WDR

„Eigentlich sollten Nachrichten kommen…“

Am vergangenen Wochenende hatten die neuen Radionachrichten des WDR Premiere. Die erste Ausgabe, morgens um sechs, klang auf WDR 4 so:

Gut, kann passieren, läuft halt nicht immer alles auf Anhieb rund. Aber es gab auch zwei Tage später eine Art Sendeausfall. Am Montagmittag um 12 trat Bundespräsident Joachim Gauck, wie angekündigt, vor die Presse. Er gab bekannt, dass er nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren will. Darüber war vorher spekuliert worden.

Um 12:01 Uhr brachten alle Nachrichtenagenturen Eilmeldungen, dass Gauck tatsächlich auf eine zweite Amtszeit verzichtet. In die 12-Uhr-Nachrichten von WDR 2 schaffte es diese Nachricht nicht.

Das könnte etwas damit zu tun haben, dass die WDR-Radio-Nachrichten seit dem vergangenen Wochenende in ganz besonderer Weise produziert und konfektioniert werden. Und nicht mehr live sind.

Die Aufzeichnung beginnt jeweils eine Minute vor der vollen Stunde. Mit einer sogenannten Timeshift-Funktion werden sie dann etwas später in den verschiedenen Radiowellen ausgestrahlt. Das hat den Vorteil, dass sie, je nach genauem Programmablauf, auf verschiedenen Sendern auch ein paar Sekunden früher oder später gesendet werden können.

Seit vergangenem Wochenende senden die Servicewelle WDR 2, die Klassikwelle WDR 3, die Schlagerwelle WDR 4 und die Wortwelle WDR 5 nämlich tagsüber in der Regel dieselben Nachrichten, nur anders verpackt. Beim Ausspielen kommen um die kurz vorher aufgezeichneten Aufnahmen von Sprechern und O-Tönen verschiedene Sounddesigns. Konkret klingt das dann so (WDR 2, WDR 3, WDR 4, WDR 5):

In der Praxis könnten Hörer dann zum Beispiel wählen, ob sie sich dieselben Nachrichten von demselben Sprecher mit musikalischer Untermalung (WDR 2) oder ohne musikalische Untermalung (WDR 3) vorlesen lassen wollen:

(Eine merkwürdige Geräuschkulisse, die ursprünglich bei WDR 2 unter den ganzen Nachrichten lag, lief nur am ersten Tag und wurde dann nicht wieder gehört.)

Vormittags sind die Nachrichten auf den verschiedenen Wellen einen Hauch unterschiedlicher. Die Fassung auf WDR 2 und WDR 4 endet, wie auch sonst, mit einer Meldung aus Nordrhein-Westfalen und dem Satz „Und jetzt noch eine Meldung aus Nordrhein-Westfalen“ (oder „Und jetzt noch eine Nachricht aus den WDR-Landesstudios“). Die Fassung auf WDR 3 und WDR 5 aber endet jeweils mit einer Meldung aus der Kultur oder Wissenschaft und dem Satz „Und jetzt noch eine Meldung aus der Kultur / Wissenschaft“.

Der WDR hat jetzt, bis auf wenige längere Ausgaben und 1Live, Einheitsradionachrichten. Sie unterscheiden sich inhaltlich nicht mehr nach den unterschiedlichen Bedürfnissen von Hörern eines Wortprogramms und Hörern einer Dudelwelle. Aber sie sind hübsch unterschiedlich verpackt.

Valerie Weber
Valerie Weber Foto: WDR

Hinter den Veränderungen steht Hörfunkdirektorin Valerie Weber, die von der privaten Antenne Bayern zum öffentlich-rechtlichen WDR gewechselt ist und auf viel Skepsis und Widerstand im WDR stieß. Pläne für eine Vereinheitlichung der Nachrichten waren schon im vergangenen Jahr bekannt geworden und hatten einigen Wirbel ausgelöst.

Das Standardformat ist nun streng formatiert. Die Regelsendung ist exakt vier Minuten lang, weil sich eventuell auf einer der Wellen ein voraufgezeichnetes Programm anschließt, das genau 56 Minuten lang ist. Früher waren die Nachrichten länger. Und auf WDR 2 konnten sie sogar unterschiedlich lang sein – je nach Nachrichtenlage. Nun richtet sich die Länge der Nachrichten nicht mehr nach der Aktualität (was ein schöner Vorteil des Mediums Radio war). Sondern nach der festen Größe des Förmchens.

In der Mitte der Nachrichten gibt es nun einen Teil mit Meldungen, die ein anderer Sprecher spricht, weil … tja. Warum nicht?

Der Sender meint, „durch die Dialogform“ zwischen „Anchor“ und „Sprecher“ werde „auch die journalisti­sche Qualität der Radionachrichten“ gestärkt. Und die Werbe-Erklärung von Nachrichtenchef Klaus Bochenek lautet so: „Bereits die Sendungsstruktur soll signalisieren: Wir bringen Orientierung ins Auf und Ab der Tagesaktualität.“ Das Auf und Ab der Tagesaktualität – wer verläuft sich da nicht immer wieder drin und freut sich, wenn es wenigstens zwei Sprecher gibt in den Nachrichten und der eine die einen liest und der andere die anderen.

Außerdem gibt es die Vorgabe, dass die Sendung möglichst mit einem O-Ton anfangen soll. Nicht so oft, wie es sich journalistisch anbietet, sondern so oft, wie es irgend geht. So ein Earcatcher soll die Aufmerksamkeit des Hörers wecken und für Wiedererkennbarkeit sorgen. Er ist aber als vorgegebenes Standardelement vor allem eine Marotte. Eine Marotte, die den Hörer auch noch verwirrt: Er hört etwas, das er – außer bei sehr markanten O-Tönen – noch nicht einordnen kann, darf also raten, wer da spricht und worüber, bis der Sprecher ihn im Nachhinein aufklärt.

In den ersten Tagen kamen hier nicht nur ein Mitschnitt von einer Unwetter-Durchsage bei Rock am Ring zum Einsatz und ein Zitat von Muhammad Ali, sondern zum Beispiel auch vom Sprecher der Polizei in Dortmund. Der Hörer kann weder die Stimme erkennen, noch ahnen, was überhaupt der nachrichtliche Zusammenhang ist.

„Das Fernsehen hat die Bilder – wir haben authentische O-Töne von Zeitzeugen aktueller Ereignisse oder Politi­kern, die ein Thema auf den Punkt bringen“, sagt Nachrichtenchef Bochenek, der offenkundig ein Freund von Metaphern ist: „Damit bringen wir unsere journalistischen PS besser auf die Straße und bieten einen Mehrwert gegenüber den Print- und Online-Medien. Wir wollen nicht einfach nur Meldungen hintereinander wegtröpfeln lassen, sondern Orientierung und Analyse bieten.“

Als Anti-Wegtröpfel-Mittel dienen dabei auch kleine Bauerntheater-Einlagen, in denen die Moderatoren und Sprecher im Studio so tun, als würden sie live mit Korrespondenten reden – obwohl deren Sätze aufgezeichnet sind. Blöd ist das vor allem, wenn man’s hört:

Die Initiative „Fair Radio“ kritisiert solche Inszenierungen, die einen falschen Eindruck beim Hörer erwecken sollen. Sie bemängelt auch, dass der WDR darauf beharrt, dass die kurz zuvor aufgezeichneten Sendungen „live“ seien:

Nicht-Live ist live, beteuert der WDR. Man scheut sich nicht einmal davor zurück, kritische Hörer, die nachfragen, explizit anzulügen:

Die öffentliche Kommunikation des WDR in dieser Sache ist erstaunlich. Man will die Nachrichten nicht live senden, man will aber um jeden Preis darauf beharren, dass sie live sind.

Drei Zweieinhalb Tage brauchte der Sender, um vier einfache Fragen von Übermedien.de zu den neuen Nachrichten zu beantworten und sich originelle Erklärungen auszudenken. Zum Beispiel zum Thema Live-Ausstrahlung. Die Pressestelle verklärt:

Die Nachrichten werden weiterhin zur vollen und halben Stunde live und aktuell gesprochen und ausgestrahlt. Das hinter den neuen Nachrichten liegende technische Verfahren ist allerdings sehr aufwändig, so dass wir zum Start der neuen Nachrichten am Wochenende ein zeitliches Buffering von zunächst 60 Sekunden eingebaut haben. Damit hatten auch die Moderatorinnen und Moderatoren im Selbstfahrer-Studio die Chance, sich an die neuen, technisch komplexen Abläufe zu gewöhnen und sie zu üben. Wir wollten damit garantieren, auch in der Umstellungsphase die HörerInnen mit Nachrichten versorgen zu können.

Das ist, erstens, schon bei der ersten Sendung auf WDR 4 nicht gelungen. Zweitens ist es eben gerade nicht „live“. Drittens ist es ohnehin irreführend: Der 60-Sekunden-Puffer wird nicht dazu genutzt, Fehler, die zum Beispiel beim Abfahren der Beiträge oder O-Töne passieren, zu korrigieren. Sie gehen dann trotzdem eine Minute später über die Sender. Und viertens war diese Minute nach unseren Informationen zumindest ursprünglich keineswegs nur als Übergangsverfahren für die Anfangszeit geplant.

Die Pressestelle weiter:

Dieser Zeitpuffer wird nun, zum Ende der kurzen Umstellungsphase, für die neuen Abläufe sukzessive zurückgefahren. Allerdings werden wir den Wellen auch künftig sehr bewusst einen kleinen Spielraum von max. 15 Sekunden vor bzw. nach „Voll“ lassen, damit die Programme den Einstieg in die Nachrichtensendung an ihren Ablauf anpassen können. Ein solches Buffering – für „Notfälle“ – ist übrigens absolut üblich und beispielsweise auch im Livestream eine Selbstverständlichkeit.

Die „Livestream“-Erklärung ist wohl eine Variante der „je nach Empfangsgerät“-Behauptung gegenüber den Hörern auf Facebook. Führt aber ebenfalls völlig in die Irre. Natürlich gibt es aus technischen Gründen immer eine (unterschiedlich große) Verzögerung zwischen dem Moment, in dem ein Moderator im WDR-Studio etwas in ein Mikrofon spricht und dem Moment, in dem das aus meinem Empfangsgerät kommt.

Der WDR aber führt eine zusätzliche Verzögerung ein. Und die hat praktische Konsequenzen: Die Nachrichtenmoderatoren hören nicht mehr das Programm, das unmittelbar vor ihnen läuft. Sie könnten nicht, und sei es bei einer Panne, mit dem (Live-)Moderator der Sendung davor oder danach schnell noch ein bisschen Herumflachsen. Und sie können, ganz praktisch, zum Beispiel auch keine Falschfahrer mehr melden.

Weil sie nicht live senden. Sie senden nicht live. Oder, um es für den WDR noch einmal zu erklären: Nicht live ist nicht live.

Nun kann es ja sein, dass man das nicht mehr macht. Dass die Zeiten, in denen Nachrichten live gesendet werden, einfach vorbei sind. Bei den meisten Privatsendern ist das angeblich schon längst so. Aber dann könnte der WDR das ja auch einfach sagen. Auf Nachfrage. Von Journalisten oder kritischen Leuten, denen sowas nicht ganz egal ist.

Aber so ist der WDR nicht.

Der WDR würde auch nicht zugeben, dass es ein blödes kleines Versäumnis war, die 12-Uhr-Nachricht von Joachim Gauck nicht noch in den 12-Uhr-Nachrichten von WDR 2 unterzubringen – was knapper gewesen wäre als bei einer Live-Sendung, aber noch möglich. Stattdessen antwortet er:

Die neue Produktionsweise bietet – wie die bisherige – die Möglichkeit, auf aktuelle Ereignisse in der laufenden Sendung zu reagieren. Da der Nachrichtensprecher bereits die Kandidatur bzw. „Nicht-Kandidatur“ Gaucks in der ersten Meldung ausführlich thematisiert hat, gab es eine redaktionelle Entscheidung, die Meldung als ersten Beitrag in der Magazinfläche bei WDR 2 – dann auch mit O-Ton von Joachim Gauck – zu beleuchten.

Man kann das glauben. Oder auch lassen.

Und selbst wenn man es glaubt, kann man sich wundern, dass man beim WDR die Nachrichtenhörer lieber noch ein bisschen zappeln lässt und mit „offenbar“ formuliert, anstatt einfach eine Nachricht zu melden. „Die Schnelligkeit des Radios allein macht uns nicht mehr unverwechselbar“, sagt Nachrichtenchef Bochenek.

Die ARD-Vorsitzende Karola Wille sagte gestern übrigens:

Aber was ist Glaubwürdigkeit schon gegen eine schöne, perfekte, falsche Fassade?

26 Kommentare

  1. Bei aller Kritik an der Kommunikation des WDR: Ich halte die Vereinheitlichung der Nachrichten auf den WDR-Wellen für den absolut richtigen Schritt.

    Was ist das für ein Wahnsinn, für fünf Wellen fünf Mal die gleichen Nachrichten zu produzieren? Wir reden hier immerhin von einer Sendung, die am Tag 32 Mal ausgestrahlt wird, wenn ich richtig gezählt habe. Ich möchte bitte eine vernünftige Nachrichtensendung haben und sie dann mit einem Programm meiner Wahl kombinieren können – so, wie es jetzt der Fall ist.

    Ich würde sogar noch weiter gehen: Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass alle neun Landesrundfunkanstalten mit eigenen Korrespondenten Nachrichten zu den gleichen bundespolitischen Themen produzieren. Das soll bitte die ARD übernehmen und dann den Sendern zur Verfügung stellen, die es in ihre Nachrichten einbauen können.

    Perspektivisch muss daraus ein als Podcast abonnierbares Baukastensystem entstehen, in dem ich selbst entscheiden kann, ob ich eine lokale oder eine Wissenschaftsmeldung oder gar beides in den Nachrichten höre, ob ich die Regionalnachrichten aus verschiedenen Gebieten kombiniere und welches Musik- und Magazin-Umfeld ich dazu bekomme.

    Gut, dass der WDR in dieser Richtung vorangeht.

  2. @niggi
    Danke für diesen Bericht. Wunderbar zusammengefasst und auf den Punkt gebracht.

    @Christoph Herwartz
    Der WDR darf gern die Nachrichten in einer Zentralredaktion für alle Wellen gemeinsam produzieren. Aber dann bitte mit einem Sprecherscript für WDR2 (und evtl. WDR4) und einem separaten Script für WDR3 und WDR5.
    Jetzt ist es nämlich so, dass sich die Hörer von WDR3 und WDR5 mit den Nachrichten in kurzen Sätzen und einfacher Sprache für den Dudel-Dödel-Heute-scheint-die-Sonne-tolles-Wetter-Sender WDR2 begnügen müssen.
    Nachrichten für alle = kleinster gemeinsamer Nenner.
    Mir reicht das nicht mehr.

    Ach ja, das die Nachrichten live gesprochen werden, versteht sich von selbst!

  3. Bin zwar auch für die Abschaffung der GEZ, aber diesen Unterpunkt sehe ich nicht ganz so medienkritisch. Eine Minute vor, eine Minute nach…selbst die Übertragungen von der Fußball-EM bei ARD und ZDF sind nicht hundertprozentig „live“. Wen juckt’s…

  4. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Regionalnachrichten zur jeweils halben Stunde weiterhin live gesprochen und gesendet werden, – live im Sinne von live!

  5. @niggi
    Danke für die gute Analyse. Der letzte Satz zeigt das ganze Dilemma des WDR im Bereich Hörfunk!

    @Markus
    Volle Zustimmung! Eine Vereinheitlichung der Nachrichten kann sich doch bitte nicht am Boden der Nachrichtenpräsentation orientieren, sondern muss sich zur Decke strecken. Als gelegentlicher WDR5-Hörer geht mir die Feel-Good-Atmosphäre der „Nachrichten“ mit O-Tönen, Kurzschalten und Wetterdaten aus Hamm und Wuppertal gehörig auf den Senkel.

    Die Aufteilung in zwei Nachrichtensprecher erschließt sich mir auch nicht. Soll hier das televisionäre Konzept der Tagesthemen auf vier Minuten eingedampft werden?

    Wieso haben eigentlich EinsLive und Funkhaus Europa noch eigene Nachrichten?

  6. @Goetz Deutz
    Was das Ganze ja noch absurder macht.

    Was ist überhaupt der eigentliche Grund? Statt pro Welle einen Sprecher dort hinzusetzen und reden zu lassen muss nun kompliziert darauf geachtet werden, die vorgefertigte Sendung korrekt abzuspielen, mit eigener Musik zu untermauern etc. Wo der wirtschaftliche Nutzen oder sonstige Vorteil ist, erschließt sich mir nicht.

  7. Ist das wirklich der „Boden der Nachrichtenpräsentation“? Ich habe nicht das Gefühl, bei WDR 5 besser informiert zu werden als bei WDR 2. Der Hauptunterschied ist doch, dass bei der Infowelle alles etwas getragener vorgelesen wird und es nach jedem Satz eine kleine Denkpause gibt. Wenn es eine aktuelle Entwicklung gibt, schien mir WDR 2 schneller und flexibler zu sein. Und dass ich diese Geschwindigkeit und Flexibilität nun auch auf anderen Kanälen erwarten kann, freut mich.

  8. @Christoph Herwartz: Die WDR-2-Nachrichten haben aber ihre Flexibilität gerade mit dieser Reform verloren. Und was die Schnelligkeit angeht, spricht das Beispiel Joachim Gauck nicht unbedingt dafür (mal abgesehen von der 1 Minute, die durch die Aufzeichnung verloren geht).

  9. @Christoph Herwartz 1
    Zu den Korrespondenten. Meines Wissens ist es bereits so, dass einzelne Agenturen (dpa oder so) O-Töne zusammenstellen, kommentieren und dann hinten dran eine lange Kette anhängen mit ihrem Namen und einem Haufen Radiosender (Max Mustermann aus Tel Aviv für WDR5, Max Mustermann aus Tel Aviv für Radio Köln, Max Mustermann aus Tel Aviv für NDR3, Max Mustermann aus Tel Aviv für SWR3 usw.) Die Redakteure im Studio müssen dann ihren Sender rausschneiden und hinten an den O-Ton dran hängen. Wurde mir neulich so erklärt. Von daher scheint es da schon (vernünftigerweise) nicht überall auf der Welt einen Korrespondenten je Radiosender zu geben.
    Allgemein: ich bin durch Vielfahrerei Vielradiohörer (WDR5). Man kommt recht schnell dahinter, dass da nicht immer alles so ist, wie es behauptet wird. Oft werden Interviewpartner gar nicht mehr begrüßt oder verabschiedet, was wenigstens ein stiller Hinweis darauf ist, dass es sich um Aufzeichnungen handelte. Kollegengespräche, wo ein Redakteur sich mit dem Moderator der Sendung über ein bestimmtes aktuelles Thema unterhält, sind natürlich vom Redakteur geschrieben und der Moderator bekommt die Fragen vorgelegt (von allein ist der nicht so super schlagfertig und kennt sich auch nicht überall aus).
    Ich muss sagen, ich mag das auch nicht sonderlich, gerade weil es so nach Inszenierung riecht und ich auch viel zu schnell dahinter gekommen bin. Mir wäre ein authentischer Umgang lieber.

  10. Ich habe diese „Innovation“ urlaubsbedingt noch nicht hören können, aber ich glaube ich werde in Zukunft noch weniger WDR hören, da mir in den letzten 2-3 Jahren schon die penetrante, extrem enge Rotations-Musikauswahl bei WDR2 das Einschalten verleidet hat. Langsam frage ich mich doch zunehmend nach der Legitimation des ÖR Rundfunks, wenn Verflachung und auch journalistische Schlamperei (zuletzt die von Kachelmann zurecht heftig kritisierte nicht-Warnung) der Normalzustand werden.

  11. @Christoph Herwartz:

    Wenn Zweckmäßigkeit das einzige Kriterium wäre, hätten Sie Recht. Aber: So ein Einheitsbrei ist völliger Schwachsinn, weil jede „Welle“ ein anderes Publikum hat. Und das beeinflusst viele Dinge. 1. Ansprechhaltung – kumpelhaft/locker vs. ernst/getragen. 2. Auswahl der Themen – politische Themen, die für den Info-Hörer noch interessant sind, können viele „Dudelfunk“-Hörer schon langweilen und umgekehrt: Unfälle, Katastrophen, Promis – Sachen mit hohem Gesprächswert aber wenig Relevanz können für „Dudelfunk“hörer spannend und für Info-Hörer eine Zumutung sein. 3. Vorausgesetzter Hintergrund – Politik-Begriffe, die einem Info-Freak bekannt sind, müssen dem Dudelfunk-Hörer in einem kurzen Nebensatz erklärt werden und umgekehrt – noch vor wenigen Jahren wurden Wörter wie App oder Selfie in Radiowellen für 50+ erläutert… Usw. usf.

  12. Hat schon jemand gemessen wieviel Sekunden überhaupt für Informationen überbleiben. Die meiste Zeit scheint nach meinen Eindruck für „Formalitäten“ draufzugehen: „und nun noch eine Meldung aus den WDR-Landestudios“, „WDR aktuell mit den Nachrichten“, „und nun weitere Nachrichten“, „das war WDR aktuell mit den Nachrichten“ Ich bin sehr enttäuscht vom WDR! Sie hatten mal die besten Radioprogramme Deutschlands. Vor allem WDR 2 ist nur noch ein Schatten von einst.

  13. Großartiger Artikel, der es absolut auf den Punkt bringt! Ich habe die WDR-Nachrichten schon gemieden, als man auf allen Wellen O-Töne eingeführt hat, aber mit diesem Schritt sind die Nachrichten für mich absolut unhörbar. Als WDR 3- und WDR 5-Hörer fühlt man sich, als kämen die Nachrichten vom privaten Dudelprogramm. Dazu noch die Tatsache, dass sie nicht live gesprochen werden, der WDR dies aber behauptet. So macht man das kaputt, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk eigentlich bieten sollte: Qualität und Glaubwürdigkeit! Wie gut, dass es noch den Deutschlandfunk gibt… noch.

    Noch ein Satz an denjenigen, der „zwar auch für die Abschaffung der GEZ“ ist: Wenn es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gar nicht mehr gibt, dann bekommen wir bald nur noch Nachrichten in dieser Form präsentiert, vermutlich auch mit weniger journalistischer Kompetenz im Hintergrund. Danke, darauf kann ich verzichten!

  14. Es wird ja immer absurder! Die allerwichtigste Kompetenz, um überhaupt Gebühren für öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu fordern, ist nicht die Verbreitung von Fußballspielen, die Ausstrahlung von Alkoholwerbung und von Sendungen, bei denen es um das Ermorden von Menschen geht. Sondern es sind Nachrichten! Ein Korrespondent aus Kairo berichtet uns zwar über Syrien, war aber gar nicht dort! Ein Korrespondent aus Singapur berichtet über Thailand, spricht kein einziges Wort Thailändisch. Dieses sind Fakten und es ist ein Witz und führte zur Umbenennung der Tagesschau zur Märchenschau. Einfach als Klassifikation für niedriges Niveau. Man muss das niedrige Niveau des höchstbezahlten Rundfunk- und TV-Sendersystems der Welt ohne Qualitätskontrolle auch einmal zur Sprache bringen. Es gibt offenbar gar keine Qualitätskontrolle! Aber in keinem anderen Land der Welt wird so viel Geld für Information und politische Aufklärung verlangt, für angebliche Information und Aufklärung, die gar nicht geschieht. Es gibt in Wahrheit oft nur das dummdreiste Niveau. Man muss es zur Not durch andere Sender kompensieren, BBC, NBC, RT, Al Jazeera und auch andere Sender, als Gegengewicht zur deutschen Märchenschau!

  15. Ich lebe im NDR-Gebiet und schätze an NDR Info, dass die meisten Sprecher noch sprechen können. NDR-2-Geplapper geht mir auf die Nerven. Wahrscheinlich wird’s der NDR dem WDR bald nachmachen. Schrecklich! Dass das Mittagsmagazin aus NRW geliefert wird, ist schon überdeutlich zu hören.

  16. Erst einmal vielen Dank für den spannenden Artikel! Habe selbst mehr als 10 Jahre öff.rechtl. gesendet und muss sagen, trotz der Anlaufschwierigkeiten der absolut richtige Schritt von Frau Weber. Es macht wirtschaftlich und journalistisch überhaupt keinen Sinn, für eine LAndesrundfunkanstalt 5 unterbesetzte Nachrichtenredaktionen zu haben. Stattdessen eine arbeitsfähige Newsradaktion für alle Programme, ergänzt durch regionale news und die Jugendwerke kann dann ihre „freshen News“ der Zielgruppe anpassen. Das ist sicher ärgerlich für einige Mitarbeiter in den Redaktionen, aber eigentlich überfällig. Der WDR halt Veränderungen nicht gewohnt. Ich finde es mutig!

  17. @Liesbeth Lass
    NDR-Info ist eine der wenigen Oasen in der öden ÖR-Wüste des Hörfunks, mit den sehr interessanten Musiksendungen am Abend und in der Nacht.
    Sicherlich ist mit Mittagsmagazin das „Mittagsecho“ gemeint. Denn das Mittagsmagazin findet ja auf WDR 2 statt, bzw. hat es mal gegeben, bevor die Verflachung bei WDR 2 Einzug hielt, informativ und musikalisch.

    @Marc
    Der WDR hat mich leider auch fast als Hörer verloren, insbesondere WDR 2 ist an musikalischer Vorhersehbarkeit und Eindimensionalität kaum zu überbieten.

    @niggi
    Woher stammen die Bezeichnungen der Hörfunkprogramme (Servicewelle, Klassikwelle..)? WDR 4 wird sich wohl selbst schon länger nicht mehr als Schlagerwelle bezeichnen, schließlich wurde hier das deutschsprachige weitgehend zu Gunsten eines „guten Gefühls“ ausgemerzt.

    @WDR Hörer
    Der WDR leistet sich drei Dudelwellen, die durch Inhalt schon länger nicht mehr überzeugen können.

  18. Ich kann viele der Kritikpunkte nachvollziehen. Worum es mir geht, ist, den Wandel des Radios vom Ende her zu denken. Also zu überlegen, wohin die Reise gehen könnte und auf dieser Grundlage die einzelnen Schritte zu bewerten.

    Zeitungen haben den digitalen Wandel mittlerweile einigermaßen verstanden und gestalten ihn mit. Die TV-Sender ziehen seit einigen Jahren langsam nach. Aber das Radio ist noch immer so linear wie vor 30 Jahren und damit für viele unbrauchbar.

  19. @Sender Freies Berlin
    Ich stimme voll und ganz zu, wenn es darum geht, dass nicht jede Welle komplett eigene Nachrichten braucht. Aber bisher hatte sicherlich auch nicht jede Welle eine eigene Nachrichtenredaktion, sondern die Nachrichten wurden für die Wellen separat „aufbereitet“ und dann von Sprechern oder Redakteuren verlesen. So kenne ich das zumindest.
    Wie gesagt, ich finde es durchaus in Ordnung, wieder zu den „Zentralnachrichten“ zurück zu gehen, aber die Art und Weise, wie man das tut, ist einfach unterirdisch. Man legt sich bezüglich der Präsentation auf den kleinsten gemeinsamen Nenner fest und setzt den WDR 3- und WDR 5-Hörern Nachrichten vor, welche eigentlich nichtmal WDR 2 würdig sind. Und dann noch Tatsache, dass man behauptet, die Nachrichten wären live, was sie aber nicht sind.

  20. Die Art und Weise wie das beim WDR kommuniziert und umgesetzt wird kann ich als Außenstehender natürlich nicht beurteilen. Zu behaupten, die Nachrichten wären live wenn Sie es nicht sind, dass ist natürlich in Zeiten von Social Media ein Shitstorm mit Ansage. Wer das im Jahr 2016 noch nicht begriffen hat und in den Medien arbeitet, der sollte sich Gedanken machen …

  21. Verehrter Robert,
    Eine kurze Bemerkung zu dem, was sie über die „Märchenschau“ und nicht vorhandene „Qualitätskontrolle“ schreiben: Sie sind wahrscheinlich kein Journalist und unterliegen deshalb nicht dem Ethos, erstmal Fragen stellen zu müssen und zu recherchieren, statt gleich drauf los zu urteilen. Hätten Sie gefragt: „Wie kann ein Korrespondent etwas melden, ohne die Landessprache zu beherrschen und ohne da gewesen zu sein?“, wäre das das richtige Vorgehen gewesen, das Sie ja selbst zu Recht einfordern. Dann hätten Sie beispielsweise erfahren, dass ARD-Korrespondenten überall in den Ländern ihres Berichtsgebietes sogenannte „Stringer“ haben, meistens einheimische Journalisten, manchmal auch deutsche, die dort leben, und die dem Korrespondenten z.B in Singapur verlässliche Informationen und O-Töne aus Thailand oder Vietnam zuliefern; dem Korrespondenten in Rabat aus Nigeria oder Mali. Zusätzlich bereisen die Korrespondenten immer wieder diese Länder und machen auch Hintergrund-Features – bzw. -filme. Oder sie halten sich dort auf und berichten von vorplanbaren Ereignissen wie Wahlen. Oder sie reisen sofort dorthin, wenn etwas unvorhergesehenes geschehen ist. Und werden dann durch zusätzliche Kollegen aus den Heimatsendern (je nachdem NDR; hr, BR, WDR etc.) verstärkt. Sie haben auch vielfältige Kommunikationsdrähte und Ansprechpartner in den Regionen. Und: erzählen Sie es doch bitte mal Jörg Armbrüster, der in Syrien schwer verletzt wurde, oder Martin Durm, der kürzlich in Damaskus war, oder Alexander Göbel, der für das ARD-Studio Rabat durch die Wüste von Nordmali fuhr, während der Krieg gegen islamistische Rebellen anhielt, dass sie „Märchenerzähler“ sind.

    P.S.: Gerne lasse ich mir von Ihnen BBC- , NBC- oder RT-Journalisten z.B. aus Singapur nennen, die gleichzeitig Thailändisch, Vietnamesisch, Khmer, Malaiisch, Indonesisch und Chinesisch beherrschen.

    P. P. S: Müsste man nicht eher mal über den Begriff „Märchenstunde“ bei der Berichterstattung von RT (bei denen Sie sich ja kompensatorisch informieren) über die angebliche Vergewaltigung einer 13jährigen in Berlin nachdenken?

  22. Im Prinzip Zustimmung, aber das Gauck-Beispiel passt nicht. Als langjähriger Leiter einer Nachrichtenredaktion (Privatradio Bayern) und Nachrichtensprecher in der Morningshow kenne ich das Problem der Berichterstattung über Ereignisse, die gerade geschehen. Wenn Nachrichten um 12 Uhr beginnen und Gauck eine Minute später seine Entscheidung verkündet, wäre es auch für einen Live lesenden Nachrichtensprecher sehr schwer gewesen, zu reagieren – schwer, aber nicht unmöglich.
    Ich hatte mal in den Nachrichten ein Tennismatch von Boris Becker. Hinter mir lief der Fernseher (stumm natürlich) und daneben stand ein Kollege, der das Spiel beobachtete. Kurz vor Ende der Nachrichten gewann Becker das Match, der Kollege reichte mir einen Zettel, und ich verlas das Ergebnis noch in den aktuellen Nachrichten. Das war zu einer Zeit, als wir noch mit Bandmaschinen arbeiteten und Schallplatten auflegten.
    Heute kennt man diesen Stress in den Radiosendern nicht mehr. Sicher hätte auch beim WDR jemand dem Nachrichtensprecher einen Zettel mit Gaucks Entscheidung reichen können und er hätte das als Eilmeldung einbauen können. Dann hätte ein Sprecher live lesen müssen und die anderen hätten ihn aufschalten müssen. Technisch wäre das machbar, ist aber wohl nicht mehr gewollt.

  23. Gauck-Meldung/Bauerntheater: Na Hauptsache die BILD wurde zitiert. Damit ist doch die journalistische Qualität gewährleistet und die GEZ gerechtfertigt grrrrr…

    Und wenn die Nachrichten nur eine Minute alt sind, ist das ja schon was. Bei dem Sender, wo Frau Weber vorher war, kommen um 5 Uhr früh noch die vom Vorabend….nur der Wetterbericht hat da manchmal ein paar Komikeinlagen…:

    https://www.youtube.com/watch?v=ETm35uZqqNQ

  24. @3: Na, Sie juckt’s offensichtlich nicht. Warum dann kommentieren?
    Ach ja: Derailing und Linkdropping, weil uebermedien ’ne große Reichweite hat, stimmt ja.

  25. Der Beitrag von Katja Strippel wurde offensichtlich auch beschleunigt, das hört man. Die sonst sehr angenehme und nachvollziehbare Spreche von Frau Strippel ist befremdlich schnell und die Pausen sind äußerst kurz. Schade… So will sich das niemand anhören… Schnell und kompakt ist nicht immer nachvollziehbar und verständlich.

  26. Ich bin kein Journalist und habe lediglich im Bürgerradio in NRW Erfahrungen machen dürfen. Allerdings wurden mir dadurch auch Kenntnisse über Abläufe und Technik der „Lokalfunks“ zuteil. Auch hatte ich das Glück, einigen ÖR-Profis über die Schulter schauen zu dürfen. Das ist nunmehr Jahrzehnte her. Die Ernsthaftigkeit der Arbeit beider Seiten hat mich dazumal vom Medium überzeugt. Heute nutze ich die verbleibenden „Abspielstationen“ nur noch als Berieselung in kopfschwachen Zeiten, denn mein Geist reagiert größtenteils gereizt auf die dumm-dreiste Masche, wie mir das Medium meiner Vergangenheit präsentiert wird. Durchgehend verflacht, pseudo-mit-jedem-verdutzt und befreundet, durchgestylt und weichgespült. Der WDR ist voll und ganz da angekommen, wo er sich vor Jahrzehnten in höchsten Tönen noch abheben wollte. Nicht zuletzt auch mit beliebigen Allround-Moderations-Maschinen wie NEU, BUG und Konsorten, die zwar regler- und laufplankonform funktionieren, deren journalistischer Background und deren Triebfeder aber höchst fragwürdig sind. Vor lauter Würgereiz ist meine Räuspertaste jedenfalls permanent gedrückt.

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