diskussion ist sinnlos. Entweder, jemand ist ein Rassist oder nicht. In einem Fall wird er sich nicht ändern, im anderen braucht er es nicht.
@Mycroft
Ist es nicht möglich, dass sich jemand unabsichtlich rassistisch verhält und durch eine Diskussion dazu lernt, wie man das abstellen könnte?
Lesekompetenz ist nicht Ihr Ding?
Dann noch mal langsam zum mitmeißeln:
Ich begrüße ausdrücklich wenn Politik und Medien dazu übergehen, die Menschen nicht mehr nach ihrem Verhalten, sondern entsprechend der rassebiologischen Merkmale zu bewerten.
Viel zu lange mussten wir die rassische Ignoranz ertragen.
„Ist es nicht möglich, dass sich jemand unabsichtlich rassistisch verhält und durch eine Diskussion dazu lernt, wie man das abstellen könnte?“
Prinzipiell ja, aber wie häufig kommt das vor?
Es gibt bspw. das Klischee von Sinti oder Roma, die kleine blonde Kinder entführen. Entweder kenne ich diese Geschichten nicht, oder ich kenne sie, halte sie aber für Vorurteile, oder ich kenne sie und halte sie für wahr. Die Situation, dass ich sie bewusst als Vorurteile erkenne, sie aber unbewusst aber doch glaube, kommt mir extrem abwegig vor. Eher habe ich zu der Geschichte keine eigene Meinung und zucke mit den Schultern, wenn ich sie höre.
Wenn ich also Sinti und Roma für potentielle Verbrecher halte (und mich entsprechend verhalte), dann doch viel eher, weil ich die Vorurteile für wahr oder wahrscheinlich halte, nicht, weil ich mich irgendwie unbewusst an sie halte, obwohl ich sie als Vorurteile erkannt habe.
#7
Keine Sorge, Brauner. Ich habe den Subtext schon verstanden.
@#7: HA, Sarkasmus, gell? Lustig.
Was mich an dieser Sendung angesichts dieses Themas zusätzlich irritiert ist, dass die Teilnehmer dann ernsthaft noch abstimmen, ob ein rassischtischer Saucenname doch bitte bleiben solle. Ich meine, ignorieren wir jetzt die Menschenwürde und stimmen lustig über die Diskriminierung anderer ab? Meine Fresse, wie ignorant müssen die Verantwortlichen beim WDR sein.
@9 & 7: Wie groß ist eigentlich die Menge an Menschen, die einerseits jammern, die Linksgrünen sind ja die wahren Rassist*innen, weil nur die „die Rasse“ (ernsthaft, Jörn?) immer thematisieren wollen und anderseits darauf bestehen, dass man ja wohl nicht verschweigen dürfe, dass diese und jene Straftat von „einem Ausländer“ begangen wurde usw.?
Ich bin einfach nur fassungslos.
Bei wenigen Artikeln hier musste ich mich so aufregen wie bei diesem. Mit was für einer Arroganz diese Menschen sich über Rassismus echauffieren und das es ja weit wichtigere Themen in ihrem Leben gäbe. Warum hat an keiner Stelle mal einer gesagt: „Mh, vielleicht sollten wir beim Thema Rassismus auch mal betroffene einladen, nur so ne Idee.“
In einer Idealen Runde über Rassismus sitzen eben vier oder fünf Menschen, die davon betroffen sind und maximal ein weißer, der ab und an mal seinen Senf dazu geben darf.
Und um den Spieß mal umzudrehen: Ich habe weiß Gott wichtigere Probleme, als das meine Soßen und Süßspeisen jetzt andere Namen haben. Ich habe auch ganz viele weiße Freunde, die auch kein Problem damit haben „Dickmann“, „Schaumküsse“ oder „Paprikasauce“ zu sagen, warum regen die sich also auf?
@Mycroft: Man wird also auch dumm oder schlau geboren, ändern kann man eh nix, Prägung/Erziehung/Lernen/Umfeld egal? Das ist ja eine deprimierende Sicht. Und ja klar, „Prinzipiell ja, aber wie häufig kommt das vor?“ – nicht so oft, wenn man halt nie diejenigen mitdiskutieren lässt, die die Perspektive der von Rassismus Betroffenen mitbringen.
Ich verstehe wirklich nicht, wie es viele Medienformate immer wieder schaffen, Erkenntnisse von Situation A nicht auf B übertragen zu können. A: „Wir können nicht nur über die FDP reden, wir sollten auch einen FDPler fragen, was er zu der Krise seiner Partei sagt“, B: „Rassismus? Ja lass mal BigBrother-Jürgen dazu was erzählen, das reicht“.
@#12: „Ich habe auch ganz viele weiße Freunde, die…“: Einfach herrlich. Ich nehme mir vor, das beim nächsten Mal zu bringen, wenn einer mit dem Scheiß anfängt. Danke für die Anregung.
@#13: Es ist ja leider nicht nur die FDP, sondern auch bei AfD und Co. wird streng darauf geachtet, dass diese Leute ihren menschenfeindlichen Mist in die Welt posaunen können. Nur bei ohnehin Diskriminierten ist der WDR weniger auf Gerechtigkeit bedacht.
Wie ist das eigentlich für so Clowns wie Jörn, die sich auf einer Medienkritkseite ein Abo gönnen, weil da endlich mal jemand die Medien kritisiert und das dann in fast jedem Artikel aus der „falschen“ Perspektive geschieht?
@14: Natürlich, das Beispiel FDP war gewählt, um nicht gleich noch das nächste große Fass aufzumachen. FDP schien mir der kleinste gemeinsame Nenner der Unsympathie zu sein.
@16: Oh, klar, verständlich. Das ist mir nicht aufgefallen. Dann: Weise gewählt. ;)
„Man wird also auch dumm oder schlau geboren, ändern kann man eh nix, Prägung/Erziehung/Lernen/Umfeld egal?“
Prägung, Erziehung, Lernen und Umfeld sind nicht egal, aber _diese_ Diskussion schon.
Mal ein harmloses Beispiel: Ich habe in der Schule gelernt, dass Schotten nicht geiziger sind als andere Leute auch, und das Vorurteil kam daher, dass Schottland kein reiches Land ist und die meisten Schotten, die man außerhalb von Schottland traf, dieses zum Arbeiten verlassen hatten und für zu hause sparten.
Das Vorurteil wurde angesprochen und die Ursache erklärt.
Bei den fünf Nasen in der Sendung war mit dergleichen nicht zu rechnen, und jetzt noch nichtmal, weil das Weiße sind, und nichtmal besonders historisch interessierte, sondern weil das Schnitzel irgendwie das Hauptthema war.
„Das ist ja eine deprimierende Sicht.“ Ich habe auch nicht gesagt, dass ich das toll fände. Aber ja, mit der Schnitzeldebatte erreicht man wenig, und ich glaube, dass sie das Thema sogar eher verharmlost. Wenn Sie das deprimiert, sorry, aber die Wiederholungsschleife hierbei habe ich nicht erfunden.
„„Prinzipiell ja, aber wie häufig kommt das vor?“ – nicht so oft, wenn man halt nie diejenigen mitdiskutieren lässt, die die Perspektive der von Rassismus Betroffenen mitbringen.“ Da haben Sie mich falsch verstanden.
Ich meinte die ganze Schiene, dass Leute „unbewusst“ rassistisch seien – die kommen bestimmt vor, aber die meisten Menschen halten mMn bspw. Schotten bewusst für geizig, oder sie tun das bewusst nicht (welche von beiden in der Mehrheit ist, weiß ich auch nicht).
Argh, @Mycroft, wirklich?
Beispiel mit Hunden: es gab die Diskussion über Kampfhunde.
Viele Menschen werden sich damit nie auseinander gesetzt haben, viele Menschen werden dennoch irgendwie auch denken, dass nicht die Hunde selbst das Problem sind, sondern deren jeweiligen Besitzer. Sprich, wenn man sich mit denen unterhält, dann werden diese Menschen eher weniger „rassistisches“ Gedankengut gegenüber den Hunden per se zeigen, sondern sehr schnell zustimmen, wenn man denen sagt, es kommt auf die Besitzer/Erzieher der Hunde an.
Dennoch, durch die Diskussion über Kampfhunde, wird so jemand, der sich nicht wirklich damit auseinander gesetzt hat, wahrscheinlich die Straßenseite wechseln, wenn da jemand mit einem der Hunde auf der Straße auftaucht, die dieses Etikett angeheftet bekommen haben. Eben weil die Diskussion über Kampfhunde im Hinterkopf wabert. Die Klischees und Vorurteile bleiben nun mal haften, wenn man nicht aktiv gegen sie angeht.
Genau deshalb ist es eben wichtig, darauf zu achten, was man wie sagt.
„Argh, @Mycroft, wirklich?“
Argh, Micha, wirlich.
„Beispiel mit Hunden: es gab die Diskussion über Kampfhunde.“ Immerhin besser als über Schnitzel.
„…viele Menschen werden dennoch irgendwie auch denken, dass nicht die Hunde selbst das Problem sind, sondern deren jeweiligen Besitzer.“ Vorurteile gegenüber Kampfhundbesitzer sind eigentlich eher schlechter als gegen Kampfhunde.
„Dennoch, durch die Diskussion über Kampfhunde, wird so jemand, der sich nicht wirklich damit auseinander gesetzt hat, wahrscheinlich die Straßenseite wechseln, wenn da jemand mit einem der Hunde auf der Straße auftaucht, die dieses Etikett angeheftet bekommen haben.“ Ob man wegen dem Hund oder wegen dem Herrchen die Straßenseite wechselt, ist doch eigentlich egal, oder?
Bei Hunden ist es aber so, dass es Hunderassen gibt, so dass „Rassismus“ gegen _Hunde_ tatsächlich sowas wie eine empirische Grundlage hat. Und Hunde haben keine Menschenrechte. Mein Beispiel gefällt mir besser.
„Klischees und Vorurteile bleiben nun mal haften, wenn man nicht aktiv gegen sie angeht.“ Indem man die Ursachen und Hintergründe der Klischees und Vorurteile benennt und erklärt, ja.
„Genau deshalb ist es eben wichtig, darauf zu achten, was man wie sagt.“ Ja, aber erstens wird das doch enorm verkürzt: Paprikaschnitzel haben nichts mit Sinti oder Roma zu tun, außer, dass irgendwer mal dachte, Paprika, Sinti und Roma kämen aus SO-Europa. Was nicht stimmt, aber an Vorurteilen ist das noch das harmloseste. Warum damit anfangen? Sind die anderen etwa ausgestorben?
Und zweitens, wenn mein Menschenbild „deprimierend“ ist – ich erwarte tatsächlich, dass halbwegs aufgeklärte, halbwegs intelligente und halbwegs wahlberechtige Menschen tatsächlich selbst über Klischees und Vorurteile über Roma und Sinti nachdenkt, selbst wenn die Frittenbude um die Ecke das Paprikaschnitzel halt anders nennt. Meinetwegen mit Hilfe der Bildungsarbeit des ö.-r. Rundfunks, der statt Diskussionsersatz vllt. mal eine historische Doku zum Thema bringt.
Wenn jemand iose Vorurteile tatsächlich deshalb behält, weil die Frittenbude ihre Marketingstrategie nicht antirassistisch überarbeitet, ist das für mich viel deprimierender.
Ich war übrigens eine der empörten Personen, die beim Zappen wegen Thomas Gottschalk hängen geblieben sind und habe mich bei der Erstausstrahlung schon gewundert, dass dies keine Welle geschlagen hat.
Ich bin sicherlich auch nicht frei von Rassismus, aber diese Ausgabe der letzten Instanz, ist ohne ein einordnendes Korrektiv , weit übers Ziel hinaus geschossen, dafür empfinde ich die Entschuldigung mit 2 Monaten Verspätung etwas halbherzig.
Darf man sich hier eigentlich auch Themen wünschen? In diesem Zusammenhang würde es mich interessieren, wie so ein Social Media Team funktioniert.
Werden die vorher gewarnt? I m Stil von wir haben heute ein meinungsstarkes Unterhaltungsformat mit einigen „heiklen Themen“, da könnte es knallen? Schauen die nebenbei ihre Programme oder hören die bei der Arbeit die eigenen Radioprogramme? Muss da jemand aus seinem Home Office bei einigen Hundert Mentions sein Wochenende unterbrechen?
Oder sind, die nur damit beauftragt da sPublikum zu beschwichtigen? Wie die Kollegen von der Bahn es auch bei Beschwerden wegen einer Verspätung machen?
Der Redaktion MUSS doch bewu0t gewesen sein, was da für Reaktionen kommen können.
Wie sehr muss jahrhundertelanger Rassismus das Selbstbewusstsein dieser Minderheiten zerstört haben, wenn sie es als Abwertung oder Beleidigung statt als Kompliment empfinden, wenn eine Soße ein Schnitzel oder eine Süßspeise nach ihnen benannt wird. Jeder andere wäre stolz darauf. Wirklicher Rassismus ist es, wenn man Menschen auf ihre Herkunft oder Hautfarbe reduziert, indem man diese ohne Notwendigkeit, im Zusammenhang mit Straftaten oder anderen Ereignissen bei denen sie keine Rolle spielt, nennt. Wenn man das tut, ist es auch rassistisch, wenn man von Sinti, Roma, Dunklhäutigen oder südländlischem Aussehen spricht. Korrekt wäre einfach von Menschen zu sprechen.
Herr Schaupp, es geht weniger darum, dass ein Lebensmittel „nach ihnen benannt“ wird – es geht mehr darum, dass dies mit einem rassistischen Begriff geschieht. Und sich dann die weiße Mehrheitsbevölkerung mokiert, dass das nicht als Kompliment aufgefasst wird…
Inhaltlich stimme ich dem Artikel zu 100% zu. Aber diese pseudokorrekte Sternchenkultur, mit der Begriffe selbst bei wörtlichen Zitaten zivilisiert werden soll („M**renkopf“, „M**r“), ist eine moralische Verirrung. Zum einen geht aus dem Text ohnehin eine Distanzierung von solchen Begriffen hervor, zum anderen dass Zu glauben, man habe
Aus dem Text geht klar die Distanzierung von solchen Begriffen hervor und darauf kommt es an. Welchen Nutzen hätte es denn, wenn ich ohne weiteren Kontext schreiben würde: „Ich habe gestern einen M**renkopf gegessen.“? Wäre dann mit den Sternchen meiner Verantwortung für rassimusbewusste Sprache genüge getan? Natürlich nicht. Genausowenig würde die Beleidigung „Du A****loch!“ durch die Sternchen entkräftet werden. Diese Sternchen
Ich glaube, ein Teil der Aversionen gegen political correctness rührt daher, dass sich dahinter manchmal lediglich virtue signalling verbirgt, also bloße Attitüde, mit der niemandem geholfen ist außer der Zurschaustellung der eigenen Rechtschaffenheit.