Neuer NDR-Intendant

Eine Wahl ohne Auswahl

Nicht mehr lange, dann wird im Norddeutschen Rundfunk ein neuer Intendant gewählt, und das wird unheimlich spannend. Oder auch nicht. Es steht nämlich nur ein Kandidat zur Wahl. Nicht etwa, weil sich sonst niemand beworben hätte. Sondern weil man sich gar nicht bewerben konnte. Wer antreten soll, hat der NDR-Verwaltungsrat entschieden, ganz unter sich. In einem intransparenten und insgesamt problematischen Verfahren.

Mann mit Brille und Glatze im Anzug und Krawatte.
Der Kandidat: Joachim Knuth Foto: NDR/Thomas Pritschet

Vorige Woche verkündete das Aufsichtsgremium, dass es Joachim Knuth für den Posten empfehle: „Der profilierte Journalist und Medienmanager“ sei ein „hervorragender Nachfolger“ und „mit dem NDR und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt bestens vertraut“ – was zweifellos stimmt: Knuth ist seit 1985 beim NDR, seit 2008 ist er Hörfunkdirektor und ab Juli auch stellvertretender Intendant. Bei der Wahl im Frühjahr war er der einzige Kandidat und wurde einträchtig gewählt.

Seine Wahl jetzt dürfte deshalb nur Formsache sein. Zumal es in den vergangenen Jahren immer so lief: Der Verwaltungsrat schlägt vor, der Rundfunkrat nickt ab. Mindestens bedarf es dafür einer Zwei-Drittel-Mehrheit, meistens aber wird sogar einstimmig entschieden – bei 58 Leuten im Gremium.

Formal ist daran auch nichts auszusetzen, der NDR-Staatsvertrag schreibt es nicht anders vor. Aber was ist das für eine Wahl, bei der der Rundfunkrat keine Auswahl hat? Und bei der der Verwaltungsrat nicht verraten will, nach welchen Kriterien er entschieden und wie viele Personen er noch in Betracht gezogen hat. Oder stand Knuth von Anfang an fest?

„Signale für einen anderen Personalvorschlag“

Zwei Tage, bevor der Verwaltungsrat seine Entscheidung mitteilte, war Lutz Marmor, der amtierende Intendant, vor die Belegschaft getreten. Anfang kommenden Jahres läuft Marmors Vertrag aus, nach insgesamt zwölf Jahren, und bei der Versammlung erzählte er, dass er keine Amtszeit von weiteren sechs Jahren machen werde. Er wäre dann über 70, das wollte wohl keiner, auch er nicht. So zwei, drei Jahre noch, okay, gerne, sagte Marmor, aber er habe „Signale für einen anderen Personalvorschlag empfangen“. Was so telepathisch klingt, war wohl einfach schon Fakt: Knuths Name kursierte da bereits.

Nach außen muss das alles aussehen wie ein abgekartetes Spiel, was ein verheerendes Bild ist. Da wird der mächtigste Posten in einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt vergeben, aber die Öffentlichkeit soll vom Auswahl-Prozedere so wenig wie möglich erfahren. Er bitte um Verständnis, sagt Ulf Birch, der Vorsitzende des Verwaltungsrats, aber zu „internen Regularien“ gebe er keine Auskunft. Im Gespräch mit Übermedien will Birch nicht einmal sagen, wie viele Bewerber*innen denn noch im Rennen waren. Rundfunkbeitrag zahlen können die Leute da draußen also gerne, aber bitte keine Fragen.

Auch Cornelia Nenz, die Vorsitzende des Rundfunkrats, findet, es sei nicht erforderlich, das Verfahren zu ändern, „da die Vorgaben des Staatsvertrages hinreichend konkret sind“. Dies belegten „die beanstandungslos gebliebenen Intendantenwahlen in den vergangenen Jahrzehnten eindrucksvoll“. Eindrucksvolle Logik auch: Weil bisher niemand irgendwas beanstandet hat, muss ja irgendwie alles in Ordnung sein. Ging doch immer gut.

Paragraph 28 ist sehr offen gehalten

Der Staatsvertrag ist allerdings gar nicht so konkret, wie Nenz behauptet. Paragraph 28 ist sehr offen gehalten, das räumt selbst ihr Kollege Birch ein. Vom „Vorschlagsrecht“ des Verwaltungsrats ist dort die Rede, später im Text auch, falls eine Wahl (doch) mal scheitere, von „einem neuen Wahlvorschlag“, den der Verwaltungsrat machen müsse. Viel mehr aber steht da nicht zum Prozedere, es ist auch sonst nirgends verankert. Es bestünde Spielraum.

Was spräche dagegen, diesen vagen Text weiter auszulegen? Also zum Beispiel mehrere Personen vorzuschlagen, aus denen dann tatsächlich gewählt wird? Und was spräche dagegen, die Stelle öffentlich auszuschreiben – und das alles transparent zu kommunizieren?

Die Antwort ist schlicht. Es steht halt nicht konkret drin, und deshalb macht es sich Verwaltungsrat leicht und sagt: Steht halt nicht drin.

Es ist auch nicht so, wie Nenz behauptet, dass die Intendantenwahlen der Vergangenheit immer „beanstandungslos“ gewesen wären. Besonders im Vorfeld wurden früher harte Kämpfe ausgefochten. 1974, zum Beispiel, schreibt die HAZ, habe es „stundenlange Beratungen“ im Verwaltungsrat gegeben, die „in den frühen Morgenstunden“ mit einer „Lösung“ endeten. Der (damals noch acht- statt heute zwölfköpfige) Verwaltungsrat wählte in den Siebzigern noch selbst, der Rundfunkrat bestätigte das dann bloß. Quasi wie heute.

Dunkelhaariger Mann in Hemd und Krawatte sitzt am Tisch, Arme verschränkt.
Der Intendant: Lutz Marmor Foto: NDR/Thomas Pritschet

Nur dass damals alles noch viel politischer war: „stundenlange Verhandlungen“, das klingt wie ein Groko-Gipfel in Berlin, und gewissermaßen war es das auch. SPD und CDU, die mit Vertretern im Verwaltungsrat saßen (und heute noch sitzen), versuchten damals jeweils, Kandidaten zu installieren. Es waren politische Schlachten. Bis zur „Lösung“ im Jahr 1974 war der NDR deshalb sogar einige Monate ohne Intendant, und auch die Erstwahl von Lutz Marmor wurde 2007 noch von politischem Säbelrasseln begleitet. Dagegen ist es heute geradezu still.

Das mag einerseits gut sein, weil es nicht mehr so politisch zu sein scheint. Andererseits wird so, wie es nun abläuft, eben auch eine öffentliche Debatte über einen öffentlich-rechtlichen Funktionsträger verhindert. Eine Debatte zum Beispiel, wie es sie kürzlich beim SWR gab. Dort stritt man sich, weil nur zwei Bewerber/innen zum Vorsprechen gebeten werden sollten. Manche wollten aber, dass fünf vorsprechen! Für Birch und Nenz muss das wie eine abenteuerliche Forderung klingen. Die spinnen doch beim SWR!

Zwei Wahlgänge beim SWR, beim rbb sogar sechs!

Vielleicht aber auch nicht. Beim SWR gab es eine Findungskommission („AG Intendantenwahl“), die Stelle des Intendanten wurde öffentlich ausgeschrieben, 15 Menschen bewarben sich, was auch kein Geheimnis war, und am Ende traten zwei an. Da das Verfahren dort komplizierter ist, brauchte es dann zwei Wahlgänge, bis feststand, wer es wird. Und als der rbb 2016 Patricia Schlesinger zur Intendantin wählte, waren es sogar sechs (!) Durchläufe.

Selbst dem Verfahren beim SWR wurde noch Intransparenz vorgeworfen, wegen der Vorauswahl der Findungskommission. Dabei ist es im Vergleich zum NDR wirklich offen. In Hamburg will man auf Anfrage nicht einmal verraten, wann die Wahl stattfindet. Der Rundfunkrat werde über den Vorschlag „in einer seiner nächsten Sitzungen entscheiden“, teilt die Vorsitzende lediglich mit. Den Zeitpunkt werde man „vor der entsprechenden Rundfunkratssitzung mit der Tagesordnung bekanntgeben“, was Nenz womöglich für Transparenz hält. Meine zweimalige Bitte um ein Telefonat ließ sie unbeantwortet.

In der Sitzung, in der dann gewählt wird, möglicherweise gleich Anfang Juli, soll Knuth Gelegenheit erhalten, sich vorzustellen, „sowie natürlich auch zuvor in Gesprächen mit Mitgliedern des Rundfunkrats“. Was ein bisschen lustig ist, weil die Vorsitzende auch betont, Knuth sei den Gremienmitgliedern – natürlich – „bestens bekannt“ und werde „allseits hoch geschätzt“. Wieso also eigentlich noch vorstellen? Wenn man das jetzige Verfahren schon für effizient hält, könnte man das alles auch weglassen. Das wäre doch dann noch effizienter. Geht aber ja nicht, denn wenigstens das steht im Gesetz.

Es geht nicht darum, den Kandidaten in Zweifel zu ziehen, es geht um das zweifelhafte Verfahren, das auch ihn und das Amt selbst beschädigen könnte. Aber natürlich kann man auch Fragen zu Knuth stellen: Er ist, zum Beispiel, durch und durch Hörfunker. Hat er Ideen, wie der NDR, gerade auch digital, in Zukunft bestehen kann? Nach einer Amtszeit wäre er außerdem 66. Zu alt?

Und wieso eigentlich niemand von außen? Oder, ganz verrückt: eine Frau an der Spitze des drittgrößten ARD-Senders. Wenigstens als Stellvertreterin. Das ist ja auch noch offen: Wer nachrückt, wenn der Stellvertreter aufsteigt.

NDR-Redaktionsausschuss: Verfahren „wie aus der Zeit gefallen“

Das ganze Prozedere wirkt jedenfalls nicht nur nach außen schlecht, es beunruhigt auch Teile der Belegschaft. Der Redaktionsausschuss des NDR schreibt am Mittwoch in einer internen Mitteilung, ihn hätten „zahlreiche Reaktionen von Kolleg*innen aus dem ganzen Haus erreicht, die sowohl das Verfahren als auch den Umstand kritisieren, dass keine weiteren Kandidaten bzw. Kandidatinnen für den Posten des NDR-Intendanten vorgeschlagen wurden“. Es stelle sich die Frage, ob das „noch zeitgemäß“ sei.

Weiter heißt es, „die Intransparenz des Verfahrens beim NDR“ wirke im Vergleich zum SWR „wie aus der Zeit gefallen“, und dass „nun erneut ein männlicher Bewerber als einziger Kandidat benannt wird, wirkt auf viele Kolleg*innen wie ein Rückschritt und wirft für sie die Frage auf, wie ernst es dem NDR und seinen Gremien mit der Förderung von Frauen ist“. Eingedenk all dessen fordert der Redaktionsausschuss

„die Intendanz des NDR, den Verwaltungs- wie auch den Rundfunkrat dazu auf, sich für ein transparenteres und auf mehr Auswahl angelegtes Verfahren bei den für den NDR zuständigen Landesregierungen stark zu machen“.

Auf die Frage, ob er das jetzige Verfahren zeitgemäß finde, antwortet Birch vom Verwaltungsrat übrigens, dass man diese Frage „dem Gesetzgeber stellen“ müsste, der könne ja etwas ändern. Was einerseits richtig ist, andererseits zeigt, wie wenig sich die Gremien selbst bewegen wollen. Transparenz, zum Beispiel, ist ja etwas, das man sich nicht erst vorschreiben lassen muss, man kann sie einfach herstellen. Und Offenheit und Modernität bei der Auswahl von Bewerber*innen auch. Man müsste das aber erstmal wollen.

Offenlegung: Ich bin freier Mitarbeiter des NDR und habe dort volontiert.

Nachtrag, 21.6.2019. Ich hatte zunächst geschrieben, dass beim SWR gefordert wurde, es sollten vier Kandidaten vorsprechen. Es waren aber sogar „fünf namhafte Bewerber“. Danke für den Hinweis in den Kommentaren!

Nachtrag, 26.6.2019. Ich hatte den NDR zur zweitgrößten ARD-Anstalt gemacht, das ist aber der SWR. Der NDR ist der drittgrößte Sender des Verbunds. Danke für den Hinweis in den Kommentaren!

Nachtrag, 4.7.2019. Der NDR-Rundfunkrat hat inzwischen bekanntgegeben, dass die „Wahl des*der Intendant*in“ in der Sitzung am 5.7.2019 stattfindet.

25 Kommentare

  1. Das Verfahren ist, wie beschrieben, ja schon intransparent, aber die offizielle Begründung für den Wechsel an der Spitze, das Alter – Knuth ist gerade mal fünf Jahre jünger als Marmor, wäre also am Ende seiner ersten Amtsperiode bereits älter als dieser – macht die Sache ja noch schlimmer und lädt die üblichen „Regierungsfunk“-Schreier am rechten und linken Rand (also von Pegida bis Nachdenkseiten) geradezu dazu ein, ihre Verschwörungstheorien zu bestätigen. Dabei könnten der NDR und seine Gremien durchaus stolz sein, sich vom Parteieneinfluss weitgehend losgemacht zu haben, 2007 den Wunschkandidaten von drei Landesregierungen ausgeschlagen und erst recht das schwierige Albrecht-Stoltenberg-Erbe aus den Siebzigern und Achtzigern hinter sich gelassen zu haben. Am Ende wollen aber dann doch die Mächtigen in dem Gremien, wie auch schon im SWR (wo allerdings die formalen Vorgaben strenger sind), ihren persönlichen Einfluss nicht durch übermäßige Transparenz gefährden.

    Kurze Anmerkungen noch zum Text:

    *Knuth ist nicht „seit Juli“ stellvertretender Intendant, denn wir haben noch Juni, er hat die Funktion des Intendantenstellvertreters also noch gar nicht angetreten.

    *beim SWR wurden nicht „zunächst“ nur zwei Kandidaten zur Vorstellung eingeladen, sondern auch später keine nachträglichen Einladungen ausgesprochen, insbesondere nicht für die drei (nicht zwei) weiteren Kandidaten.

  2. @1 Freiwild: Vielen Dank für die Hinweise, stimmt natürlich! Ich habe es korrigiert.

  3. was mich als Beitragspflichtigen erzürnt, ist der Fakt, dass man mir einerseits den Zwang auferlegt, Rundfunkbeiträge zu entrichten, gleichzeitig aber mir und damit allen Beitragspflichtigen mit einer impertinenten Arroganz begegnet. Bezahl, aber halt’s Maul, es geht dich alles nichts an!
    Wer angesichts derartiger Intransparenz und Postenschacherei die Beitragspflicht verweigern will, darf nicht etwa darauf hoffen, dass seine Kritik gehört wird, sondern er bekommt zu allem Überfluss auch noch die juristische Keule übergezogen. Denn da kennt auch der NDR keine Gnade und weiß die Rechtslage sehr gut für sich zu nutzen.

    Und da wundern sich die Vertreter der ÖR auch noch, dass es Beitragsverweigerer gibt, die sich in ihrer Wut auf dieses „System“ populistischen Dummschwätzern und Hetzern zuwenden?
    Wann werden die Entscheidungsträger in den verantwortlichen Gremien der ÖR denn endlich mal begreifen, dass sie sich durch derartige Praktiken ins eigene Knie schießen?

    Mit jeder intransparenten Entscheidung, bei der die beitragszahlende Öffentlichkeit von Informationen und Mitbestimmung ausgeschlossen wird, nimmt auch die Akzeptanz dieser Öffentlichkeit gegenüber den ÖR ab. Die Arroganz der Verantwortlichen führt zur immer stärkeren Ablehnung der ÖR durch immer größere Teile der Gesellschaft. Populisten haben damit immer leichteres Spiel. Man sieht es bei den jüngsten Wahlergebnissen, wo die AfD, erklärter Feind der Öffentlich Rechtlichen, zweistellige Ergebnisse erzielt und bald in den Landesregierungen sitzen wird. Die ÖR, insbesondere die Vertreter des NDR dürfen sich dann mal fragen, welchen Anteil sie mit ihrem Verhalten an dieser Entwicklung haben, und ob sie davon ausgehen dürfen, dass sie weiter so vor sich hin wurschteln können, wenn die AfD politische Entscheidungen, auch über den öffentlich rechtlichen Rundfunk, bald maßgeblich mitgestaltet.

  4. Wenn man nur einen Kandidaten hat…
    ist das ein Ablenkungsmanöver!
    Bestimmt gibt’s da ne grosse Sauerei,die vertuscht wird…
    Höhere Preise im Kasino,
    „freiwillige“Fitnessprogramme für adipöse Mitarbeiter mit niedrigen Einkommen,
    oder die Toiletten mit „Uhrwerk“
    siehe Tatortreiniger Folge 25!

  5. Machstes unkompliziert, biste intransparent.
    Machstes langwierig, biste handlungsunfähig.
    Irgendein Vorwurf wird immer kommen.
    (Ich rechtfertige damit nicht die „hat keiner explizit gesagt, also verzichten wir einfach mal drauf“-Praxis. Gerade der ÖR müsste hier sensibilisiert sein, dass es da Kritik hageln wird. Gerade das ärgert mich an dieser Sache: Steilvorlagen liefern und meinen, sich hinter „dem Gesetz“ verstecken zu können. Gaah, hat keiner von euch Kommunikationsseminare besucht?)

  6. @ Schmidt123

    Ich verstehe Ihre Wut überhaupt nicht. Wenn mich als Beitragszahler an den Öffentlich-Rechtlichen etwas stört, dann sind es schelchte Sendungen. Vom Sender-Management habe ich viel zu wenig Ahnung, um mir über die Qualifikation einzelner Kandidaten ein Urteil zu erlauben. Vielleicht ist Herr Knuth ja ganz kompetent? Im übrigen gab es beim RBB ein umfangreiches Auswahl-Verfahren – den Wahlergebnissen der AfD in Brandenburg hat das nicht geschadet.

    Was schwebt Ihnen denn vor? Eine Urwahl des Intendanten von allen Beitragszahlern im Sendegebiet? Ich fürchte, damit wäre einer Politisierung des Postens und späterer politischer Einflussnahme auf den Programminhalt Tür und Tor geöffnet.

    Im Prinzip finde ich das Wahlverfahren völlig in Ordnung: Letztlich entscheidet der Rundfunkrat, in dem gewählte Abgeordnete, Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, etc. vertreten sind – also Repräsentanten der gesellschaftlichen Gruppen ohne Übermacht der Politik. Der Vorschlag kommt vom Verwaltungsrat, der eine Art geschäftsführender Ausschuss des Rundfunkrates ist.

    Sicher wäre es wünschenswert, dass die Auswahl gewissermaßen vor Publikum stattfindet und nicht im Hinterzimmer vorbereitet wird. Andererseits würde mir das bei der Bewertung auch nicht weiterhelfen. Ich kenne die meisten in Frage kommenden Personen nicht einmal dem Namen nach.

  7. Nachtrag @ Boris Rosenkranz:

    SPD und CDU, die mit Vertretern im Verwaltungsrat saßen (und heute noch sitzen), versuchten damals jeweils, Kandidaten zu installieren.

    Das ist zwar richtig, aber missverständlich, weil es klingt, als ob sich CDU und SPD als solche Sitze im Verwaltungsrat unter den Nagel gerissen hätten. Tatsächlich handelt es sich um gewählte Abgeordnete, die aus den Landtagen in die Rundfunkgremien entsendet werden. Sprich, wenn die AfD in Meck-Pom stärkste Fraktion werden sollte, dann entsendet der dortige Landtag einen AfDler in die Gremien.

  8. @KRITISCHER KRITIKER
    Da könnte man im jetztigen System schon einiges besser machen. Öffentliche Ausschreibung der Position mit gewünschten Profil… Konkrete Begründungen vom Verwaltungsrat warum man diese oder jene Kandidaten vorschlägt und andere nicht. Mindestens zwei Kandidaten vorschlagen fürs Amt usw

    Ich sehe nicht das die Rundfunkräte die Gesellschaft heute noch abbilden. Unsere Gesellschaft differenziert sich immer mehr aus nur in den Rundfunkräten gibt es noch ein Kandidat Wahlen mit 90 – 100% zustimmung für den Kandidaten . Das repräsentiert doch nicht unsere Gesellschaft.

  9. „Geht aber ja nicht, weil wenigstens das steht im Gesetz.“
    Oh Gott, Herr Rosenkranz, bei solch einer Grammatik stehen dem geneigten Leser ja die Haare zu Berge. Und dann auch noch von jemandem, der andere Journalisten kritisieren will (was er, zugegeben, selten bei deren Sprachvermögen macht).

  10. @21. Juni 2019 um 12:59 Uhr

    „Wenn mich als Beitragszahler an den Öffentlich-Rechtlichen etwas stört, dann sind es schelchte Sendungen. Vom Sender-Management habe ich viel zu wenig Ahnung, um mir über die Qualifikation einzelner Kandidaten ein Urteil zu erlauben. Vielleicht ist Herr Knuth ja ganz kompetent?“

    Bezogen auf die BT Wahl könnte man sagen

    „Wenn mich als Bürger an Bundestag und Regierung etwas stört, dann ist es die schlechte Politik. Vom Kanzlersein habe ich viel zu wenig Ahnung, um mir über die Qualifikation einzelner Kandidaten ein Urteil zu erlauben.“

    „Im Prinzip finde ich das Wahlverfahren völlig in Ordnung: Letztlich entscheidet der Rundfunkrat, in dem gewählte Abgeordnete, …“

    Wenn man ein Gremium mag, sitzen darin gewählte Abgeordnete, ansonsten Politisierer.

    „Kirchen, Verbände, Gewerkschaften, etc. vertreten sind – also Repräsentanten der gesellschaftlichen Gruppen ohne Übermacht der Politik.“

    Wer hat denn festgelegt, welche Gruppen das sind? Wird das angepasst, etwa an den Mitgliederschwund bei Kirchen und Gewerkschaften?

    Ich frage für einen ganz unschuldigen Freund, der noch glaubt, dass es so etwas wie unpolitische Entscheidungen in wichtigen, das Volk betreffenden Fragen gibt.

    Immerhin erspart die Einflussnahme von langer statt kurzer Hand lästige Fragen, wie denn das Gremium konkret die Vorgaben elementarer Demokratie so erfüllt. Spätestens mit der Verabschiedung von der Bindung an den Gerätebesitz, stellt sich die Frage, wie es denn mit dem Grundsatz „No taxation without partizipation“ aussieht.

  11. @10 New Yorker 21. Juni 2019 um 14:17 Uhr

    „… bei solch einer Grammatik …“

    Ööööh … nämlich?

  12. @ THORSTENV

    Zwei Hauptsätze kann man nicht mit „weil“ verbinden. Da müsste mnan schon „denn“ nehmen. Oder beim zweiten Satz das Verb an das Ende setzen „… weil das im Gesetz steht“.

  13. Ist halt der NDR, isso, über jeden Zweifel erhaben, frei von Fehlern, eben „das Beste im Norden“ – bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Die Intendantenwahl komplettiert nur meine schlechte Meinung über meinen Heimatsender, der mich immer wieder an meiner prinzipiell guten Einstellung zum ÖRR zweifeln lässt.

  14. Für 90% der heutzutage überwiegend alten Zuschauer ist Fernsehen völlig in Ordnung. Was gezeigt wird, wird weder hinterfragt, noch kritisch gewürdigt. Wie auch? Was im Hintergrund läuft, ist völlig undurchschaubar. Politiker aller Couleur sind sich allerdings der Medienmacht sehr bewusst. Deshalb wird im Hintergrund – oder im Fall der AfD – im Vordergrund taktiert, paktiert und geschoben, so gut es geht.

    Das ist aber nicht die Form der einseitigen und politikgetriebenen Informationsvermittlung, die mündige Bürger heute haben wollen oder dulden können. So überrascht es wenig, dass die momentanen Hauptprofiteure dieses alten Systems wenig Reformwillen zeigen.

    Wegen dieser Konstellation fürchte ich, dass sich so schnell nichts im Sinne der Gebührenzahler ändert. Im Gegenteil. Die ÖRR sind dabei ihre Finanzierung über Jahre hinaus zu zementieren und ihre Medienmacht auf andere Bereiche, wie das Internet, zu erweitern.

    Die einzig demokratische Lösung besteht darin, jegliche gebührenfinanzierte Informationsvermittlung gänzlich von der politischen Einflussnahme zu trennen.

  15. „Die einzig demokratische Lösung besteht darin, jegliche gebührenfinanzierte Informationsvermittlung gänzlich von der politischen Einflussnahme zu trennen.“
    Das hiesse aber auch diverse Parteivollhorste aus ihren Reservaten zuentlassen….
    Schon mal die Doku „Godzilla“ gesehen! ;-)

  16. Es würde sich nur etwas ändern, wenn die Unzufriedenen ihre Demokratieabgabe solange auf ein Sperrkonto überweisen würden, bis ihre Sichtweise im Programm auch abgebildet würde.

  17. Eine transparentere und demokratischere Wahlordnung bei der NDR- Intendantenwahl wäre zu begrüßen. Aber, und ohne zynisch wirken zu wollen: Würde das an den Grundproblemen der ÖR etwas ändern? Würde es sich nicht eher um kosmetische Korrekturen handeln, die dort, wo es wirklich darauf ankommt, wenig bewirken?

    Als „das“ Grundprblem der ÖR könnte man vielleicht bezeichnen, dass sie sich – abgesehen von löblichen Ausnahmen – im Wesentlichen im Rahmen dessen bewegt, was Uwe Krüger als „Elitendiskurs“ bewegt. Die ÖR (wie andere Medien auch) vermitteln sehr oft, dass die herrschende Politik – soweit sie ziemlich durchgängig innerhalb der Machteliten akzeptiert ist – als „vernünftig“ oder gar „alternativlos“ zu betrachten sei. Grundlegende Kritik samt dazugehörenden „kritischen“ Informationen kommt dann eher in Sprartenbereichen vor (wie im ZDF etwa in der „Anstalt“).

    Um dies fundamental zu ändern, wären zweifellos sehr, sehr weitreichende und sehr, sehr tiefgreifende Reformen notwendig.

  18. @19:
    „Grundlegende Kritik samt dazugehörenden „kritischen“ Informationen kommt dann eher in Sprartenbereichen vor (wie im ZDF etwa in der „Anstalt“). “

    Ich finde Ihre Kritik etwas überzogen. Sie finden in den öffentlich-rechtlichen Sendern sehr viel mehr Regierungskritik als in sämtlichen privaten Kanälen + Streaming-Angeboten zusammen. Kritische Politikmagazine, Satire und Kabarett finden Sie fast nur bei den ÖR – von Monitor bis Böhmermann oder die von Ihnen angesprochene Anstalt.

    Dass da irgendwas als „Alternativlos“ bezeichnet wird, halte ich für Unsinn. Selbst in den klassischen Magazinprogrammen wie den Tagesthemen oder im Heute Journal sehen Sie kritische Nachfragen und vorgestellte Alternativen. Ich frage mich wirklich, was Sie sehen möchten? Youtuber in Dauerschleife, die Parteien zerstören? Jede noch so alternative Randmeinung im Zwei-Stunden-Portrait („Die Erde, wie rund ist sie wirklich?“)?

    Natürlich könnten die Info-Programme gegenüber Unterhaltung und Sport besser programmiert sein. Mal vor 22.00 Uhr. Aber Ihre sehr, sehr weitreichenden und sehr, sehr tiefgreifenden Reformen braucht man dafür nicht.

  19. @ Marvin:

    Gerade in den wesentlichen Formaten (Nachrichtensendungen) verbleibt die Kritik m.E. weithin innerhalb eines sehr engen Korridors. Kritik findet sich dann oftmals eher an taktischen Details als im Grundsätzlichen. Es gibt Nischenformate, aber die haben bei Weitem nicht die Reichweite der Nachrichtensendungen. Sie können m.E. keinesfalls zur Exkulpation für den „Hauptnachrichten-Strom“ dieser Sender gelten.

    Ich meine, dass sich Uwe Krüger („Mainstream“) und Ulrich Teusch („Lückenpresse“) genügend Beispiele finden lassen, dass die Medien (die ÖR zum größten Teil eingeschlossen) in hohem Maße einseitig und selektiv berichten.
    Aber im Prinzip finden sich auch hier und auf Herrn Niggemeiers altem Blog oder an vielen anderen Stellen Beispiele. Siehe etwa Herrn Niggemeiers Artikel „Von Putinverstehern und Journalistenverstehern“. Oder seine Artikel zur Griechenland-Berchterstattung.

    Oder, um aktuellere Beispiel zu geben:
    Die extrem einseitige Venezuelea-Berichterstattung. Wie lange wurde zwar viel von der Misswirtschaft durch die venezuelanische Regierung berichtet, nicht jedoch über die schwerwiegenden Folgen westlicher Sanktionen, die nach einer Studie des „Center for Economic and Policy Research“ bisher allein schon 40.000 Menschen das Leben gekostet haben?
    Die folgende Kritik bezieht sich auf REUTERS, dürfte in ähnlicher Form aber auch für deutsche Medien gelten:

    https://fair.org/home/study-linking-us-sanctions-to-venezuelan-deaths-buried-by-reuters-for-over-a-month/

    Viele andere relevante Informationen, die das hoch einseitige Venezuela-Narrativ infragestellen („der gute Westen vs. der böse Maduro“), werden ebenfalls „unten gehalten“. Siehe als Beispiel nur den Übermedien-Artikel „Die falsche Geschichte vom Hilfsgüter-Konvoi, den Maduro anzünden ließ.“

    Oder Syrien:
    Ein ingenieurwissenschaftliches Team der OPCW kommt nach ausführlichen Studien und Simulationen in Kooperation mit zwei Universitäten zum Schluss, dass die beiden Behälter mit Chlorgas, die in Duma gefunden wurden, mit hoher Wahrscheinlichkeit dort manuell platziert worden sein müssen, und dass sie also NICHT aus der Luft abgeworfen wurden. Der Bericht kommt damit zu einem Ergebnis, das auch jedem Laien einleuchtet: Metallzylinder können nicht aus großer Höhe ohne nennenswerte Verformung Beton durchschlagen.
    („The dimensions, characteristics and appearance of the cylinders and the surrounding scene of the incidents, were inconsistent with what would have been expected in the case of either cylinder having been delivered from an aircraft. In each case the alternative hypothesis produced the only plausible explanation for observations at the scene.“)
    Das Papier wurde dem Vernehmen nach von Mitarbeitern der OPCW selbst geleakt; unterzeichnet wurde es von einem sehr erfahrenen, hochrangingen Mitarbeiter der OPCW; die OPCW hat die Echtheit bestätigt. Auch wenn wir es nicht mit letzter Sicherheit wissen: Das Papier macht es wahrscheinlich, dass der ganze Giftgasangriff eine Inszenierung war, worauf ja auch andere Argumente hindeuten.

    In jedem Fall aber sind der Leak und der geleakte Bericht jedenfalls sehr interessant, weil der angebliche Giftgasangriff in Duma ein wesentliches Medien-Thema war, und weil die Zylinder die Rechtfertigung für einen westlichen Militärschlag waren. Zudem lässt der Leak auch noch Zweifel an der Neutralität der OPCW aufkommen. Dennoch wird über das brisante Papier, soweit ich das sehe, in den (deutschen) Mainstream-Medien kaum oder gar berichtet. Dafür wird jede unbelegte Anschuldigung seitens der USA in Richtung syrische Regierung kolportiert.

    Ein anderes Beispiel, ebenfalls bezogen auf Syrien: Die Nachdenkseiten argumentieren im Artikel „Medien und Syrien: Die Ahnungslosigkeit des Lesers als Waffe“ in einer m.E. plausiblen Weise, dass die schwerwiegenden humanitären Auswirkungen westlicher Sanktionen auf die syrische Zivilbevölkerung in den Medien typischerweise kaum thematisiert oder auf absurde Weise heruntergespielt werden. Lesen Sie selbst und bilden Sie sich Ihr eigenes Urteil.
    Das zu schützende Narrativ lautet hier (wiederum): „Der gute Westen vs. der böse Assad“ – und da käme es nicht gut, wenn der Westen Sanktionen verhängt und trotz aller Kritik aufrechterhält, die das dortige Regime nicht wesentlich tangieren, dafür aber katastrophale Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung haben.

    Das sind wie gesagt vereinzelte Beispiele: Die Auslassungen und Einseitigkeiten gehen dabei fast immer in eine Richtung, und es wäre in vielen, wenn nicht den meisten Fällen abwegig, das Nicht-Berichten auf eine angeblich fehlende Relevanz zurückführen zu wollen.

    Um es klarzustellen: Mir geht es hier keineswegs um eine „spiegelbildliche“ Einseitigkeit: Das Versagen Maduros und die Verbrechen Assads etwa sind relevante, legitime Themen. Wer aber nicht einseitig informiert werden will, ist nahezu gezwungen, auch alternative Informationsquellen anzuzapfen. Uwe Krüger erklärt einen Teil des Problems in einem Artikel für die Bundeszentrale für Politische Bildung wie folgt:

    Journalisten orientieren sich nicht nur aneinander, sondern auch und vor allem an Eliten und deren Diskursen. Medien sind auf einen steten Fluss verlässlicher Informationen und Aussagen glaubwürdiger Akteure angewiesen, denn sie müssen schnell und kontinuierlich relativ preiswerte Inhalte produzieren. Schon aus diesem ökonomischen Grund liegt es nahe, sich an der Themen-Agenda und dem Meinungsspektrum der Eliten zu orientieren – was nicht ausschließt, dass von Zeit zu Zeit die eine oder andere Redaktion mit Enthüllungsrecherchen, kritischen Analysen oder entlarvenden Faktenchecks aufwartet. Doch diese aufklärenden Ausnahmen werden gleichsam naturgemäß überspült von der Flut der täglichen, eher passiven Abbildung des Regierungshandelns in den Hauptnachrichtensendungen und den Politikteilen der großen Zeitungen.

    Der Politologe W. Lance Bennett entwickelte dazu eine Hypothese, die er „Indexing“ nannte. Die großen Medien, so besagt diese These, tendierten dazu, die Spanne der Meinungen und Argumente in der offiziellen politischen Debatte, also in Parlament und Regierung, anzuzeigen, zu „indexieren“. Dies treffe nicht nur auf Nachrichten und Berichte zu, sondern sogar auf Kommentare, in denen die Journalisten ihre eigene Haltung darlegen, denn Journalisten wichtiger Medien suchten meist Rückendeckung aus dem Establishment. Kritik stellt aus dieser Sicht keine Eigenleistung des Journalismus dar, sondern ist auf Gelegenheitsstrukturen im politisch-parlamentarischen Raum angewiesen. Gibt es dort Konflikte, bekommen auch die Mediennutzer eine lebhafte mediale Debatte geboten; besteht aber über ein Thema Konsens, so die Annahme, unterstützen die Medien die Regierungslinie.[8]

    Indizien für ein solches Verhalten, das Bennett nicht als mechanisches Gesetz, sondern eher als unbewusst verfolgte Daumenregel verstanden wissen will, sind in Deutschland bei einer ganzen Reihe von wichtigen politischen Themen gefunden worden – für den Kosovo-Krieg, den Afghanistan-Krieg, den Irak-Krieg, die EU-Osterweiterung, die Einführung von Hartz IV und die Deregulierung des Finanzmarktes sowie für die Finanzkrise 2008. So gab es zum Beispiel für die Kriegseinsätze im Kosovo und in Afghanistan breite Mehrheiten im Bundestag, und auch in den Medien fand sich ein hohes Maß an Konsens über die Legitimität einer deutschen Beteiligung, während der Irak-Krieg sowohl von der politischen Elite als auch von den Journalisten sehr viel stärker kritisiert wurde.

    Wenn dies richtig ist – und wie gesagt bin ich der Überzeugung, dass Krüger und Teusch und andere Autoren in ihren jeweiligen Publikationen gute Argumente eben hierfür anführen -, dann bedeutet dies im Klartext dies: Wo die Mächtigen einen weitgehenden Konsens haben, dienen die Medien weit weniger als Kontrolleure denn als Transmissionsriemen für die Mächtigen.

    Das müsste m.E. gründlich geändert werden, wenn der Rundfunk seinem Auftrag gerecht werden möchte. Eine maximale Unabhängigkeit von jedweder politischer Einflussnahme wäre eine erste, aber sicherlich noch nicht hinreichende Bedingung.

  20. @Ben Bensen: Stimmt, sorry! Ich habe es korrigiert und unterm Text nachgetragen. Vielen Dank für den Hinweis!

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