Faktenzoom

Der Fehlerteufel arbeitet jetzt als Faktenchecker

Es ist schwer, aus den Überschriften nicht eine gewisse Genugtuung herauszulesen: Frauke Petry, ausgerechnet Frauke Petry, die AfD-Sprecherin, die den Medien immer wieder vorwirft, die Unwahrheit zu schreiben, diese Frauke Petry wurde nun „entlarvt als Falschaussagen-Spitzenreiterin“.

Screenshot: „Welt Online“
Screenshot: „Berliner Kurier“
Screenshot: „Zeit Online“

Schüler der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft wollen das in einem Projekt namens „Faktenzoom“ ermittelt haben. Sie haben mehrere Talkshows ausgewertet und die Aussagen von ausgewählten prominenten Gästen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.

Schöne Idee. Aber selbst durchsetzt von Fehlern, Ungenauigkeiten und Ungereimtheiten.

Einen Fehler haben die Schüler inzwischen selbst eingeräumt und korrigiert: Als Petry bei „Maischberger“ davon sprach, dass die die Türkei „fast 10.000 Kilometer Grenze schützt“, war diese Längenangabe nicht falsch, sondern richtig – die „Faktenzoom“-Leute hatten ihr zunächst die deutlich kürzere Landgrenze entgegengehalten.

Gravierender ist die Nonchalance, mit der die Volontäre Studenten Aussagen vor der Überprüfung verfälschten. Petry sagte zum Beispiel Ende Januar bei „Maischberger“:

„Die Obergrenze wird aus der SPD gefordert.“

Daraus gerinnt „Faktenzoom“ die folgende Tatsachenbehauptung:

„Die SPD fordert eine Obergrenze für Flüchtlinge.“

Diese Behauptung ist falsch, weil „die SPD“ keine Obergrenze für Flüchtlinge fordert. Das hatte Petry aber auch nicht gesagt. Sie hatte gesagt, sie werde „aus der SPD“ gefordert, also von SPD-Leuten. Tatsächlich hatte das zum Beispiel der Regensburger Oberbürgermeister (SPD) getan.

Insofern hat Petry nicht unrecht. (Weitere Beispiele hier.)

Man kann schon an dieser Stelle ein bisschen erschüttert sein, dass es Journalistenschülern, die Aussagen auf ihre Richtigkeit überprüfen wollen, nicht gelingt, die Aussagen richtig wiederzugeben.

Kommt aber noch besser:

Auf der optisch hübsch aufbereiteten Übersichtsseite sind scheinbar die Zitate der Politiker und das Urteil der Faktenchecker zu lesen. Doch das, was da zwischen den Anführungszeichen steht, ist nicht das, was Petry gesagt hat. Es ist das, was „Faktenzoom“ behauptet, was sie faktisch mit ihrem Zitat ausgesagt hätte.

Die meisten Medien tun in ihrer Berichterstattung so, als wären die umformulierten Aussagen von „Faktenzoom“ die tatsächlichen Zitate der Politiker.

Auf Nachfrage erklärt die „Faktenzoom“-Redaktion, die wörtlichen Zitate seien geglättet worden, um den Kern der Aussage herauszuarbeiten. „Der Wesenskern der Zitate wurde dadurch nicht verändert.“ Und weiter:

Alle betroffenen Politiker bekamen sowohl das transkribierte Wortlautzitat als auch die von uns geglättete, auf ihren Kern reduzierte Aussage von uns geschickt. Dort, wo die Formulierungen nicht kritisiert wurden, haben wir das als implizite Autorisierung der Zitate gewertet.

In mehreren Fällen haben Politiker die Überführung einzelner Wortlautaussagen in Tatsachenbehauptungen kritisiert. Wir haben daraufhin die konkret beanstandeten Zitate (oder deren Bewertung) verändert.

Schon die Idee einer „impliziten Autorisierung“ klingt halbseiden. Aber das ganze Verfahren ist merkwürdig: Genau genommen ist es nun kein Faktencheck mehr dessen, was die Politiker gesagt haben, sondern der Version, die sie (und sei es „implizit“) im Nachhinein „autorisiert“ haben. Ein Politiker, der sich nicht die Mühe gemacht hat, einzeln und genau die veränderten Zitate zu kontrollieren, steht dann im Zweifel schlecht da. Tatsächlich hatte die AfD dem „Faktenzoom“-Team geantwortet, dass „es der Zeit- und Terminplan von Frau Dr. Petry im Moment nicht zulässt, umfassend Stellung zu den aufgeworfenen Aspekten zu nehmen“.

Nach Ansicht von „Faktenzoom“ entspricht der Umgang mit den Zitaten „journalistischen Standards“: „Wir gehen auch davon aus, dass dieses Vorgehen bei Lesern bekannt ist, die daran gewöhnt sind, in journalistischen Texten Zitate zu lesen, die von wörtlicher Rede in Schriftdeutsch überführt wurden.“

Selbst wenn das stimmte: Es geht hier doch vorgeblich darum, die tatsächlichen Aussagen in Talkshows zu überprüfen, nicht eine andere, autorisierte Version davon. Und dass beim Umformulieren der Inhalt der Aussage verändert wird, sollte in keinem Fall zulässig sein, ist aber mehrfach passiert.

Der „Handelsblatt“-Autor Norbert Häring hat sich in seinem persönlichen Blog die sieben angeblichen Falschaussagen des bayerischen Heimatministers Markus Söder (CSU) genauer angesehen. Sein Fazit:

Alle angeblichen Falschaussagen Söders bis auf eine haben sich somit entweder als korrekt, als zugespitzte aber faktenbasierte Behauptungen über die Intentionen des politischen Gegners, als überwiegend richtig oder als unwiderlegte Plausibilitätsvermutung herausgestellt.

Und noch ein Beispiel, das in vielen Medien zitiert wurde: Frauke Petry hatte bei „Maybrit Illner“ gesagt:

„Aus der Türkei können nach wie vor Asylanträge in Deutschland gestellt werden, das ist seit Jahren so passiert.“

Das sei „falsch“ urteilten die Journalistenschüler, denn Asyl in Deutschland könne man nur von deutschem Boden aus beantragen und nicht „aus der Türkei“.

Das stimmt. Es deutet aber nichts dafür, dass Petry die Formulierung so meinte. Es geht an dieser Stelle in der Talkshow nicht um den Ort des Asylantrags, sondern darum, ob die Türkei ein Staat ist, der Grundrechte achtet. Petry sagte den Satz im Zusammenhang mit der Frage, ob die EU der Türkei Visafreiheit gewähren sollte, obwohl die Türkei die „Kopenhagener Kriterien“ (wie Meinungs- und Presseheit) nicht erfülle und immer noch Asylanträge „aus der Türkei“ in Deutschland gestellt werden. Sie meint ganz offenkundig Anträge von Menschen aus der Türkei – davon gab es im vergangenen Jahr 1500.

Die Auswertung ist voller Ungereimtheiten. Rätselhaft ist zum Beispiel, nach welchen Kriterien Aussagen als „Binsenweisheit“, „Allgemeinwissen“ oder „nicht überprüfbar“ eingestuft werden. Als „Allgemeinwissen“ und insofern nicht zu überprüfen und nicht als richtige Aussage zu werten, gelten für die „Faktenzoomer“ zum Beispiel folgende Tatsachenbehauptungen:

  • In Köln hat eine Gruppe von 100 Männern Frauen sexuell belästigt, ohne in Gewahrsam genommen zu werden.
  • Italien und Griechenland lassen Flüchtlinge in das Zentrum Europas passieren.
  • Stärkere Grenzkontrollen führen zu weniger Flüchtlingen, die die Grenze überqueren.
  • In der Türkei waren im Januar 2,5 Millionen Flüchtlinge.
  • Viele osteuropäische Länder sagen, Deutschland hat quasi die offenen Grenzen erklärt und ein Teil dieser massiven Zuwanderung sogar ausgelöst und das Deutschland wegen seiner Überforderung darum wirbt, dass andere ihm in der Flüchtlingskrise zur Seite stehen.

Ja, das ist alles „Allgemeinwissen“. Und auch das letzte Zitat stellt schon die vermeintlich „geglättete“ und von den „Faktenzoomern“ auf ihren Tatsachenkern reduzierte Version dar.

Eine „Binsenweisheit“ ist für das Projekt hingegen Katja Kippings angebliche Aussage:

„Man kann keinen Flüchtling zwingen, einen Antrag auf Asyl zu stellen.“

Tatsächlich gesagt hatte sie:

„Man kann ja auch keinen Flüchtling zwingen, in einem Land wie Ungarn, wo irgendwie Rassismus Staatsraison ist, jetzt einen Antrag auf Asyl zu stellen.“

Ob das – zum Beispiel angesichts des Dubliner Übereinkommens – tatsächlich eine „Binsenweisheit“ ist, die gar nicht erst überprüft werden kann oder muss?

Erstaunlich ist auch, welche Aussagen die angehenden Journalisten als „nicht überprüfbar“ abtun, zum Beispiel die, dass die AfD-Abspaltung ALFA Teile des AfD-Parteiprogramms kopiert hätte.

Die Frage, ob ein Satz als „Allgemeinwissen“, „Binsenweisheit“ oder „nicht überprüfbar“ eingestuft wird, ist entscheidend, weil all diese Zitate aus der Berechnung der Fehlerquote herausfallen. Wenn Markus Söder unterstellt wird, dass knapp 22 Prozent seiner Aussagen nicht korrekt waren, bezieht sich das nur auf die von „Faktenzoom“ als überprüfbar einsortierten Ausagen. Ein Politiker, der in den Talkshows 100 Sätze sagte, die zweifellos richtig sind, aber von „Faktenzoom“ als Allgemeinwissen eingestuft werden, und einen Satz, der falsch ist, käme nach dieser Rechenmethode auf eine Fehlerquote von 100 Prozent.

Kurz gesagt: Das Projekt – von anderen Medien zur „Studie“ veredelt – ist ziemlicher Murks. Und das kann jeder selbst feststellen (oder natürlich auch zu einem anderen eigenen Urteil kommen), denn vorbildlich an „Faktenzoom“ ist die Transparenz: Die Politiker-Zitate, ihre Übersetzung in eine Tatsachenbehauptung und schließlich deren Bewertung – all das ist dokumentiert in einer großen Google-Tabelle.

Die meisten Medien, die darüber berichtet haben, scheinen aber einfach die vermeintlichen Ergebnisse der Auswertung übernommen zu haben. Natürlich nicht, ohne teilweise zu ignorieren, dass die Studenten selbst ausdrücklich nicht von „Lügen“ sprechen wollten:

Eine Lüge, meinen wir, setzt Absicht beim Sprecher voraus. Das Klischee des Politikers, der alle Sorgfalt fahren lässt, um stets das letzte Wort zu haben – dafür ist unser Projekt kein Beleg.

Pffft:

Ausriss: „Leipziger Volkszeitung“
Screenshot: „RP-Online“

Ach, es ist ein Kreuz. Und was für eine Ironie, dass mehrere Medien einen Faktencheck feiern, ohne grob die Fakten zu checken.

Medien seien offenbar bereit, den haarsträubendsten Quatsch ohne jede Prüfung zu verbreiten, sagt Frauke Petry. Das wird nicht automatisch dadurch falsch, dass sie das sagt.

Der Ball lag für die AfD vor dem Tor. Aber – so perfekt er da auch lag, sie schaffte es nicht ohne Foul, ihn über die Linie zu drücken: Die Erwiderung auf der Facebookseite von Frauke Petry enthält mehrere Fehler.

Nachtrag, 21. Juni. Die Leitung der Kölner Journalistenschule verteidigt das Projekt.

67 Kommentare

  1. Nicht überzeugt. Ihr betreibt in Euren Beispielen der angeblichen Falschbewertung Haarspalterei. Die betreibt der Zuhörer in einer schnellen Talkshow aber nicht. Wenn Petry sagt „Die Obergrenze wird aus der SPD gefordert“ – dann versteht der Zuschauer das meiner Meinung nach genau so, wie die Journalistenschüler das interpretiert haben. Glaubt Ihr wirklich, Zuschauer würden jeden Satz auf die Goldwaage legen und sezieren und auf irgendwelche Regensburger Bürgermeister kommen? Das kommt mir sehr realitätsfern vor.

  2. „…die „Faktenzoom“-Leute hatten ihr zunächst die deutlich kürzere Landgrenze entgegengehalten.“

    Und die Begründung dafür ist super: angeblich könne man eine Seegrenze nicht schützen. Die Autoren können ja mal in Australien recherchieren gehen…

    Das schlimme ist: alle berichten darüber und die Überschriften bleiben hängen. Da hilft auch die ganze „Transparenz“ nicht. Über die Kritik und die Korrekturen wird keiner mehr berichten.

  3. Wie schnell das mit dem Fehlerteufel geht, sieht man allerdings auch an diesem Text:
    „Gravierender ist die Nonchalance, mit der die Volontäre Aussagen vor der Überprüfung verfälschten.“

    Soweit ich weiß, gibt es einen Unterschied zwischen Journalistenschüler und Volontär.

  4. @Florian Hohenauer: Ich glaube schon, dass Zuschauer unterscheiden können zwischen „Die SPD fordert“ und „Aus der SPD wird gefordert“.

    Aber selbst wenn nicht: So ein Faktencheck kann sich doch nicht darauf beziehen, wie ein Zitat mutmaßlich vom Zuhörer verstanden wird, sondern nur darauf, wie es gesagt wurde?

  5. „Die Erwiderung auf der Facebookseite von Frauke Petry enthält mehrere Fehler.“ Und die werden wo aufgelöst/dokumentiert?

  6. @Leo Friedrich: Der größte Fehler ist, dass dort behauptet wird, „nicht prüfbare“ Aussagen würden in der Auswertung als falsch gewertet. Außerdem wird das Projekt dort rätselhafterweise als „SWR-Studie“ bezeichnet.

  7. Ich glaube, in der Geschwindigkeit einer Talkshow kommt dieser Unterschied nicht beim Publikum an, darum fand ich das Beispiel nicht gut gewählt für Eure Kritik. Ihr habt aber Recht – wenn man Aussagen auf das wahrscheinliche Verständnis des Publikums hin interpretiert, ist es kein sauberer Faktencheck mehr und angreifbar.

  8. Ein Hoch auf diese aufklärerische Recherche! Man kann gar nicht so schnell gucken, leider, wie die Journaille ihrem Aliasnamen alle Ehre Macht, dem inzwischen unverwendbaren L-Wort.

    Handwerkliche Fehler dürfen passieren, zumal jungen Menschen, die noch in der Ausbildung sind – aber das sie ausgerechnet beim erklärten Versuch, politisch mißliebige Meinungsäußerungen zu diskeditieren, so gehäuft auftreten, das ist nicht nur peinlich, sondern verräterisch. Es wirft ein schlechtes Licht auf die ganze Zunft.

  9. Klar ist das irgendwie unsexy, erscheint haarspalterisch und überpenibel.

    Aber so muss das!

    Mir waren die Meldungen gleich etwas unheimlich.
    Hach ja, die Petry. Is ja klar.

    Eine schöne geistige Übung: wenn der Nickreflex so richtig groß ist, mal kurz zurücktreten und das Hirn lüften.

    DAS! ist es nämlich was uns vom ( ich nenn die jetzt mal) Gegner unterscheidet.

  10. Ich finde ja, dass auch hier der wichtigste Kritikpunkt an so einer Studie fehlt: Selbst wenn alle Fehler tatsächlich Fehler wären, was soll denn so eine quantitative „Studie“ überhaupt aussagen? Wo ist die journalistische Einordnung? Sind alle Fehler gleich schwerwiegend?

    Eine reine Aufzählung passt genau in das, was man heute irgendwie von Journalismus erwartet: Fakten und „Die Wahrheit“ (TM). Dass es einen Unterschied macht, ob eine*r in einer Talkshow überspitzt, um zu zeigen, dass Slowenien die UNHCR allzu wenig unterstützt (Katja Kipping) oder ob jemand versucht, den Anschein zu erwecken, eigentlich seien ja alle für Obergrenzen und nur eine autoritäre Merkel würde die Grenzen offen halten (Frauke Petry), ist dabei völlig egal.

  11. Besten Dank für die Mühe, die Sie sich gemacht haben. Die von Ihnen kritisierten Kategorisierungen sind in ihrer Schwammigkeit selbstverständlich und offensichtlich auffällig und jeder, der mal mit solchen Definitionen im Kontext einer wissenschaftlichen Arbeit zu tun hatte, weiß, daß von diesen Definition die Qualität einer Studie bestimmt wird. Einige von diesen hier aufgezeigten Fehlern habe ich in Kommentarspalten wie denen der FAZ und des TSP posten wollen, was nicht veröffentlicht wurde. Es herrschte affirmative Beharrlichkeit, alles andere hatte wohl Anwurfcharakter. Ausnahme war der Focus.

    Es ist ein interessantes Projekt, aber anders als viele Medien es vermarkten. Es zeigt, welchen Spin man implementieren muß, wenn man Schlagzeilen in der derzeitigen Medienlandschaft produzieren will. Dieser Lernerfolg für die Schüler hat fast schon Exzellenzstatus.

  12. Der Unterschied zwischen „aus“ der SPD und „von“ der SPD mag ja für den Durchschnittszuschauer mal untergehen, aber da Petry an genau der Stelle präzise formulierte, darf man ihr das nicht als Falschaussage vorwerfen.
    Sie spekulierte vllt. darauf, dass das beim Publikum falsch ankommt, aber meine Güte, da ist auch das Publikum in der Pflicht.

    Insgesamt finde ich das Projekt schon gut; nur von der Umsetzung her hapert’s.

  13. Durch die fehlerbehafteten Bewertung gerade bei Petry und die noch falscheren Überschriften in einigen Presseorganen dazu („lügt am häufigsten“ o.ä.) scheint es jetzt Vielen so, als sei derjenige ein etry-Freund, der Faktenzoom kritisiert und als müsse man, wenn man von der AFD nichts hält, nun Faktenzoom unterstützen. Ein Blick auf die anderen ausgewerteten Politikeraussagen zeigt aber schnell, dass Faktenzoom auch bei diesen geschlampt hat, von rechts (Söder) bis links (Kipping).

  14. @Stefan Niggemeier, #4

    »Ich glaube schon, dass Zuschauer unterscheiden können zwischen „Die SPD fordert“ und „Aus der SPD wird gefordert“.«

    Ich schließe ausnahmsweise mal von mir auf andere: Nein, können sie nicht. Es sei denn, die Aussage stünde allein im Raume und man würde noch dazu aufgefordert, doch bitteschön mal darüber nachzudenken. Und selbst dann wären sich wohl die wenigsten sicher, dass hier nur gemeint kann, nicht die SPD als Partei fordere offiziell XY, sondern lediglich einige mehr oder weniger prominente Mitglieder, vielleicht auch nur der Kassenwart vom Ortsverband Oer-Erkenschwick-Nord, als persönliche Meinung quasi, abweichend von der offiziellen Parteilinie, weshalb die zur Debatte stehende Aussage im Grunde gar keine Relevanz hat, also auch nicht hätte gemacht werden müssen und deshalb aus dem Gedächtnisprotokoll zu streichen ist.

    Wenn ein Politiker, eine Politikerin in einer Talkshow sagt „XY wird aus der SPD” gefordert, dann heißt das für 99 Prozent der Zuhörer „Die SPD fordert XY”. Wer also nicht missverstanden und der Falschaussage bezichtigt werden will, muss eben genauer formulieren. Das ist ja nun wirklich nicht zuviel verlangt.

    Und auch, wenn man wohlwollend sagt, okay, so eine Ungenauigkeit kann im Eifer des Gefechts ja mal passieren, dann bleibt es nach allgemeinem Verständnis im Ergebnis dennoch eine Falschaussage.

    »Aber selbst wenn nicht: So ein Faktencheck kann sich doch nicht darauf beziehen, wie ein Zitat mutmaßlich vom Zuhörer verstanden wird, sondern nur darauf, wie es gesagt wurde?«

    Genau. Klare, unmissverständliche Aussagen sind total überbewertet. Je ungenauer man eine Aussage formuliert, desto besser. Hauptsache, sie erzielt in der Situation die gewünschte Wirkung, und wenn sich später jemand daran stößt, dann kann man einfach behaupten, man habe das so ja gar nicht gesagt, es handele sich wieder mal um eine bösartige Fehlinterpretation der Lügenpresse, und wer das nicht glaube, solle doch den Niggemeier fragen, der habe das in seinem Blog auch schon haarklein dargelegt.

    Kein Wunder, dass Politikersprache immer unverbindlicher und verschwurbelter wird.

  15. @Axel E. aus B.: Man kann sich ja gern an der Aussage „Aus der SPD wird gefordert“ stoßen. Aber man kann, wenn man sie auf ihre Richtigkeit überprüfen will, doch nur ersetzen durch „Die SPD fordert“.

    Zu untersuchen, wie Politiker in Talkshows etwas suggerieren, wie sie den Zuschauer in die Irre führen, subtil oder brutal, wie sie bewusst schwammig formulieren – das ist eine absolut verdienstvolle Aufgabe. Aber dazu ist ein solcher „Faktencheck“ meiner Meinung nach völlig ungeeignet.

  16. @Stefan: Ich konnte es auch nicht zu hundert Prozent überprüfen. Ich wurde allerdings einmal korrigiert, als ich einen Journalistenschüler „Volontär“ nannte. Begründung: Volontäre seien nur diejenigen, die bei einer Zeitung ihre Ausbildung ablegten. Es hat für mich allerdings Sinn ergeben, weil ich auch noch nie von einem Volontär gehört habe, der sich Journalistenschüler nennt (außer er besucht eine Journalistenschule).

  17. Es ist eine wesentliche sprachliche Nuance, ob man formuliert, daß die SPD (in Gesamtheit) oder daß aus der SPD gefordert wird, was kommuniziert, daß Teile bzw. einzelne Stimmen aus der SPD dies fordern. Es mag sein, daß Nuancen im grobmotorischen Geschäft keine Rolle mehr spielen. Petry hier aber eine falsche Aussage zu unterstellen, weil sie diese feine Nuance einführt, das ist absurd. Das angebliche Zitat wird damit eindeutig verfälscht.

    Was die Schüler teilweise praktizieren ist kein Quellenstudium, sondern Projektion. Und daß bis heute auf der generellen Richtigkeit der Ergebnisse beharrt wird, das spricht nicht gerade für das qualitative Level der Ausbildung.

    Petry hätte nun knallharte Präzision dagegen setzen können. Dort behauptet man aber nun, daß „nicht prüfbar“ als „falsch“ gewertet wurde. Es floss zwar über die reduzierte Bezugsgröße indirekt ein und die Einschätzungen der Schüler sind teilweise sehr unpräzise bis willkürlich, aber als „falsch“ kategorisiert sind diese Äußerungen nicht in die Wertung eingeflossen.

  18. Chapeau, lieber Stefan Niggemeier! Allein dass Sie das in den Antworten auf solche Postings wie das Florian Hohenhauers noch klarstellen müssen, macht das Drama deutlich.

    Die Weltgeltung, die den deutschen Philosophen in der Neuzeit anerkanntermaßen zugefallen ist, wurde immer auf den vergleichsweise großen und differenzierenden Wortschatz des Deutschen zurückgeführt. Wozu aber hat man seine Sprache, wenn nicht einmal deren Bereitschaft vorhanden ist, deren Möglichkeiten zu nutzen.

    Las vor einiger Zeit einen stöhnenden Prof eines dieser ‚ich-kann-jetzt-in-jeder-Scheiße-bacchalaureieren‘-Studiengänge an den zahllosen FHn und privaten Instituten, die ‚irgendwas mit Medien‘ anbieten. Der beklagte sich allen Ernstes über Zweitsemester eines Journalistikstudiengangs, deren schriftliche Arbeiten erschreckende muttersprachliche Defizite erkennen ließen.

    Kürzlich wurde das noch im Telefonat mit einer Korrektorin/Schlussredakteurin getoppt, die mir diesbezüglich – fairerweise ohne Namensnennung des Kollegen – diesen zitierte: „Frau X, ich bin hier Redakteur! Was bitte habe ich mit Rechtschreibung zu tun?“ War bei keinem Radio- oder TV-Sender!

    Und weil ich hier als Gast nicht die Höflichkeit des Gastgebers wahren muss: Was Sie als ‚Haarspalterei‘ vorhalten, die der Talkshowseher angeblich nicht betreibe, Herr Hohenhauer, ist eklatantes Missverständnis und Anmaßung in einem. Weil Sie ‚Haarspalterei‘ erstens mit einer Aufforderung zur Sorgfalt verwechseln und zwotens pauschal alle Talkshowseher zu ‚is-doch-eh-egal-Trotteln‘ abwerten.

    Dabei ist eben (noch – hoffentlich lange) jedem nicht alles so egal, wie es mitunter erscheinen mag. Und schließlich ist die mangelnde Sorgfalt in journalistischem Arbeiten – das nun mal eminent viel mit Sprache zu tun hat – EIN Baustein in dem Ursachengeflecht, das den ‚Lülülügenpresse‘-Rufern erst den Wind in die Segel geblasen hat.

  19. Ich kann mir vorstellen, dass der „Faktencheck“ in Form einer Projektarbeit von der Schulleitung an die Schüler verordnet wurde. Diese Projetktarbeit dient vermutlich dazu, Stimmung gegen die AFD (politischer Konkurrent zu Schwarz, Rot, Grün, Links) zu schüren. Da die Schüler verständlicherweise einen guten Abschluss erzeielen wollen, rattern sie das runter, was die Schule (politisch) fordert.
    Daher ist ein solches Projekt niemals objektiv- eben bedingt durch das Abhängigkeit Schüler -> Schule.
    Die Medien geben den Unsinn ungeprüft wieder. Wenn man die Leserkommentare anschaut, hat man den Eindruck, dass sie die einzigen sind, die wissen, wie der Hase läuft.

  20. Die Lügenpresse und ihr konformistischer Nachwuchs haben sich mit dieser Aktion wieder einmal fürchterlich blamiert: Schlampig recherchieren und dann reißerische Propaganda-Schlagzeilen daraus fabrizieren, so kennen wir das. Und auch Niggemeier hat sich mit seinem Schienbeintritt im letzten Absatz erneut als systemtreuer Klugredner bestätigt.

  21. Absolut dreist, wie die Journalistenjugend gemäß politischem Geschmack wahlweise richtige bzw. falsche Aussagen als „nicht überprüfbar“ aussortierte, um damit beliebig hohe bzw. tiefe Fehlerquoten zu generieren.

    Beispiel von Petry: „Petry in derselben Sendung: „AfD-Mitglieder werden durch Steckbriefe von Linksextremisten verfolgt“. Wertung: Nicht prüfbar. Also falsch. Die Eleven der Kölner Journalistenschule haben scheinbar nie etwas von inymedia.de gehört, wo regelmäßig Namen und Adressen von AfD-Mitgliedern und -Geschäftsstellen veröffentlicht bzw. bereits erfolge Anschläge gefeiert werden. Übrigens leicht prüfbar.“

    Dass die AFD „nicht prüfbar“ mit „falsch“ gleichsetzt ist allerdings auch falsch, oder jedenfalls ein Missverständnis. Der Effekt ist allerdings ähnlich, wenn damit gezielt richtige Aussagen aussortiert werden.

  22. @Hajo: Die AfD darf also jeden Unsinn behaupten, ohne dass man das kritisieren dürfte?

    @Holger: Aha. Und dass der Söder da so übertrieben viele Falschaussagen untergeschoben bekam von den Schülern erklären Sie wie?

  23. @Frank Martini

    Grammatik ist Ihre Stärke, Genauigkeit nicht, ich heiße Hohenauer. Danke.

    Und Sie differenzieren nicht zwischen den Äußerungen, die in den schnellen Schlagabtäuschen einer Talkshow gemacht werden (ich bleibe dabei, da werden die meisten Zuschauer – nicht so genaue Menschen wie Sie – hingeworfene Statements nicht auf die Goldwaage legen) und wohlüberlegten oder nicht überlegten schriftlichen Äußerungen von Studenten und/oder Redakteuren. Da hat der Leser Zeit, kann nochmal lesen, wenn ihm etwas komisch vorkommt… Wenn Petry ihre Angst- und Hasspredigten herausschleudert, dann beleibt (vielen, außer Ihnen) keine Zeit, jeden Satz zu begutachten.

  24. @Klaar

    Da braucht man kein langes Quellenstudium oder eine Recherche bei Indymedia zu betreiben, daß die Behauptung „AfD-Mitglieder werden durch Steckbriefe von Linksextremisten verfolgt“. richtig ist und die Einschätzung „nicht prüfbar“ Kompetenzmängel zeigt. Neuester Fall des Psychoterrors in HH auf der Elbinsel Wilhelmsburg:

    „In Wilhelmsburg wurden jetzt rund 100 Plakate aufgehängt, in denen unter dem Titel „Achtung, Rassist_Innen im Viertel“ Namen und Adresse der AfD-Landesschatzmeisterin Nicole Jordan, ihres Mannes und ihrer minderjährigen Tochter genannt werden.“

    Hamburger Abendblatt 16.06.16

    http://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/wilhelmsburg/article207693167/Linken-Steckbriefe-gegen-die-AfD-sorgen-fuer-Empoerung.html

    Wer solche degoutanten Fälle und das insbesondere als angehender Journalist nicht recherchieren kann oder will, der gehört in die Wiederholungsklasse Recherche…

  25. @Niggemeier: Sie bezichtigen die AFD eines „Fouls“, obwohl es sich genauso gut um einen Irrtum oder ein Missverständnis handeln könnte. Offensichtlich haben Sie bei der AFD nicht mal nachgefragt, warum sie ’nicht überprüfbar‘ mit ‚falsch‘ gleichsetzen. Damit agieren Sie fast noch unsauberer als die angehenden Journalisten. Gingen Sie etwa auch auf die Journalistenschule Köln?? :-D

  26. @Hajo
    Ich übe ebenfalls starke Kritik an diesem „Faktencheck“, der man fehlende wissenschaftliche Professionalität vorhalten muss. Aber wenn man fehlende Präzision an dieser Studie bemängelt, so muss man diese Maßstäbe auch an die Antwort der Pressestelle Petrys anlegen. Alles andere hätte einen ebenso politisch genehmen Spin…

  27. „Wir gehen auch davon aus, dass dieses Vorgehen bei Lesern bekannt ist, die daran gewöhnt sind, in journalistischen Texten Zitate zu lesen, die von wörtlicher Rede in Schriftdeutsch überführt wurden.“

    Und genau das ist der Zynismus, den ich aus mehreren Nachrichtenredaktionen persönlich kenne: Inoffiziell beinahe eine Verachtung für die eigenen Leser hegen, aber sie ins Boot holen, wenn es darum geht, die eigene Haut zu retten.

    Wer bitteschön hätte wissen können, dass die Zitate von der wörtlichen Rede ins Schriftdeutsch und dann noch in eine „geglättete“ (!) Version überführt wurden – wer andererseits hätte ahnen können, dass durch die Kombination „Journalistenschüler + unfähig + empört + halbseiden + anti-Lügenpresse“ etwas entsteht, was die Vorurteile nur bestätigt? Jemand, dem die political correctness nicht die Sicht verbaut …

  28. Ich hab den Begriff der „political correctness“ schon wirklich in vielen abwegigen Zusammenhängen gehört, aber hier bin ich nun vollends ratlos. Was hat die mit dem hier zu tun?

  29. @ Herrn Niggemeier: zum Begriff ‚Studie‘ – der in diesem Kontext keine Erfindung der Medien ist. Hier einige Recherchen:

    Für die mediale Verbreitung waren Headlines wie – ‚Studie beweist: Niemand lügt im Fernsehen so oft wie Frauke Petry (Hamburger Morgenpost)‘ entscheidend. Dutzendfach sind diese und ähnliche Aufmacher zu finden. Der Begriff Studie transportiert für uns in der Sache Unwissende implizit Wissenschaft, Wahrheit, Wahrhaftigkeit.

    Im Focus sagte dazu Sebastian Moritz von der Kölner Journalistenschule
    „Politiker sind unsere Volksvertreter. Deshalb haben die Zuschauer auch ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren“. (Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/oppermann-kipping-goering-eckart-petry-grosser-talkshow-check-jede-siebte-aussage-von-politikern-ist-unwahr_id_5636493.html)

    Wie kam nun der Begriff ‚Studie‘ in die Medienwelt, wo doch die Macher des Projekts auf ihrer Projektseite gerade diesen Begriff ablehnen. Eine wirklich geniale Strategie unseren jungen Medienmacher tut sich da auf. Im Nachhinein praktisch nicht zu durchschauen – wenn die Spuren verwischt werden können. Doch gelingt das nicht immer – schauen wir doch einmal in das Internet-Archiv: http://web.archive.org/web/20160615045120/http://www.ksta.de/kultur/koelner-studie-frauke-petry-nimmt-es-in-talkshows-nicht-so-genau-mit-der-wahrheit-24227894

    In diesem Artikel taucht schon in der Überschrift das Wort STUDIE auf. Liest man nun ganz aktuell im „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Seite : http://www.ksta.de/kultur/koelner-studie-frauke-petry-nimmt-es-in-talkshows-nicht-so-genau-mit-der-wahrheit-24227894
    sieht diese ganz anders aus. Nochmals geändert von dem Autor. Da war ursprünglich Inhalt schon vielfach durch die Medienwelt kopiert und skandalisiert worden.

    Gehen wir zurück an den medialen Tatort, lernen wir aus dem archivierten Artikel des „Kölner Stadt-Anzeiger“ , dass der Autor des Textes selbst auch noch Studien-Teilnehmer ist. Eine genial innovative Medienstrategie für die Zukunft unserer heranwachsenden Journalistengeneration tut sich da auf. Wir verbreiten einen sensationellen Pressetext mit Bezug auf einen Informationskomplex (Webportal, Studie, Seriosität, Neutralität, Faktenzoom.de) – und wenn der Medienorkan erst entfacht ist, ändern wir den Pressetext auf harmlos – das Webportal bleibt seriös – die vielen tausend Medien- und Facebook-Verlinkungen mit der vergifteten Botschaft aber bleiben.

    Das Faktenzoom-Projekt hat mit diesem mehrdimensionalen Manipulationsmechanismus Mediengeschichte geschrieben.

    Meine Schlussfolgerung: die konventionelle Recherche wird künftig im Umfeld des Medienorkans viel zu kurz greifen. Das Systemverhalten insgesamt sollte zum Erkenntnisgewinn analysiert werden. Stichwort Systemanalyse.

    Mit freundlichen Grüßen

    M.M.

    Nachtrag: Ein systemanalytischer Ansatz wäre zum Beispiel aus dem Delta der beiden Artikelversionen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ die dahinter stehenden Absichten herauszufiltern und gegen den gesamten Projektverlauf bis zum medialen Durchschlag zu analysieren. Wäre doch was für einen Doktoranden.

  30. Nun ja, im vorliegenden Fall ist viel Differenzierungsfaehigkeit noetig, um zu beurteilen, wo die Fehler liegen. Ich denke dennoch, die Untersuchung ist zu unprofessionell erfolgt. Aber aus eigener Wahrnehmung der Auftritte von Petry wuerde ich unterstreichen, dass sie haeufig hart an der Wahrheit vorbeischrammt. Ich habe fast nie den Eindruck, dass sie ehrlich argumentiert. Das ist natuerlich ein subjektiver Eindruck, und ich gebe zu, das muesste ich an einzelnen Beispielen nachweisen, aber mir fehlt mir jetzt die Zeit, um die Talkshows noch einmal zur Sichtung abzurufen. Was Ueberschriften betrifft, die nicht zum Text passen, oder die formuliert wurden, ohne dass der Sachverhalt geprueft wurde, stehen auch die serioesen Blaetter kaum in etwas nach. Headlines wie: ‚Gauland beleidigt Boateng‘ oder ‚Erdogan droht Bundesregierung‘ sind subjektive Wertungen der Journalisten, wenn man bei naeherem Hinsehen feststellt, dass einige individuelle politische Auffassungen und Interpretationen noetig sind, um der Bewertung zuzustimmen. Und wenn alle Zeitungen uebereinstimmend titeln, laut einer Umfrage seien 68% gegen die Fluechtlingspolitik Merkels, muss man sich, obwohl die Zeitungen scheinbar nur das Ergebnis reportieren, fragen: Stimmt das denn? Haetten die Zeitungen das Ergebnis nicht ueberpruefen muessen, indem sie die zugrunde liegenden Fragen auf Ihre Suggestivitaet oder auf zu verallgemeinernde Formulierungen geprueft haetten? Im konkreten Fall habe ich festgestellt, dass die entsprechende Frage so allgemein formuliert war, dass es leicht zu diesem Resultat kommen konnte. Prinzipielle Befuerworter, die vielleich nur in ein, zwei Einzelaspekten anderer Meinung sind und nur deshalb wahrheitsgetreu mit ‚Nein‘ antworten, werden als Gegner gezaehlt, so als ob sie gegen die Fluechtlingspolitik an sich waeren. Und erst recht solche, die die Frage deshalb verneinen, weil sie der Auffassung sind, Merkel mache die richtige Politik, kommuniziere sie aber nicht aggressiv und verstaendlich genug. Und wie verhaelt es sich erst mit der notorischen Ausssage: Streit(!) in der XYZ-Partei , nur weil einige Abgeordente eine abweichende Meinung zu einem Thema vertreten? Nach meiner Beobachtung spitzen de facto alle Zeitungen in den Ueberschriften der Skandalisierung wegen zu. Das geht soweit, dass in der Ueberschrift die Ausnahme herausgestellt wird und erst im Text die Regel. Oder sogar in der Ueberschrift das Gegenteil des Artikelinhalts behauptet wird. Noch ein weites Betaetigungsfeld fuer Niggemeyer&Co.

  31. Was Frau Petry häufig macht: Sie bringt faktisch richtige Argumente, allerdings mit dem Ziel das sie in ihren Gunsten missverstanden werden. Das Problem ist, dass die entsprechenden Moderatoren anscheinend einen Nicht-Angriffs-Pakt geschlossen haben oder sie es nicht bemerken oder es ihnen zu mühselig ist, da immer dazwischen zu gehen. Bestes Beispiel ist da gerade die Aussage aus der SPD kämen Forderungen nach einer Obergrenze. Gesagt hat sie „Die Obergrenze wird aus der SPD gefordert.“ Sie wollte aber meines Erachtens, dass bei den Zuschauern eher ankommt „Die SPD fordert Obergrenzen“. Frau Maischberger hätte diesen Effekt locker verhindern können, wenn sie denn mal mitgedacht hätte und gefragt hätte wer aus der SPD das denn nun fordere. Frau Petry hätte Farbe bekennen müssen und der Eindruck wäre verpufft.
    So kann sich Frau Petry aber hinstellen und sagen sie hätte nur die Wahrheit gesagt, sie könne ja nichts dazu was andere verstehen. Formal ist das auch vollkommen korrekt, ich vermute nur ein Kalkül dahinter.

    Hier habe ich auch mein aktuelles Problem, es gibt meines Erachtens einige Möglichkeiten mit der AfD umzugehen, wenn man mal aufhört die als Idioten anzusehen. Das würde allerdings den Willen zum Umgang, Beschäftigung mit der Materie und Aufmerksamkeit voraussetzen.

  32. @Daarin#37, natürlich hat Petry ein Kalkül. Natürlich will sie fragen: „Wenn es Sozialdemokraten gibt, die eine Obergrenze fordern, warum sind wir von der AfD dann die Bösen?“ Aber genauso natürlich kann der mündige Wähler einfach das Wahlprogramm der SPD mit dem der AfD vergleichen.
    Der Punkt, warum ich jetzt wohl wieder als AfD-Versteher rüberkomme: erstens sind solche rhetorischen Tricks legitim, zweitens ist niemand gezwungen, alles zu glauben, was in Talkshows so geredet wird, drittens werden die wenigsten SPD-Wähler deshalb plötzlich AfD wählen, und viertens, wenn Petry darauf spekuliert, dass das Talkshowpublikum den Unterschied zwischen „von der“ und „aus der“ nicht kennt, und damit Erfolg hat, liegt der Fehler anteilig zumindest hälftig beim Publikum. „Bitte, liebe Politiker, seid doch rhetorisch doch bitte nicht so versiert, wir dummen Wähler werden sonst dauernd reingelegt.“ Echt jetzt?
    Der Hauptgrund aber ist: Es ist keine Lüge. Petry hat vermutlich genau diese Formulierung gewählt, weil sie keine Lüge darstellt.
    Wenn die Titel gehießen hätten: „Petry benutzt die meisten rhetorischen Nebelkerzen.“ oder so, wäre doch alles supie.

  33. „Und dass bei[m] Umformulierungen der Inhalt der Aussage verändert wurde, sollte in keinem Fall zulässig sein, ist aber mehrfach passiert.“
    Da hat sich ein Fehler eingeschlichen.

    Danke für den gelungenen Artikel!

  34. Fassen wir mal zusammen.

    Frauke Petry sagt in einer Talkshow, Obergrenzen würden auch „aus der SPD” gefordert, und vermittelt damit bewusst, um der eigenen Position mehr Gewicht zu verleihen, den falschen Eindruck, die SPD als Partei erhebe dieselbe Forderung wie die AfD.

    Journalistenschüler werten das im Rahmen einer einer inhaltlich-sachlichen Überprüfung des Wahrheitsgehaltes von Politikeraussagen in Talkshows als falsch.

    Das wiederum wird von Stefan Niggemeier und den meisten Kommentatoren kritisiert mit dem Hinweis, dass die betreffende Formulierung rein formal betrachtet ja keine Lüge sei, weshalb die Wertung als Falschaussage wohl politisch motiviert sein müsse.

    Als weiteres Beispiel dafür wird die von den Journalistenschülern ebenfalls als falsch gewertete Aussage Petrys zu Asylanträgen genannt, die „aus der Türkei” gestellt würden, was nun tatsächlich auch formal falsch ist.

    Hier wird jedoch umgekehrt argumentiert und zugunsten Petrys angenommen, sie habe etwas ganz anderes gemeint als sie gesagt hat, nämlich „von Menschen aus der Türkei”, das sei doch wohl völlig klar. (Ganz genau genommen müsste es wohl heißen, „von aus der Türkei stammenden Menschen”, oder einfach „von Türken”, aber das nur nebenbei.)

    Ist das die Sorgfalt, die von den Journalistenschülern gefordert wird?

    Mich erinnert es eher an einen anderen Beitrag hier auf Übermedien: „Schlechte Beispiele für schlechten Journalismus”.

  35. @Axel E. aus B.: Okay, man könnte festlegen bei so einem Projekt, nur das wörtliche Zitat zu bewerten, ohne jegliche Interpretation. Aber das haben die „Faktenzoom“-Leute nicht gemacht. Bei „aus der Türkei“ sind sie beim Wortlaut geblieben. Bei „aus der SPD“ haben sie ihn verändert.

    Würde man immer den genauen Wortlaut interpretieren, hätte ich an der „aus der Türkei“-Wertung wenig auszusetzen. Wenn man den Kontext betrachtet, wüsste ich allerdings nicht, warum es Frau Petry um den Ort gehen sollte, an dem man einen Asylantrag „in Deutschland“ stellen kann.

  36. Ich hatte noch keine Zeit, die Bewertungen der Journalistenschueler anhand der von ihnen untersuchten stundenlangen Talkshows zu beurteilen. Bis dahin bewerte ich die neuesten Aussagen Petrys in der Oeffentlichkeit. Dazu folgende brandaktuelle Aeusserung ihres Kollegen Meuthen: ‚„Frauke Petry behauptet, es gäbe einen Beschluss der baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion, man solle im Fall Gedeon zunächst ein wissenschaftliches Gutachten einholen. Diese Behauptung von Frauke Petry ist wahrheitswidrig“, sagte Meuthen der „Welt“. Ein Vorgehen mit einem Gutachten sei lediglich vorgeschlagen, nicht aber beschlossen worden.‘ ( Petry attackiert Meuthen. FAZ vom 19.06.2016). Ich denke, man kann davon ausgehen, dass Meuthen den Sachverhalt richtig wiedergibt, wenn er sogar soweit geht, Petry de facto eine Luege vorzuwerfen. Also ein weiterer Hinweis, wie Frau Petry leichtfertig oder bewusst an der Wahrheit vorbeischrammt. So, wie sie es nach meinem Eindruck mit absichtlich missverstaendlichen Formulierungen auch in den Talkshows tut.

  37. @38, Mycroft: Nur weil es legal ist und sie formal die Wahrheit gesagt hat muss man es moralisch nicht richtig finden, wenn man auf die Unaufmerksamkeit der Zuschauer setzt. Vor allem aber darf man sich dann nicht wenn es mal wieder schief geht auf den Standpunkt zurück ziehen, dass die AfDler medienunerfahren sind und so etwas dann ja mal passieren kann. Das ist der „Trick“ der AfD.

  38. @Daarin#43: Ich sprach auch nicht von Moral. Und ich wiederhole gerne: wenn es darum ginge, rhetorische Tricks aufzulisten, mit denen Politiker arbeiten, um nicht direkt lügen zu müssen, kann der jetzt wegen meiner ganz weit oben stehen.
    Die Aussage der Untersuchung war aber, dass Petry hier die Unwahrheit sagt, was sie nicht tut, und das wird dann von Medien noch als Lüge weitergegeben, obwohl nicht jede Unwahrheit eine Lüge ist.
    Wenn man sich schon darauf abstellt, dass man einen absichtlich missverständlicher Satz in freier Rede in einer Talkshow wegen der Unaufmerksamkeit des Publikums nicht für moralisch richtig halten muss, ok, dann sollte aber eine Überschrift in einer Zeitung doch mindestens denselben moralischen Standards genügen.
    Dass das bei nicht-AfDlern auch so gemacht wird, macht die Sache mMn auch nicht besser. Ich habe auch keine Ahnung, ob da irgendwelche politischen Absichten verfolgt werden, oder ob „Politiker lügen!“ als Überschrift einfach mehr Auflage produziert als „Politiker spekulieren auf die geringe Aufmerksamkeit des Publikums, aber wir Medien machen das ja nicht, weil wir an die hohe Aufmerksamkeit unserer Leserschaft glauben, wie man an dieser lächerlich langen Überschrift erkennen kann, woll?“. Ist für meine Argumentation aber auch egal.
    Dass die AfDler medienunerfahren seien und so etwas mal passieren kann, halte ich für ein Gerücht. Bei dem „aus der SPD“-Geschichte unterstelle ich ihr Absicht, andere Sachen sind vllt. wirklich blöd formuliert, wie das bei anderen Parteien auch vorkommt. *schulterzuck*

  39. Guter Artikel.

    Wenn von „Faktencheck“ die Rede ist, dann suggeriert das ein Höchstmaß an Objektivität. Entsprechend müssen für so einen „Faktencheck“ dann auch sehr strenge Maßstäbe gelten. Eigene Wertungen und Interpretationen soweit wie irgendwie möglich vermieden werden. Man hätte eine Kategorie „Potentiell missverständliche Aussagen“ einführen können – da hätte man dann Behauptungen, die leicht missverstanden werden können, einsortieren können. Aber zu erklären, dass solche Behauptungen einfach „falsch“ sind – das geht nicht. (Bereits im SPIEGEL hatte ich mich vor einiger Zeit über einen „Faktencheck“ geärgert, wo doch durchaus die persönliche Meinung des Redakteurs – die man m.E. keineswegs teilen musst – in die „Fakten“ mit eingeflossen ist.

    Nicht die „Studie“ der Nachwuchs-Journalisten ist dabei das eigentliche Skandalon, sondern die doch sehr unkritische Rezeption durch zahlreiche Medien (die Sie ja herausarbeiten).

    Ihr Artikel, lieber Herr Niggemeier, zeigt insofern auf deprimierende Weise, wie traurig die Situation der Medien hierzulande ist. An den Ulfkottes und anderen Verschwörungstheoretikern (deren Fehler ich nicht entschuldigen will) sind m.E. die Medien zu einem ganz erheblichen Anteil selbst schuld. Würden sie in aller Regel sauber und gewissenhaft arbeiten, ihr eigenes Verhalten fortlaufend selbstkritisch reflektieren und Fehler, soweit sie passieren, transparent korrigieren, so wäre vieles besser. (Würden sich die Medien diesem Ideal zumindest relativ gut annähern, so wäre ja auch schon viel gewonnen – perfekt ist nichts auf dieser Welt. Stattdessen ist der Absatnd zum Ideal aber
    häufig erschreckend groß.)

  40. @Stefan Niggemeier
    Guter Artikel über erstaunliche Fehler in einem „Faktenzoom.“

    @Werner Kiby
    „Aber aus eigener Wahrnehmung der Auftritte von Petry wuerde ich unterstreichen, dass sie haeufig hart an der Wahrheit vorbeischrammt. Ich habe fast nie den Eindruck, dass sie ehrlich argumentiert.“

    Gegenfrage: Bei allen anderen Politikern haben Sie dagegen immer den Eindruck, daß sie ehrlich argumentieren?

    „Das ist natuerlich ein subjektiver Eindruck, und ich gebe zu, das muesste ich an einzelnen Beispielen nachweisen, aber mir fehlt mir jetzt die Zeit, …“

    Schade, ich dachte, jetzt kommt Ihre ganz eigene persönliche Studie zur Wahrheitsfindung. Belassen wir es also bis dahin bei Ihren subjektiven Eindrücken.

  41. @Blinse Der uebliche Reflex: ‚Die anderen machen das doch auch‘. Wir diskutieren jetzt aber ueber Frauke Petry, auch wenn es Sie zu stoeren scheint. Habe ich irgendwo behauptet, dass andere Politiker davor gefeit sind, die Unwahrheit zu sagen? Nur geht doch de AfD landauf landab hausieren mit ihrer angeblichen Ehrlichkeit gegenueber und Wahrheitsliebe gegenueber ‚dem Volk’im Gegensatz zu anderen Politikern und der Ponocchio-Presse. Seien sie ein bisschen fair, viele Stunden Talkshowmaterial zu sichten braucht Zeit. Ich verlasse mich bei der Einschaetzung von Petrys Aussagen weder auf Stefan Niggemeier noch andere Foristen. Und warum haben Sie nichts zum juengsten Beispiel gesagt, wo Meuthen seiner Parteikollegin (!) oeffentlich die Unwahrheit vorwirft? Ist doch ein Hammer, oder etwa nicht? Jetzt bitte nicht wieder darauf verweisen, dass das in anderen Parteien auch geschieht.

  42. @Werner Kiby
    „Wir diskutieren jetzt aber ueber Frauke Petry, auch wenn es Sie zu stoeren scheint.“
    Genau, wir diskutieren über Petry. Und müssen feststellen, der Artikel von SN zeigt es ja, da stimmen viele Aussagen in dieser „Studie“ nicht. Da wird in verschiedenen Kommentaren abgewogen, wie schwer diese Schlampigkeit im Faktenzoom zu bewerten wäre usw.. Darüber hinaus zeigt SN in seinem Artikel die ganze Breite der Schlampigkeit, nicht nur bei Petry.
    Hat bei Ihnen, verehrter Herr Kiby, offenbar nicht gewirkt. Sie haben nach wie vor ’nie den Eindruck, daß sie ehrlich argumentiert.‘ Sie betonen, das wäre natürlich nur Ihr persönlicher, subjektiver Eindruck.
    Da war für Sie der Artikel von Stefan Niggemeier offenbar überflüssig.

    Und bitte: Meuthen versus Petry. Geschenkt! Soll ich hier jetzt Merkel versus Seehofer präsentieren?

    Ja, es bleibt dabei: Die anderen machen das doch auch, das ist ja das Dilemma.

  43. @ Blinse Ich schrieb ‚ fast nie‘, das ist ein Unterschied zu ’nie‘. Ich schrieb, ‚das ist mein subjektiver Eindruck‘, den ich gerne revidiere, wenn es Anlass dazu gibt. Sie hoeren wieder von mir, wenn ich duch bin. Selbstverstaendlich ist der Niggemeier-Artikel wichtig, regt mich auch an, meine Wahrnehmungen zu ueberpruefen, aber nur aufgrund seiner Einschaetzung alleine kann ich den Sachverhalt nicht beurteilen. Sie sehen ja auch , dass andere Leser ihn zwiespaeltig rezipieren.
    Was haben in diesem Zusammenhang Meuthen und Petry mit Merkel und Seehofer zu tun? Letztere streiten ueber Inhalte und Loesungen, Meuthen und Petry ueber die Interpretationshoheit von Verfahrensfragen und eine falsche Behauptung von Frauke Pinocchio.

  44. @Werner Kiby
    Stefan Niggemeier versucht u.a. gerade auch Ihrem subjektiven Eindruck auf die Sprünge zu helfen, indem er objektiv (so gut es eben geht) eine Schlamperei aufdeckt und Sie kommen erneut mit Ihrem „subjektiven Eindruck“ und wischen das Ganze vom Tisch. Sie sagen sinngemäß: Mein subjektiver Eindruck wiegt schwerer als dieser aus meiner Sicht nur vermeintlich objektive Bericht. Da hat’s ein Autor aber auch schwer.

    „fast nie:“ Über diesen Ausdruck diskutiere ich nicht, da müssen Sie sich einen Philosophen suchen : )

    „Sie hoeren wieder von mir, wenn ich duch bin.“
    Um Gottes Willen, doch keine eigene Recherche, Mensch. Daß die Petry manchmal lügt wie jeder andere Politiker auch, das weiß ich selbst. Die Frage war u.a., ob sie darin einsame Spitze ist, wie uns der Faktencheck der Studenten und die sich daran anschließende Presse weismachen wollte.

  45. @Werner Kiby:
    ‚„Frauke Petry behauptet, es gäbe einen Beschluss der baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion, man solle im Fall Gedeon zunächst ein wissenschaftliches Gutachten einholen. Diese Behauptung von Frauke Petry ist wahrheitswidrig“, sagte Meuthen der „Welt“. Ein Vorgehen mit einem Gutachten sei lediglich vorgeschlagen, nicht aber beschlossen worden.‘
    Wenn das Zitat wörtlich wiedergegeben ist, hat Petry nichts Falsches gesagt. „Es gäbe“ heißt: Es gibt nicht, es gäbe aber, wenn … es z. B. beschlossen würde. Hat Petry hingegen „es gibt“ (indirekte Rede: „es gebe“) und nicht „es gäbe“ gesagt, ist ihre Aussage falsch.

  46. @Blinse Ich dachte, Sie wollten sich sachlich mit mir austasuchen, aber da habe ich mich wohl geirrt. Aber das kenne ich aus den einchlaegigen AfD-Blogs.
    @ Michael Sailer Erstens ist Ihre Grammatikstunde falsch. Die indirekte Rede kann im Konjunktiv I und II wiedergegeben werden. Zweitens habe ich das Zitat komplett der FAZ entnommen. Wenn Sie also jemanden belehren wollen, dann bitte den Autor der FAZ bzw. Meuthen, der es als Professor ja wissen muss (Hinweis:Das ist Ironie, falls Sie es nicht bemerken sollten und mir moeglicherweise auch noch Professorenglaeubigkeit vorwerfen). Der wird angesichts Ihrer Erkennntisse bestimmt vor Scham erroeten. Frauke Pinocchio hat jedenfalls die Beschlusslage falsch wiedergegeben. Und darauf kams mir an.

  47. @Werner Kiby: Bitte nicht falsch verstehen, ich wollte Sie nicht belehren. Sondern lediglich darauf hinweisen, daß FP die Beschlußlage streng genommen nicht falsch wiedergegeben hat. Der Konjunktiv II hat in der indirekten Rede nur etwas verloren, wenn der Konjunktiv I mißverständlich wäre (etwa bei „ich habe“).
    Professorengläubigkeit möchte ich Ihnen keinesfalls unterstellen; es ging mir nur um ein typisches Beispiel dafür, wie Sprache durch Schludrigkeit (nicht Ihre) dunkel und mehrdeutig wird. Ich erinnere ich in diesem Zusammenhang gerne an eine nicht weiter kommentierte taz-Meldung, die lautete wie folgt: „MILLIARDEN US-Dollar hatt die NSA im Jahr 3013 als Budget zur Verfügung. 2 davon fließen in die Datenbeschaffung.“

  48. @Blinse und Sailer:

    Wenn jemand auf dem Rückzug ist, sollte man ihn einfach ziehen lassen. :-)

  49. Aufmerksam wurde ich auf diese Studie übrigens auf Twitter. Dort war sie, bzw. die Kernworte einer der Headines „Falschaussage“ als Trend ausgewiesen. Darauf geklickt, wurden mir unter „Top“ sämtliche Berichte darüber präsentiert, die Petry als „Lügnerin entlarvten“. Ich habe dies dann auch als Fakt wahrgenommen. Zugegeben, ich nehme Artikel gegen die AfD gerne als wahr an.
    Gestutzt habe ich allerdings, da der „Trend“ nur um die 150 Tweets aufweisen konnte. Ich habe dies dann näher beobachtet und der nächste „Trend“ ohne wesentliche Tweets dahinter leitete mich auf einen Artikel der Amadeo-Stiftung die ja auch mit der Task-Force in Social Media zu tun hat. Der Artikel belehrte mich, wie ich mit rechten Accounts umzugehen hätte (Melden, Counterspeech).
    Ich habe daraufhin unter diesem Hashtag kritisch nachgehakt, wie diese Trends eigentlich zu Stande kommen.
    15 Minuten später fand ich meinen Account wegen „ungewöhnlicher Aktivität“ gesperrt vor und mein Tweet war nicht mehr sichtbar. Ich solle meine Telefonnummer angeben.
    Mein Account existiert seit 2 Jahren…
    Ich habe ihn jetzt reaktiviert, ich habe nichts zu verbergen und auch meine Telefonnummer angegeben, wenn auch mit ungutem Gefühl. Der Tweet blieb doch für immer verschwunden.

  50. Erster Gedanke beim Lesen der Schlagzeilen zum Faktencheck: Oh, da wird die nächste AfD-Sau durchs Dorf getrieben, vermutlich wieder einmal Kampagnenjournalismus mit hingeschummelter Argumentation. Hab die einzelnen Artikel also nicht gelesen. Nun also die Bestätigung meines Vorurteils. Danke für die unabhängige Arbeit! Ich glaube, die AfD hätte weniger Zulauf, wenn insgesamt ehrlicher und sachlicher und sauberer berichtet würde.
    Ein Wort noch zur aus der SPD heraus geforderten Obergrenze: Ich hoffe doch sehr, dass ein politisch interessierter Zuschauer den Unterschied zwischen „SPD fordert“ und „aus der SPD heraus gefordert“ kennt. Und „Maischberger“ dürfte in erster Linie von politisch interessierten Menschen angeschaut werden. Die Behauptung, das sei für den gemeinen Maischberger-Zuseher eh ein- und dasselbe, ist bestenfalls gedankenlos, eigentlich aber eine Beleidigung der Zuschauer.

  51. Warum kommt Söder schlecht weg ? Weil er Einwanderungskritiker ist.

    Diese Talkshows werden von einer Minderheit gesehen die weiß was die SPD offiziell behauptet und dass es innerhalb der SPD Opposition gibt.

  52. @ Michael Sailer 54 Okay, das mit der Belehrung ist geschenkt. War zu hart formuliert. Nochmal zum Zitat: Meuthen gibt Petrys Aussage wieder. Da sie falsch ist, verwendet er richtigerweise den Konjunktiv II. Dass sie falsch ist, sehen Sie daran, dass der von Meuthen erwaehnte Beschluss erst gestern fiel. Vorher gab es nur den Vorschlag , den Meuthen zunaechst nicht umsetzen wollte. Einen Beschluss, wie Petry behauptet hatte, gab es bis dahin nicht. Jetzt hat Meuthen sich umentschieden, sonst haette er die Partei gespalten, wenn er (mit anderen Abgeordneten) gegangen waere. Und er haette seinen Job verloren: Karriere zu Ende.
    @ Holger2 56 Worin sehen Sie meinen Rueckzug?

  53. @Werner Kiby: Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, ich bin als Haarspalter bekannt. Die Umsetzung in indirekte Rede geht so:
    FP sagt: „Es gäbe einen Beschluß, falls/wenn …“ ==> Sie sagt, es gäbe.
    FP sagt: „Es gibt einen Beschluß.“ ==> Sie sagt, es gebe.
    Aber das ist eben nur eine sprachliche Feinheit; wir müssen davon ausgehen, daß diese Möglichkeit der Distinktion entweder Herrn Meuthen oder dem berichtenden Journalisten nicht bewußt ist und einer der beiden die Aussage deswegen falsch wiedergegeben hat. An den Tatsachen ändert diese falsche Wiedergabe freilich nichts, nur an ihrer Übermittlung an den Leser.

  54. @Michel Sailer 61 Macht nichts. Sie sehen, nebenbei bemerkt, wie schwer die deutsche Sprache ist. Und dann soll der anatolische Bauer oder der afghanische Schafshirte mal schnell nen Crashkurs hinlegen, um anerkannt zu werden. Allerdings habe ich den Eindruck, dass bei Ihnen immer noch ein Missverstaendnis vorliegt (oder aber bei mir). Nicht FP wird von der FAZ zitiert, sonder Meuthen. Meuthen sagt laut FAZ woertlich: ‚Frauke Petry behauptet, es gaebe einen Beschluss….‘ Er, Meuthen, verwendet den Konjunktiv II, um klar zu machen, dass es diesen Beschluss nicht gab. Und damit hat er Recht. Und der von ihm verwendete Konjunktiv II soll ja gerade verdeutlichen, dass die Aussage nicht stimmt. D.h. , er hat die Formulierung ‚gaebe‘ statt ‚gebe‘ ganz bewusst gewaehlt. Korrigieren Sie mich bitte, falls ich Ihrer Meinung immer noch falsch liege.

  55. @Werner Kiby: Der Irrtum liegt darin, daß der Konjunktiv II zwar in direkter Rede dazu dienen kann, den Irrealis anzuzeigen, nicht aber dazu, Aussagen in indirekter Rede zu verändern, um sie als wahr oder falsch zu kennzeichnen. Die indirekte Rede gibt Aussagen ausschließlich so wieder, wie sie getätigt wurden, also auch den jeweils verwendeten Modus (Indikativ ==> Konjunktiv I, Konjunktiv II ==> Konjunktiv II).
    Daher liegt der Fehler bei Herrn Meuthen, der sagen hätte müssen: „Frau Petry behauptet fälschlicherweise, es gebe einen Beschluß.“

  56. @Michael Sailer 63 Sie hatten mich ja schon gewarnt (Haarspalterei). Egal, ob Ihre Interpretation des KI und KII stimmt oder nicht, zwischen ’sie behauptet faelschlicherweise’… und ’sie behauptet, es gaebe…‘, liegt kein erkennbarer Unterschied, zumindestens nicht fuer den gemeinen Leser. Das wichtigste aber: Jeder weiss, was Meuthen sagen wollte: Sie hat einen Sachverhalt (Beschluss) behauptet, der nicht stimmt.

  57. @Werner Kiby: Der Unterschied ist, wie gesagt, rein grammatisch ein fundamentaler, (hoffentlich) auch für den gemeinen Leser.
    Wenn FP gesagt hat „Es gibt …“, ist ihre Behauptung falsch, Meuthens Wiedergabe ebenfalls.
    Wenn FP gesagt hat „Es gäbe …“, ist ihre Behauptung nicht falsch und Meuthens Wiedergabe zwar korrekt, widerspricht aber seiner Intention.
    Anderes Beispiel:
    „Sailer sagt, er habe im Lotto gewonnen“ == Ich behaupte, im Lotto gewonnen zu haben.
    „Sailer sagt, er hätte im Lotto gewonnen“ == Ich behaupte nicht, im Lotto gewonnen zu haben, sondern: Ich hätte gewonnen, wenn (z. B.) ich gespielt hätte und/oder meine Zahlen gezogen worden wären.
    Wenn ich sage „Ich habe im Lotto gewonnen“, der Berichterstatter aber weiß, daß dies nicht stimmt, muß sein Bericht lauten: „Sailer behauptet (fälschlicherweise), er habe im Lotto gewonnen.“ Lautet der Bericht hingegen „Sailer behauptet, er hätte im Lotto gewonnen (wenn er gespielt hätte)“, ist die Aussage eine andere.
    Wir können uns darauf einigen, daß die falsche Verwendung des Konjunktivs II in einigen Regionen umgangssprachlich verbreitet ist (etwa im Bairischen bei Aussagen wie „Ich wäre jetzt da“ für „Ich bin da“). In der Schriftsprache führt sie hingegen zu Verwirrung und sollte daher vermieden werden.

  58. es ist schon erhellend, wieviele protagonisten hier frau petry so gut kennen, dass sie genau zu wissen meinen, was diese – wohlgemerkt in einem live-gespräch – mit einzelnen wörtern ihrer aussagen bezweckt.
    fakt ist,
    -aussagen von ihr wurden umgeschrieben, sodass sie eine andere aussage tätigen.
    -aussagen von ihr wurden interpretiert und somit im kern verändert.
    -aussagen wurden ihr sowohl von den journalisten-schülern wie auch von den kommentatoren in den mund gelegt.
    einem menschen lügen oder unlautere mittel zu unterstellen, allein aufgrund der tatsache, dass man ihn politisch oder auch persönlich ablehnt, ist nicht nur unfair,
    es ist niederträchtig.
    genauso wie es niederträchtig ist, das eigene unvermögen in der muttersprache allen anderen auch zu unterstellen und somit dann wiederum mutwillen bei dem zu unterstellen, der etwas sagt, was andere falsch verstehen könnten.
    und dann wundern sich menschen warum es zwietracht und kriege auf der welt gibt.
    es geht doch nur noch darum dem meinungsgegner eine lange nase zu machen.
    pfui teufel

  59. @ Tacki 66 Es gab und gibt bisher in diesem Forum, soweit ich das ueberblicken kann, nicht eine einzige Meinungsaeusserung, die solche Beurteilungen wie ’niedertraechtig‘ oder ‚pfui teufel‘ rechtfertigen. Ich faende es gut, wenn hier nicht der Stil einreisst, den ich vor allem aus AfD-affinen Foren kenne. Jeder kann hier zu Wort kommen, aber bitteschoen ohne Herabwuerdigung anderer Meinungen. Dazu zaehlt auch, einem Politiker die Unwahrheit seiner Aussagen zu unterstellen. Auch das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt, vor allem, wenn es Indizien fuer die Richtigkeit der Behauptung gibt. Das, was an falschen Behauptungen von den Journalistenschuelern aufgestellt wurde, wird hier ja auch mit Recht kritisiert. Wobei man bei einigem, was den angehenen Journalisten vorgehalten wird, unterschiedlicher Auffassung sein kann. Aber darum geht es nicht, es geht um die Faehigkeit, die Meinung anderer zu ertragen und ihr einigermasssen sachlich zu begegnen.

  60. Ich weiß nicht. Ich gehöre wohl auch zu jenen, die, wenn sie lesen, dass Petry unter den Lügenern die erste ist, dies mit Freude zur Kenntnis nehmen. Habe ich doch immer schon gewusst. Und Söder, na klar doch…
    Wer von uns, wenn er dass nicht beruflich betreibt, schafft es denn wirklich dass so zu hinterfragen, wie es hier im Blog passierte? Also ich nicht, nicht in im Traum.
    Das Problem ist doch nur, wie hier in Text beschrieben, dass diese wohl sehr unvollkommene Fingerübung der Babyjournalisten in einer grauenvollen Einheitlichkeit publiziert wurde. Die Masse derer, die da das gewünschte Resultat sahen und verbreiteten, war einfach überwältigend. Wie viele millionen Menschen haben das wahrgenommen und wie viele haben was von der kritischen Auseinandersetzung mitbekommen?

    Für mich bleibt dann irgend wo der Begriff “Lügenpresse“

  61. @Werner Kiby und Michael Sailer
    Danke für den Exkurs und den gesitteten Umgang … ich werde mich zukünftig daran erinnern und dem nacheifern :)

    @ JEVO
    Ihre Schlussfolgerung konnte ich jüngst im Bekanntenkreis aktiv miterleben … „Die Lügenpresse geht schon wieder die Frauke an“ (sinngemäß) … Schade, das es die Journalistenzunft es immer wieder schafft den AfD-Nachläufern Gründe zu finden um mit der Zustimmung zu AfD und -gidas ihre Opposition zu bekunden (im Zweifel gegen alles Bestehende) …

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