Falsche Zahlen der Grünen

Das Trinkwasserpreis-Debakel der deutschen Medien

Um mehr als 25 Prozent sollen die Kosten für Trinkwasser in Deutschland seit dem Jahr 2005 gestiegen sein. So ist es seit gestern in fast allen großen deutschen Medien zu lesen. Grundlage dafür ist eine grob irreführende Rechnung, die die Grüne Bundestagsfraktion herausgegeben hat. Journalisten haben sie ungeprüft übernommen – obwohl die Probleme mit ihr offensichtlich sind und leicht zu recherchieren gewesen wären.

In ihrer Rechnung beziehen sich die Grünen auf eine offizielle Quelle: das Statistische Bundesamt. Sie verlinken sogar direkt auf die Zahlen, die ihr zugrunde liegen. Aber, und da könnte man bereits stutzig werden: Die Werte für die Trinkwasserkosten finden sich beim Statistischen Bundesamt nicht in einer Tabelle, sondern in zweien. Eine enthält die Jahre 2005 bis 2013, eine andere die von 2014 bis 2016. Diese Aufteilung hat einen Grund, und die Erklärung – und Warnung – steht unter der zweiten Tabelle:

Aufgrund geänderter Auswertungskonzeption mit Vorjahreswerten nicht vergleichbar.

Die Grünen haben sich für ihre 25-Prozent-Rechnung einfach darüber hinweggesetzt. Das Statistische Bundesamt sah sich veranlasst, in einer Pressemitteilung zu widersprechen: „Ein Zeitvergleich zwischen den Jahren 2005 bis 2016 kann aufgrund von methodischen Umstellungen im Berichtszeitraum nicht vorgenommen werden.“ So wurden als durchschnittlicher Wasserverbrauch eines Haushaltes nicht mehr 80, sondern 89 Kubikmeter angenommen.

Anders als die Umweltstatistik, auf die die Grünen sich beriefen, liefere aber die Preisstatistik vergleichbare Werte, erklärte das Statistische Bundesamt. Sie erhebt die Preise für die Wasserversorgung privater Haushalte. Danach sind die Preise für Trinkwasser zwischen 2005 und 2016 um 17,6 Prozent gestiegen. Das ist nur wenig mehr als die allgemeine Entwicklung der Verbraucherpreise, die um 16,1 Prozent zunahmen.

In den Jahren 2015 und 2016 seien die Trinkwasserpreise zwar deutlich überdurchschnittlich stark gestiegen, seitdem aber wieder nicht.

Als das Statistische Bundesamt die Grünen-Zahlen korrigierte, hatten sie zahlreiche Journalisten bereits unbesehen übernommen. In Umlauf gebracht wurden sie zuerst – als stolze Exklusivmeldung – Freitagfrüh um 3 Uhr von der „Saarbrücker Zeitung“, die auf Seite 1 ihrer Print-Ausgabe berichtete.

Eine halbe Stunde später brachte die Nachrichtenagentur AFP die Pressemitteilung der Zeitung, minimal geändert und gekürzt, als eigene Meldung. AFP berichtete nun unter Verweis auf die „Saarbrücker Zeitung“, die sich auf die Grünen berief, die sich auf das Statistische Bundesamt beriefen. Eine Recherche fand, wie bei solchen nächtlichen Meldungen von Zeitungen üblich, nicht statt.

Um 10:12 Uhr zog die Agentur epd mit einer eigenen, leicht umgeschriebenen Version der Pressemitteilung der „Saarbrücker Zeitung“ nach. Kurz darauf verschärfte sie ihre Meldung noch und änderte die Überschrift von „Grüne beklagen steigende Wasserkosten“ in „Preis für Leitungswasser deutlich gestiegen“.

Die Nachrichtenagentur dpa ließ sich bis 12:26 Uhr Zeit, bis nun auch sie meldete: „Trinkwasserpreise stark gestiegen“. Ihr Text enthält immerhin nicht nur die falschen Zahlen der Grünen, sondern – im letzten Absatz – auch eine Entgegnung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, „die Trinkwasserpreise hätten sich in den vergangenen Jahren entlang der Inflation entwickelt“.

Ob diese Behauptung stimmt, hätte sich überprüfen lassen; dpa verzichtete darauf.

Irgendwann lag die irreführende Auswertung der Grünen nicht mehr nur der „Saarbrücker Zeitung“ vor, sondern auch dem ARD-Hauptstadtstudio, das sie sich vollumfänglich zu eigen machte und meldete:

Und es ist tatsächlich so: Bundesweit sind die Trinkwasserkosten zwischen 2005 und 2016 im Schnitt um über 25 Prozent gestiegen. Das zeigt eine Auswertung der Grünen-Bundestagsfraktion, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.

(Später wurde aus dem „Und es ist tatsächlich so“ ein „Denn es scheint tatsächlich so“.)

„Focus Online“ beschrie sogar eine (nicht-existente) „Preis-Explosion beim Trinkwasser“ und berief sich dabei auf einen Bericht von „Spiegel Online“, das unter Bezug auf die (falschen) Grünen-Zahlen behauptete, die Kosten für Trinkwasser in Deutschland seien in den vergangenen Jahren „teils dramatisch gestiegen“. Dabei entsprächen selbst die übertriebenen Angaben der Grünen nur einer jährlichen Inflation um 2,05 Prozent über elf Jahre.

In der „heute in Deutschland“-Sendung im ZDF um 14 Uhr war die Meldung über das vermeintlich teure Trinkwasser sogar der Aufmacher. Der Sender hatte die falschen Zahlen auch hübsch animiert:

„Die Trinkwasserpreise steigen rasant an.“ Screenshot: ZDF

Im Laufe des Tages fanden die Dementis der offiziellen Statistiker und verschiedener Interessensverbände allmählich Einzug in die Agenturmeldungen. Allerdings flüchteten sie sich – offenbar überfordert, den Sachverhalt selbst zu klären – in Formulierungen wie: „Indes gibt es Uneinigkeiten über die Berechnungsgrundlage“ (dpa), und berichteten nur die widersprüchlichen Aussagen.

In der „Aktuellen Stunde“ im WDR-Fernsehen kam der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zwar mit seinem Widerspruch vor. Aber er wirkte nicht überzeugend, nachdem die Zahlen der Grünen, denen das Statistische Bundesamt längst widersprochen hatte, in der WDR-Grafik als Zahlen des Statistischen Bundesamtes präsentiert worden waren:

Screenshot: WDR

Weil die Agenturen ihre Meldungen vom Morgen nicht ausdrücklich berichtigten, stehen sie nach wie vor unkorrigiert in Online-Medien wie FAZ.net.

Und sie werden auch heute noch von Zeitungen in ihren Print-Ausgaben verbreitet. Die Zahl von 25 Prozent steht unter anderem in der „Berliner Zeitung“ und der „Süddeutschen Zeitung“ sowie auf der Seite 1 der „Frankfurter Rundschau“ („die Kosten für Trinkwasser gehen durch die Decke“).

Es ist ein umfassendes Debakel, in dem sich fast exemplarisch viele systematischen Missstände der Medien vereinen, die eine korrekte Berichterstattung immer wieder verhindern:

  • Behauptungen von Interessensgruppen werden von Zeitungen ungeprüft übernommen.
  • Meldungen anderer Zeitungen werden von Agenturen ungeprüft übernommen.
  • Eine eigene Überprüfung findet selbst bei öffentlichen und leicht zugänglichen Quellen nicht statt.
  • Widersprüche von Experten führen nicht zu einer Korrektur der Meldungen, sondern nur zu einer Ergänzung „die einen sagen so / die anderen sagen so“.
  • Prozentangaben werden nicht in Relation gesetzt (sind 25 Prozent Wachstum in elf Jahren wenig, normal, viel oder eine Explosion?).
  • Fehler werden nicht korrigiert.

Übrigens: In der „Bild“-Zeitung sind die Grünen heute „Verlierer des Tages“, weil „alles falsch“ sei an deren Behauptung vom „angeblichen Preisanstieg“:

Einen angeblichen Preisanstieg beim Trinkwasser von mehr als 25 % seit 2005 beklagte gestern Grünen-Experte Markus Tressel (41), berief sich dabei auf das Statistische Bundesamt. Dann meldete sich die Behörde zu Wort: alles falsch, Tressels Berechnung könne so
Ausriss: „Bild“

Derweil behauptet „Bild“ online weiter unbeirrt:

Preis-Explosion beim Trinkwasser
Screenshot: „Bild“

Nachtrg, 19:15 Uhr. Die Agentur dpa teilt uns mit:

Wir haben hier in der Tat leider nicht korrekt berichtet. Die Problematik der unterschiedlichen Statistiken und ihrer Interpretation hätte uns viel früher auffallen müssen. Folglich hätten wir die Berichterstattung direkt transparent berichtigen müssen. Dies haben wir nun nachträglich getan.

Hinweis via Martin May

36 Kommentare

  1. @ Stefan Niggemeier:

    Ihrer Kritik kann ich mich nur anschließen, und das ist ja tatsächlich leider nur ein Beispiel unter vielen.
    Alles ist unerfreulich. aber der schlimmste Punkt ist meines Erachtens das Fehlen einer nachträglichen Korrektur. Etwas Falsches zu verbreiten und dann stehen zu lassen, obwohl man zwischenzeitlich weiß, dass es falsch ist, kommt der Lüge nahe. So ein Verhalten spricht für eine ausgeprägte „Nonchalance“ gegenüber Wahrheit und Faktentreue.

    Ich frage mich in solchen Fällen immer: Kann man da eigentlich etwas dagegen tun? Will überhaupt jemand etwas dagegen tun? Oder geht das immer so weiter?

  2. Ich suche nicht aktiv Nachrichten, aber alles was auf mich die letzten Tage einprasselte war dieses Trinkwasserdring. Da ist mir erst aufgefallen, wo überall Fernsehen, Radio, News-Einblendungen gibt. Ich hab mir jedes Mal gedacht: Gibt es auf dieser Welt nicht mal was wichtiges zu berichten?

    Wenn das Trinkwasser sehr teuer wird, dann bekommt man das ja auch ohne Nachrichten mit, weil man die Wasserrechnung bezahlen muss und stutzig wird.

  3. Es ist schon erstaunlich, wie tief ein Großteil der Medien in der grünen Filterblase feststeckt.
    Und die Grünen wissen das zu nutzen. Egal ob „Agrarwende“, „Energiewende“ oder „Verkehrswende“: Immer wieder werden auf höchstens Ebenen der Grünen Lügen und Halbwahrheiten verbreitet, die dankbar von den Medien weiterverbreitet werden.

    Das Hauptproblem ist aber, dass die Grünen mit ihren Räuberpistolen einen populistischen Politikstil salonfähig machen, der auch vom ganz rechten Lager genutzt wird. So bringt der grüne Alarmismus also nicht nur den Grünen ein paar zusätzliche Prozentpunkte, sondern trägt letztendlich auch mit zu den Wahlerfolgen der AfD bei.
    Irgendwie erinnert das Ganze jedenfalls zunehmend an die späten Jahre der Weimarer Republik…

  4. Ist das jetzt eine versteckte Werbekampagne für das teure sogenannte Mineralwasser aus dem Supermarkt mit schlechteren Schadstoffgrenzwerten und verpackt in umweltschädlichen Plastikflaschen? Oder ist das zu paranoid gedacht?

  5. Ich müsste mal auf meine eigene Wasserrechnung schauen. Vermutlich merkte man schon einfach dort, auch trotz lokaler Unterschiede, dass gar keine „Explosion“ stattgefunden haben kann.
    Vielleicht auch ein Beispiel, wie wenig Realitätsbezug manche Journalisten haben, wenn Preissteigerungen behauptet werden, obwohl sie vermutlich selbst als Verbraucher gar keine bemerkt haben.

  6. @7 Lars
    In der Erklärung der Grünen wird neben der nicht zutreffenden Aussage auch angegeben, dass die Preisentwicklung in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich sei, neben enormen Anstiegen in Bayern sei es in Berlin und Thüringen sogar billiger geworden.
    Deswegen würde die eigene Wasserrechnung (abhängig vom jeweiligen Bundesland) hier nicht zwingend helfen, die Falschaussage zu erkennen.
    In Bayern vieleicht eher, weil man wegen der falschen Bewertung der Zahlen unterstellen müsste, dass die Preissteigerung von sechzig Prozent nicht nachvollziehbar ist.
    Aber dann käme wegen der Falschmeldung womöglich der Zweifel auf, dass die eigene Rechnung falsch ist, aber eben zum eigenen Vorteil.

  7. Passt irgendwie zu dem Buch von Jens Wernicke, Lügen die Medien, das ich gerade lese. Traurige Zeiten.

  8. Danke für diesen Beitrag.

    Die schlichte Unkorrektheit der verbreiteten Zahlen war mir nicht bekannt. Aber die entsprechenden Meldungen ließen mir auch so schon die Zehennägel hochrollen.

    Denn auch 25% in 11 Jahren wären vieles, aber sicher keine „Explosion“.

    Und es ist kein seltenes Phänomen, dass man beim Lesen eines Artikels sehr schmerzlich spürt, dass dem Autor jegliches Verständnis für Größenordnungen, Wahrscheinlichkeiten oder Begriffe wie Wachstum fehlt. Kurzum: für Zahlen größer drei.

    Oft stimme ich dann einen Abgesang auf den Berufsstand des Journalisten an. Aber was weiß ich, was die Berufsbezeichnung der Leute ist, die nachts unsere Onlinemedien vollschreiben.

  9. Solange (wie bei einigen der hier zitierten Medienberichte) nur berichtet wird, die Trinkwasserkosten seien gestiegen (nicht die Preise), ist die Meldung ja vielleicht nicht falsch, zumindest soweit ich das anhand der im Artikel gegebenen Informationen beurteilt habe. Steigende Kosten können eben von steigenden Preisen, steigendem Verbrauch oder beidem verursacht werden, und wenn die Berechnungsgrundlage von 80 auf 89 Kubikmeter erhöht wurde, könnte man das ja als Indiz für gestiegene Verbräuche ansehen.
    Tatsächlich habe ich mich schon beim Lesen des entsprechenden SPON-Artikels geärgert, dass nicht klar herausgearbeitet wurde, welchen Anteil gestiegene Preise und welchen Anteil gestiegene Verbräuche an der Kostensteigerung (wenn diese denn stattgefunden hat) haben.
    Wenn andere Journalisten nicht einmal auf die Idee zu kommen scheinen, dass steigende Kosten nicht dasselbe wie steigende Preise sind, und die Meldung in der Headline mit dem Wort Preissteigerung wiedergeben, ist das ziemlich peinlich.

  10. Auch in der BR Rundschau wurde darüber groß berichtet. Gerade für ARD/ZDF ist das ein Debakel. Man bezeichnet sich als Qualitätsmedien, hält aber grundlegende handwerkliche Standards nicht ein.

  11. Der WDR hat gestern in der „Aktuelle Stunde“ auch so eine Art Korrektur gebracht. Der unkundige Zuschauer wusste dann, die Preissteigerung sei aufgrund einer Umstellung der Berechnung 17,6% statt 25% und dachte sich vermutlich, so groß ist ja der Unterschied nicht und da wäre halt ein Fehler passiert.

    Was nicht erwähnt wurde: Die Inflationsrate, das man die Umstellung leicht bemerken haben können und das man das einfach ungeprüft übernommen habe.

  12. karl theodor freiherr etc von und zu und auf guttenberg, der weltmeister der kompilierten doktorarbeit, hat viele vornamen, so um die zwanzig dauert der sermon.
    ein anonymer scherzbold fügte ihnen auf wikipedia kurzzeitig e i n e n weiteren hinzu.
    da die meisten journalisten es damals für die illustration von unwiderstehlicher freiherrlichkeit für unabdingbar hielten, uns mindestens einmal mit dem ganzen rattenschwanz zu traktieren, um zu zeigen, was für eine republiksuntypische kanzlerhoffnung hier heranwächst, konnten wir so auch ihre hauptrecherchequelle aufdecken.
    alle nannten natürlich auch den falschen vornamen wie selbstverständlich mit.
    seitdem weiß ich, warum „journalist“ keine geschützte berufsbezeichnung sein kann.

  13. Das Chaos ist noch viel umfassender – Kollektives Wasserpreis-Debakel. Grüne und Medien im Statistik-Chaos – Eigentlich hatten die Grünen es gut gemeint, aber zu viele Unzulänglichkeiten in der Analyse und in den Interpretationen lassen das Ergebnis verblassen. Das ist schade, denn das Anliegen der Grünen ist sehr wichtig. Die Preise sind ein Indikator für eine falsche Gewässerschutzpolitik. Hier eine weitergehende Analyse des WasserBlogs: http://www.lebensraumwasser.com/?p=8666&preview=true

  14. Da wissen wir gleich wieder, wofür wir die „Demokratieabgabe“ bezahlen: Desinformation an der Grenze zur bewussten Falschmeldung bei ZDF/BR/WDR.

  15. Nicht vergessen:
    Ein Journalist macht Fehler – Alle Journalisten korrupt!
    Ein Flüchtling begeht eine Straftat – Alle Flüchtlinge Straftäter!

    Aber jetzt alle Thüringer über einen Kamm (nur für Seitenscheitel) zu scheren, nur weil da mal ein kleines „Rechtsrock“ Konzert stattfindet, das wäre schon unfair!

  16. @16: „Das ist schade, denn das Anliegen der Grünen ist sehr wichtig.“
    Aber es macht doch so viel mehr Spaß, sich auf den einen Statistikfehler einzuschießen, statt über das eigentliche Problem zu sprechen.
    Oder gleich die ganze Berufsgruppe diffamieren (#15), dann braucht man sich generell nicht mehr mit diesen lästigen Inhalten beschäftigen.

    Mit dem Problem haben u. A. ja Klimaforscher schon ewig zu kämpfen. Eine falsche Zahl und es geht nicht mehr um das eigentliche Problem, sondern um die falsche Zahl und reininterpretierte Intentionen, Verschwörungen und Bevormundungsängste.
    (Dabei kann man die Auswirkungen z. B. eines FCKW Verbotes heutzutage super an der Größe des Ozonlochs ablesen. Spoiler: Hat funktioniert.)

    Siehe Veggie Day:
    Der Fleischindustrie bekam Schweißausbrüche bei dem Gedanken an eine ernsthafte Auseinandersetzung (über das Lidl-Grill-Supersonderangebot hinaus) zum Thema „Massentierhaltung“.
    Also kommunikativ nicht beim eigentlichen Thema, sondern ganz woanders ansetzen: Beim geistigen Zustand der Öko-„Verbotspartei“ Grüne.
    In den kommenden Tagen hat jedenfalls fast niemand mehr über den Fleischkonsum in deutschen Kantinen gesprochen.

  17. 25 Prozent in 11 Jahren ist sicherlich unerfreulich – aber keine Explosion. Der Preisanstieg ist schließlich nominal, so weit ich das verstehe. Wenn man die Inflation herausrechnet, kommt man wohl eher (grob geschätzt) auf eine Zahl zwischen 0 und 10 Prozent, was sich durchaus anders liest.

    Aber viele Leute wollen wohl, dass Trinkwasser umsonst ist oder zumindest nie teurer wird.

  18. #19 #18
    your are missing the point at large.
    der war, daß qualitätsjournalisten bei den guttenbergvornamen und bei der trinkwasserkiste munter voneinander oder auch mal von wikipedia abschreiben, was ja in beiden fällen gut zu sehen war.
    wenn ich eine faulheitstechnik, die zu fake news führt, erkenne und anprangere, dann „diffamiere ich nicht eine ganze berufsgruppe“, sondern ich mache dasselbe wie uebermedien: ich zeige schwächen, an denen die meisten journalisten noch arbeiten sollten, wenn sie denn kritik so ernst nehmen täten, wie es in zeiten sozialer medien geboten wäre bzw in zeiten, wo @niggi ihnen nämlich sonst heimleuchtet. wofür ich ihm jeden tag aufs neue dankbar bin. ich lese mich nämlich seit wochen durchs gesamte archiv von uebermedien und falle erfreut von einer erleuchtung in die nächste. auch @niggi und co wird gerne vorgeworfen, sie würden erbsenzählerei betreiben, denn die fehler von journalisten sollen ja nicht so bewertet werden wie die von politikern oder busfahrern. noch immer sind journalisten als diejenigen zu definieren, die das lauteste mimimi anstimmen, wenn sie dabei erwischt werden, wie sie schielende kaninchen aus dem hut zaubern. könnte langsam mal aufhören. hier muß eine ganze berufsgruppe langsam mal erwachsen werden.

  19. @17 TH.Koch
    Verstehe ich nicht, Desinformation ist das gezielte Verbreiten von unwahren Tatsachen, also lediglich ein anderes Wort für eine bewusste Falschmeldung, wenn Sie da noch eine Grenze zur bewussten Falschmeldung sehen, könnten Sie das mal erklären.

    @22 Gianno Chiaro
    Kritisieren Sie hier, dass die Fehler von Journalisten anders zu bewerten seien, als die von Politikern oder Busfahrern oder finden Sie diese unterschiedliche Bewertung tatsächlich als geboten?
    Ich tippe mal auf die erste Variante, sollte ich falsch liegen, wüsste ich gerne, was dieses unterschiedliche Bewertung aus Ihrer Sicht rechtfertigt.

  20. @23:
    Also ich habe #22 so verstanden, dass er eine derzeitige Ungleichkritisierung (?) als gegeben annimmt (??) und sich einen Zustand wünscht, in welchem Journalisten genauso kritisiert werden dürfen (???), wie Busfahrer (>???).

    Bei alledem bitte nicht vergessen, dass auch Journalisten Menschen sind, dass Menschen Fehler machen und dass Menschen generell ein Problem damit haben, Fehler zuzugeben.
    Außerdem ist nicht Alles, was eine politische Strömung als journalistischen Fehler tituluiert, ein journalistischer Fehler.
    In meinem Menschenbild gehe ich davon aus, dass jedermann erst einmal versucht, seinen Job gut zu machen. Wenn das Resultat nicht stimmt, kann das dann diverse Gründe haben.

  21. Die Statistik zeigt eigentlich ganz deutlich einen Treend:
    Im Osten ist das Wasser am teuersten – mit Abstand!
    Das ist die Folge einer verehlten Investitition in den Nachwende-Jahren, wo speziell Ingen. Büros aus den Altbundesländern planerisch das gesamte Trinkwassernetz in der ehem . DDR neu planten und das ( das ist die größte Schweinerei) auf den Verbrachszahlen von 1988. Das der Verbrauch durch den Wegzug von ca 10-15% der Bevölkerung und vor allem der Zusammenbruch der ganzen Industrie um ca 50..60% geschrumpft war, merkte man erst nach der Errichtung von viel zu großen Kläranlagen und Viel zu viel Brunnen und Trinkwassertalsperren , die plötzlich gar nicht mehr gebraucht wurden.
    Das ist aber nicht weiter schlimm, denn die Wasserversorger zahlen sich fürstliche Gehälter und sind nicht verantwortlich. der dumme Ossi kann ja die zeche für die Inkompetenz zahlen.
    es ist doch kein Wunder, wenn der geneigte Ossi beim so kostbaren (teueren) Trinkwasser spart.

  22. Wie? Die Grünen operieren mit falschen Zahlen und Behauptungen und dominieren damit die Stoßrichtung der öffentlichen Diskussion!?

    Nein! Doch! Oh!

  23. Was beschweren wir uns denn eigentlich? Der Journalismus funktioniert doch weiterhin. Die großen Medienhäuser haben sich lediglich von journalistischem Anspruch abgewandt und bringen stattdessen Meldungen. „Trinkwasserpreise gestiegen!!!!11elf“ ist doch eine super Meldung und generiert klicks. Funktioniert also. Das macht die Bild doch auch schon seit ewigen Zeiten (sehr erfolgreich) und die anderen haben mittlerweile nachgezogen.

    Das einzige Problem daran ist eben, dass man keine journalistische Arbeit mehr macht (wie Einordnung der präsentierten Fakten), sondern nur Fakten bringt.
    „Die Grüne Bundestagsfraktion teilt mit, dass Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, dass die Trinkwasserpreise um 25% gestiegen sind.“ ist doch faktisch korrekt. Klar, die Grüne Bundestagsfraktion beachtet nicht dass sich die Berechnungsgrundlage geändert hat, aber das Sie das gesagt hat ist doch unstrittig.

    Für einen Journalisten geht also an der Stelle an der dieser Satz auf dem Papier steht die Recherche los. Für die großen Medienhäuser ist an der Stelle die Meldung fertig. Das ist das Hauptproblem warum die Medien an Glaubwürdigkeit verlieren. Auf Recherche und Einordnung wird verzichtet und irgendwann sieht das auch jeder mal exemplarisch an einem Artikel zu dessen Thema er sich inhaltlich auskennt. Was soll man da anderes unterstellen, als das bei keinem der Artikel noch wirklich recherchiert wird?

    Was man aber bei den großen Medienhäusern scheinbar nicht versteht, ist, dass Glaubwürdigkeit dass einzige ist, was das eigene Konzept und Geschäftsmodell von Flat Earther Blogs etc. unterscheidet….

  24. Achso; noch eine Anmerkung da oft ja böser Wille unterstellt wird:

    Es ist nicht so das man korrupt ist, eine Agenda verfolgt, böswillig handelt oder was auch immer. Im Kern sitzen da immer noch Journalisten.

    Das Problem ist die einfache Logik des Geschäftsmodells:

    1. Werbeeinnahmen gehen nach Klicks. Je später ich eine Meldung habe desto weniger Klicks. Habe ich als erster eine Meldung werde ich von allen verlinkt. => Meldungen werden relativ schnell veröffentlicht was wenig Zeit für Recherche lässt.

    2. Masse statt Klasse. Recherche kostet Zeit, Zeit ist Geld. Leider verdient ein Qualitativ hochwertiger gut recherchierter Artikel nicht so viel mehr Geld als eine Klickstrecke der „10 bestaussehendsten Promis“ (oder whatever), und dürfte deswegen im Zeitaufwand zu Einnahmen Vergleich immer schlechter dastehen.
    Heißt: Es gibt keinen klaren finanziellen Anreiz Geld in (gute) Recherche zu investieren. Sei es auf der internen strukturellen Ebene (Kürzungen auf Redaktioneller Ebene, dadurch mehr Arbeitsbelastung) oder auf der Ebene der Freien Autoren (weniger Geld pro Artikel => mehr Artikel müssen fertig gestellt werden um Leben zu können => weniger Zeit pro Artikel verfügbar).

    Das ist kein böser Wille, gewollte Manipulation, sondern leider kalte Logik der marktorientierten Medienhäuser im Umbruch ihres Geschäftsmodells.

    Tatsächlich übt genau die ständige Forderung an die öffentlich Rechtlichen sich doch mehr am Markt zu orientieren, an dem was die Leute sehen und hören wollen etc. pp. genau den gleichen Druck aus, den auch die Privaten Medien haben:
    Es wird optimiert auf das was sich gut verkauft und nicht auf journalistische Güte.

  25. #23 „desinformation“ ist in der tat die bewußte verbreitung von falschem. wenn ich aber ungeprüft dinge einfach übernehme, dann ist das juristisch gesehen eine art dolus eventualis: ich nehme „desinformation“ billigend in kauf. vielleicht hätte ich eher „fake news „oder schlicht „mist“ schreiben sollen, statt manche mit dem metaphorischen gebrauch von „desinformation“ hier zu irritieren. aber eigentlich IST es desinformation, nämlich in dem sinne, daß bestimmte alarmmeldungen, also zb wasser wird immer teurer, medien und parteien in den apokalyptischen kram passen und sie also lieber gleich laut schreien als viel zu recherchieren.
    daß fehler von journalisten nicht so bewertet werden „sollen“ wie die von politikern und busfahrern ist eine implizite forderung a) von journalisten (die sofort in eine öde und vorhersagbare arie der selbstbeweihräucherung verfallen, wenn sie mal einen fehler nachgewiesen bekommen, um uns zu zeigen, daß sie sonst ja viel toller sind als busfahrer und politiker. was ich nicht glaube.) und b) von leuten, die ihr weltbild aus bestimmten medien beziehen und letzlich durchaus ungern von übermedien erfahren, mit wieviel eiskaltem wasser medien schon dadurch kochen, daß sie so vieles nicht selber recherchieren, sondern schlicht abschreiben. daß es dazu implizite zwänge geben soll, wie ein anderer hier argumentiert, gilt natürlich nicht. wenn mein geschäftsmodell dazu führt, daß ich mist mache, dann ist es das falsche und das produkt sollte keiner mehr kaufen. für öffentliche rechtliche gilt die argumentation generell nie, die haben 7 milliarden pro jahr, dafür sollen sie gefälligst ein viel besseren job machen als alle anderen. hat @niggi diesen eindruck? guter gruß aus baden-baden@lucianocali_2

  26. @Michael Kieschnick, #28

    Das ist kein böser Wille, gewollte Manipulation, sondern leider kalte Logik der marktorientierten Medienhäuser im Umbruch ihres Geschäftsmodells.

    Bei aller Zustimmung muss ich aber auch ergänzen, dass das nun wahrlich keine neue Entwicklung ist. BILD ist seit Jahrzehnten mit deutlichem Abstand auflagenstärkste Zeitung Deutschlands. Ein Unterschied ist nun, dass im Internet direkt am einzelnen Artikel erkannt (und natürlich entsprechend optimiert) werden kann, wie dieser rezipiert wird. Sei es über Klickzahlen, Likes, Kommentare oder Teilungen. Aber die Wirkmechnismen sind doch die gleichen.

    Bildblog hat letzthin ein passendes „How to“ verfasst. Wobei Präsident Trump zieht auch immer. Und dass ausgerechnet die Grünen falschen Zahlen hier ins Spiel brachten, mobilisiert gewiss auch den ein oder anderen Twitterer.

    Daher muss man wohl konstatieren: „der“ Konsument will Krawall konsumieren. Ey, ich wette, das war schon in Athen und Rom so.

  27. Als Jounalist würde ich einen der Politiker die diese Meldungen verbreiten mal fragen, ob er seine Wasserrechnung kennt?

    Ich kann meine persönliche beisteuern. Hier mein „Wassergeld“ (Anteil der Wasserkosten im ganzen Haus, aufgeteilt nach qm²) von 2003-2016:

    2003: 132,54 €
    2004: 107,26 €
    2005: 97,58 €
    2006: 83,70 €
    2007: 88,89 €
    2008: 104,91 €
    2009: 104,45 €
    2010: 101,20 €
    2011: 109,87 €
    2012: 124,50 €
    2013: 100,07 €
    2014: –
    2015: 97,32 €
    2016: 82,52 €

    Wenn man also den Maßstab der Grünen nimmt (seit 2005) sind bei mir die Kosten um 15% gesunken. Ebenso wie von 2015 auf 2016. Insgesamt sind meine Wasserkosten seit ich hier eingezogen bin um 50 Euro pro Jahr gesunken.

    Und wir scheinen entweder ein besonders ungepflegtes oder resourcensparendes Haus zu sein (je nach Betrachtungsweise), da wir nur ca. 50% Wasser benötigen – gemessen am Durchschnittsbürger.

    Wie auch immer.

    Was man meiner Meinung gut erkennt ist, dass für jemanden in einem Mietshaus, die Schwankungen in der persönlichen Lebensführungen der Nachbarn weitaus größer sind, als die der Wasserpreise.

    Es ist aber leider so, dass solche Meldungen trotzdem viele Menschen triggern, um den „gierige“ Staat als das böse Monster darzustellen und im Hintergrund wird dann die Forderung nach Privatisierung voran getrieben. Das die Grünen dabei sind, wundert eher weniger.

    Mir persönlich sind „hohe“ Wasserpreise egal, wenn diese z.b. andere kommunale Aufgaben Querfinanzieren. Was aber heute immer mehr erschwert wird, dem Neoliberalismus sei Dank.

  28. Strubbel hat 2015 250€ für Gold ausgegeben, 2017 nur noch 123€.
    Also ist der Goldpreis gefallen, oder?

    Dass deine individuelle Wasserrechnung keinerlei Aussagekraft hat, da sie sich auf den Verbrauch bezieht und nicht auf den Preis eines m³, merkt sogar der Journalismuspraktikant bei der Bäckerblume.

  29. Zitat Michael Kieschnick, 28:

    „Das Problem ist die einfache Logik des Geschäftsmodells…“

    Und genau das ist das Problem. Wie soll man da darauf hoffen dürfen, dass die Situation sich grundlegend ändert? Vermutlich überhaupt nicht, weil das System dysfunktional ist und irgendwie reformiert werden müsste…aber wie?

  30. @LLL,33

    „das System“ zu reformieren wird nicht funktionieren. Verlage schreiben das, was auch gelesen wird. Vollkommen normal. Wenn, dann müssten Sie die Menschen erziehen. Funktioniert aber wenn man in die Geschichte schaut auch eher so mittel…
    Mein Vorschlag wäre, die öffentlich rechtlichen so umzubauen, dass wenigstens dort vernünftiger Journalismus betrieben wird. Dann hat man wenigstens ein gutes Gegengewicht. Da müsste man aber das Schauen auf die Quoten im ÖR abschaffen. Und das traut sich keiner (weil dann vermutlich gleich das Argument kommt: „ÖR abschaffen, schaut ja eh keiner“). Ein klassisches Dilemma…

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