Rüge des Presserats

Burda-Verlag ließ falschen Embryo von Diana durchrutschen

Im Juni hat der Burda-Verlag eine Fake-Tochter von Prinzessin Diana zum Leben erweckt. Seine Zeitschrift „Freizeit Spaß“ behauptete, ein Arzt habe Diana bei einer gynäkologischen Untersuchung einen Embryo geklaut, seiner eigenen Frau eingepflanzt und das Kind dann heimlich aufgezogen. Das alles sei „jetzt ans Licht“ gekommen, durch Recherchen des US-Magazins „Globe“.

Sensationelle Enthüllung - Prinzessin Diana - Das ist ihre heimliche Tochter [mit einem Pfeil zu dem Foto einer jungen Frau, die Diana ähnlich sieht]

In Wahrheit ist die Geschichte acht Jahre alt – und frei erfunden. Wie „Globe“ damals ausdrücklich erklärte, ist sie die Handlung eines fiktiven Romans, das Foto eine Fotomontage. Die „Freizeit Spaß“ aber verschwieg diese Details. „Sensationelle Enthüllung“, titelte das Blatt: „Prinzessin Diana – Das ist ihre heimliche Tochter“.

Der Deutsche Presserat hat sich auf unsere Beschwerde hin Mitte September mit dem Fall beschäftigt. Kai Winckler, Chefredakteur der „Freizeit Spaß“, entschuldigte sich in seiner Stellungnahme an den Presserat zunächst „für den Fehler, der zu einer Fehlinfomation der Leser geführt hat“. Der Fall habe „hausintern für große Resonanz“ gesorgt, und er versichere, dass solche Vorwürfe „im Verlagshaus sehr ernstgenommen“ würden.

Intensiv-Recherche des Chefredakteurs in der Redaktion

Der Frage, warum der Artikel veröffentlicht wurde, sei er „intensiv redaktionsintern nachgegangen“. Und er hat die Schuldige aufgespürt!

[Eine Redakteurin] habe die Geschichte aufgeschrieben, so wie sie im Globe wiedergegeben worden sei. Was die Redakteurin jedoch keinem Kollegen oder Vorgesetzten mitgeteilt habe, sei die Tatsache, dass die Geschichte im Globe als fiktionaler Stoff präsentiert worden sei. Stattdessen habe sie die Geschichte so wiedergegeben, als hätte es sich um eine faktische Berichterstattung gehandelt. Seit dem Fehler habe die Redaktion zusätzliche Sicherheitsmechanismen eingezogen, um eine Wiederholung zu verhindern. Jedoch sei Teil der Wahrheit, dass es zu der weiteren Entwicklung nur kommen konnte, weil eine Redakteurin grob fahrlässig die bereits zuvor gültigen Kontrollwege unterlaufen habe, indem sie die wesentlichen Informationen nicht weitergegeben habe.

Die arme „Freizeit Spaß“. Wird eiskalt von der eigenen Redakteurin betrogen. Und dann noch mit einer Geschichte, die zu Zweifeln wirklich keinen Anlass gab!

Zu der Annahme, dass es sich um einen fiktionalen Stoff handelt, habe es keinen Anlass gegeben [so der Chefredakteur], sondern es herrschte das Vertrauen, dass jeder für seinen Bereich die Einhaltung grundlegender Sorgfaltsanforderungen gewährleistet. Aus diesem Grund habe kein anderer Redakteur, insbesondere kein Vorgesetzter die ursprüngliche Geschichte selbst noch einmal überprüft. Ein Fehler, aber gerade in Zeiten schrumpfender Personalstärke sei ein „Gegencheck“ nicht flächendeckend möglich.

Ja, Mensch. Wer hätte ahnen können, dass an dieser Geschichte was faul sein könnte? Heimlich geklauter königlicher Embryo, das kann ja nur stimmen. Noch dazu aus einer vertrauenswürdigen Quelle wie dem „Globe“, der ja auch schon sensationell enthüllt hat, dass Prinz Charles schwul ist, Barack Obama Afrikaner (und ebenfalls schwul) und Stevie Wonder vor fünfzehn Monaten nur noch sieben Monate zu leben hatte.

Und wie sollte man das mit dem reduzierten Personal auch alles nachrecherchieren? Wir vom Topfvollgold haben fast drei Minuten gebraucht, um die Geschichte gegenzuchecken. Sowas wäre beim kleinen Burda-Verlag natürlich undenkbar.

Bitte, bitte nicht rügen!

So kam es also zu dem bedauerlichen Fehler, beziehungsweise: zur skrupellosen Täuschung des hintergangenen Chefredakteurs. Aber: Alles kein Problem, denn die „Freizeit Spaß“ weiß die Sache zu bereinigen, teilte sie dem Presserat mit: Sie werde im Heft eine Entschuldigung abdrucken.

Wie der Presserat also sehe, schreibt der Chefredakteur, sei die Redaktion „entschlossen, die Angelegenheit wiedergutzumachen.“ Die Beschwerde sei zwar begründet, er bitte den Presserat aber darum, es beim Ausspruch dessen zu belassen. Eine zusätzliche Maßnahme sei nicht erforderlich. Es sei kein vorsätzliches Verhalten, sondern letztlich ein Fehler einer einzelnen Mitarbeiterin.

Dass er so sehr darum bettelt, nicht weiter belangt zu werden, ist verständlich, immerhin verteidigt der Wahrheitsverlag Burda seine Klatschblätter gerne mit dem Argument, dass sie in jüngerer Zeit nicht vom Presserat gerügt worden seien.

Nun. In seiner Sitzung Mitte September sprach der Presserat eine öffentliche Rüge gegen „Freizeit Spaß“ aus. Die Berichterstattung sei „ein schwerer Verstoß gegen das Wahrheitsgebot nach Ziffer 1“ des Pressekodex. Die Redaktion trage auch für das Material, das sie von Dritten übernimmt, Verantwortung, und hätte die Informationen „sorgfältiger auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen müssen“, darum liege auch ein „schwerer Recherchefehler nach Ziffer 2 des Kodex“ vor. Die Entscheidung fiel einstimmig.

13 Kommentare

  1. Warum übernimmt Burda nicht einfach die tadelos recherchierten Artikel aus dem Postillon?

  2. Die beim Postillon wollen nicht, dass ihre ehrenamtlichen Praktikanten (9) mit solchen Menschen in Kontakt kommen. Mitarbeiterverantwortung und so.

  3. Was für ein ruckgratloses Vorgehen, das Ganze auf eine einzige Mitarbeiterin zu schieben.
    Ein Gegencheck sei nicht möglich, bei einem Aufmacher auf dem Titel … Wen glauben die denn damit veräppeln zu können?

  4. Naja, ob ich jetzt ein paar hunderttausend Leser gewohnheitsmässig anlüge oder den Presserat oder irgendwen anders, da werden diese Leute eher flexibel sein.

  5. Die größte Überraschung ist für mich allerdings, dass es bei Burda/Freizeit Quatsch angeblich „gültige Kontrollwege“ und „grundlegende Sorgfaltsanforderungen“ geben soll. Wer hätte das gedacht? Und jetzt sogar „zusätzliche Sicherheitsmechanismen“.

    Bin schon gespannt, was der Schwätzer das nächste Mal erzählt.

  6. @8: Das ist keine „grösste Überraschung“.
    Steht bei allen von A.Springer über Spiegel bis X.Porn so weitestgehend wortgleich, sprich wertlos.
    Wer Döpfner erneut zum Vorsitzenden wählt, hat sich längst aufgegeben.
    Blöderweise macht das damit den Begriff „Lügenpresse“ wahr(er).
    Meine „NRZ“ ist längst in Funke-Hand, WZ und RP fast wortgleich Online usw.
    Beinahe alles hinter einer Paywall.
    Ein wenig FR, ist aber nicht Düsseldorf.

    Bleibt ja nur Qannon…
    (Ironie on/off)

  7. Man kann sich vorstellen, wie die feixen und sich wegwerfen vor Lachen, während der Presserat das liest.

  8. Vor ein paar Tagen die Bunte, hier die „Freizeit Spaß“.
    Viel Feind – viel Ehr? Kann man hinterfragen, „viel“ setzt implizit voraus, dass es um ebenbürtige Feinde geht.
    Ist diese Voraussetzung hier gegeben?

    Es passiert immer wieder, dass Medien auf Artikel/Reportagen von anderen referieren. „Wie es in einem SPIEGEL-Bericht heißt, …“ oder „die WELT berichtete vorab …“, in dieser Art.
    In Diskussionsforen beziehen sich die Leute auf Artikel FAZ, SPIEGEL, SZ, BILD (doch, doch), WELT usw.
    Ich habe noch nie erlebt, dass jemand was aus Bunte, Freizeit Spaß u.ä. zitiert hat.
    Das sind Käseblätter, das weiß jeder. Die Texte ein Merging von Versatzstücken und Halluzinationen, die Fotos nachkoloriert.

    Ist es das Wert, sich damit zu befassen?
    Ja, ist es. Wegen der Slapstick-Einlagen.
    „im Verlagshaus sehr ernstgenommen“, „Bereits zuvor gültigen Kontrollwege“, „Gegencheck“, „zusätzliche Sicherheitsmechanismen“, „Einhaltung grundlegender Sorgfaltsanforderungen“ – köstlich.
    Mit einer einzigen Beschwerde so viele Witze erzeugen, das ist genial.

  9. Es hätte ja schon genügt, wenn sich mal jemand über „Globe“ schlaufgemacht hätte. DasBlättchen ist zusammen mit dem berüchtigten „national inquierer“ der größe gedruckte Nonsense der Vor-Trump-Zeit, gerne als Quengelware in US-Supermärkten an der Kasse…

  10. @9 Ekkehard
    „Wer Döpfner erneut zum Vorsitzenden wählt, hat sich längst aufgegeben.“
    Sowie der Bundesverband Digtitalpublisher und Zeitungsverleger e. V. ?

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